Simon Gfeller
Seminarzyt
Simon Gfeller

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vo Pappen u Gips

Wo der Fabi no d’Primarschuel bsuecht het, ischt ihm ’s Zeichnen eis vo syne liebschte Fächere gsi. Im Winter i der Mittagspause u ganz Sunndinomittage het er chönnen a re schöne Zeichnig schaffe u alls angere drab vergässe. U doch het me dennzemol no nüt gwüßt vo Färbe. Mi het nach Vorlage zeichnet u gschraffiert u gschattiert bis uf Tuusig u zrugg. Ischt e Vorlag au gar z’schwär gsi, so isch me mit a ’s Pfäischter u het die wichtigste Umrißlinie düredrückt. ’s ischt e chly uf Bschiis hi gwärchet gsi; aber mi het si dessitwäge kes bös’s Gwüsse gmacht; angeri hei ’s au so tribe, u das ischt jo gäng e beliebte Troscht. Alls müglichen isch zeichnet worde, Bluemmestrüüß, Tier, Landschaften u komplizierti Ruschtig, wo eigetlich vil z’schwär gsi ischt für die Stuefe. Aber Freud het me glych gha dranne, u am Exame sy die 77 schönschte Zeichnigen a d’Wang ghäicht worde. Drum het en jedere druuf gha, emel jo rächt öppis Schöns härez’zaubere u rächt mängs Blatt a der Wang z’ha.

Im Seminar het du es angersch Vögeli pfiffe. Vo Düredrücken u faltschem Schyn isch du nüt meh gsi. Der ganz Ungerricht isch vo vor agfange worde: Grade Strich u chrumme Strich, sänkrächt, waagrächt, rächtsschief u linggsschief, Schnäggelinie, Schlangelinie, Spiralen u Kreise, abstrakti Ruschtig aller Sorte, u wie exakt u suber de alls het müeße sy! Der Lehrer het zwöü Stäckepfärdli gritte: Die Fle-cken und die E-cken! Dürhar het er dere Wätteren entdeckt u ischt uf ne gsi, wie der Tüüfel uf eren arme Seel. Methodisch ischt er vorggange u gründlich; aber d’Freud am Zeichnen isch dermit i ’s Grab gschuflet worde.

Dernoh isch d’Perspektive vo runden u gradlynige Körpere cho: Chruglen us Pappe, Kegel us Pappe, Walzen us Pappe, Würfel us Pappe, Prisme, Pyramide, Süülen us Pappe, e ganzi chartepapyrigi Wält. D’Würkligkeit het me gar nüt nötig gha! Mit Pappe het si das alls vil schöner lo mache: Flechi vor, Kante vor, liget u stehet, linggsschief u rächtsschief! 78 U ersch du, wo das rundlige, g’eggete u zuegspitzte Pappegsindel zsäme Hochzyt gha u «monumentali Allüren» agnoh het! Was si do mit Ufenangerebyge für Müglichkeiten eröffnet hei: Gvierti Schachtlen unge — Walzen obe, Walzen unge u gvierti Schachtlen als Huet druffe, u i däm Thägscht wyter bis i ’s Folio yhe!

E wichtigi Rolle hei derby d’Schätte gspilt, d’Schlagschätte, Halbschätten u Viertelsschätte, ’s het mängisch gschinne, sie sygi no fascht wichtiger weder d’Körper sälber. ’s reinschte Steibauchaschtespil isch es gsi, nume mit däm Ungerscheid, daß ein es Spil Vergnüege bereitet, die Zeichnerei ein aber zletschtamänd zum Stärbe ländtwylig vorcho ischt.

Mit Färbe het me si denn no nid fascht versündiget, öppe drei vier Zeichnige het der Fabi dörfe färbe. Gäb men e Farb het dörfen ufträge, het me se em Lehrer müeße zeige. Duzme sy die blasse Farbe Trumpf gsi, d’Farben i homöopathischer Verdünnung. Allimol, we me mit der Farbschale zum Lehrer cho isch, het er ’s glyche Liedli agstimmt: «Schütt es bitzeli Wasser dra!» Mit unbrochne Farbe drypfäffere? «Nume das nid!» Starchi Farbe z’bruuche het für 79 ungebildet u gschmacklos ggulte. Lieber het me mit Gaffeesatz gmale. Färbe, das hätt em Fabi e gwaltigi Freud gmacht. Aber merkwürdigerwys het er grad im sälbe Kurs am meischte Päch gha. Stungelang het er schi a mene Ornamänt versuumt, e Bandverschlingung mit stylisierte Bluemmeranke isch es gsi. U wie geit’s ihm dermit? Wo-n-er fasch gar isch fertig gsi, chehrt si der Vorderma um u rüehrt ihm mit em Chuttenermel e volli Tuschschalen um. Die ganzi Saaße lauft uber das Gmöl ab, u dermit isch es futsch gsi. Er hätt chönne gränne. Die verdorbeni Arbit lo kontrolliere u der Kamerad verchlage het er nid möge. Derigs ischt i Fabis Klaß nid der Bruuch gsi. Zum Dank het er für sälbe Kurs als Flyßnoten im Zeichnen es «Schwach!» g’ärntet. Es isch der enzig Vierer gsi, wo-n-er je i mene Züügnis heigchromet het — u de no im Flyß! Der Vater deheime het rundi Äuger gmacht, wo-n-er dä entdeckt het. «Was, im Flyß e settigi schlächti Note, u du hesch doch süsch sövel gärn zeichnet!» Nu, em Vater het’s du Fabi besser chönnen erkläre, dert het er du unghinderet dörfen uspacke. Der Vater het ihm Glaube gschäicht, u ’s nächschte Züügnis het wider gattliger usgseh.

80 I guete Sekundarklasse het me scho sälbisch d’Schüeler voruse gschickt go zeichne. Sie hei dörfen es Chilchli, e Husygang, es Grabchrüz, e Brunnestock oder es eifachs Landschäftli probiere z’zeichne, ohni daß der Lehrer gäng hingerzuehe gstangen ischt. D’Seminarischte hei das nid dörfe. Sie hätti derby öppis Ungrotsems chönnen astelle, fräch e Stumpen azündte oder irgetwo es Bierli luege z’erwütsche. D’Disziplin hätt chönnen us em Lym goh, irget e Gägner vom Seminar hätt chönnen Astoß näh dranne, drum het es nid dörfe sy. Nid e Stung ischt im Freie gschaffet, nid e Grashalm vorusse nach Natur zeichnet worde. Im Zeichnigssaal sy i de Glaschäschten inne Gipsmodäll gnue gstange, wo me si mit het chönne vertöre. Das isch veredleti Natur gsi, nid Gradane-Grümpel, wo men a allne Dornhege fingt. Dert dranne het me der Schwung vo de Linie u die fynen Abstuefige i de Schätteline chönne studiere; sicher ischt au öppis dranne gsi z’lehre, aber sälber i d’Schwüng cho sy die junge Lüt bi däm trochene, totne Züüg nid. Nie isch nen es schöns Bild zeigt worde, nie sy sie a ne Bilderuusstellig gfüehrt worde; ’s Zeichnen ischt e Handfertigkeit 81 blibe, wo mit Natur u Kunscht weni Zsämehang gha het.

Es ma 20-25 Johr speter gsi sy, isch der Fabi wider einischt i ’s Seminar cho. D’Exame sy vorby gsi, aber d’Zeichnige no a der Wang ghanget. D’Zeichnige? Nei, d’Malereie! Zeichnige sy au derby gsi, Zeichnige aller Sorte. Aber vor allem der Blick azoge hei die früsche, fröhlige Farbe. Die Bletter hei nümme d’Bleichsucht gha, vo Bluet u Läbe, Saft u Chraft hei sie gstrotzet. A der Luft u Sunne sy die meischten etstange gsi, drum hei sie au so gsung u chäch usgseh u so vil Freis, Fröhligs u Naturfrüsches usgströmt.

Wo se der Fabi het gseh, ischt er ganz chützige worde. «Wen ig i ne settige Zeichnigsungerricht chönne hätt, zu mene würklige Künschtler, i wär uf de Chnöüe d’Stägen uuf i Zeichnigssaal gschnoogget! I chönnt no hütt üse Zeichnigslehrer a ’s Bei stüpfe, daß er is nie öppis Derartigs het lo mache!» Du het e schwarzagleite Herr (der Dorfpfarrer isch es gsi!) ganz erchlüpften umegluegt, wär do settigi barbarischi Wort tüei usstoße. U zum Teel het er rächt gha si z’entsetze. Fabis Zeichnigslehrer isch ke Übeltäter gsi, 82 im Gägeteel, durchuus e gattlige, nätte Möntsch. Numen ischt er i de dennzemol herrschende pädagogische u methodische Anschauunge so hert verankeret gsi, daß dernäbe nüt Neus Platz gha het. So isch es au i angerne Fächere gsi: Meh weder d’Lehrer het der Zytgeischt uf d’Seminarischte drückt.

Aber e Lehrer sött Läbe wecke u nid töde, sött Früsches woge u nid am Schwanz marschiere. E Lehrer, wo syner Schueler nie uber ihri Johr asträngt, wo ne nie uber e Chopf ewägg redt, isch nie der bescht Lehrer gsi. Soommechörndli lige mängischt johrelang im Bode, gäb der Augeblick do isch, wo sie errünnen u ufgöh. U so schaffet au e gueten Ungerricht nid nume für d’Gägewart, sondere streut Chörner uus, wo ersch lang nachhär wachsen u Läbesfrucht träge.


 << zurück weiter >>