Heinrich Hoffmann
Eine Kartoffelkomödie
Heinrich Hoffmann

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Dritter Akt

Erster Auftritt

Männecken. Kopf-ab-tsching

Kopf-ab-tsching. Sie haben es also begriffen, Herr Baron?

Männecken. Vollkommen, Exzellenz! Und ich werde mich danach zu richten wissen. – (Beiseite) Tät ich's, so würde ich wahrhaftig der 250ste.

Kopf-ab-tsching. Wenn also seine Majestät fragt: Was ist der Mensch?

Männecken. – So antworte ich: Der Mensch ist der Herr der Erde. Zu dieser Herrschaft haben alle ein gleiches Recht. Gleiches Recht aber ist Freiheit etc. etc.

Kopf-ab-tsching. Gut! Trefflich! Etwas schwärmerischer, wenn ich bitten darf. – (Beiseite) Ehe eine halbe Stunde vorüber ist, wird der der 250ste. – (Laut) Doch da kommt der Kaiser! Halten Sie sich wacker, mein Bester!

Zweiter Auftritt

Vorige. Wuwatz

Kopf-ab-tsching (niederfallend). Heil mir! Mich beglücket der Strahlenglanz Eurer Majestät.

Männecken (ebenso). Heil mir! Ich atme die Lebenslust Eurer Gegenwart.

Wuwatz. Kopf-ab-tsching! Was ist das da?

Kopf-ab-tsching. Himmlische Majestät! Hier ist der Professor Männecken, ein ausgezeichneter Berliner Baron und Gelehrter, der von weither kommt, um den Schatz seines Wissens Eurer Majestät zu Füßen zu legen, und zugleich, um sich um die Stelle eines Hofmeisters bei Dero Tochter zu bewerben.

Wuwatz. So! – Ei! – Hm! – 's ist lange keiner da gewesen. – (Ihn von allen Seiten betrachtend.) Äußeres zwar nicht empfehlend. Das könnte nun schon durch Hungern und Schläge nachgeholt werden.

Männecken. Erlauben mir Eure Majestät den ersten Grad des gelinden Versuches eines leisen Widerspruches. Der Mangel an imponierendem Aussehen bei mir rührt ganz allein von schlechter Kost her. Wer was vorstellen will, muß satt sein; und deshalb ist auch ein gutes Diner so etwas höchst Wichtiges für die Diplomaten, die Pfarrer und die Schulmeister.

Wuwatz. Mag wahr sein! Und da ich am Besten esse in meinem ganzen Reiche, so muß ich notwendigerweise auch das imponierendste Aussehen haben. – Aber Professor, weiß er auch, daß er examiniert wird, und wenn er durchfällt, daß er dann ohne Aufschub den Kopf verliert, und damit Punktum, streu Sand drum!

Männecken. Das weiß ich sehr gut. Allein da ich bis jetzt noch nie, bei keiner Gelegenheit den Kopf verloren habe, so hoffe ich denselben auch diesmal so leidlich davonzubringen.

Wuwatz. Der Kerl hat eine Art von Unverschämtheit, die mir ordentlich gefällt. – Aber weiß er denn auch, daß bereits 249 vor ihm bei dieser Gelegenheit den Kopf verloren haben?

Männecken. Gerade dies macht mich zuversichtlich. Sehen, Ihre Majestät, ich bin ein Schüler von Gall, ein eingefleischter Phrenologe. Bevor ich hierher kam, untersuchte ich die 249 Schädel der seligen Herrn Kandidaten, und da fand ich allerlei Organe ausgebildet, z. B. unter den Suchten: Herrschsucht, Habsucht, Schelsucht, Ruhmsucht, – unter den Gieren: Preßgier, Geldgier; aber nirgends eine Spur von dem Organ der Mordsucht und der Blutgier; und beide sind doch, wie Ihre Majestät mir zugeben werden, höchst unumgänglich notwendige Eigenschaften für den Erzieher einer Prinzessin. Da dieselben jenen nun abgingen, ich aber an einem unersättlichen Blutdurst leide, so schloß ich einfach, die Stelle ist für mich und ich bin für die Stelle geschaffen.

Wuwatz. Mann, seine Ansichten gefallen mir!

Kopf-ab-tsching (beiseite). Schurke, der mich überlistet hat!

Wuwatz. Sag er, habe ich wohl auch das noble Organ des Blutdurstes?

Männecken. Nichts ist leichter auszumitteln. Wollen nur Ihre Majestät mir Ihren heiligen Schädel zur Betastung erlauben!

Wuwatz. Warum das nicht?

Kopf-ab-tsching. Aber bedenken Ihre Majestät –

Wuwatz. Das Maul gehalten! Da ist er. (Er reicht ihm seinen Kopf.)

Männecken (nachdem er denselben aufmerksam untersucht hat). Phänomen von einem Regentenschädel! Blüte des Absolutismus! – Wohin ich nur fühle, nichts als Mord und Totschlag! – Nach der Lehre der Pythagoräer müßten Ihre Majestät notwendig früher ein Blutegel gewesen sein. Nur ein paar winzige europäische Regentenschädel sind entfernt dem Ihrer Majestät zu vergleichen. Aber dort ist bei weitem noch nicht diese Vollendung, dieses Ensemble. Hier ist der Urtypus, das Nonplusultra, ein wahres Engroslager von Mord- und Blutgier. Alle die andern sind nur erbärmliche Detailleurs, Krämer. Pfui! (Er setzt ihm den Kopf wieder auf.)

Wuwatz. Professor, Sie entzücken mich! Sie sind mein Mann. Sie sollen die Stelle haben.

Kopf-ab-tsching. Aber das Examen! Wer weiß? –

Wuwatz. Ja freilich, das Examen! Er wird es bestehen, lieber Kopf-ab-tsching, sicherlich glänzend. – Nun denn pro forma beantworten Sie mir ein paar Fragen, und damit Punktum, streu Sand drum!

Männecken. Bin ganz zu Befehl Ihrer Majestät.

Wuwatz. Es sind kameralistisch-politische Fragen; ich will damit Ihr politisches Glaubensbekenntnis. Was halten Sie von Staat und Fürst?

Männecken. Verzeihen Ihre Majestät, wenn ich hier durch ein Gleichnis antworte. Der Staat gleicht einem gedeckten und wohlbestellten Tische. Es steht ein appetitlicher Hammelsbraten darauf. Das ist das Volk. Die Regierung im allgemeinen sitzt behaglich an diesem Tische und verzehrt den Braten. Die Hände, die das Fleisch zurechtschneiden und in den Mund bringen, das sind die Gerichte und die Provinzialbeamten. Von den Zähnen wird nun alles fein zurechtgekaut und genießbar gemacht, – und das wären etwa die Minister. Das Ganze aber kommt in den Magen, und ist der Hauptheld, der Zweck, der Fürst. Sie, Majestät, sind ein solcher Magen. Hier hinkt aber mein Gleichnis; denn ein gewöhnlicher Menschenmagen wird leicht verdorben, wenn ihm zuviel zugemutet wird; aber solch ein Regierungsmagen wird um so hungriger, je mehr er bekommt.

Wuwatz. Herrlich! Trefflich! – Hammelsbraten ist ja mein Leibessen! – Das ist doch eine appetitliche Erklärung; zwar nicht so ganz neu, denn ein alter römischer Diplomat soll einmal was Ähnliches behauptet haben, aber so ganz nach meinem Geschmack. Nun, lieber Baron, was sind alsdann die Gesetze?

Männecken. Ihre Majestät, das sind die Kochbücher der Regierung! Je schmackhafter sie den Hammelsbraten zuzubereiten lehren, um so besser sind diese Gesetze.

Wuwatz. Genug! Sie, Juwel von einem Professor! Die Stelle ist Ihnen. Sie sind Hofmeister meiner Tochter. Ich ernenne Sie zum Mandarin des blauen Knopfes ohne Taxe, zu meinem wirklichen geheimen Kammerrat ohne Sitz und Stimme. Gehen Sie hin, suchen Sie sich unter meinem Ordens-Federvieh aus, was Ihnen ansteht! – Sie werden eine gediegene Wütrichin aus meiner Tochter machen, und damit Punktum, streu Sand drum!

Männecken. Das Übermaß Ihrer Gnade steigt mir wie köstlicher Wein zu Kopf, und die Worte des Dankes taumeln wie trunkene Gäste von der Treppe meiner Lippen. Der Rausch macht tollkühn, und deshalb wage ich noch eine Bitte an Ihre himmlische Majestät. –

Wuwatz
              Wer denkt, wie Ihr, was hat zu wagen der
Mit einer Bitte?
Männecken
                          Alle Könige
Von Asien huld'gen dem chines'schen Namen.
Gehn Sie denn Asiens Königen voran!
Ein Federzug von dieser Hand und neu
Erschaffen wird die Erde.
(Sich ihm zu Füßen werfend) Geben Sie
Uns ständische Verfassung!
Wuwatz
                                            Frevler! Ha! Du wagst's!
Kaum kann ich meinen Ohren trauen.
Kopf-ab-tsching
(mit dem Messer drohend)
Herr Kaiser, soll ich ihn in kleine Stücke hauen?
Männecken
Um Gottes willen, halt! Versteht mich recht!
Ich will mich nur gehörig erklären.

Wuwatz. Ich bin begierig.

Männecken. Nicht im entferntesten habe ich daran gedacht, Ihrer Majestät eine jener Staatseinrichtungen vorzuschlagen, die wie Schnürleiber die Regierung umgeben und das absolute, angestammte, heilige Königtum nur kurzatmig, engbrüstig und unbeholfen machen. Gott bewahre mich! Im Gegenteil, mein Plan hat den Zweck, die Macht Ihrer Majestät in dem ungetrübtesten Lichte erscheinen zu lassen und im ganzen Lande jährlich Zeugnis zu geben von ihrer Unbeschränktheit. In die projektierte Kammer sind nur die allerreichsten Bürger wählbar. Nach einer groben Strafpredigt werden die Mitglieder einzeln durchgeprügelt, wie denn Prügel überhaupt in einem Intelligenzstaate unentbehrlich sind. Der Landtag wird geschlossen, und alles bleibt beim Alten. Jeder Abgeordnete zahlt tausend Dukaten für die Ehre und wird bei seiner Heimkehr nicht verfehlen, einen respektvollen Eindruck mitzubringen. – Dies ist doch etwas Neues, aus dem Bestehenden organisch entwickelt, und Ihrer Majestät wird der Ruhm dieser originellen Idee.

Wuwatz. Baron, Sie sind ein Phänomen! Wie soll ich Sie würdig belohnen! – (Beiseite) Wie wäre es? Soll ich? – Ja! – Nein! – Hm? – Ja! – Nein! – Hm? – Ei! – Ja! – Nein! – Ja! – Einen Bessern finde ich nimmer. Also: Ja! Ja! Ja! (Laut) Kommen Sie an mein Herz, Mann! Sie sollen eine andere Stelle haben bei meiner Tochter; nicht Hofmeister, ihr Gatte sollen sie werden, mein Schwiegersohn und Mitregent, und damit Punktum, streu Sand drum!

Männecken (ihn umarmend). Majestät! – Vater! – Kolleg! – (für sich) Die Prophezeiung! Die Prophezeiung! Sie geht zum dritten Male in Erfüllung!

(Wuwatz und Männecken ab)

Kopf-ab-tsching (allein). O Wunder! unerklärliches Wunder! Das Beste wird sein, wenn ich mich mit dem neugebacknen Kronprinzen, so gut wie möglich, aussöhne. – Doch dort sehe ich meinen Hausdrachen heranrauschen; ich muß ihr die Geschichte erzählen und ihren Rat hören.

Dritter Auftritt

Voriger. Lulu

Lulu. Nun, was stehst du hier und blickst den Himmel an wie ein Astrolog, der blödsinnig geworden ist?

Kopf-ab-tsching. Unerhörtes ist geschehen; ich kann nicht zu mir kommen.

Lulu. Nun, zu mir brauchst du auch nicht zu kommen.

Kopf-ab-tsching. Der Fremdling aus Berlin –

Lulu. – ist Hofmeister geworden. Das ärgert dich: Nun, so freut es mich.

Kopf-ab-tsching. Das ist noch nicht alles.

Lulu. Nun, hat ihn der Kaiser vielleicht auch zum Minister gemacht? Das wäre ja herrlich!

Kopf-ab-tsching. Mehr! Mehr! Der Kaiser gibt ihm seine Tochter zur Frau, und er ist Mitregent.

Lulu. Wie? Was? Ha, unmöglich! Du faselst!

Kopf-ab-tsching. Um mich wird es geschehen sein. Er merkte die Schlinge, die ich ihm legen wollte.

Lulu. Der Kaiser gibt ihm seine Tochter? Und du Esel hast es nicht gehindert? Hast es angesehen mit ruhigen Mienen, hast ihm selbst noch dazu verholfen? Hast dir selbst deinen Galgen gebaut? Unbegreiflich riesenhafte Dummheit!

Kopf-ab-tsching. Aber liebe Gute! Es läßt sich vielleicht dem Übel noch vorbauen, wir können vielleicht dem Ärgsten noch entgehen. Dein Rat war es, um den ich dich bitten wollte, von deinem Scharfsinn erwarte ich Hilfe.

Lulu
              Meinen Rat, du Unglücksgimpel,
Willst du? Ruhig überlegten
Hilferat suchst du bei mir.
Narr, so geh' doch hin zum Meere,
Wenn es mit dem Sturme kämpfet,
Und die wilde Woge aufspringt
Himmelhoch bald zornig schäumend,
Und bald wieder abwärts raset
Von des Sturmes Riesenarm gebändigt!
Geh' dann hin zur Brandung, hübsch manierlich,
Mache, wie sich's ziemt, ein Kompliment
Und sprich:
Liebes Meer, so glätte dich ein wenig,
Daß ich mich als Spiegel dein bediene.
Sieh', der Sturm hat mir zerzaust die Locken,
Und ich möchte gern sie wieder ordnen! –
Ungeheure, riesenhafte Dummheit!
Rat willst du von mir, in deren Busen
Jetzt die Stürme grauser toben, tiefer
Als in dunklen Meergrund je sich wühlten.
Ungeheurer, riesenhafter Esel!
Kopf-ab-tsching
Einen Pathos hat die wie Herr Racine,
Und den Seehumor von Heinrich Heine.
Unbegreiflich feuerspeiend Rätsel!
Lulu
Hast mein Kind dir stehlen lassen, Schwachkopf!
Hast mein Leben mir vergiftet, Meuchler!
Hast dein Amt dir nehmen lassen, Feigling!
Hast zum Spotte mich gemacht des Buben!
Ha, es raubt der Zorn mir die Besinnung!

Vierter Auftritt

Vorige. Männecken

Lulu
            Sieh', da kommt der Schurke wie gerufen! –
Komm' heran, daß ich den Kopf dir wasche!
Hast du darum Liebe vorgeschwatzt mir?
Hab' ich darum dir mein Herz gegeben,
Daß du mich für diese zuckersüße
Mondanbet'rin schnöde sollst verlassen?
Kopf-ab-tsching
Weib! Dein Wahnsinn sagt mir Schreckenswahrheit.
Männecken
Frau! Bedenk' sie, daß sie spricht zum Prinzen!
Lulu
Prinz? Du bist ein schöner Bettelprinz mir!
Wahnsinn! Ja, das ist das Wort, das rechte!
Hier in meinem Hirne kocht das Blut mir.
Es zerspringt das Herz von heißer Wut schier.
Habt gereizt ihr wilder Löwin Blutgier,
Schien ihr Zorngebrüll Euch zu gefallen,
Nun, so wehrt Euch auch vor ihren Krallen!

(Fährt auf die beiden los, die mit Geschrei fortlaufen.)

Fünfter Auftritt

Kopf-ab-tsching
(kommt allein zurück)

Das Maß ist voll. – Verräterischer Drachen! Mit dem Berliner zu liebeln, ihm meine Pläne zu verraten und hernach obendrein mir das Gesicht zu verkratzen. – Großer Othello, hilf mir! Sie muß sterben und das bald! – (Ab)

Sechster Auftritt

Männecken. Hernach Lala

Männecken. Du allmächtiger Konfuzius! Was sind das für Weiber hierzuland! In den Hühnerstall habe ich flüchten müssen, um ihren Händen zu entgehen. Das wird eine schöne Ehe geben! Aber mein Lalachen, das ich übrigens noch nicht gesehen habe, soll sanft und mildiglich sein.

(Lala tritt auf, mit einem Besen bewaffnet.)

Lala. Du bist ohne Zweifel der Mensch, dem mein Vater meine Hand versprochen hat?

Männecken. Ja, Holdseligste, die Rosenpfade unseres Lebens sollen fortan nebeneinanderlaufen.

Lala. Was, Rosenpfade! Albernheiten! Ja, fort- und auseinanderlaufen, das laß ich mir gefallen. Was ich zu Euren Plänen sagen werde, ist Euch gleich. Wohlan, so hört!

      Du hast aus meinem Frieden mich heraus
Geschreckt; in gärend Drachengift hast du
Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt;
Zum Ungeheuren hast du mich gewöhnt; –
So nimm die Antwort hin, die ich dir gebe.

(Schlägt ihn mit dem Besen.)

Männecken. He, Hilfe! Mord und Hochverrat!

(Läuft fort. Lala ihm nach)

Siebenter Auftritt

Knot-jang. Hernach Männecken

Knot-jang. Was muß ich hören? Dieses vagabundierende Berliner Genie hätte mich überlistet! Der muß mit dem Satan ein Bündnis geschlossen haben. Aber warte, Geselle! So geschwinde tritt der Räuberhauptmann Knot-jang seine Braut nicht ab. Lala ist treu, und mit dir werde ich schon fertig.

(Männecken tritt auf)

Männecken. Gott sei Dank, eines Freundes Gesicht! Liebster einziger Kumpan! Ach, helft mir! Was führ' ich als Prinz ein erbärmliches Leben! Wo ich mich blicken lasse, setzt es Prügel. Verwünschtes Land! Vermaledeite Brautschaft!

Knot-jang
      Des Trostes Salbe suchst für deine Beulen
Beim falschen Krämer du. Mit meinen Fäusten
Will ich den Schurkenschädel dir zertrümmern;
Zerstampfen will ich dich, du Ungetier!
Männecken
Ist alles toll? Baron, was tat ich dir?
Knot-jang
Hast du nicht frech mir meine Braut gestohlen?
Männecken
Kein Wort ist wahr, soll mich der Teufel holen!
Knot-jang
Das wird er schon. Jetzt mußt du mit mir boxen.
Männecken
Gemeiner Kampf, für Böcke gut und Ochsen!
Knot-jang
Pomadenheld.
Männecken
                        Landstreicher! Vagabund!
Knot-jang
Windbeutel!
Männecken
                    Dieb!
Knot-jang
                              Ich stopfe dir den Mund.

(Er schleift Männecken hinaus.)

Achter Auftritt

Knot-jang
(kommt allein zurück, mit einer Zither)
Hernach Lala und später Wuwatz

Knot-jang. Der hat vorderhand genug und wird nichts einwenden. Aber: jetzt gilt es rasche Tat. Ich will meiner Geliebten das Zeichen geben.

(Er stimmt und präludiert auf der Zither das Ständchen aus Don Juan und singt:)

Mit seufzerhaften Tönen
        Umschweife ich dein Haus.
Es bricht in wildem Stöhnen
        Mein heißer Hunger aus.

Die Liebe muß mich nähren.
        Dein Blick ist mehr als Wein;
Willst du ihn mir gewähren,
        Ich werd' betrunken sein.

Wie Roastbeef saftig, nahrhaftig
        Dein Händedruck! O du!
Dein Kuß ist mir wahrhaftig
        Ein köstlich Trüffelragout!

Schnell komm herab zu fliegen!
        Mich quält mein Appetit.
Laß alles stehn und liegen;
        Bring was zu essen mit!

Lala
(oben am Fenster)
                Bist du's, mein Knot-jang, dessen Lied
Wie kühner Efeu sich zu meiner Zelle rankt?
Knot-jang
Jawohl! Jawohl! Tu auf, mein Kind!
Schläfst, Liebchen, oder wachst du?
Wie bist du gegen mich gesinnt?
Und weinst oder lachst du?
Lala
Ach, Knot-jang, du? – So spät bei Nacht?
Geweinet hab ich und gewacht;
Ach, großes Leid erlitten.
Wo kommst du her geritten?
Knot-jang
Wir satteln nur um Mitternacht,
Weit ritt ich her aus Böhmen.
Ich habe spät mich aufgemacht,
Und will dich mit mir nehmen.

(Wuwatz zeigt sich und ist höchst erstaunt.)

Doch jetzt ist genug deklamiert! Hurtig herab oder wir sind verloren!

Lala. Gleich, du Kühner; ich will nur Galoschen anziehen (Sie geht vom Fenster weg.)

Knot-jang. Ich führe sie wieder in die böhmischen Wälder, und sie soll Frau Räuberhauptmännin werden.

Lala (kommt). Geliebter, sieh, ich bin bereit!

Knot-jang. So komm'.

Wuwatz (hervortretend). Halt! Hier hab' ich auch ein Wörtchen mitzureden!

Lala. Oh! (wird ohnmächtig)

Knot-jang. Uh! (läuft fort)

Wuwatz (ihm nach). Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!

(Lala springt auf und folgt ihnen)

Neunter Auftritt

Lulu
erscheint als Ophelia und hält allerlei verwirrte Reden.
Als Kopf-ab-tsching eintritt,
wird sie gegen denselben sehr unhöflich.

Kopf-ab-tsching. Wahnsinnig und doch noch grob! Das ist zu arg! (Er köpft sie.)

Zehnter Auftritt

Voriger. Wuwatz

Wuwatz. Sie haben ihn! Sie haben ihn! – Was ist das für eine Zucht! Minister, wo steckt Ihr denn? Meine Tochter will durchgehen mit dem lumpigen Handwerksburschen. Mein Schwiegersohn, der Prinz, liegt halb totgeschlagen in einer Ecke und winselt. Helft mir! Kopf-ab-tsching, helft mir! Wo habt Ihr denn gesteckt?

Kopf-ab-tsching. Herr Kaiser, ich habe soeben mein Weib erschlagen.

Wuwatz. Und warum?

Kopf-ab-tsching. Aus Irrtum.

Wuwatz. Nun, was geht das mich an! Das sind Haushaltungsangelegenheiten. – Nun aber macht Euch fertig! Man wird den frechen Knot-jang herbringen, er wird sogleich geköpft und gleich darauf Lala mit dem Prinzen getraut. So krieg' ich endlich Ruhe ins Haus und damit Punktum, streu Sand drum!

Kopf-ab-tsching. Ganz wohl, Herr Kaiser!

Wuwatz. Ich fühle mich sehr angegriffen; meine Verdauung wird in Unordnung geraten. Soviel hab' ich sonst in zehn Jahren nicht regiert. – Doch dort kommt der Delinquent. Macht es kurz und gut!

Elfter Auftritt

Vorige. Lala. Knot-jang. Wache

Lala. Gnade! Gnade!

Wuwatz. Nichts da! Er wird geköpft.

Kopf-ab-tsching (zu Knot-jang). Mein Herr, dürfte ich Sie bitten, Ihren Hals etwas zu entblößen behufs der vorzunehmenden Enthauptung?

Knot-jang (seinen Hals entblößend). Mit dem größten Vergnügen bin ich zu Diensten Euer Wohlgeboren.

Kopf-ab-tsching (ihn untersuchend). Himmel! – Was ist das?

Knot-jang. Was?

Lala. Was?

Kopf-ab-tsching. Woher haben Sie dieses rote Mal am Halse?

Knot-jang. Das ist das einzige, was ich von meinen Eltern geerbt habe.

Kopf-ab-tsching. Sprich, Mensch! Wer, wo sind deine Eltern?

Knot-jang. Weiß nicht. Ich wurde meinen Eltern gestohlen.

Kopf-ab-tsching (an seinem Halse). Du bist mein Sohn! mein Kind!

Knot-jang. Papa!

Lala. Schwiegerpapa! Rette ihn!

Knot-jang. Rette mich!

Kopf-ab-tsching. Ja! aber wie?

Lala. Schlage meinen Vater tot!

Kopf-ab-tsching. Gut, es sei! Der Verlust ist nicht so groß. Den einen verliert Ihr, den andern habt Ihr gefunden.

Wuwatz. Hölle und Teufel, Kopf-ab-tsching! Eile dich! Ich muß zum Essen.

Kopf-ab-tsching. Sollen gleich serviert sein, Majestät! (Er haut auf den Kaiser los.)

Wuwatz. He! Was ist das?

Kopf-ab-tsching. Ein Irrtum. (Er köpft ihn vollends.) Der Kaiser ist tot! Es lebe der Kaiser!

Zwölfter Auftritt

Vorige. Männecken (mit verbundenem Gesichte)

Männecken. He, Holla! Was ein Lärm! Wo ist meine Braut? Wo mein Herr Schwiegervater?

Knot-jang. Der Papa ist tot, und die Braut ist mein.

Männecken. O Weh! Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? (Er setzt Knot-jang die Krone auf.) Es lebe Kaiser Knot-jang der Erste! (Volksjubel hinter der Szene)

Knot-jang. Meinem Volke gebe ich die versprochene Konstitution! (Neuer Volksjubel von hinten) (zu Kopf-ab-tsching) Ihr, Vater, könnt nicht mehr mein Scharfrichter bleiben! – (zu Männecken) Für Euch, Baron, sei fortan dies Amt! Auch müßt Ihr mir helfen, die Konstitution auszuarbeiten!! (Kopf-ab-tsching überreicht Männecken das Messer.)

Männecken. Danke bestens. Mit etwas Übung soll es schon gehen. – So geht die Prophezeiung denn zum vierten Male in Erfüllung: Adrian wird über Köpfe herrschen. –

Wuwatz (sich auf richtend) Zwar fehlt mir der Kopf, aber fort regieren könnt ich eigentlich doch, und damit Punktum, streu Sand drum!

Knot-jang. Lala! Aber jetzt habe ich den allergewaltigsten Hunger, und damit Punktum, streu Sand drum!

Alle
          Ihr vergebt uns wohl, ihr Lieben,
Machten wir's euch nicht zu Dank.
Als dies Stücklein ward geschrieben,
Waren wir, Kartoffeln, krank.

Sind wir auch seitdem genesen,
Fastnachtswitzen droht Verfall;
Denn die Zeitung bringt zu lesen
Nur von Markt- und Brotkrawall.

Griesgrämliches Mißbehagen
Liegt wie Alpdruck auf der Zeit;
Und doch lehrt, den Ernst ertragen
Euch nur lautre Fröhlichkeit.


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