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William Cowper

An Marie

Nun sind es zwanzig Jahre schon,
Seit unserm Himmel Wolken drohn,
O, wäre dies das letzte schon,
        Marie!

O Gott, du bist so krank, so schwach:
Ich seh' dich matter jeden Tag;
Mein Härmen war es, das dich brach,
        Marie!

Die Nadeln, einst so blank und rein,
Rastlos bewegt, mich zu erfreun.
Sie rosten glanzlos nun im Schrein,
        Marie!

O, freudig noch dieselbe Pflicht
Vollzöget du, Lächeln im Gesicht:
Doch trüb ist deiner Augen Licht,
        Marie!

Gleichviel! du gingst mir treu zur Hand,
Und, deiner Fäden magisch Band
Hat mir das Herze fest umspannt,
        Marie!

Leis jetzt und lallend ist dein Wort;
Noch, wie ein rührender Akkord,
Entzückt sein Ton mich fort und fort,
        Marie!

Deine Silberhaar', einst dunkelbraun,
Ich mag sie gern und lieber schaun,
Als goldnen Strahl des Morgens, traun,
        Marie!

Denn säh' ich weder sie noch dich,
Welch andre Schau erfreute mich?
Umsonst erhöb' die Sonne sich,
        Marie!

Auch deine Hand ist nun erschlafft;
Doch, liegend in der meinen Haft,
Zu sanftem Druck noch hat sie Kraft,
        Marie!

Zu schwach, einherzugehn allein,
Wirst du durchs Haus geführt von zwei'n:
Doch ohne Lieb' kannst du nicht sein,
        Marie!

Und Lieben trotz des Unglücks Dräu'n,
Und alt sein, ohne kalt zu sein,
Das ist bei mir noch lieblich sein,
        Marie!

Doch, ach, wenn das mich auch erfreut:
Ich weiß, daß meine Traurigkeit
Dein Lächeln oft verkehrt in Leid,
        Marie!

Und wenn das Leben mich verletzt,
Mehr noch hinfort, als einst und jetzt,
Dann bricht dein müdes Herz zuletzt,
        Marie!


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