Stefan George
Das jahr der Seele
Stefan George

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Überschriften und Widmungen

Lieder wie ich gern sie sänge
Darf ich freunde ! noch nicht singen
Nur dies flüchtige gedränge
Scheuer reime will gelingen.

Hinter reben oder hinter
Stillen mauern zu kredenzen
Zur erheitrung weisser winter
Und zum trost in fahlen lenzen.

Was ich nach den harten fehden
In den schooss des friedens bette
Und aus reicher Jugend eden
In das leben über-rette.

Zu meinen träumen floh ich vor dem volke ·
Mit heissen händen tastend nach der weite
Und sprach allein und rein mit stern und wolke
Von meinem ersten jugendlichen streite.

Die blumen hergeholt aus reichem leben
Umflocht ich frei und stolz an goldnen kreisen ·
Dem fern im licht geheiligten efeben
Verklang sein schmerz in feierlichen weisen.

Zu göttertalen · blinkenden mäandern ·
Ich liess in stätten innig hoher Sitten
Und in den süden meine seele wandern
Wo sie gekrönt den martertod erlitten.

Und heut geschieht es nur aus Einem gründe
Wenn ich zum sang das lange schweigen breche
Dass wir uns freuen auf die zwielichtstunde
Und meine düstre Schwester also spreche :

Soll ich noch leben darf ich nicht vermissen
Den trank aus deinen klingenden pokalen
Und führer sind in meinen finsternissen
Die lichter die aus deinen wunden strahlen.

Des sehers wort ist wenigen gemeinsam :
Schon als die ersten kühnen wünsche kamen
In einem seltnen reiche ernst und einsam
Erfand er für die dinge eigne namen -

die hier erdonnerten von Ungeheuern
Befehlen oder lispelten wie bitten ·
die wie Paktolen in rubinenfeuern
Und bald wie linde frühlingsbäche glitten ·

An deren kraft und klang er sich ergezte ·
Sie waren wenn er sich im höchsten schwunge
Der weit entfliehend unter träume sezte
Des tempels saitenspiel und heilge zunge.

Nur sie - und nicht der sanften lehre lallen ·
Das mütterliche - hat er sich erlesen
Als er im rausch von mai und nachtigallen
Sann über erster sehnsucht fabelwesen ·

Als er zum lenker seiner lebensfrühe
Im beten rief ob die verheissung löge ..
Erflehend dass aus zagen busens mühe
Das denkbild sich zur sonne heben möge.

Als ich zog ein vogel frei aus goldnem bauer
Ward der segen mir in reichem maasse ·
Frauen warfen von der mauer
Rosen auf die strasse.

Durch der länder wunder · marmor der paläste
Grauen in den heiligen gezelten
Zog ich fern vom schwarm der gäste
Und ich sang nur selten.

Jahre flossen · von den heimatlichen essen
Wirbelt rauch zum grauen wolkenraum.
Ich erhoffe nur vergessen
Ruh und blassen traum.


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