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Fünfter Akt

Das gleiche Zimmer wie in den ersten drei Akten. Es ist Nacht, ziemlich heller Mondschein dringt durchs Fenster. Das Zimmer ist leer. Seit den Vorgängen im vierten Akt sind wenige Tage vergangen. – In der Kammer wird Licht gemacht; nach einigen Sekunden kommt Henschel, das Licht im Blechleuchter tragend, heraus. Er hat Lederhosen an, seine Füße stecken in Schlafschuhen. Langsam geht er bis an den Tisch, blickt unschlüssig zurück und nach dem Fenster, setzt hierauf das Licht auf den Tisch und nimmt selber am Fenster Platz. Hier stützt er das Kinn in die Hände und blickt in den Mond.

Frau Henschel, unsichtbar, aus der Kammer, ruft. Moan! Moan! – Woas machst'n do dessa? – Immer doas Rimgeoalber dohie. Sie guckt, spärlich angezogen, herein. Wu bist'n? Kumm schlofa! 's is nachtschlofne Zeit! Murne, do koanst de wieder ni furt! Do leist de wieder do wie a Sack, und im Hofe gieht oalles drunder und drieber. Sie kommt ganz heraus, spärlich angezogen, wie sie ist, stutzig und ängstlich sich Henscheln nähernd. Woas machst'n du, hä?

Henschel. – – Ich?

Frau Henschel. Woas sitzt'n du do und sprichst kee Woart?

Henschel. – Ich sah' m'r de Wulka oa!

Frau Henschel. Nee, nee, ihr Leute, 's is reen zum Verwerrtwarn! Woas hot's denn do duba, mecht' ich bloß wissa! Mit dan Gewerge itzt, Nacht fer Nacht. Ma hot ju ei oaller Welt keene Ruhe nimmeh. – Woas sist'n du immer? Do red ock a Woart.

Henschel. – Do duba sein se!

Frau Henschel. Du traumst wull, hä? Du, Willem, wach uf! Läh dich eis Bette und schlof dich aus! – Do duba sein Wulka und wetter goar nischt.

Henschel. War Auga hot, dar koan doch au sahn –!?

Frau Henschel. Und war de verwerrt is, verliert a Verstand.

Henschel. Ich bin ni verwerrt!

Frau Henschel. Doas soa ich ju nee. Oader wenn de's asu treibst, koanste's no warn. Sie fröstelt, zieht eine Jacke an und schürt mit der Feuerkrücke die Asche im Ofen auf.

Henschel. Welche Zeit is denn?

Frau Henschel. A Vertel uf zwee.

Henschel. – Du hust ju a Seeger imgehanga. – A hing doch sust immer bei d'r Tiere.

Frau Henschel. Woas werd ock dir oall's noch eifoalln dohie. Dar hängt, wu a immer gehanga hot.

Henschel erhebt sich. Ich war amol niebergiehn ei a Stoall.

Frau Henschel. Ich soa d'rsch, gieh schlofa; ich mach' suster Lärm. Ein Stoalle hust du itzt nischte zu sicha. Eis Bette gehierscht du nei bei d'r Nacht.

Henschel bleibt ruhig stehn und blickt Hanne an. – Wu is denn Gustla? –

Frau Henschel. Woas willst'n? Die leit doch eim Bette und schläft. Woas du immer mit dam Madel kimmst. Dar gieht doch nischt oab. Ich tu'r doch nischt.

Henschel. Dar gieht nischt oab. Die is schlofa geganga. Die hot sich beizeita schlofa geläht. – De Gustla! Berthlan meen' ich nee.

Frau Henschel heult, stopft sich die Schürze in den Mund. Ich laufe furt, ich bleib' ni meh hie.

Henschel. – Gieh schlofa, gieh! Ich kumme anoch. Doas Noatscha koan itze wetter nischt halfa. War ebens droa schuld is, doas wiß inse Herrgott. Du koanst nischt derfire. Du brauchst ni zu flenn. – Inse Herrgott und ich: mir beede, mir wissa's. Er schließt die Tür ab.

Frau Henschel schließt hastig wieder auf. Woas schlißt'n du zu, ich luss' mich ni eischlissa!

Henschel. – Ich wiß nee, warum ich hoa obgeschlussa.

Frau Henschel. De Leute, die hoan dir a Kupp verdreht. Woas die d'r hoan ei a Koop gesetzt, doas wem die missa amol verantworta. Ich hoa dei Madel besurgt wie meis. Dodervone wär' se gewiß ni gesturba. Oader Tute koan ich nee uferwecka. Wenn ees sull sterba, da sterbt's halt dohie. Do is kee Haln ni, do muß a furt. Oa Gustlan is nie ni viel droa gewast, doas wißt du doch groad asu gutt wie ich. Woas freust'n doa immer und siehst mich oa, wie wenn ich war weeß woas miid'r gemacht hätte.

Henschel, mißtrauisch fragend. – Doas koan ju au sein! Doas is ju ni unmeeglich.

Frau Henschel, außer sich. Doas hätt' mir sulln enner soan, doazumal, do war' ich doch lieber batteln geganga. Nee nee, ihr Leute, doas hätt' ich sulln wissa. Asu 'ne Sacha muß ma sich oahiern. Ich wullde ju giehn, war hielt mich denn, hä? War hot mich denn festegehaln ei dan Hause? Ich hoa doch mei Auskumma immer gefunda. Mir woar keene Bange, arbeita kunnd' ich. Oader du hust doch ni nochgelohn. Itze hoa ich's dervone! Itze koan ich's ausboada!

Henschel. Koan sein, 's is woahr, doaß du und mußt's ausboada; wie's kimmt, asu kimmt's! Woas wil ees doa macha. Er schließt wiederum die Tür.

Frau Henschel. Sullst uffelohn, Willem! – Suster schrei' ich im Hilfe.

Henschel. – Pst, bis amol stille. Huste's gehiert? Dessa ein Gange kimmt ees gelaufa. Hierschte, nu gieht's oa de Woasserstande. Hierschte's planscha? Se stieht und wascht sich.

Frau Henschel. Du! Moan! Du träumst! De Stande is hie!

Henschel. Nu ebens! Ich wiß schun! Mir wem se nischt viermacha. War's wiß, dar wiß's, – hastig – weiter soa ich goar nischt. – Kumm, kumm, m'r giehn schlofa: kimmt Zeit, kimmt Rot. Während er auf die Kammer zuschreitet, schließt Frau Henschel die Tür leise auf und schlüpft schnell hinaus; ab.

Henschel, indem er vom Rahmen der Kammertür eine Peitsche herabnimmt. Doas is ju mei aler Triester Stecka. Wu kimmt ock dar ale Stecka har? Dan hoa ich doch ieber a Johr ni gesahn. Dar is noch zu Muttersch Zeita gekeeft. Er horcht. Woas meenst'n? – Gell ock! – Nu ganz natierlich! – Nischte! – Wenn o! warum ock ni goar. 's is gutt! – Ich wiß schun, woas ich zu tun hoa! – Ich war mich nee sperrn! – Doas luß ock du gutt sein.

Durch die angelehnte Tür ist Siebenhaar eingetreten; durch Gesten bedeutet er dem Wermelskirch, welcher ihm folgt, zurückzubleiben, ebenso der Frau Henschel. Er ist vollkommen angezogen, nur hat er statt des Kragens ein seidenes Tuch um den Hals. Wermelskirch ist im Schlafrock.

Siebenhaar. Guten Abend, Herr Henschel! Was? sind Sie noch wach? Sind Sie nicht wohl, wie? Fehlt Ihnen was?

Henschel, nachdem er ihn einen Augenblick verdutzt angesehen, einfach. Ich koan halt ni schlofa! Ich hoa goar kenn Schlof! Ich mechte woas einahma, wenn ich woas weßte! Ich wiß nee, wie's kimmt! Weeß Gott, wie doas zugieht.

Siebenhaar. Ich will Ihnen was sagen, alter Freund: legen Sie sich jetzt ruhig zu Bett und morgen beizeiten schick' ich den Doktor, Sie müssen jetzt wirklich was Ernstliches tun.

Henschel. Kee Dukt'r wird mer wull nee kinn halfa.

Siebenhaar. Das sagen Sie nicht, das wolln wir mal sehn. Der Dr. Richter versteht seine Sache. Meine Frau hat wochenlang nicht geschlafen, der Kopf tat ihr zum Zerspringen weh. Am Mittwoch hat sie ein Pulver genommen, jetzt schläft sie die ganze Nacht wie tot.

Henschel. Juju, nee nee, 's koan immer sein! Mir wär's schun recht, wenn ich schlofa kennde. – Is de Madam ernt richtig krank?

Siebenhaar. Ach, wir sind alle nicht recht auf dem Damme. Wenn erst der Montag vorüber ist, dann wird sich ja alles wieder machen.

Henschel. Se hoan wull a Montich de Iebergoabe?

Siebenhaar. Ja, hoffentlich sind wir bis Montag so weit. Einstweilen häuft sich die Arbeit so, mit Schreiben und Inventariumaufnehmen, ich komme kaum aus den Kleidern heraus. Hören Sie, gehen Sie schlafen, Henschel. Den einen drückt's da, den andern hier. Das Leben ist keine Spielerei, wir müssen alle sehn, wie wir zurechtkommen. Und wenn Ihnen manches durch den Kopf geht: nehmen Sie sich's nicht so zu Herzen.

Henschel. Hoan Se schien Dank, Herr Siebenhoar, und nischt fer ungutt, mecht' ich gebata hoan. Laba Se vielmol gesund miit d'r Frau.

Siebenhaar. Wir sehen uns ja morgen noch wieder, Henschel. Zu danken haben Sie mir für gar nichts. Wir haben uns manchen Dienst getan, solange wir Hausgenossen sind. Das hebt sich auf, da ist nichts zu sagen; wir waren Freunde, und, denk' ich, wir bleibens.

Henschel tut stumm einige Schritt bis in die Nähe des Fensters, durch das er hinausblickt. – – – – Doas sein ebens asu Sacha dohie! De Zeita bleiba halt eemol ni stiehn. Doaß Koarlchen und hot ins nimmeh besicht – ... Ma koan ju nischt soan: Se muchte ju recht hoan. Nischt Gudes hätte dar Junge nischt lern kinn. Frieher, do soak doas ju anderscher aus.

Siebenhaar. Henschel, jetzt weiß ich nicht, was Sie meinen.

Henschel. – Sie hoan doch de Stube au ni betrata ... Dreiviertel Joahre koan doas gutt har sein.

Siebenhaar. Ich hatte eben zu viel im Kopfe.

Henschel. Do sein Se frieher erscht recht gekumma. Nee nee, ich wiß, und Se hoan au recht. De Leute hoan oalle mitnander recht. Ich koan mit mir kenn Stoat ni meh macha.

Siebenhaar. Henschel, ruhen Sie sich jetzt aus.

Henschel. Nee nee, mir kinn ju a wing dervo reda. Sahn Se, ich bin ju oa oallen schuld, ich wiß, doaß ich schuld bin, nu gutt darmitta. Oader eeb ich doas machte miit d'r Frau, ich meene, eeb ich de Hanne noahm, do fing doas schun oa und wurde mitsachta ... asu mitsachta ging's halt bergoab. A Fischbeenstecka, doar broach m'r azwee. Hernoert, doas weeß ich noch ganz genau, do ieberfuhr ich m'r doch menn Hund. 's woar d'r beste Spitz, dan ich hoatte. Dann fiela m'r hingereinander drei Fare, doas schiene Hengstfard fer dreihundert Toaler. Hernoert, zum letzta, do stoarb m'r mei Weib. Ich hoa's wull gemerkt ei men Gedanka, doaß doas und woar uf mich oabgesahn. Do oader mei Weib und woar geganga, do hoatt' ich wull au an Augablick, doaß ich und duchte, nu werd's wull genung sein. Nu koan a m'r ni meh viel nahma dohie. Sahn Se's, ar hot's doch fertiggebrucht. – Vo Gustlan will ich ju goar ni reda. Verliert ma a Weib, verliert ma a Kind. Oader nee: anne Schlinge woard mir geläht, und ei die Schlinge do troat ich halt nei.

Siebenhaar. Wer hat Ihnen denn eine Schlinge gelegt?

Henschel. – – Koan sei, d'r Teifel, koan sein, a andrer. Derwergä muß ich, doas is gewiß.

Pause.

Siebenhaar. Das ist eine unglückselige Idee ...

Henschel. Nee, nee, ich streit' ju doas goar ni amol! Schlecht bin ich gewurn, bloß ich koan nischt derfiere. Ich bin ebens halt asu neigetoapert. Meinswegen koan ich au schuld sein. War wiß 's!? Ich hätte ju besser kinn Obacht gahn. Der Teifel is eben gewitzter wie ich. Ich bin halt ock immer groadaus geganga.

Siebenhaar. Henschel, Sie sind Ihr eigner Feind! Sie schlagen sich da mit Phantomen herum, die nie und nirgendwo existieren. Der Teufel hat Ihnen gar nichts getan. Sie sind auch in keine Schlinge getreten. Es erwürgt Sie auch niemand. Das ist alles Unsinn! Gefährliche Einbildungen sind das.

Henschel. M'r warn's ju sahn; m'r kinn's ju oabwoarta!

Siebenhaar. Sagen Sie mir mal was Bestimmtes. Sie werden sehen, da wissen Sie nichts. Sie sind weder schlecht oder wie Sie sagen, noch haben Sie irgendeine Schuld.

Henschel. Doas wiß ich besser.

Siebenhaar. Nu was denn für eine?

Henschel. – Hie stoand a Bette, do loag se doch dinne, do hoa ich'r doch's Versprecha gegahn. Ich hoa's 'r gegahn, und ich hoa's 'r gebrocha.

Siebenhaar. Was für ein Versprechen?

Henschel. Sie wissa's ju! – – – Doas hoa ich gebrocha – do hoatt' ich verwunn. Do woar ich fartig. Do hoatt' ich verspielt. – – – – – Und sahn Se's: itzt koan se de Ruhe ni finda.

Siebenhaar. Sie sprechen von Ihrer verstorbnen Frau?

Henschel. Juju, vo darselbigta sprech' ich ebens. – Se koan keene Ruhe ni finda im Groabe. Se kimmt und gieht und hot keene Ruhe. – – – – Ich striegle de Fare, do stieht se do. – Ich nahm' m'r a Sieb vom Futterkoasta, do sah' ich se hinger d'r Tiere quetscha. – Ich will eis Bette giehn, ein de Kommer, do leit se dinne und sitt mich oa. – Se hot m'r a Seeger imgehanga, se kloppt oa de Wand, se kroatzt oa de Scheiba. – Se läht m'r a Finger uf de Brust, do wil ich ersticka, do muß ich noch Luft schnoappa. Nee, nee, ich war's wissa. Asu 'ne Geschichta, die muß ma durchmacha, eeb ma se kennt. Derzahlen koan ma die eemol ni. Ich hoa woas durchgemacht, kinn Se m'r gleeba.

Siebenhaar. Henschel, mein allerletztes Wort. Raffen Sie sich von Grund aus zusammen; stellen Sie sich auf beide Beine. Gehn Sie und fragen Sie einen Arzt. Denken Sie sich: ich bin krank, ich bin sehr krank, aber jagen Sie diese Gespenster fort. Das sind Hirngespinnste, sind Phantasien.

Henschel. Asu soate Sie doazumol wull au. Asu oader ähnlich hoan Se gesprocha.

Siebenhaar. Kann sein, und ich stehe auch ein dafür. Was Sie damals getan haben mit der Heirat, das war Ihr gutes, vollkommnes Recht. Von Sünde und Schuld ist da gar nicht die Rede.

Wermelskirch tritt vor.

Wermelskirch. Henschel, kommen Sie mit zu mir. Wir zünden das Gas an und spielen Karte. Wir trinken Bier oder was Sie wollen und rauchen unsere Pfeife dazu. Da sollen die Geister doch mal ankommen. Zwei Stunden, da haben wir hellen Tag, dann trinken wir Kaffee und fahren spazieren. Das müßte doch mit dem Deibel zugehen, Sie müssen doch wieder der alte werden.

Henschel. 's koan ju sein. M'r kinn's ju versicha!

Wermelskirch. Na also, los!

Henschel. – Zu Ihn kumm' ich ni meh.

Wermelskirch. I was, die alberne Sache von neulich. Das war ja bloß alles Mißverständnis! Das hat sich ja alles aufgeklärt. Ich lasse den Hauffe erst gar nicht mehr rein. Der Kerl ist ja wirklich immer besoffen. In der Hitze wird mal'n Wort geredet. Zum einen Ohr rein, zum andern raus. So muß man's machen, so mach' ich's immer.

Henschel. Doas wär' au's beste! Sie hoan au recht. Oader nee – ei de Schenkstube kumm' ich ni meh! Ich war viel rimreesa, denk' ich, vielleicht. Ieberoall wern se mer wull ni nochkumma. Itze schloft gesund! Itze schläfert mich au.

Siebenhaar. Wie wär's, Henschel, kommen Sie rauf zu mir. Bei mir ist noch Licht, im Büro ist geheizt, da machen wir unser Spiel zu dreien, ich würde mich doch sonst kaum schlafen legen.

Henschel. Ju, ju, doas kennda mir macha mitnander. Ich hoa ju schun lange nee Koarte gespielt.

Frau Henschel. Ju, ju, gieh nuff, du koanst doch ni schlofa.

Henschel. Ich gieh' nee, huste's verstanda dohie?

Frau Henschel. Nu wenn de halt hiebleist, do gieh' ebens ich. War weeß, woas du oalles noch oastellst de Nacht, du fängst wieder oa mit a Massern zu spieln. Ju, ju, doas hot ar gestern gemacht. Do is ma ju seines Lebens ni sicher.

Henschel. Doas sellde m'r eifoalln, do nuff selld' ich giehn. Ha hot m'r 's gerota, woas ich gemacht hoa, dann woar ar d'r irschte, dar mich veracht hot.

Siebenhaar. Henschel, ich habe Sie niemals verachtet; Sie sind ein Ehrenmann durch und durch, reden Sie sich keine Torheiten ein. Gewisse Schicksale treffen den Menschen. Da hat man zu tragen, das ist nicht leicht. Krank sind Sie geworden, brav sind Sie geblieben, und dafür leg' ich die Hand ins Feuer.

Henschel. Das mechte woahr sein, Herr Siebenhoar. – 's is' gutt, m'r wulln vo woas anderm sprecha. Sie kinn nischt derfiere, doas soa ich ju immer. D'r Schwoger – dan koann ich au nee verdomma. A werd wull wissa, wohar ar's hot. Se gieht ebens rim bei a Leuta und soat's 'n'n. Die is ieberoall, bal hie, bal do. Bem Bruder werd se ju au gewast sein.

Wermelskirch. Wer soll denn rumgehen bei den Leuten? Da denkt keine Menschenseele dran. Die ganze Geschichte von neulich, Henschel, die haben die Leute längst vergessen.

Henschel. 's bleit uf mir sitza, ma dreht's, wie ma wil. Die werd's schun wissa, wie se's sull oafanga. Die is ieberoall, die werd's a schun eireda. Und wenn's flugs die Leute und täta's verschweiga und wem ni wie Hunde hinger m'r har: 's koan eemol nischt halfa, 's bleit uf mir sitza.

Siebenhaar. Henschel, wir gehen nicht eher fort, Sie müssen sich das aus dem Sinn schlagen. Sie müssen sich ganz vollkommen beruhigen.

Henschel. Ich bin ju verninftig, ich bin ganz ruhig.

Siebenhaar. Nun schön, wir wollen mal offen sein. Sie sehen jetzt, wie Ihre Frau bereut. Der Kellner ist fort, über alle Berge, den kriegen Sie niemals mehr zu sehen. Jeder kann straucheln, er sei, wer er wolle. Jetzt reichen Sie sich ganz einfach die Hände. Begraben Sie, was zu begraben ist, und machen Sie einfach Frieden mitnander.

Henschel. Ich brauche kenn Frieda wetter zu macha. Zu Hanne. Derwegen, de Hand, die koann ich d'r gahn. Doaß du und hust an Fehltritt beganga, doas mag inse Herrgott richta dohie. Ich will dich wetter do ni verdomma. – Wenn ma ock bloß ... ich meene miit Gustlan ... wenn ma und weßte do woas Bestimmtes.

Frau Henschel. Ihr kinnt mich derschlohn uf d'r Stelle meinswegen. Tut will ich sein ei dan Augablick, wenn ich hoa Gustlan ums Laba gebracht.

Henschel. Doas soa ich ju ebens: 's bleit uf mir sitza! – Na, murne kinn m'r ju weiterreda. Eeb m'r do wem hoan ausgered't, do werd wull no moancher Truppen eis Meer laufa.

Wermelskirch. Machen Sie sich'n gemütliches Feuer und brauen Sie sich einen heißen Kaffee. Nach dem Regen kommt immer der Sonnenschein. Zwischen Eheleuten ist das nicht anders. Ohne Gewitter kein Ehestand. Aber nach dem Gewitter, da wächst's um so besser. Die Hauptsache ist: su, su, su, su. Er macht die Geste, als ob er ein Kindchen auf dem Arm wiege. So was muß sein. Das müßt ihr euch anschaffen. Jovial Henscheln die Schulter klopfend. Der Alte mag eemal das Kroppzeug gern. Tut's halt zusammen und kauft euch so'n Spielzeug. Potz Blitz, Henschel Wilhelm! Das wär' doch der Deifel! Ein Hüne wie Sie, nichts leichter als das. Gut' Nacht mitnander!

Siebenhaar. Es ändert sich alles, nur immer Mut!

Wermelskirch. Nur immer kalt Blut und warm angezogen. Siebenhaar und Wermelskirch ab. Henschel geht langsam nach der Tür und will wiederum zuschließen.

Frau Henschel. Sullst uffelon.

Henschel. Meinswegen au. – Woas machst'n do?

Frau Henschel, die aufrecht vor dem Ofenloch steht, so wie sie eben hastig emporgefahren ist. Du sist's ju: Feuer!

Henschel, nachdem er sich schwerfällig an den Tisch gesetzt hat. – – Vor mir zind au de Loampe oa! Er zieht den Tischschub auf.

Frau Henschel. Woas sichst'n du?

Henschel. Nischte!

Frau Henschel. Do koanst a doch neischieba. – Sie geht hin und schiebt den Schub zu. Berthla sol wull d'rvone noch ufwacha?

Pause.

Henschel. A Montich gieht a. Do sein m'r alleene.

Frau Henschel. War gieht'n a Montich?

Henschel. Halt Siebenhoar. War wiß, wie dos sein werd mit dam neua.

Frau Henschel. Dar neue is reich, dar werd dich nee oanpumpa.

Henschel. – Hanne, enner vo ins muß weicha! – Vo uns zwee beeda. Ju, ju, 's is woahr. Du koanst mich oasahn. Doas is ni andersch.

Frau Henschel. Furt sol ich giehn? Furt willst du mich joan?

Henschel. Doas werd sich irscht zeiga, war de werd giehn missa. Koan sein, ich muß, koan sein, au du. – Wenn ich tat' giehn ... doaß wiß ich alleene: dir wär' deswegen ni bange warn. Du versurgst ju's Fuhrwesen wie a Moan. – Oader wie gesoat: uf mich kimmt's ni oa.

Frau Henschel. Wenn enner giehn muß, da gieh' halt ich. Ich bin derwegen noch kräftig genung. Do mach' ich mich furt, do sieht mich kee Mensch meh! De Fare, de Woane, de Sacha sein deine, du koanst aus d'r Väterei doch ni rausgiehn. Do gieh' ebens ich, und hernoert is oalle.

Henschel. Doas is ni gesoat; immer ees noch'n ander.

Frau Henschel. Kee langes Gemahre, woas aus is, is aus.

Henschel, indem er sich schwerfällig erhebt und nach der Kammer geht. Und Berthlan? Woas sol aus dan Madel denn warn?

Frau Henschel. Die muß zu Voatern, nieber noch Quolsdurf.

Henschel, schon in der Kammertür. Luß gutt sein, murne is au no a Tag. 's ändert sich oalles, soat Siebenhoar. Schon in der Kammer. Murne hot oalles a ander Gesichte. Pause. Henschel, unsichtbar. Berthla schwitzt wieder ieber und ieber.

Frau Henschel. Die koan a wing schwitza, doas schoad'r nischte, mir laufa de Truppa au ieber a Hoals. Asu a Laba, – sie öffnet ein Fenster – do lieber goar kees.

Henschel. Woas red'st 'n du noch? Ich koan nischt verstiehn.

Frau Henschel. Läh dich ufs Uhr und luß mich zufriede.

Henschel. Kimmst du ni au?

Frau Henschel. Itze werd's ju Tag. Sie zieht die Uhr auf.

Henschel. War zieht denn de Uhr uf?

Frau Henschel. Du sullst itzt dei Maul haln; wenn Berthla ufwacht, do hoan m'r 's wieder. Do prillt se doch wieder an hoalbe Stunde. – Sie läßt sich am Tisch nieder, beide Ellbogen aufstützend. Oam besta wärsch, ma ging uf und dervone.

Siebenhaar guckt herein.

Siebenhaar. Ich komme noch mal. Ist Ihr Mann jetzt ruhig?

Frau Henschel. Ju, ju, a hot sich schlofa gelät. Sie ruft. Moan! – Willem!

Siebenhaar. Pst! Henscheln, danken Sie Ihrem Herrgott. Machen Sie auch, daß Sie schlafen kommen. Ab.

Frau Henschel. – Woas bleit een denn iebrig? Ich war's halt versicha. Bis an die Kammertür gelangt, steht sie still, gleichsam gebannt, und horcht. Willem! Moan! Du koanst doch antworta! – – – – Lauter, ängstlicher. Willem! Du sullst mich ni wieder derschrecka! Du denkst wull, ich wiß nee, doaß du noch wachst! – Immer ängstlicher. Moan! ich soa d'rsch! ... Berthla ist aufgewacht und fängt an zu weinen. Berthla, itzt siehch, doaß de stille bist! Madel, ich wiß nee, woas suster poassiert. – Fast schreiend. Willem, Willem! Siebenhaar blickt wieder herein.

Siebenhaar. Frau Henschel, was ist denn?

Frau Henschel. Ich schrei' immerzu, und a gibt keene Antwoart.

Siebenhaar. Sie sind wohl verrückt? Was machen Sie denn!?

Frau Henschel. – 's is asu stille, 's is wos poassiert.

Siebenhaar. Was? – – – – Er nimmt das Licht und tritt in die Kammertür. Henschel, sind Sie schon eingeschlafen? –

Er geht hinein.

Pause.

Frau Henschel, ohne sich hineinzugetrauen. Woas hot's denn? – Woas is denn? – Woas geht denn vier? – Wermelskirch blickt herein.

Wermelskirch. Wer ist denn drin?

Frau Henschel. Herr Siebenhoar. – 's is asu stille, 's antwoart kee Mensch. – – –

Siebenhaar, eilig, totenblaß, kommt wieder, Bertha auf dem Arm. Frau Henschel, nehmen Sie sich das Kind und gehen Sie rauf zu meiner Frau.

Frau Henschel, schon mit dem Kinde auf dem Arme. Im Gottes wille, woas is denn poassiert?

Siebenhaar. Das erfahren Sie schon noch zeitig genug!

Frau Henschel, mit erst zurückgehaltenem, dann hervorbrechenden Schrei. Ihr Leute, dar hot sich woas oageton. Ab mit dem Kinde.

Wermelskirch. Den Doktor?

Siebenhaar. Zu spät! Der kann nichts mehr helfen.


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