Simon Gfeller
Seminarzyt
Simon Gfeller

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vom Reglemänt u Paragraph

En jederi Weid mueß ihre Zuun ha u en jederi Anstalt ihres Reglemänt, wo Ornig schaffet u Schranke setzt. ’s Seminarreglemänt ischt, a hüttige Verhältnisse u Begriffe gmässe, ziemli sträng gsi u het kener große Näbenuusgümp erlaubt. I der Zyt, wo-n-es ischt ufgstellt worde, het me d’Juget no rüüher apackt weder hütt, mi het hauptsächlig ihrer Pflichten i ’s Aug gfasset, vo ihrne Rächte isch weneli d’Red gsi.

Derzue isch cho, daß der Lehrerstand i früehere Johren im Kanton Bärn weni Gunscht het gha. Er ischt eine vo de mingschten u verachtetischte gsi. Vor hundert u meh Johre hei si d’Lehrer i vilne Gmeine genau wie die leschtigen alte oder verchrüpplete Dorfarme als Umgänger de Buretische noh müeße go verchöschtige u sy als Hungerlyder u armi Schlucker 38 ygschetzt worde. «Das arme Dorfschulmeisterlein, es ißt und trinkt und steckt auch ein!» Unger denen alte Schumeischtere het’s näbe wackere Lüten au Abläder gha, wo der Stand ersch rächt i Verruef brunge hei. Für ihres elände Löhndli hei sie au eländ gschaffet u si schlächt ufgfüehrt, sy nid vil gsi u hei nid vil chönne, wo wette sie’s au glehrt ha!

Mi isch zur Ysicht cho, das dörf nümme so wyter goh; wen e Lehrer öppis Rächts söll leischte, müeß er vorhär sälber öppis Rächts glehrt ha: mi het si afoh um d’Lehrerbildung kümmere. Aber vo däm schlächte Gruch, wo sie vor Zyte drinne gstange sy, isch de Schumeischtere no lang e Yon aghanget. ’s Bärnervolch isch willig gsi, öppis für sche z’tue. Aber es het au welle, daß ne der Ringge ghörig yto u derfür gsorget wärd, daß ne der Haber nid i Chopf uehe wachs. Drum hei die angehende Lehrer i de Seminarie sträng müeße ghalte sy u jo nid öppe sölle studäntele! Das paßt für jungi Lüt us ryche Hüsere, aber nid für settigi us em unbemittlete Bürgertum, die hei z’schaffe u si no der Dechi z’strecke! Mi het nid uberflüssig Gäld wellen uslege für sche. I müglichscht churzer Zyt het für müglichscht weni Gäld 39 sölle müglichscht vil glehrt u usebrunge wärde. U drum sy d’Stundeplän uberlaschtet gsi mit Lehr- u Studierstunge. Im Summer sy d’Wuchetage ohni Usnahm mit 12 Lehr- u Studierstunge bsetzt gsi. Derzue sy no 2-3 Arbitsstunge cho, wo uber Mittag körperlig het müeße gschaffet wärde, u der Sunndig isch mit vier Studierstungen u Predigtbsuech belaschtet gsi, so daß d’Seminarischte mit Usnahm vo der oberschte Klaß wüchetlig 78-79 Lehr-, Studier- u Arbitsstunge hei uf em Buggel gha. Im Winter syn es de sächs Stunge minger gsi.

Wytuus am hertischte het em Fabi wehto, daß me de Seminarischte der Sunndig so eländ verhacket u verschnitte het. Nume vom Zwölfi bis am Föüfi ischt e Stumpe dervo frei blibe. Zum Heigoh oder zu me größeren Usflug het’s nid glängt. Nume die, wo i der Nöhi vom Seminar gwohnt sy, hei ihrne Lüte deheime chönnen e Bsuech mache. U worum het das so müeße sy? Wäg em Schaffe? Bhüetis nei, gschaffet hei nume die, wo mit eren Arbit sy im Hingerlig gsi un uf all Fäll drahi müeße hätti. Die angere hei nume gnirbet, d’Zyt z’todgschlage u si gländtwylet. U daß es so syg, het au der Seminarleitig u Lehrerschaft 40 nid chönne verborge blybe. Aber d’Chatz ischt a men angeren Ort im Heu gläge. Mi het de Seminarischte müglichscht weni Freiheit gloh, wil me ne nid trauet het. Wil me gförchtet het, sie chönnti se mißbruuche u em Ruef vom Seminar schade. Wil me gspürt het, daß me die junge Lüt zweni i der Hang het. Aber grad dermit het men erfruchtet, daß me se nid besser u sicherer i d’Hang ubercho het. ’s Seminarreglemänt isch zvil uf Zwang u Mißtrauen ygstellt gsi, uf Verhüeten u Verbot. Es isch besser ygrichtet gsi, für böse Wille z’bräche, weder guete Wille z’pflanze, u das ischt e Mangel gsi. Es gitt zwo Arte, mit de Lüten umz’goh: Emen jedere mißtraue, bis er bewise het, daß men ihm traue darf. Oder aber: Ihm Guets zuetraue, bis er bewise het, daß er Vertraue nid verdienet u weiß z’würdige. Die zwöüti Art isch wohl sicher die glückligeri. Fählschütz sy fryli uf ke Wäg völlig z’vermyde, die wird me gäng müeßen i Chauf näh. Aber mi cha kem Möntsche hälfe u cha ke junge Möntsch erzieh, we men ihm nüt Guets zuetrauet. ’s Vertraue ischt e Kran, wo die schwerschte Seelelaschten i d’Höhi zieht. Mißtrauen ischt es Uchrutvertilgungsmittel; es heißt, sorgsam dermit 41 umgoh, süsch vergiftet’s au d’Würze vo de guete Pflanze u die fynschten am erschte.

Ufsicht u Leitung hei jungi Lüt absolut nötig. Mi darf se-n-i ihrem gfährligschten Alter nid ihrne Triben uberloh. E feschti Ornig un e ghörigi Kontrolle isch die gröschti Wohltat für sche; aber sie mueß us würkligem Guetmeine gebore sy u mit Verständnis u Liebi ghandhabt wärde. Unzsämezellt vergliche: E Bärgweid mueß e Zuun ha, daß d’Güschtli u d’Füli nid uber d’Fluesätz uus falle. Aber chrank wärde chöü sie trotz em schönschte Zuun. Z’wachsen u z’trüeje, starch u gsung macht se nid der Zuun, sondere ’s Grüenne, d’Luft u d’Sunne, wo sie innert em Zuun finge. Reglemänt u Vorschrift chöü Fähltritte verhüete un e g’ordnete Betrib ermügliche; aber uf die geischtigi Chraft u ’s sittliche Wachstum hei sie weni Yfluß, u mängisch würke sie sogar wie ’s rote Tuech uf ene Stier. Dermit, daß ’s Bösen erschwärt u unger Strof gsetzt wird, isch das, wo etscheidet, no nid gwunne. We der Schelm i der Chefi hocket oder der Landjeger hinger ihm zuehe steit, stihlt er nid. Gäb er schi besseret heig, zeigt er de erscht, wen er Glägeheit het zum Stähle. Mit Gwalt lüpft me fryli e 42 Geiß hingerume; aber chuum het me se us de Fingere gloh, lauft sie scho wider i Chabisplätz. Was mit Schlegel u Weggen erzwängt worden ischt, het ke volle Wärt u ke sichere Bstand. Wichtiger, weder em Böse z’wehre isch es, d’Freud am Guete z’wecken u z’mehre. ’s Guete het ersch denn feschti Würze, wen es us freiem Willen ufblüeit u mit Luscht u Liebi ergriffen ischt.

Derartigi Erwägunge sy sicher au eme Teel vo der Seminarlehrerschaft nid völlig frönd gsi. Aber vom Wüsse bis zum Umsetzen i der Praxis isch no ne wyte Wäg. Es stelle si hinderlig derzwüsche die möntschligi Unvollkomeheit u Schwierigkeiten aller Art. Die junge Lüt sy us allne Landesteile cho, mangelhaft vorbildet, unglych veranlagt u entwicklungsfähig u teelwys scho verreiset, d. h. mit der Neigung behaftet gsi, der Lehrer für ne Drässör u Ploggeischt az’luege, wo me si müeß gägen ihn wehre. Nid daß si der Widerstand je öffetlig hätt vüregwagt. Üsserlig het si alls i greglete Bahne vollzoge. Aber im Gheime isch doch i vilne vo dene junge Gmüetere Abneigung, Unbehage u Unzufrideheit vorhange gsi, wo die beschten Absichte vo der Seminarleitig 43 vereitlet u durchchrüzt het. D’Seminarischte hei ’s ihrne Lehrere nid liecht gmacht; aber au d’Lehrer sy nid ohni Schuld gsi. I der Pädagogikstung het’s gheiße: We i re Schuel Fähler vorchömi, soll der Lehrer der Grund vo allerierscht bi ihm sälber sueche. E schöne Grundsatz! We nume gäng dernoh wär gläbt u ghandlet worde! Es het Lehrer ggäh, wo ihrer pärsönlige Rachsucht hei lo d’Zügel schieße. We sie mit eme Schüeler sy ubereggs gsi, hei sie-n-ihm e Bemerkung i ’s Züügnis gschmiert, ohni daß einischt unparteiisch wär ungersuecht worde, wär meh im Fähler syg, der Schüeler oder der Lehrer. Der Machtstandpunkt u ’s Ansähe vo der Lehrerschaft hätti das nid erlaubt, der Lehrer het müeße deckt wärde. D’Seminarlehrer sy unfählbar gsi, d’Seminarischte «Zöglinge», wo no i jeder Beziehung hei müeße gförmt wärde. Nid allne Lehrere isch es ggäh gsi, i dene junge Lüte ihri künftige Mitarbeiter u Kamerade z’gseh. Teel vo de Seminarischte hei fryli ihri Geduld uf mängi herti Prob gstellt. Aber we die junge Lüt kener Fähler hätti, we nüt an ne z’verbessere wär, für was hätt me de Erzieher nötig? U dörft me vom Erzieher nid meh Sälbschtbeherrschung 44 u Seelegrößi erwarte als vom Erzogene, meh Ryfi u Wytblick?

Für das, wo ne nid paßt het, hei si de d’Seminarischten au wider schadlos ghalte. We sie sy verergeret gsi, hei sie d’Lehrer verhächlet, nen Ubernämen aghäicht, se veranteret u äxtra grob u wüescht gredt. Es ischt en Art Rach derby gsi. «Dihr wettit Tugetmuschter us is mache, wettit, daß mer rächt höflig, nätt u manierlig wäri u grüüseli gebildet redti, für daß es de hieß, was dihr für usgezeichneti Lehrer sygit. Jetz mache mer äxtra ’s Gägeteel u löhn is rächt goh. Es ischt ech doch gäng meh um euch sälber z’tüe u um e Ruef vom Seminar, weder um üs!» So het der Trotz d’Dankbarkeit für das vile Guete, wo au bote worden ischt, uberwuecheret u verdrängt.

A me Sunndizmittag, we ändtligen Usgang gsi isch, sy d’Seminarischten usenangere gstobe wie Hüngli, we me se-n-ab der Chötti loht. Die churzi Freizyt het müeßen usgnutzet sy bis dert u änenume. Bi der erschte Punt ychehre! Lieber zwöü Bier mitenangere bstelle, weder numen eis, daß men emel jo rächt zum Streich chöm u vo der Freizyt müglichscht vil Gnuß heig! ’s isch nid bi allne so gsi; aber 45 ’s Bierheldetum isch doch bi mängem i Schwang cho u die blödschti Syte vom Studäntetum noheg’äfft worde. E Jaß i mene verschwigene Wirtshuuseggen usse ischt es Frässe gsi. So isch mängem d’Sunndigfreud am Bierglas u de Jaßcharte ghanget oder het si uf eme Cheigelris usse oder i mene Tanzsääli usgwürkt, vom Sport het me dennzemol no weni gwüßt. U d’Verbot u Mahnige hei däm magere Sunndigsvergnüegen ersch der chüschtig Reiz ggäh.

We der Fabian Hummel i ryfere Johren a die Zyt däicht het, ischt allimol es Beduuren uber ihn cho. Wievil schöner, rycher u fruchtbarer hätt allszsäme chönne sy, we men enangere besser verstangen u i d’Häng gwärchet hätt un är sälber chly minger dumme gsi wär!


 << zurück weiter >>