Balduin Groller
Aus meinem Briefkasten der Redaktion
Balduin Groller

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Briefkasten der Redaktion


H. v. S., Hainburg. Die erste Strophe Ihres Gedichtes hat Anlagen, berühmt zu werden:

»Ein Stern aus meinem Lebenshimmel
Erglänzte hehr und licht,
Er leuchtet mir im Erdgetümmel,
Ich Esel sah ihn nicht.«


C. v. L., Castelnuovo. Wie andere ihre Briefe wohl als »Obiger« oder »Nebiger« unterzeichnen, fertigen Sie, weil die Unterschrift erst später, hinter dem Gedichte folgt, Ihren Brief als »Hinterer«. Der deutsche Sprachschatz dankt Ihnen also eine wertvolle Bereicherung. Vielleicht wäre »Umstehender« noch besser. Das Gedicht können wir weder abdrucken, noch auch, wie Sie wünschen, rekommandiert zurückschicken.


E. L. M. B. in W.

»Grüne Felsen sachte schleichen
Sich zu Thal dem friedensstillen.«

Das glauben wir einfach nicht.


J. R. in E. Ihr Gedicht beginnt mit der Frage:

»Was soll ich nun besingen
In dieser finstern Nacht.«

Nachdem wir das Gedicht gelesen, kann für uns die Antwort nicht mehr zweifelhaft sein: Gar nichts!


L. M., Steiermark. Daß Sie jetzt im August das schöne Osterfest besingen, hat uns eine große, wir dürfen sagen, unschuldige Freude bereitet, und wir wünschen Ihnen 6 dafür ein recht glückseliges neues Jahr. Von Ihren Epigrammen mögen zwei hier Platz finden.

          Menschenleben.
»In dem großen Erdgetriebe
Ist ein Mensch ein kleines Rad,
Für das, wenn es nichts mehr nützet,
Man sofort ein andres hat!«

Ja, so ist das Leben!

              Abschied.
»Aus dem Kreise meiner Lieben
Muß jetzt eilig scheiden ich.
Thränen meine Augen trüben
Jede ruft: ›Vergiß mein nicht!‹«

Ihre »Lieben« sind also durch die Bank weiblichen Geschlechts.


N., Linz. Ihre fragenden Gedichte stimmen uns nachdenklich:

»Soll ich schalkhaft nicht mehr lächeln,
Meiden deiner Spiele Lust,
Abendkühle nicht mehr fächeln
Um die leicht beschwingte Brust?
Sollen nimmer bunte Blumen,
Winden sich zum schönen Kranz,
Süß Geplauder nun verstummen
Bei der Linde frohem Tanz!«

Wenn die Linde sich nur nichts bricht bei ihrem frohen Tanz! Was Ihre Frage betrifft, ob Sie noch weiterhin schalkhaft lächeln sollen, so sehen wir nicht ein, warum nicht? Also ohne weiteres, nur zu! Endlich können wir es auch für kein Unglück halten, wenn Sie die Spiele von anderen Leuten meiden müßten, trösten Sie sich mit den eigenen. – Auch das zweite Gedicht hat uns zu denken gegeben. Ihre Ausdrucksweise wirkt in ihrer Kürze und Prägnanz oft verblüffend, z. B.:

»Stille Landschaft waldumflossen
Gingen plaudernd Freund und Freund.«


F. Ch., Wien. Obschon Sie unter Ihrem Namen als Titel und Würde hinschreiben: »Beiträger mehrerer Zeitschriften,« hat uns Ihr Gedicht doch nicht befriedigt.


7 M. H., Wien. Sie stellen harte Zumutungen an die Leichtgläubigkeit des geehrten Lesers.

»Wie blick' ich dir, mein theures Mädchen,
Ins schwarze Auge gar so gern.«

Zugegeben.

»O unvergleichlich schönes Auge,
Du bist mein Himmel, bist mein Stern.«

Mag auch noch hingehen, obschon wir etwas neuere Wendungen vorziehen würden.

»Verführerisches schwarzes Auge,
Nicht fürcht' ich deiner Gluten Brand,«

Wacker! Auch dagegen ist nichts zu sagen.

»Und deiner Thränen Perlenschimmer
Versetzt mich kühn an Ceylons Strand.«

Aber das geht entschieden zu – weit; nun, da Sie einmal schon im Aufschneiden sind, singen Sie weiter.

Kein Feuer zählt soviel der Flammen,
Wie sie umfaßt ein einz'ger Strahl,
Wenn Liebesgrollen dich durchfluthet,
Der Eifersucht verhaßte Qual.
Demantenthau aus schönster Blume –
Ein Tropfen deines edlen Naß
Verdunkelt ihn mit seinem Glanze,
Denn in ihm schmelzen Groll und Haß.«

Genug, lassen wir Groll und Haß zergehen wie Zucker.


M. D., Tuchow. Sie haben aus einer Zeitung vernommen, daß wir eine illustrierte Zeitung herausredigieren. Dank für das neue Wort, es gefällt uns ausgezeichnet, und wir werden mithelfen, es einzubürgern.


»Backfisch.« Sie senden das »Erstlingswerk Ihrer Muse« und verlangen Bescheid unter dem Schlagwort »Backfisch.« Das Gedicht beginnt:

»Fremde Männer sah ich heben
Meines Kindes Todtenbahr.«

»Backfisch« – hm, hm!


8 L. R., Wien. Auch Sie senden die »Erstlingskinder Ihrer Muse.« Wir dachten, es giebt keine Kinder mehr. Nicht mehr Erstlinge, wenn wir bitten dürfen – wir können's erwarten.


C. W., Graz. Sie dichten wenigstens einleuchtend. Es blitzt und der Sturm peitscht die Wellen:

»Mein Liebster, er ist auf hoher See,
Ich kann ihn nicht helfen, o weh, o weh!«

Fatal, aber begreiflich, o je, o je! – Wenn Sie weiter singen:

»Trotz meinen Beten, meinen Fleh'n
Kann ich das Schifflein des Liebsten nicht seh'n,«

so begreift sich das in Anbetracht aller Umstände ebenfalls. Wenn Sie aber schließlich klagen, daß

»Der Sturm nicht mehr über die Dünnen saust,«

so sind wir gänzlich außerstande, die Berechtigung dieser Beschwerde einzusehen.


D. Th., Krakau. In Ihrem Gedichte finden wir »schleich'nden Lauf,« »erwärm'nden Sonnenstrahl« und »himml'sches Licht.« Sie verschlucken zu viel, geehrter Herr.


C. W. II. »Einsamkeit.« Wir erfahren da manches Interessante. Sie lauschen dem prachtvollen Sang der Nachtigall, der »still« in Ihren Busen dringt. Gut. Nun kommen aber die Überraschungen.

»Mein Singen, ach (ach!) das hört der Wald –
Doch hört's nicht meine Schöne!«

Ihre Schöne! Wer ist sie, wo dient sie? Geduld, es kommt. Sie serviert in einem guten Hause.

»Die weilt im Schloß bei Lichterglanz,
Credenzet die Pokale,
Jetzt, wo ich lausch' im Sternenglanz
Dem Lied der Nachtigalle!«

Noch nicht aus:

»Ach (ach!), wenn sie eine Schäf'rin,
Ein Landesfürst ich wär' –«

9 Wissen Sie, eine solche landesfürstliche Anstellung würden sich andere Leute auch wünschen, aber ob die junge Schöne aus dem Schlosse Ihren Wunsch für sehr nett für sie finden würde, das ist noch sehr fraglich. Nun kommen aber noch die größten Überraschungen:

»Doch anders wollt' es die Natur!«

Schändliche Bosheit dieser Natur!

»Sie – ja ist Königin.«

Wir dachten doch, sie kredenzt!

»Doch bin ich leider Schäfer nur –
Hirt – ohne Schäferin!«

Welche Wendung! Für einen Schafhirten dichten Sie übrigens ganz gut. Kommen Sie bald wieder.


H., Eibiswald. Ob der Kranz, den die Kaiserin dem toten König Ludwig II. widmete, aus offizinellem oder wildem Jasmin bestand, wissen wir nicht.


F. F., Zwittau. Sie senden uns folgende Zuschrift: »Geehrter Redakteur! Bitte um gütige aufnahme nachstehender Zeilen. Bitte um Geologische lösung.

»Schrift von meiner Hand.
Errathen? Charakter und Verstand.«

Achtungsvoll F. F.« – Das mag recht sinnig sein, aber wir haben's doch nicht verstanden. Wir trauen uns nicht zu wenig zu, aber bis zu geologischen Lösungen haben wir es noch nicht gebracht. Der Redakteur hat versprochen, nicht böse zu sein, wenn Sie ihn in Zukunft »Herr Redakteur« nennen wollten– es muß aber nicht sein.


C. W., III., »Haideröschen«. Sie wollen über jedes einzelne Gedicht Rechenschaft; ein bißchen viel verlangt, aber einem solchen Mitarbeiter thut man schon etwas zuliebe. Also aus dem »Haideröschen« packte uns besonders diese Stelle:

»Röschen neigt sich sanfte nieder
Aber brechen will es nicht!«

Nur noch mehr neigen, vielleicht geht es doch!


10 K. K., Fünfkirchen. Sie beschreiben das Papier auf beiden Seiten; die Redaktion bittet Sie, es auf keiner Seite zu beschreiben.


J. G., Wien. Hier Ihr Gedicht:

        Ein Spaziergang.
Ueberall, wohin ich meine
Blicke wende, sehe ich
Liebespärchen kosen, scherzen,

Ich allein nur wandle einsam
Und verlassen meine Bahn,
Und ich fühle tief im Herzen
Jener Worte tiefe Wahrheit,
Die ein großer Dichter sprach,
Daß »dem Glück geliebt zu werden,
Gleicht kein ander Glück auf Erden.«

Bitte, sagen Sie uns, wo Sie zu wandeln pflegen, wir möchten auch 'mal so was sehen. – Der von Ihnen citierte große Dichter hat doch so recht – warum haben Sie aber dann Ihr Gedicht überhaupt gemacht, wenn er Ihnen schon das Wort aus dem Munde genommen?


J. B., Budapest. Sie besingen den Aussichtsturm »Junge Warte.« Unser Recensent für Lyrik ist sehr unhöflich. Er macht nach »Junge« einen Beistrich, und das war die ganze Recension.


X. Y. in C. Ihr Gedicht »Übers Feld« stellt an den Leser zu hohe Ansprüche. Sie beginnen:

»Wie herrlich wogt es
Silbern und grün
Wie wonnig kost es
Bald her, bald hin

Das ist nett, ganz wie die Lawine, es kost einmal hin und dann her. Dann geht's weiter:

»Im weiten Gefielde
An Aehren reich
Wie Wassergebilde
Durch Windes Streich. 11

O flüchtige Schatten
In wohliger Flut
Wie nimmer ermatten
Das Auge ihr thut.«

Man kann konfus werden, die Situation wird immer unklarer.

»So steh' ich droben
Schau drüber hin,
Was lese ich oben,
Was woget darin?«

Wo droben, wo drüber hin, wo oben und in was darin? Endlich der Schluß:

»Wie schwer oft im Wogen
Des Lebens zu stehn,
Hoch drüber gezogen
Den Blick – o wie schön.«

O wie schön! Gewiß sehr schön, aber wie so »hoch drüber gezogen« – da kennt sich kein Mensch mehr aus. – Die anderen Gedichte waren nicht geeignet. –


Anna Cl.:

»O! laß der Rose ihr Verblühen
Und Ruhe gönne Deinem Herz – –«

Das nächste Mal dichten Sie aber uns zuliebe in einem solchen Falle (dem dritten!) »Herzen.« Das würde uns wohlthun, und wie Sie den Reim »Schmerz« bei Ihrer Version finden konnten, wird sich auch für den richtigen Dativ noch ein Reim finden lassen. Denken Sie nach!


Z. S., Wien.

»Doch nun ist das Pförtlein verriegelt längst
Die Nachtigall schwang ihr Gefieder,
Mich aber erfaßte Wehmut und Groll,
Da warf ich ins Feuer die Lieder.«

Ach, hätten Sie's doch gethan! Da hätten wir wenigstens kein Strafporto zu bezahlen gebraucht.


12 F. G., Linz. Auch für Ihre Gedichte mußten wir Strafporto bezahlen. Dazu erklären Sie noch, daß Sie nicht Abonnent sind. Nein, wie wir uns gefreut haben! –


J. F. – S. in W., »Ohne langer Einbegleitung« senden Sie uns Ihr Gedicht »Entsagung.« Es beginnt folgendermaßen:

»O sieh mir nicht liebend in's Auge,
Beu' mir nicht die brennenden Hände –
Ich darf dir die Meinen nicht reichen! – – –
Denn uns're Lieb' ist zu Ende!

An meine Weltwanderungs-Tage
Darf ich ja Dein Lieben nie binden.
Du könntest niemaln eine Heimat
An meiner Seite Dir gründen –«


L. A. M., Königinhof. Der Anfang Ihres Gedichtes scheint Ihr unbeschränktes Eigentum zu sein:

»O Dämmerung, du Schäferstunde,
Wo Tag und Nacht sich bräutlich minnt,
Und an des Himmels klarem Grunde
Das Abendgold zu Thau zerrinnt!«

für den Schluß haben Sie eine kleine Zwangsanleihe nicht verschmäht:

»Da löst von meines Herzens Grunde
Dein Bild sich los und füllet ganz
Den Träumerhang der Dämmerstunde
Mit seinem märchenhaften Glanz! –«


J. G., Wien. Sie senden uns folgendes Poem:

                  An Irma.
»Weil ich dich liebe, meid' ich Dich
Du liebst mich, weil ich Dich meid'.
Wie grundverschieden ist uns're Lieb'
O allerschönste Maid.«

Sie haben sehr recht, das ist allerdings ein großer Unterschied. Übrigens – mit uns läßt sich reden – wir wären auch bereit, Sie zu lieben.


13 J. S., Busovaca. Sie haben uns bisher drei Briefe gesendet und jedesmal schließen Sie: »Ich bin nämlich der Sohn des Gastwirthes Mathias Schwarz in Busovaca.« Anfänglich war uns diese für die Beteiligten sicher ganz erfreuliche Thatsache neu, jetzt bitten wir Sie aber doch, sie bei uns als bekannt vorauszusetzen. Wir freuen uns über die Thatsache, aber wir kennen sie nun.


Anna Cl. In Nr. 5 haben wir uns erlaubt, Sie an dieser Stelle aufmerksam zu machen, daß es nicht ganz zweckmäßig ist, wenn man dichtet:

»Und Ruhe gönne Deinem Herz – –«

Sie sind liebenswürdig genug gewesen, uns den Wink nicht übel zu nehmen. Sie schreiben: »Tausend Dank für freundlichen Fingerzeig!« und schicken nun das verbesserte Gedicht ein. Die Verbesserung lautet:

»O gönne ihn – daß es auch ruht!«

Das ist aber gar nicht liebenswürdig. Mit dem Dativ müssen Sie sich entschieden auf einen besseren Fuß stellen.


J. D. in H.

                Erinnerung.
»Ja das war ein herrlich Stündchen
      Als ich Dich so treu umfaßte
Und küßte Dir Dein rosig's Mündchen,
      Im Liebestaumel mich vergaßte.« u. s. w.

Herr, Sie vergassen sich!


H. B., Wien. Sie singen:

»Gar wundersame Lieder
Durch's Herze mein mir zogen.«

Warum haben Sie denn nicht diese aufgeschrieben? Die, welche Sie uns gesandt haben, taugen nichts.


M. H., Wien.

»Eile nicht so kalt vorüber!
Sieh' in's bittend Auge mir! 14
Schenk' mir einen Blick der Liebe!
Schenk' den Glauben mir an dir!«

Wir glauben nicht an Ihrer Poesie! Weiter:

»Den Sinnen weitet sich die Welt;
Stets größre Kreise zieht mein Geist!
Dem innern Aug' die Hülle fällt,
Die lebend Sein im Schein verheißt –
      Und nicht sagen können!
      Ach, nicht singen können!«

Das ist allerdings ein Unglück; leider hindert es Sie aber doch nicht, zu »sagen und zu singen.«


Josef H., Triest. Sie wollen uns den Mund wässerig machen. Erstens haben Ihre Gedichte von »berufener Seite« Anerkennung gefunden; zweitens werden Sie für Ihre Gedichte kein Honorar verlangen, drittens haben Sie bereits eine Novelle in Versen angefangen, die Sie uns auch in Aussicht stellen. Und nun sehen wir uns die Gedichte an. Zuerst:

                    Idylle!
»Aus dem weichen Moose hervor,
Sprisset die Waldrose empor.
Sie blühet alleine für sich, oh so sprich!
Könnt' sie nicht blühen für mich!«

Es kommt aber besser:

                                      Wunsch!
»Wenn ein höh'rer Geist doch meine Seele möcht' beleben,«

So was kann nie schaden.

»Des Dichters hoher Sinn möcht' über meinem Haupte schweben,«

Dort schwebt er vielleicht schon, das nützt aber nichts, drin soll er sein.

»Des Redners stets begeistert' Wort sich möcht' in meine Zunge legen,«

Hier wäre es umgekehrt besser; in der Zunge hilft das Wort nicht. 15

»Dann könnt' ich so Gottes Will' mich frei in dieser Welt bewegen.«

So Gott es will, könnte es dann ein anderer auch.
Weiter:

              An meinen Freund!
»Trennung duldet nicht der Schmerz,«

Schön, aber etwas dunkel.

»Und dein Grab ist hier mein Herz;«

Noch dunkler.

»In ihm lebst du und es trägt,
Dich solange als es schlägt!« –

Auch sehr schön, aber in einem Grabe pflegt man gewöhnlich nicht zu leben.

»Meine Liebe, wie ein holder Traum,
Erstirbt die Stimme – doch das Echo ruft:
Und lange schallen bis zum Sternen-
Himmel die Worte: Silvin! Liebe durch die Luft!«

Ein so sonderbares Echo könnte man für Geld hören lassen. – Notieren wollen wir noch zum Schluß, daß Sie unter Umständen entschlossen wären, auf die Liebste zu warten – »im besseren Dort!« –


R. E., Wien.

»Kann ich keinen Weg zur Rückkehr finden,
Die allein mir Ruhe brächte,
Bleibt mir stets versagt edles Empfinden,
Bannend des Gemüthes Nächte?«

Reimen reimt sich das allerdings, aber verstehen verstehen wir es nicht.


Z. S., Wien. Ihr »Lied der Freiheit« beginnt:

»Es hat einmal ein Aar gesungen
Ein hohes Lied vor Gottes Trohn –«

Was Sie nicht sagen! Man lernt doch nie aus! Also ein netter Singvogel ist entdeckt – der Aar! Und er muß sehr schön singen können, denn Sie versichern:

»Da lauscht entzückt jegliches Ohr.«

16 Wir haben auch Ihren übrigen Liedern nicht entzückt lauschen können.


L. F., Wien. In Ihren »Splittern« haben wir zu viele Balken gefunden.


J. F., Willendorf. Wir begreifen ja das Motiv vollkommen. Ihr Gedicht ist für eine Gesangs- und Deklamations-Produktion bestimmt, und da möchten Sie es den Arrangeuren gedruckt vorlegen – aber eigentlich ist das Motiv doch für Sie wichtiger, als für uns. Jedenfalls war es für uns nicht stark genug, den Druck durchzusetzen.


H. S., Wien. Ihr Gedicht beginnt:

»Nur einen Kuß, ach! gebe mir,
Du weißt ja doch, wie gut ich Dir,
Willst Du Dich dagegen streben
Und mir wirklich keinen geben?«

Wir hätten in diesem Falle »gieb« und »sträuben« gedichtet, aber das ist Ansichtssache, Geschmackssache – dagegen müssen wir aber auf Ihre freundliche Ankündigung, daß Sie immer bestrebt sein wollen, uns »mit diversen Gedichten« &c. zu überraschen, sehr ernstlich erklären, daß uns Überraschungen nicht bedingungslos angenehm sind.


R. R., Wien. Aphorismen sollten einleuchtender sein. »Der Mensch ist zum Leben geboren; ist doch sein erster Laut – ein Schrei.« Ja, was verlangen Sie denn eigentlich? Soll er gleich eine große Rede halten oder ein Trinklied singen?


J. K., 28., Prag.

»Und Alles schien mich zu beglücken
Und glücklich war mein Los,
Umrauscht von mildem Zauberduft
Der schönen Purpurros'.«

Eine Purpurros' kann ja ganz gut riechen, aber es heißt ihr zu viel zumuten, daß sie Ihr Los mit mildem Zauberduft gleich umrauschen soll.


17 A. B., Budapest. Sie besingen den »Zukunftsfrieden« und beginnen:

»In unheilvollem Meinungsstreit
Die Völker ihre Fürsten seh'n
In ihrem Verlangen nach Macht und Land
Wird der Friede untergeh'n.

Es schreitet durch die Welt, wie ein böser Gast,
Vom nahenden Kriege die Kunde.
Und pochenden Herzens, banger Seele
Erwarten die Völker des Kampfes Stunde.«

Sie haben sich da nur in der Kunstform vergriffen. Mit ganz geringer Mühe kriegen wir da einen Leitartikel aus denselben Worten: »Die Völker sehen ihre Fürsten in unheilvollem Meinungsstreit und in ihrem Verlangen nach Macht und Land wird der Friede untergehen. Wie ein böser Gast schreitet die Kunde vom nahenden Kriege durch die Welt und pochenden Herzens, banger Seele erwarten die Völker die Stunde des Kampfes. Kredit 370; Staatsbahn 348, Valuten versteift.« – Sie sehen, die reinste Prosa.«


K. B., Minden. Nicht minder melancholisch, als die vorerwähnten:

»Mich faßt ein eisiger Schauer . . .
O träumte ich den süßen Traum,
Bei Leichenstein und Lebensbaum,
Jenseit der Friedhofsmauer!«

Wir führen bitter Klage darüber, daß unsere Poeten uns nur ihre Schmerzen senden. Mit Schmerzen sind wir nunmehr auf drei Jahre hinaus versehen.


Alb. G–ß., Baden. »Ob ich die Wolken fragen soll?« – Nein!


K. S. in Prag. Ihr langes Gedicht haben wir gelesen. Das also ist Poesie, die berühmte Poesie, von der wir schon soviel gehört haben?!


18 J. P., Prag. In Ihrem »Winter-Traum« singen Sie unter anderem:

»Da glitt vom Auge mir der güld'ne Schein:
Der schöne Lenz zerrann in Lieder,
Und Winter prangt im weißbelaubten Hain
Und d'rinn die Fee im blauen Mieder

So, so, im blauen Mieder! Wir haben das nicht gewußt. Ihr »Winter-Traum« ist etwas unwahrscheinlich; Träume dürfen das sein.


Th. W., Budapest. Die »Lieder eines Arbeiters« haben uns nicht entzückt. –

»Frischauf, der Tag bricht sanft herein
Und mahnt an Müh' und Sorgen.«

Wenn er an so unangenehme Dinge mahnt, ist es hübsch von ihm, wenn er sanft hereinbricht.

»Bei Arbeit schläft sichs wohl und mild.«

Unsere aus verläßlichen Quellen geschöpften Nachrichten lauten anders; das ist einfach nicht wahr!


»RengisWien. Sie besingen die Eisblumen:

»Es stöbert in wolligen Flocken
Der blendend flimmernde Schnee,
Es brauset der Wind gar so heftig,
Als käm' er von der nordischen Höh!«

Er wird wahrscheinlich wirklich daher gekommen sein, und dann ist an der Sache nichts Wunderbares mehr.

»D'rum weil ich im frost'gen Winter
Kein duftendes Blümelein find',
So lieb ich die Blumen vom Eise –
Weil's doch auch Blumen sind.«

Das ist allerdings ein Grund, aber man darf diese Anschauung nicht verallgemeinern. Wenn wir keine guten Gedichte finden, lieben wir die schlechten deshalb doch nicht, weil's doch auch Gedichte sind.


Julius F–r, Braunau. Es macht uns glücklich, daß es Ihnen gelingt, richtige Lösungen unserer Probleme 19 einzusenden; unser Glück wäre aber vollständiger, wenn Sie noch eine Anstrengung riskieren und die richtigen Lösungen frankiert einsenden wollten.


Fr. Cr., Gaya.

»In Jugendlust lebt' ich dahin,
Beneidet nicht Kaiser noch König
Da kamst du mir in meinen Sinn,
Von meiner alten Jugendfreud' blieb mir nur, ach! sehr wenig.«

Sie räumen uns ein, zu Ihren Gedichten entsprechende Illustrationen anfertigen zu lassen. Wir schlagen vor: einige überzählige Füße, die mit der Poesie durchgehen.


Fr., Wien.

»Vom Himmelsblau
Aus der Wolken Grau
Der Regen rauscht.«

Das geht nicht; Sie müssen sich entscheiden, entweder für Blau oder Grau. Wir würden für Grau stimmen.


H. S–r. 1. Auch nach Amerika können Sie Zeitungen unter Kreuzband senden. 2. Im »Ständchen« rufen Sie das Liebchen zu einem Stelldichein. Die Situation ist dem Unternehmen günstig, die Vöglein sind still im Nest, alles schläft bereits. Kurz, Sie laden sie dringend ein und kommen endlich zu dem Resultat:

»Und mit dem Morgengrauen
Wird all' mein Glück beginnen dann.«

Entschuldigen Sie, sollte das nicht zu spät werden? Sie werden kein Glück haben, wenn Sie sich immer so lange Zeit lassen werden. – Auch das zweite Gedicht, in dem Sie erzählen, wie ein Jüngling ein Kind aus dem Feuer rettet, steht nicht ganz auf der Höhe der Bürgerschen Balladen. Es schließt mit den Worten:

»Diese That, welche ich hier vollbracht,
Geschah aus Menschenlieb'
Und kein Aug' nicht trocken blieb,
Als er diese rührend Worte sprach.«

20 Menschenliebe ist eine schöne Sache schon für sich allein, wie erst, wenn sie sich mit der Kenntnis von Grammatik und Metrik paart!


A. H., Warasdin. Ob Sie auf der von Ihnen betretenen »Bahn der Dichtung frohen Mutes fortschreiten können,« sollen wir Ihnen sagen; wir sollen einem »arbeitsamen jungen Dichter die Wege zum Ruhme ebnen und die Mühe so mancher schlaflosen Nacht belohnen.« Die Gedichte, die Sie senden, sind aus dem ersten Bande Ihrer Dichtungen und wir sollen Ihnen eine Verlagshandlung nennen, wo Sie Ihre »Produkte« nutzbringend anlegen können. Ihren Namen sollen wir nicht »ganz« unter die Gedichte setzen, weil Sie – seltsamer Wunsch! – bis zur Vollendung des dritten Bandes Ihrer Gedichte unbekannt bleiben möchten. Die Gedichte können wir nicht drucken, nur den Schluß einer Ballade:

»Ach die Armen, die nicht wissen,
Daß zum Unheil sie erkoren,
Bleiben bei den heißen Küssen,
Ganz so wie im Traum verloren.

Ritter Blödel, der schon lange
Dieser Beiden Liebe ahnt,
Schläft nicht, sondern steht am Gange
Und entsetzlich Rache plant.

Schaurig lächelnd stürzt herbei er
Mit dem grausen Mordgewehr,
Sticht den armen Ritter nieder
Und Don Jochann lebt nicht mehr.

Adelgunde, sehr erschrocken,
Fällt in Ohnmacht ganz betäubt,
Auch sie stirbt: das Herz gebrochen,
Ritter Blödel ist entweibt.

Knurrend zieht er sich zurücke,
Setzt den Dolch an's Herz sich an,
Spricht: ›O finst're Schicksalstücke,‹
Sterbend wie ein böser Mann.«

Für einen arbeitsamen jungen Dichter ist das nicht gar so gut. Der arme Ritter, der plötzlich entweibt war; wäre er früher gestorben, dann wäre sie entmannt gewesen. Schrecklich!


21 H. G., Wr. Neustadt. In einen privaten Briefwechsel über eingesandte Gedichte können wir uns nicht einlassen. Begnügen Sie sich mit dem Abdruck zweier Gedichte an dieser Stelle:

  »Mutter Natur.«
»Ist krank dein Herz,
Verwirrt dein Sinn,
Willst sinken du
In Ohnmacht hin:
Dann eile hinaus

Ganz vernünftig!

»Und weine nur
Am tröstenden Busen
Von Mutter Natur.«

Ach so! Wir waren auf anderes gefaßt. – Eines ist sicher: Mutter Natur tröstet.

                        Treue.
Zwei Mädchen einst liebten selbander
Einen Burschen in rührender Treu';
Sie liebten ihn beide so innig,
Daß brach ihm sein Herz schier entzwei.«

Ihm? Warum denn ihm?

»Als nimmer ertragen ers konnte,
Da stieg er hinab in die Gruft,
Um Ruhe zu finden und Frieden,
Bis einst die Posaune ihn ruft.

Zwei Mädchen heut' schmücken selbander
Ein Grab mit Blumen stets neu
Sie schmücken es schon viele Jahre
In rührender, ewiger Treu'.«

Den beiden Mädchen scheint also die Geschichte nicht geschadet zu haben. Merkwürdiger Fall!


M. Sch., Arad. Es zieht Sie »nach Süden.«

»Wo nur stets der Sonne Strahlen,
Lachend auf die Erde seh'n.
Und die Bäum', im Herbst, die kahlen,
Stets mit Laub, und grünend stehn.«

22 Kein schlechter Geschmack! Da möchten wir auch hin, »wo die Bäum', die kahlen, stets mit Laub und grünend steh'n.« Wenn Sie aber weiter singen:

»Sieh' die Vögel zieh'n nach Süden
Nehmt mich Vögel o! – mit euch!«

so verlangen Sie unbillig viel. Das geht nicht, und so leicht kommt man in unserm Jahrhunderte noch nicht um ein Reisebillet herum. Der Schluß kommt uns ungeheuer bekannt vor:

»Nach dem Lande der Kastanien
Und wo die Citrone blüht.« –

Ähnliches müssen wir schon einmal gelesen haben! – Aus dem zweiten Gedicht nur eine Strophe:

»Kleiner Hügel meiner Freude!
Immerwährend schmelzest Du!
Schicksal! – nach und nach sperrst Du die
Thür, die zu ihr führet, zu.«

Dieser kleine Hügel Ihrer Freude ist uns etwas zu – hoch. Vom dritten Gedicht »Sehnen« hat uns auch der Anfang schon genügt:

»Ach, wenn ich die grünen Wiesen
Und die Blumen alle seh'
Und wenn unter grünen Riesen
Auf den Vögeln lauschend steh'!«

Wissen Sie denn wirklich keine bessere Verwendung für die armen Vögel, als sich auf sie zu stellen, um zu lauschen. Was wird denn der Tierschutz-Verein dazu sagen?


L., Wien.

    Liebesbekenntnis.
Ja so wahr dies Gedicht
Ich Dir hab' geschrieben,
So wahr stets auf dem Papier
Dich nur will ich lieben.

Sie dichten mit ehrlicher Empfindung; das beweist das Maßhalten im Schwören. So wahr Sie dies Gedicht geschrieben – so wahr ich leb', das muß man glauben. Das beweist auch mehr, als der zweite Schwur; Sie wissen, in Österreich steht gar vieles nur auf dem Papier. 23

»O wärest Du meine Braut
Und ich Dein Bräutigam,
Wären wir doch schon getraut
Und ich Dein Ehemann.«

Nicht so stürmisch, junger Mann; bei Ihnen geht ja das mit einer rasenden Geschwindigkeit. Einige Strophen vorher erklären Sie, die Dame zum erstenmal gesehen zu haben. Wenn man Sie in dem Tempo noch eine Viertelstunde fortdichten läßt, so sind Sie bei einer zahlreichen Familie angelangt. Mensch! Wie wollen Sie die versorgen! – Der Schluß lautet:

»So nehme es aus meiner Hand
Es sei Dein dies Gedicht,
Erhalt' es als Liebespfand,
Nimm's und vergieß mich nicht!«

»Es sei Dein,« es gehört schon ihr, und hoffentlich vergießt sie Sie wirklich nicht, und auch dies Kind Ihrer Muse nicht mit dem Bade. –


A. K., Prag. Dichten ist ja gut, aber doch nicht gleich vierundzwanzig Folioseiten!


G. B., Linz. Sie dichten allerdings nur zweiundzwanzig Folioseiten, aber auch das ist schon zu viel.


J. A., Neusatz. »Hochgeehrte Redaktion! Auf dringendes Anrathen seitens mehrer Freunde übersende ich Ihnen beifolgendes, aus dem Innersten meines Herzens hervorgequollene Gedicht, mit der Bitte, dasselbe zum Abdrucke bringen zu wollen.« Bitte sehr, hier ist das Gedicht:

»Schier hatte die Allmacht übertroffen sich selbst
Falls auch Dein Herz und Gemüth dem blendenden Antlitze würdig.
Wohl wuchs ihm 's Selbstvertrauen, dem Schöpfer
Da legt er die Hände, die müden, müßig ins Schooß
Und das Vollbrachte bewundernd da freut' er sich grenzenlos.
O himmlisch hehres Wesen, holdestes Zaubergebilde
Andachtvollst fleh' ich Dich an: urteile über mich milde!«

Wenn sie nur halbwegs Geschmack hat, wird's Ihnen schlecht ergehen! 24

»Lass' mal des Blickes Strenge zerstieben in Staub und Spreu.«

Na, so laß doch 'mal – in Gottes Namen!

»Und lausche dem Schwur meiner Liebe auf unvergängliche Treu'!
Und nun steht es an Dir entscheidende Worte zu sprechen
Dir liegt es nun in der Macht beglücken mein Herz oder brechen

Böse Alternative – wir würden sogar das Brechen vorziehen!

»Drauf zu Boden sie heftet den wonnig züchtigen Blick
Und zitternd hauchen die Lippen erwiderte Liebe zurück.«

Also doch! Sie versteht nichts – gehört schon Ihnen.

»Des Lebens schwere Bürde wohlgemuth theilen wir dann
Und merken in seligster Trunkenheit gar nicht wie schnell es verrann!«


Emil B–r., Poststempel Felsö-Ör. Wir haben Ihnen schon einmal an dieser Stelle angedeutet, daß wir die Zumutung, über eingelangte Manuskripte durch ein Inserat in der »N. Fr. Pr.« Auskunft zu geben, doch für etwas zu stark halten. Sie sind aber hartnäckig – nun, wir auch. Die Manuskripte stehen zu Ihrer Verfügung.


F. K., Budapest, Da Sie meinen, für solche Gedichte Honorar beziehen zu können, möchten wir um Gottes willen alles vermeiden, was Sie aufregen könnte, ganz verschweigen können wir es Ihnen aber leider doch nicht, daß die Gedichte für uns nicht geeignet sind.


W. B., Wien. »Da ich in Stunden der Muße der Muse zu huldigen pflege, nehme ich mir mit den beiliegenden drei kleinen Kindern derselben die unverantwortliche Frechheit –«

Na, na, nicht gar so bescheiden!

»Auch gelobe ich mit den fürchterlichsten Eiden, keine, auch nicht die höchste Honorierung anzunehmen.«

Ein wahrhaft edler Charakter, aber die Gedichte taugen nichts!


L. A. M., Kroznowa. Wir haben Ihre Karte nicht recht lesen können und darum haben wir sie, da die Setzer 25 die besten Handschriften-Entzifferer sind, in die Druckerei geschickt und absetzen lassen. Sie lautet: »Löbliche und hohe Expedition und Redaction. Für ein vorzügliches Rittergedicht von ausgezeichnetem Beifall, den die prophetische Wahrheit von besseren künftigen Tagen erfolgreich begleitet; aus 1230 Versen zu 8 Zeilen bestehend »Alfonso Rektor und Alma oder Ritters Juans Kinder« betitelt und von hohem tendeziösem Rufe obwohl in dem Gewande der scheinbar überlebten Romantik, welche aber noch äußerst stark und leidenschaftlich gesucht wird, wenn sie nach Art der modernsten Dichter verfaßt erheiternde und entzückende Lektüre für das Herz und den Verstand bietet; bin ich geneigt, gegen ordentliche Bezahlung und Verwerthung des vortrefflichen Opus einen gefälligen und zuvorkommenen Herrn Verleger bei Euer Wohlgeboren weitgehender Beziehung zu suchen. Mit Hochachtung &c.«

Mit besonderer Befriedigung nehmen wir zur Kenntnis, daß Sie geneigt sind, einen so vortrefflichen Verleger zu suchen. Es könnte sogar geschehen, daß Sie ihn noch finden werden, wir wissen auch wo – aber das sagt weder die Redaktion noch die Expedition.


»Sebastian«, Hof.

            I. An Therese.
»In deinen Reizen Huldgestalt
Fühl' ich der Liebe Allgewalt
In deinen Herzen laß mich siegen
Und ewig dir zu Füßen liegen.«

Wie viele Herzen hat denn Ihre Liebste eigentlich? Und wollen Sie ihr in diesen Herzen zu Füßen liegen, oder nur so –?

II. An das verheiratete Liebchen.
»Ich hatte einstmals dich geliebt
Doch das ist schon sehr lange
Und so Erinnrung Kraft mir giebt
Geküßt auch deine Wange.

Ja! Liebchen warum küß ich nicht
Warum denn schon so lange?
Ei! – ich küß nicht der Braut Gesicht
Soll küssen er die Wange.«

26 Das wäre ja soweit in der Ordnung, aber konfus machen Sie uns doch. Erst stellen Sie uns ein »verheiratetes Liebchen« in Aussicht, dann reden Sie wieder von einer Braut unter erschwerenden Umständen. Ja, geehrter Herr, das geht nicht! Man muß etwas klarer dichten. Sehr gefreut hat es uns, daß Sie für Ihre trefflichen Gedichte kein Honorar beanspruchen. Ein so edler Zug thut in der heutigen Zeit doppelt wohl.


M. H., Wien. Sie schicken uns »Gedichte in Prosa.« Die Prosa haben wir gefunden, die Gedichte nicht.


B. P. in S. Sie schreiben: »Dürfte ich recht sehr bitten, mir bekannt zu geben, wohin ich ein Theaterstück (Lustspiel) einschicken könnte?« Antwort: Ein Theaterstück kann man an sehr viele Orte schicken. Nicht ganz unzweckmäßig wäre es vielleicht, es gelegentlich auch einer Theater-Direktion zuzusenden.


E. K., Budapest.

                Phantasie.
»Der Tag geht zur Rüste
Die Schatten sinken herab,
Die Abendwinde flüstern
Du armer armer Knab'.

Mir ist so weh' um's Herze,
Ich möchte laut aufschrein
Mein Lieb' hat mich verlassen
Ich kann ohn' ihr nicht sein.«

Warum den Dativ?

»Mein Lieb' hat mich verlassen,
Ohn' letzten Abschiedskuß,«

Warum den Accusativ?

»Sie winkte mir nicht einmal
Mit ihrer Hand ein' Gruß!«

Wahrlich eine Roheit!

»Die Nacht ist herabgesunken,
Stockfinster ist's um mich her
Ueberallhin ist es oede.«

Überallhin? Hm! 27

»Wie in meinem Herzen so leer.«
»Der Regen durchnäßt meine Kleider,«

Du armer, armer Knab'!

»Ich achte seiner nicht
Ich denke an mein falsches Lieb.
Verhülle mein Angesicht.«

Recht so!

»O, Mädchen wie hast du mir wehgethan
Mit Deiner Untreuheit,«

Untreuheit – niederträchtig!

»Es leidet mich hier nimmermehr,
In dieser schnöden Welt.«

Ich verhülle mein Angesicht!


K. M., Klagenfurt.

                An die Entfernte.
»Könnt' ich dir in's Antlitz schauen,
Heimlich deinen Weisen lauschen
Die der Schwermuth Fesseln thauen
Und mein junges Herz berauschen –«

Merkwürdige Sache! Thauen und berauschen; muß so eine Art Glühwein sein, und nicht einmal der thaut Fesseln.

»Würden nimmer stille Klagen
Meinem Herzensgrund entflieh'n
Würde nicht mit bangem Zagen
Wehmuth mein Gemüth umzieh'n.«

Schon fertig? Ist das alles? Nun, wissen Sie, sinnig sind Ihre Gedichte ja, das ist aber auch alles.


A. S., Wien. Ein ganz hübsches Gedicht, mit folgendem Schluß:

»Die Eine würd' es finden schier,
An die ich es verlor;
Behielt sie's, ach! und schenkte mir
Das ihrige dafor.«

Das wollte uns nicht gefallen; dadafor können wir nichts – es hat uns eben nicht gefallen wollen.


28 L. L., Wien. Hier Ihr Gedicht:

                    »Klage.
Ein steter Kampf ist unser Leben
    Sein Wert – Gefühl,
Wir ahnden, wünschen, hoffen, streben,
    Und sind am Ziel.«

Ahnden? Uns ahndet etwas Schreckliches – nämlich, daß Sie nicht wissen, was ahnden heißt!

»Oft keimt aus allen unsern Thränen
    Kein Glück uns auf,«

Allerdings, sehr oft!

»Oft schließt in ungestilltem Sehnen
    Sich unser Lauf.
Des Lebens Strom rauscht wild und trübe
    Durch Wüstenei'n,
Wir träumen Freundschaft, schwärmen Liebe
    Und sind allein,
Wir lieben, ach – und sollten hassen
    Zu unserm Glück
Was wir mit Innigkeit umfassen
    Stoßt uns zurück.«

Halt! Einen Augenblick! Wir müssen nachdenken. – – – – Es hat nichts genützt, wir verstehen es doch nicht.


K. P., Wien, Sie schreiben: »Geehrte Redaction! Ihre werthe Antwort habe ich im Briefkasten gelesen, muß aber gestehen, voll Beschämung. In meiner Unüberlegung habe ich Ihnen diese zwei schlechten Gedichte zurückgelassen, die wahrhaftig allzu miserabel sind. Ich sende Ihnen daher ein anderes Gedicht und ich hoffe, daß Ihnen dasselbe auch gefalle. Nachstehend das Gedicht:

              »Sehnsucht.
Mein Louischen ist gestorben,
Mein Herz ist freudlos, leer
Ich hab' ne Lieb verloren
Und finde sie nicht mehr.

Im Busen voll von Wehmuth
Steh' oft an Liebchens Grab 29
Und heiße Thränen fließen
Vom Aug' auf Wang' herab.

Ich bin des Wandelns müde
Das leidvoll und voll Pein
Kann auch auf dieser Erden
Wohl ohne Lieb' nicht sein.

Drum ist mein einzig Sehnen
Zum theuren Louischen nur
Das draußen Engel wiegen
Auf Gottes heil'ger Flur.«

Noch nie hat ein Dichter sich glänzender rehabilitiert.


H. v. S. Sie lassen Ihren Liebesschmerz im Liede austönen. »Ach diese Quallen, ich war dem Wahnsinn nah'!« Der Schmerz mag echt sein, die Orthographie ist es nicht.


J. J., Lemberg.

        »Auf dem Friedhofe.
Der Mai ist angekommen,
Die Blümchen blühen alle,

Doch traurig und beklommen,
Ich nach dem Friedhof walle.

Ich beuge mich dort nieder
Und ruf' in's Grab hinein:
Ach Liebchen komm' doch wieder
Und ende meine Pein.«

Sinnig!


Gustav R–n, Wien.

»Verurtheilet den Sünder
Doch denket Eurer Pflicht
Und hört die Gegenrede,
Bevor den Stab Ihr bricht«

»Ihr bricht« – das brecht uns das Herz!


A. M., Kroznowa-Lhota. Sie schreiben: »Könnte mir sehr gefällig Euer Wohlgeb. Güte und Großmuth dazu verhelfen, daß ich in kürzester Zeit mit meinem romantischen 30 Rittergedichte siegreich und tendenziös in die Oeffentlichkeit treten könnte. Da mir die seltene Ueberzeugung schmeichelt in hohem Grade dazu, daß mein ausgezeichnetes, erdichtetes, durchgefühlt nationales und (oesterreichisches) Opus hoch splendide Erfolge begleiten und strahlend es krönen müssen. Darnach muß ich auch mit meinen vorzüglichen Erstlingswerke mit vielem Beifall durchdringen. Es sind sieben Gesänge »Alfonso Hektor und Alma« betittelt. Mit Hochachtung Alois Montag. Mit Gottes Hilfe geht Alles.« – Sie haben uns schon wiederholt dieselbe Zumutung gestellt; da wir Ihnen aber nicht helfen können, veröffentlichen wir Ihre Zuschrift – vielleicht begeistert sich ein Verleger für Ihr Werk.


E. F. M., M. Tr. Sie singen:

»Wenn Du lächelst – bist Du schön,
Gleich der Frühlingsblüte;
Wenn Du lächelst – bist Du schön,
So voll Huld und Güte.

Wenn Du zürnest – bist Du schön,
Gleich dem Meeres Brausen
Wie des Donner's tumpf' Getön
Füllt die Seel' mit Grausen.
«

Das ist eine kolossale Leistung für ein holdes Lieb!


Dr. W., Wien. Sie arbeiten an einem Gedichte, von dem Sie bereits 23 Bogen fertig haben, und senden uns ein Bruchstück ein, damit wir entscheiden mögen, ob Sie weiter dichten sollen. Wir lehnen die Zumutung ab und bemerken nur, daß der wahre Dichter lediglich dem Gott in seinem Busen zu folgen pflegt, nicht aber den freundlichen Ratschlägen einer Redaktion. Schließlich glauben wir noch, daß, wenn man schon 23 Bogen eines Gedichtes gedichtet hat, man in Gottes Namen auf alle Gefahr hin die Geschichte fertig dichten sollte.


K. P., Wien. Zwei Strophen »An die Liebe.« Wir haben immer eine besondere Schwäche für die Liebe gehabt – hier die zwei Strophen: 31

»Träumend zieh' ich durch die Aue
Schweren Blicks und schweren Herzens,
Trüb erscheint, was ich erschaue,
Liebe, Urquell meines Schmerzens

Empfangen Sie den Ausdruck unseres Schmerzen, daß wir das nicht ganz verstehen.

»Liebe! sag', was soll'n die Leiden,
Deiner Küsse zehrend Glühen
Deine folgenbitt'ren Freuden
Unserer Herzen süß Verblühen?«

Das verstehen wir nämlich auch nicht. Es scheint, daß Sie irgend etwas sagen wollen, aber es ist Ihnen vorzüglich gelungen, das, was Sie ausdrücken wollten, in angenehmem, unklaren Dunkel zu halten.


Jos. Sch., Brünn. Ein Schnelldichter sind Sie gerade nicht. Sie senden uns jetzt, am 17. März, ein Gedicht: »Der Winter,« das also anhebt:

»Der strenge Winter zieht schon ein.«

In der That – schon? Zeitlich bemerken Sie das. Er kommt sogar »mit schnellen Schritten,« – merkwürdig!

»Und kennt kein Fleh'n, kein Bitten.«

Damit sagen Sie auch nichts Neues.

»Kein Halm sich aus dem Schneee reckt« –

Dem Geniee ist doch nichts unmöglich; doch Sie sollen selbst das Wort haben. Sie verdienen es:

»Mit Schnee ist nun bedeckt
Der ganze, große Hag,
Kein Halm sich aus dem Schneee reckt,
Verstummt der Nachtigallen Schlag.

Doch nicht die Nachtigall allein
Ihr Lied, verstummen läßt, die Vögel all
Thun es ihr nach, im ganzen Hain,
Hört man keinen Laut keinen Schall.

Höchstens hoch oben in der Luft
Hört man schreien den Rab'
Hinunter wie in eine Gruft,
Sein krächzendes Krab Krab. 32

Herum streift nur jenem Ort
Der Jäger und der Knall,
Der aus seiner Büchse ertönet dort
Ist dort der einz'ge Schall.

Denn der Jäger, die Pfeif' im Mund
Geht nun auf jenem Rasen
Und jaget nach mit seinem Hund
Den schnellfüßigen Hasen.«

Nun, wissen Sie, gar so sehr anschaulich und glaubhaft schildern Sie die tiefe Stille in der Natur eigentlich doch nicht. Nach Ihrer Versicherung – – »Hört man keinen Laut, keinen Schall,« dabei schreit höchstens der Rabe, der Jäger schießt, die Büchse knallt, der Hund wird vielleicht auch bellen – das ist doch schon etwas für eine Totenstille. Sie, lieber Freund, Sie könnten das Dichten eigentlich aufgeben.


A. B. in V.

»Im kranken Herz
Heilt er den Schmerz.«

Der Fall, der Heilung bedarf, ist kein schwieriger, aber er ist der – dritte, der Dativ.


S. D. A., Budapest. Das Gedicht, das Sie uns »in uneigennütziger Weise« übersendet haben, hat uns leider nicht gefallen können.


Gr . . . rg in E.– K.

»Ruhig muß die Hand des Jägers
Ruhig muß sein Auge sein,
Wenn er Beute will erjagen,
Muß er Ruh' dem Herzblut leih'n.

Ruhe muß der Mensch auch haben,
Wenn er sich begibt zur Ruh!
Bei tollem Scherz und wüstem Lärm
Schloß keiner noch die Augen zu!«

Furchtbar richtig! 33

»Ruhig muß die Meeres Welle«

Ja, wenn sie nur immer wollte! –

»Ruh'gen Sinn's der Schiffer sein,
Todverachtend und doch denken:
Immer an den Tod allein.«

Na na!

»Willst Du Ruhe, Ruhe suchen,
Steige in die Tief' hinab,
Ruhe wirst allein nur finden
Dort – in Deinem stillen Grab.«

Diese Empfehlung der Ruhe ist nicht gerade sehr verführerisch! –


B. J., Wien. Ew. Wohlgeboren belieben, wie folgt, zu dichten:

                              »Warum?
Schweigsam sind Perlen am Meeresgrund
Der Schwan auf blauer Fluth
schweigsam und stumm ist auch mein Mund«

Stumm und schweigsam – ist ein bißchen viel. –

»wenn dein leuchtender Blick auf mich ruht«

Auf mich ruht – so, so, hm!

»Und doch weiß der Schwan so herrlich zu singen«

Aber doch nicht, wenn er schweigsam und stumm ist? –

»wenn er einsam die See durchstreicht,«

Die See – oho!

»die Perle rührend zum Ausdruck zu bringen
den Schmerz, der sie zur Thräne reift.
«

Schön, aber etwas dunkel. –

»O frage nicht, warum die Schwäne nur singen,
wenn sie kein Sterblicher hört
warum nur weint die Perlenthräne
wenn sie kein Laut im Traume stört.«

Wir hätten so wie so nicht gefragt. –


34 Sz. Gy., Nagyvárad. Sie schreiben: »Geehrter Herr! Nehmen Sie an eine Beschreibung eines ungarischen gelerten? dessen Denkrede oder Lebensgeschichte in Budapest in der Akademie ist gelesen worden ungarisch, das übersetzte ich deutsch, es ist sehr interessant. Ich bitte auch höflichst wie wird ein Bogen gezahlt und wie soll ich es schicken? Auch bitte ich um eine baldige Antwort.«

Bitte, senden Sie uns das Manuskript nicht.


D. W., Wien XIX. »Ich schicke Ihnen hier einige Gedichte und wage sogar zu behaupten, daß sie nicht die schlechtesten lyrischen sind.«

                          »Frühlingslied.
Die kalten Nächt' vom Winter sind geschwunden
Und auch der Lenz hat sich schon eingefunden
Mit seinem Blüthenkranz im Haar.

Die Kranken werden bald gesunden,
Und Gottespracht und Herrlichkeit verkunden
Sie, die von jedem Frevel bar.«

                                      »Die Uhr.
Du verkündest in Schlägen, was eben die Zeit jetzt zeigte.
Ebenso geht es dem Mensch, drückt er die Augen mal zu.«

»Drückt es« wäre wohl richtiger. –

                          »Die Saat.
Den Kressensamen streut der Gärtner aus
Und rings umwuchert er das ganze Haus
So gehts dem Mensch, dem Wohlthat man erweist,
Den Wohlthäter den guten er bald beißt

Was wollen Sie nur immer von dem Mensch? Und nun gar gleich – beißen!


A. U. in M. Ob Sie Talent haben? Sie dichten unter anderem wie folgt:

                        »Sprüche.
Wem nie des Schicksals Macht noch traf,
Der mög' sich dieses Vorzugs freu'n
Doch hüten auch, denn oft im Schlaf,
greift wechselvoll die Schickung ein

Sehr richtig.


35 J. A. R. in T. Hier das Gedicht:

              »Mein Wunsch.
Ein Häuschen still' am Waldesrand
    Ein Bächlein rieselt neben
Der Freuden sind Dir viel genannt
    Doch kann es Schönres geben?«

Zwei Häuser an zwei Bächen!

»Ein Weibchen, das nicht fehlen darf
    Mit seinen Rosenwangen
Und was Genügsamkeit bedarf
    Das wünscht' ich zu erlangen.

Ein Weibchen das mir lächelt
    Wenn ich die Schwell' betritt«

Ich betritt? Nein – ich bin betreten.

»Mir weg den Kummer fächelt
    Den Draußen ich erlitt.

Und wenn wir einst ermüden
    Vom Kampf des Lebens müd
Ein Kindlein bleibt hienieden
    Zur Ruh' uns legt in Fried.«

Dahin wollen wir auch dies Gedicht legen – zur Ruh' in Fried'.


A. v. W., Wien. Sie fragen:

1. Zieht die Redaction Einsendungen mit deutschen oder mit lateinischen Buchstaben vor? – Der Redaktion ist das ganz einerlei, da sie sowohl die deutschen, wie die lateinischen Buchstaben lesen zu können in der angenehmen Lage ist. Sie legt nur einiges Gewicht darauf, daß die Einsendungen deutlich geschrieben und reinlich seien; auf massenhafte Verwendung von Streusand legt sie dagegen kein großes Gewicht.

2. Ob Sie einem namhaft gemachten Verein beitreten sollen – auch das ist der Redaktion ganz egal.

3. Ob Ihnen der Beitritt zu dem Vereine nützen kann – das weiß die Redaktion nicht.

4. Ob Sie annehmen sollen, ob Ihr Name schon ein 36 ganz klein wenig bekannt sei – die Redaktion hat wenigstens nichts dagegen.

5. Die Anfrage wegen der Gedichte wird dahin beantwortet, daß dem Autor stets nach Abdruck Belegexemplare zugesandt werden.

6. Ihre eingesandte Änderung eines Kapsel-Rätsels dürfte der jetzt auf Urlaub befindliche Rätsel-Redakteur richtig erhalten haben.

7. Ob Sie vom Rätsel-Redakteur ein Autograph erhalten könnten? Das wissen wir nicht, er ist auf Urlaub.

8. Ob vom Chefredakteur ein Autograph zu haben wäre? Er ist ebenfalls auf Urlaub.

9. Wie spricht man schriftlich jene Dichter an, die keiner Redaction vorstehen? Wenn man nicht zufällig Bruderschaft mit ihnen getrunken haben sollte, wird man doch wohl »Sie« zu ihm sagen müssen. Sozusagen und gewissermaßen sind sie ja doch auch Menschen . . .

10. Wie spricht man Schauspieler an? Ungefähr so, wie die Dichter, die keiner Redaktion vorstehen.

11. Gedichte mit Dank abgelehnt.

Wenn Sie wieder Fragen zu stellen haben, geehrte Frau, dann – Geduld – Luft!


J. N., Prag-Smichow.

»Du sollst es nicht wissen!
Du sollst es nicht wissen
Wie lieb ich Dich habe
Ruhig will ich Dein denken
In Dich mich versenken
Nie sollst Du es wissen
Wie lieb ich Dich habe
Drum schreib' ich's hier nieder
Mach Alles zu Lieder
Denn Du sollst nie wissen
Wie lieb ich Dich habe
Gleichwohl wirst Du's ahnen
Den Weg wirst Du bahnen
Doch darfst Du nie wissen
Wie lieb ich Dich habe 37
Du sollst nicht erst fragen
Du mußt doch entsagen
Drum besser Du weißt nicht
Wie lieb ich Dich habe.«

Sie führen da eine nette Nuance in die Poesie ein: das Dichten mit Vermeidung aller Beistriche und sonstiger Interpunktionszeichen. Wenigstens ist diese Art nicht allzu anstrengend.


F. G., Wien. Sie belieben zu dichten:

    »O, schönes dunkles Auge.
O, schönes dunkles Auge
Strahlst in deiner schönsten Pracht.
Wie die hellen Sternlein
In der schönen tiefstillen Nacht.

Wie der Silbersterne
Goldener
Strahlenpracht
Strahlt dein Aug' von ferne
Daß ein Herz zum Brand entfacht.«

Daß das dunkle Auge so strahlt, wie die hellen Sterne, wollen wir zur Not noch glauben, aber mit der goldnen Strahlenpracht der Silbersterne muten Sie uns entschieden zu viel zu.


Fr. Fr., Wien.

  »Die vier Jahreszeiten.
Der Lenz hat gebracht
Die Blüthenpracht

Das pflegt nun allerdings so zu sein!

»Die erste Frühlingsnacht
Hat mir nur Leid gebracht. –
Der Schnee ist verglommen

Oho!

»Ich habe Ruh' bekommen
Die Freud' ist gekommen. –
Der Sommer hat's genommen.

Natur im Herbsteskleid
Bracht mir das größte Leid,«

Sie haben offenbar kein Glück mit den Jahreszeiten! 38

»Natur und Herz zugleicher Zeit
Haben verloren die Schneid!

Du Winter lieblicher Greis
Du machst die Thräne zu Eis
Mein Herz aber weiß,
Der Frühling schmelzet das Eis.«

Ihr Herz ist fabelhaft scharfsinnig!

»Sehen Sie, durch dieses Gedicht können Sie einen Einblick in mein Inneres erhalten!«

Hat uns sehr gefreut.

»Ja, ich hab' fast lauter melancholische Sachen, die gelingen mir am besten. So sagen es wenigstens meine Freunde. Aber ich glaube, ich bin auch Humoristiker. Ich werde Ihnen einmal ein humoristisches Gedicht senden.«

So neugierig waren wir noch nie!

                  »An Mathilde.
Als einst zur Maienzeit
Die Sonne lächelte so süß
War mir an deiner Seit'
Das Leben wie im Paradies
Du holde Maienkönigin
Mit Blumen schmücktest Du mein Leben!
An meinem Herzen drin
Da sproßten neu des Glückes Reben
–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
»Und lauter wird des Herzens Klopfen
Da ich jetzt seufze diese Zeilen,
Dem Aug' entquellen Thränentropfen –
Wo magst du jetzt wohl weilen?«

Das scheint aber noch nicht der Humoristiker gedichtet zu haben.

»Honorar verlange ich nicht einmal. Ich habe Ihnen schon einmal aus Olmütz etwas gesandt.«

Kein Honorar – und sogar aus Olmütz haben Sie uns einmal schon etwas gesandt! Es giebt doch noch Männer in Österreich!


Dr. E. v. F., Karlsruhe. Sie senden uns ein ganz unleserlich hektographiertes Gedicht »Ein Gruß vom Berge,« das mit den Worten beginnt: 39

»Mädchen mein Leben
Mädchen, wie streben –«

u. s. w. Mit dem Gedichte traf folgender Ukas ein:

»Den p. p. Redactionen erlaubt sich der Verfasser, beifolgendes Gedicht zum Abdruck zu überlassen unter folgenden Voraussetzungen:

1. Einmaliger Abdruck 100 Mark – 10 Exemplare frei.

2. Dem Autor bleibt anderweitige Verwendung überlassen, und volles Eigenthum.

3. Autor gibt hingegen die Zusicherung, daß dies sein Gedicht bis heute noch unveröffentlicht ist.

Karlsruhe (Baden) den 20./VII. 1891.

(Unterschrift)

Zur Beachtung

Vom Namen des Autors sind dem Gedicht in jedem Falle die Initialen E. v. F. beizusetzen. – Im Auslande darf der ganze Name, im Inlande dieser nur mit besonderer vom Autor einzuholender Erlaubnis angefügt werden.«

Das scheint uns eine äußerst günstige Methode zu sein, ein Gedicht »Gruß vom Berge« bei den Redaktionen anzubringen, die bekanntlich förmlich lechzen nach so einem Gedicht »Gruß vom Berge.«


N. F., M.-W. Sie besingen den Juni im August und verlangen, daß das Gedicht unverzüglich gedruckt werde. Jetzt nützt die Eile doch nichts mehr; Sie hätten sich eben früher besinnen sollen; allerdings kommen solche Dichtungen nie zu spät:

                        »Juni
                            I.
Die Linde blühte, die Lerche sang,
Die Blumen blitzten in Sonne;«

In Sonne haben Sie geblitzt – das ist ja sehr schön!

Der Frühe jugende Wonne
Durch Mark und Geblüte drang.«

So eine jugende Wonne thut ungeheuer wohl!

»Es hob die Brust sich hoch und gesund«

Gesund, Gott sei Dank! 40

»Von stolzem Hoffen durchzogen
Sowie die Wolken flogen
Silbern auf blauem Grund.
Die Sonne küßte Kuß um Kuß,«

Ja, die Sonne!

»Ich wanderte durch die Büsche,
Froh, frei, wie die Silberfische
Im Bäume spiegelnden Fluß.

Ich flog dahin, weltlustdurchglüht.
Ich flog, wie die Schwalbe im Märzen –
Die theuerste Last im Herzen
Und Lerchen im grünen Gemüth

Also auch im Gemüt einen Vogel! Und grün war auch das Gemüt? – Wir hatten es uns aber gleich gedacht!

–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
»Ich lauschte, die Quelle plauschte
Aus meiner Liebe Mär',
Von Kuß und Herzbegehr,
Verständig die Eiche rauschte.«

Also es ist da doch wenigstens etwas verständig – brave Eiche!


N. P. in W.-N.

              »An die Musick!
Musick! O edle, freie Kunst Musick!
Wie lausch' ich deinen Tönen trunken!
Sie bringen einen Himmel mir zurück
Der längst zerstoben und versunken.«

Das hohe c in Ihrer »Musick« ist überflüssig; auch die »Mondnacht« würde eine orthographischere Würdigung verdienen.


X. 22, Wien,

»Verehrte Redaction!

Da ich in der angenehmen Lage bin ihnen einen Gedicht zu schicken so thue ich dis mit dem greßten Vergügen. 41

            Mein Liebchen
Die Haare meines Liebchens
Gleichen dem Heer von Sterne
Sie sagt mein holdes Bübchen
Ich habe Dich so gerne.

Und ein Epigramm.

Hier liegt mein Weib das doch erst starb doch niemals ich liebte
Gab sie im Leben nie Ruh thut sie dis sicher im Grab –

Dis gehert zu meinen besten Dingen wünschen Sie noch etwas auf jeden Fall schreiben sie unter X. 22.«

Um Gottes willen, wir wünschen nichts mehr! Die »hochwohllebliche« Redaktion begnügt sich mit dem obigen vollkommen.


N. E., Arad.

            »Liebeswerben.
Milde Frühlingslüfte wehen.
In die Brust mir Liebesmuth
Um das kleine Herz zu blähen
Mir als Segel auf der Flut
Wo ein Sturm durch liebe Blicke
Deiner Augen ward entfacht.«

Sie muten mit ihrem Bilderreichtum der Phantasie des Lesers ein bißchen zu viel zu!

»Muthig trotz' ich dem Geschicke
Wenn dein holdes Antlitz lacht
Mir entgegen. Nur ein Hauchen
Von den Lippen purpurroth
Lass' den Mund ach, einmal saugen
Gern erduld' ich dann den Tod.«

Saugen? Sind Sie ein Säugling? Wir haben schon gelesen, daß man für einen Kuß ein Opfer bringt, aber für einmal saugen – !??? –

»Deiner Haare schwarze Wellen
Lass' sie schaukeln meine Seel'
Als ein Kahn auf Liebeswellen,
Dessen Ruder – Deine Seel!«

Die Seele der Geliebten ein Ruder! Ein solches Geruder gefällt uns nicht.


42 F. G., Wien.

              »An die Nacht!
Die Nacht ist kalt und schaurig
Die Lüfte schweigen bang,
Mein Herz das schlägt so traurig
In tiefer banger Ahnung.«

Wirklich traurig!

»Ich fühl' in meiner Brust ein leises beben,
Mein Herz das ist fast krank«

Gott sei Dank, also nur fast!

»Wie sturmbewegt ist doch das Leben«

Ach, jawohl!

»Mein Busen tobt im wilden Brand.«

Der arme Busen! Übrigens, wie kommen Sie dazu?

»Du Herz du klopst so innig«

Du klopst?

»Lieblich tönet durch die Nacht
Eine fröhlich schöne Weise,
Mein Herz das bebet, innig sacht,
still durch den Abend leise.«

Ein wahrhaft edles Herz, das gleich nur so innig sacht und still leise durch den Abend hinbebet.


A. R., Graz. Sie dichten:

      »Titel nach Belieben.
Welch ein reizend Götterbild
Zeigt sich meinen trunknen Blicken
Schönheitstrahlend wie die Venus
Da sie aus dem Meer entstiegen!?
Doch es ist ein menschlich Wesen«

Was Sie nicht sagen!

»Das sosehr mein Herz entzücket
Menschlich Wesen, das an Schönheit
Alle Götter übertroffen –«

Na, na! 43

»Tief vor Dir im Staube liegend
Abgott meines Herzens fleh' ich
Sieh' herab auf mich Entzückten
Der Dich als sein Gott verehrt.«

Eigentlich doch mehr als Göttin!

»–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
Holder Engel laß Dich bitten
Habe Mitleid mit mir Armen
Laß mich der so viel gelitten
Keusch an Deiner Brust erwarmen.«

Das könnte zur Not noch gestattet werden!

»Laß Dich küssen, laß Dich kosen
Laß mich Deine Füße küssen,
Küssen Deines Mundes Rosen
Niemand braucht es ja zu wissen

Warum wollen Sie denn ein Geheimnis daraus machen, wo Sie doch so keusche Absichten haben? – Übrigens war Ihre im Begleitbriefe geäußerte Besorgnis unbegründet; wir haben bei Ihrem Gedichte durchaus nicht an Heine gedacht.


M. D., Meidling. Sie schicken uns ein Gedicht, »in der Hoffnung, keinen Fehltritt begangen zu haben.« Wir haben das Gedicht gelesen und gefunden, daß Ihre Hoffnung sich nicht erfüllt hat.


J. G. K., Wien. Ihr wahrhaft köstliches Gedicht ist uns nur zu lang, sonst müßte es in voller Ausdehnung her. So aber müssen wir unsere armen Leser auf schmale Kost setzen, indem wir ihnen nur einige Proben vorlegen:

»Das Bächlein rinnt, das Wasser rauscht
Am Ufer liegt ein Knab' und lauscht.
Es quirlt so lieb der Welle Flut
Es tummelt lustig der Tiere Brut.«

Wen?

»Sehnsüchtig sieht der Knab' hinein
Ins frische, frohe Waesserlein; 44
Und jede Welle zum Gruß ihm winkt,
Drauf summend ihm zum Abschied singt.«

Worauf?

»Heisa, wie hüpft ihm da das Herz!
Es blitzt sein Aug' wie blankes Erz,
Und jubilierend, jauchzt er laut,
Mit schoenem Mut er vor sich schaut.«

Warum?

»–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
»Eine Traene perlt, er seufzt, er stoehnt,
Da d'rin im Innern gewaltig es droehnt;
Doch während der Trauer war gar sacht,
Die Kühnheit in der Wieg' erwacht.

Und flammend fließt's in feuriger Schrift
In gold'nen Lettern durch die Lüft.
Erhabene Herlichkeit ihn verklaert
Ein zürnend Sehnen ihn verzehrt.«


A. J. W., Wien. Wenn Herr Rosner eine so gute Meinung von Ihren Gedichten hat, warum druckt dann er sie nicht? er ist doch Verleger? Wahrscheinlich wird auch er in Versen ein Haar finden, wie:

»Frisch ihr hellen Wasserstrahlen
Frischt die staubbewölkte Erd'.
Wann wird mir ein Tröpflein fallen
Lebensglück am eig'nen Herd?«

Es giebt viele solche Leute. Wenn Sie ferner dichten:

»So komme trauter Wanderstab
Aus dunkler Eck' hervor,
Mit dir stieg Berge ich hinab
Und klomm sie oft empor,«

so muß sich jeder fragen, ob Sie auf einer Alm zu Haus sind, da Sie erst von den Bergen herunterkommen und dann erst hinaufzugehen pflegen. Es giebt viele Menschen, die's umgekehrt machen. –


J. H., Wien. Ihr »Leid« war auch unser Leid. Teilnahmsvoll sei eine Strophe dargeboten: 45

»Einst ja einst da blickte mich
An das Augenpaar so wonnevoll
S' Augenpaar dem all mein Glück
All mein' Erden Seeligkeit entquoll.«

S' Augenpaar ist sehr gut!


H. H., Wien.

»Ewigen Frühling will ich sehen
Kann das Sterben nicht ertragen.«

In der That, das Sterben kann der Zehnte nicht vertragen.


J. N., Wilkischen.

        »Meine zweite Schöpferin.
Ist die Zeit auch längst entschwunden
Die zwei Seelen rein verbunden,
Bleibst du doch auch mein Genius! –
Meiner Seele Hochgenuß.
Leuchtest mir den finstern Pfad
Zu meiner Mutter Schoß hinab.«

Der mitgesandte Aufsatz ist mit Dank abgelehnt. Die Nachricht, daß Sie drei Roman-Manuskripte von 50 bis 90 Bogen Stärke im Pult liegen hätten, hat uns vorläufig nicht erschreckt, da Sie nicht die Absicht äußern, sie uns zu senden. Wir geben Ihnen bei diesem Anlaß zu bedenken, daß wir mit Wissen Sie niemals gekränkt haben.


D. H. W., Wien.

                    Lied.
»Es küssen sich zwei Tauben
Auf einem Schindeldach.
Nun machen wir es ihnen nach!
Willst du's erlauben?«

Wir können nicht glauben, daß sie auf das Schindeldach wird steigen wollen.

»Du lächelst und thust winken,
Daß ich nur ruhig bleib',
Pst! sachte laß mich, herrlich Weib,
Vom Mund dir trunken!«

Sie haben so unbequeme Neigungen. Aus einem Glase trinkt sich's viel leichter. 46

»Sieh' nur wie jetzt die Beiden
Nach uns verwundert schau'n!
Wir machen's so wie ihr nur traun;
Mögt ihr's nicht leiden?«

Die Tauben werden ganz gewiß nichts dagegen haben. Aber ist sie denn wirklich auf das Schindeldach gestiegen, oder hat sie sich für eine bequemere Methode entschlossen?


G. E. T. in B. »Herbstlied« mit Dank abgelehnt. Daß Sie nach Ihrer Überzeugung »auf dem Gebiete des Dramas bedeutend vorgeschrittener« sind, als in der Lyrik, war uns ein rechter Herzenstrost. Aber deshalb doch keine Dramen schicken!


L. Gr., Wien. Beide Gedichte sollen Platz finden, verehrter Herr.

I. »Warum die Gräser weinen möcht' ich wissen.
Warum die Gräser weinen möcht' ich wissen,
Wenn ich des Morgens nach dem Walde geh';
Ist's, weil der Mond vor Kurzem erst verblichen,
Ein nachempfund'nes, tiefes Abschiedsweh?

Ist's weil die Sonne wieder freundlich scheinet,
Sind's Freudenthränen, die ich blinken seh?
Warum die Gräser weinen möcht' ich wissen,
Wenn ich des Morgens nach dem Walde geh'?«

  II. »Im Aug einer zarten Rose
Im Aug' einer zarten Rose
Des Morgens ein Thränchen stand.
Ist das eine Abschiedsthräne
Weil der Mond von hinnen schwand?

Ist das eine Freudenzähre,
Weil die Sonne wieder scheint?
Wer mir nur sagen könnte,
Warum lieb Röschen weint?«

Wenn wir etwas bedauern, so ist es nur, daß Sie das schöne Thema so bald fallen gelassen haben. Welche Perspektive! Die möglichen Variationen sind unerschöpflich. Warum weint die Lilie, das Veilchen, das Maiglöckchen u. s. w. u. s. w? Bitte, dichten Sie doch weiter.


47 M. K., Wien. Wir sollen Ihnen die Adresse der Redaktion bekannt geben! Sie scheint Ihnen doch nicht ganz unbekannt zu sein, nachdem Ihre briefliche Anfrage richtig adressiert war und uns richtig zugekommen ist.


A. M., Wien. Ihr nachfolgendes Gedicht hat einen außerordentlichen Vorzug, den der Kürze:

»Im Wald, im trauten Walde
Da ist's so schön, so still!
Da kann man denken und träumen
So viel und was man will.«

Das ist unzweifelhaft richtig, aber eine Anstellung können wir Ihnen auf diese Probe hin doch nicht anbieten, wie Sie es wünschen.


J. J., Wien. Sie schreiben: »Durch Ihre Antwort in der letzten Nummer Ihres Blattes ließen Sie mich erkennen, daß Sie höchst wahrscheinlich über das Wesen des Hexameter eine andere Meinung, wie die bisher allgemeine, haben, und ich ersuche Sie höflichst, mir gefälligst sagen zu wollen, wie denn eigentlich ein Hexameter gebaut sein soll! Ich bitte aber, mir diese Frage gewiß zu beantworten, da ich im entgegengesetzten Falle zu einer anderen Meinung berechtigt wäre.« Wir müssen es leider ablehnen, Ihnen unsere Meinung zu verraten, wie ein Hexameter gebaut sein muß.


W. B., Karlsbad. »Im gütigen Entsprechungsfalle« sollen wir Ihr Gedicht aufnehmen. Der Entsprechungsfall war gütig, hier das Gedicht:

              »Mein Wollen.
Ich wollte, daß ich anders wär'
in meinem Thun und Lassen:
doch das, was stets und immer quer
mir hingelegt und her,
ermannet mich zu fassen:
    »so ist dein Tun und Lassen.« –

Ich hoffte meine Stellung oft,
ja oft schon zu verbessern: 48
doch hatt' ich stets umsonst gehofft,
konnt' sie mir nie vergrößern. –

Ich wollte mich der Lieb' ergeben,
wollt' derlei mir erstreben;
doch hatt' ich stets derart das Glück,
nie umzugehen mit Geschick. –

Ich wollte mich dem Sonnenschein
gar oft schon und erfreu'n;
Doch war mein Freuen stets betrübt,
weil Witterung getrübt geübt
. –

Ich wünschte mir paar Tausend Geld,
wollt' Häuser mir erbauen;
doch hatt' man mir stets hingezält,
um's trübe anzuschauen. –

Ich wollte eine Rose eben
in einem Garten pflücken;
doch hatt' ich stets vergeb'nes Streben,
es konnte sich nie schicken. –

Und kann es denn nicht anders sein?
so will ich ruhig warten:
auf Stellung, Liebe, Sonnenschein,
ein Häuslein, Geld und Garten. –«


J. O., Wien. Aber mit Vergnügen veröffentlichen wir Ihr »hübsches« Gedicht:

                »Der arme Prinz.
Als ich noch ein Knabe war,
Glänzte mir das Auge klar,
Aber jetzt als alter Mann
Ich nicht einmal gehen kann.

Doch ich bin mit dem zufrieden
Gott schickte mir dies Los hinieden.
Ich war als Knab' ein Königssohn,
Jetzt der Leute Spott und Hohn.

Ich ging einst in meinen Jugendjahren
Fort und achtete keine Gefahren.
Da kam ein Zigeuner daher
Und band mir die Hände, meine einzige Wehr. 49

Ich rang wohl die Hände
Und weinte sehr
Doch der wilde Mann
Hatte kein Gehör.

Er führte mich hinein in tiefen Wald,
Da stand eine Hütte morsch und alt,
Er machte mich hier von Banden frei
Und sagte daß er jetzt mein Vater sei.

So lebte ich manches Jahr
Bis endlich ich eine Thür gewahr,
Hier entschlüpfte ich
Und da seht ihr mich.«

Auch das Schlußwort Ihres Begleitschreibens verdient veröffentlicht zu werden: »So Hochgeehrte Redaktion lautet mein Gedicht. Ihr seht wohl, daß ich nicht wie andere mir ein Buch zur Hilfe nehme, sondern habe es aus meinen eigenen Gedächtnisse rein niedergeschrieben, denn dichten mit Hilfe eines anderen ist soviel wie nichts. J. O. Beamtenstochter.«


A. H–h, Wien. Wir thun für Sie das Möglichste, indem wir nicht nur Ihr Gedicht, sondern auch Ihren Brief zum Abdruck bringen: »Geehrter Herr Redacteur! Sie werden es einem langen Abonnenten nicht übelnehmen, wenn er einige Verse, die gewiß nicht ganz zu verwerfen sind mit der Bitte einsendet, daß Sie, geehrter Herr Redakteur, Ihr Urtheil über die Vollkommenheit deßselben aussprechen. Wenn Sie auch mit krittischeren Blicken mein Poëm betrachten – Eines werden Sie mir doch hoffentlich zugeben, nemlich daß ich zu solchen Arbeiten Talent habe. (Zu solchen gewiß! A. d. R.)« Das Gedicht lautet:

»In einem Garten – im Sonnenschein
Das stund ein blaues Blümelein;
Es duftet keusch und duftet rein
Drum stund es ja – im Sonnenschein!

Die Sonne brannte heiß herab,
Des Weges kam daher ein Knab';
Der – riß das schöne Blümlein ab
Deßwegen war er ja ein – Knab. 50

Das war durchaus nicht ritterlich
Das Blümlein stöhnte bitterlich
Und dacht: »Ihr bösen Knaben ihr
Ihr habt fürwahr nicht viel – Manir!«

Das Blümlein er in's Knopfloch steckt –
Und später er sein Liebchen weckt!
Drauf geh'n sie betrachten die Blümelein
In einem Garten im Sonnenschein!

Da plötzlich bemerkt sie das Blümelein,
Entrissen dem Garten – dem Sonnenschein
–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
Sie dacht an seinen Flattersinn
Ein Herzschlag kam und sie sank hin.

An ihrem Grabe stund er und klagt er:
»Sie war doch ein edler Charakter!«
So er um sein Liebchen kam –
Drum verzehrt ihn jetzt der Gram!«

Treu meinem Wahlspruche »Fortuna Fortim adiuvit«(!) wage ich es, Sie zu ersuchen, dieses mein Poëm in der nächsten Nummer Ihres gesch. Blattes abzudrucken, oder doch mir Ihr Kritterium in der Correspondenz zukommen zu lassen! Mit Achtung (A. H–h.) k. k. Beamter.« – »Kritterium« überflüssig.


F. L. Ihr Gedicht »An die Pessimisten« ist ja ganz gut gemeint, aber Sie dürften schwerlich einen Pessimisten bekehren mit Strophen, wie:

»Im Sommer ziehe ich in's Feld
Und hilf die Garben binden,
Und mit den Dirnen kosse ich,
Hilf Ihnen Kränze winden. –«


Louis W., Wien. Aus Ihrer »Romanze« werden wir nicht klug. Ein Geier fällt ein Reh an, aber der Adler entflieht, weil der Jäger kommt. »Kuschen heißt er die Hunde« – das scheint uns doch nicht der rechte Romanzenstil. Er fängt ein Reh ein, das Rehlein wird gesund, das Rehkalb kriegt Heimweh, die Hindin geht durch. Nicht der rechte Romanzenstil!


51 M. Sz., Budapest. Wir haben nichts dagegen, wenn Sie dichten:

»Wier schaun hinaus, wier blicken nieder –
Doch überall die hehrste Nacht!
Wier küssen uns, lustwandeln wieder,
Ach, göttlich ist die Liebesmacht!«

Wir fügen uns auch, wenn Sie folgendes leisten:

»Nur der Mond, der sich nun klärte –
B'lauschte sie im Kahne d'rin.«

Aber als entschieden schlechten Geschmack müssen wir es bezeichnen, wenn Sie ein plumpes Plagiat begehen an einem erst vor einigen Wochen hier an dieser selben Stelle veröffentlichten Gedichte, das mit folgender Strophe begann:

»Warum die Gräser weinen, möcht ich wissen
Wenn ich des Morgens nach dem Walde geh',
Ist's weil der Mond vor Kurzem erst verblichen,
Ein nachempfund'nes tiefes Abschiedsweh?«

In Ihrer geehrten Dichtung heißt es:

»Warum die Veilche weinet, möcht' ich wissen,
Wenn ich des Abends in dem Parke geh'?
Ist's weil die Sonn' längstens sich verschliechen,
In gold'ner Farb' am Himmel nicht mehr steht?«

Ihr wahrhaft originelles Dichtergemüt äußert sich nun allerdings darin, daß Sie die »Veilche« für die »Gräser,« »Park« für »Wald,« »Abends« für »Morgens,« »Sonne« für »Mond« und »schon längstens« für »vor Kurzem« setzen, aber das ist noch immer nicht genug. Unnötig zu sagen, daß auch die zweite Strophe nach demselben Rezept gearbeitet ist.


L. W., Krakau.

                          »An die Berge.
Könnt' ich euch Berge euch alle umfassen,
Könnt' ich euch Thäler am Busen mein drücken
O dann möcht ich euch nimmermehr lassen
Ich wär' voll Jubel und voll von Entzücken,«

Es muß in der That ungeheuer angenehm sein, Thäler am Busen zu drücken; aber es können's sicher nur wenige. – 52

»Könnt' ich der Wälder Duft hier übergießen,«

Wie meinten Sie?

»Könnt' ich jetzt bannen die Schönheit der Fluren,«

Sie wünschen sich aber auch lauter so schwierige Sachen!

»Dann könnt' ich fröhlich und heiter genießen
Gehen des Ruhmes ja ewige Spuren. –«

? –

»Ich will im Walde jetzt ruhig nur harren,
Ich will nur horchen im Schatten verstecket,
Was ich gehöret gar sorgsam bewahren.

Doch wenn mich einmal zum ew'gen Genuße,
Einmal vom Tode der Engel erwecket
Dann sind vereint wir zum innigsten Kusse!«

Also so sieht ein Sonett aus! Aber warum heißt es »An die Berge?«

              »Gebe Acht!«

Was würden Sie von der Lesart »Gieb acht!« halten? Es ist nur so ein Vorschlag.

»Schön ja prächtig ist die Rose,
Herrlich ihre Farbenpracht,«

Jawohl! Anm. der Red.

»Einsam guckt sie aus dem Moose; –
Doch ich sage: Gebe Acht!«

Doch? Warum Doch? Wir verstehen dieses Doch nicht. Wahrscheinlich ist es das berühmte »tiefe Doch.« –

–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –
»Doch am schönen Blüthenhause

Schon wieder Doch!! –

»Noch verborgen nagt der Wurm,
Bald weht von dem duft'gen Strauße
Welke Blätter nur der Sturm,
Scheinbar sie uns nur entzücket«

Ach so!

»Hält uns noch in ihrer Macht,
Bald sie nicht mehr uns beglücket: –
Drum ich sage! Gebe Acht!«

So etwas kann man nicht oft genug sagen.


53 Cilly C., St. Pölten. Zur Aufnahme nicht geeignet. – »O Blümlein, traue dem Falter nicht,« heißt es im ersten Gedichte, im zweiten teilen Sie mit, daß des Vögleins Lied neue Hoffnung in Ihrer Brust erweckt, im dritten erklären Sie, daß des Liebchens Auge einem klaren See gleiche. Dagegen haben wir absolut keine prinzipielle Einwendung, nur wollte es uns nicht recht einleuchten, warum wir dafür Strafporto bezahlen sollen.


F. X. M., Wien.

»Ich war ein Narr! Mit meinem Herzen hast Du
Ein schändliches Spiel nur getrieben,
Die Zeit hat die Wunde geheilt, doch Du
Bist mit der Zeit – »sitzen« geblieben! . . . .«

Das ist eine schöne poetische Gerechtigkeit, aber kein schöner poetischer Rhythmus!


J. W., Wien. In Ihrem werten Gedichte ddto April a. c. machen Sie die Entdeckung: »Nach langem Winterschlafe das Veilchen froh erwacht!« So überraschende Wahrnehmungen soll man nicht so laut in die Welt hinausposaunen; wie, wenn auch andere Dichter sich dieses monumentalen Gedankens bemächtigen? Dann sitzen Sie da!


J. M–r., Brünn. Freundlichen Dank für Ihre erschöpfenden Auskünfte über den wahrhaft großartigen Aufschwung der amerikanischen Industrie. Besonders interessiert haben uns Ihre Mitteilungen über die Erfindung der künstlichen Hühneraugen, die gerade so weh thun sollen, wie die echten, und die den unschätzbaren Vorteil haben, daß man sie, wenn man es schon gar nicht mehr aushält, auch wieder ablegen kann! Endlich einmal eine vernünftige Erfindung.


J. M., Komotau. »Wo an ihrem Herz ich wein',« – es giebt auch Dichter, die in diesem Falle (dem dritten) »Herzen« sagen würden. In den folgenden Zeilen gefällt uns das Bild nicht: 54

»Könnt' ich die Schritt' bald lenken
Aus diesem Leidensmeer.«

Unter solchen Umständen ist Schwimmen zweckmäßiger. Das Gedicht: »Lob ihres Namens« ist etwas zu lang geraten. Vielleicht ist Ihnen mit dem Abdruck der ersten Strophe gedient

»Wie weich dein Name klinget
O Leni mild und zart!
Zum Ohre wenn er dringet
Er alle Musik spart


»Vorauszusehen«, Teplitz. Das war in der That vorauszusehen. »Glaubt sie nur – an meiner Lieb' und Treu'!« Wir glauben nicht an Ihrem dichterischen Schwunge.


P. A. N., Cilli. Ihr Gedicht »Das Maiglöckchen« beginnt mit den Worten:

»Was riecht dort auf der Wiese
So gut im Sonnenschein?«


Melas. Sie entschuldigen sich, daß Sie aus einem Vorrat von etwa hundert Gedichten nur fünf Stück eingesendet haben. Beruhigen Sie sich nur. Auf Ehrenwort, wir waren über die etwa 95 Stück zu Hause gebliebenen Gedichte nicht böse; die fünf gesendeten nicht geeignet.


V. F. F., Wien. »Ich bin erst zwanzig Jahre alt und trage außerdem eine unglückliche Liebe im Herzen.« Ersteres erfreulich, letzteres fatal, aber für uns kein ausreichendes Motiv, Ihre Gedichte zu veröffentlichen; für Sie aber auch keine genügende Entschuldigung für solche Verse.


»StrohblumeBielitz. Einunddreißigmal derselbe Reim in einem Gedichte – köstlich haben wir uns dabei eigentlich doch nicht unterhalten. Sachkenner behaupten, daß es doch noch größere Genüsse giebt.


55 K. G., Wien. Ohne Lupe nicht zu lesen. Es ist grausam, einer Redaktion ein solches Manuskript zu schicken; aber wenn die Not am größten, ist Hilfe am nächsten. Was thut Gott? Wir haben das Manuskript nicht gelesen.


R. M., Wien. In einem Blumenhain, in welchem Ihnen die »Stund'n« rasch entrinnen, sehen Sie eine Fee mit »groß'm« Gefolge.

»Ich ging an ihrer Seite zart
Und lauschte die Engelslieder,
Sie klangen so fromm, so bieder,
Ganz ganz melodisch nach Feenart.

Also bieder klingen die Engelslieder. Gut; wir haben nichts dagegen. Außerdem klingen noch »erhab'n« die Äolsharfenklänge.

»Plötzlich traut ich meinen Aug'n kaum
Denn ich war rasch vom Schlaf erwacht,
Verschwunden war die ganze Pracht,
Denn alles war ja nur ein Traum.«

Eigentlich ist's doch kolossal, was man so zuweilen erlebt. Also ein Traum war's nur! Wir hätten uns das nie träum'n lass'n. Wie gut war es doch, daß Sie plötzlich Ihren Augen kaum trauten!


E. in R.

»Sieh die junge grüne Erde
Mit dem rosigen Gesicht!«

Das geht nicht. Sie müssen sich für eine Farbe entscheiden. Was nennen Sie übrigens das Gesicht der Erde?


»Mädchen vom See.« Unglückliche! So viel auf einmal! Die Gedichte folgen mit Paketboot zurück.


»OttokarGraz. Sie haben reizende dichterische Eigentümlichkeiten: Papier auf beiden Seiten beschrieben; fingerdick Streusand, der sich in Sturzwellen auf unsern Schreibtisch ergießt; eine Schrift, von der ein kundiger Graphologe 56 bebaupten würde, daß sie Gott verboten hat; wie's mit dem Bilderreichtum bestellt ist, haben wir nicht ergründen können, aber die Fülle der Fettflecke hat uns imponiert. Sie haben uns eine rechte Freude bereitet.


J. M. »Brust, heut' wogst Du uns freudig und leicht!« So beginnen Sie Ihren Lobgesang auf die Ferien. Leider wogen die Verse nicht auch leicht.


A. K., Prag. Wir können dem Fluge Ihrer Phantasie nicht immer folgen:

»Doch einst da kam ein Ritter,
Ein Ritter so kühn und mild,
Der hatte ein reines Herze,
Es glich einem Sternenbild.«

Ein so merkwürdiges Herz haben wir noch nie gesehen. Also einem Sternenbild glich es – hm, hm!


J. W., Budapest. Sie senden Gedichte und gestehen gleich selbst, daß es nicht Ihre »besten Sachen« seien. Warum denn nun nicht? Wir sind furchtbar unbescheiden und wollen immer das Beste haben. Wir verzagen übrigens nicht, denn Sie versprechen, uns später eventuell noch andere Verse »hinaufzuschicken;« wir haben also noch eine Partie zu gewärtigen. Ihre jetzige werte Sendung ist uns zwar unbeschädigt zugekommen, aber die Qualität ist nicht entsprechend. Sehen Sie selbst:

          »Beim Erwachen.
Der Tag bricht an.
Mit frohem Schall
Verkündet ihn die Nachtigall
Und schwingt sich auf in's Freie.
Wer athmet, lebt,
Gehorcht ihr gern« u. s. w.

Wir haben uns bei Vogelkennern erkundigt und erfahren, daß die Nachtigall sich gewöhnlich nicht auf das Geschäft einläßt, den Tag zu verkünden, sondern daß sie das in der 57 Regel der Lerche oder sonst einer Kollegin überläßt. Näheres über diese Streitfrage vgl. Shakespeares »Romeo und Julie«: »Die Lerche ist es, nicht die Nachtigall!« –


J. G., Wien. Sie schreiben unter anderem: »Ich bitte um Veröffentlichung meines werthen Namens.« Soll besorgt werden.


M. Sch., Wien.

»Und ich hör' die Donner grollen,
Seh' schon ferne Blitze glü'hn,
Wie sie aus dem übervollen Herzen
wetterleuchtend sprüh'n!«

Sofern es Ihr eigenes Herz ist, in dem sich das Donnerwetter gesammelt hat, kann doch die Entfernung nicht gar so beträchtlich sein!


»A–aWien.

»Seltsam hab' ich mich verändert,
Kaum erkenne ich mich mehr,
Trüb die Augen und umrändert,
Wüst im Kopfe, dumpf und schwer.«

Wir dachten, es hätte ein schweres Zechen gegeben, aber es handelt sich nicht um lamentatio felium, Sie haben sich einfach verliebt, das kommt öfter vor.


»OguhWien.

»Hört man nicht selbst manche lachen
Ueber Gott und heilige Sachen?«

Gewiß eine traurige Thatsache, aber es liegt kein Hindernis vor, sie etwas poetischer auszudrücken. –


W. L., Wien. Sie erzählen uns in Ihrem Briefe, daß Sie schon einmal einer Redaktion ein Gedicht vorgelegt hätten: »Daselbst wurde mir bedeutet, daß es wohl gut sei, doch wurde mir, wenn auch nicht direkt gesagt, so doch auf eine Weise zu verstehen gegeben, daß der Inhalt, da er von 58 einer welken Rose handle, ein läppischer sei. Im Uebrigens wurde ich angefeuert zu versuchen, besseres zu schaffen,« u. s. w. Gut. Wir fangen an zu lesen. Um was handelt es sich?

»O fahle, welke Rose –«

Hören Sie, ein großer Diplomat sind Sie nicht! Was sollen wir nun thun? Wir können doch nicht hinter unserer Kollegin zurückbleiben! Wir feuern Sie also auch an: – Senden Sie besseres.


F. G., Wien.

»Wenn im Herbst die Blätter fallen.
Wenn im Herbst die Blätter fallen
Der Herbstwind durchs Geäste bricht,
Die jungen Birken kahl und düster,
leise stammeln, leise lallen.«

Es ist recht traurig – im Herbst.

»Zieht es bang und wehe
In meine tiefbewegte Brust
O könnt ich doch jetzt still vergehen
Mit seelig wonnevoller Lust!«

Ach, still vergehen! Also ohne zu dichten! Es wäre schön gewesen!


Desider W., Mürzzuschlag. Epigramme:

    »Das kritische Alter.
Der Spiegel zeigt 'ne Runzel
Und ein'ge graue Haar',
Ein freudiges Geschmunzel
Zeigt, daß man jung einst war.«

Was doch ein Geschmunzel alles zu zeigen imstande ist!


M. S., Hernals. Sie dichten:

»Und wißt: nicht durch des Glaubens Zwange
Wird seine Gottheit offenbar,
Aus einem andern größern Drange
Strahlt sie der Menschheit sonnenklar.«

Dieses »Zwange« wird sich nicht aufrecht erhalten lassen. »Sollten die Gedichte aus irgend einem Grunde nicht entsprechen« – das wäre vielleicht so ein Grund. –


59 L. H., Brünn.

                  »Epigramme.
Wer nie ein heißes Blut gehabt,
Wird nicht als Weiser sterben,
Die weltzerstörende Leidenschaft,
Kann nur zur Weltweisheit werden.«

Nur zur Weltweisheit? Das wäre doch schon etwas!

»O, wenn du armes Menschenkind
Im kalten Zimmer frierst
So gehe in ein warmes nicht –
Denn wenn Du dann zurücke kommst,
Du doppelt stärker frierst.«

Sehen Sie, das ist endlich wahre Lebensweisheit! Und das sind endlich Epigramme, an welchen wir bisher so bitteren Mangel gelitten! Sie dichten einen Lessing unter den Tisch.


S. in B. S.

»Da wird auch mir so fromm zu Muth,
Ich bet' zu Gott dem Herrn,
Daß er mir treu erhalt' und gut
Mein Liebchen in der Fern!«

Kommt Ihnen das nicht einigermaßen bekannt vor?


W. R., Krakau.

                            »Die vier Jahreszeiten!
                                                Motto: Denke und arbeite!
»In vier Jahreszeiten wird das Jahr getheilt,«

Woher diese Offenbarung? Ach ja – alle Dichter haben ein prophetisches Gemüt!

»So auch ein volles menschliches Leben vier Perioden durchmacht;
Das Jahr und den Menschen dasselbe Schicksal ereilt,
Abgerufen zu werden von ein und derselben Macht. –
Möge es dem geliebten Kinde wohlergeh'n,«

Auch Ihnen wünschen wir wohl gespeist zu haben! Warum haben Sie bei Ihrer litterarischen Beschäftigung nicht die erste Hälfte Ihres Mottos berücksichtigt? Ihr Gedicht würde einen Druckbogen füllen. Senden Sie Kürzeres und seien Sie überzeugt, wie wir es bereits sind, daß Sie uns ein wirkliches Vergnügen damit bereiten werden.


60 S. B. in M. Die Charaden mit Dank abgelehnt, dagegen sei mit Dank das folgende hier zum Abdruck gebracht:

                              »Sonett.
Kein leichtes Spiel, zu ordnen die Gedanken
Zu ein' Sonett, im Sinne aller Regel:«

Zu ein' Sonett? Die Sache scheint wirklich nicht leicht zu sein.

»Wie mancher es vermocht' besonders v. Schlegel
Der meisterhaft den Geist wies in den Schranken,

Daß Wort und Silben innig sich abringen,
Und reimend himmelwärts anstreben;
Erhaben mit und durcheinander weben
,
Sich alle künstlich, unter sich verschlingen. –

Wenn ein Gedicht Efekt und Kunst bekundet
Und fähig, alle Herzen zu besiegen,
Dies findet auch die Kritik: »gar so nett.«

Sie hätten auch so ein Gedicht machen sollen.

»Doch Niemand schuf ein gleiches so gediegen
An Geist und Form, vollkommen abgerundet,
So wie Petrarca's herrliches Sonett.« –

Schade, daß Petrarca Ihre freundliche Kritik nicht erlebt hat; er hätte sich sicher sehr gefreut.


S. U., Wien. Sie schreiben: »Ich bin weder von der »Gartenlaube,« »Über Land und Meer« u. s. w. – gewohnt, meine Arbeiten retour zu bekommen, was sich vermuthlich daraus erklärt, daß ich selbst – Gott sei Dank – weiß, was ich sende. Schlechteres wird oft gebracht, Besseres selten!« Mit Dank abgelehnt.


M. K., Wien. Wir sollen Ihnen, von dem wir nie etwas gesehen oder gehört haben, postlagernd mitteilen, ob wir Sie als ständigen Mitarbeiter für das belletristische oder kritische Feuilleton engagieren wollten. Sie stehen mit »Reverenzen« gern zu Gebote. Auch wir machen Ihnen unsere Reverenz.


61 S. B., Mühlbach. Sie schicken zu viel auf einmal. In mäßigen Dosen könnten Ihre Gedichte geradezu unschätzbar werden für unsern Briefkasten, aber so! Neunzehn lange Strophen auf den Papierkorb u. s. f., das ist zu viel. Was wir thun können, thun wir ohnedies, z. B.:

              »Der Eifersüchtige.
Besitzt du nicht das schönste Weibchen
Berühmt durch dessen gold'ne Haar?
Blickt seelig auf dich, wie ein Täubchen –
Berauscht dich nicht ihr Augenpaar?
Beliebst du etwas auszusetzen –
Bürgt nicht genug ihr Flammenblick;
Beängstigt dich, statt zu ergötzen
Bisweilen auch das höchste Glück?
Bist du am Ende eifersüchtig,
Behagt ihr nicht mehr deine Lieb?
Beim Menschen ist das gar zu wichtig
Bedauernswerth, wenn's dabei blieb!«

Sehr richtig! Wenn wir nur wüßten, was Sie meinen.

»Bedarfst du eines Freundes Trost?
Bereit bin ich dir aufzuwarten;
Bekenne zuerst deinen Frost,
Bevor ich wetze Eure Scharten.«

Alle Achtung! Aber doch – was meinen Sie damit?

»Bergt dein Erkalten ein Geheimniß,
Bloß aus der Eifersucht entsprungen,
Beliebt es ihr auch dies Zerwürfniß
Bei Gott! dann hast du ausgerungen!«

Im Ganzen mögen Sie ja recht haben! Wenn wir das Gedicht auch nicht verstanden haben, so hat es uns doch imponiert, daß jede Zeile mit »B« anfängt. So eine Dichterei muß schwer sein – was?

Und nun noch eins:

»Der Kampf um die Freiheit.
Das Volk hat sich empöret,
Die Fesseln abgestreift.
Dem fehlt es nicht am Muthe,
Noch weniger am Wuthe, –
D'rum zu den Waffen greift.«

Am Wuthe – die Sache wird bös! 62

»Sie schaaren sich zusammen
Und bilden ein Complott
Nichts Gutes hat's im Sinne,
Die wüthende Lawine –
Es fürchtet nicht den Tod.«

Also man soll der Lawine nicht trauen. Wir sind derselben Ansicht.

»Nun liegt es außer Zweifel –
Das lechzt nach Menschenblut.
Von Weitem hört man's Dröhnen,
Das untermischt mit Stöhnen,
Und wilder Übermuth.«

Zu Hilfe! Sie dichten so stürmisch, daß einem Hören und Sehen vergeht!

»Es kämpft nun für die Freiheit.
Mit einer durst'gen Gier,
Daß Alles, was im Wege
Und sich dagegen rege,
Muß unterliegen schier.

O, lass' man es austoben,
Sich ihre grimm'ge Wuth.
Es gilt der gerechten Sache
Und zwar: Der Volkessprache –
Ihr theueres Muttergut.

Wer hat es am Gewissen?
Gedenkt der Flammenschrift:
Ein Volk, das unterjochet,
Mit Recht darauf auch pochet,
Daß man auch Frieden stift'.«

So ist's recht! Wo Sie hindichten, da giebt es wenigstens aus. – Hoffentlich kommen Sie recht bald wieder.


T. W. in F. »Ich weis nur zu gut, das die löbl. Redaction mit dererllei Sachen genug geplagt ist. Drotzem aber kann ich es nicht unterlassen, die löbliche Redaction inständigst zu bitten, das sie so gnädig wäre, mir ein Urtheil über meine Dichterische Anlage zu kommen zu lassen. Ich habe zwar Bekannten und Freunden meine Gedichte vorgelegt, die sie für gut fanden, was mir aber kein 63 maßgebendes Urtheil ist. Löbliche Redaction, in Ihren Händen liegt es jetzt, ob ich mit dem dichten, beginnen, oder schliesen werde u. s. w.« Hier also das Gedicht:

                            »Der Bettler.
Mit gebeuckten Rücken, den Hut in der Hand,«

Wie viele Rücken hat denn der Mann?

»Schneeweises Haar, durchlochten Gewand,
Mit zitterten Füßen, zerissenen Schuh,
Mit hungrigen Magen; – fünf Kinder dazu!«

Böse Geschichte!

»So steht er der Alte, vorm steinernen Haus,
Und bittet und bettelt den Pfennig sich aus
den ihm aus erbarmen, ein edles Herz schenkt,
Wobei er bei jeden, – der Kinder gedenkt.

Nie hätt er gebettelt, er wust es zu gut,
Doch schon schwer ist die Arbeit, den alt ist sein Blut«

Das Uebrige wahrscheinlich auch.

»Zuhaus sitzt sein Weib, und hüttet die Jungen;
Und könnt er nicht betteln, sie müsten verhungen.

Sein Weib ist noch schwächer, sie kann kaum mehr geh'n;
Seinen ältersten Sohn konnt er sterben zusehn;
Und um Weib und Kind nicht vor Hunger zu morden,
Ist der Alte, schneeweise, ein – Bettler geworden.«

Das ist ja alles furchtbar traurig! Es wird doch besser sein zu »schliesen.«


J. K., Wien.

»Alles neigt sich um mich her
Müde, schlummerschwer . . . .«

Selbst der Redakteur!

»Dem süßen Ruhesegen
Der Nacht entgegen.

Leichenstille herrscht im Hain,
Am Himmel winken Sternelein,
Englein, des Friedens steigen nieder
Mir aber schließt keines die feuchten Lider.«

Wo nehmen Sie nur die vielen überzähligen Versfüßelein her? 64

»Doch – damit er ruhen kann,«

Wer denn?

»Ihn nicht wecke mein heißer Gram,
Komme heilige Ruh'
Ich schließe gehorsam die Augen zu.«

Also auch Sie endlich! Jetzt schläft glücklich alles.


R. H., Wien.

                  »Nein!
Ich liebte einst ein Mädchen
Sie mußt' auch gut mir sein,
Doch wollte ich ein Küßchen
Da sprach sie immer: nein!

Ich bat und flehte wieder,
Doch sie sprach immer nein –
Da ließ ich schnell ihr Mündchen
Schnöd ihr'n Verräther sein.«

Wir sind jetzt furchtbar neugierig!

»Ich nahm sie bei den Armen
Zog sie zu mir empor,«

Das wird eine wilde Sache!

»Und bei dem ersten Kusse
Tönt: »nein!« noch an mein Ohr!«

Viele Variationen spielt die Dame also nicht!

»Wie sie, so sind sie alle,
Ob groß sie oder klein
Sie woll'n gebrochen werden
Derweil sie sagen: »Nein.«

Na – gebrochen, das ist ein bißchen viel gesagt!


F. v. T. in W.

»Der Tannwald wogt, der Tannwald rauscht
Die Wipfel wiegen im Winde;«

Was wiegen sie denn?


65 F. M., W. Hier Ihre Dichtungen:

                              I.
»Im Lenze voll herrlicher Triebe
Da dacht' ich nur immer an »sie,«
Ich schrieb ihr von Frühling und Liebe,
Von Treue und Sympathie.«

Wenn ihr das Geschriebene nur gefallen hat!

»Die Tage so schnelle verflogen,
Als ich sie im Parke stets fand;
Da kam einst ein and'rer gezogen,
Dem schenkte sie Herz und Hand.«

Gleich, so rasch?

»Ich klagte den Vöglein im Walde,«

Das ist auch das Richtige!

»Mein Herzeleid nun voller Weh,
Ich mußte nun eilig und balde,
Entfliehen aus ihrer Näh! – – –«

Eilig und sogar balde auch – das ist bös!

»Der heutige Tag ist ein trüber,
Mich dauert ihr trostlos Geschick,«

Die Wendung ist gut. Man sollte meinen, daß Sie trostlos sind, derweilen beklagen Sie ihr Los, weil sie Sie nicht bekommen hat!

»Ein Jährchen ist heut just vorüber,
Doch längst schon fehlt ihr das Glück.«

                              II.
»Ich irre durch den grünen Wald
Von Träumen sanft umgauckelt,
Und aus dem Busch ein Liedchen schallt,
Ein Fink am Ast sich schaukelt.

Ich hab an dich mein Lieb gedacht,
Im Herzen ach ein Brennen,«

Also eine Brennerei im Herzen und im Magen vielleicht eine Druckerei!

»Mir wär als hättest du gelacht –,
Ob meinem wunden Sehnen. 66
O glaube Mädchen, glaube nicht,
Ich buhl um deine Reize,«

Oho!

»Ein einziges: vergiß mein nicht,
Ersetzt mir diese Reize.«

Das ist aber nicht sehr schmeichelhaft für die Göttliche!

Ja mir gefällt das Wangenroth,
Viel besser als dein Lachen,
Denn Wangenroth, gleicht Morgenroth
Und das kann Gott nur machen. –«

Und Salz und Brot nicht?! Und was ist's denn mit dem Vergißmeinnicht aus der vorletzten Strophe? Sehen Sie, das haben Sie wieder ganz vergessen.


H. H., W.

                      »Empirie.
Abschütteln diesen Alltagspferch,
Dem müden Treiben entrinnen,
Hinaus in Weiten hatt' ich gewollt –
Ohnmächtiges Beginnen!« – –

Wir glauben's. Ein Pferch ist nicht so leicht abgeschüttelt!


J. K., Budapest. Gott sei Dank, es giebt noch Dichter:

      »Brautlied.
Du Himmelssonne!
Du Himmelsblau!
Das Herz voll Wonne,
Die Brust voll Thau

Na, na!

»Die Brust voll Sterne«

Thau und Sterne durcheinander? Das giebt eine nasse Geschichte.

»Nun juble laut
Erfasse, lerne
Das Wörtchen: »Braut!«

Das ist nicht allzuschwer zu lernen, aber eigentlich ist das mehr ein Bräutigamslied. Die Brust voll Sterne hat uns sehr imponiert. 67

                »Volksballade.
(Wäre möglicherweise für Musik geeignet.)
Ein Mädel arm und jung und schön,
Das hatte einst ein Graf gesehn.
Der Liebste war ein armer Knab'
Den Hut nahm keiner vor ihm ab.«

So 'was ist sehr unangenehm!

»Mein Schatz nun sei bereit!«

Wieso?

»Du Trauter sattle flink Dein Roß!
Will nimmer hausen im Grafenschloß.«

Hatte sie schon dort gehaust? – Der Graf hatte sie doch erst gesehen! Wir verstehen die ganze Ballade nicht. Mit uns muß man deutlicher reden.


O. P., Böhm.-Aicha.

»O wie lange wirst regieren
schöne, sel'ge Frühlingszeit? – –
warst so lange uns entflohen,
warst so ferne, ach so weit . . . . .
bleibe, weile, denn dein Bleiben
gießt ja Linderung in mein Herz –«

Das ist allerdings ein Grund!

»Ach, nur Frühlingssonn' und Blüten
schwächen meinen Gram und Schmerz!«

Es geht doch noch nicht recht mit dem Dichten.


L. D., Klagenfurt. Sie dichten:

                              »Warum?
Warum noch süßer singt als Vögleins Schmerz
In meinem Herz die Lieb'
Und noch toller heult der Sturm im Herz
Das ruh'los blieb.
                          Warum??«

Ja, warum? Böse Geschichte!


68 S. B. in M.

                                  »Das Leben.
Das Leben ist so herrlich und gar so intressant,
Doch schwerlich giebt es Jemand, der's nicht fand sekant;
Schon mancher hats besungen und himmlisch es gepriesen,
Bei mir hat leider sich, bis heut noch nicht erwiesen.
Denn trotz all' mein Bemüh'n und guten zähen Willen;
Sträubt sich das Schicksal fest und biet' mir harten Stand;
Drum dicht' ich mir ein's vor und denke mir im Stillen,
Daß diese Fügung liegt, nur bloß in Gottes-Hand.«

Sie dichten aber nicht nur sich, sondern auch uns etwas vor, und da sollten Sie doch bedenken, daß uns ein »Leben« von zehn solchen Strophen doch etwas zu lang ist. Also wir bitten – kürzere Dichtungen! Sie schreiben zwar: »Wenn dies Gedicht druckreif ist, jedoch wegen der Länge Anstoß finden sollte, dann bleibt es in Ihrem Ermessen, dasselbe ad libitum zuzustutzen und zu modernisieren,« aber wir haben doch eine heilige Scheu davor, poetische Werke zuzustutzen und zu modernisieren. Wir glauben vielmehr, daß man die besonderen Eigentümlichkeiten eines Dichters respektieren muß und daß man seine Werke nicht leichtsinnig ändern darf. – Ihre folgende nachträgliche Zuschrift ist eigentlich gegenstandslos geworden, aber sie ist doch interessant genug, um hier einen Platz zu verdienen: »Heute, nach nochmaligen Durchlesen meines gestern abgesendeten Gedichtes »Das Leben« entdeckte ich in der vorletzten Strophe einen unverzeihlichen großen Schreibfehler nämlich: ich habe aus Versehen, oder Uibereilung aus der großen, reichen Pflanzen-Welt die Tulpe, die ja bekanntlich keinen Duft hat, hingeschrieben – bitte daher sich an dessen Stelle eine x-beliebige duftende Pflanze zu denken und mir diesen groben Fehler nicht nachtragen zu wollen.« Endlich senden Sie uns auch eine Berichtigung, die wir in Wahrung der Loyalität gerne veröffentlichen: »Sowie Druckfehler stattfinden, so dürfte sich auch ein Schreibfehler eingeschlichen haben, wie in meinem Gedichte der Kampf um die Freiheit statt an Wuthe stand am Wuthe. Das Original ist aber richtig.« –Wir bitten tausendmal um Entschuldigung für den argen Druckfehler. Wir begreifen, man kann an oder am Wuthe ersticken über solche Druckfehler. Die Hauptsache ist aber doch, daß man gesund und daß das Original richtig ist.


69 A. B., Linz.

              »Phantasien.
Einst lenkt ich meine Schritte
Dem nahen Berge zu,
Dort sah ich einen Felsblock,
Der winkte mir zur Ruh.«

Wie hat er das eigentlich gemacht?

»Dort saß ich still und einsam,
Verlassen allerwärts,
Dort gab es keinen Kummer,
Dort fühlt't sich frei mein Herz,«

Warum »fühlt't?« Sagen Sie gleich »fühltet.«


J. S., Wien. In Ihren Gedichten finden sich erstaunliche Tiefblicke. Man vernehme nur:

                          »Abschied.
Abschied nehmen ist für Zwei,
Die sich von ganzen Herzen zugethan
Und sich lieben wirklich treu,
Das Schwerste, das man sich nur denken kann.
Wenngleich sie glücklich von einander gehen,
Ist erst die Frag', ob sie sich wiedersehen.

So schwer das Scheiden auch noch ist,
In unsern Menschenleben,
Doch wenn fordert es die Pflicht,
Kann man nicht widerstreben.

Obwohl gesehen sich viele nimmer,
So scheidet man dennoch nicht für immer.
Die Abschiedsstunde hat geschlagen,
Wo sein Liebstes er verlassen muß,
Wo beide »Lebe wohl« sich sagen,
Und geben sich den Abschiedskuß.«

Das also ist die berühmte Poesie, von der wir schon so viel gehört haben. Ebenso belehrend ist Ihr zweites Gedicht »Mein Ideal.« Sie verlangen von Ihrem Ideal, »ihr Leib sei gleich einer Büste,« das ist viel verlangt, aber noch nicht alles: 70

»Gutes Herz, Charakter edel,
So mein Ideal, mein Mädel.«

Wacker!


J. R., Wilkischen. Sie beweisen uns auf vier engbeschriebenen Quartseiten, daß in unserem Briefkasten parteiisch kritisiert wird. Den Anlaß zu Ihrer Anklage bietet der Umstand, daß wir im Briefkasten von Nr. 10 ein Gedicht von Ihnen ganz ohne Bemerkung abgedruckt haben. Herr, wie schuldig wir auch sein mögen – vier Quartseiten ist ein bißchen viel!


L. W., Krakau.

              »Abschied von der Erde.
Es war einst Nacht,«

Das kommt öfter vor!

                                  »nur in der weiten Ferne
Stieg auf mir hell der Hoffnung mildes Licht,
Es blinken dort schon viele, viele Sterne
Wo finster war des Himmels Angesicht.«

Erlauben Sie; entweder war der Himmel finster und dann giebt es nicht viele, viele Sterne; oder es giebt viele, viele Sterne, und dann ist's mit dem finstern Himmel doch nicht gar so arg.

»Noch finster sind vor mir der Welten Räume,
Der Mensch, der lebt ohn' einem höhern Ziel!«

Sehr richtig!

»Und was er denkt sind lauter lose Träume
Und was er schafft, der Willkür leichtes Spiel.«

Besonders, wenn er Gedichte schafft. –

»Ich spiel mich nicht im niedern Erdenstaube,«

Ich spiel mich auch lieber mit Scepter und Kronen!

»Denn ich bin dort im Land des Ideal,
Dort grünt der Baum ja ewig in dem Laube,
Dort scheint ein and'rer lichter Sonnenstrahl. 71
Ich athme zwar in diesen ird'schen Lüften,
Ich lebe ja in dieser weiten Flur,«

Allerdings, aber:

»Mein Geist doch hebt sich über diesen Grüften
In eine and're bessere Natur.«

–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –

»Die Welt ist mir nur eine sich're Stütze
Für meines Geistes höh'ren Sonnenflug

Aha! Wir verstehen; siehe die Gedichte!

»Denn ich erheb mich über diese Pfütze
In eine Welt ohn' Eigennutz noch Trug.

Ich nehme Abschied von den Meinen allen,
Verlaß die Welt, des Jammers ew'gen Hort! –
Und der Natur nur immer schöne Hallen
Sind für mich immer ein geweihter Ort.

Drum lebet wohl ihr bangende Gestalten
Ich kehre nie und nimmermehr zurück,
Es ziehen mich weg gar mächtige Gewalten,
Gar groß wird sein mein kommendes Geschick.«

Sie wollen also wirklich nie und nimmer zurückkehren? Sie sehen in uns eine bangende Gestalt! –


E. H., Wien. Sie dichten:

            »Glaube, Hoffnung und Liebe.
Die Liebe, der Glaube und die Hoffnung
Das sind die guten Freunde im Leben,
Kaum daß der Mensch das Licht der Welt erblickt
Die Freunde gleich erscheinen ihm entzückt
Sie machen glücklich oft so manches Herz«

O sehr oft.

»Doch vielen bereit'n sie auch wieder Schmerz«

Gewiß!

»Glaube gibt den Mensch'n ein reines Gewiss'n
Die Hoffnung Geduld die Liebe den Lab'trunk«

Sie dichten aber! Da giebt es nur eins: Hut ab. 72

»Und wandert er einst einsam zu Grabe
Die Freunde schrecket gar nie was zurück«

Nie!

»Selbst bis zum Grab bleiben sie dem Menschen treu
Die Freunde sie werden vor gar nichts scheu«

Die Freunde sind ja doch hoffentlich auch keine Pferde!

»Die Liebe sehr oft beim Grabe weinet«

O sehr oft!

»Und auch die Hoffnung dahier erscheint
Die Hoffnung ist oft dem Mensch'n höchstes Glück
Der Glaube ist dann der letzte beim Grab(e)«

Einer muß der letzte sein. –

»Und wenn den Menschen verläßt die Liebe
So bleibt gewiß die Hoffnung ihm noch treu
Und flieht die Hoffnung auch zur Thür hinaus
So bleibt der Glaube noch in seinem Haus
Und wer den Glauben hat bei ihm daheim«

Bei wem?

»Der kann alle drei gewiß nennen sein
Denn die bleiben sich immer ewig treu
Die Freunde, Glaube, Hoffnung und Liebe.«

Da scheinen Sie sich verzählt zu haben. Übrigens sagten Sie, daß die Hoffnung zur Thür hinausflieht, die Liebe geht auch davon – das klappt nicht. Jetzt glauben wir Ihnen aber auch gar nichts mehr!


Friedrich R., Wien.

    »Die Zierde des Menschen.
Was ist's was den Menschen zieret,
Ist's die Schönheit, ist's der Verstand?«

Das klingt fabelhaft bekannt!

Das eine ist was er verlieret,
Das zweitere nur ist von Bestand.«

Das »zweitere« – Zu Hilfe! Aber gar so sicher ist das auch nicht! – 73

»Doch auch Schönheit vergehet nicht,
Wenn wir sie pflegen und schützen;«

Sehr richtig; ein Hoch! der Schönheitspflege!

»Drum ist es daher uns're Pflicht
Durch den Verstand ihr zu nützen.
Der Verstand ist des Menschen höchste Zier,
Wer ihn nicht hat, ist wie ein Thier,

Drum müssen wir ihn pflegen
Auf allen unsern Wegen.«

Es lebe also auch die Verstandspflege!

»Glücklich sei der Mensch genannt
Wenn er selben besitzet

Jawohl!

»Dann ist er erst als Mensch bekannt,
Als Freund, der jeden beschützet.
«

Im ganzen genommen haben Sie wirklich recht. Man soll sowohl die Schönheit, als auch den Verstand pflegen – aber – erst haben, geehrter Herr! –


G. E., Gr.-Petersdorf.

»Des Lebens Ruder.   Original von G. E.
Ja führwar es ist erhebend
Wenn der Mensch nach Freiheit ringt,«

Ja, fürwahr!

»Nach der edlen Wahrheit strebend
Sich dem Vorurteil entringt

Aber weh! wenn er die Schranken
Edler Tugend nicht beacht;«

Jawohl!

»Er wird immer Haltlos wanken
In dem Kampf der Leidenschaft

Wie das Schifflein auf dem Meere
Ohne Ruder planlos irrt
Und vom wilden Sturmesheere
Alls ein schwaches Spielzeug schwirrt 74

Auch der Mensch nur planlos streitet
Auf des Denken's weitem Meer,«

Wir sehen's!

»Wenn ihn nicht die Tugend leitet,
Durch der Leidenschaften Heer.«

Also nur immer hübsch tugendhaft sein! –


F., Triest. »Mit Zagen sende ich ihnen diese Zeilen ein, Sie ersuchend, mir rathen zu wollen, ob ich mich dem Dichter Berufe ganz widmen soll, oder ob ich, wie bis jetzt, nur vom holden Anblick meiner Angebeteten Adele inspirirt, sozusagen als Diletant, Reime machen soll. Ich erlaube mir Ihnen eine ganz geringe Probe meiner Dichtkunst einzusenden und bitte Sie im Falle diese Ihnen gut erscheint, mir sogleich zu schreiben da ich eine ganze Sammlung solcher Gedichte, Ihnen zur Verfügung stellen kann. Selbstverständlich nur zu dem Zwecke, damit Sie solche in Ihrem geschätzten Blatte veröffentlichen. In der Hoffnung aus der nächsten Nummer schon entnehmen zu können wie sie meine wirklich einfachen Reime aufgenommen, zeichne ich ganz ergebenst . . .«

Ihnen »sogleich« schreiben, das konnten wir doch nicht über das Herz bringen. Hier aber das Gedicht:

                    »An Adele.
Meine Muse ist ein freies Kind
Nicht gewohnt auf Schul ins Zwang
Deine Lippen Deine Augen sind
Wonach sie strebt so lang!
Und was sie bracht zum Erwachen
Und was sie läßt sprudeln wie eine Quelle
Tag und Nacht Reime machen
Bist nur Du o holde Adelle.« [Mit zwei l geschrieben wegen Reim.]


W. L., Wien. Sie schreiben: »Nicht ein Produkt grimmig schaffender Versewuth erlaube ich mir inliegend Ihrem hochgeschätzten Blatte einzusenden, sondern ein Gedicht, dem thätigen Gemüthe so entsprungen, wie der glitzernde Tropfen der ewig plätschernden Fontaine.

75 Sollte Ihnen diese Anpreisung auch zu unbescheiden sein, so bitte ich dennoch, das frischathmende Leben dieses Gedichtes nicht im Papierkorbe zu ersticken, ohne es vorher durch Ihre Lektüre schadlos gehalten zu haben.«

Wir haben das Gedicht »Am Morgen nach der Hochzeit« schadlos gehalten, aber drucken können wir es nicht.


E. H., Wien.

»Das Veilchen und das Vergißmeinnicht.
An einem grünen Bachesrand
Ein Veilchen ganz alleine stand
Ach, seufzte es voll Weh und Pein
Könnt ich nur auch da drüben sein
Am andern Ufer hoch aufg'richt
Da blühte ein Vergißmeinnicht
Das Veilchen plötzlich zu ihr spricht«

Zu wem?

»Ich liebe dich, Vergißmeinnicht«

Ach so! Zu der Vergißmeinnicht hat das Veilchen gesprochen!

»Vergißmeinnicht dasselbe spricht
Hinüber jedoch kann ich nicht
So weinten beide voller Schmerz
Sie waren jetzt doch schon ein Herz«

Doch schon?

»Doch jedes mußte bleiben allein
Und konnten nicht beisammen sein
Ich schwör' bei der Sonn' der hellen
Ich stürz' mich hier in die Wellen«

Alle Achtung! Das wird schneidig!

»Nein, nein sagt das Vergißmeinnicht
Ich bitt' dich Veilchen thu das nicht«

Warum denn abreden? Es hätte ja doch kein Unglück gegeben!

»Vertrauen wir auf Gottes Hand
Er führt uns sicher an ein Band
Zusamm' auf ein Stücklein Erden
Wo wir glücklich leben werden 76

Nun gut ich wart' das Veilchen spricht
Doch bleib mir treu Vergißmeinnicht«

Also das Veilchen läßt mit sich handeln!

»Die herrlich goldene Sonne
Stieg herab von ihrem Throne
Das Veilchen zu Vergißmeinnicht
In einem leis'n Thone spricht«

Warum sagen Sie nicht lieber: in einem weichen Thone?

»Vergißmeinnicht hast's vernommen
Ein Kahn kommt herabgeschwommen
Und zeigte nach dem Kahne hin
Ein Liebespaar saß hier darin

Vergißmeinnicht zum Zeichen nickt
Da hat das Mädchen sie erblickt
Zu ihrem Liebsten sie nun spricht
Bitt' pflück' mir dies Vergißmeinnicht
Er pflückt es ab mit zarter Hand«

Also er hatte die zarte Hand – und sie?

»Und gab es ihr als Liebespfand
Da sprach's Mädchen nach ein Weilchen
Ich bitt brock mir auch das Veilchen

Er pflückt' es ab voll heit'rer Lust
Und steckt's dem Mädchen auf die Brust
Vergißmeinnicht dann auch dazu
Glücklich waren zwei Paare im Nu
Dem Jüngling dann welch' Hochgenuß
Das Mädchen gab den ersten Kuß
Ich liebe dich der Jüngling spricht
Auch's Veilchen zum Vergißmeinnicht.«

Das ist ja ungemein sinnig. Die Geschichte hat uns sehr gut gefallen.


E. H., Wien.

        »Es hat nicht sollen sein.
Ich lieb' ein Mädchen hold und schön
So schön wie ein Eng'l und so rein
Durch ihre schön blauen Augen
Sah' man bis ins Herz hinein 77
Ich sah ihr oft in die Augen
Und sprach dann voll Wehmuth und Pein
Ach, du lieber guter Engel«

Wir vermissen hier schmerzlich einen entsprechenden Reim auf Engel! –

Willst du mein einzig's Liebchen sein
Doch keine Antwort bekam ich
Sie sprach weder ja noch ein nein
Sie sprach nicht mein ganzes Leben
Will ich gehören dein allein,
O Gott, wie wär' ich so glücklich
Könnt ich sie ewig nennen mein
Doch ihr Herz schlägt für mich nicht
Es hat nicht sollen sein.«

Seh'n Sie, seh'n Sie! Daß sie aber auch gar nichts gesagt hat, das war nicht schön von ihr.


J. H., Wien. Sie senden uns im Februar eine Sylvester- und Neujahrsgeschichte, die übrigens, auch zu rechter Zeit gesandt, für uns unbrauchbar gewesen wäre. Für die Geschichte haben wir auch noch Strafporto bezahlen müssen; sehen Sie – so 'was freut uns immer ungeheuer.


A. D., Dresden.

              »Sehr geehrter Herr Redacteur!
Man rieth schon öfter mir in meiner Freundin Kreisen
Sollt' an die Oeffentlichkeit einmal treten,
Und einer Zeitung meine Verschen weisen
Doch zagt ich stets, so oft sie mich gebeten.
Und wissen Sie warum der Muth mir sinket,«

Nein, aber wir waren auch nicht neugierig.

»Wenn gleich der Freundin Wunsch ich gern willfahren möcht,
Ich denk ans Sprichwort: »Freundeslob es hinket«

Dieses Lob hinket also nur – das ist noch gut!

»Hatt' ich zu schweigen da nicht recht?
Doch um meiner Freundin willen
Die da meint: »Ich hätt Talent«
Nahe ich mich heut im Stillen
Zürnen würd sie mir am End!«

Das muß jedenfalls vermieden werden! 78

»Bescheiden wag' ich mich drum anzufragen:
Ob meinen Verschen Sie wohl Beifall zollen?
Und nur mit Zagen wag' ich es zu sagen:
Ob wohl ein Blatt sie wird aufnehmen wollen?
Könnt dann und dürft ich auch, so frage ich mit Bangen,
O sagen Sie! Ein Honorar verlangen?«

Verlangen kann man ja vieles! Übrigens ist die letzte Frage noch gar nicht brennend; denn die Gedichte sind zur Aufnahme nicht geeignet.


R. Schw. in M.–W.

»Rosen streuen möcht' ich gerne
Auf den flücht'gen Lebenspfad«

Ein Pfad pflegt doch selten flüchtig zu sein.

»Allen auf dem Erdensterne,
In des Lebens hurtig Rad!«

In ein Rad Rosen zu streuen – das ist nicht praktisch.


F. H., Wien. Sie singen:

            »Meine Engel.
Will ich zur Ruh mich legen,
So bitt' ich die Engelein,
Daß sie mich schützend hegen
Im einsamen Kämmerlein!« u. s. w.

Das ist doch etwas zu sinnig für einen ausgewachsenen Dichter!


F. R., Wien. Sie belieben zu dichten:

            »An das Glück.
Ob ich glücklich bin im Leben
Diese Frage bereitet Schmerz;
Kann es denn ein Glück hier geben?
Nein –, denn es blutet mir das Herz.«

Dann allerdings nicht. –

»Wenn die Menschen fühllos sind
Und nur gegenseitig sich meiden
Wenn man ein unschuldig Kind
Der Herkunft halber nicht kann leiden. 79

Wie soll dann das Herz nicht bluten
Seh' ich solche Einigkeit
Keine Spur von etwas Guten,
Keine Spur von Menschlichkeit.

Und in einer solchen Zeit
Frägst du ob ich glücklich bin?
Du bist wahrlich nicht gescheit
Und hast vom Leben keinen Sinn.«

Leider hat gar vieles keinen Sinn!


H. R., Wien. Sie senden uns einen »Nachruf von Heinrich von Kleist.« H. v. Kleist ist am 21. November 1811 gestorben. Sie haben sich ziemlich lange Zeit gelassen zu Ihrem Nachruf. Außerdem dichten Sie:

              »Erste Liebe.
Ja! In des Lebens Sturmestagen
Verirret sich so manches Herz,
Und auf des Glückes Zauberwagen,
Da kommt gefahren Freud und Schmerz.

Des Liebessegen kurze Frist
Des stillen Herzensbundes Wonne.
So bald dahingeschwunden ist,
Wie eines Tages Sonne.

Der holden Liebe Paradies
Flieht mit des Frühlings erstem Hauch
Mit ihm enteilet wohl gewiß
Des Busens Friede auch.«

Dazu bemerkten Sie: »Dieses Gedicht ist wohl mein kürzestes. Aber nicht mein schlechtestes Gedicht.« – Wir müssen Ihrer Angabe, daß Sie noch schlechtere Gedichte dichten können, um so eher Glauben schenken, als Sie gleich selbst den Beweis für Ihre Behauptung erbringen. So z. B. schließt Ihr Gedicht »an Amor« mit folgenden sinnigen Worten:

»Du lächelst vor Dich hin
Meinst Deine Pfeile stechen:
Doch will ich künftighin
Sie stets im Flug zerbrechen

Sie sind ja ein Tausendkünstler! Pfeile im Flug zerbrechen – das ist ja beinahe ebenso schwer, als einen Hasen im Lauf zu rasieren.


80 M. G., Wien. Ihr »alter Spielmann« ist nicht gut zu sprechen auf die zeitgenössischen Sänger.

»Hallet! tönet, meine Klänge,
Nieder in das Thal!
Hab' der Menschen Spiel belauschet
Schaudernd tausendmal
.

Wir auch.


C. G., Wien. Sie dichten:

              »Liebesgeschichte.
Es hatten sich einst zwei Vöglein lieb
Sie bauten ein kleines Nestchen,
Und niemand war da der sie vertrieb
Hinab vom hohen Aestchen.

Doch's kam einmal ein böser Mann«

Doch's?

»Der nahm das eine gefangen
Da ist vor Lieb das andre auch
Mit in den Käfig gegangen.«

Wir glauben an diese ganze Liebesgeschichte nicht!


»Siebzehnjährige«, Wien. Sie fragen: »Bis zu welchem Jahre ist eine unverheirate Dame jung zu nennen?« Wir haben uns über diese außerordentlich wichtige Frage bisher den Kopf noch nicht zerbrochen; aber er soll zerbrochen werden, sowie wir überflüssige Zeit haben.


A. R. in N.

            »Das Herz.
Das Herz hat wie die Erde
Viel' Gräber groß und klein
Wo sich die Riesenherde
Der Schmerzen senkt hinein.«

Die »Riesenherde?!« Demnach wäre das Herz eigentlich ein großer Stall!

»Ob wohl die Menschen denken,
Daß dort ein Massengrab?
O nein! den Spaten senken
Schon wieder sie hinab.«

Sie dürfen nicht böse sein, wenn wir das nicht ganz verstehen.


81 E. H. L.

              »Ein schönes Herz.
Du bist nicht schön von Angesicht
Das macht mir keinen Schmerz,
Doch häßlich? Nein das bist du nicht:
Du hast ein schönes Herz.

Drum bange ich bei Tag und Nacht
Das ist mein einz'ger Schmerz,
Daß bald der Tod es stille macht:
Dein schönes treues Herz

Sie sind jedenfalls ein genügsamer Liebhaber; genügsam sind Sie übrigens auch in Ihren Anforderungen an die Reimkunst. Mit dem wiederholten »Herz, Schmerz« haben Sie sich gewiß nicht zu sehr angestrengt. Wir haben also die frohe Zuversicht, daß Sie sich wenigstens nicht durch Anstrengungen beim Dichten einen Leibschaden zuziehen werden.


J. Z., Wien. Sie schreiben, daß Sie ein echter Deutscher sind und senden uns ein »kleines Boem.« Leider wissen mir mit dem »kleinem Boem,« obschon Sie großmütig »für tiesesmal« kein Honorar verlangen, nichts anzufangen.


Otto W., Wien. Sie dichten:

»Mächtig pocht es unterm Herzen
Pocht so stürmisch, ruft dich wach –«

Es kommt doch noch darauf an, Herr Otto W., ob da ein freundlicher Leser nicht protestiert. Dann singen Sie weiter:

»Dann bewunderst du das Auge
Was dies Alles sehet –«

Auch dagegen würde protestiert werden.


Str., Wien. Sie beanspruchen als Abonnent unserer Zeitung Gratissitze fürs Carltheater und gerade in der achten Reihe?! Möchten Sie für den Abonnementsbetrag nicht gleich freies Quartier und unentgeltliche Verpflegung? –


82 K. S., Friedland. Nachdem Sie schon für andere Zeitungen politische »Artikeln, Korespontenzen und Feuielletons« geschrieben haben, wollen Sie auch bei uns ein thränenreiches Gedicht erscheinen lassen. Wir raten Ihnen dringend, Ihren anderen Zeitungen mit der Kundschaft nicht weiter zu gehen.


L. H., Wien. Ihr Gedicht ist abgelehnt. Sie verlangen zu demselben: »Als Illustration eine Eiche, unter der das tosende Meer und in weiter Ferne ein liebliches Thal. Ein Soldat steht unter der Eiche. Das Ganze eingeschlossen von einem Kranze aus Eichenblättern.« Wir haben zu dieser Bildidee nur zu bemerken, daß sie dem Zeichner zu viel zumutet. Unter der Eiche ist ja schon das tosende Meer, wo soll denn der arme Soldat hingestellt werden?


J. Schw.,Wien. Auch Sie dichten! In Gottes Namen seien zwei Strophen gedruckt:

»Daß ich ein Mensch, dank ich dem Herrn,
Und nicht zum Thiere bin,
Doch so ein Fischlein wär ich gern
Im kühlen Wasser drinn.

Spielt sie mit mir in trauter Lust!
Und küßt mich auf den Leib!
Und drückt mich an die warme Brust.
Das herrlich schöne Weib! –«

Wenn wir auch gerne anerkennen und würdigen, daß Sie nur als Fisch – als was für einer? – auf den Leib geküßt sein wollen, so können wir uns mit dem kühnen und neuen Bilde doch nicht recht befreunden. Dieses poetische Bild hat nämlich eine unangenehme Eigenschaft – es kitzelt. Sie Schäker! –


G–au, Prag. Von Ihren eingesandten drei Gedichten verwerfen Sie, unter begeisterter Zustimmung unsrerseits, selbst eins. Das zweite »Das todte Lieb« ist sehr traurig, wir wollen daher nur die erste Strophe hersetzen:

»Im Gottesacker haltet
Mein Lieb den ew'gen Schlaf; 83
Ihr Tod das Herz mir spaltet,
Weil er so früh Sie traf.«

Auch das dritte: »Ein Unglücklicher« ist zu unglücklich, lassen wir es ebenfalls bei einer Strophe sein Bewenden haben:

»Wenn auch jetzt auf festem Boden
Meines Lebens Schicksal ruht,
Mir hat sich noch nicht geboten,
Das – was Glück man nennen thut


G. St., Wien. Zwei Strophen Ihres Liedes mögen hier Platz finden:

»Als das Mägdlein ward geboren
Man den Pathen auserkoren,
Sie gelabt mit Wein und Bier –
–   –   –   –   –   –   –   –   –   –
Da weinten ihrer – ihrer vier.

–   –   –   –   –   –   –   –   –   –

Trotz des Eifers ihrer Rede
Zog ihr Liebster in die Fhede
Gegen fremde Thyranei
Da weinten ihrer – ihrer Zwei«

Auch der erläuternden Anmerkung, die Sie zur ersten Strophe geben, glauben wir die Aufnahme nicht versagen zu sollen. Sie lautet: »Vielleicht ist es nicht gleich einleuchtend welche »vier« in der ersten Strophe weinten: Es waren eben die Eltern aus Freude; der Pathe vor Rührung und das Kind.« –


H. G., Wien. Ihre dichterische Phantasie geht mit Ihnen durch:

»Unheimliches Schweigen liegt rings um mich hier,
Menschen und Thier' sind verstummet,
Nacht ist's auf weitem, auf schaurigem Meer,
Kein Heimchen sein Liedchen hier summet«

Das glauben wir, es wäre auch schwer für die Heimchen, auf schaurigem Meer ein Liedchen zu summen. –


D., Tarnow.

»Mußte nun auch unterliegen
Eines schwachen Häufleins Kraft, 84
Ward der Keim zu künft'gen Siegen
In der Brüder Herz erwacht.«

Bei dieser Strophe ward doch manch' Bedenken in uns erwacht –


R. F., Klagenfurt. Nach langer poetischer Wanderung bleiben Sie zum Schlusse vor einem Grabsteine stehen:

»Drauf tief eingemeißelt
Zwei Worte blos nur stehn,
Ists Wirklichkeit! Ists Träumen?
Drauf steht: »Auf Wiedersehn!
«

Wir können das durchaus nicht für gar so merkwürdig finden. –


V. D. S.

»s' ist mein Herz ein Glöcklein
Rastlos pocht der Schwengel,
Und der Glöckner drinnen,
Ist ihr Bild, ein Engel.«

Der »Schwengel« gefällt uns nicht; vielleicht haben wir Unrecht. –


H. M., Wien. Sie singen von der Rache unter anderem:

»Dann dort oben spricht der Vater:
»Sagt' ich nicht, die Rach' sei mein?
»Euch verschling' der Höllenkrater,
»Ewig sollt verdammt ihr sein!«

Rache macht den Mensch' zum Thier',
Macht ihn jeder Tugend baar
Darum folge niemals ihr,
Opf're an der Lieb' Altar.

Dann auch wirst Du niemals kommen,
In der Hölle Schwefelpfuhl,
Sondern nur mit Reimen, frommen
Singen vor des Richters Stuhl.«

Das verdient jedenfalls beherzigt zu werden.


85 J. Z., Czernowitz.

»Rosen verwelken,
Marmor verbricht.«

Aber aber!


V. H. Ihre »Elegie« lautet:

»In meinem Herzen quirlt ein Weh,
So bitter thut's mich reuen –
Kaum daß ich um und um mich seh'
Will er sich flink erneuen.   (Wer? Anm. d. Red.)

D'rum wer auf seiner Lebensbahn
Nur findet bösen Schmerz,
Der fange lieber gar nicht an,
Dann bricht ihm nicht sein Herz.

Viel besser ist, zu leben nicht,
Statt gar so schlecht fürwahr;
Und wenn hienied' die Seel' erbricht,
Mit dem ist es auch gar
.   (Richtig! Anm. d. Red.)

»Der fange lieber gar nicht an,« das ist leicht gesagt, wie stellt man das aber an, da man doch nicht gefragt wird. Vom Anfang bis zu dem Moment, da »die Seel' erbricht,« ist es leider sehr weit. Daß Sie keinen Anspruch auf Honorar erheben, hat uns besonders gefreut!


L. D., Baden. Ihr Gedicht: »Wie ich Dichter ward« beginnt mit folgender Strophe:

»Ward bestimmt zum Kaufmannsfache
doch mein Schicksal wollt' es nicht,
riß mich fort vom bergend Dache,
macht' vacant mich armen Wicht.«

Weder diese Strophe, noch der weitere Verlauf des Gedichtes hat uns überzeugt, daß Sie wirklich Dichter geworden seien; das zweite Gedicht »in der Manier H. Heines« erst recht nicht.


E. P–k., Wien. Wir sollen Ihnen zu einem Haupttreffer verhelfen durch Abdruck eines Gedichtes über das Lotto, weil Sie den Aberglauben haben, daß Fortuna dann 86 ein Einsehen haben und Ihr »brünstiges« Flehen erhören würde. Kleiner Schäker! Doch den Anfang sollen Sie haben:

»Rothe Lippen, süße Küsse
Schwarze Augen, Feuerblicke
Brauner Nacken, Liebesbisse,
Was fehlt noch zu meinem Glücke?«

Was noch? Wir wissen es nicht, aber, bitte – nicht beißen! –


H. K., Budapest. Sie schreiben uns, daß Ihnen ein Freund vor längerer Zeit ein Rätsel aufgegeben habe und Ihnen, da Sie es nicht lösen konnten, auch die Auflösung mitgeteilt habe. Die Auflösung haben Sie vergessen, das Räthsel selbst nicht, und Sie senden es uns nun, daß wir es Ihnen auflösen sollten. In der Nachschrift melden Sie aber sogleich erfreut, daß Sie die Lösung endlich doch gefunden haben und thun uns diese kund. Darauf haben wir zu bemerken: erstlich, daß Ihre Zumutung eine ziemlich starke ist; zweitens, daß wir wohl selbst Rätsel aufgeben, aber uns keine aufgeben lassen können; drittens, daß besagtes Rätsel samt Auflösung in unserem Blatte enthalten war; viertens, daß es von rechtswegen doppelt überflüssig war, Ihren Brief abzusenden, nachdem Sie im Postskriptum verkünden, die Lösung gefunden zu haben, und fünftens, daß Ihre Lösung falsch ist.


H. v. M., Marburg. Ob wir Rätsel, Choraden und Epigonen (?) brauchen? Nein.


S. B. Sie sind ein unermüdlicher Dichter. Hier wieder einiges:

                            »Sonett.
Und dient ihr gleich dem Kaiser oder König,
Die das Vertrauen blind in euch gesetzet;«

Die Kaiser oder Könige sind schon so!

»Dann sorget streng d'rauf, daß ihr's nicht verletzet.
Weil sonst das Leben trostlos und eintönig.«

87 Das wäre natürlich langweilig; aus diesem Grunde soll man also das Vertrauen der Kaiser oder Könige nicht verletzen.

»Dies fordert selbst der allerletzte Bauer«

Auch die allerletzten Bauern sind schon so!

»Der euch in Gunst und Gnade aufgenomm'n:«

Ihre Bauern müssen aber große Herren sein!

»Wenn ihr dess' Wunsch erfüllt, wird beiden frommen,
Das Dienen dann nicht schwer, geschweige sauer.«

Geschweige – Gott bewahre!

»Wie bitter wird enttäuscht, der im Dienste lässig,
Der seine ganze Kraft nicht widmet seinem Meister
Und nicht begeistert ist für dessen Wohl und Weh.
Ereilt wird der vom Fluch – der straft nicht mäßig;«

Gewiß: mit dem Fluch ist nicht zu spaßen.

»Dann reißen ihn hinab die bösen Geister
Und hin ist Glanz und Renommée.«

Hm! Alles beim Teufel!

Nach der Weltweisheit der Humor:

                »Die schlaue Wäscherin.
Die Wäscherin rackert sich nicht nur bei Tag,
Sie nimmt noch in Anspruch die Nächte:
Weil gerne sie Sonntag vor Glocken-Anschlag,
Die Kunden befriedigen möchte. –

Und trotz ihrem schweren und kargen Erwerb,
Da machen die Stutzer noch Schulden;
Das trifft sie sehr schmerzlich und ungemein herb,
Daß sie muß nachlaufen den Gulden.

Oft klopft sie bei Manchem auch zwanzigmal an
Und find' nur verriegelte Thüren,
Den jungen, leichtsinnig verbummelten Mann,
Mit Thränen vergebens kann rühren.«

Sie kann rühren, oder sie kann nicht rühren, aber – vergebens rühren können, ist etwas dunkel!

»Und einer besonders sekiert' sie auf's Blut,
Der oft sie geführt an der Nasen;«

So 'was muß mit Nasenbluten endigen! 88

»Dies brachte die arme noch mehr in die Wuth,
Ihr fehlte nicht viel bis zum Rasen.

Die Noth macht erfind'risch, besonders das Weib,
Wenn Bitten und Klagen nicht frommen;
Drum hat sie um sicher ihm rücken am Leib,
Zur List ihre Zuflucht genommen. –

Sie schrieb ihm demnach mit verstellender Hand,
Ein allerliebst duftendes Briefchen;
Und warf ihm damit in die Augen nur Sand,
Als hätt' es geschrieben sein Liebchen.«

Ja, die Wäscherinnen!

»Er freute sich kindisch auf das Stelldichein,
An dem ihm bezeichneten Platze
Und stellte sich herrlich vor's Tändeln allein
Mit seinem schon schmachtenden Schatze.

Groß war die Enttäuschung, fast wurde er hin!«

Hm! Schrecklich!

»Daß man ihn so schmählich betrogen;
Denn statt der Herz-Liebchen, hat die Wäscherin
Ihm Uhr und den Rock ausgezogen.« –

Es scheint also, daß das Herz-Liebchen das auch gethan hätte! Die ausgezogene Uhr hat uns besonders gefallen! Nur weiter dichten!


F. L., Wien. Sie senden uns zwei lyrische Gedichte und theilen uns mit, daß Sie von dem Honorar für dieselben eine Ferienreise machen wollen. Wenn wir die Gedichte selbst nicht sollten brauchen können, sollen wir Ihnen eine Empfehlung an andere Blätter geben und Sie dabei in ein recht günstiges Licht stellen. Sonst allerdings wünschen Sie nichts.   Glückliche Reise!


B. P. »Kommen die Gedichte in Druck, dann gieb ich den vollen Namen.« Wir werden Ihren geschätzten Namen leider nie erfahren.


Josef Schw. 1. Weil unser Blatt »mitunter recht nette Gedichte bringt« (Verbindlichsten Dank! D. Red.), so 89 bieten Sie uns »einen schlechten Jugendversuch« an. Diese Logik ist uns ganz unverständlich, immer aber noch verständlicher, als der »Jugendversuch.« 2. Was wir zu der Gedichtidee sagen, die Sie uns in Prosa entwickeln? Nicht viel: Es ist uns selten etwas Sinnigeres vorgekommen.


Th. W., Steyr. Sie »krammen« uns Ihre Gedichte aus, die »ohne eigentlichem Versmasse« sind – das genügt.


E. v. M., Nied.-Österr.

»Gottes Engel jetzo preisen
Unser Röschen, das geraubt.«

Wir können das unmöglich von den Engeln glauben. Ein Röschen, das geraubt hat, verdient gewiß nicht gepriesen zu werden.


O. K., Essegg.

          »Der Traum des Lebens.
Ich höre das Grab mir schon schaufeln
Schon höre ich Bretter schneiden
Da paket mich das Grausen
Ich höre den höllischen Chor.

Der Bäume stilles Sauseln
Erweckt mich zu neuen Leiden
O, habt doch ihr Götter Erbarmen
Schon wieder der höllische Chor.

Es zieht mich fort von hinnen
Ich eile zum Grabe der Mutter
Da störet mich schon wieder
Der Geister höllische Chor.«

Schon wieder! Das ist in der That sehr störend.

»Nun wenn ihr wollt mich haben
Da bin ich – doch laßt für die Mutter
Mich beten noch einmal
Das Lachen des höllischen Chor.«

Etwas dunkel, aber schauerlich schön. 90

»Da packt mich das Entsetzen«

Auch schon wieder!

»Es sträubt sich mir das Haar
Da tönt vom Kirchthurm eins herab
Und ich – ich bin erwacht.«

Wir dachten, Sie wären schon in der zweiten Strophe aufgeweckt worden! Was das gewünschte Honorar betrifft, so weigert sich unser Chef-Administrator hartnäckig, wegen dieses Gedichtes über seine große Wertheimer Kasse zu gehen. Was sagen Sie nun dazu?!

Auch Ihre Ballade verdient abgedruckt zu werden:

»In einem trauten Stübchen
Da saß ein holdes Paar
Hans saß mit seinem Liebchen
Und küßte ihr das Haar.

Gelt Trude Du bleibst meine
Bis ich im Krieg' nicht fall
Und wenn ich sterb, dann weine
Und vor Maria fall'

Und vor Maria fall – hm! Für unser Begriffsvermögen doch etwas zu dunkel und tiefsinnig ausgedrückt!

»Da senkt das Köpfchen Trude
Und schmiegte sich an Hans
»Und wenn dir eine Wunde
Dann komm ich zu dir Hans!«

Und wenn dir eine Wunde – was?

»Noch einmal küßt er Trudchen«

Nur genau! Er hat vorher doch nur das Haar geküßt!

»Dann ruft ihm fort die Pflicht
– Auf Niemehrwiedersehen
Sieht er ihr hold Gesicht –

Hinein in Strudel des Kampfes
Jetzt gilt es – hu wie's pfeift
Da – der Hieb 'nes Schwertes
Und Hans ist eine Leich.«

Eine äußerst traurige Geschichte!


91 K. P., Wien.

      »Abend im Walde.
»Im Walde hört' ich singen
Im Walde hört' ich klingen
Hell, froh die Nachtigall,
Als leis' auf Wies' und Seen,
Als leis' in Wald und Höhen
Die liebe Sonne schied.«

Na, wissen Sie – daß die Sonne sonst gerade sehr geräuschvoll untergegangen wäre, haben wir auch noch nicht gehört.

»Der Baum begann zu neigen
Herab mit Ast und Zweigen
Sein träumend hohes Haupt.«

Eigentlich auch neu, wenn es gerade keinen großartigen Sturm gegeben hat, worauf aber Ihr Lied nicht schließen läßt.

»Im Walde klangen wieder«

Schon wieder!

»Wehmüthig schwere Lieder,
Ach, schwer wie mein Gemüth.
Die Bäche klagten schaurig«

Es muß fürchterlich gewesen sein.

»So wehmuthsvoll, so traurig
Ihr ewig dauernd Los.«

In der That, ein höchst trauriges Los, immerfort so rinnen zu müssen.

»Und endlich fieng zu steigen
Bei Feentanz und Reigen
Das nächtlichste Gestirn.
Und nächtlich ward's im Walde
Nur auf der Blumenhalde
Versäumt manch Bienchen sich.«

Was so ein Dichter nicht alles weiß!

»Es rauschten Bach' und Bäume
Hinaus in stille Räume
Geheimnisvoll, so leise.« 92

      »Deutscher Becherklang.«

Wacker! Deutscher Becherklang ist sehr gut!

»Deutsche Worte, deutsche Lieder
Klingen hell so durchs Gemüth,
Wenn die Wonn' nur rauschet nieder
Frisch und froh aus warm Geblüt.«

Einen Augenblick! – Wir kommen mit dem Denken nicht so schnell nach. – Wonn' rauschet nieder – Hm! Nieder? Woher denn? Es steht ja da: aus warm' Geblüt. Also jedenfalls ein hohes Geblüt!

»Wenn die Becher voll erklingen,
Wenn aus voller Kehl' wir singen,
Dann der Chor mit stimmet drein:
Hoch! es blühe, blühe der Wein.«

Nur blühen? Das ist für den Wein und für den Trinker nicht genug!

»Wenn die Feinde wild sich nahen
Dem bedrängten Vaterland«

Jawohl, Sie werden das Vaterland retten!

»Dann wollen wir sie kühn empfahen
Herzlich deutsch mit deutscher Hand«

Herzlich auch noch? Gut.

Dann woll'n wir trotz mancher Wunde
Herzlich hell im deutschen Bunde«

Schon wieder herzlich? Sie sind ja ein sehr herzlicher Mensch!

»Jubeln unsern Bechern fein:
Hoch, es blühe, blühe der Wein.

Drum ihr wackren deutschen Brüder
Laßt nun hoch und hell erklingen
Eure vollen Becher wieder,
Dann aus uns'rer Kehle dringen,
Wer den Rock des Kaisers trägt,
Wer zur Schlacht das Schwert umlegt,
Der Mann stimmet wohl mit ein:
Hoch! Es blühe, blühe der Wein!«

93 Ganz gut. Da Sie stark genug sind, trotz mancher Wunde Ihren Becher jubeln zu können, wird es Ihnen auch nicht viel Anstrengung kosten, sich ein Schwert umzulegen.


H. P.

                    »Frage nicht!
Frage nicht ob ich Dich liebe
du schöne Knospe brave Maid!
den wie die Schwalben ziehen aus dem Süde
in meinem Herzen zieht die Freud«

Braver Dichter!

»Frage nicht ob ich Dich liebe
schau an der Sonne Gluth und Glanz,«

Da wird die Holde nießen müssen!

»dort steht das ich ewig bliebe
dein treuer Junge gar und ganz«

Braver Junge!

                    »Die Blumen.
Die Blumen an die Sonne strahlt
sind froh und blühen wunderschön.
Doch in deinem Antlitz den der Gott gemalt
kann man den wahren Engel seh'n.«

Und so dichten Sie halt noch lange, lange fort. – Schade, daß wir nicht alles abdrucken können!


O. F., Wien. Zu Ihrem Gedichtchen: »Da denck ich Dein!« senden Sie uns ein vier Seiten langes Begleitschreiben. Das Gedicht taugt nichts. Es ist doch nicht immer und nicht ausschließlich die »Prodecktion,« der die litterarischen Erfolge zu danken sind.


R. S., Wien. Da Sie zu unseren »langjährigsten« Abonnenten gehören und bereits anderen Blättern »gute« Beiträge geliefert haben, möchten Sie auch in unserem Blatte Einiges abgedruckt haben; aber schon die Anfänge Ihrer Gedichte sind nicht glücklich: 94

»Sei wieder gut, vergebe
Die eine Sünde mir – –«

Wir hätten von Ihnen ein »Vergieb« erwartet. Geradezu überrascht hat uns der Anfang des zweiten Gedichtes:

»Auch ich ward einst als Kind geboren!«

Wer hätte das gedacht! Weiter heißt es:

»Viele Stürme hatt' ich zu ertragen,
Ruhig ließ ich über mich sie weh'n,
Denn was hilft mein jammervolles Klagen,
Wenn des Schicksals Wille muß geschehen?«

Das ist unbedingt richtig. Wo Sie recht haben, haben Sie recht.


A–s, 153.

                »Getrübte Freude.
Ich sah im Busch ein Blättlein hold,
Ein rothes Blatt der Rose –
Ich dachte wohl hier schlummert Gold.«

Ich dachte wohl?! Wie kommen Sie dazu? Ein Rosenblatt sieht doch nicht wie Gold aus!

»Doch sieh' das Blatt war lose.«

Doch woso? Also darum war es kein schlummerndes Gold?

»Die Rose, die war längst verblüht,
Auch that sie darob klagen;
Es gieng mir tief in das Gemüth,
Doch mußt' ichs Blättlein haben.

Und als ich's Blättlein nahm zur Hand,
Da fiel es morsch herunter.«

»Morsch« ist ein bißchen viel gesagt!

»D'rauf habe ich mich weggewandt,
Und ward nie wieder munter.«

Sehr richtig; ein vollkommen ausreichender Grund, nie, aber auch nie wieder munter zu werden.


J. R., Wien. Wir gratulieren Ihnen zu Ihrem Liebesglück, aber wäre es nicht besser, es geheim zu halten?


95 W. M., Leipzig. Sie sprechen den Wunsch aus, sich an der Konkurrenz um den schönsten Frauenkopf zu beteiligen und ersuchen um die Übersendung der näheren Bestimmungen. Ihrem Wunsche haben wir sofort entsprochen. Weiteres schreiben Sie: »Gleichzeitig erlaube ich mir die Anfrage, ob bei dieser Concurrenz nicht auch eine Zeichnung meines netten Gemäldes »Sylvester eines Unglücklichen« Berücksichtigung finden kann. Ein alter Greis bricht in der letzten Stunde des Jahres mit seiner Tochter vor einer kleinen Kirche im Hochgebirge im Schnee zusammen und stirbt!« Bei dieser Konkurrenz?! Es kommt nur darauf an, ob die Herren Preisrichter geneigt sein werden, eine solche Komposition für einen – schönen Frauenkopf anzusehen.


H. K. B. Sie singen:

»Tage kommen, Tage gehen,
Keiner kehret je zurück.
Stunden voll der tiefsten Wehen
Folgen oft dem höchsten Glück.«

Ganz richtig bemerkt, aber bei einem Dichter etwas befremdlich.


A. Sch., Wien.

»Stehst du bei deines Vaters Sarg,
Gewiß ist da das Unglück arg;
So auch, wenn in die Todtentruhe
Dein Weib du legst zur ewgen Ruhe –
Kurz, wenn ein treues Herz erstarrt,
Erscheint das Leben dir recht hart.«

Gewiß ist das arg und kurz und gut recht hart. Sie sollten es einmal mit dem Dichten versuchen; vielleicht geht es doch.

 

Ende.

 


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