Karl Henckell
Weltmusik
Karl Henckell

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Weltmusik

Eine Orchesterphantasie

        Unergründlich
Brütet das Schweigen,
Ballt sich zusammen
Die schwangere Nacht –
Taub und tonlos
Kauert der Reigen,
Dumpf Verdammen
Lauert und wacht.

Hinter Blöcken
Finstre Dämonen,
Nebelschleichend,
Tückisch und krumm –
Matte Monde
Aus Nebelzonen
Ziehn erbleichend,
Totenstumm . . .

Plötzlich verworren
Regt sich ein Raunen,
Lichter aufzucken,
Riesen stehn nackt,
Schreien ihr Sehnen,
Stark wie Posaunen,
Zwerge sich ducken,
Pan stampft den Takt.

Siehe, da brausen
Im Orgelorkane
Urwäldermeere,
Sonnengesäugt –
Lustschwärme jauchzen
Wilde Päane,
Isis zur Ehre,
Wollustgezeugt.

Doch aus der schäumenden
Orgien Tosen
Löst sich der zarter
Sich wiegende Bund –
Kinder der Anmut
Lagern auf Rosen,
Innig gepaarter
Sucht sich der Mund.

Reinere Ordnungen
Bilden sich leise,
Venus Urania
Wandelt die Welt –
Männer und Frauen, sie
Wählen sich weise,
Heilig Halleluja
Geister gesellt.

Milder erschallen die
Saiten des Lebens,
Rhythmen gestalten sich
Seligen Gedichts –
Völkerversöhnende
Musen durchschweben's,
Fugen entfalten sich,
Künder des Lichts.

Freuden und Schmerzen,
Torheit und Trauer,
Aufschwung und Untergang
Tönen im Chor –
Kämpft das Orchesterheer,
Schütteln uns Schauer,
Heldentriumphgesang
Reißt uns empor.

Unergründlich
Quellende Laute
Locken die lauschend
Andächtige Schar –
Meisterhorchend,
Was Kühnheit baute,
Nimmt tiefaufrauschend
Die Menschheit wahr.


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