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Hermann Essig: Die Glückskuh

Die Pan-Bühne versuchte neulich im Modernen Theater Hermann Essigs Lustspiel »Die Glückskuh« aufzuführen. Das Stück spielt in einem Dorfe unter plumpen habsüchtigen Bauern. Sein Inhalt: Der Kuhhandel zwischen den brutalen und den zärtlicheren Instinkten; beide Parteien werden betrogen, denn sie sind untrennbar ineinander verstrickt. Am meisten vergnügt mich Hermann Essig durch die Umkehrung einer gewohnten psychologischen Perspektive. Er stellt die Frauen als die Geistigeren dar, als die bewußteren Tiere, deren Entschlüsse in größerer Helligkeit wachsen, ferner von besinnungsloser Dumpfheit; aber er empfindet sie auch als die Boshafteren, Härteren, Verlogeneren. Man würde den Hermann Essig einen grausamen Psychologen nennen, wenn man nicht fühlte: er liebt die Frauen viel zu sehr, um sie zu idealisieren; er kann noch da lächelnd genießen, wo ein Strindberg tobt und anklagt. Zum Schluß aber, als man dem »Rebekkle« die gestohlene Kuh wieder nimmt – die schöne braune Kuh mit den Ringelhörnern, die ihr so sanft über die Bühne gefolgt war –, als die Strafe droht und die Verlobung aufgelöst wird, versuchte mich der Dichter zu allerhand Mitleid zu verführen. Auf Grund der Tatsache, daß die Heldin ein Kind unter dem Herzen trägt. Und ich sollte mich freuen, daß dann doch der Oberamtmann mit der Aktenmappe durch einen wohlwollenden Machtspruch der Kleinen zu einem Mann verhilft. Hermann Essig also, der uns so lustig zu erschrecken verstand, ein Zergliederer menschlicher Seelen, hat Respekt vor dem Wohlwollen der Oberamtmänner und den Ideen des Bundes für Mutterschutz. Dieser Gedanke bedrückte mich auf dem nächtlichen Heimwege vom Theater.


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