Salomon Geßner
Neue Idyllen
Salomon Geßner

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Thyrsis.

Umsonst, so klagte Thyrsis seine Qual, für mich umsonst, ihr gütigen Nymphen, schwebt angenehme Kühlung in diesen Schatten, wo ihr eure Quellen im wölbenden Gesträuch ausgiesset. Ich schmachte, ach, wie man an der Sommersonne schmachtet! Unten am kleinen Hügel, auf dem die Hütte der Chloe steht, saß ich, und blies der Echo ein sanftes Liedgen vor. Oben beschattet den Hügel der Baumgarten, den sie wartet und pflanzt, und neben mir plätscherte das Wasser herunter, das ihn durchschlängelt, an dessen blumigtem Bord sie oft schlummert, oft ihre Hände und Wangen kühlt. Plötzlich hört ich das Knarren des Riegels, der des Gartens Thüre schließt. Sie trat heraus; ein sanfter Wind flatterte in ihrem blonden Haar und im leichten Gewand. O wie schön, wie schön war sie! Ein reinliches Körbgen voll glänzender Früchte trug sie an der einen Hand; und schamhaft, auch da wo sie keinen Zeugen vermuthet, hielt sie mit der andern das Gewand über den jungen Busen vest; denn ihn würde der Wind in seinem Spiel entblösset haben; aber es schmiegte sich um Hüften und Knie, und flatterte sanft tauschend rückwerts in die Luft. So gieng sie auf der Höhe des Hügels vorüber. Aber zween Äpfel fielen vom Körbgen, und hüpften den Hügel hinunter, gerade auf mich, auf mich zu, als hätt' Amor selbst ihren Lauf gelenkt. Ich nahm sie von der Erde, und drückt' an meine Lippen sie; und so trug ich sie den Hügel hinauf und gab sie dem Mädchen wieder; aber meine Hand zitterte, ich wollte reden, aber ich seufzte nur. Aber Chloe blickte nieder, sanfte Röthe überhauchte ihre schönen Wangen; sanft lächelnd, und röther, schenkte sie die schönen Apfel mir. Jetzt standen wir, ach was ich empfand! schüchtern beyde; jetzt gieng sie mit sanftem Schritt der Hütte zu. Mein unverwandter Blick sah ihr nach; da sie hineintrat, sah sie zögernd und freundlich noch einmal zurücke; sah ich sie gleich nicht mehr, mein Blick war doch an die Schwelle der Thüre geheftet. Jetzt gieng ich, Zittern war in meinen Knien, den Hügel hinunter. Ach, Stehe du mir bey, gütiger Amor! Was ich seither empfinde, wird nie wieder in meinem Busen erlöschen.


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