Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Erster Gesang.
Oneiros.

Frohes Getön scholl auf in des Arrius prangender Wohnung,
Tummelnder Sclaven Gesang und Gelächter der emsigen Mädchen,
Die in dem Hof, zu den Knaben gesellt, viel farbige Blumen
Schön in einander verflochten, dem morgenden Tage zum Festschmuck,
Was nur immer die Flur darbot und die Garten Pompeji's,
Ringsum lag es gehäuft; schon ringelten Kränze von Epheu
Ueber die Säulen sich auf, und es schimmerten rosige Bänder.
Flink auch rannten einher die geschäftigen Sclaven, im Schwarme
Trugen sie Vasen und Krüge und gülden Geräte des Festes,
Daß rings stralte das Haus und erglänzte von heiterer Schönheit,
Denn sie kehrte zurück, die Ersehnte, des Arrius Tochter,
Welche der Vater geführt nach Rom vom kleinen Pompeji,
Daß sie die Welt dort schaue, die Sitten, und edlere Bildung
Ihr vollende die Blume der Jugend. Und eilends zum Male
Hatte der Vater die Freunde besandt, daß würdige Gäste.
Ehrten die Wiedergekomm'ne; und wer nun heute das Haus sah,
Welches sich herrlich erhob bei weitem das schönste Pompeji's,
Dem wol lachte das Herz froh auf und entgegen dem Feste.
 
     Aber es stand in dem Hofe der Sclavengebieter Peisandros,
Gegen des Eingangs Säule gelehnt; laut rief er die Worte:
Windet mir flink, ihr Knaben und Mädchen, die schlängelnden Blumen,
Helios neigt sich zum Meer; schon mächtiger quillt um das braune
Qualmende Haupt des Vesuv dort irisfarbige Stralung.
Schwül ist's heut', und es haucht vom Golf kein atmendes Lüftchen.
Eilet die Hände, die Göttliche gilt's zu erfreuen, Ione!
 
     Eilet die Hände, die Göttliche gilt's zu erfreuen, Ione!
So wie ein Echo klang dies Wort jetzt drüben am Fenster,
Wo sich über dem Hofe das luftige helle Geschoß hob.
Sieh', dort weilte bemüht in der Werkstatt schaffend ein Jüngling,
Ueber dem Tisch am Fenster gebeugt; und es wob mit geschickten
Händen ein Blumengewind' auch er, wie die Knaben im Hofe,
Aber ein schöneres wol, und von blinkendem Silber verflocht er's
Emsig dem spiegelnden Grund des entzückendsten Candelaber's,
Der vor ihm sich erhob, aus bräunlichem Erze das Prachtwerk.
Schlank wie das hohe Gebilde der kunstvoll schaffenden Hände
Ragte des Meisters Gestalt in dem Reiz holdseliger Jugend,
Doch in das Kleid aus Wolle gehüllt, wie Sclaven es ziemet.
Oftmals sah er hinab zum Hof, und beschaute die blauen
Berge Sorrent's dort über dem Golf, wie der rosige Abend
Schon zu den Gipfeln empor sanft glühende Farben verhauchte.
Und dann eilt' er die hastende Hand und die zierlichen Hämmer,
Gleich als trieb' ihn Furcht. Doch wenige Blättergewinde
Fehleten nur, denn fest schon waren die meisten gehämmert.
Aber es stand vollendet die Leuchte, ein himmlisches Kunstwerk.
 
     Sieh', auf Klauen des Leu'n, wie erglänzte die funkelnde Basis,
Mächtig und glatt; drin konnte sich wol abspiegeln ein Mädchen.
Sieh', um den zahnigen Rand, wie so fein doch rankte des Weinstocks
Silbergezweige, wie hob sich daneben der flammende Altar
Sauber und schön, doch ihm genüber das reizendste Bildwerk.
Denn dort tanzte geschmeidig mit munteren Gliedern ein Panter
Kühnlich und stolz, weil über dem Rücken der seligste Reiter
Rebenumkränzt ihm saß, Dionysos mit stralendem Trinkhorn.
 
     Also schmückten den Grund schön diese Figurengebilde.
Jetzo der Basis entstieg voll Kraft der gewaltige Erzschaft,
Anmutreich mit dem Knauf und den Armen und schwebenden Lampen,
Der bis über die Brust dem erhabensten Manne hinanstieg.
Aber es war ein Pilaster korinthischen Stil's, und die Maske
Ziert' an dem Knauf ihn vorn, doch hinten ein mächtiges Stierhaupt.
Und man sah es erstaunt, wie über dem Knaufe die Arme
Schön sich bogen, die vier ausgreifenden Träger der Lampen.
So war lieblich zu sehn ihr Spiel und die ringelnde Blattform,
Prachtvoll, glänzend und kraus, wie die Blätter der Blume Akanthos.
Aber von jeglichem Arm hing schwebend an schimmernden Ketten
Nieder ein Lämpchen, und köstlich von goldfarb stralendem Erze
Funkelten sie, wie am schattigen Aste die roten Orangen.
Kunstvoll prangte ein jedes, verschieden an sinniger Bildung,
Denn gleich über dem ersten erhob sich ein ehern Gebilde,
Sanft mit der blinkenden Fackel: Oneiros war es, der Traumgott,
So wie ein Falter zu sehn in der dämmernden Bläue des Abends.
 
     Ganz war anders das zweite; da saßen, ein himmlischer Anblick,
Plaudernd und küssend zumal zween junge verliebte Figürlein,
Amor und Psyche gepaart. Wie im Wald sanft schnäbelnde Tauben
Kos'ten sie schön, und die Reizende hob in der Rechten die Fackel,
Doch mit den Armen umschlang sie der Gott, und er küßte sie herzlich.
Ferner die dritte der Lampen, sie war ganz anders gebildet.
Siehe, die Flügel gesenkt auf wölbendem Deckel wie ernsthaft
Saß, und wie klug mit den Augen, ein Vogel: der Pallas Athene
Nächtliche Eule; sie hielt in den Krallen die größeste Fackel
Still vorschauend und ernst, und erweckte den sinnenden Ernst auch.
Rührung aber erregte die letzte der Lampen, und Wehmut.
Thanatos stand auf ihr, und er löschte die Fackel in Nacht aus;
Doch ihm schwebte zur Seite die freundliche Hore Eirene,
Schleierumwallt, in der Hand die gebogene zögernde Palme.
 
     Also war in das Erz kunstprangend die Leuchte gewoben,
Aber es hämmerte noch an dem Rankengeringel der Meister.
Hob er das Haupt bisweilen, das niedergesenkte, und warf er
Tief zum Nacken das finstere Haar, dann sah er beseligt
An sein Werk, und er seufzte zugleich die verlorenen Worte:
Morgen! o bringe das Heil mir, Orion, du himmlische Leuchte!
Aber die Stirn ward trüb', und es quoll ins dunkele Aug' ihm
Flimmernd, wie webender Schmerz und wie still aufwallende Sehnsucht.
 
     Und so stand er und schuf, nicht wissend, wie heimlich am Pfeiler
Neben der Thüre gelehnt, ihm lang zuschaute ein Fremdling.
Kraftvoll war er an Wuchs und ein Greis, ihn hüllte ein schwarzes
Faltengewand, vom Gurte geschürzt des sidonischen Purpurs,
Welchen der köstlichste Stein festschloß, ein mit Perlen besetzter.
Tiefbraun war des Gesichtes verdunkelte Farbe, die Bildung
Gleich wie des Mann's, der ferne das gelbe Aegyptus bewohnet.
Und er betrachtete still das Gebild und bestaunte die Werkstatt
Auch, wie reich an Gefäßen sie war und an künstlichen Formen.
Hier ja zeigten in Erz vollendet sich diese, die andern
Erst im schmieglichen Wachse gefügt und in weichlichen Thone.
Aber in Mitten der Werkstatt stand nicht ähnlich den andern
Formen ein Doppelgebilde, so schien's; denn faltige Schleier
Bargen dem Blick die Gestalt, doch zeichneten unter dem Tuche
Voll sich hervor Kraftformen bewegter heroischer Leiber.
 
     Jetzt trat nahe der Greis, er berührete sänftlich des Sclaven
Schulter und sprach: wie schön ist dieses Pilasters Erscheinung!
Meister, Euphorion, wardst du, und wol der verständigsten Einer,
Seit ich zuletzt dich sah und die Werke der künstlichen Hände.
Prachtvoll ist dies Erz! nie sah ich ein Gleiches, und hab' doch
Ei gar Schönes beschaut und so manches erhandelt daheim mir,
Oder in Rom. Ja! wem im Gemach einst funkelnd umherflammt
Dieses entzückende Werk, der freut sich des schönsten Besitzes.
 
     Aber zum Gruß bot freundlich der Jüngling jenem die Rechte,
Sagte sogleich: willkommen, Serapion, würdiger Gastfreund!
Reizt den ägyptischen Sinn dies Rätsel? o Guter, ich sag' es:
Nein! das kaufst du mir nicht um die sämmtlichen Schätze des Ramses,
Manchen geduldigen Tag und so manche verschwiegene Nacht auch
Hab' ich geschafft am Werke, und habe so lang' in das Erz hier
Selbst mich bildend versenkt, und mit ihm mein Leben geteilet.
Ach! was Freuden erweckt, scheint einzig entsprungen der Lust nur,
Aber der Meister, er saß, der erschaffende, über dem Werk still
Webend, es webten herauf und herab ihm wechselnde Webe
Hoffnung, Schmerz, sehnsüchtiges Glück und verzweifelnde Schwermut.
Dank jetzt sag' ich den Horen, es stieg aus wogendem Guß mir
Fehllos auf, und es stimmet und paßt, in dem Ernsten gefällig.
 
     Still blieb drauf der Aegypter, und staunte das Wundergebild an.
Und mit erglänzendem Blick sprach weiter der junge Hellene:
Greis, du schauest entzückt, doch fremd fast scheinet die Form mir,
Steht sie ein kaltes und starrendes Erz nun stille und tonlos
Als ein Gefangener da, und ein Sclave der fremdesten Blicke.
Aber sie lebte mir heiß in dem schaffenden Busen und helle,
Gleich wie der Sterne Gebild, die schwebend am Himmel sich formen.
Vier nun sind es der Jahre, da diesen Pilaster ich aussann,
Einst am Abend, als meine verstorbene Mutter Serena
Ueber die See nach Rom mit des Arrius Tochter gezogen.
Aber ich saß tieftraurig am Meer, nachblickt' ich dem Segel,
Bis das enteilende Schiff in dem purpurnen Dunkel hinabschwand.
Da nun sah' ich am Himmel Orion's seliges Sternbild
Flammen empor ob atmender Flut; wie vom Gotte gerühret
Stand ich, und schaute den Gürtel, der himmlischen Sterne, da kam mir
Dieses Pilasters Gestalt und der Lampen Gebild in die Seele,
All' das spiegelten mir in die Brust einschmeichelnde Sterne;
Aber es schlief mein Werk, erst jetzo hab' ich's geendigt.
Wahrlich, versetzte der Greis, dann gab's dein gutes Gestirn dir,
Glücklicher du, dem also im Herzen die Grazien wohnen!
 
     Greis, wol redest du wahr, sprach Jener mit rascher Geberde,
Wallt mir immer das Herz doch selig vom wonnigen Spiel auf,
Immer vom Weben der herrlichen Form; ja einer Musik gleich
Klingt es mir fort in der Brust, daß meine Gedanken sich rastlos
Schwingen zu neuem, zu bacchischem Tanz von Figuren und Formen,
Weisen verknüpfend und lösend, so wie die melodische Lyra.
Selber im Traum, wenn müde vom Tagwerk Schlummer ich suche,
Schaffen im Geist mir zarte Gebilde; wie schau' ich beglückt dann
Reiner der Schönheit Form, die nie mein wachender Sinn faßt.
Schwebt doch ach! was Beßtes der Mensch ahnt über dem Herzen
Nur als himmlischer Traum, ach! nur als eilende Sehnsucht.
Fühl' ich den Sinn mir so hoch, dann möcht' ich, Serapion, fliegend
Höher und höher hinauf, nacheilen den göttlichen Alten.
Aber gewuchtvoll hängt an den Füßen und bleiern die Welt mir,
Lähmender Gram durchirrt mir des Herzens dädalische Kammer.
O wie schmerzt mich tief auch jener, der Spottenden, Rede,
Wenn sie der Hand erzformende Kunst, die gefällige, schmähend,
Handwerk schelten, unedles, und niederes Menschenbedürfniß.
Doch beim himmlischen Licht! schau' dieser beweglichen Formen
Künstlich geflochtene Fesseln, und sag' dann: halten die Charis
Sanft sie umfaßt nicht auch, und im Schönen umschlungen und Hohen?
Nein! auch mir wol blickt auf's Herz und die Hände die Muse.
 
     Sei mir getrost! rief freudig der Greis, kein niederes Wesen
Wahrlich betreibst du; und nenn's voll Stolz nur immer ein Handwerk,
Ist's doch heilig und schön, durchwirkt's doch herrlich das Leben.
Ei! wol neidet dir Mancher; es gab ja reizender Formen
Fülle die Gottheit dir, nie sproßten dem Künstler sie reicher,
Der in das Erz ausgießt die beselenden Kräfte der Charis.
Aber ich traure mit dir, du schaffest als dienender Sclave,
Was nur Freien geziemt; bringt Schande der heiligen Kunst doch
Dienstbarkeit! Ja, nie wol sollte sich nah'n ihr Einer
Dunkel, im Sclavengewand, nein, frei am Leib, an der Seele
Frei, wie die Kinder des Aethers, die gramlos blühenden Götter.
 
     Da stieg brennende Scham in des Sclaven Gesicht und die Rechte
Hob er, die hastige, auf, rief schmerzvoll blickend die Worte:
Hast du die Nächte gesehn, die gramvoll ach! ich verweine
Ueber dem ärmlichen Lager, das Herz abringend, die Hände,
Daß du dessen gemahnst? Wol! wol! ich verzweifle, es faßt mich
Zorn und verstörende Scham, mir sinket der Mut, der erhab'nen
Kunst in's Auge zu sehn, dann gleich dem Verworfenen wein' ich,
Welcher von dem, was Edle beginnen, ein Niedriger, fern bleibt,
Ja! wenn also des Nachts, o wie oft doch sitzend ein Wächter
Nagender Qual, hinbrütend ich hier anmurre das Schicksal,
Ach! dann schreiten herein in die öde verdüsterte Werkstatt
Ragende Göttergestalten von Erz, aus Stein, und sie rufen:
Hier ja stehn wir! uns schuf Phidias, uns Polykletos,
Myron mich, und Praxiteles mich, die gewaltigen Männer,
Doch wer bist denn du, Armseliger, daß du die Hand auch
Also frech ausstreckst zu der Flamme Prometheus'? Dann ach!
Lachen sie auf, hell auf, und mit erzenen Füßen zertreten
Sie mein zuckendes Herz. An dem Male der ewigen Schmerzen
Sitzt mir die Seele, o Greis, vom doppelten Gram sich nährend.
Aber es stirbt mir nimmer im Busen, und nimmer; es drängt sich
Mächtiger nur ans Licht dies qualvoll treibende Schaffen.
Ja! dann pulst es empor, dann kommen mir tausend Gedanken;
Dann wie zum Hohn schwärmt auf in dem Geist die entschleierte Form mir,
Gleich der verzückten Mänade; ich schaue die schönsten Gebilde.
Doch bald schwindet der Rausch, dann dünkt mich wieder so kläglich
Alles, so schaal, und verächtlich die Kraft und das eigene Treiben,
Und nicht schein' ich mir edler, als wer mit dem wuchtigen Hammer
Ueber dem Amboß schlägt sein funkenversprühendes Eisen.
Dann ja möcht' ich im Zorne die eigenen Werke zerschlagen,
Dann im Keim sie mir alle vernichten die göttlichen Triebe.
 
     Ernst drauf Jener und tadelnd: der Sterblichen Schmerzen wie eitel
Sind sie und klein! So dehnt sich der Mensch sein winziges Stäubchen
Gram ja immer zu Maßen der Welt aus. Ueber den Nacken
Hebt er die Sphäre des Kummers, und dünkt alsbald sich ein Atlas,
Und was Lind'res im Busen sich regt, nicht keimet es sänftlich
Auf zur freundlichen Blume, und nicht zu gelassener Frucht auf:
Sondern der Trieb, vorstürzt er, bacchantischer Wut voll, fordernd
Götter zum Kampf, und es wird zum Schlachtfeld immer die Seele.
 
     Aber verstörten Gesichts rief, ganz aufbrausend, der Jüngling:
Willst du sehn, wie versclavt mein Herz, und wie dürre der Quell mir
Rinnt der unsterblichen Kraft, aus welchem zu schöpfen ich wähnte?
Schau', hier steht mir die Schmach, noch feucht einhüllend die Tücher.
Greis, ich schuf's in die Form, auf Knie'n wol lag ich und flehte
Zu den Olympischen auf, daß ihres belebenden Lichtes
Werkdurchflammenden Stral sie ergössen in diese Gestalten.
Aber es steigt kein Leben herab, kein schmeichelnder Liebreiz,
Denn vom Herzen zur Hand, da stockt's, da hemmet dem Stümper
Seines Gemüt's Ausstrom, den elektrischen, höhnend ein Dämon.
Ja! ich erkenn' es, ein Sclav' nur bin ich, und ob ich die Seele
Kleid' in das wärmste Gefühl, und den Flimmer berauschter Gedanken,
Reißt doch spottend die That mir den Schleier herab von der Ohnmacht.
 
     Und mit den stürzenden Händen entriß dem Gebilde das Tuch er,
Jenem Gebild, das hoch und verhüllt sich hob in der Werkstatt.
Sieh', jetzt boten dem Blick sich plötzlich, von bläulichem Thone,
Dar zwei hohe Gestalten, zu mächtiger Gruppe gesellte.
Dädalus war es und Ikarus auch, sein himmlischer Sohn, war's,
Die in dem Fels-Labyrinte von Kreta Gefangene künstlich
Flügel sich schufen, um kühn zu entsteigen dem starrenden Schlunde.
Aber es saß am Geklüfte der Vater, ein göttlicher Greis schon,
Stille bemüht, mit der künstlichen Hand das Geschwinge zu flechten
Aus des verwilderten Schwan's Schwungfedern. Es lagen zerstreut ihm
Ueber dem Boden daher, und gehäuft langflockiger Federn
Viele; und Ikarus stand beim Vater, der schwärmende Jüngling,
Sehnsuchtsvoll, zum Fliegen bereit, unduldend der Saumsal.
Denn ihm wölbten sich schon, die erglänzenden Schultern umdämmernd,
Dunkel wie purpurne Nacht zwei breite sirenische Flügel,
Kühn und gewaltig gestreckte, von Sturm einholender Schwungkraft.
Und sie erwallten, sie atmeten schon, aufschwingendem Schwane
Gleich, wenn über der dunkelen Flut sein Flügel emporrauscht.
Also stand der Erglühende da, im Auge den Himmel,
Aber es schuf still mühend, besonnenen Ernstes der Greis noch.
 
     Staunend erblickt's der Aegypter, und staunte dem Sclaven in's Antlitz,
Wie er an Jugend so ganz doch Ikarus' glich und an Bildung.
Machtvoll, rief er, und groß, nur unharmonisch erscheint dies,
Fehlt der geruhige Geist doch hier, und die mäßige klare
Form selbst, die du so leicht im Erze bezwangst, und so spielend,
Ei! und es war wol Dädalus auch ein erhabnerer Halbgott;
Lieblos schufst du ihn, man sieht's, doch volle Begeist'rung
Raffte die Hand dir gleich zu des feurigen Sohnes Gestalt hin.
Zum Titanen erhobst du den sonnenverblendeten Schwärmer.
 
     Unmutsvoll antwortete drauf der entzündliche Jüngling:
Nein! du begreifst mir nimmer das hohe, das glühende Wesen,
Nimmer verstehest du mir so gewaltig beflügelte Sehnsucht.
Staubwärts schleiche das Alter! es regle des sichern Verstandes
Scholle sich aus, und berechne mit Aengsten den geizigen Taglohn
Seiner vernüchterten Kunst, die knetend am Staub der Erkenntniß
Irdische Schmerzen gestaltet und eintagslebige Freuden.
Aber bedrückender Nacht und des engenden Staubs Labyrinte
Muß sich entschwingen der Geist, den höhere Musen berauschten.
Himmelan jauchzt, von dem Lichte gezogen, die Seele des Dichters,
Menschliches, Göttliches scheidet er nicht. Auf Flügeln der Liebe
Schwingt er zur Sonne sich auf, des Prometheus heilige Fackel
Sterblichem Volk zu entzünden am Stral der unsterblichen Schönheit.
Zu den Olympischen setzt er sich kühn, kühn reißt er der Isis
Schleier entzwei, und betrachtet unsägliche Göttererscheinung.
Hast du nimmer geahnet der Schönheit höhere Sphären,
Wenn zu den Welten empor du geblickt im funkelnden Aether?
Hob dann nimmer in Schauern die Brust sich verlangend hinauf dir?
Ach! wer flöge wie Ikarus nicht, wer wollte wie er nicht
Atmen das himmlische Licht, wenn auch mit dem Tod er bezahlte
Solcher Entzückung Rausch und die Wonne der fliegenden Pulse!
 
     Aber es lächelte stille der Greis, dann sprach er mit Sanftmut:
Wol ist schön in des Jünglings Aug' die begeisterte Flamme,
Herrlich der Sehnsucht Träne, der tief im Busen genährten,
Nach den verschlossenen Quellen des Lichts und des Lebens verhülltem
Urbild. Mag er dem Sphärengesang denn lauschen, ein Taumler,
Ueber dem Staub sich wiegen im weiten Gefühle des Weltalls;
Aber er sehe sich vor, daß nicht als Traum er verschwebe.
Denn nicht sind auf luftig Gewölk wir Menschen gestellet,
Daß wir müßig beschau'n die beflügelten Tänze der Sterne.
Nein! auf zwingender Not Grabscholle und nährender Erde
Stehn wir. Ach! und des Lichts ein Atom und ein flimmerndes Stäubchen
Wohnt in vergänglicher Brust der ätherische Funke der Seele,
Aber dem Menschen ein All ist er und ein tiefes Geheimniß,
Wie vor thebischer Sphinx steht ratend der Sterbliche immer
Stumm vor dem eigenen Geiste, und wankt in des eigenen Herzens
Nacht-Labyrinte beständig unsichern verworrenen Irrpfad.
Schau' nur Dädalus an! wie wenig begriffst du den Weisen!
Vater des Handwerks ist er, den Menschen ein zweiter Prometheus,
Gutes erschafft er und mächtige That, dann steigt er gewaltig
Auf zur göttlichen Kunst, ihr hoher und ernster Begründer,
Und ihn tragen die Flügel, die künstlich und sicher gebauten.
Gleiche dem Meister du auch! ja, bleib' in des Dädalus Werkstatt!
Wenigen glückt was schön, was gut ist Mehren, das Große
Wenigsten nur. Wol sah ich so manchen den luftigen Bahnen
Schwindelentrafft, wie er sank in der Ohnmacht klaffenden Abgrund,
Aber das Kühnere, Freund, sah traun ich die Wenigsten wagen,
Daß sie dem schmeichelnden Gott in der Brust demütig entsagten.
Denn ach! immer umschwebt anlockender Sang der Sirenen
Uns, von des eigenen Selbst nachtdunkelem Pfad uns ziehend.
Ja! wer Jenes vermocht', Heil ihm! denn nimmergerufen
Naht sich der Genius ihm, und er leiht ihm stärkere Flügel,
 
     Also der Greis, und er schwieg, und beschaute
die hohen Gestalten. Und vom Hofe zugleich scholl heiteres Singen herüber.
Oftmals klang in dem Lied der melodische Name Ione.
Blaß war worden die Wange dem Jüngling, traurig das Antlitz;
Aber Serapion sah die veränderte Miene und rief gleich:
Seltener Mensch! ja wärest du frei, zum Himmel empor wol
Schwänge die Kraft sich dir, Doch nimmer, o Freund, mir verzaget!
Auf! und zersprenge das Joch, denn vieles vermag die Entschließung.
 
     Aber Euphorion faßte sich schon, auf seinen Pilaster
Wies er und sprach voll Ernst: wol weiß ich, die Werke der Menschen
Opfer, o Greis, sind sie, um Erlösung flehend zum Himmel.
Und hier steht mein Hoffen, des Lichts mir ein göttlicher Herold!
Ist doch Arrius edel, und mir wie ein Vater gesinnt auch,
Rollt doch ihm in den Adern ein Tropfen hellenischen Blutes.
Aber erschuf ihm Einer ein Werk in der eigenen Werkstatt
Seltener Art, daß froh er bestaunenden Gästen es zeige,
Dann wol ehrt er es hoch, die ersehnete Freiheit schenkend.
Dessen gedacht' ich, o Greis, als diesen Pilaster ich ausschuf,
Denn ihn stell' ich zum Opfergeschenke dem morgenden Fest dar.
Und er errötete plötzlich, indem er das eilende Wort sprach.
 
     Aber Serapion wog sein Haupt: gar Eiteles hoffst du!
Andere löst wol Arrius gern, die leicht er entbehret,
Niemals dich, denn du bist Krone und Blume der Werkstatt,
Den wol jegliche Stadt mit geöffneten Armen empfinge.
Glaube, Euphorion, mir, ganz hat sich verwandelt die Menschheit.
Andere Zeiten, ein ander Bedürfniß! Nimmer das Große
Mag, Idealisches nicht anstaunen der Mensch, und Gestalten,
Wie sein Herz sie entzückten in höheren Tagen von Hellas,
Denn ihm blühet die Welt, alltäglich ein schönerer Himmel,
Zahllos bietet das Land, und es reicht das umwanderte Meer auch
Schätze zu Schätzen; es häuft sich köstliche Habe der Bürger,
Da nun ruft er den Künstler, den Tag ihm schmücken mit Schönheit
Soll er, und edlere Formen verleih'n dem behaglichen Wolstand,
Sieh', da kommst du, o Freund, ja wahrlich den Wünschen entgegen.
Sähst Alexandria du, die erhabene Fürstin des Meeres,
Gingst du selber mit mir, wie ein Himmlischer kämest du allen,
Und dir strömte das Gold in den Schooß, viel reizender Frauen
Liebe umschmeichelte dich — und er sah in's Auge dem Sclaven
Fragend und scharf. Aufstaunenden Zorn in dem Blick stand finster
Schweigend der Edle. Und lächelnd bedeutsam sagte der Kaufherr:
Morgen die Abfahrt rüst' ich, das Schiff ward heute befrachtet.
Denn mich treibt seltsamliche Furcht, als nahte sich Unheil
Hier. Angst schaudert die Luft, und ein schwüles Entsetzen vom Himmel
Lähmt mein Haupt, Nachts mahnt mich oft anwandelnd ein Dämon,
Zeigt mir Feuergebild' an dem Pol und verworrene Sterne.
Aber es wanken am Berg Meteore und Riesengestalten,
Oft auch tönt es hervor, wie Trommeten und hallende Tuben.
Komm'! als Freien empfang' und bewahr' ich am heimlichen Bord dich.
 
     O wie fuhr da empor der Erstaunte, wie rief er im Zorn da:
Schweige mir, Greis, daß nicht ein unziemliches Wort ich dir sage,
So in des Abscheu's Zorn, den du mir im Busen erregest.
Denn dies selige Haus ist Heimat mir, Agatharchus
Lehrte dahier, mein Vater, obschon ein gezwungener Sclave,
Lehrte die Kunst mich hier, doch gleich wie den eigenen Sohn hielt
Arrius mich, seit Jener dahinstarb. Nimmer als Sclave,
Sondern ein Gleicher erschein' ich Ungleichen im Hause beständig
Wegen der göttlichen Kunst; nur andere höhnen, es höhnt mich
Nur dies Sclavengewand, das ach! vom Vater ich erbte.
Nein! nicht soll auf schimpflicher Flucht die erzürnte Erinnys
Mir aufjagen den Fuß. Ja, bötest du India's Schatz mir,
Lieber ein Sclav' hier bin ich, als Herrscher in ödester Fremde!
 
     Also sprach er im Zorn, und er wandte die Schulter dem Gastfreund,
Aber es faßte der Greis ihm beide die Hände, und herzlich
Sprach er zu ihm: o wol dir, es wohnt in dem Geiste dir Tugend
Neben dem Genius auch. Ja, könnt' ich mit eigener Habe
Dich auslösen, ich gäbe der Fracht wol gerne den Teil hin.
 
     Still nun schwiegen sie beide, die Reden im Busen bewegend,
Ueber das Gitter gelehnt, wo frei vor den Blicken der Hof lag.
Und dort hoben mit hellem Gesang auf Sprossen gestellte
Sclaven den schattigen Kranz, daß schön er umwände die Pforte.
Horch! da schallte zugleich in dem Tor Handpauken-Getöne
Heiter bewegt, und es sprang in das Atrium plötzlich ein Knabe,
Tanzend und schüttelnd im Tacte des Tympanum's goldene Schellen,
Amor ähnlich zu sehn in dem Kranz schwarzlockigen Hauptes.
Frauen hierauf, anmutig und köstlich geschmückte, sich zeigten.
Aber es schritt hochherrlichen Gangs vor ihnen ein Mädchen,
Schlank wie die Hore des Mai, die über den Fluren daherkommt.
Leichtlich umfloß das Gewand sie, als wär's aus blauen Violen
Duftig gewebt, und es glänzte die Tunica schneeweiß drunter,
Knapp um die völligen Formen sich schmiegend. Es fielen die Falten
Ueber die Schulter daher, und sie trug sie mit reizender Anmut.
Und ihr reiches Gelock, goldbraun wie die Blum' Elichrysos,
Ringelte dicht sich und quoll, von dem schimmernden Bande gehalten,
Rings um die Stirn und die Wangen herab zum herrlichen Halse,
Langsam schritt sie dahin, und mit dunkelem Blick aufschauend
Stralte sie Anmut aus, wie des Abends verschönernder Lichtstral.
Aber die kranzaufwindenden Frau'n und die Knaben im Hofe
Streueten Blumen hervor, anrufend ein schallendes Heil dir!
Jetzt zum Fenster zugleich sah auf das enteilende Mädchen,
Flüchtig, und schwand in der Halle der säulenbeschatteten Wohnung.
 
     Sieh' doch, sagte der Greis, sieh' Arrius' Tochter Ione!
Wol nichts Edleres rühmt nun irgend die schöne Pompeji.
Aber so rinnen die Zeiten im alles verwandelnden Laufe.
Wenn ich zu Arrius kam in vergangenen Jahren, geschäftig
Ihm murrhinische Vasen und Stoffe zu bringen von Tyrus,
Hab' ich so oft ja euch als reizende Kinder betrachtet,
Gerne vereint beim Spiel. Dir war Milchschwester das Mädchen,
Und man hieß in dem Hause zum Scherz euch Amor und Psyche.
Aber es ward zum Meister der Knabe, als prangende Jungfrau
Kam nach Hause das Kind, und als stolze gebietende Herrin.
Ihr nun wählet der Vater alsbald wol einen Gemal aus
Unter den Freiern der Stadt und den Ersten der reichen Bewerber.
 
     Rasch vom Gitter sich wendend, mit Hast rief jetzo der Sclave:
Wie es so schwül doch ward! wie der Berg dort heftiger atmet,
Wolken des Dampfs aufwirbelnd vom Krater. Es scheinen die Lüfte
Schwefelgetränkt; mir schmerzet das Haupt vom schwebenden Dunste,
Schau', und die Sonne versinkt, spät wird's, ja morgen, o Gastfreund,
Find' ich am Meer dich wol, und des Ausgangs bring' ich dir Kunde.
 
     Jener hierauf: wol mahntest du mich; denn lange verweilt' ich
Hier; mich hielt dein Erz und das seltene Wechselgespräch auf.
Lebe mir wol; geh' alles nach Wunsch dir, würdiger Jüngling,
Möge der kommende Tag dir Fest sein deiner Befreiung!
Sprach's, und es nickte und wandte sich schnell fortschreitend der Kaufherr.
 
     Aber Euphorion blieb in der Werkstatt, blaß wie der Marmor
War er, es schlug in dem Busen das Herz ihm jäheste Schläge,
Scheu in den Hof noch stürzt' er hinab die beflügelten Blicke,
Wandte sich schnelle hinweg, und er stand vor Ikarus' Bilde
Finster, in's Schauen versenkt, anstarrend die mächtige Schöpfung.
Dann ward dunkel die Wange und dunkler, und flammend in's Aug' ihm
Stieg sich entfesselnder Zorn, auffahrend gewaltsam. Tor doch,
Rief er, es schwebet zu fern ach! all' das Geliebte, zu hoch dir!
Und nach Sternen empor nur streckst du die sclavischen Hände.
Himmlischer Traum fahr' hin! sei todt das Vergangene, todt mir!
Und mit gewaltiger Hand griff jäh in des Ikarus Bild er,
Reißend, zerstörend — es sank von den Schultern das herrlichste Haupt hin,
Ueber den Füßen entrollend zerdrückt' es die seligen Züge,
Kläglich entstellt; da rauschte der Fittige einer herab schon,
Stürzte die Schulter herab, und der Arm, und das haltende Eisen —
Dann wie erschreckt hielt inne die Hand er, die wütende, plötzlich,
Und ihm grauste der Blick — wie stand so häßlich verstümmelt,
Rings in den blühenden Formen zerwühlt nun Dädalus' Sohn da,
Gräulicher Rumpf, und das Haupt noch starrte vom Boden entsetzt auf,
Schmerzlich, als ob mit gebrochenem Blick tief seufzend es klagte:
Ach! in das Nichts wie hast du das göttliche Streben getrümmert,
Rasender, wie von den Höhen gebrochen die heilige Kraft dir,
Alles verleugnend die Sonne verlöscht in dem eigenen Busen!
Ikarus war ich — und du? ach! du nun bleibst in dem Staube!
 
     So stand lange der Meister, er sah in die wüste Vernichtung
Starr, und den Augen entrollten gehaltene bittere Zähren.
So wol stehet ein Mann, ein geflüchteter, welchen das Fahrschiff
Eilend entführt vom Strande der Heimat, also gelehnt wol
Steht er am Maste, das Auge gewandt zur heimischen Stadt noch,
Sieht sie versinken die Ufer, die bläulichen Gipfel hinabwärts
Sinken, und alle zugleich des verlorenen Glückes Gestalten.
Aber er starrt in die Flut des gestaltlos nebelnden Meeres,
Und ihm fallen vom Auge die Tränen der schaudernden Wehmut.
 
     Horch! da rasselte wieder die Pauke, und näher und näher
Scholl es im Hof, und des Knaben Gesang am Fenster erklang er.
Aber Euphorion barg mit den Tüchern die grausende Unform
Schnell, und es kam schon trillernd und singend die Treppe hinaufwärts,
Und in die Thüre hinein flog lachend der reizende Ion.
 
     Heil! rief fröhlich der Knabe, und Gruß dir, liebster der Menschen!
Denn dich fordert der Vater, ein klügliches Wort dir sagt er
Wegen des künstlichen Werks, das Pansa sich wünschet. Im Landhaus
Tafeln sie heut' an dem Meer, und es geht auch selber die Schwester
Hin mit den Fraun, zu genießen des Abends erfrischender Kühle,
Und noch sahst du sie nicht, hast nimmer geboten den Willkomm
Ihr, doch alle die andern sie thaten's, so viel in der Wohnung.
Du nur sitzest verschlossen und stumm in der reichlichen Werkstatt
Unter dem Erz, und du wirst noch selber zu starrendem Erz mir.
Willst du nimmer die Schwester begrüßen? O was denn wähnst du?
Sie ja rühmet ein Jeder, es freuen sich alle der Schönen.
Dir auch bietet den Gruß sie, und sagte mir dieses zugleich auch,
Dich in das Landhaus soll ich, den Willigen, führen des Abends,
Daß vor dem morgenden Fest sie ein Wort dir sage des Willkomms.
 
     Und nicht hörte die Antwort er, der bewegliche sprang nun
An dem Pilaster umher, voll kindlicher Freude bestaunend.
Wie doch werden sie alle dir weit aufreißen die Augen!
Rief er — o Liebster, ich sagte der Schwester jedoch kein Wörtlein,
Fragte sie gleich mich viel nach diesem und jenem. Und immer
Bin ich mit ihr, und ich mag nur stets ablauschen die Reden,
Welche sie weiß zu erzählen von Rom, wie's prächtig und groß ist,
Sie auch brachte Geschenke mir viel, viel künstliche Kästchen
Goldene, feine, und manches Gewand aus dunkelem Purpur,
Was ich alles dir zeige, so wie's in der Kammer verwahrt ist.
Aber die Pauke zugleich; du siehst es, die köstlichen Schellen
Sind aus tönendem Gold, so haben's die Knaben in Rom auch,
Wenn beim bacchischen Feste den schallenden Reigen sie tanzen.
Und froh lachte der Knabe, und hüpfte daher im Gemache,
Sprang dann singend hinweg und hinaus zur offenen Thüre.
 
     Jetzo sank in die Fluten die Sonne hinunter, an Ponza's
Fels, der hinter dem Gipfel der grünenden Ischia westwärts
Bläulich den Wellen entsteigt mit dem lotosähnlichen Haupte.
Aber es fiel ihr brennender Stral durchs offene Gitter,
Füllte die Werkstatt noch mit dem rosigen Dufte und schwebte
Ueber der Leuchte sich wiegend. Und magisch erglänzte das Prachtwerk
Nun, und die Lampen im Kreise, die schwebenden, stralten von Licht auf.
Aber Euphorion sah voll Trauer die schöne Erscheinung,
Schwermutsvoll, nicht freute das Werk, das geliebte, so viel ihn
Mehr. Doch ruhiger ward er, es legte der Sturm des Gemüts sich.
Jetzt sein Obergewand warf über die Schulter er eilend,
Und dann ging er hinaus zur Pforte, in's Freie zu kommen,
Holdere Schmerzensgestalt in der Seele, der männlichen, tragend.
 
     Glückliche Zeit, wenn noch um's Auge der schmeichelnde Traumgott
Breitet den Schleier — es eilen die Jahre, die wandelnde Parze
Hebt ihn auf: ernst steht vor den Blicken das schweigende Schicksal.
Amor aber ergötzt sich ungleicher Geschicke der Menschen,
Froh abschnellt er den Pfeil, dann schürt er die heimlichen Gluten
Auf in der schwebenden Nacht mit dem Fittigschlage der Träume.



 << zurück weiter >>