Gerhart Hauptmann
Kaiser Karls Geisel
Gerhart Hauptmann

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Erster Akt

Das Schlafzimmer Karls des Großen im Palaste zu Aachen. Es ist die Stunde vor Sonnenaufgang eines Tages im Weinmond. Karl, noch auf seinem Bette sitzend, wird von Dienern angekleidet. Er ist, obgleich über das sechzigste Jahr hinaus, ein aufrechter und kraftvoller Mann. Graf Rorico, nicht über dreißig Jahr alt, ein schöner Mann von edler Haltung, steht in gemessener Entfernung, die Befehle Karls erwartend, da.

Karl
Ein neues Hemd! so! herrlich! klar gebleicht!
Kühl! zög' ich einen neuen Menschen an! –
auch kühl!? – nein! noch ein Weilchen ausgeharrt,
bevor das letzte kühle, kalte Hemd
weiß durch die Glieder niederrinnt! gut Freund,
noch nicht! – gut Freund: noch nicht! laß hängen, laß
in seinem Schrank das Hemd – laß mir mein Herz
mit seinem Pferdefuß! behalt dein Hemde
von Eis . . . den steifen Popanz, der den Wurm
im Sarg empfängt mit steifer Reverenz . . .
behalt ihn – deinen neuen Menschen – noch!
So! Binden um die Schenkel: Frankentracht!
Ich bin ein Franke! wer bestreitet's? – frei!
wer leugnet's? – ein Gefangener meiner Pflicht!
wer weiß es anders? – mächtig! soll ich's wem
beweisen? ganz ohnmächtig! knetet mir
mein lahmes Bein! wo ist der Bader? hurtig! –
Und nun, Graf, ohne Umschweif die Geschäfte.

Rorico (mit Humor)
Herr, noch ist alles in den Kanzeleien
voll Aufruhr. Ercambald, der Kanzler, hat
die Zeit verschlafen, wie mir scheint! er tobt!

Karl
Verschläft er Zeit, der alte Esel, der
mit der Minute geizen sollte? was?
Will er nicht leben? steig' er denn ins Grab!
Mein Otternfell!

Das Wams aus Otternfell wird ihm angezogen.

Rorico                     Sein Nachttrunk wohl verschuldet's.

Karl
So geht's: er pries das Leben, pries den Wein!
die Liebe gar! – um alles zu verschlafen.
Nein, wachen! weiß ich auch nicht recht, warum.
Glotzt nicht! bewegt euch! tut, als ob ihr irgendwas
zu tun berufen wäret in die Welt,
und täuscht mir vor, ich hätte was zu tun.

Rorico (in dem Wunsche, ihn irgendwie zu beschäftigen)
Bennit, ein Sachse, Herr, mit einer Bittschrift
bedrängt seit Wochen unsern Obertürwart.
Der Unentwegte ist auch heut am Platz.

Karl
Bringt mir den Unentwegten.

Graf Rorico beauftragt einen der Diener, einen sechzehnjährigen Knaben, jenen Bennit hereinzurufen. Der Knabe pflichteifrig ab. Karl für sich fortfahrend

                                              Sachsen! Gut!
nichts Neues! ess' ich dreiundzwanzig Jahre doch
vom Ei zum Apfel stets das gleiche Frühstück:
warum nicht Sachsen, Sachsen, Tag für Tag?
Die Kuh der Treue striegeln, dies Geschäft
ist nutzbar, doch mich schläfert's, wie den Knecht,
der's tut, und wie die Milchmagd unterm Euter.
Wortbruch: das ist's! der Sommerblitz, der Schlag:
Wortbruch! –

Er greift unter sein Kopfkissen und zieht sein Schreibtäfelchen hervor.

                      Mein Täfelchen! – Mal' einer mir
das Wort in Wachs, mit einem Glorienschein.

Er schreibt, alles um sich vergessend, mit sichtlicher Mühe auf sein Wachstäfelchen. Indessen tritt leise der Kanzler Ercambald ein und zum Grafen Rorico. Der Kanzler ist nicht weit vom achtzigsten Jahre, langgelockt wie Karl, mit bedeutenden, aber fanatischen Gesichtszügen, die Spuren senilen Verfalls zeigen.

Ercambald (geflüstert zu Rorico)
Wie geht's ihm?

Rorico                       Sag' ich »gut« – gelogen! – »schlimm« –
nicht minder! doch es ist ein Geist . . . auch heut
ein fremder, unruhvoller Geist auf ihm.

Karl (im lauten Selbstgespräch)
He! Kopf! wo bist du! Kopf? Quadrivium!
Die sieben freien Künste . . . Trivium:
Grammatik, Dialektik . . . nicht Musik!
Quadrivium und Trivium: nun merke.
    (Zu Ercambald, als wäre dieser immer dagewesen)
Ein Rätsel: mit wem kämpfte König Karl
den schlimmsten Kampf zeit seines Lebens? nun?

Ercambald
Kein Zweifel . . .

Karl                         Nun, was?

Ercambald                               Mit dem Sachsenvolk.

Karl
Schlaukopf! gefehlt! mit niemand als sich selbst.
    (Weiter memorierend)
Quadrivium: Musik! –
    (Mit einigem Ächzen sich erhebend)
                                  Rorico, werde
nie alt.

Rorico       Gesegnet und ersehnt, o Herr,
ein Alter wie das deine.

Karl                                       Trivium,
Quadrivium. O Weisheit Salomonis,
die zu begreifen mir gegeben ist –
nicht euch! Zu Tafel soll der Kapellan
mir heut die Weisheit Salomonis lesen.
Wie alles eitel, ganz nur eitel ist,
und wie geschieht, was schon geschah, getan wird,
was schon getan ist: säen, pflanzen, ernten!
Paläste bauen und zerstören! Länder
bevölkern und zur Wüste machen! Wunden
schlagen und heilen! Schätze finden, sie
verlieren und suchen, wiederfinden dann!
wegwerfen das Gefundene! würgen! strafen!
belohnen! küssen . . .
                                  küssen, hörst du das,
Rorico? wie? – Musik! Quadrivium:
Ein Himmelston im irdischen Lärme! nicht? –
Genug! Bring mein Serapissiegel mir!
    (Mit übermütiger Selbstironie)
Die Welt ist Wachs, und der sie formt, bin ich!

Bennit, ein heldenhaft aussehender sächsischer Mann, wird von zwei Kapellanen hereingeleitet; er nimmt eine finster abwartende Haltung an. Karl mit Bezug auf Bennit

Wie ein Gespenst aus einem Totenbaum! –
Was willst du?

Bennit                   Recht!

Karl                                   Du bist aus jenem Volk,
das von Beginn der Welt an, wie Abt Sturm
von Fulda sagt, in Ketten der Dämonen
gebunden liegt.

Bennit                     Wo Äbte reden, Herr,
ist eines Mannes Antwort: Schweigen!

Karl (nachsprechend)                                     Recht:
Mein Wesen ist Gewalt für euch! nicht: Recht.
Das Recht habt ihr verwirkt.

Bennit                                         Führt mich zum König!

Karl (stutzt, sieht ihn an, lacht ironisch. Hierauf ernst)
Die Bittschrift! nimm mit mir vorlieb indes.

Der erste Kapellan (vortretend)
Hier, dieser Mann ist Bennit, Hiddis Sohn,
ein Sachse, dessen Vetter Assig jüngst –
Assig, Sohn Amalungs! – zu Aquisgranum,
hier, ohne den Trost der Kirche, starb. Er war
des Friedensbruchs, des Wortbruchs überführt
daheim, wie dieser Bennit, und erlitt
Einbuße aller Liegenschaften zwischen
Werra und Fulda: des Walds Bochonia,
ihm und Bennit als Erbe hintermacht.

Karl
Man zog die Güter ein . . .

Der erste Kapellan                 . . . und zwar mit Recht.

Bennit
Der Pfaffe lügt! wir standen treu zum König,
nur zu den Weihrauchwedel-Pfaffen nicht.

Karl (das Entsetzen der Umstehenden durch eine Handbewegung beschwichtigend)
Laßt ihn. Sprich weiter.

Bennit                                 Herr, wer du auch bist,
hilf mir vom Meineid! hilf mir einen Schwur
erfüllen, den ich tat: eröffne mir
zum Angesichte König Karls den Weg.

Einige unter den Dienern lachen.

Karl (stutzt nochmals. Mit aufsteigender Ungeduld)
Es ist kein andrer Weg, du bist am Ziel.

Bennit
O Assig, Vetter, deiner Worte Sinn
begreif ich nun erst: »Leichter«, sagtest du,
»ist's, durch neun Meilen Urwald sich zu schlagen –
und wär' es ohne Messer, Beil und Schwert! –
als durch die Schranzen, Pfaffen, Hofbeamten
in Aachen zu dem Ohr des Franken Karl.«

Karl
Hm! Hört ihr das? der König, scheint's, wird alt! –
Mein Sohn, sprich weiter, frei. Eid gegen Eid:
Du hast, hast du mein Ohr, das Ohr des Königs,
und wo du meins nicht hast, auch seines nicht.

Bennit
Drei Schreibern, Herr, Sold und Beschäftigung,
dies Wort allein nur immer aufzuschreiben,
sooft ich es gehört.

Karl (im aufsteigenden Unwillen gewichtig und drohend)
                                Eid gegen Eid,
Eid gegen Eid! nun nütze deine Stunde.

Ercambald (halblaut zu Bennit)
Mensch! welcher deiner hundert Götzen macht
dich blind, daß du den Herrscher nicht willst kennen.

Bennit, den König erkennend, starrt ihn erbleichend und fassungslos an.

Der erste Kapellan (geschäftsmäßig)
Item: des Mannes Bitte geht dahin,
daß man . . .

Karl                     Schweig, Kapellan! –
    (Zu Bennit)
                                                        Du aber rede!

Bennit (sich aufraffend, mit Entschluß)
Herr, Gersuind, meines Bruders Tochter,
Tochter desselben Assig, der hier starb – hier starb.
zu Aachen, arm! –, Gersuind, als Geisel ihm
entrissen, gleich wie ihm und mir das Gut
der Väter: nicht nach Recht! nach Willkür, Herr!
dies Kind, um das ein Vater sich gegrämt –
du selbst bist Vater! –, bittrer sich gegrämt
als um sein Erbe, um den schweren Bruch
des Rechts! viel bitterer! dieses Kind erliegt
den Martern seiner Peiniger!

Karl (aufmerksam)                         Gersuind? –
Wer ist Gersuind? Wo hört' ich diesen Namen? –
Nur weiter. Nach der Schnur. Ermanne dich.
Dein Bruder Assig suchte hier zu Aachen
so Recht wie Tochter, wenn ich dich verstand,
und Recht wie Tochter ward ihm vorenthalten.
Da Recht Recht bleibt, gepeinigt oder nicht,
zur Tochter also, die gepeinigt leidet:
Wo lebt sie, und wer martert Assigs Tochter?

Ercambald (dazwischentretend)
Zwei Worte, Herr, bevor du weiterfragst.
Die Tochter Assigs, Gersuind, steht in Hut
des Klosters auf dem Plan – und wär' es wahr,
wie es erlogen ist, daß man sie peinigt,
so wären unseres Klosters fromme Frauen –
Gott sei davor! – des Kindes Peiniger!
was jedem, der die Allverehrten kennt,
ein Unding, Ausgeburt des Unsinns ist.
Nein! Gersuind – und bekannt ist mir das Kind! –
ist, wie die Klosterschwestern mir berichten . . .
wie sag' ich gleich? sie tut nicht gut! sie ist
das, was . . . ja, etwan, was man so . . . nun ja:
kein guter Apfel! eher was man so
wurmstichig . . . Obst, das man wurmstichig nennt

Bennit
Herr, dieser Mann mit weißem Barte schmäht
Assigs und mein Geschlecht. Er darf es tun,
weil er dein Kanzler ist und wir sind Sachsen.

Karl bleibt unbewegt, während die Kühnheit Bennits bei allen übrigen Zeichen des Entsetzens hervorruft.

Ercambald
Nein! nichts von Schmach! nichts von geschmäht! hier wird
geschmäht, doch nicht von mir. Was mich betrifft,
von mir wird nichts geschmäht, doch viel beschönigt.
Was liegst du uns im Ohre mit Gersuind
und drängst dich vor den königlichen Stuhl
und knirschest hier nun wieder jenen Namen!
wir haben mehr zu tun als mit Gersuind!
sie ist in guter Zucht, und nun gib Ruhe.

Bennit
Das nennt ihr Zucht?

Ercambald                       Ja, gute Zucht und Sitte,
christlich, nach Christenart, wie sich's gehört.

Bennit
Ich bin nicht kleinlaut, schäum' ich gleich nicht auf
in Wut. Wisse, daß sich mein Blut empört.
Genug! von Striemen red' ich, nicht von Zucht!
von Grausamkeiten, nicht von Sitte! Herr,
ich tobe nicht, sieh her, ich rase nicht!
aus gutem Grund bin ich sanftmütig. Und
doch lief gehetzt mein Niftel mir ins Haus,
den weißen Leib bedeckt mit blutigen Schwielen:
ein Kind! nach Christenart, nach Christenzucht
zermartert und zerfleischt.

Ercambald                               Christ, sei gehorsam!

Bennit
Wem soll ein Kind gehorsam sein? Wem?

Ercambald                                                       Gott!

Bennit
Und Gott soll wollen, euer Gott . . . es ist
kein solcher Gott, der einem Kinde
den Bettelblick des Danks ins Auge legt,
sooft man Vater ihm und Mutter lästert!
Kein Frankengott und auch kein Sachsengott . . .

Karl (sehr ruhig)
Ihr Herrn, ich habe unsere guten Schwestern
vom Plan – mit schuldigem Respekt gesagt! –
du schüttelst zwar die Locken, Ercambald . . .
dennoch: ich hege leider den Verdacht,
daß sie, gewiß bei allem besten Willen,
des rechten Wegs nicht immer sicher sind.
Insonderheit . . .

Ercambald (unwillkürlicher Zwischenruf)
                          Doch, Herr!

Karl (mit Betonung den Faden wiederaufnehmend)
                                              . . . besonders, sag' ich,
verfehlen sie's zuweilen mit den Geiseln.
Sie rühren, scheint's, mit unbedachter Hand –
was sie nicht sollten, wie ich oft empfohlen
und einsichtsvolle Männer mit mir! –, rühren
lieblosen Griffs die tiefen Wunden an,
die in den Seelen solcher schwer vernarben,
die man aus ihrem Mutterboden riß,
von ihren Eltern, Freunden und Verwandten,
vom Altar ihrer – Götzen, sagen wir,
wenn auch zu einem schöneren Sein in Gott.
Lind sei die Mahnung! leise, voll Geduld
die Führung! weniger Gebot: mehr Ruf
und Lockung, Ladung zu dem einigen Heile.
Und also . . .

Ercambald (unfähig, an sich zu halten)
                      Wie der Hund an sein Gespei,
kriecht Heidenbrut zurück zum Höllentiegel,
des Götzenunflats, wo nicht Stock und Rute
und Faust dawider ganze Arbeit tun.
Und also . . .

Karl (abermals mit gelassenem Eigensinn den Faden aufnehmend)
                    . . . also – bringt die Oberin
und dann, um die er Klage führt: die Geisel.

In diesem Augenblick erscheint, wie auf den Ruf Karls, die alte, würdige Oberin des Klosters auf dem Plan, Gersuind an der Hand führend und begleitet von einigen Klosterschwestern. Gersuind ist noch nicht sechzehn Jahr alt, ihr offenes blondes Haar reicht fast bis zur Erde.

Die Oberin (ein wenig außer Atem durch vorhergegangene Eile, Bennits Klagen zuvorzukommen)
Herr! wir sind hier.

Karl (verblüfft)               Ei!

Die Oberin                       Schwester Barbara
kam atemlos. Sie war berufen, war
zum Dienst berufen in die Pfalz und hat
gewacht beim Kämmerer . . . wollte sagen bei
der Tochter des Herrn Kämmerer, die leider,
Gott helfe ihr! im Fieber liegt. – Sie kam
und gab mir Kunde, Barbara, daß Bennit,
der uns bedrängt, hartnäckig, schon seit Monden –
hilflose, arme Frauen, die wir sind! –,
nun doch gedrungen sei an deinen Thron.
Sogleich rief ich Gersuind. Sie schlief noch, hat
noch jetzt den Schlaf im Auge! Wachet, sagt
der Heiland, denn des Feindes Listen sind
Legion. Da sind wir, Herr! Herr, wir sind hier,
um widersinnige Klagen zu entkräften.

Gersuind hat Bennit bemerkt, eilt auf ihn zu, sich gleichsam in seine Arme flüchtend, und küßt scheinbar in heftiger Wiedersehensfreude seinen bärtigen Mund.

Bennit
Blick dorthin.

Karl (läßt seinen Blick lange und mit gelindem Staunen auf Gersuind ruhen)
                      Wie, du bist . . . sie ist Gersuind?

Bennit
Ja, Herr.

Karl (wie vorher)
              Richtig! jawohl! so war dein Name.
    (Zur Oberin gewendet)
Wie denn, Ehrwürdige, soll ich das verstehen?
Gersuind!

Gersuind         Ja, Herr.

Karl                                 Du kennst mich doch, Gersuind.
    (Gersuind nickt mit dem Kopf, und Karl fährt fort)
Rorico! du mußt wissen: als ich jüngst,
nach meiner Schwachheit, eine müßige Stunde
mir zugestand, dieweil mein Schülerkopf
an der Grammatik fast zerspellen wollte,
zog ich mich aus der Schlinge, kurzgefaßt,
und machte mich, probaterweise, in
der Klosterschule auf dem Plan zum Meister.
Allwissend trat ich vor die Kleinen hin.
Doch da . . . vom Regen in die Traufe ist
ein böser Schritt: mein Hochmut kam zu Fall!
denn Gersuind wußte alles wie am Schnürchen,
mehr, als ich heute weiß und je gewußt
und wissen werde in der Ewigkeit.
Hätte ein schöner Glanz mich nicht geblendet,
als wie von Sicheln, die im Lenzmond schneiden
und blitzen – jungen Schwertern im Gefecht –,
leicht hätte Neid und Mißgunst mich verzehrt. –
Und jetzt: was gibt's mit ihr? was ist geschehen?

Die Oberin
Sie floh! sie tat das Unerhörte, Herr,
und floh! vergalt so Wohltat, Liebe, alle
geduldige Mühe, die Fürbitten, die
für sie zum Himmel steigen, jede Stunde
am Tage, heiß! dies war ihr Dank: sie floh!
Herr, händeringend siehst du mich. Der Kummer,
den sie mir angetan, bricht mir das Herz.
Wie hab' ich das verdient? des Heilands Stimme
und Lockung hört sie nicht und folgt dem Ruf,
dem ersten Ruf, der aus dem Abgrund dringt.

Karl
Ehrwürdige Frau, beruhigt Euch. Erzählt,
wenn's Euch genehm, wie und warum sie floh.

Die Oberin
Nicht, weil wir ihren Leib mißhandelten:
denn so mißhandelt kam sie erst zurück.
Man raunt von Greueln, adamitischen
Verschwörungen – sie leugnet's, leugnet's nicht! –,
die, heißt es, ein verstecktes Dasein fristen
noch heut, trotz strenger Ahndung, in der Pfalz.
Und wie, auf welche Weise sie entkam . . .

Die Oberin hat, mehr und mehr unter Tränen redend, die Fassung verloren. Die erste Schwester, Hausverwalterin im Kloster, nimmt sogleich resolut an ihrer Stelle das Wort.

Die Schwester Verwalterin
Erlaubt. Sie stieg an einem Weinspalier
hinab in unser großes Malvenbeet,
nachts – wie bekleidet, sag' ich nicht –,
durchlief den Hof, erklomm die Mauer, rutschte
am Stamme eines Gozamaringabaums
hinab, wo sie ein Wächter sah und anrief,
doch sie, die zähnefletschend, wie er sagt,
gleich einer höllischen Fledermaus ihn anschrie,
aus Furcht nicht festhielt. Gott verzeih' es ihm.

Ercambald
Seid kurz: sagt, was ich Euch gesagt! dies ist
ein Fall . . . hier heißt's, behänget Euch mit Spiegeln,
so stirbt der Basilisk am eigenen Blick.
Denkt dies, so denkt Ihr recht: es war ein Weib,
die ihres Leibes Frucht vor fünfzehn Jahren
empfangen hat von Asmodei Gnaden –
empfangen und dem Vater zugelobt!
Dies Weib war ihre Mutter. – Seht sie an!
seht sie nicht an: noch besser! denn es ist
in ihrem Auge was, das Spiegel trübt.
Erwägt, was unser Herr und König Karl
ihr nachrühmt: Wissen! Wissen und Verstand,
unkindlich! er erschrak, der mächtige Kaiser
und Herr der Welt. – Nun, Muhme Oberin,
auch Ihr seid nun bekehrt! ich weiß, auch Ihr
wart unterm bösen Zauber ihres Bannes
und gabt mir Proben ihres wilden Geists!
Wie, kämpfen wir nicht mit dem Sachsenvolk
seit dreißig Jahren? wie? und wollt Ihr glauben,
daß ihre Götzen müßig sind und nicht
bei Tag und Nacht drauf sinnen, Gottes Reich
und seine heilige Kirche zu verderben?

Bennit
Sieht sie wohl aus wie eine Teufelin
im Sonnenhau, das Wetter zu beschwören?
Herr, gebt sie frei! Sie ist ein Pirol! Ist
kein Rabe! dient dem Rabengotte nicht.
Was Wunder, wenn sie mit den Flügeln schlägt,
da sie schuldlos im engen Käfig schmachtet.
Sie spürt die Buchenwipfel! spürt den Wald,
den goldnen Himmelshirsch, mit klingenden
Geweihen morgens schreitend durch den Hag.
Sie will zu mir! will heim! will ihre Brüder
und Spießgesellen wiedersehn. Will vom
Gehöft, geklammert auf der Stute Rücken,
hinbrausen durch die Niederung zur Jagd:
fliegenden Haars, in reiner Gottesluft!
dann wieder halten wir die heiligen Tage,
und Karl und Jesu, glaubt mir, sind wir treu.
Ihr aber: zähmt ein Tier, ihr Frauen, das,
geboren in Gefangenschaft, nichts kennt
als Knechtschaft! Freigebornes zähmt sich nicht!

Karl (nachdem er fest und lange den Blick bald auf Bennit, bald auf Gersuind gerichtet hat, zu Bennit im Tone vollkommener Ruhe)
Gib hin das Kind!

Bennit (betroffen)         Wie, Herr?

Karl (gelassen, aber mit jener Bestimmtheit des Herrschers, der gegenüber es eine Berufung nicht gibt)
                                                Die Jungfrau bleibt
in eurer Hut, ehrwürdige Fraun vom Plan!
doch so, daß ihr für bessere Sicherheit
mir Bürgschaft leistet als bisher. Bennit
verläßt die Stadt. Du hast das Weichbild, Kläger,
von Aachen, eh der neue Tag graut, morgen
entweder hinter dir oder das Schwert
des Henkers über deinem Nacken. Was
die Länderein betrifft, um die du hier
bei meinen Hofgerichten prozessierst,
so sei dir strenge Prüfung zugesichert
und strenges Recht. Zieh heim in deinen Gau
mit Frieden, und erwarte die Entscheidung.

Bennit
Leb wohl, Gersuind. Geh! geh freiwillig! Sind
doch sichtbar noch auf deiner zarten Haut
die Griffe jener harten Häscherfäuste,
die dich jüngst von mir zerrten mit Gewalt.
Geh! ich bin selber hilflos, hoffnungslos!
laß mich! trag's, wie du's kannst! ich bin am Ende.

Er macht sich von Gersuind los, die sich mit leisem Wimmern an ihn gedrängt hat, und stürzt fort. Die Schwester Hausverwalterin und die übrigen Klosterfrauen umringen Gersuind. Ein Wink Karls veranlaßt Rorico, die Frauen mit möglichster Eile hinauszudrängen. Zugleich entfernen sich der Kapellan und die übrigen Diener.

Ercambald (ein Wachstäfelchen in die Hand nehmend, das an seinem Gürtel hängt)
Nachdem nun dieser nichtige Gegenstand,
Herr, abgetan ist durch den sicheren Schluß
erprobter Weisheit, bleibt viel zu erinnern
nach Pflicht. Viel Ungetanes ruft zur Tat.
Erstlich: du wolltest jenem Unfug steuern
der Römer, jener widerwärtigen Schmach,
die darin gipfelt, daß man Christenleute
verkauft, als Hörige, den Sarazenen. –
Du wolltest auch den Brühl besichtigen.
Von deinen nahen Königshöfen ist
die Apfelernte eingebracht: du wolltest
sie sehn, die Meier sprechen. Die Sendgrafen
vom Steigerwald . . .

Karl                                 Genug! vergiß nichts! später!

Ercambald
Pippin, dein Sohn . . .

Karl                                   Später! laß mich allein.

Ercambald, verdutzt, tritt leise zurück mit einem kaum bemerkbaren Kopfschütteln und entfernt sich. Karl, in Nachdenken versunken, steht eine Weile unbeweglich am Fenster – plötzlich mit etwas verstärkter Stimme

Rorico!

Rorico (schnell hereintretend)
              Herr?

Karl                       's ist gut! – was wollt' ich doch?
Ja so! Ruf meine Töchter. – Nein! ich will
allein mit dir zur Jagd, dann in die Thermen.
Der Tag wird trüb.

Rorico                         Nein, klar und sonnig, Herr.

Karl (versonnen)
Rein wie der Mond, das Antlitz einer Heiligen.
Sahst du dies Kind zum erstenmal?

Rorico                                                     Herr . . . nein!

Karl
Wo hast du sie gesehn?

Rorico                                   Ich? Ich? . . . nun wirklich,
ich wüßte kaum genau zu sagen, wo.
Am Ende irr' ich mich und sah sie nie.

Karl
Weißt du, Rorico: wenn mein Blick, ein Blick,
der manchmal stumpf vom Sehen ist – ich sah
doch wohl zuviel mit diesen zween
alleinigen Augen, die von Jugend an
bis heute ohne Urlaub mir gedient –,
wenn dieser Blick auf einen Scheitel trifft
wie den des Kindes, das wir eben sahn,
so tut's ihm wohl: er schmilzt, er löst sich auf,
wird jung im Schwelgen auf der blonden Weide,
taut das vereiste Herz mir in der Brust.
Verstehst du das?

Rorico                         Beinahe, König Karl.

Karl
Beinah? – laß gut sein: mir genügt's – beinahe!
Nein! mehr, Rorico! Mann, verstehe ganz!
denn dazu hab' ich dich an meiner Seite.
Dies blonde Gras auf Kinderköpfen . . . wie,
sind diese Fäden feinsten Goldes, dies
Gespinst der Unschuld . . . ist es nicht ein Wunder?

Rorico
Gern geb' ich zu, daß sie holdselig ist,
jedoch . . .

Karl (schnell)     . . . die Schellenkappe für den Narren,
der, ungerührt, wie Kanzler Ercambald,
von so viel reiner Lieblichkeit und Jugend,
nichts als mit breitem Maule geifern kann!
Dies war es, denk' ich, was du sagen wolltest.
Vor solchem Greisenschwachsinn schütz' uns Gott. –
Was gibt es Neues?

Rorico                             Herr, die Ältesten
der Judenschaft liegen mir an: sie wollen
beginnen mit dem Bau der Synagoge,
und Ercambald verzögert den Bescheid
des Platzes wegen, der noch nicht genehmigt.

Karl
Was macht dein Mädchen?

Rorico (erschrocken)                   Wer? behüte Gott,
ich weiß von keinem Mädchen.

Karl                                                   Nichts von wem?
Du Galgenstrick, von Judith weißt du nichts?

Rorico
Judith? ja, wenn Ihr Judith meint . . .

Karl                                                           Gewiß.

Rorico
Erfährt sie, daß die heilige Majestät
des Herrn und Kaisers huldvoll ihrer sich
erinnert, geht sie mir vor lauter Glut
in Flammen auf.

Karl                           Je mehr hast du zu löschen.
Würd' ich noch einmal jung, Rorico! jung!!
ich gäbe all mein – weißes Haar dafür! –
    (Ein wenig unsicher)
Hör zu, es ist an mir . . . mein Plan ist dieser . . .
rate, Rorico! nicht mit Widukind,
auch nicht mit Grimoald, von dem es heißt,
daß er Giftpulver streut in meine Brunnen.
Mein Plan betrifft . . .

Rorico                             . . . die Judenschule?

Karl                                                                   Nein.
Gefehlt. Mein Plan ist dieser, sag' ich dir . . .
's ist wahr: ich brauche keinen stillen Kanzler,
bin Manns genug für den Geschwätzigen:
doch heute will ich ihn nicht wiedersehn! –
hingegen: ein geheimer Auftrag! dies:
ich habe bei mir den Beschluß gefaßt,
in dieser Jungfrau Leben einzugreifen.
Sie dauert mich, mit ihren weiten Augen,
womit sie hilflos in ihr Elend sieht.
'ne Laune meinethalb: frei soll sie sein!
den Käfig will ich öffnen. Öffn' ich ihn,
ein Taubenhabicht stößt vielleicht herab
und schlägt sie – also, dies darf nicht geschehn!
also, ich will sie Aug' in Auge prüfen,
um zu erkennen, was ihr dienlich ist. –
Verstehst du?

Rorico (befremdet)   Ja, Herr.

Karl                                         Deshalb, hörst du, eile,
eh diese Morgenlaune mir verfliegt.

Rorico
Verzeih – was ist mein Auftrag?

Karl                                                   Dieser: eile
und führe mir Gersuind hierher zurück,
allein! nur du bei ihr, sonst niemand! Ohne
Geschrei: wie du's verstehst.
                                                Dies erst vollbracht,
will ich, zwiefach erfrischt, ans Weidwerk gehn.

Diener bringen auf einem silbernen Tischchen das Frühstück Karls hereingetragen, andere bringen das Handwasser in einem silbernen Krug und das silberne Handbecken. Ein Kapellan, nicht der vorige, trägt einen Kodex, den er auf ein Lesepult legt und öffnet. Rorico entfernt sich nach einer Verbeugung. Ein etwa sechzehnjähriger Schüler der Hofschule stellt sich, das Schreibtäfelchen in der Hand, in der Nähe Karls bereit. Dieser nimmt auf einem Sessel Platz, man stellt das Tischchen vor ihn hin, man gießt ihm Wasser über die Hände, und der Kapellan räuspert sich, im Begriff, mit dem lauten Lesen zu beginnen. – Karl, dem Kapellan abwinkend

Heut nichts von Augustini Gottesreich!

Der Kapellan entfernt sich nach einer Verbeugung. Karl beginnt zu speisen; während des Essens

Nun, Bursch, sag: – hat die Decke etwa wieder
geknackt heut nacht, wie du mir gestern sagtest? –
Was, bersten schon die Wände im Palast,
bevor Gottfried, der Däne, ihn verwüstet?
Was munkeln die Propheten? – sind des Königs
Tage gezählt? – sie sind gezählt, wie eure
und jedes Haar auf deinem dummen Kopf! –
Geduld! notiere: unser Kaiser Karl
ward neun-, ward zehnmal alt und wieder jung
in seinem langen Leben, und er stirbt
nicht, wenn die Decke knackt! nur wenn Gott will.

Rorico führt Gersuind wieder herein, im Gespräch mit ihr. Sie legt, im Gegensatz zu ihrem ersten Erscheinen, eine kindliche Keckheit und Lustigkeit an den Tag. Sobald Karls Stimme hörbar wird, nimmt sie eine aufmerksame Haltung an. Karl, nicht ganz unbefangen

Ei, das ist ein gescheiter Einfall, brav!
du kommst, und du vertraust mir nun allein –
sogar Rorico scheint mir überflüssig –,
wie deine Wünsche, deine Sorgen sind,
auf daß wir, wo es not tut, Wandel schaffen.

Auf seinen Wink hin entfernen sich alle außer Gersuind. Mit ihr allein, fährt er fort

Sprich nun ganz ohne jede Scheu, Gersuind.

Gersuind (mit ernstem, ein wenig lauerndem Ausdruck)
Ich möchte frei sein!

Karl                                 Gut. Du willst . . . es zieht
dich nach der Heimat, zieht dich in den Gau,
wo an den Stämmen alter Buchen noch
Freyjas, der Totenmutter, Bildstock hängt
anstatt Mariens, Mutter des Lebendigen!
du willst zu deinem ungebärdigen Oheim . . .

Gersuind
O nein! frei möcht ich sein auch von dem Ohm!

Karl (stutzt)
Wie? und du weintest doch in seinen Armen?!

Gersuind (achselzuckend)
Ich weinte, ja, um ihm nicht weh zu tun,
und außerdem . . .

Karl                             Sprich weiter: außerdem . . .?

Gersuind
Ja, außerdem, wenn alte Männer weinen,
schluchz' ich, aus Angst, zu lachen, lieber mit.

Karl (den Tisch von sich stoßend)
Was sagst du da? –

Gersuind                         Die Wahrheit. Weiter nichts.

Karl (wiederum ruhig)
Mein Kind . . . doch überdenk' ich, was du sprachst
und wie du's sprachst – wend' ich mein Angesicht,
so etwa, von dir weg, und sehe nicht,
wer vor mir steht, so hör' ich eine Stimme,
die wahrlich keines Kindes Stimme ist! –
Sprich nochmals, was du willst: daß ich's ergründe.

Gersuind (mit bedeutsamem Augenaufschlag)
Ich kann auch schweigen, König Karl!

Karl (scheint zunächst seinen Sinnen nicht zu trauen, dann schnell und schroff)
                                                              Nein! Rede!
Ganz ohne Scheu, wie dir's ums Herze ist.

Gersuind (ungeniert)
Scheu? warum Scheu? wo blieb' ich, kennt' ich Scheu?
was trüg' ich fort aus diesem kurzen Leben,
das jeder mir mißgönnt und das vielleicht
mir morgen schon entgleitet, kennt' ich Scheu?

Karl
Weißt du wohl, wer es ist, der mit dir redet?

Gersuind
Gewiß. Du bist ein alter Mann, ich weiß,
und hast ein Leben hinter dir: doch ich –
was hab' ich hinter mir? so gut wie nichts!
was vor mir? nicht viel mehr vielleicht! du bist
gesättigt, und du kannst mich nicht verstehen.

Karl
Wer sagt dir, daß ein Greis nicht hungrig ist?

Gersuind
O ja, du hungerst auch, man sieht's dir an,
man sieht's an deinen Augen. Greisenblicke
tun weh, flehn wie getretne Hunde, sind
wie Blicke von Ertrinkenden.

Karl (mit gewaltigem Humor)           Genug!
noch ist kein beßrer Schwimmer in der Welt
als Kaiser Karl! noch ungeboren ist
die Hand, die weiter reicht als seine! Ist
der Nacken, dem sich seiner beugt! sein Blick
tut weh, 's ist wahr, wenn er im Zorne trifft,
doch wie ein Blitz des finstren Himmels! höre:
sag kurz und gut, was soll ich für dich tun?!

Gersuind
Nach meinem Wohlgefallen laß mich leben . . .

Karl
Wie wäre das?

Gersuind                 . . . mich meine Wege gehen
und keinem, der mich fragt, wohin ich gehe
und wo ich war, die Antwort schuldig sein.

Karl
Seltsamer Wunsch, bei deinen Jahren, Kind!
du weißt nicht, was du bittest, offenbar.
Die Luft ist voll Gefahren. Fliegt ein Ding,
ein gelber Buttervogel, so wie du,
nur einmal, zweimal über eine Pfütze –
und nun gar hier zu Aachen, in der Pfalz! –,
schon hat ein Rotschwanz, Blauschwanz ihn verschluckt.
Ich mag dich nicht verderben. Nein. Ich will
dir Gutes tun, Gersuind: und das erbitte!

Gersuind
Ich wüßte nichts zu bitten außer: das!

Karl
Nun, gut. So sage niemand als nur mir:
was willst du tun in deiner Freiheit?

Gersuind                                                 Nichts! –
nur immer, was zu tun mir lustig ist.

Karl erhebt sich und schlägt mit der Faust gegen eine metallene Scheibe, die zwischen Säulen hängt. Auf den Klang hin erscheint Rorico.

Karl
Rorico, dieser blonde Irrwisch, dies
sehr aberwitzige Ding ist frei! – Sie geht
von hier, wohin sie will! Ist keine Geisel,
kein Schützling und kein Klosterzögling mehr!
Niemand erzieht sie! niemand hält sie auf,
kreuzt ihren Weg, wohin sie sich auch wendet:
und stünde sie zwei Schritt vom Abgrund, blind
und ungewarnt! sie ist die letzte nicht,
die mit dem ganzen Himmel ihrer Jugend
den jähen, tiefen Sturz zur Hölle tut.

Er geht davon, ohne sich umzuwenden. Mit einem skurrilen Gesichtsausdruck hat Gersuind ihn beobachtet, bis er verschwunden ist. Rorico, nun mit ihr allein, tritt an sie heran, ernst, fast barsch.

Rorico
Wohin nun willst du?

Gersuind (heiß, flüsternd)     Schöner! Nimm mich mit! –

Rorico (nach kurzem Zurückschrecken, laut)
Ja, wie ein gelbes Schlänglein in der Gabel,
so! ja! im Spalt von einem Haselzweig:
daß es nicht züngeln kann und mich nicht stechen!
Komm, Racker, Dämon! aus des Kaisers Haus.

Er hält sie mit zwei Fingern am Saum ihres Kleides im Nacken von sich ab und schiebt sie vor sich her hinaus.


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