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4. Kapitel. Lotte Bach zur Frauenbewegung.

»Seit wir ein eigenes Heim haben, ein Restaurant mit Aschinger-Preisen, ein Lesezimmer mit allen denkbaren Tageszeitungen, Zeitschriften und einer anständigen Bibliothek, Salons, Musik-, Rauchzimmer, seitdem sind wir geborgen. Wir haben ein Heim für wenige Mark im Jahre, sind bei Niemandem zu Gast und brauchen uns bei Keinem zu bedanken. Nebenbei wird uns gratis eine Menge Vergnügen geboten: Musikabende, Vorlesungen, Recitationen, Diskussionen, gesellige Vereinigungen. Immer können wir nette Bekanntschaften machen und Anschluß finden!« – so erzählte bei einem geladenen Mittagessen eine Dame voller Begeisterung. – Die anwesenden Herren hörten mit spöttischem, ungläubigen Lächeln zu. »Ich kann den Segen nicht so recht einsehen!« bemerkte der Hausherr. – »Nun eben, je mehr sich die Damen abschließen, um so weniger werden sie geheiratet werden!« – meinte ein anderer. – »Ein Heim hat eine jede Dame, dito Freunde, welche sie besuchen kann!« fügte ein Dritter hinzu. – Damit entfesselten sie einen Sturm unter den Damen des Kreises! – – »Oho! – rief die Eine – Die Zeiten, wo wir geheiratet wurden, sind vorbei. Wir sind jetzt selbständig, erwerben, was wir brauchen, und überlegen es erst tausendmal, ehe wir eine Ehe schließen aus bloßer Neigung oder um der Altersversorgung willen!« – – »Also wir Männer sind von der Tagesordnung abgesetzt?« – – »Oh, das will ich nicht sagen, aber wir Damen sind auf die Tagesordnung erst hinaufgesetzt! Nicht zum Schaden der Kultur!« – – »Das glauben Sie!« – – »Gewiß, davon bin ich überzeugt!«

»Um Ihnen, zu antworten, Herr Doktor! – begann eine andere das Gespräch – Sie urteilten etwas vorschnell! Durchaus nicht jede Dame hat ein Heim oder hat die Lust, sich stets bei Bekannten oder Verwandten als Gast umherzutreiben! Die meisten erwerbenden Frauen haben einen Raum zum Schlafen und Wohnen. Sie sind in einem solchen Verein glückselig über Luft, Licht, Wärme, über das Zusammenkommen mit Gleichgesinnten, das dennoch zu nichts verpflichtet!« – – »Denken Sie nur daran, was es für eine Wohlthat ist, wenn man nach den erfüllten Pflichten nicht in die häusliche Misere oder sein einsames Zimmer zurück muß, sondern erst im Verein ein Paar Stündchen ausspannen kann. Von den Anregungen ahnen Sie ja alle nichts! Nur ich kann das empfinden, weil es mir so geht!« – – »Ach, liebes Fräulein Schmied, man hat mir gesagt, daß Villenbesitzerinnen, Mitglieder der hohen Finanz, des Adels, bei Ihnen zusammenkommen. Solche Frauen haben doch gewiß ihre eigenen Wohnungen?« – – »Erstens sprechen Sie von dem andern Klub, den eine Bekannte den ›Luxusklub‹ getauft hat. Aber ich sehe garnicht ein, warum sich auch solche reichen und vornehmen Frauen nicht ein neutrales Rendezvousplätzchen schaffen sollen? Ich bitte Sie, all die Herren dieser Kreise haben ihre Vereine, Klubs und Stammtische. Und treffen sich außerdem auf den Rennplätzen etc. Warum sollen die Frauen zurückstehen? Bitte?« – – »Man hat mir erzählt, daß bei Ihnen Karten gespielt wird. Das Jeuen war bisher beinahe nur ein männliches Laster. Warum wollen Sie es in dem weiblichen Geschlecht groß ziehen?« – – »Im andern Klub wird um winzige Summen gespielt, und noch nie ist irgend eine gewagte Summe gewonnen oder verloren worden. Bei uns darf überhaupt nicht um Geld gespielt werden! Also weisen Sie solchen verleumderischen Unsinn bitte von heute ab schroff zurück!« – – »Gern, ich lasse mich belehren! – erwiderte der Herr – Aber was thun Sie da denn eigentlich? Lösen Sie die soziale Frage, oder bleibt es bei Klatsch, Dienstboten, Wäsche und Kindern?« – – »Jeder das Ihre! Es giebt keinen Zwang, Herr Traut! Ich glaube, wir besprechen just dieselben Sachen, die Sie in Herrenkreisen erledigen! Klagen Sie über Ihr männliches Personal, so thun wir es über das weibliche! Erzählen Sie Ihre Triumphe bei Damen, so machen wir das Gleiche über unsere Herzenshelden! Schädigen Sie den Ruf Ihrer Freunde durch Geschwätz, wie dies ja sehr oft der Fall sein soll, so handeln unsere Mitschwestern ebenso untereinander! Wir können uns alle an die Nasen fassen, denn wir sind alle Menschen und keine Engel! Wir haben die gleichen Vorzüge wie Sie und dieselben Schwächen! Nur sind wir nicht ehrgeizig und lassen Ihnen, was das Laster des Rauchens, Trinkens und Spielens anbetrifft – gern den Vorrang!« – – »Gut abgeschlagen! – entgegnete Traut lachend – Ich strecke gleich die Waffen, nur noch ein paar Fragen, um deren offene, unverhohlene Beantwortung ich bitte!« – – »Zu Ihrer Verfügung, fragen Sie ungeniert!« – – »Danke ergebenst! Also langweilen Sie sich nicht doch ohne das männliche Element?« – – »Mein verehrter Herr Traut, das ist ganz individuell! Der Austausch einer Unterhaltung zwischen zwei verschiedenen Geschlechtern ist vielleicht reizvoller, sogar entschieden interessanter! Aber ebenso, wie sich Männer mit Männern höchst angenehm unterhalten können, so ist es auch mit uns! Entbehren Sie uns Frauen nicht auch in Ihren Herrenvereinen?« – – »Offen gesagt, nein! Denn wir kommen ja zusammen, um unter uns zu sein!« – sagte er. – »So weit wollte ich Sie, mein Bester! Genau so geht es uns! Wir wollen auch ohne Zwang einmal beisammen sein. Und Sie sollten nur einmal sehen, wie lustig und wie ernst es bei uns hergehen kann. Sie können sich keine angeregteren Geselligkeiten, keine ernsteren Diskussionen denken, als die unseren! Und vor allem keine dankbareren Zuhörer!« – –

»Gewiß, meine Herren, es ist sehr leicht, zu urteilen und zu ironisieren! Sie setzen sich aufs hohe Roß und spotten oder verneinen da einfach eine Bewegung, welche sich aus den sozialen Verhältnissen herausgeboren hat! Das ist nicht einmal klug! – sagte eine alte Dame – Ebenso wenig wie Sie je wieder die Arbeiterbewegung zum Aufhalten und Aufhören bringen können, ebenso wenig werden Sie mit der Frauenbewegung fertig werden! Der Stein rollt nun einmal! Sie, die Männerwelt, werden sich mit dieser Thatsache abfinden müssen, genau so wie wir Frauen. Und von Ihnen wird es abhängen, ob die Auswüchse dieser Bewegung verschwinden oder sich noch auswachsen!« – – »So geben Sie uns ein Mittel, Sie als Dame, Mutter und Gattin, raten Sie uns!« – bat ein Herr. – »Dieses Mittel ist einfach! – meinte die Greisin lachend – Sorgen Sie, daß der Storch viel mehr Knaben bringt als Mädchen! Geben Sie all den herangereiften Jünglingen den Rat, jung zu heiraten, ihre Gattinnen je nach deren Anlage überaus glücklich zu machen, ihnen eine sorgenlose Zukunft zu schaffen. Und so fort durch alle Generationen! Wenn Sie Ihre Frauen sorglos und befriedigt, ausgefüllt und glücklich sehen werden, dann sehen Sie die Frauenfrage gelöst!« – – »Das sind Utopieen, meine gnädige Frau!« – – »Sicher, Herr Bernek, darum ist die Sache auch nicht mehr zu halten. Die unbeschäftigte verheiratete oder ledige Frau wird sich einen Beruf suchen, der ihr entspricht! Die unbemittelte erst recht! Es hilft Ihnen alles nichts! Sie werden nachgeben, wenn Sie nicht das allgemeine Weltenrad des Fortschrittes zum Aufhalten bringen wollen!«

»Meine Herren, biegen wir uns beizeiten, ehe man uns zum Brechen zwingt!« – rief Herr Traut. – »Wir sind das sinkende Gestirn, es lebe das aufgehende: die Frau!« – Die Herren hoben ihre Gläser und tranken den Damen lachend zu. Jedoch diese blieben, trotz des verhaltenen Spottes dieser Bewegung, ruhig. Sie waren ihrer Sache sicher. – Die Debatte war über den Höhepunkt längst hinweg, und so war es ganz gut, daß neue Gäste eintraten, welche begrüßt werden mußten. Es waren Frau Feller, ihr Sohn und ihre Schwiegertochter Lotte Bach. Diese musterte die Gesellschaft mit scharfem Rundblick. »Sie sehen doch alle so animiert aus, meine Herrschaften!« – sagte sie dann neugierig – »Ja, liebes Fräulein, wir hatten eine äußerst angeregte Streitfrage!« – erwiderte die Schmied. – – »Sie sind ein so gesundes Geschöpf, Fräulein Bach, wie stehen Sie zur Frauenbewegung?« – fragte Bernek.

Lotte überlegte eine Sekunde. Dann hob sie ihren Arm, legte ihn um Willis Schulter und schmiegte sich zärtlich an ihn. »Das ist die schönste, normalste und befriedigendste Frauenbewegung, von Adam bis zum jüngsten Tage!« – entgegnete sie überzeugt. – »Bravo!« – – »Famos!« – – »Ausgezeichnet!« – Die Herren jubelten und triumphierten. Die Damen waren enttäuscht. – Lotte richtete sich auf und klopfte auf den Tisch. »Ruhe!« – – Es wurde still. – – »Seien Sie nicht komisch, meine Herren. Keine Frau der Welt denkt anders als ich! Wenn der Richtige kommt, strecken alle die Waffen und huldigen dieser Bewegung. Alle! d. h. beim Richtigen! – – – – – – Nun kommt der aber nicht immer! Sei es, daß er seine eigentliche bessere Hälfte nicht kennen lernt, eine Andere nimmt und sie schießen läßt! Oder – – – – daß er überhaupt nicht vorhanden ist, denn es giebt sehr viel mehr Frauen als Männer! Oder – – – – daß er sie aus pekuniären Rücksichten nicht heiraten kann! Nicht wahr?« – – »Natürlich, das soll vorkommen!« – – »Na also! Dann müssen wir eben für diese allein in der Welt herumlaufenden Hälften freie Bahn schaffen. Die Überzähligen und solche, die es sein wollen, müssen sich bewegen können, soweit es ihre weibliche Anlage und ihre Begabung gestatten. Platz für sie!« – – »Bravo!« – – »Sehr gut, Lotte!« – – »Oho!« – – »In welcher Weise, noch mehr Konkurrenz schaffen?« – – »Proletariat genug in allen Berufen!« – rief man durcheinander.

»Kampf ums Dasein! Voilà tout! Sicher wird er größer, das schadet nichts, da erwachen die Kräfte. Im übrigen war er im unteren Volk stets! Die Arbeiter hatten sich auf dem Lande, in der Industrie längst damit abgefunden. Jetzt zappeln die feinen Herrchen!« – – »Sie verlangen also gleiche Löhne für beide Geschlechter? Pfui, Fräulein Bach!« – – »Bei gleichen Leistungen ohne Frage. Wenn die Leinewand dem Chef gut gewebt überreicht wird, hat er den Preis zu zahlen, gleichviel ob Hans oder Grete am Webstuhl saßen!« – – »Bravo!« – – »Die Leistungen sind aber meistens nicht gleich, die Frau ist doch nun einmal physisch untergeordnet!« – sagte Traut zur Empörung aller anwesenden Frauen, die sich hilfeheischend an die neue Wortführerin Lotte wandten.

»Die Mehrzahl des weiblichen Geschlechtes ist fraglos untergeordnet, das liegt schon in der Natur. So lange diese uns nicht ummodelt, bleiben wir es. Psychisch und geistig werden wir Frauen eine männliche Höhe vielleicht später erreichen, körperlich trotz aller Sports nie!« – – »Aber, Fräulein Lotte!« – – »Pfui!« – – »Mittelalterliche Auffassung!« – »Ich gehe sogar noch weiter! – rief Lotte – und zwar aus meiner praktischen Erfahrung und Beobachtung. Nämlich: die Überbildung, die Verfeinerung, kurz das künstliche Emporschrauben des weiblichen Geistes geht auf Kosten des Körpers, der Nerven! Ist ja bei den Herren auch der Fall! Denken Sie nur an die vielen Glatzen, die nervösen Gesichter, die Pincenez bei unseren Studierten! Ich bin sicher, wenn das so mit Dampf weitergeht, kommen wir auf weibliche Kahlköpfe. Die Schönheit vergeht, die Frauen verkümmern!« – – »Pfui!« – – »Bravo!« – – »Wie stehen Sie zum Radeln, Rauchen, Emancipiertthun?« – fragte ein Herr. Lotte sann nach: »Jedes Gethue ist gräßlich, und ein Mann-Weib mir genau so gräßlich wie ein weibischer Mann! Die Raucherei ist Geschmacksache. Wenn es eine Dame rauchert, bon! Warum soll sie nicht die Zigarette ebenso gut nehmen, wie ein Herr eine Süßigkeit? – Allerdings muß sich die Raucherin der herrschenden Sitte anpassen und nicht provozieren! Eine rauchende Dame bei uns in den Straßen ist mir ebenso unerfreulich, wie ein Mann mit wallenden Locken! Gewohnheit ist nun einmal eine Herrscherin. Radeln – strampeln? Wohl dem und der, die es verträgt! Ich sehe darin nichts Unweibliches!« – – »Na, und wie stehen Sie zu den Versammlungen, Frauenvereinen und Frauenrechtlerinnen? Sind Sie für Agitation, Fräulein Bach?« – fragte einer gespannt. –

»Es muß auch solche Käuze geben! – sagte Lotte – Ich bewundere diese Vorkämpferinnen sehr und finde, die Menschheit sollte ihnen danken! Sie leisten doch Enormes!« – – »Aus Großmannssucht, Ehrgeiz, Eitelkeit!« – – »Mir schnuppe! Der Zweck ist gut!« – – »Sie schaden der Sache!« – – »Ach was, Herr Bernek, das ist nun Blech, pardon! Propheten sind immer verbrannt worden und haben doch genützt! Lassen Sie diese braven Damen kämpfen! Ich bin ihnen dankbar für ihr Thun im Namen meiner nicht so glücklichen Mitschwestern! »Ich« bin für die normale Laufbahn der Frau, wenn es irgend thunlich ist. Das Weib soll die mitkämpfende Kameradin ihres Mannes, die Mutter ihrer Kinder, die Freundin ihres Kreises, und später, wenn ihre eigenen Pflichten erfüllt sind, die Wohlthäterin der Armen werden!« – –

Alle stimmten ihr zu. »Das ist leicht gesagt, liebe Lotte, schaffen Sie jeder einen Gatten!« – – »Ach, wie gern thäte ich es, verehrte Frau! Die Frauenrechtlerinnen mögen reden, was sie wollen; aber ich bleibe bei meiner Überzeugung! Jeder andere Beruf, jede Wissenschaft, alles ist nur ein Surrogat für Mann und Kind? Ein Strohhalm, nach dem man greift, wenn man in dem normalen Wasser gescheitert ist! Wohl denen, die dann wenigstens sich mit dem Surrogat glücklich fühlen! Ich würde es für eine Sünde halten, ihnen diese Illusion zu rauben. Aber eins weiß ich: alle Talente der Welt, alle Titel sämtlicher Universitäten gäbe ich hin um dieses lumpigen Mannes willen!«

Sie reichte Willi überströmend beide Hände. Er küßte ihre Finger. Die andern klatschten Beifall oder stritten. »Fräulein Bach, noch eine Frage! Entschuldigen Sie, wenn ich der kleinen Berliner Range heute so ernst komme!?« – – »Bitte, die Range hat zwei Seelen in ihrer Brust!« – – »So, dann darf ich es wagen! Wir sprachen vorhin von Theatern, Bällen und sonstigem Berliner Bummel, da erzählte Fräulein Schmied von dem neuen Frauenklub und behauptete kühn, daß sich die Damen unter sich dort besser unterhielten, als mit Herren! Ist das wahr?« – – Lotte lachte heiter. »Der Klub ist vielleicht die segensreichste Erfindung der Neuzeit, ein famoser Aufenthalt! Wir alle: Mutter, Schwestern und ich sind Mitglieder und haben dort reizende Stunden, frohe und ernste, verlebt!« – – »Aha, etsch, Herr Traut!« – – »Sehen Sie wohl, Herr Bernek!« – –

Lotte hob die Stimme. »Allerdings wollen wir nicht vergessen, daß edle Menschenfreunde diese Vereine begründeten, um Damen ohne Heim oder Familienanschluß einen Ersatz zu schaffen! Auch der Klub ist nur ein Ersatz, ein Surrogat, für andere Geselligkeit!« – – »So, liebes Fräulein, haben Ihnen dort schon einmal Herren gefehlt?« – fragte die Bestrittene zornig. – – »Na ob, mächtig, liebes Fräulein Schmied, wenn es so ganz besonders reizend war, dann dachte ich stets: Ach wenn doch nun noch eine Menge recht netter Herren sich hier mit unterhalten könnten, dann wäre es vollendet! Richtiger Schneid kommt doch nur, wenn beide Geschlechter da sind! Und offen gesagt, so ein paar kleine »Knutschecken« sind garnicht zu verachten, für Liebespärchen! Und gerade im Klub giebt es so reizende junge Mädel, daß ich die Männer nie verstehe, die solche Pflänzchen verblühen lassen! Wie oft möchte ich denen ein paar flotte Offiziere, Kaufleute oder Studierte herbeizaubern!« – – »So, da stehen Sie mit diesen Wünschen recht vereinzelt da!« – – »Keine Spur, die meisten denken so, sagen es nur nicht öffentlich. Und die, welche es aus Überzeugung ableugnen, können mir leid thun!« – – »Bravo, sehr richtig!« – –

»Haben Sie sich auf unserm Fastnachtsfest nicht amüsiert? Waren all die schönen Kostüme und der aufgebotene Putz etwa aus Koketterie für die Herren?! Die Damen wußten doch, daß sie nur von Damen gesehen wurden?« – – »Gewiß war das Kostümfest famos; aber, bestes Fräulein, ich werde Ihnen gleich beweisen, daß ich recht habe! Der Hauptwitz bestand doch darin, daß sich die Damen als Herren verkleideten und wie solche benahmen. Ich persönlich kann gerade diese Maskerade nicht ausstehen und hätte lieber ein paar wirkliche Herren dabei gehabt! Wäre das nicht natürlicher? So war es doch wieder unnatürlich und in die richtige Feststimmung hineingeschraubt!« – – »So, das ist Ansichtsache! Wie gefallen Ihnen denn die musikalischen und geselligen Abende, die Diskussionen?« – – »Großartig, Fräulein Schmied, ich bewundere die Veranstalterinnen und bin ihnen von Herzen dankbar, daß sie soviel einsamen Wesen zu frohen Stunden verhelfen!« – – »So nennen Sie dies auch Surrogat-Vergnügen und entbehrten Sie auch da das männliche Geschlecht?« – – »Selbstredend! Gerade, wenn ich mich allein amüsieren soll, fehlt mir mein Bräutigam doppelt!« – – »Wenn Sie aber keinen haben?« – – »Dann wünsche ich mir irgend einen andern maskulinen Erdsohn zur Stelle!« – – »Nennt man das nicht ein bischen – – – – – verzeihen Sie – – – mannstoll?« – – »Möglich!« – –

»Oh nein, Fräulein Schmied, dagegen protestiere ich sogar! – meinte die alte Dame – Entschieden können wir uns glänzend ohne die Herren der Schöpfung amüsieren! Aber schöner ist es doch entschieden, wenn wir uns mit ihnen vergnügen!« – – »Bravo!« – – »Ganz unsere Meinung, gnädige Frau, wenn wir mit unseresgleichen genügend beisammen waren und kehren zu den Damen zurück, dann sehen wir erst, wie schön solche Gemeinsamkeit ist!« – – »Standpunktssache!« – – »Auffassungspunkt. Wir Damen unter uns haben uns im Klub himmlisch amüsiert. Fräulein Bach ist Braut und Herrenfreundin. Das erstere ist an und für sich ein unnormaler Zustand, das letztere meist unheilbar!« – erklärte die Schmied. Die andern Anwesenden lachten. »Ich wünschte, ich könnte mit dem ersteren im Klub recht ansteckend wirken und alle jungen Mitglieder unter die Haube bringen! – meinte Lotte Bach vergnügt – Oder ich könnte einen Klub gründen, wo rechts die Damen – links die Herren ihre privaten Räume hätten. Die Salons und Gesellschaftszimmer aber müßten gemeinsam sein! Ich bin wie die Berliner für »Bouletten apart« – Haare apart! Aber nicht für Herren apart – Damen apart!« – – Wenn es nach mir ginge, gäbe es keine Junggesellen und keine alten und jungen Jungfern mehr in der Welt!« – – »Bravo, das ist der richtige Standpunkt einer glücklichen Braut!« – – »Er ist etwas egoistisch!« – – »Nein! – widersprach Lotte heftig – Er ist sogar sehr altruistisch. Ich bin so unendlich glücklich, daß ich wünschte, die ganze Welt wäre es mit mir und durch mich?«


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