Karl Friedrich Hensler
Das Donauweibchen
Karl Friedrich Hensler

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Dritter Aufzug

Erster Auftritt.

Waldgegend. Im Hintergrund die Donau.

Hartwig. Alwart. Kaufingen. Bodo. Reisige. Albrecht.

Jagdlied.
Fuchs. Kaum weicht die Nacht
Der Sonne Pracht,
    So ziehen wir in Wald.
Der Riede bellt,  } 
Daß Berg und Feld  }  Chor wiederholt.
    Vom Jagdgeschrey erschallt.  } 
Der Hörner Ton
Erklinget schon
    Beym ersten Sonnenstral.
Man jagt das Wild  } 
Durch das Gefild,  }  Chor wiederholt.
    Den Forst hinab ins Thal.  } 
Von Beute schwer,
Ziehn wir einher
    Zurück mit Sing und Sang.
        Es ladet ein  } 
        Zum guten Wein  }  Chor wiederholt.
        Der frohe Becherklang.  } 

(Alle ab)

Zweyter Auftritt.

Erlinde und die übrigen Nixen (aus den Wellen).

Erlinde. Hörtet ihr den nahen Jagdgesang – wie sie vorüberzogen die stattlichen Jäger, und Albrecht von Waldsee, der schöne Bräutigam, wild durch das Dickicht des Forstes drang?

Elissa. Laß uns harren – vielleicht daß ihn ein zur Fälle aufgestossenes Wild wieder zurückführt.

Erlinde. Ich will meinen Schleyer ablegen, und ihn hier an diesem Gebüsch verwahren, vielleicht – (Sie hängt ihren Schleyer hin. Man hört nahe ein Riedhorn)

Nixen. Laßt uns fliehen. – Man kömmt!

Erlinde. Wir wollen sie belauschen. (ab in die Fluth.)

Dritter Auftritt.

Käsperle. Erlinde.

Käsperle. (hat ein Jagdhorn an sich hängen, kommt blasend herein) Ich mag auch blasen, wie ich will, es läßt sich kein Mensch sehen und hören. Hab' deßwegen das Jagdhorn mitgenommen, damit ich doch wenigstens die Wölf' und Bären davon jagen kann, wenn mir etwa eine solche Bestie begegnen soll. (er erblickt den Schleyer) Donnerwetter! was hängt denn da? ein Schleyer? sicher ist das noch ein Überbleibsel von einem Burgfräulein, das die Bären aufgefressen haben. Ich muß doch – (will den Schleyer wegnehmen)

Erlinde. (im Wasser) Laß den Schleyer hängen, oder –

Käsperle. (bebt zurück) Was ist das für eine Stimme? (Sieht umher) Ich seh' keinen Menschen – (ruft) Wer da? – Wo?

Erlinde. (rechts) Hier?

Käsperle. (wendet sich rechts) Wo? wo?

Erlinde. (links) Da! da! –

Käsperle. (zitternd) Auweh! auweh! wenn ich jetzt nur gleich bey dem Jagdgefolge wäre – Ich – ich werd vor lauter Angst nicht blasen können. – (Er bläst mit zitternden Tönen. Das Echo antwortet) Ha, ha, ha! was ich doch für ein furchtsamer Haas bin – Es ist das Echo – (betrachtet den Schleyer) ich möcht' doch gern das Dings da als eine Beute nach Haus bringen. (Er greift darnach)

Erlinde. (im Wasser) Hüte dich vor dem Diebstahl – oder –

Käsperle. In dem Gebüsch muß Jemand versteckt seyn, ich laß mir's nicht nehmen; (sieht umher.)

(Die Nixen lassen sich sehen und lachen)

Käsperle. (bleibt in voller Verwunderung stehen) Die Madeln tauchen ja auf und unter wie die Tuckanteln – (stellt sich auf die Zehen) Jetzt hab' ich einen Kopf g'sehen – jetzt einen Arm – jetzt einen Fuß – und jetzt – pr! es wird mir ganz kurios – wenn sie den Schleyer haben wollen, so müssen sie heraus – (Er greift nach dem Schleier)

Erlinde. Laß den Schleyer hängen, oder –

Käsperle. Den laß ich nicht hängen. Geht's heraus, wenn ihr das Herz habt! (Sie lachen) Ja – lacht, wie ihr wollt – nachlaufen könnt ihr mir nicht, und 3 Schritt bleib ich vom Wasser entfernt – also der Schleyer ist mein! (Er holt ihn herab)

Huldas Stimme. Unglücklicher! Was beginnst du!

(Donnerschlag. Käsperle verwandelt sich in einen Bären. Die Nixen tauchen mit Hohngelächter unter das Wasser)

Vierter Auftritt.

Albrecht von Waldsee kommt mit seiner Jagdlanze zurück, erblickt den Bären, und will ihn erlegen.

Albrecht. Was seh' ich? welch' eine wilde Bestie! (er legt auf den Bären an)

Käsperles Stimme. Kennt ihr mich denn nicht, edler Herr Ritter! ich bin ja Kaspar Larifari, euer Zechmeister –

Albrecht. (zurückbebend) Was hör ich? welche Zauberkraft umgiebt mich! Unglücklicher! durch welche feindliche Macht geriethest du zu dieser schrecklichen Umwandlung?

Käsperle. Durch die Donaunixe! ich bitt' euch um alles in der Welt, rührt ja den Schleyer nicht an, oder die Nixe verwandelt euch in einen Pavian –

Albrecht. Diesen Schleyer –? (Er nimmt ihn, der Bär verschwindet, und das Gebüsch verwandelt sich in eine offene Eremiten-Höhle. Man sieht Hulda mit Lilli, beide als Eremitinen gekleidet, neben einander sitzen, und Körbchen flechten)

Fünfter Auftritt.

Albrecht. Hulda. Lilli.

Albrecht. Was seh' ich? welch' eine sonderbare Erscheinung!

Hulda. (ihn anblickend) Was verlangst du hier, Fremdling! an einem Ort, den nicht leicht der Fußtritt eines Wanderers betritt – an einem Ort – ernsten Betrachtungen geweiht.

Albrecht. Wer bist du?

Hulda. Eine Eremitinn, die ferne von dem Getümmel der Welt ihr Erdenglück in stiller Einsamkeit sucht.

Albrecht. Sonderbar! du scheinst mir noch in den Jahren blühender Jugend zu seyn, und so frühe kannst du schon die Menschen fliehen?

Hulda. (kommt heraus) Junger Mann! unglückliche Liebe trieb mich an diesen Ort. – Ich beweine den Verlust eines Geliebten, meine Tochter den Verlust eines Vaters.

Albrecht. Armes, unglückliches Mädchen! dein Geliebter verließ dich vielleicht?

Hulda. Ach! wie gerne wollt ich ihm seine Untreue vergeben, wenn er sich nur entschlösse, daß ich ihn dreymal im Jahr sehen und umarmen dürfte.

Albrecht. Dreymal im Jahr? (beiseite) Sprach nicht eben so die Donaunixe? (laut) Willst du mir nicht den Namen deines Geliebten entdecken? unglückliches Geschöpf!

Hulda. Er nannte sich Albrecht von Waldsee.

Albrecht. (entsetzend) Albrecht von Waldsee? unmöglich!

Hulda. Erinnerst du dich nicht mehr jenes Köhlermädchens, das dich vor 4 Jahren so liebevoll in ihre Hütte aufnahm.

Albrecht. (in höchster Verlegenheit) Ja – aber –

Hulda. Dich täuscht meine Hülle, guter Albrecht! betrachte mich so –

Sechster Auftritt.

(Sie wandelt sich in ein reitzendes Köhlermädchen um, Lilli ebenso gekleidet, springt aus der Hütte.)

Albrecht. (beiseite) Bey Gott! sie ists. (laut) Ich erinnere mich deiner mit frohem Herzen, liebes, schönes Mädchen!

Hulda. Ha, ha, ha! hört doch, wie sich die jungen Herren ihre galanten Abentheuer in das Gedächtniß zurückschaffen können. Ja – ja – ich war eben das Köhlermädchen, dem ihr in jener Gewittervollen Nacht ewige Liebe geschworen habt.

Albrecht. Und dieses liebenswürdige Kind?

Hulda. Ist eure Tochter.

Albrecht. Ich werde mich eurer annehmen. Morgen kehre ich zurück, und bringe euch Gold und Edelgesteine.

Hulda. Morgen erst wollt ihr zurückkehren?

Albrecht. Wie kann ich früher, da heute noch meine Vermählung mit Ritter Hartwigs Tochter gefeyert wird.

Hulda. Ha, ha, ha – Vermählung – ohne Braut und Bräutigam. (lacht höhnisch)

Albrecht. Wie meynst du das?

Hulda. Edler Herr! ihr werdet mir doch erlauben, heute eurem Hochzeitfeste beywohnen zu dürfen?

Albrecht. Nimmermehr! willst du durch deine Gegenwart meine und meines Weibes Ruhe stören?

Hulda. Herr Ritter! ich verlange eine Bitte von euch.

Albrecht. Welche Bitte? –

Hulda. Mich drey Tage im Jahr zu lieben.

Albrecht. Unmöglich wirst du mich zwingen können, mein Weib zu betrügen.

Hulda. Ha, ha, ha! als wenn wir Weiber uns nicht früher oder später an den Wankelmuth der Männer gewöhnen müßten.

Lied.        
Die Liebe muß zanken,
    Sonst hat's nicht Bestand;
Und will sie auch wanken,
    Reicht man sich die Hand.
Denn immer zu scherzen,
    Da wird sie nicht neu,
Nie reizet die Herzen
    Das stets Einerley!

Veränderung würzet
    Uns jeden Genuß.
Die Liebe verkürzet
    Bald Groll und bald Kuß.
Es muß schon dem Magen,
    Ist man nicht mehr frey,
Im Eh'stand behagen
    Das stets Einerlei. (ab)

Albrecht. Jawohl! das ewige Einerley im Ehestand – aber wer will, wer kann das ändern? Vorwärts – zum Ufer der Donau – dort will ich Aufklärung dieser rätselhaften Geschichte suchen. (ab)

Siebenter Auftritt.

Gemach auf Hartwigs Feste.

Bertha. Bruno.

Bertha. (allein) Schön war das Beginnen meiner Liebe. Rosen glaubte ich zu pflücken auf der Flur des Lebens, aber schon verwunden mich Dornen im Lenze meiner Jugend. O Albrecht! daß ich dich nie gesehen hätte.

Bruno. So eben kommt des Ritters Leibknappe aus dem Forst zurück. – Ritter Albrecht hat sich von dem Gefolge getrennt – wir glaubten ihn schon auf der Burg zu finden.

Bertha. Guter Bruno! wie lange ist es nun, daß du von der Feste des Ritter von Waldsee entfernt bist?

Bruno. Sieben Jahre, edles Fräulein! ich begleitete ihn ehedem zu allen Turnieren und Fehden, die er unternahm –

Bertha. Und ist dir nicht bekannt, daß Ritter Albrecht schon eine frühere Liebe unterhielt, noch ehe er um meine Hand warb.

Bruno. Was fällt euch ein, holdes Fräulein! welcher böse Dämon setzte euch diese Grillen in den Kopf?

Bertha. Ritter Albrecht, der mir heute noch am Altar ewige Liebe schwören soll, betrügt mich – unterhält eine Liebschaft mit einer andern Geliebten, dieß beweiset das Bildniß, das er auf dem Herzen trägt, und das ich erblickte, als ich ihn heute früh im Schlaf belauschte.

Bruno. Ohnmöglich, Fräulein! ihr werdet euch irren. –

Bertha. Und dann – was hältst du von der Spuckerey des Wasserweibchens, seitdem sich Ritter Albrecht auf unserer Burg aufhält?

Bruno. So wird ihn doch der Böse nicht gar bestrickt haben, daß er sich mit Unholden in ein Liebesverständniß einläßt.

Bertha. O, daß mich ein fürchterlicher Schwur bindet, nicht zu entdecken ein Geheimniß, das sich so tief in meine Seele grub; (laut) Guter Mensch! suche ihn auszuspähen, aber vor meinem Vater mußt du ja alles geheim halten; der gute Greis würde mit Schrecken die Nachricht vernehmen, und Gram und Leiden würden seine ehrwürdigen grauen Haare mit Kummer färben (ab).

Bruno. Das will ich, edles Fräulein! euch glücklich zu sehen, ist der Wunsch, den ich mir von der Vorsicht erbitte. (ab)

Achter Auftritt.

Donaugegend.

Ritter Albrecht. Hernach Hulda als Nixe.

Albrecht. Unruhe treibt mich umher wie einen Wahnsinnigen. Nirgend habe ich bleibende Stätte – immer schwebt das Bild der schönen Hulda vor meinen Augen. – (Sie steigt aus den Wellen)

Hulda. Sprichst du Wahrheit, lieber Albrecht?

Albrecht. Wen seh' ich? Hulda!

Hulda. Holder Albrecht! deine Hand zittert – fürchtest du Hinterlist von einem Weibe, das dich so zärtlich liebt.

Albrecht. Vergieb mir meine Ängstlichkeit – aber – du bist kein Wesen meiner Art – du bist –

Hulda. Ein Weib bin ich – kannst du mehr verlangen?

Albrecht. Ich bin ein Mensch, und du? –

Hulda. Fürchtest du den Druck von dieser Hand? es ist der Druck sanfter Zärtlichkeit, – fürchtest du den Kuß dieser Lippen? es ist der Kuß des liebevollsten Sehnens. Schreckt dich das Klopfen dieses Herzens? es ist das Klopfen der süssesten Empfindungen in einem weiblichen Busen. –

Albrecht. Sanft und reitzend klingt der süsse Nahme Hulda – aber dieser Nahme – er ist –

Hulda. Mein Nahme so gut als Albrecht, der deinige ist – diesen Nahmen gab mir die himmlische Weihe meiner Schöpfung. Bin ich weniger ein Geschöpf des ewigen Schöpfers unserer Aller? Bin ich weniger als du – eine Kreatur des erhabenen Wesens aller Geister?

Albrecht. Aber dein Geschlecht?

Hulda. Ich gehöre zum Geschlechte der Nixen.

Albrecht. Das ist es, was mich –

Hulda. Was dich ängstiget und schreckt! Ey, du kühner Mensch! fürchtest du, ich werde dich zerreissen und zerfleischen?

Albrecht. Ach nein – Hulda! du bist ein besseres Wesen, als –

Hulda. Als du eines bist? Willst du die Menschheit erniedrigen? Albrecht! Ich mache keine Ansprüche auf dein Erdenglück – ich überlasse dich den Armen deiner Bertha, von der du mit inniger Zärtlichkeit geliebt wirst. – So viele Tage des Jahres gehörst du deiner Gattin – nur drey Tage im Jahre sollst du mein seyn. –

Albrecht. Drey Tage im Jahr?

Hulda. O deine Bertha ist ein holdes, herrliches Mädchen, sie wird dich lieben rein und zärtlich – wird die Mutter meiner Tochter werden – die unerkannt dich als ihren Vater lieben wird.

Albrecht. Mich – als ihren Vater? Hulda! ich sahe dich gestern zum erstenmal.

Hulda. Albrecht! jenes arme Köhlermädchen –

Albrecht. (entsetzt sich) Warest du? Ha! jetzt enträthselt sich die Vergangenheit meiner That – wenn aber mein Weib –

Hulda. Sie erzieht das Kind als einen Findling, und du wirst dafür sorgen, ihr ja nicht den Vater desselben zu entdecken.

Albrecht. Wenn sie aber zu erfahren sucht, wer des Kindes Vater ist?

Hulda. Entdeckst du ihr das, so sind wir auf ewig geschieden, und all dein Glück würde von dir weichen. Deine Gattin würde eine grosse Thorheit begehen, und Unglück würde dich verfolgen, und so sehr ich dich liebe, so heftig würde ich dich hassen müssen.

Albrecht. Laß allen Zweifel von deinem Munde wegküssen, schöne Hulda! ich werde der Probe der Verschwiegenheit nicht unterliegen, aber nun laß mich an deiner holden Seite –

Hulda. Albrecht! – Noch steht der Vollmond nicht am Horizont! – bis dahin siehest du mich nicht wieder. (verschwindet.)

Albrecht. (allein) Was ist das? sie liebt mich, und doch entwindet sie sich aus meiner Umarmung? – Ha! welche dunkle Zukunft harret meiner. (ab.)

Neunter Auftritt.

Kurze Waldgegend.

Minnewart. Fuchs. Hernach Hulda als Wallfahrerinn mit Lilli.

Minnewart. Schon durch das dichteste Gesträuch kreuzten wir, und noch führt uns das Schicksal nicht auf seinen Fußpfad.

Fuchs. Traun! wie ich auch so lange ausbleiben könnte, wenn ich heute noch meine Braut zum Altar führen sollte.

Hulda. Schön willkommen, ihr schmucken Herren! Seyd gewiß von dem Jagdgefolge zurückgeblieben, das den jungen Ritter von Waldsee in den Forst begleitete?

Minnewart. Könntet fast Recht haben, eben deßwegen zogen wir aus, um diesen Ritter aufzusuchen.

Hulda. Geht nur im Frieden von dannen. Bald befindet er sich in den Armen seiner liebenden Bertha.

Fuchs. Traun! Seyd mir ein wunderbares Geschöpf! Kennt ihr denn unsern Ritter Albrecht?

Hulda. Ob ich kenne? – freylich kenne ich ihn, hab' ja ein kostbares Pfand von ihm in die Wahrung bekommen – da seht – (zeigt auf Lilli)

Minnewart. Wie? das Kind –

Hulda. Gab er mir in die Versorgung – mit der Bedingung, ihm dasselbe zurückzuschicken, wenn er sich verloben würde.

Minnewart. Ich erstaune – des Ritters völliges Ebenbild!

Fuchs. Ich bringe ihm das Kind nicht – die Braut wird verdammt grosse Augen machen, wenn man ihr eine Stunde nach der Verlobung eine solche Bescheerung nach Hause bringt.

Hulda. Hier, diese Pergamentrolle wird euch und mich rechtfertigen.

Minnewart. Welch ein liebenswürdiges Kind!

Lilli. Nimm mich mit, lieber Mann, ich will dir auch folgen und hübsch fleissig und gehorsam sein.

Fuchs. Hohls der Teufel! mag das kleine Geschöpfchen angehören, wem es will – ja – du gehst mit uns.

Minnewart. Wir bringen das Kind zu unserer Herrschaft – und will es diese nicht behalten – dann behalten wir's, ziehen's uns groß, und wenn's einmal groß ist – wird es schon unsere Menschenliebe belohnen.

Canon von 3 Stimmen.        
Wer Nothbedrängte gern erquickt,
    Dem müden Wandrer Ruh verleiht;
Den Dulder, den man unterdrückt,
    Mit Trost und Hilfe gern erfreut,
Der ist's, der selbst den Feind versöhnt,
Den Ehrennahmen. Mensch! verdient.
 
Alle drei.      
Die schönste Gabe der Natur,
    Und wenn sie auch im Bettler wohnt,
Ein edles Herz erhebt uns nur;
    Und der auf hohem Glücke thront,
Ist weiter nichts, als groß und reich,
Doch nicht dem edlen Manne gleich. (ab)

Zehnter Auftritt.

Gemach auf der Feste. In dem Zimmer steht ein Wandkasten.

Käsperle. Hernach Salome.

Käsperle. Das weiß der Teufel, wo mein Ritter so lange bleibt. So wird ihn doch das verdammte Donauweibel nicht in ihr Wasser-Logis gezogen haben?

Salome. Bist du endlich da, du Landläufer du! Der Burgherr verlangt seinen Sohn von dir, du sollst ihm Rechenschaft geben, wohin er gekommen ist.

Käsperle. Was weiß ich von meinem Herrn. Es wär' ja kein Wunder, wenn ihm ein Unheil begegnet wäre, die Nixen treiben ja ihr Wesen ganz erschrecklich mit unser einem.

Salome. All dein Geschwätz frommt zu nichts. Wir wollen wissen, wo du den Ritter hingebracht hast. Unsere Knechte haben ihn im ganzen Forst gesucht, und nirgends gefunden. Man hat sogar Verdacht, daß du ihn vielleicht könntest getödtet haben.

Käsperle. (erschrickt) Wer – ich meinen Herrn umgebracht?

Salome. Hilf Himmel! wie du erschrickst! – ja – ja – du hast kein gutes Gewissen – hier, hier in deinem Gesicht steht mit Blut der Nahme Mörder geschrieben.

Käsperle. In meinem Gesicht? das wär' ja ein verdammter Streich!

Salome. (beiseite) Ach – ich weiß nicht, warum ich so mitleidig gegen dich bin. (laut) Wenn – wenn ich freilich wüßte, von Herzen möcht' ich dich retten. –

Käsperle. (bittend) Ach – thu sie das – liebe Jungfer Salome! mach' sie, daß ich mit Ehren aus der Burg komme.

Salome. Wenn er sich in dem Augenblick entschließt, sich eh'lich mit mir zu verbinden, so –

Käsperle. Pfui Teufel! da laß ich mich lieber zwicken, und braten, so komm ich doch auf einmal aus der Welt.

Salome. Willst du dich nicht entschliessen?

Käsperle. Nein – Sapperment! Eh ich einen solchen Ehstands-Partikel ins Haus nehm, stirbt der Kaspar Larifari den Tod eines Helden.

Salome. Wenn ich mich aber deiner erbarme?

Käsperle. Nichts – sag' ich, gestorben muß es seyn.

Salome. Und du willst dich nicht von mir retten lassen?

Käsperle. (weinend) Herzlich gern, Jungfer Salome! aber heurathen kann ich sie nicht.

Salome. Ich versprech dir auch goldene Tage – (sie verfolgt ihn) Reich mir deine Hand!

Käsperle. (weinend) Alles in der Welt – aber heurathen kann ich sie nicht. – (beiseite) Das ist ja ein verdammter Streich, wenn ich nur wüßte, wohin ich mich retiriren soll.

Salome. Komm in meine Arme! – (sie treibt ihn zu den Wandkasten)

Käsperle. Wenn ich nur hier – (er öffnet den Wandschrank. Donnerschlag. – Lilli als Ungeheuer mit einer Keule. – Beyde zitternd Schritt vor Schritt ab, Lilli ihnen nach)

Eilfter Auftritt.

Minnewart. Fuchs.

Trompetenschall.

Minnewart. Hört ihr – nun geht es zur Trauung! Kaum daß der Ritter in die Burg ritt, machte der Vater Anstalt zur Vermählung – traun! wird heute noch baß lustig und froh zugehen, unserem lieben Burgfräulein zu Ehren.

Fuchs. Wie aber mein Ritter aufschauen wird, wenn wir ihm den kleinen Findling überbringen werden.

Minnewart. Hab ihn deswegen in die Wahrung gegeben, bis die Trauung vorüber ist.

Fuchs. Das arme Fräulein!

Minnewart. Je nun! zu geschehenen Sachen muß man das Beste reden. Thut doch manch lieb Weiblein ein Auge zu, um nicht immer mit Beyden die Verirrungen ihres Mannes zu begucken. Werdet einst auch in dieser Schule gewesen seyn, guter Alter! wie ihr noch jünger waret.

Fuchs. War's – war's – aber jetzt – traun! bin meinem Weibe so treu, wie ein Geizhals seinem Goldkasten; – doch, guter Alter! sagt mir euer frohes Aussehen, daß ihr das Liebeln auch nicht bis zu euren grauen Haaren gespart habt.

Minnewart. War euch in meiner Jugend ein munterer Knabe – sang und sprang den ganzen lieben Tag – und schielte mitunter fleissig nach den Töchtern des Landes – hört nur.

Romanze von 2 Stimmen.        

Minnewart. Als ich ein kleiner Knabe war
Quoll in mir frisches Blut.

Fuchs. Ich lachte, scherzte immerdar,
Mir war so wohl zu Muth.

Beyde. Ich spielte, sprang husch, hopsasa,
Und sang dabey mein. Tralala!

Minnewart. Kaum war ich 17 Jahre alt,
Blieb' ich nicht gern allein.

Fuchs. Da giengs hinaus in Feld und Wald
Husch über Stock und Stein.

Beyde. Und kam ein Mägdlein mir zu nah
Sang ich ihr gleich mein: Tralala!

Minnewart. Jetzt weil ich nicht mehr singen kann,
(Die Jugend ist verblüht!)

Fuchs. So kräh' ich wie ein Wetterhahn,
Und klimpere mein Lied.

Beyde. Und brumm' – kommt mir ein Weib zu nah,
So gut ich kann, mein Tralala. (Beyde ab)

Zwölfter Auftritt.

Rittersaal. Der Hochzeitszug beginnt.

Albrecht mit seiner Braut. Alle übrigen Hochzeitgäste. Reisige.

Chor.      
Beginnt den frohen Hochzeittanz,
Und krönt mit dem geweihten Kranz
    Die hochbeglückte Braut!
Am Tag der Freude nur geweiht,
Der ihr der Liebe Glück verleiht,
    Dem Jüngling angetraut!

Bruno. Edle Herren! draußen vor dem Saal steht ein gar feines Mägdlein, wohl angethan und mit einer goldenen Gnadenkette geziert. Sie hat eine Laute im Arm und nennt sich eine reisende Sängerinn. Sie fragt an, ob es ihr nicht vergönnt sey, sich vor der Gesellschaft hören zu lassen.

Hartwig. Laßt sie hereinkommen. Wir wollen hören, was sie kann. (Die Türe wird geöffnet, Hulda tritt ein, als schwäbische Zitterschlägerinn. Sie neigt sich züchtig, stimmt ihre Zitter)

Dreizehnter Auftritt.

Vorige. Hulda.

Hulda. Schönen guten Tag, ihr schönen Herren und Damen!

Hartwig. Beym Ritter Georg! Sie ist schön!

Albrecht. (beiseite) Gott! wen seh ich – es ist Hulda!

Hartwig. Woher des Weges, schöne Maid?

Hulda. Jetzt komme ich geradenwegs von dem Hofe des Pfalzgrafen Hugo, und habe mich dort wohl befunden.

Fräulein Hedwig. Ganz gut! wo ist dein Vaterland?

Hulda. Im schönen Neckarthal ist die Wohnung meines Vaters – ja – ja – da bin ich zu Haus.

Junker. Also eine Schwäbinn! ich hätt's doch gleich an der Rundheit des Mädchens merken sollen.

Bertha. Ziehst du schon lange in der Welt herum?

Hulda. Seit einem Jahre reise ich umher, mir etwas zu verdienen, um eine Klause stiften zu können, und dann will ich eine Einsiedlerin werden.

Kaufingen. Laß das bleiben. Nimm dir dafür einen Mann, und geniesse das Leben in Freuden.

Hulda. Das wird nicht geschehen. (Mit einem Seitenblick auf Albrecht) Man hat nur seine liebe Noth mit den Männern, (Sie lachen alle. Albrecht in größter Verlegenheit) sie wollen ihren Weibern nicht treu bleiben.

Hartwig. Nun, so laß deine Kunst hören, schöne Maid!

Hulda. Gleich – gleich, edler Herr! wills versuchen, ob ichs noch kann. (sie spielt und singt.)

Ballade.            
Ein Graf ritt aus auf Mädchenschau,
Zu kiesen eine feine Frau.
    Hier zogen schöne Hände
    Ins Liebesnetz behände –
Dort lacht ein schöner Rosenmund,
Hier lockt die Wange voll und rund,
    Welch Liebchen hold, welch Liebchen fein,
    Wähl' ich zur Allerliebsten mein?
(Unter dem Ritornell tanzt sie)        
Was frommt dem Mann ein Purpurmund?
Was frommt die Wange voll und rund?
    Das schmeichelt nur den Sinnen.
    Durchsucht das Herz von innen –
Nur Edelmuth und Biedersinn
Lockt uns mit Macht zur Liebe hin.
    Ein gutes Herz wiegt alles auf,
    Wenn ihr das findet, schließt den Kauf!

(Wie das Ende der Ballade ist, klimpert eine Saite ab. – Allgemeine Stille. – Sie heftet ihren Blick unverrückt nach Albrecht.)

Hartwig. Eine liebliche Stimme! Hast deine Kunst wohl gelernt, verdienst eine Belohnung.

Vierzehnter Auftritt.

Vorige. Minnewart. Fuchs mit Lilli. Salome. Käsperle.

Minnewart. Edle, gestrenge Herren! da bringen wir euch ein Kind zum Hochzeitgeschenk –

(Alle in allgemeinen Staunen).

Fuchs. Hier diese Pergamentrolle wird euch Aufklärung gewähren.

Hartwig. (liest) Dies Kind gehört edlen Eltern, die sich mit der Zeit melden werden. – Albrecht! Bertha! erziehet es zur Gottesfurcht und Tugend, und gebt ihm den Nahmen Lilli. (Sie sehen alle einander an)

Albrecht. (beiseite) Gott! ich ahnde –

Lilli. (zu Albrecht und Bertha) Sey mein Vater, lieber Ritter! und du sey meine Mutter.

Bertha. Wir erziehen das Kind, lieber Albrecht!

Käsperle. (beiseite) Das ist ein Weib ohne gleichen, die weiß sich in die Welt zu schicken.

(Hulda hat indessen jede Miene Albrechts ausgespähet, und bleibt immer in dieser Stellung.)

Junker. Nun? wie ists denn mit dir? Hast du die Sprache verloren?

Alwart. Mädchen! bist du stumm geworden?

Bertha. Albrecht! und du sprichst kein Wort? Sie heftet ihre Blicke auf dich – frage sie doch –

Hulda. (lacht aus vollem Halse) Ha, ha, ha! Rathet einmal, ihr schmucke Herren und Damen! was der Graf gethan hat –

Minnewart. Keine Foppereien! Werft die unverschämte Dirne hinaus, die sich untersteht, eine edle Gesellschaft zu beleidigen. – (sie wollen sie umringen)

Albrecht. Haltet ein – ich nehme mich des Mädchens an.

Hulda. Ritter Albrecht! einen Becher Wein möcht ich von euch verlangen.

Albrecht. Minnewart! einen Becher Wein für die Sängerinn!

Hulda. Nicht so! aus eurer Hand will ich den Becher empfangen, euer und eurer Braut Wohlseyn zu trinken. (zitternd reicht ihr Albrecht den Becher. Hulda empfängt denselben und neigt sich dankend. Sie tritt ihm gegenüber.) Mächtig und groß – reich und hochgeehrt wird Albrecht der Waldseer-Graf glücklich leben mit seiner Ehgemahlin Bertha, der edlen Burgauerinn – bis – (lacht) ha ha ha.! (Pause. Entfernter Donner.)

Alle. Bis –

Hulda. (nähert sich Berthen) Schöne Braut! der Mond wechselt am Horizont – erlaubt mir, an eurem Hochzeittage den ersten Tanz mit eurem Verlobten zu machen.

Alle Ja – ja! Das sey ihr vergönnt! Beginnet den Tanz!

(Hulda tritt vor.)

Final-Musik
Hulda.
Es werde Albrecht hochberühmt und reich,
An Macht und Ehre sey ihm keiner gleich.
 
Chor.
Es werde Albrecht hochberühmt und reich,
An Macht und Ehre sey ihm keiner gleich.

(Unter dem Chor trinkt Hulda, sie wirft den Becher weg, in lichten Flammen zischet der Wein aus und sprudelt in Feuerfunken über den Boden. Donnerschlag. Alle in einer Schreckensgruppe. Die Ritter ziehen die Schwerdter.)

Alle. Was ist geschehen! Wir sind verloren!

Hulda.      
(Sie nähert sich Berthen und nimmt ihr den Brautkranz vom Kopf.)

Durch meine Macht sollt ihr verblendet seyn.
Die Erde beb' – die Mauern stürzen ein.
Denn anderswo wird diese Nacht
Der Liebe Opfer dargebracht!

(Sie versinkt mit Albrecht. Dunkle Finsterniß umgiebt den Saal, Blitze durchkreuzen sich, und der Donner rollt schrecklich. Alles geht angstvoll umher.)

Chor.      
Der Donner rollt, die Erde zittert,
Die Feste wankt, vom Sturm erschüttert –
Die Blitze kreuzen durch die Luft,
Hinaus aus dieser düstern Kluft.

(Sie wollen fort. Man hört den Ton einer Leyer, die vorige lärmende Musik zerfließt in eine schmelzende Harmonie, anfangs voller Chor, der immer mehr und mehr abnimmt, weil alle nach und nach von unwiderstehlichem Taumel hin und herwanken. Wie Lilli kommt, bleibt alles unverrückt stehen. Alle unter einander.)

Chor.      
Diese Töne himmlisch rein
Laden uns zur Ruhe ein.
 
Lilli.      
(mit der Leyer)      
Donner und Orkane schweigen,
    Meiner Leyer Zauberton
Huldiget der Nixenweyhe
    Hier an meiner Mutter Thron.

(Sie winkt, es erfolgt ein Donnerschlag. Nach diesem eine reizende Harmonie von blasenden Instrumenten. Die Bühne verwandelt sich in eine transparente Nixen-Grotte. – Albrecht liegt vor Hulden auf den Knien, die übrigen Nixen auf Stuffen erhöht halten Kränze über die beiden Liebenden.)

Nixenchor.    
Heil dir, du schönste der Bräute,
    Jauchzet aus trunkener Brust!
Liebe gewähre euch Freude,
    Segen mit himmlischer Lust!

(Alles im Vordergrund bleibt bezaubert stehen.)

Der Vorhang fällt.

Ende des ersten Teiles.


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