Friedrich II. von Preußen
Das Testament des Königs
Friedrich II. von Preußen

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Das Testament

Unser Leben ist ein kurzer Übergang von unserer Geburt bis zu unserem Tode. In dieser kurzen Frist ist es dem Menschen bestimmt, für das Wohl der Gesellschaft zu arbeiten, deren Glied er ist. Seit ich zur Leitung der Staatsgeschäfte berufen ward, habe ich mich mit allen Kräften, die mir die Natur verliehen, und nach meiner schwachen Einsicht bestrebt, den Staat, den zu regieren ich die Ehre hatte, glücklich und blühend zu machen. Ich habe Recht und Gesetz zur Herrschaft, Ordnung und Klarheit in die Finanzen gebracht und im Heere die Manneszucht erhalten, durch die es allen anderen Truppen Europas überlegen wurde. Nachdem ich diese Pflichten gegen den Staat erfüllt habe, hätte ich mir ewige Vorwürfe zu machen, wenn ich meine Familienangelegenheiten vernachlässigte. Zur Vermeidung von Zerwürfnissen unter meinen Angehörigen, die wegen meiner Erbschaft entstehen könnten, erkläre ich durch diese feierliche Urkunde meinen letzten Willen.

1. Gern und ohne Bedauern gebe ich meinen Lebensodem der wohltätigen Natur zurück, die ihn mir gütig geliehen hat, und meinen Leib den Elementen, aus denen er besteht. Ich habe als Philosoph gelebt und will als solcher begraben werden, ohne Trauergepränge und Leichenpomp. Ich will weder seziert noch einbalsamiert werden. Man bestatte mich in Sanssouci auf der Höhe der Terrassen in einer Gruft, die ich habe herrichten lassen.Diesem Wunsch des Königs wurde nicht entsprochen, da er bekanntlich in der Garnisonkirche in Potsdam neben seinem Vater beigesetzt ist. Prinz Moritz von NassauJohann Moritz von Nassau-Siegen (gestorben 1679). ist ebenso in einem Wäldchen begraben worden. Sterbe ich in Kriegszeiten oder auf Reisen, so soll man meine Leiche am ersten besten Orte beisetzen und sie im Winter nach Sanssouci an die oben bezeichnete Stätte überführen.

2. Meinem lieben Neffen Friedrich Wilhelm, dem Thronfolger,Der spätere König Friedrich Wilhelm II. (1744 – 1797). hinterlasse ich das Königreich Preußen, die Provinzen, Staaten, Schlösser, Festungen, Munition, Zeughäuser, die von mir eroberten oder geerbten Länder, alle Kronjuwelen, die sich in Händen der KöniginElisabeth Christine von Braunschweig-Bevern (1715 – 1797), seit 1733 Gemahlin König Friedrichs, der sich von ihr nach seiner Thronbesteigung 1740 trennte. und seiner GemahlinElisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel wurde am 21. April 1759 vom Prinzen von Preußen geschieden. Am 12. Juli 1769 vermählte er sich wieder mit Prinzessin Friederike von Hessen-Darmstadt. befinden, die Gold- und Silberservice, die in Berlin sind, meine Landhäuser, die Bibliothek, das Münzkabinett, die Gemäldegalerien, Gärten usw. Ferner hinterlasse ich ihm den Staatsschatz, so wie er ihn an meinem Todestag vorfinden wird, als Eigentum des Staates und allein zur Verteidigung des Volkes oder zur Erleichterung seiner Lage bestimmt.

3. Sollte ich eine kleine Schuld hinterlassen, an deren Bezahlung der Tod mich gehindert hat, so soll mein Neffe zu ihrer Bezahlung verpflichtet sein. Dies ist mein Wille.

4. Der Königin, meiner Gemahlin, hinterlasse ich das Einkommen, das sie genießt, und das jährlich um 10 000 Taler erhöht werden soll, zwei Faß Wein jährlich, freies Holz und das Wildbret für ihre Tafel. Unter dieser Bedingung ist die Königin verpflichtet, meinen Neffen zu ihrem Erben einzusetzen. Da ihr ferner kein passender Witwensitz angewiesen werden kann, so begnüge ich mich, der Form halber Stettin zu bestimmen. Zugleich verlange ich von meinem Neffen, daß er ihr eine angemessene Wohnung im Berliner Schloß überläßt und ihr die Ehrerbietung bezeigt, die ihr als Witwe seines Oheims und als Fürstin zukommt, deren Tugend sich niemals verleugnet hat.

5. Ich komme zum Allodialnachlaß.

Ich bin niemals geizig noch reich gewesen, und so habe ich nicht über viel zu verfügen. Die Staatseinkünfte habe ich stets als die Bundeslade betrachtet, die keine profane Hand anzutasten wagte. Die öffentlichen Einkünfte sind nie für meine eigenen Bedürfnisse benutzt worden. Meine persönlichen Ausgaben haben nie 220 000 Taler im Jahr überstiegen. Meine Verwaltung läßt mir also ein ruhiges Gewissen, und ich könnte der Öffentlichkeit ohne Scheu Rechnung darüber legen.

6. Ich setze meinen Neffen Friedrich Wilhelm zum Universalerben meines Allodialvermögens ein, unter der Bedingung, daß er folgende Legate auszahlt:

7. An meine Schwester ins AnsbachMarkgräfin Friederike Luise (gestorben 1784), Gemahlin des Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich von Ansbach, seit 1757 verwitwet. eine Dose im Wert von 10 000 Talern, die sich in meiner Schatulle befindet, und eins meiner Service aus meiner Berliner Porzellanfabrik.

8. An meine Schwester in BraunschweigHerzogin Charlotte (gestorben 1801), seit 1733 vermählt mit Herzog Karl von Braunschweig (1713 – 1780). 50 000 Taler, in Worten fünfzigtausend Taler, mein mit Weinlaub verziertes Silberservice in Potsdam und einen schönen Wagen.

9. An meinen Bruder HeinrichPrinz Heinrich von Preußen (1726 – 1802), preußischer Heerführer. 200 000 Taler, in Worten zweihunderttausend Taler, fünfzig Eimer Ungarwein und einen schönen Kronleuchter aus Bergkristall in Potsdam, den grünen Diamanten, den ich am Finger trage, zwei Handpferde nebst Zubehör und ein Gespann von sechs ostpreußischen Pferden.

10. An seine Gemahlin, die Prinzessin Wilhelmine von Hessen,Vermählt 1752, seit 1766 von dem Prinzen getrennt, gestorben 1808. 6000 Taler Einkünfte aus dem Kapital, das bei der Tabaksregie angelegt ist.

11. Meiner Schwester, der Königin von Schweden,Königin Ulrike (gestorben 1782), Gemahlin des Königs Adolf Friedrich von Schweden. vermache ich eine meiner goldenen Dosen im Werte von 10 000 Talern, zwanzig Eimer Ungarwein und ein Gemälde von Pesne im Schloß von Sanssouci, das ich von AlgarottiEin Vermächtnis des 1764 verstorbenen Freundes des [Wort fehlt im Buch. Re.] Da Ulrike vor ihrem Bruder starb, blieb das Bild – eine junge Bäuerin, die sich zum Fenster hinauslehnt – in Sanssouci.] erhalten habe.

12. Meiner Schwester AmaliePrinzessin Amalie, die jüngste Schwester des Königs, starb 1787 unvermählt als Äbtissin von Quedlinburg. 10 000 Taler, in Worten zehntausend Taler. Einkünfte aus dem in der Tabaksregie angelegten Kapital, eine Dose von 10 000 Talern aus meiner Schatulle, zwanzig Eimer Ungarwein und das silberne Tafelgeschirr, von dem meine Flügeladjutanten in Potsdam speisen.

13. Meinem lieben Bruder FerdinandAugust Ferdinand (gestorben 1813). vermache ich 50 000 Taler, in Worten fünfzigtausend Taler, fünfzig Eimer Ungarwein, eine Galakutsche mit Bespannung und allem Zubehör.

14. Seiner Frau, meiner lieben Nichte,Prinzessin Luise (1738–1820), Tochter der Markgräfin Sophie (gestorben 1765), einer Schwester des Königs, und des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt. 10 000 Taler, in Worten zehntausend Taler, von den Einkünften aus meinem in der Tabaksregie angelegten Kapital und eine Dose mit Brillanten.

15. Meiner Nichte, der Prinzessin von Oranien,Wilhelmine (1751 – 1820), die Tochter des 1758 verstorbenen Thronfolgers Prinz August Wilhelm von Preußen, hatte 1767 den Prinzen Wilhelm V. von Oranien, Erbstatthalter der Niederlande, geheiratet. eins meiner Berliner Porzellanservice, eine Dose im Werte von 10 000 Talern, vierzig Eimer Ungarwein und eine Galakutsche mit einem Gespann ostpreußischer Pferde.

16. Meiner Nichte, der Herzogin von Württemberg,Elisabeth Friederike Sophie (1732 – 1780),Tochter von Friedrichs Lieblingsschwester, der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, seit 1748 Gemahlin des Herzogs Karl Eugen von Württemberg., eine Dose im Werte von 6000 Talern und zwanzig Eimer Ungarwein, eine offene Chaise mit einem ostpreußischen Gespann.

17. Meinem lieben Neffen, dem Markgrafen von Ansbach,Alexander (1736 – 1806), Sohn der Markgräfin Friederike [Markgräfin Friederike Luise (gestorben 1784), Gemahlin des Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich von Ansbach, seit 1757 verwitwet.] seit 1757 regierender Markgraf in Ansbach, seit 1769 in Bayreuth, legte die Herrschaft 1791 nieder. meinen gelben Diamanten, zwei meiner besten Handpferde mit Zubehör und dreißig Eimer Ungarwein.

18. Meinem Neffen, dem Erbprinzen von Braunschweig,Karl Wilhelm Ferdinand (1735 – 1806), Sohn des Herzogs Karl von Braunschweig und der Herzogin Charlotte [Herzogin Charlotte (gestorben 1801), seit 1733 vermählt mit Herzog Karl von Braunschweig (1713 – 1780).], seit 1780 Herzog, als Führer der preußischen Armee bei Auerstädt tödlich verwundet. zwei meiner englischen Pferde nebst Zubehör und zehn Eimer Ungarwein.

19. Meinem Neffen Prinz Friedrich von BraunschweigBruder des vorigen (gestorben 1805). 10 000 Taler.

20. Meinem Neffen Prinz Wilhelm von BraunschweigBruder des vorigen (gestorben 1770). 10 000 Taler.

21. Meiner Schwedter Nichte, der Gemahlin des Prinzen von Württemberg,Dorothea (1736 – 1798), Tochter der Markgräfin Sophie von Schwellt und Gemahlin des Prinzen Friedrich Eugen von Württemberg, der 1749 – 1769 in preußischen Diensten stand und 1795 – 1797 Herzog von Württemberg war. 20 000 Taler und eine Dose mit Brillanten.

22. Ihrem Gemahl zwei meiner Handpferde mit Zubehör und zwanzig Eimer Ungarwein.

23. Meiner Nichte, der Prinzessin Philippine von Schwedt,Tochter der Markgräfin Sophie, seit 1773 Gemahlin des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel. 10 000 Taler.

24. Dem Prinzen Ferdinand von Braunschweig,Prinz Ferdinand (1721 – 1792), von 1740 – 1766 in preußischen Diensten, während des Siebenjährigen Krieges Führer der alliierten Armeen auf dem westlichen Kriegsschauplatz. meinem Schwager, den ich stets geschätzt habe, eine Dose mit Brillanten aus meiner Schatulle und zwanzig Eimer Ungarwein.

25. Ich empfehle meinem Erben so herzlich, wie ich vermag, die tapferen Offiziere, die unter meinem Befehl den Krieg mitgemacht haben. Ich bitte ihn, besonders für die Offiziere zu sorgen, die in meinem persönlichen Dienst stehen, keinen von ihnen zu entlassen, keinen von ihnen, wenn er alt und krank ist, im Elend umkommen zu lassen. Er wird in ihnen tüchtige Soldaten und Leute besitzen, die Proben von ihrer Einsicht, Tapferkeit und Treue abgelegt haben.

26. Ich empfehle ihm meine Privatsekretäre sowie alle, die in meinem Kabinett gearbeitet haben. Sie besitzen Geschäftskenntnis und können ihn im Anfang seiner Regierung in vielen Dingen beraten, über die sie Bescheid wissen und die selbst den Ministern unbekannt sind.

27. Ich empfehle ihm gleichfalls alle, die in meinen Diensten gestanden haben, ebenso meine Kammerdiener. Ich vermache ZeysingSchatzmeister. 2000 (zweitausend) Taler für seine große Treue und jedem meiner Garderobediener 500 Taler. Ich rechne darauf, daß er ihnen ihr Gehalt läßt, bis sie passend versorgt sind.

28. Jedem Stabsoffizier meines Regiments,Das Regiment Garde. des Bataillons LestwitzDas frühere Grenadiergardebataillon Retzow, das die Reste der von König Friedrich aufgelösten Potsdamer Riesengarde seines Vaters enthielt. und der Gardes du Corps vermache ich eine goldene Denkmünze, die auf die Erfolge und Siege unserer Truppen unter meiner Führung geprägt worden ist. Jedem Soldaten dieser vier Bataillone vermache ich zwei Taler pro Kopf und ebensoviel jedem Garde du Corps.

29. Wenn ich vor meinem Tode diesem Testamente ein eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Kodizill beifüge, so soll es die gleiche Kraft und den gleichen Wert haben wie diese feierliche Urkunde.

30. Wenn jemand unter den von mir Bedachten vor mir stirbt, so wird das Vermächtnis dadurch hinfällig.

31. Wenn ich während des Krieges sterbe, so soll mein Universalerbe gehalten sein, meine Erbschaft erst nach Friedensschluß auszuzahlen. Während des Krieges aber soll niemand einen Anspruch auf die Erbschaft erheben dürfen.

32. Ich empfehle meinem Nachfolger, sein eigenes Blut in der Person seiner Onkel, Tanten und aller Verwandten zu achten. Der über dem Menschenschicksal waltende Zufall entscheidet über die Erstgeburt, aber weil man König ist, ist man noch nicht besser als andere. Ich empfehle allen meinen Verwandten, in gutem Einvernehmen miteinander zu leben und wenn nötig, ihren persönlichen Vorteil dem Wohl des Vaterlandes und dem Vorteil des Staates zu opfern.

Bis zum letzten Atemzuge werden meine Wünsche dem Glück dieses Staates gelten. Möge er stets mit Gerechtigkeit, Weisheit und Stärke regiert werden. Möge er durch die Milde der Gesetze der glücklichste, finanziell der bestverwaltete und durch ein Heer, das nur nach Ehre und edlem Ruhme strebt, der am tapfersten verteidigte sein. Möge er blühen bis an das Ende der Zeiten!

33. Zu meinem Testamentsvollstrecker ernenne ich den regierenden Herzog Karl von Braunschweig,Herzogin Charlotte (gestorben 1801), seit 1733 vermählt mit Herzog Karl von Braunschweig (1713 – 1780). von dessen Freundschaft, Rechtschaffenheit und Redlichkeit ich mir verspreche, daß er die Ausführung meines letzten Willens übernehmen wird. Berlin, den 8. Januar 1769.

Friedrich


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