Ludvig Holberg
Jean de France oder Hans Franzen
Ludvig Holberg

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Vierter Akt.

Erste Scene.

Antonius. Elsbeth. Marthe. Espen.

Antonius. Nun, wie geht's, meine gute Marthe?

Marthe. Das geht seinen guten Gang. Aber Ihr kommt mir ein wenig ungelegen, ich habe Franzen hieher bestellt; wiewol er mich nicht gesehen hat, ist er doch verliebt, wie eine Ratte. Ihr könnt denken, was für ein Narr er ist: ich hab' ihm einen alten Kupferstich gegeben, den ich aus des Herrn alten Büchern geschnitten und auf ein Stück Holz geklebt habe, und den trägt er um den Hals.

Elsbeth. Aber wie es möglich, daß er so närrisch sein kann?

Marthe. Seit ich ihn überredet habe, als wär' ich eine französische Dame und soeben von Paris gekommen, ist Alles möglich.

Antonius. Aber was hast Du davon, daß Du ihn so prostituirst?

Marthe. Davon hab' ich dies, daß sein künftiger Schwiegervater seine Tochter eher einem Schornsteinfeger giebt als so Einem; wie es dabei mit Euch ablaufen wird, weiß ich noch nicht. Es geht mir wie den Komödienschreibern; während die ihre Komödien schreiben, fällt ihnen erst ein, wie sie dieselben durchführen und endigen sollen. Aber da seh' ich ihn ja kommen; rasch bei Seite! 119

Zweite Scene.

Jean. Marthe als Madame La Fleche. Espen als d'Espang verkleidet.

Madame La Fleche. A cette heure il doit venir; war das nicht um drei, Monsieur d'Espang, daß er zu kommen versprach?

Jean (kniet vor ihr nieder, embrassirt sie und sagt:) Ah! charmante Madame! souffrez que j'adore vous, que je baise votre beaux mains.

Madame La Fleche. Levez-vous Monsieur! c'est trop de humblesse pour un gentilhomme que vous.

Jean. Ah! Madame, est il possible, que j'ai l'honneur, le plaisir, contentement et joie de vous revoir dans cette terre!

Madame La Fleche. J'ai venu pour vous voir, mais je croyais pas, que vous étiez si changé. Vous-êtes à cette heure habillé comme un antique bourgeois. Ha, ha, ha.

Jean. Pourquoi riez-vous, charmante Princesse?

Madame La Fleche. Rien! Monsieur de France, rien!je rie de la joie de vous voir, c'est toujours un plaisir de vous voir.

Jean. Je vous rends grace, Madame! mais comment trouvez-vous cette terre?

Madame La Fleche. Fort bon, Monsieur! les Danois êtes des fort bonnes gens. Il manque à eux seulement de s'informer dans les manières parisiens.

Jean. Ovis pardis si fait, Madame, vous avez grand raison dans cela. Dieu donne, que j'étois dans Paris wieder . . . et pardonnez, ma belle Madame, je voulois dire aussi. Mais Madame, avez vous amené avec vous quelques nouvelles chansons de Paris?

Madame La Fleche. Ovis Monsieur! celle-ci est la plus nouvelle.

(Sie singt ein Lied.)

Jean (auf den Knieen). Ah! Madame! je n'ai jamais écouté une plus belle chanson. Ah! Paris, Paris!

Madame La Fleche. Pourquoi pleurez Monseigneur?

Jean. Ah Madame! on veut me marier dans cette pays.

Madame La Fleche. Marier? 120

Jean. Ovis Madame!

Madame La Fleche. Marier?

Jean. Ovis c'est véritable, et avec une fille, qui s'appelle par malheur Elsebet.

Madame La Fleche. Quel diable de nom est cela? Parlez-vous tout bien de bon, Monsieur? ah, est il possible!

(Sie stellt sich, als ob ihr übel wird. Espen reicht ihr etwas zu riechen.)

Espen. Da kann Er nun sehen, Monsieur, wie Madame ihn liebt; ihr ist schlimm geworden aus lauter Alteration, da sie hörte, Monsieur wollte sich hier im Lande verheirathen.

Jean. Ach, wenn sie stirbt, so bringe ich mich auf dem Fleck selber um! Ach, sagt ihr, Monsieur Valet de Chambre, daß ich lieber mein Leben lassen, als mich hier verheirathen will! (Aus den Knieen) Ah belle Princesse! êtes vous malade?

Madame La Fleche. C'est un Uebergang, Monsieur! Levez-vous. (Espen flüstert ihr etwas ins Ohr, worüber sie sich sehr vergnügt stellt.)

Dritte Scene.

Arv. Jean. Madame La Fleche.

Arv tritt ein, setzt sich auf den Boden mit einem großen Stück Kreide und malt den Tanz ab, den er gesehen hat.

Arv. So ging der Tanz, so krumm wie 'ne Salzprätzel. Das hier soll Hans Franzen sein und das ist die Madam. Nein, die muß ich noch mal machen, ihr Hinterster ist nicht breit genug. Hier muß der Herr stehen und weinen – (er springt auf und betrachtet seine Zeichnung; inzwischen stehen die Andern, sprechen leise mit einander und weisen mit Fingern auf ihn.) Ha ha ha, das ist, meiner Six, so natürlich geworden und so gut ist das Assamblix getroffen, es fehlt nichts, als daß sie blos noch reden könnten. Aber Element, da seh' ich Leute? Ist das nicht Jeronimusens Marthe, die sich eine Adrienne umgebunden hat, und steht und schwatzt mit Hans Franzen? Marthe, wo zum Henker hast Du die Adrienne her? Das ist ja die Zeit noch nicht, die Hundstage haben noch nicht angefangen.

Jean. Ei Du elementscher Schlingel, wie kannst Du Dich 121 unterstehen, einer vornehmen französischen adeligen Dame so in die Augen zu sehen?

Arv. Um Verzeihung, Monsieur Hans, ich dachte meiner Seel, es wäre Jeronimusens Marthe.

Madame La Fleche. Ah Monsieur, faites le sortir, j'ai peur pour les gens, qui sont fous.

Jean Hinaus mit Dir, Du Schlingel, oder ich schlage Dir den Schädel entzwei! (Madame La Fleche steht und besieht Jeans Anzug; sie sagt Espen was ins Ohr und lacht: Ha, ha, ha! besieht seine Beine, sagt Espen wieder was ins Ohr und lacht: Ha, ha, ha!)

Jean. Pourquoi riez-vous, belle Madame?

Madame La Fleche. Le me retire un peu, Monsieur d'Espang, mon valet de chambre vous dira pourquoi. Excusez! Adieu! (Ab.)

Vierte Scene.

Jean. d'Espang.

Jean. Wie geht das zu, daß Eure Herrschaft mich so verächtlich tractirt? Was war das, was sie Euch ins Ohr sagte?

Espen. Tausend Thaler hätt' ich drum geben wollen, hätte ich das vorher gewußt; denn dann würde ich Monsieur bei Zeiten gewarnt haben. Indessen, das läßt sich leicht redressiren; sie sagte mir ins Ohr, so sehr sie Monsieurs Person ästimire, so sehr verachte sie seinen Anzug.

Jean Sind denn andere Moden in Paris aufgekommen, seit ich weg bin? Denn freilich hielt ich mich auf der Rückreise drei Wochen in Dünkirchen auf.

Espen. Ja ja, Monsieur, da kommt das Unglück her. Wie Madame La Fleche sagt, knöpft sich seit sechs Wochen in Paris kein Cavalier mehr den Rock vorne zu, sondern blos hinten. So lange man das nicht gewohnt ist, scheint es allerdings ein wenig incommode; indessen vornehme Leute haben ja jederzeit ihren Kammerdiener, was man da zu Lande valet de chambre nennt, der knöpft sie auf und zu. 122

Jean. Ah! Malheureux, que je suis.

Espen. Das läßt sich noch in Ordnung bringen, wenn ich behülflich sein darf.

Jean. Vous me faites un grand plaisir, pardi!

Espen. So, nun wird der Monsieur gleich anders aussehen.

Jean. Giebt es sonst noch neue Moden?

Espen. Ja, aber da läßt sich schon abhelfen: alle vornehmen Leute, sagt sie, schmieren sich jetzt den Mund mit Schnupftabak.

Jean. Dem wollen wir gleich abhelfen, ich habe meine Tabatieren-Dose bei mir. Wo es sich um neue Moden handelt, da bin ich ma foi nie der Letzte gewesen. Ich hörte allerdings noch von einer Menge neuer Moden in Paris, die eben in der Mache waren, wie ich abreiste; aber Papa's Importunität erlaubte mir nicht sie abzuwarten. Je vous prie, Monsieur le valet de chambre, mich bei Madame La Fleche zu excusiren; als ich von Paris abreiste, war die Mode dans ma foi noch nicht in Gebrauch, non pardi, non! Denn vor der Parisischen Galanterie hab' ich viel zu großen Respect, um so etwas zu negligiren.

Espen. Paris ist eine artige Stadt, das muß alle Welt zugestehen. Auch richtet sich alle Welt nach den Parisischen Moden; kämen sie in Paris auf den Einfall, auf den Straßen ohne Hosen zu gehen, so folgten ihnen alle Andern darin nach.

Jean. Ich thäte das ma foi gleich. Alle Welt würde Anfangs über mich lachen; aber bevor das Jahr zu Ende, wäre die Mode überall, das hab' ich oft observirt. Allein, Monsieur valet de chambre hat sich da auch sonst noch was verändert mit Perücke, Hut, Schuhen oder Strümpfen?

Espen. Nein, Euer Hut und Perücke, sagt Madame, können allenfalls noch passiren, aber die Zipfel von Monsieurs Halstuch müssen hübsch hinten heraushängen.

Jean. So so, ei das ist ja eine recht artige Mode. Dies Paris, das denkt doch in einer Woche mehr Galanterien aus als die ganze Welt in einem Jahre; ich werde das ma foi gleich 123 ebenso machen. Aber warum wollte Madame La Fleche mir das nicht selber sagen?

Espen. Ach, Monsieur kennen ja die französischen Damen, die sind viel zu höflich, einen guten Freund auf seine Fehler aufmerksam zu machen, sie lachen blos darüber und lassen den Andern blos rathen, was sie meinen. Aber nun ist Alles in Ordnung, nun wird es ihr ein Vergnügen sein, Monsieur binnen hier und einer Stunde in ihrem Hause wiederzusehen. Ich selbst werde die Ehre haben, ihn zu begleiten, wenn ich nur erst meine Geschäfte besorgt habe.

Jean. Je vous recommande, Monsieur d'Espang.

Espen. Votre serviteur! Aber à propos, eine Kleinigkeit hab' ich noch vergessen, Monsieur in Madame's Auftrag zu sagen: nämlich, wenn Monsieur mit Permission zu sagen gähnt, so muß er sich ja nicht die Hand vor den Mund halten, das ist nun ganz aus der Mode und geschieht in Paris von keinem anständigen Menschen mehr.

Jean. Ovis da.

Espen. Serviteur. (Ab.)

Fünfte Scene.

Jean. Pierre.

Jean (tanzt und singt): t La la la la la la . . . . (Besieht das Portrait.) La la la la la la . . . . Alles Neue erscheint zuerst seltsam. Aber nun find' ich schon, daß das eine reizende Mode ist, fort commode et fort dégagé. La la la la la! –Mon Père und mon Schwieger-père sollen ma foi ebenso gehen, sie mögen wollen oder nicht, ich will keine altmodische Familie haben. Mein Papa wird sich wol noch im Guten dazu bringen lassen, seine alte Spießbürgertracht abzulegen; aber mein Schwiegerpapa, der es noch für einen Glaubensartikel hält, gerade so angezogen zu gehen wie sein Großvater, den muß ich sans façon dazu zwingen. Daß ich selbst zu leben weiß und galant bin, das 124 genügt mir nicht; auch meine Familie soll mir keine Schande machen. Mais voilà Pierre, qui vient?

Pierre. Ach, ach, Monsieur, Ihr müßt mich mainteniren oder ich kann nicht länger in Monsieurs Dienste bleiben.

Jean. Qu'as tu? dis moi, Pierre!

Pierre. Ach, Monsieur Jeronimus hat mich so geschlagen, daß ich kaum gehen kann.

Jean. Pourquoi donc?

Pierre. Weil Monsieur ein Gemälde vor der Brust trägt.

Jean. Pardi, ich werd' ihn lehren, was das heißt, einen gentil-homme's-laquai zu prügeln! Est il possible, daß er gewagt hat Dich zu schlagen?!

Pierre. Ovis, Monsieur! Aber Monsieur geht gewiß in Liebesgedanken, er hat sich den Rock verkehrt zugeknöpft; reste un moment, damit ich es wieder in Ordnung bringe.

Jean Ei, du sot! badaud! bouffon! maraud! Weißt Du nicht, daß das die neueste Pariser Mode und daß Madame La Fleche mich ausgelacht hat, weil ich meinen Rock noch nach der hiesigen Art zuknöpfte?

Pierre. Die Mode hab' ich doch in Paris nicht gesehen?

Jean. Sie ist aufgekommen, während wir in Dünkirchen waren.

Pierre. Ovis da! Ja, da muß ich mich nur auch so knöpfen.

Jean Non pardi, non; das ist blos für gens de qualité.

Pierre. Aha, die vornehme Welt soll allein verrückt sein. Aber wenn Monsieurs Schwiegervater das zu sehen kriegt, dann wird er toll.

Jean. Nicht blos sehen soll er das, sondern es ist auch mein Wille, daß er die Mode mitmachen soll.

Pierre. Das thut er nimmermehr.

Jean. Er muß!

Pierre. Comment donc?

Jean Ich zwinge ihn mit Gewalt, denn wenn Madame La Fleche über das ganze Land lacht, so soll sie doch nicht über meine Familie lachen.

Pierre. Hat Monsieur sich dazu einmal resolvirt, so will 125 ich Ihm helfen als ein ehrlicher Kerl; ich wollte nur, wir hätten ihn gleich hier, so lange ich noch die Prügel fühle, die ich von ihm gekriegt habe. Aber da kommt er und allein, ma foi, fort à propos!

Sechste Scene.

Jeronimus. Die Vorigen.

Jeronimus. Vierzehn Tage gehen ja wol zu Ende, das hat nichts zu sagen, ich will gern die Zeit aushalten, damit man mir nicht sagen kann, ich hätte mein Wort gebrochen. Aber es wird nicht anders, ich will darauf sterben. – Aber da steht er ja; ich muß doch mal versuchen, ihn allein in die Beichte zu nehmen, wenn sein barmherziger Vater nicht dabei ist. Hört, Hans Franzen, laßt uns mal ein bischen ernsthaft mit einander reden . . . Aber was Henker seh' ich da? Seid Ihr bang, die Leute merken nicht ohnedies schon, wie verkehrt Ihr im Kopfe seid, daß Ihr auch noch Eure Tracht verkehrt? Wie ist wol je ein Mensch auf die Tollheit gekommen, sich den Rock hinten zuzuknöpfen? Das heißt ja den Rücken zum Bauch machen! Na so beklag' ich doch den alten braven Mann, der einen so verrückten Sohn hat.

(Jean und Pierre lachen zugleich: Ha ha ha!)

Jeronimus. Ja Du magst auch lachen, jetzt und später, so oft Du daran denkst, was für ein Narr, ein Geck, ein Gaukler Du bist.

(Jean und Pierre: Ha ha ha!)

Jean. A propos, mon cher Schwiegerpapa, der Rock, den Ihr da tragt, wurde der nicht zum letzten Jubeljahre gemacht? Ha ha ha ha ha!

Jeronimus. Ei du Hanswurst, Du Narr, ist Dein nach hinten gekehrter Rock nicht auf Fastnachtsabend gemacht oder auf den ersten April? Ha ha ha ha ha!

Jean. Mon cher Schwiegerpapa, verzeiht, daß ich über Seine wunderliche altmodische Tracht gelacht habe. Es läßt sich aber leicht ändern; wenn der Rock nur hinten zugeknöpft 126 wird, so kann er immer noch passiren; wie ich hier gehe, so gehen alle honneten Leute in Paris.

Jeronimus. Es ist doch thöricht von mir, noch dazustehen und mit solchen Gecken zu sprechen.

Jean. Attendez, mon cher Schwieger-père Ihr kommt nicht vom Fleck, moi foi, bis Ihr Euren Rock umgedreht habt wie ich den meinen. Das ist pardi die vornehmste Mode in Paris; Madame La Fleche, die eben erst von Paris kommt, berichtet . . . .

Jeronimus. Holla, Ihr Schlingel, wollt Ihr Hand an einen ehrlichen Bürgersmann legen?! Hier ist das für Madame La Fleisch und das für Madame La Kraut und das ist für Madame La Bratwurst und das ist für Madame La Speck! (Theilt Ohrfeigen aus.)

Jean. Pierre, ici, tenez! Halt den alten eigensinnigen Knaster fest! Ich will, ma foi, keinen Pedanten in der Familie haben – zieh' aus!

Pierre. Vitement, Monsieur!

Jeronimus. He, Gewalt! Gewalt!

Jean. Wenn alte Leute kindisch werden, muß man sie zwingen wie Kinder.

Jeronimus. He, he, Gewalt!

Pierre. He, he, Geschwätz! Es ist ja zu Eurem eigenen Besten; wenn es nur erst gethan ist, nachher werdet Ihr uns noch danken, gerade wie ein Patient sich auch erst gegen den Feldscheer zur Wehre setzt, der ihm einen Zahn ausziehen will; aber wenn es überstanden ist, so küßt er ihm nachträglich die Hand und bedankt sich.

Jeronimus. O weh, o weh!

Jean. Nur still, mon cher Schwiegerpapa! Nun seht Ihr pardi aus wie ein Ambassadeur. Die ganze Familie muß umgearbeitet werden; ich werde meine Schwiegermama und Mademoiselle Isabelle zu Madame La Fleche führen, damit sie lernen, was jetzt die feinste Damenmode in Paris ist.

Pierre. Monsieur, soll ich Eurem Schwiegervater nicht auch das Halstuch anders binden? 127

Jean. Ovis pardi si fait. (Während der Andere ihn hält, bindet Pierre ihm das Halstuch um.)

Jeronimus. Ah ah ah . . . .

Siebente Scene.

Die Vorigen. Antonius.

Antonius (mit dem Degen in der Hand). Holla, Ihr Straßenräuber, ich will Euch lehren, einen alten vornehmen braven Herrn zu überfallen! Ach, mein theurer Herr Jeronimus, was schmerzt mich das, Sie so übel behandelt zu sehen! Sieh, wie die Schelme den vornehmen wackern Herrn zugerichtet und prostituirt haben. . . . Gebt Euch zufrieden, Herr Jeronimus, den Schimpf räche ich und wenn es mich das Leben kosten soll!

(Jean und Pierre laufen fort.)

Jeronimus. Ach, mein theurer Monsieur, Ihr habt mein Leben, meine Ehre gerettet! Denn lieber wollt' ich sterben, als daß mich Einer so zugerichtet gesehen. Es würde mir eine große Freude sein, wenn ich Ihm in irgend etwas wieder dienen könnte; möcht' Er doch meiner Hülfe bedürfen und möchte es Ihm nur belieben, mich auf die Probe zu stellen.

Antonius. Ach, mein Herr Jeronimus, ich sehe, der Himmel selbst favorisirt meine Absicht und bahnt mir den Weg, Euch dasjenige vorzustellen, wovon ich bisher noch nie die Dreistigkeit hatte, mit Euch zu sprechen. Ihr habt ja wol eine Tochter, mein Herr?

Jeronimus. Ja, aber was gehört das hieher?

Antonius. Ach, mehr darf ich nicht sagen, Ihr müßt selbst errathen, was ich meine –

Jeronimus. Ich errathe es, ja wol. Vermuthlich ist Er in meine Tochter verliebt: aber darauf kann ich Ihm keine Antwort ertheilen, weil ich den Herrn ja gar nicht kenne. Dürft' ich fragen, wer Seine Eltern sind?

Antonius. Ich bin Jesper Lorenzens Sohn in der kurzen 128 Straße; mein Vater ist bekannt bei allen anständigen Leuten in Kopenhagen.

Jeronimus. Ja freilich ist er bekannt. Ist Er Jesper Lorenzens Sohn, so hat Er einen braven Mann zum Vater und einen von den anständigsten Bürgern der Stadt; wir sind ehedem zusammen gereist, auf den Kieler Umschlag und den Schnapsmarkt in WiborgDer Kieler Umschlag (Kieler Messe) ist noch jetzt berühmt, während wir vom Wiborger Schnapsmarkt (es ist natürlich nicht das bekanntere Wiborg in Finnland, sondern ein gleichnamiges Städtchen in Jütland gemeint) nichts weiter zu sagen wissen. A.d.Ü.. Es wird mir eine Freude und eine Ehre sein, mit ihm verwandt zu werden; spreche Er nur selbst mit meiner Tochter.

Antonius. Wenn weiter kein Hinderniß ist, so bin ich schon so gut wie Euer Schwiegersohn. Die Sache ist diese: Schon seit einigen Jahren hab' ich nicht nur Eure Tochter Elsbeth geliebt, sondern auch ihr Herz habe ich gewonnen. Allein keines von uns unterstand sich davon zu sprechen, aus Rücksicht auf die anderweite Verlobung, die zwischen ihr und Eures Nachbars Sohn geschlossen war. Dessen Zurückkunft hat mich tief betrübt, nicht minder Eure Tochter, und uns fast in Verzweiflung gebracht.

Jeronimus. Steht da sonst nichts im Wege, so ist der Knoten gelöst; seht her, da hat Er meine Hand drauf, daß Niemand anders meine Tochter kriegen soll. Aber da kommt ja meine Tochter selbst, recht zur gelegenen Stunde.

Achte Scene.

Die Vorigen. Elsbeth.

Jeronimus. Hör', Elsbeth, kennst Du diesen Herrn?

Elsbeth. Nein, in der That, ich kenne ihn nicht, Papa –

Jeronimus. Ja, Du kennst ihn meiner Six . . . Sieh, wie roth die wird! Nun, nun, gieb Dich zufrieden, weine nicht, mein Kind, ich kenne die ganze Sache; komm her, gieb ihm Deine Hand, Du sollst seine Braut werden.

Elsbeth. Ach, mein Herzensvater, warum treibt Ihr solchen Scherz mit mir? Ihr habt mich ja doch einmal, wenn auch gegen meinen Willen, mit Hans Franzen verlobt. 129

Jeronimus. Ja das war früher; jetzt aber habe ich gelobt, Hans Franzen freies Quartier auf dem Rathhause zu verschaffen, und dazu soll Dein künftiger Eheliebster, der es mit angesehen hat, welchen Schimpf er mir angethan, behülflich sein. Geh' hin und reich ihm die Hand. Nu guck, wie schüchtern sie thut, als ob sie ihn noch nie gesehen hätte! Kommt, laßt uns mit einander nach Hause gehen, ich muß Rache an Hans Franzen haben, bevor die Sonne untergeht. – 130


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