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Nachschrift von fremder Hand

Im Weinmond des Jahres 1467 ist zu mir, Georg von Ehingen, Ritter, der alte Knecht Eitel in großer Hast gekommen, und hat mir vermeldet: wie es den Anschein gewinne, als solle meines lieben Herrn Vaters letztes Stündlein in kurzem schlagen, und ich mich eilen müsse, so ich ihn noch am Leben treffen wolle. Hab' mich auch ungesäumt aufgemacht, und bin ohne zu rasten nach dem Güterstein geritten,

Dorten fand ich meinen Herrn Vater schon sehr schwach und merklich verändert im Gesicht, wie er denn auch schon als ein Sterbender die Salbung mit dem heiligen Öle empfangen. Hat mich jedoch noch wohl erkannt und mir milden Trost zugesprochen, daß ich nit um ihn weinen möge, weil er ja doch nach langer, mühseliger Pilgerfahrt zum ewigen Frieden eingehe, und hat mir die Hand auf die Stirn gelegt und ferner gesagt: Ich gönne Euch der Ehren wohl, daß Ihr bei Eures Vaters Ende sein dürft. Ich habe aber Gott den Herrn allerwegen gebeten, wenn es mir nutz wäre zur Seligkeit, daß er mir so viele Jahre und Tage verleihen wolle, als Sankt Johannes der Apostel und Evangelist gelebt. Solches hat er fast an mir erfüllet. Ich bin auch bereit mit ganzen Freuden zu sterben.

Hierauf hat er das Haupt geneigt und ist still und friedlich in dem Herrn entschlummert am Tage Sankt Galli, alt neun und achtzig Jahre, von denen er die letzten acht in der Karthause verbracht; und habe ich seinem Willen gemäß den Leichnam auf mein Schloß Hohenentringen abführen lassen, allwo er in der Kapelle eingesenkt worden und einer seligen Auferstehung entgegen harrt. Es ist aber mein dahingegangener Vater allstund ein frommer Christ gewesen und getreuer Diener seiner Herren, und ein ehrlicher Rittersmann in Worten und Thaten, und begehre nur, sie sagten nach meinem Tode das nämliche von mir, wozu mir Gott und seine Heiligen ihren Beistand verleihen wollen. Amen!


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