Joseph Alois Gleich
Die vier Heymonskinder
Joseph Alois Gleich

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Dritter Aufzug

I. Auftritt.

Ein großer Platz zum Turniere eingerichtet. Im Hintergrunde erhabene Sitze. Vor diesen sind die Wappen der Turnierenden Ritter aufgestellt. – Volk ist versammelt, und die Schranken sind mit Wachen besetzt.

Wie aufgezogen wird, ist ein feierlicher Marsch. – Zwey Herolde eröffnen den Zug, diesen folgen die Kreiswärtel und Kampfrichter, dann Knechte mit Fähnlein. Nach diesen kommen 2 reichgekleidete Edelknaben, der 3te trägt eine goldene Krone auf dem Kissen, hinter ihm geht Karl, dann Klarisse mit Damen. – Nach diesen Ganelon gerüstet, und die turnierenden Ritter – den Schluß machen Reisige. Alle nehmen die ihnen nach der Rangordnung zukommenden Plätze. Die Krone, als der Siegespreiß wird Klarissen übergeben.

Karl und Ganelon treten vor.

Karl. Beruhiget Euch Ganelon, die unbedeutende Niederlage, die Ihr durch Heymons Söhne erlitten habt, soll nicht im geringsten weder meine Liebe, noch die Achtung mindern, die ich für Eure Tapferkeit habe.

Schon ist Befehl an alle meine Vasallen ergangen. Mit Heeresmacht sollt Ihr diese Verhaßten überziehen, sobald das Turnier geendigt ist. Kommt, laßt uns nun mit ruhigen Herzen dem frohen Schauspiel beywohnen.

Er besteigt den Thron – Ganelon geht zu den übrigen Rittern. Zwey Herolde treten vor, und geben durch einen Trompetenstoß das Zeichen zum allgemeinen Stillschweigen.

Ein Herold. Wackere Ritter und Herren, aus den Hände der schönen Prinzessin von Gaskogne, Klarisse, erhält der Sieger jene goldene Krone, und da ihr Verlobter, Graf Grisson, auf der Reise hieher Todtes verblichen ist, auch ihre Hand, wenn er Ihr ebenbürtig, und von dem Fräulein freywillig zum ehelichen Gemahle erkiesen wird.

Ganelon. Doch bleibt mir als Klarissens Vormund frey, mit jedem Ritter zu kämpfen; denn nur wenn er an Stärke und Gewandtheit mir gleich kommt, werde ich ihn für ihren Verlobten erkennen. Man gebe das Zeichen.

Trompetenstoß – alle Ritter treten in die Schranken, und stellen sich nach ihrer Verneigung vor Karln und Klarissen an ihre Plätze. – Das Turnier beginnt – Ganelon kämpft mit dem ersten Ritter mit dem Schwerte; mit dem zweyten beginnt er den Kampf mit dem Beile, so überwindet er alle, und wird jedesmal mit Trompeten und Pauken als Sieger bewillkommet.

Ganelon. Noch gelang es keinem der Ritter, mich zu besiegen – keiner ist noch würdig gewesen, Klarissens Hand zu erhalten. Ist noch einer unter Euch, der den Kampf beginnen will, so bin ich auf den dritten Trompetenstoß seiner gewärtig. (dreimaliger Trompetenstoß)

 
II. Auftritt.

Vorige, Reinold, Malegys.

Reinold ist in einen elenden rostigen Küras gehüllt – sein ganzes Aussehen trägt das Gepräge eines armen fahrenden Ritters. Malegys ist als alter Mann in einen schlechten Kittel gehüllt, er trägt eine Krüke. Reinold, der sich ganz entkräftet stellt, stützt sich auf ihn, beide wanken erbärmlich daher.

Ganelon. Niemand meldet sich – für heute gnädigster Herr bleib ich Sieger.

Reinold. Noch nicht, Herr Ritter – laßt doch auch mich Theil an dem Kampfe nehmen.

Ganelon. Euch? – ha des drolligen Einfalls.

Reinold. Spottet nicht vor der Zeit – wenngleich Krankheit und Wunden meinen Körper siech gemacht haben, so habe ich doch schon manchen wichtigen Strauß bestanden.

Kampfrichter. Könnt Ihr Eure edle Herkunft beweisen?

Reinold. Ich kann es – zwar hindert mich ein Gelübte, Stand und Nahmen zu sagen, aber auf mein bekreuztes Schwert beschwöre ich meine edle Geburt.

Ganelon (zu Karln). Des Sonderbaren willen, bitte ich Euch selbst gnädigster Herr, mir den Kampf zu erlauben.

Man öffnet die Schranken. Reinold wankt matt hinein – alle umgeben ihn mit lautem Gelächter.

Kampfrichter. Die Wahl der Waffen ist Euch überlassen.

Reinold. Es wäre Schade um des Ritters schöne Rüstung, wenn sie durch Beil oder Schwerthiebe verdorben würde; wir wollen uns daher des Spasses Willen im Ringen üben.

Ganelon. Ja wohl des Spasses Willen, seht Euch aber vor, daß ich Euch Eure Glieder nicht ganz zerdrücke.

Malegys (der im Vorgrunde blieb). Dein Spott soll dir noch theuer genug zu stehen kommen.

Ganelon. Man gebe sogleich das Zeichen.

Trompetenstoß – beide ringen. Anfangs scheint Reinold zu unterliegen, aber endlich bedient er sich seiner wahren Stärke, er faßt Ganelon an, dreht ihn in den Wirbel herum, und schlägt ihn mit der Faust an den Helm, daß er in die Arme der umstehenden Ritter sinkt.

Reinold (reißt das Schwert aus der Scheide). König Karl, ich habe gesiegt, die Krone die du zum Siegespreiß bestimmtest, bedarf ich nicht, aber diesen schönsten Edelstein an deinem Hofe soll mir keine Macht mehr entreissen. (Er führt Klarissen hervor). Wenn ihr aber den Sieger kennen wollt, dieser Schild wird Euch seinen Nahmen sagen. (er nimmt den Malegys einen mit Flor umwundenen Schild ab, schleudert ihn in die Mitte des Platzes und entfernt sich mit Klarissen. Alle eilen betroffen herzu).

Karl. Wer ist der Freche? Mir seinen Schild. (er reißt den Flor ab, wo dann Reinolds Nahmen mit goldenen Buchstaben steht). Ha, Reinold von Dordogne! Fluch und Verderben über ihn! auf, eilt ihm nach, entreißt ihm die Prinzessin, tödtet ihn.

Malegys. Daran will ich Euch hindern.

(er winkt mit seinem Stabe, und entfernt sich. Die Bühne wird dunkel, der Donner rollt, Blitze leuchten, der Regen strömmt herab).

Chor. Weh o weh die Elemente
Toben nun mit Schreckensmacht
Fort entfliehet nun behende
Sonst wird Tod euch dargebracht
Hülfe, Rettung, welch ein Streich
Flieht, Verderben folget euch.

Die Turnierschranken stürzen zusammen. Reinold erscheint mit Clarissen auf einem Wolkenwagen mit einer großen Schlange, die einen hellfunkelnden Stern auf dem Kopfe hat, in der Luft, und fliegt mit ihnen fort. – Alle entfernen sich in der größten Verwirrung.

 
III. Auftritt.

Eine ländliche Gegend – seitwärts das Haus des Berthold mit einem Taubenkobl.

Berthold und Thadädl.

Berthold. Der Himmel mag wißen, wo denn die Brigitte hingekommen ist? Du mein Gott, hat sich der arme Narr etwa gar aus Desparazion, weil sie der fremde Kerl von mir hat abwendig machen wollen, ein Leid angethan? Brigitterl, goldene, silberne Brigitterl gieb doch eine Antwort, wenn dich dein zärtlicher Bräutigam ruft (mit weinerlicher Stimme) liebe Herzens-Brigitterl!

Thadädl. Was hat den der Meister für einen Lärm?

Berthold. Halts Maul Bub, ich kann vor Angst nicht reden, ich zittre am ganzen Leibe wie ein naßer Hund, o meine arme Brigitterl!

Thadädl (verstellt). Ja die arme Brigitterl!

Berthold. Weist etwan was von ihr, so sag doch.

Thadädl. Die arme Brigitterl!

Berthold. Thadädl, so red doch, ich kenne mich vor Angst nicht mehr.

Thadädl. (bricht in lautes Weinen aus) Die unglückselige Brigitterl.

Berthold. Bub red, oder ich häng dich und mich auf.

Thadädl. Aber recht g'schieht den Meister, warum ist er so rabiat g'wesen, als wenn das was Unrechtes wäre, wenn sich ein Madl, bey einem alten Mann, um einen Chapo umschaut, das ist schon so in der Regel – Mit Thränen in den Augen hats mirs geklagt.

Berthold. Was dann?

Thadädl. Daß s' der Meister heurathen will – Nein, nein, daß s' der Fremde hat heurathen wollen, und sie ist doch so unschuldig.

Berthold. Was soll ich denn aber thun?

Thadädl. Ihr recht schmeicheln, daß sie wieder gut wird.

Berthold. Wie kann ich ihr denn schmeicheln, wenn ich nicht weis, wo sie ist?

Thadädl. So karessir halt der Meister derweil mit mir.

Berthold. Geh mir aus den Augen.

Thadädl. Ist schon recht, wenn der Meister grob ist, so sag ichs gar nicht, wo's ist.

Berthold. Weißt du's denn? o du lieber Thadädl, komm her, ich muß dich küssen. (küßt ihn)

Thadädl. (Nimmt ihn ungestimm beim Kopf).

Berthold. He he, du druckst mir ja den Kopf zusammen.

Thadädl. Aus lauter Liebe Meister.

Berthold. So sag mir nur, wo's ist?

Thadädl. Nun, wo wirds denn seyn – da droben sitzts im Taubenkobel.

Berthold. Bub halt mich nicht für einen Narren.

Thadädl. Nein, der Meister ist eh schon einer, – aber im Ernst sie sitzt droben, und da hats gesagt, da wills so lang droben sitzen, und weinen, bis der Meister hinauf kommt, und bittet sie um Verzeihung.

Berthold. O du mein Gott, das will ich ja recht gerne thun, – schmeicheln will ich ihr, und Bußerln geben, so lang ich mich rühren kann. (geht ab)

Thadädl. Da würde sie weiter keine Freude drüber haben. Wenn ich nur den Alten auf den Wege bringe, hernach ist uns allen geholfen.

Berthold. (Kommt mit einer Laiter, und lehnt sie an den Kobel) Da droben sitzt also der arme Narr, und weint? eine jede Thräne möchte ich ihr wegküssen – und was das für ein guter Gedanken ist, sich in den Taubenkobel zu verstecken, sie weiß halt, daß sie so sanft, und so gut ist, wie eine Taube – Ich kann gar nicht an sie denken, ohne daß mir das Herz vor Freuden lacht.

Lied.

O mein Schatz wärst du ein Täuberl
Wär als Täuber ich dein Mann,
Und du hörtest liebes Weiberl
Wie verliebt ich gurren kann.
Speisen dir ins Nestchen tragen,
Wär die größte Freude mir,
Fröhlich mit den Flügeln schlagen
Würd ich Schatzerl neben dir.

Wenn wir kleine Täuberln kriegen,
So ein ganzes Nestchen voll,
Würd ich stets um euch her fliegen,
Und mir wär so leicht und wohl.
Füttern wollt ich Kind und Weiberl
Bis sich keines rühren kann;
O du liebes goldnes Täuberl
Sieh mich für dein Tauber an.

(Er steigt die Leiter hinauf).

Thadädl (winkt während dem den Eintretenden).

 
IV. Auftritt.

Vorige, Brigitte, Martin.

Martin. Ist der Alte gefangen?

Thadädl. Ja, nur geschwinde, wenn ihr fortkommen wollt – ich mache mich aber aus dem Staube, sonst tanzt der Meister den Kehraus auf meinem Buckel. (ab)

Berthold. Brigitterl komm doch heraus.

Martin. Schau schau, wie geschickt der Alte das Nest ausnehmen kann; nun wart du sollst dich verwundern, wie der Falk dein Täuberl davon führt. (nimmt die Leiter weg)

Berthold. He sag ich, Thadädl was thust denn?

Martin (nachspottend zu Brigitte). O du liebes goldenes Täuberl, sieh mich für dein Tauber an.

Berthold. Was muß ich sehn? Brigitterl! –

Martin. Ja s Täuberl ist ausgeflogen. Schau guter Freund, da muß man recht gut Acht geben, denn es giebt allzu viel solche Taubendieb in der Welt.

Berthold. O ihr gottloses Volk, ihr habt mich schändlich betrogen.

Martin. Mach er sich nichts draus, es geht ja mehr Leuten so.

Berthold. Wenn ich nur hinab könnte.

Martin. Das hat gute Wege, bleib der Herr nur sitzen droben. Komm Schatzerl, wir wollen ihm unser Abschiedskompliment machen, und wann er bey unserer Hochzeit Beystand seyn will, so wollen wir ihn schon vom Taubenkobel wieder holen lassen.

Terzett.                  

Martin. So legt man den Alten Schlingen

Brigitte. Wenn die Lieb zu sehr sie quält,

Berthold. Ha ich möcht vor Gall zerspringen
Fürchterlich bin ich geprellt.

Martin. Komm mein Schatzerl, laß dich küssen,

Brigitte. O wie bin ich dir so gut

Berthold. Lumpenvolk Ihr sollt es büssen
Siedend wallt in mir das Blut

Brigitte. Lieber Martin –

Berthold. –   –   Falscher Bengel

Martin. Herzigs Weiberl –

Berthold. –   –   –   – Galgenschwengel

Zugleich:

Beide. Ja ich werde dir allein
Ewig nur ergeben seyn.

Berthold. Augenzeuge muß ich seyn
Welche Marter, welche Pein

Beide. Adieu lieber Meister, wir gehen itzt fort
Weit kann er uns sehen, den hoch ist der Ort
An ihn will ich denken, seys früh oder spät,
So bald es recht froh bey mein Schatzerl mir geht.

(sie tanzen ab)

Berthold (schreit immer dazwischen vor Ärger).
Ihr Bagage Ihr Gesinde
Freut Euch, wenn ich Euch wo finde
Geht zum Henker, Lumpen geht
Daß er Euch den Hals umdreht.

Er macht komische Bewegungen, herabzukommen und schreit um Hilfe.

 
V. Auftritt.

Vorige, Ogier, Knechte.

(Knechte schleppen den Martin und Brigitten herein.)

Ogier. Holla – wer lärmt so? sieh da, Meister Berthold.

Alle. (lachen)

Berthold. Laßt mich nur herab edler Ritter, daß ich den Kerl mit den Zähnen zerreissen kann –

(Knechte lehnen die Leiter an, er steigt herab).

Martin. Das ist einmal gar keine Art, Herr Ritter, daß ihr euch in Familienangelegenheiten mengt.

Brigitte. Laßt mich aus – ich muß in die Hütte.

Berthold. (lauft um eine große Stange) Wart Spitzbub, das soll dein letzter Augenblick seyn.

Ogier. (hält ihn zurück) Gemach, Berthold – was gieng hier vor?

Martin. Was wird es gewesen seyn, ein kleiner Hausspaß, und sonst nichts.

Ogier. Genug der Zänkereyen – ich errathe alles – Ihr Berthold sollt Euch schämen – in Eurem Alter noch verliebt zu seyn.

Brigitte. Das hab ich ihm schon lang gesagt – aber er will es nicht glauben.

Martin. Es ist eine Schande und ein Spott, was der Alte treibt.

Ogier. Du aber Martin bist in meiner Gewalt, es kostet mich nur ein Wort, und du hängst am nächsten Baum.

Martin. (für sich) Ich wollte, er wäre vor eine halben Stunde daran gehängt, so hätte – er uns doch itzt nicht aufhalten können.

Ogier. Nur das kann dich retten, wenn du mir gelobst, mich in die Burg deines Herrn zu führen.

Martin. Das ist ein Schelmstreich, und dazu bin ich nicht zu haben.

Ogier. Nein, ich will mit dem alten Herzog Heymon sprechen, und ihn zur Nachgiebigkeit gegen Karln ermahnen – als dessen Freund gestattet man mir keinen Zutritt – habe ich aber einmal mit ihm gesprochen, – so hoffe ich zu seinem Edelmuthe, daß er mich wieder frey wird abziehen lassen.

Martin. Dafür gebe ich Euch meine Ritter-Parolle – Wenns so ist, so führe ich Euch in das Schloß – aber Herr Ritter, das Madl bleibt bei mir.

Ogier. Komm, darüber wollen wir noch weiter sprechen.

Martin. Leb wohl Brigitterl, wir sehen uns bald wieder. Nichts für ungut, Herr Meister, wir zwey bleiben die Alten. (mit Ogier ab)

Berthold. (wirft ihm die Mütze nach) Geh zum Henker – nicht ruhen will ich, bis der Kerl an einen Galgen hängt, der höher ist, als der Taubenkobel, und du Madel sollst mir so lange bei Wasser und Brod bleiben, bis du einstehst, was du mit mir für ein Glück machst (er sieht Brigitten an, welche weint) hörst mich oder hörst mich nicht? Warum giebst du mir keine Antwort?

Brigitte (schluchzt laut).

Berthold. Itzt hör mir auf zum weinen, du weißt daß ich das nicht leiden kann – (für sich) Sie erbarmt mir halt doch wieder – Nun schau Brigitterl, ich habs ja nur inn Zorn gesagt.

Brigitte. Ich bin ihm so gut gewesen – so gut – so gut.

Berthold. Daß du sogar mit einem andern davon gelofen bist?

Brigitte. Da hab ich ihn nur auf die Probe stellen wollen, ob er mich wirklich gern hat – aber die Behandlung hab ich nicht verdient.

Berthold. So hör nur auf ich will ja wieder gut seyn.

Brigitte. Ich bin ein ehrliches Madel.

Berthold. Es ist dir alles verziehen.

Brigitte. Ich hab ihn so lieb gehabt – aber das stoßt mirs Herz ab – (schluchzt laut).

Berthold. Brigitterl hör auf, sonst wein ich mit dir.

Brigitte. Behüt ihn Gott – denk er öfters an mich – ich – ich – stürz mich ins Wasser (sie weint).

Berthold (weint mit).

Brigitte (fängt hell laut zum lachen an).

Berthold. (schaut sie betroffen mit großen Augen an) Itzt weiß ich nicht, foppt mich's Madel, oder ists vor lauter Kränkung närrisch geworden – Brigitterl – wie geschieht dir den?

Brigitte. Recht gut, das sieht er ja.

Berthold. Du hättest also nicht im Ernst um mich geweint?

Brigitte. Nun das könnte mir einfallen – wenn ein Madel so einen alten Mann schön thut, so geschiehts nur, um einen Spaß mit ihm zu haben – aber laß er nur Zeit, wenn er mein Mann werden sollte, hernach will ich erst einen rechten Tanz mit ihm anstellen.

         

Bin ich lustig, muß er lachen
Seufz' ich, muß er traurig seyn,
Will er zanken, Lärmen machen
Kann ich leicht ihn überschrein.
Ich rumore wie Gespenster
Schlag in Stücke Tisch und Fenster
Dann bin ich nur sanft und froh
Wenn ich scherz mit dem Chapo.

Will er sich darüber rächen
Lad ich die Nachbarinnen ein
Dieß wird ihm den Kopf schon brechen
Wenn die Weiber alle schrein.
Nur bei artigen und Jungen
Mässigen wir gern die Zungen
Doch ein Alter hat nur Noth
Denn wir ärgern ihn zu todt

(trillert und tanzt ins Haus ab)

Berthold. (Hat immer sprechen wollen, itzt bricht er in höchsten Zorn aus).

Ey du Schlange, welche Galle
Ja so sind die Weiber alle,
Falsche Katzen
Schmeicheln krazen
Uns belügen
Und betrügen
O ihr Hexen
Ihr Gespenster
D' Weiber sind bei meiner Treu –
Was? – rare Dingerln doch dabei. (ab)

 
VI. Auftritt.

Ein Gemach im Schlosse Montalban.

Ritsart, Herzog Heymon.

Ritsart. In der That liebster Vater, mir wird bange – weder Reinold, noch Malegys kehren von Turnier zurück – Wenn Ihnen ein Unglück begegnet wäre?

Heymon. Das befürchte ja nicht – Reinolds Muth, und die weisen Kenntniße unsers Freundes Malegys vereiteln jede Gefahr. Aber wie soll alles das enden? entfernt nicht jeder Schritt den wir zu unserer Rettung unternehmen, uns immer mehr von König Karl?

Ritsart. Sein Zorn ist ungerecht.

Heymon. So lasset uns dagegen in der Erfüllung unserer Pflichten gerechter seyn – Ich rathe auf Ergebung in seinen Willen, besser die Welt bemitleidet uns, als daß sie uns mit ihrem Tadel belegt. (Trompetenstoß) Was ist das?

 
VII. Auftritt.

Vorige, Writsart, dann Reinold, Malegys, Klarisse.

Writsart. Sie kommen, unser Bruder, und Ritter Malegys kommen.

Heymon. Ich freue mich, und ich fürchte mich zugleich, daß er durch eine rasche That den Zorn des Königs vermehrt habe.

Reinold (und die übrigen treten ein). Willkommen Vater – Gott zum Gruße liebe Brüder. (alle bewillkommen sich) Wünscht mir Glück, ich habe mein schönstes Ziel erreicht. (er schlägt Klarissens Schleier zurück) Seht hier meine Geliebte, und so Gott will, heute noch mein Weib.

Heymon. Klarisse – seyd mir herzlich gegrüßt. Sohn wie wars dir möglich, sie aus Ganelons Gewalt zu befreien?

Reinold. Erkämpft hab ich mir diesen Preis des Turniers, mein ist sie, und keines Menschen Macht soll sie mir wieder entreissen.

Klarisse. Dein bin ich Reinold, dein auf ewig; doch fordere ich noch einen Beweiß deiner innigen Liebe zu mir.

Reinold. Welch ein Wagstück wäre wohl zu groß, daß ich nicht deinetwegen unternähme?

Klarisse. Wie mein Vater im letzten Todeskampfe lag, legte er zitternd meine Hand in Ganelons Rechte, er ernannte ihn zu meinen Schützer, er forderte einen Eid von mir, nur dann das Fest meiner Vermählung zu feiern, wenn Ganelon Augenzeuge ist.

Reinold. Er mißbrauchte die Rechte, die dein Vater ihm gab.

Klarisse. Aber mein Eid bleibt mir immer heilig. – Lieben will ich dich, Reinold, mehr als meine Seele, aber deine Gattin kann ich nicht werden, bevor nicht mein Eid gelößt ist.

Reinold. Klarisse, du verlangst eine Unmöglichkeit.

Malegys. Ich ehre ihren edlen Sinn – verzage nicht Reinold, ich werde dir Beystand leisten. – Schon ist mein Plan entworfen. Ganelon selbst wird in die Veste kommen, und deiner Verlobung beywohnen.

 
VIII. Auftritt.

Vorige, Adelhart, Ogier, Martin.

Adelhart (führt den Ogier, der in einen Mantel gehüllt ist, herein). Freunde unter uns herrscht Verrätherey.

Alle. Wie? Ogier?

Adelhart (auf Martin deutend). Dieser Bube hier führte ihn verkleidet in die Veste. Das Burgverließ werde sein Lohn.

Martin. Aber so laßt Euch doch nur sagen, ich bin ja an allen unschuldig – er hat mich dazu gezwungen, und er hat gesagt, daß er eine gute Absicht dabei hat.

Ogier. So ist es auch. Als Karls Freund würdet Ihr mir nie Zutritt gestattet haben, aber Gott ist mein Zeuge, ich bin auch der Eurige. Zweysprache will ich mit Herzog Heymon.

Heymon. Wackerer Kampfgenosse, besorgt nichts von uns. Wir waren stets zu sehr Freunde, als daß ich Euch nicht ungestörte Sicherheit zusichern sollte. Ich errathe Euer Gewerbe – immer wart Ihr gern der Bothe des Friedens.

Ogier. Das möchte ich auch nun seyn – aussöhnen möchte ich Euch mit Karln.

Reinold. Hier meine Hand dazu, wenn es ohne Beleidigung meiner Ehre geschehen kann.

Ogier. Durch Trotz werdet ihr nichts erlangen, nur Nachgiebigkeit kann noch helfen, und ich bürge Euch dafür, sein Herz –

Heymon. Ist gut – aber Ganelon verführt es.

Ogier. Dieser hat am längsten sein Unwesen getrieben. Ich habe Beweise seiner bösen Thaten, die ihm Karls Gunst entziehen müssen. Würde nur in dem Augenblicke, da er sich von diesem falschen Freunde hintergangen sieht, ihm Eure Unterwerfung bekannt – o so würde er Euch gewiß mit Freude aufnehmen.

Heymon. Ogier! Freund –

Ogier. Komm mit mir vor Karls Thron.

Reinold. Nimmermehr.

Heymon. Widersprich nicht – mit meinem Ogier will ich mich für euch zu Karls Füssen werfen.

Reinold. Und wenn Gefahr Euch drohte? –

Ogier. Wenn Euch das Wort eines unbescholtenen Ritters genügt, so gebe ich Euch hier meinen Handschlag. Euer Vater erwirkt Euch Versöhnung, oder ich kehre als Gefangener mit ihm zu Euch zurück.

Heymon. Freund, du giebst mir neues Leben wieder. – Lebt wohl meine Söhne, das Schicksal wird unsere Schritte leiten – mein Herz sagt mir, wir werden uns bald glücklich wieder sehen. (geht mit Ogier ab, Martin folgt).

Reinold. Meine Segenswünsche geleiten Euch.

Malegys. Seyd unbekümmert, ich werde Euch Geiseln für Euern Vater verschaffen, – um die Karl sein halbes Königreich entbehren würde. Geh nur Reinold, veranstalte alles zu deiner Vermählung, du weißt, daß ich gewohnt bin, in jedem Punkte mein Wort zu erfüllen.

Reinold. Beruhige dich Klarisse, bald soll frohe Wonne allen Kummer unsers Herzens vernichten. (geht ab. – Trompetenstoß).

 
IX. Auftritt.

Vorige, Martin, dann ein Herold.

Martin. Herr, laßt alles zu den Waffen greifen, in gedrängten Schaaren ziehen die Feinde heran – ein Herold, der mit verhängten Zügel heransprengte, verlangt Einlaß.

Malegys. Man öffne ihm sogleich das Thor.

Martin (ab).

Malegys. Seyd unbekümmert Freunde, dieses Schloß erobern sie nicht, und wenn sie Jahre lang davor liegen. Wir bedürfen keiner Waffen gegen sie, aber einen Scherz will ich mit den Helden üben, der ihnen und uns zur Kurzweil dienen soll – sie sollen einsehen, daß meine Macht nicht mit Gewalt der Waffen besiegt werden kann.

Herold (tritt ein). Im Nahmen Ganelons, und der 6 Mächtigen Pairs des Reichs, welche mit ihren Kriegern vor Eure Mauern rücken, fordere ich Euch auf, sogleich Eure Veste, und Euch selbst zu übergeben, wo nicht, so soll kein Stein des Schlosses auf dem andern bleiben, und schreckliche Strafe wird Euer Loos seyn.

Malegys. Sage dem Ritter Ganelon und den Pairs, daß keine Memmen hier hausen, die man schrecken kann, wenn aber sie wahren Muth besitzen, so sollen sie sich sammeln vor den Mauern der Burg, wo ein einzelner Ritter sie zum Zweykampfe auffordern wird. – Dieß melde, und verliehre kein Wort mehr, wenn du nicht ins Burgverließ wandern willst.

Herold (ab).

Malegys. Freunde, auf den Mauern der Burg mögt Ihr Zeuge seyn, welche Geiseln ich Euch für Euren Vater verschaffe. (ab)

Adelhart. Was mag er vorhaben?

Ritsart. Gleichviel, wenn es nur zu unserm Besten ist.

Klarisse. Ich zweifle nicht daran; denn ich baue ganz auf seine Freundschaft.

Writsart. Laßt uns vom Schicksal das beste hoffen. Rein sind unsre Herzen, und so kann sie auch keine Gefahr beugen.

Quartett.

Klarisse, Ritsart, Adelhart, Writsart.
Nur der Bösewicht erbleichet
Trifft ihn auch der kleinste Schmerz,
Daß der Rächer ihn erreichet,
Dieß erfüllt mit Angst sein Herz.
Wer der Tugend stets ergeben,
Zittert niemal vor Gefahr,
Selbst der Erdball dürfte beben,
Reicht doch Tugend Muth uns dar. (ab)

 
X. Auftritt.

Das Äußere der Burg, mit einem grossen Thore vor dem ein offenes Fallgüter ist – die Mauren sind mit Kriegern besetzt, bei denen auch die Heymonssöhne erscheinen. Unter einem kriegerischen Marsche zieht Ganelon mit seinen Kriegern herein. Dann Malegys.

Ganelon. Unerträglich ist die Kühnheit dieser Verruchten – Malegys fordert uns zum Kampfe auf. – Wir dürfen keine Mittel scheuen, ihn in unsere Gewalt zu bekommen; denn ist dieser unser, dann fallen auch Heymons Söhne. Wir wollen daher den Kampf annehmen, aber eh es ihm gelingt, sich seiner Zauberkraft zu bedienen, ihn überfallen und fesseln.

Alle. Ja das wollen wir. (Trompeten in der Burg.) Ha, er kömmt, haltet Euch bereitet.

Malegys (kömmt allein aus der Burg, er trägt eine Laute in der Hand – Martin trägt ihm Helm, Schwert und Schild nach)

Malegys. Willkommen edle Ritter und Herren – seyd Ihr zum Kampfe bereitet?

Ganelon. Wir sind es – wählt Euch euren Gegner aus den Ersten des Reichs.

Malegys. Ihr seht, ich baue ganz auf Euren Biedersinn, und trete ohne Bedeckung in Eure Mitte. – Das Glück des Kampfes ist ungewiß, leicht kann ich unterliegen, laßt mich daher von dieser treuen Freundin hier (auf die Laute deutend) in Euren Beiseyn Abschied nehmen, und meinen Schwannengesang anstimmen.

Ganelon. Es sey, aber fördert Euch.

Malegys. Töne liebe Laute töne,
Schaff mir nochmal Heiterkeit,
Denn eh ich von dir mich trenne
Sey dieß Liedchen dir geweiht.
Ja, Musik hebt Herz und Sinn,
Macht den Geist so froh und leicht,
Selbst beym Wein und holder Minn'
Wird von ihr uns Lust gereicht.

Chor. Ja Musik u. s. w.

Malegys. O wie wird das Herz so selig
Durch der Töne raschen Lauf,
Ja, es muntert uns so fröhlich
Selbst zum lust'gen Tanze auf.

Chor. Ja, es muntert u. s. w.

Die Musik geht sehr lustig, alle machen unwillkürliche Bewegungen des Tanzes. Sechs kleine Mädchen, als Amoretten gekleidet, kommen aus dem Schloße – sie tanzen um die Ritter her, und nehmen ihnen die Waffen ab.

               

Chor der Mädchen.
Waffen könnt ihr schon entbehren,
Hier vergießet man kein Blut,
Stetten Frohsinn müßt ihr ehren,
Immer lach euch froher Muth.

Alle Krieger. Wir können nicht mehr widerstehen,
Da frohe Musik uns umschallt,
Und sollt ich ins Unglück auch gehen
Es zieht mich zum Tanz mit Gewalt.

Die Mädchen tanzen winkend in die Burg, die 6 Pairs folgen, das Güter fallt hinter ihnen zu.

Ganelon (der immer seine Wuth bezeigte). Ha! Verderben über Euch alle.

Die Musik wird rauschender, obiger Chor wiederholt, und alle Krieger springen komisch herum. – Martin tanzt mit, und erwischt endlich den Ganelon beim Kopfe, den er mit Gewalt herumdreht, bis alle zu Boden sinken.

Ende des dritten Aufzugs .


 << zurück weiter >>