Peter Hille
Aus dem Heiligtum der Schönheit
Peter Hille

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Arnold Böcklin.

Mitten im Tode sind wir vom Leben umfangen.

Er ging dahin, wo seine Werke wohnen...
Mit angetürmtem Nacken ihm zur Seiten
trabt der Eroberer.
Aus tiefem Sande grinsen fremde Zeichen:
Gebeine sind es, die so leuchtend bleichen.
Vor rohen Hufen knirscht die heiße Wüste;
grün steigt ein Hügel auf und ruht
in Blumenkühle aus vom heißen Gleißen.
In träger Schräge ruht ein alter Faun
und glotzt in Weiten, die wie bald verloren ihm,
mit schwerem Auge, fremdbekümmert.
Ein Fäunlein, goldnes Stroh im roten Nacken,
reckt tief zum Quell die drallen Bäcklein nieder.

Genug gesehn! Ich will mir selber lauschen;
da kommt ein Wald, der soll mir rauschen!
Wie klopft des Mittags Angst! –
Gespannt und horchend, eine Harfe,
die starren, steilen Stämme.

Hoch und tückisch,
das seltsam bösgedrehte Horn voraus:

Das Einhorn...

Sinnig-wild
aufblickt des Märchens üppig-fremdes Auge.

Da von der Rechten schwellend atmet's Raum,
hebt grüne Gipfel hoch noch über die blauen –
brausendes überstürzendes Bauen! –
und bietet der Erde, bietet dem Himmel Sträuße Schaum
und schlägt lustkreischend einen Purzelbaum:
und blickt wie Angst, wie Trauer der Unendlichkeit,
wie Irrsinn, wie wehlachend Spotten:

das wilde Element! –

Und Abend wird's; das Meer ging ferne schlafen.
Ein braunes Glöckelhäuslein.

Da steht, geneigt

das weiße, stille Haupt, der braune Mönch und geigt
und streut wie Blumen nieder

zu Füßen der Maria späte Glut.
Auf Zehen, seine Wangen voll und fromm,
ein Büblein lugt; leis zittert seiner Schwinge

blaugrüner Reif...

Er ging dahin, wo seine Werke wohnen;
sie leuchten heißer auf in ihrer Seele Saft,
die Urgeburten dieses großen Lebens!
Ein frohes Tosen wiehert der Stromsturz
nieder; die Wälder öffnen atmend
befreite Brust.
Und all die großen stummen Seelen
der ungeheuren Dinge und der wilden Welt:
»Du löstest unsere Lippen; unser Träumen,
unser Brausen war dir: das Leben!

Wie du den Wein in heitrer Andacht trankest,
so leicht bei hohem Lächeln neigt
dein Manneshaupt sich, da Freund Hein
auf seiner Fiedel dir so Wundersames geigt...«

In bleicher Stille ein zypressendichter Schlaf...


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