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Prolog

Zwei Herrscherpaare sind in Freundschaft eins
das von Andorra und das von Foix. –
Die Herzogin Heurodis von Andorra
schenkt ihrem Gatten Zwillinge: zwei Knaben.
Herolde künden es dem Hof von Foix
mit schmetternden Fanfaren und gefolgt
von Rittern auf Araberrossen, starrend
in Hermelin und Purpur.

Vom Altan
hernieder blickt das Herrscherpaar von Foix.
Doch Neid ergreift die Herzogin Ermlind
auf ihrer Freundin Glück, und sie erblaßt.
Bevor ihr guter Geist es hindern konnte,
entglitten laut und hämisch ihr die Worte:
ein Weib, das Zwillinge gebäre, war
dem Gatten untreu.

Ach, die bittre Folge
des unbedachten Wortes ist die Feindschaft
der beiden Höfe und zuletzt der Krieg.
Der Himmel aber fügt es, daß Ermlind,
die ihre einstige Freundin so geschmähet,
nun ihrerseits gebiert und Zwillinge
zur Welt bringt wie Heurodis:
zwei Mägdlein. Und der bittre Vorwurf, den
sie einst geschleudert, fällt auf sie zurück:
so unterschlägt sie eines ihrer Kinder
und setzt es aus. Nun weiß die Welt nur dies:
Ermlind gebar ein Mägdlein. –

Dunkel ist,
wie das verstoßene, ausgesetzte Kind
in das Bereich des Hofes von Andorra,
des feindlichen, gelangte: wo es greinend
auf dem Altar der Kathedrale lag
und dort als Findling aufgenommen wurde. –
Es ward aus ihm die schönste Mädchenblüte,
Frene mit Namen, aber zubenannt:
Tochter der Kathedrale. –

Zauberartig,
sagt einer von den Sieben Weisen, sei
die Welt und was wir Schicksal nennen: nun,
ihn, diesen Zauber, sucht dies Minnelied
euch darzustellen und zu zeigen, wie,
nach Herakleitos, sich Disharmonie
in Harmonie verwandelt. –

Öffne sich
nunmehr die sinnvoll-andere Welt der Kunst!


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