Carit Etlar
Arme Leute - Erzählungen
Carit Etlar

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3. Viehhändler Jörgen.

In der Nahe des horsenser Meerbusens lag eine alte Burg mit rothen Ziegelmauern, Thürmen und spitzen Giebeln; sie glich den meisten anderen Edelsitzen aus dem sechszehnten Jahrhundert, und von diesen gibt es seit Walter Scotts Zeit so viele ausführliche und leider noch weit mehr unwahre und langweilige Schilderungen, daß es für den Leser wie für den Verfasser gleich ermüdend sein würde, eine neue zu versuchen. Im Ganzen genommen läßt sich auch von der dänischen Baukunst im Mittelalter nichts sonderlich neues sagen; sie beschränkte sich auf Nachahmung der Bauwerke in den Nachbarländern; wir verschrieben unsere Zeichner, Bildschnitzer und Handwerksleute aus fremden Ländern.

An dem horsenser Meerbusen lag also ein Edelsitz, der einmal Herrn Tyge Hög gehörte. Ihm hatte dieses Gut seine Frau Vibeke nach langwierigem Proceß und Rechtshandel gegen die Familie ihres ersten Mannes zugebracht, was aber mit dieser Geschichte nichts zu thun hat. Tyge und Vibeke waren kinderlos; nachdem sie einige Jahre das Gut bewirthschaftet hatten, beriefen sie eine arme Verwandte und nahmen sie an Kindesstatt an. Sie hieß Ingeborg Bille oder Bilde, denn beide Namen finden sich in den Quellen, denen diese wahrhaftige Geschichte entnommen ist, angeführt.

An einem Sommertage im August kam ein alter Mann auf Tyge Högs Gehöft geritten. Es war Herr Jörgen Skeel aus Gribsholm, in der Gegend wohlbekannt und angesehen, theils weil er ein reicher und mächtiger Herr war, theils auf Grund des ausgedehnten Viehhandels, den er in Jütland und auf den Inseln trieb. Als Jörgen sein Pferd in den Stall gebracht und von dem Knecht gehört hatte, daß die Herrschaft zu einem Krankenbesuche nach dem Dorfe hinabgeritten wäre, begann er zu pfeifen, besah sich ein wenig das Vieh, das auf dem Hofe zur Tränke getrieben wurde und spazierte darauf in den Garten. Hier nahm er in einer Laube Platz, legte die Beine auf die Bank, knöpfte sich Wamms und Weste auf und fiel nach wenigen Augenblicken in einen sanften ruhigen Schlummer. Die Sonne sank und der Tag begann sich zu neigen, im Hause versammelten sich große Schaaren umwohnender Bauern, denn es war Ingeborgs Geburtstag, und der sollte durch ein Gastmahl auf dem Gute gefeiert werden. Die Lerche sang und der Himmel röthete sich bei Untergang der Sonne. Jörgen Skeel lag noch immer in der Laube in tiefem Schlafe, aus welchem er nur geweckt wurde, wenn ihn eine Mücke in die Wange stach.

Als die Kirchenglocke drüben in Hammelöv sieben schlug, kam ein junger Mensch in grünem Wammse und mit einer Feder auf dem Hute zur Gartenthür herein. Er sah sich vorsichtig um und ging darauf rasch in eine Allee in der Nähe der Laube. Zu gleicher Zeit zeigte sich oben auf der Gartentreppe ein junges Mädchen; es war Tyge Högs Pflegetochter, Ingeborg, festlich geschmückt, mit einer Blume im Haare, strahlend von Gesundheit und Glück. Als sie den Junker im grünen Wammse in der Allee verschwinden sah, lächelte sie, bedachte sich ein wenig und folgte ihm darauf. Er stand gegen einen Baum gelehnt, sie streckte ihm beide Hände entgegen.

»Ich komme,« sagte sie, »weil ich es versprochen habe, aber ich will dir nur mittheilen, daß ich gleich im Augenblicke wieder gehe.«

Erst küßte er ihre kleinen weißen Händchen, darauf stieß er einen tiefen Seufzer aus und erwiderte: »Ach, Ingeborg, wenn du wüßtest, was es heißt, Sehnsucht haben!«

»Nein, das weiß ich nicht, aber es hängt ja nur von dir ab, ob ich es erfahren soll.«

»Das ist ja gerade das Unglück, daß es mir in deiner Nähe immer an Worten fehlt. Wenn ich nicht bei dir bin, fallen mir tausenderlei wichtige Dinge ein, die ich dir erzählen sollte, aber sobald wir uns treffen, denke ich an nichts anderes, als daß ich dich so unendlich lieb habe.«

»Das hast du mir noch dazu erzählt, so oft wir uns trafen,« sagte sie lächelnd.

»Und du erwiderst doch nie etwas darauf. Hast du mir denn gar nichts zu sagen?«

»Es ist ja nicht möglich, bei dir je zu Worte zu kommen.«

»Ich muß mich beeilen, mich auszusprechen, so lange wir noch allein sind. In Kurzem kommen alle deine Gäste angefahren oder geritten, eingehüllt in ihre Vornehmheit. Sie drücken dir die Hand und küssen dich auf die Wange, jeder von ihnen bringt seine Gabe. Dieser hat ein Band für dich, jener ein neues Gesangbuch, aber Frau Birthe auf Rosenvold kommt heute wie vor einem Jahre mit ihrem prunkenden Goldlacktopf, den sie, so viel ich mich erinnere, alle Jahre gebracht hat. – Ich habe einen Blick, einen Gruß und nichts anderes, das ist das Scherflein der armen Wittwe.«

»Aber über dieses war im Himmel größere Freude als über alles, was die Reichen brachten,« versetzte sie. »Übrigens bin ich heute Abend nicht so froh, wie ich sein sollte. Denke dir, Frau Brok auf Högholm hat uns benachrichtigt, daß wir hier Palle Bruus als Freier um mich erwarten können.«

»Palle Bruus!« entgegnete Holger mit spöttischem Achselzucken, »der alte Geizhals, der sich kaum wagt auf einen Stuhl zu setzen, aus Furcht, er könnte sich die Wolle von seinen Hosen scheuern! Palle, der gern den Messingbeschlag von seines Vaters Sarg stehlen würde, wenn er nur einen Stüber dabei verdienen könnte! Laß ihn nur kommen.«

»Es ist nicht Palle selbst, sondern sein Sohn, den ich meine.«

»Der kleine Espen? Um so schlimmer. Fünf Fuß Dummheit in ein Adelspatent gebunden. Weißt du was, meine liebe gute Ingeborg? Vor ihm habe ich auch noch nicht Bange. Ich bin fröhlich, ich will den ganzen Abend singen und tanzen, und wenn dir Palle oder sein Sohn zu nahe kommt, so schlage ich sie zu Schanden.«

»Damit willst du den ganzen Abend hinbringen?«

»Den ganzen Abend. Morgen ziehen wir alle auf Jagd, morgen scheint die Sonne über den grünen Wald hinweg, die Peitsche knallt, die Hunde bellen, die Jäger blasen, wir reiten zusammen, lassen die andern trinken und schießen und ihre Pferde zu Tode jagen, ich bleibe an deiner Seite, ich höre deine Stimme, deine Augen schauen mich an. Ich hebe dich auf das Pferd, kein anderer soll sich das unterstehen, dann vergessen wir Palle Bruus und seines Sohnes todtgeborene Liebe.«

In diesem Augenblicke ließ sich in der Nähe ein langgezogener Laut vernehmen, ein Ton, der einem Seufzer oder einem anhaltenden Gähnen glich. Ingeborg sah sich um, stieß einen Schrei aus und flüchtete sich. Holger blieb stehen und starrte in ein rothes lächelndes Gesicht, das sich zwischen den Sträuchern zeigte. Es war Jörgen Skeel, der vor ihm stand. Er war während des letzten Theils des Gespräches erwacht und unbemerkt in dem Gange erschienen. Er nickte Holger zu und streckte ihm die Hand entgegen.

»Grüß dich Gott, Pathe!« rief er. »Ei sieh, du stehst also da und machst Ingeborg den Hof und willst ihr aufs Pferd helfen und mit ihr zu Pferde die grünen Wälder durchstreifen. Die Leute müssen hier dir zu Liebe mit den Händen in den Taschen auf dem Felde spazieren gehen oder daliegen und bis Einbruch der Nacht schlafen, denn es paßt ja niemand auf sie auf, da die Herrschaft umher reitet und der Jungfrau Ingeborg Blumen pflückt oder junge Vögel fängt. Was soll denn aus dem allen werden?«

Holger sah ihn lächelnd an. »Eile mit Weile, Herr Pathe! Ihr kommt ja ganz außer Athem: Ich liebe Ingeborg, damit ist alles gesagt. Sie ist mir theurer als Hof und Gut und Frohnleute. Es ist etwas in mir, das mich zu ihr hinzieht, sie zu sehen, sie zu hören, in derselben Luft mit ihr zu leben; das ist alles, das Übrige ist nichts. Aber das können Sie freilich nicht verstehen, ich bin jung und Sie sind alt, das ist die Sache.«

»Ja, darin hast du meiner Treu Recht,« sagte Skeel und knallte mit seiner Peitsche. »Du bist jünger als ich glaubte, Pathe. Du liebst Ingeborg, aber das thun noch andere als du, denn sie ist ein schönes und gutes Mädchen. Du bringst ihr Blumen und Liebesseufzer, versprichst ihr den Himmel auf die Erde hinabzuholen, und sie ist von allem, was du sagst, überzeugt, weil es ein Vorrecht der Jugend ist, zu glauben und zu hoffen. Was dann? Wenn du nun ihr Jawort und zugleich die Einwilligung der Eltern erhältst, die du, unter uns gesagt, nicht bekommst, da dir ein anderer im Wege steht, lieber Holger, dann führst du sie auf dein Gut. Da drinnen ist es leer, der Wind bläst durch die kalten Stuben, mit dem täglichen Brote ist es schmal bestellt: ist dies das Glück, welches du ihr mit theuren Eiden zuschworst? Sie muß entbehren, muß darben und sich hineinfinden. Ihren Verwandten und Freunden entrissest du sie, du wolltest ihr ja mehr sein als alle andern zusammengenommen; du versprachst ihr das Himmelreich. Bringe erst etwas vor dich, mein Junge, mach es wie der Vogel auf dem Felde, der sich erst sein weiches Nest baut, ehe er daran denkt, es mit Jungen zu bevölkern. Meinst du vielleicht, du brauchtest nicht zu arbeiten? Hat man, wenn man aus adeligem Geschlechte stammt, das Recht, ein Klotz zu sein, der nicht sein eigenes Scherflein zu dem seiner Väter hinzufügt, oder mit seiner eigenen That erst da beginnt, wo die der anderen endet? Zum Teufel, Pathe, wenn du mir mein Alter, seine Mängel und Gebrechen zum Vorwurf machst, weshalb beweisest du dann nicht selbst den Vorzug deiner Jugend?«

»Wenn sie die Meine wird, will ich für sie schaffen und arbeiten; die Welt ist groß, Herr Jörgen Skeel, und ich habe gute Arme; sie soll das Licht sein, sie soll mir Lust und Stärke geben. – Ach, Pathe, wenn Sie wüßten, was das sagen will, ein Weib in seinem Herzen zu tragen! Aber das haben Sie freilich längst vergessen.«

»Das ist ein müßiges Geschwätz, das wir beide hier mit einander führen. Um Ingeborg in deine feuchten vier Wände heimzuführen, mußt du nicht blos ihr Jawort haben, sondern auch die Einwilligung ihrer Eltern, und die geben sie dir nicht, am wenigsten jetzt, wo sie ein besseres Anerbieten erwarten.«

»Von wem?«

»Von mir, mein Sohn, der ich seit vielen Jahren auf meinem Gute ein einsames Leben führe. Ich bin heut hergekommen, um bei den Eltern um sie anzuhalten, und das viele Gute, das du mir von dem Mädchen erzählst, bestärkt mich nur in meinem Vorsatze.«

Holger brach in lautes Lachen aus. »Sie scherzen gewiß, Herr Pathe,« sagte er.

»Ach nein,« versicherte Jörgen, »in meinem Alter verheirathet man sich nicht aus Scherz. Heute Abend halte ich an, den Sonnabend ist Verlobung und am Sonntag muß uns Herr Mads von der Kanzel herab aufbieten. Du bist zwar jung und ich bin alt, aber du bist arm und ich bin reich. Du hast des Mädchens Einwilligung, so sagest du wenigstens, aber ich habe die der Eltern. Du besitzest ihr Herz, ich will es zu gewinnen suchen; jetzt, mein lieber Pathe, weißt du, wie die Sache steht; übrigens wirst du auf meinem Gute nach wie vor ein gerngesehener Gast sein. Komm nur und besuche uns.« Mit diesen Worten knallte Jörgen Skeel mit seiner Peitsche, wandte Holger den Rücken und ging in den Stall hinab, um sich wieder das Vieh ein wenig anzusehen.

Während dieses Gespräch stattfand, ritt Herr Tuge Hög und Frau Vibeke langsam durch den Wald, die Dame voran, einige Schritte hinter ihr der Gemahl. Frau Vibeke war eine stattliche und wohlbeleibte Matrone. Was man von ihrem Gesichte unter einem Hute mit langen, gelben, herabwallenden Federn sah, trug eine fast hochrothe Farbe. Die gelben Federn, das blaue Barett und das rothe Gesicht bildeten zusammen eine vortreffliche Harmonie.

Tyge Hög war eine kleine magere Gestalt mit einem gelbbraunen Gesicht, dessen Haut lauter Runzeln und Falten aufwies. Ein dünner röthlicher Bart und helle, fast wasserblaue Augen trugen nicht dazu bei, ihm ein männlicheres Aussehen zu geben. Er saß über das Pferd gebeugt mit gesenktem Kopfe da, dessen Ausdruck an diesem Tage noch trauriger und willenloser war als gewöhnlich.

»Komm hierher, Schuft!« sagte Frau Vibeke nach längerem Schweigen mit kräftiger und befehlender Stimme, »ich habe mit dir etwas zu sprechen.«

Tyge gehorchte zaudernd; er ritt jetzt an Vibekes Seite, schlug aber die Augen nicht in die Höhe.

»Was hast du heute eigentlich vor, und was soll das bedeuten, daß wir hier in Wald und Gestrüpp umherreiten, anstatt zu Hause zu bleiben und unsere Gäste zu empfangen? Du würdest dich am liebsten allein fortgeschlichen haben; schweig still, ich habe es nur zu gut gemerkt – aber ich setzte dir nach und begleitete dich ins Freie, damit du mir beichten solltest.«

»Unser Sultan thut mir so leid,« stammelte Tyge und schielte zur Seite, weil er nicht wagte, ihr gerade in die drohenden Augen zu blicken, die ihn betrachteten. »Die Esel von Hundejungen haben Karo auf ihn gehetzt und der hat ihm die ganze Fratze verunstaltet.«

»Schäme dich,« rief Frau Vibeke heftig, »jetzt lügst du wieder einmal. Dir liegt ganz etwas anderes in den Gliedern.«

Tyge saß einen Augenblick nachdenklich da, während sein Kopf noch tiefer auf die Brust hinabsank. »Wenn du es durchaus wissen willst,« sagte er, »so gestehe ich, daß mir der Verlust des Ankers Malvasier, den mir mein Bruder Steffen zum Allerseelentage schenkte, das Herz zerreißt. Die Reifen sind zersprungen und der Wein ist in den Keller geflossen.« Frau Vibeke wandte sich nach Tyge herum; ihre kleinen schwarzen Augen funkelten. »Kommst du mir schon wieder mit deinen Geschichten!« rief sie aufgebracht. »Erzähle mir sofort, was los ist, sonst sollst du meine Peitsche schmecken.«

Tyge blickte scheu nach allen Seiten, ob jemand da war, der diese demüthigende Drohung mit angehört hatte, und hielt sein Pferd vorsichtig zurück, als ob er vor dem, was sich ereignen konnte, Furcht hätte. »Du solltest es nur versuchen,« sagte er.

Frau Vibeke erhob ihre kleine Peitsche. – »Hierher, Schuft, und gestehe es mir sofort!«

»Nun denn, da du es durchaus wissen willst: Jürgen Skeel will heute Nachmittag schon früh bei uns sein, und ich möchte nicht gern mit ihm zusammentreffen, ehe die andern Gäste erschienen sind, denn er macht sich immer über mich lustig.«

»Dazu ist Grund genug vorhanden, und das hat er ja immer gethan, aber weshalb willst du heut mit ihm weniger gern zusammentreffen als sonst? Den Kopf in die Höhe und sieh mir gerade in die Augen!«

Tyge war auf das Äußerste getrieben, er wand sich unter dem drohenden Blicke und sah zu der erhobenen Peitsche empor, während er die Lippen mit der Zunge netzte und fortfuhr:

»Es ist zwischen Jörgen und mir noch etwas zu berichtigen, aber du mußt dir das nicht zu Herzen nehmen, meine liebe herrliche Vibeke. Im vorigen Monate habe ich der Versteigerung des Klafterholzes im königlichen Walde mit beigewohnt, – ach, nimm doch die Peitsche fort – dann sprachen wir am Abend ein wenig bei Arveds vor und tranken und würfelten. Der liebe Gott ist mein Zeuge, daß es nicht mit meinem Willen geschah, – aber als wir zu spielen aufhörten, hatte ich siebenthalbhundert Thaler verloren.«

»Jetzt lügst du wieder, Galgenstrick, ich gab dir ja nur vier leichte Thaler mit auf die Reise und du kannst mir das Geld nicht gestohlen haben.«

»Das Geld gestohlen!« wiederholte Tyge mit einem Ausdruck gekränkter Würde, »wie kannst du mich so beschuldigen, liebe gute Vibeke.«

»Komm mir nur nicht mit deinen großen Worten! Du entsinnst dich doch wohl des letzten Males, als ich dich auf falschen Wegen ertappte? Oder solltest du es etwa vergessen haben? Seit jener Zeit hüte ich meine Schlüssel, das kannst du glauben.«

»Was meinst du?« fragte Tyge mit der Miene völliger Unwissenheit.

»Denkst du nicht mehr an das letzte Weihnachtsfest, als ich an heftigen Zahnschmerzen darniederlag, und du in der Nacht aufstandest, das Schlüsselbund nahmest und dich auf bloßen Strümpfen nach meinem Geldschrank schlichest? Erinnerst du dich dessen nicht, theurer vortrefflicher Tyge? Hast du vergessen, daß ich hinter dir herkam?«

»Wahrhaftig, das ist eine angenehme Erinnerung, du betrugest dich schön an jenem Abende, ich werde es nie vergessen. Jagtest du mich nicht auf den Gang hinaus, verschlossest die Thüre und ließest mich die lange Winternacht in bloßem Hemde draußen stehen und frieren?«

Frau Vibeke brach bei der Erinnerung an das Geschehene oder vielleicht nur bei dem Anblick der jämmerlichen Miene ihres Mannes in lautes Gelächter aus. »Wie konntest du so viel Geld verlieren?« fragte sie. »Hüte dich jetzt, mir noch mehr Geschichten aufzutischen, denn meine Geduld ist bald zu Ende. Ich gab dir vier Thaler zu Kost, zu Zehrung mit, und nun verlorest du siebenthalbhundert.«

»Ich zog ja im Namen des Lehnsmannes das Geld für das verkaufte Klafterholz ein und sollte Jörgen Skeel Rechenschaft darüber ablegen. Nun war es schon Abend, als wir zu Arveds kamen und zu trinken begannen.«

»Habe ich dir nicht verboten, mit ihnen zu trinken, du dürrer Klotz! Du kannst ja nichts vertragen.«

»Schrei doch nicht so laut, liebe Vibeke, es kann dort leicht jemand im Gestrüpp liegen und mit anhören, was du sagst. Ich wollte ja auch nicht trinken und stand vom Tische auf und näherte mich dem Ofen, aber da kam Arved und der tolle Fritz Rantzau auf mich zu. Rantzau ergriff mich bei den Ohrläppchen, Arved legte mich der Länge nach auf die Bank und setzte sich mir auf den Leib, und dann schwuren und fluchten sie beide, sie würden mich nicht eher aufstehen lassen, als bis ich die große Weinkanne ausgetrunken hätte. – Was für ein teuflisches Getränk hatten sie doch zusammengebraut! Aber gut schmeckte es und so trank ich denn und trank immer wieder, während mir Rantzau die Ohrläppchen kniff und riß, daß ich hätte vergehen mögen. Ich vergaß alle deine trefflichen Ermahnungen, und als sie mich erst in lustige Laune versetzt hatten, die Halunken, fingen sie an mit mir zu spielen, bis ich alles Geld des Königs verloren hatte. Nun geht mir Jörgen Skeel zu Leibe und ließ mir sagen, er würde heute etwas früher als die andern zum Gastmahl kommen, um die Sache ins Reine zu bringen.«

»Ist es nicht, wie ich immer sage? Ich bin ein unglückliches Weib. Ich saß daheim auf meinem Gute als eine wohlhabende Wittwe und suchte mir unter allen Bewerbern gerade dich aus, Tyge, weil du der Häßlichste, der Einfältigste, der Willenloseste, kurz gesagt der warst, den ich am leichtesten glaubte lenken zu können. Ich ließ in den Ehecontract setzen, daß ich mein Vermögen selbst verwalten wollte; ich versprach dir gute Tage, wenn du gehorchtest und nur das, was ich bestimmte, gut hießest; ich verbot dir erstlich zu trinken, dann zu spielen, darauf mit den andern zu Gastmählern und Lustbarkeiten zu gehen, weil ich wußte, daß sie dich zum Narren hielten; ich hielt dich so knapp, wie ich irgend konnte, dafür kann ich Gott zum Zeugen anrufen, und dennoch betrügst du mich. Was für eine Strafe meinst du wohl für dein Betragen verdient zu haben?«

»Aber mein Gott, süße herrliche liebe Vibeke,« rief Tyge jammernd aus, »gib dich doch zufrieden! Ich werde die Sache schon abmachen. Ich habe einiges Geld, das ich von meiner Mutter erbte, auf der bjergvader Mühle stehen; damit kann ich Jörgen bezahlen. Wenn er nur so vernünftig sein will, mir Frist zu gewähren und mich nicht zu bedrängen.«

Frau Vibeke saß schweigend da, ihr Gesicht drückte ein tiefes Nachsinnen aus; Tyge räusperte sich und blickte wiederholentlich ängstlich und verstohlen zu ihr hinüber.

»Weshalb bist du so still, meine theure Vibeke?« fragte er. »Du runzelst deine weiße Stirn; rede mit mir; ist denn das so eine schlimme Sache, wenn ich sie mit meinen eigenen Mitteln in Ordnung bringen kann? Worüber denkst du nach?«

»Das will ich dir sagen, und du mußt genau aufmerken, denn es wird dir zu wahrem Vortheil gereichen. Weil und vertrocknet bist du an Geist und Herz; dir fehlt alles, was nöthig ist, um ein Mann zu sein, aber dafür hast du einen großen Hang zu zweierlei: du hast eine Vorliebe für gutes Essen und Trinken und liebst die Bequemlichkeit. Man kann dir keinen größeren Verdruß bereiten, als dich dieser beiden Güter zu berauben. Nicht wahr?«

»Ei nun, das kann ich nicht läugnen,« erwiderte der Edelmann, ohne zu begreifen, was seine Dame meinte.

»In diesen beiden Stücken muß ich dich also strafen, denn Strafe mußt du bekommen, das wird dir einleuchten. Ich habe dich gut gehalten, dir aus bedrängten Verhältnissen geholfen, deine Schulden bezahlt und dir gestattet, mein Bett zu theilen, wenn du ganz brav warst. Was nützt das aber alles? Man kann einen Mann nehmen, so elend und jämmerlich, wie man will, kann ihn heben, ihn stützen, ihn an seinem Herzen wärmen, für ihn leben und leiden, er vergilt es uns doch nur mit Betrug und Undank, sobald sich die Gelegenheit darbietet. Du hast gesündigt und mußt büßen, erspare dir jedes Wort der Widerrede und schneide nicht ein solch jämmerliches Gesicht, mein theurer Hausherr; sei stets eingedenk, was wir hier zusammen berathen, dient zu deinem wahren Heil. Du mußt büßen. Die Frage ist nur wie. Ich saß nun eben da und dachte nach, ob ich dich heute vom Festmahle ausschließen sollte, so daß du nichts von all unsern Leckerbissen erhieltest, sondern bis morgen früh auf dem Kornboden eingesperrt würdest, oder ob ich dir nicht lieber das graue Reitpferd nehmen sollte, damit du künftighin gezwungen wärest, auf das Feld zu gehen, anstatt zu reiten, um nach den Leuten zu sehen. Nein, komm mir nur nicht mit Einwendungen; störe mich nicht, Tyge, während ich dasitze und überlege, was dir am schmerzlichsten und empfindlichsten sein könnte und also am geeignetsten wäre, auf dich zu wirken und dich zu bessern. Ich bin darüber noch nicht ganz einig mit mir.«

Tyge Hög sah höchst unglücklich aus, große Thränen rannen seine runzeligen Wangen hinab.

»Herr Gott, liebe Vibeke, was würden die Leute sagen, wenn ich heute nicht bei dem Festmahle erschiene! Ich würde die Schande nicht überleben können.«

»Ich könnte ja erzählen, du wärest nach dem Vorwerke hinübergeritten, um dir von dem Verwalter Rechnung ablegen zu lassen. Sei jedoch nicht bange, ich werde dir am Ende die Theilnahme am Gastmahle doch gestatten.«

»Ach, was für eine holde liebe Vibeke du bist!« rief der Mann begeistert.

»Ich denke, ich werde mich wohl dafür entscheiden, dir das Pferd zu nehmen. Das wird eine längere Mahnung für dich sein, wenn du nun zur Winterzeit auf den schlechten Wegen zu Fuß über Felder und Wiesen traben mußt. Jetzt nichts weiter davon, dort kommen Arveds angeritten. Empor mit dem Kopf, Schuft, lächle und seh' vergnügt aus, du sollst meine Entscheidung erfahren, sobald wir zu Hause sind.«

Als sich Jörgen Skeel in den Ställen umgeschaut hatte, ließ er das Pferd satteln und ritt nach dem Nachbargute hinüber. Dort wohnte ein Edelmann, der Palle Bruus hieß, als geiziger und karger Mann bekannt, dem kein Mittel zu niedrig war, wenn es galt, Geld zu gewinnen und sein Gut zu vergrößern. Man befand sich in der Erntezeit und Palle's Frohnleute fuhren den Roggen in die Scheunen. Nach Brauch und Sitte mußten die armen Bauerweiber mit ihren Kindern damals die Ähren auf dem Felde lesen. Was auf den Äckern und Wegen lag, nachdem die letzte Garbe eingefahren war, gehörte ihnen. Palle war kein Freund dieser Sitte; mit einer langen Peitsche in der Hand und mit einem der Hunde an einer Leine hinter sich, ging er wachsam umher, um aufzupassen, daß kein Fremder über sein Feld ging. Traf er auf eine Schaar Kinder, so jagte er sie fort, konnte er sie mit der Peitsche nicht erreichen, so hetzte er den Hund auf sie. Um den Hals hatte er sich einen Beutel gebunden, in dem er mit großer Sorgfalt alle verlorenen Ähren sammelte, an denen er vorüber kam, während er auf die Kinder aufpaßte.

Jörgen Skeel ritt nach Palle's Gehöft hinüber. Von den Kornfudern, die durch den engen Weg gekommen waren, hingen an den Hecken überall Strohhalme; junge Vögel, die ihre ersten Ausflüge aus dem elterlichen Neste machten, zwitscherten in den Schlehensträuchern, während die sinkende Sonne einen goldenen Schein über die Gegend warf und sich ihre Strahlen in dem sich schlängelnden Bache wiederspiegelten, über dem ein Paar blauweiße Meerschwalben flatterten. Einen Augenblick hoben sie sich in die Luft und schossen darauf pfeilschnell in den See hinab, auf dessen Oberfläche sie eine Reihe Kreise von weiten, schimmernden Streifen hervorriefen. Da, wo sie untertauchten, war der schwache Lufthauch kaum im Stande, das Spiegelbild der von der Abendröthe übergossenen Wolken zu bewegen. Es glühte, es duftete, alles war ein Bild des frischen, farbenreichen Lebens. Der Gutsbesitzer saß da und schaute sich um und lächelte und sprach mit sich selber.

»Da sind nun wieder zwei, die sich einbilden, die ganze Welt hänge in einem Kalbfelle, sie bauen Häuser auf Sand, schreiben Gelübde in Wasser und sehen nicht weiter vor sich hin, als ihre Nase reicht. Es segeln schwarze Wolken über ihre Köpfe hin, aber sie nehmen sie nicht wahr; ein Schlagbaum hat ihnen den Weg versperrt, und sie glauben nicht daran. Eben habe ich sie erst um ihre Jugend und Unerfahrenheit beneidet, jetzt gefällt mir jedoch die Klugheit des Älteren am besten. Was nützt es, eine Hand zum Zugreifen zu haben, wenn man nicht noch eine andere hat, das Ergriffene festzuhalten?«

Nach diesen Worten streckte er selbstgefällig seine gewaltigen Glieder, richtete sich in die Höhe und ritt den nach dem Gute führenden Damm entlang. Vor dem Eingange hielt er still und knallte, als er vor dem offenstehenden Thorwege ankam, gewaltig mit seiner Peitsche.

Palle's Wohnhaus hatte ein verfallenes und schmutziges Äußere, große Risse in den Mauern und kleine, sonnenverbrannte Fenster; Gras und Brennnesseln verbargen das Pflaster vor demselben und sproßten selbst in üppiger Kraft bis auf die oberste Stufe der Haupttreppe empor. Die alten Eschen, die früher eine Allee von der Landstraße bis zum Thorwege gebildet, hatte Palle umhauen und als Brennholz benutzen lassen. Als Jörgen in den gepflasterten Hof hineinritt, steckte ein magerer grauhaariger Hund seinen Kopf aus einer umgedrehten Tonne heraus, die ihm als Hütte diente. Gegenüber bei dem Stallgebäude erblickte man eine lange magere Gestalt, welche die von den Erntewagen hinabgefallenen Ähren auflas.

Es war ein Mann in einem alten Wammse, der von einem Leibgürtel zusammengehalten wurde. Als er den Reiter gewahrte, schlüpfte er schnell zu einer Stallthüre hinein und sagte zu dem Knechte im Stalle, so laut daß es Jörgen deutlich hören konnte: »Laufe hinaus und sage, ich wäre nicht zu Hause.«

»Das nützt nichts, lieber Palle,« rief Jörgen, indem er vom Pferde abstieg und es nach der Stallthür hinführte, »ich habe dich schon gesehen, komm nur zum Vorschein.«

Palle wurde nun sichtbar und streckte mit einer Miene, der er sich vergeblich einen herzlichen Ausdruck zu geben versuchte, Jörgen beide Hände entgegen. Als er sich im vollen Tageslicht zeigte, gewahrte man ein Gesicht, in dem jeder Zug unangenehm war und niedrige und kleinliche Neigungen verrieth. Die Augen waren glanzlos und schielten, die Lippen waren dünn und blaß, die Stirn niedrig, an den Schläfen eingefallen und runzelig. Äußerlich wie innerlich bildete er einen auffallenden Gegensatz zu dem ehrlichen und offenen Jörgen Skeel, der dastand und ihn lächelnd betrachtete, während der Knecht das Pferd in den Stall zog.

»Weshalb bist du nicht angezogen?« fragte Jörgen. »Du erzähltest ja gestern, daß du zu dem Schmause bei Tyge Hög hinüber wolltest.«

»Ja, es ist nicht wegen des Schmauses, daß ich hinüber will, aber ich habe einen Sohn.«

»Ich habe fünf,« versetzte Jörgen.

»Du kennst ja doch den Jakob, den mit den schönen Augen.«

»Wasserblaue Augen und weiße Augenbrauen, ei ja, ich kenne ihn.«

»Er ist jetzt drüben in Kopenhagen. Seine Majestät hat die Gnade gehabt, ihn zum Aufseher aller seiner Pfauen zu ernennen.«

»Das ist wohl ein ganz großartiger Posten?«

»Ich habe viel auf den Jungen verwandt,« fuhr Palle fort, während er die Zeit benutzte, die Ähren, die in der Nähe lagen, aufzusammeln. »Ich muß jetzt sehen, ihn gut zu verheirathen. Ich habe mit Tyge Hög darüber geredet und an seine Tochter gedacht.« »Seine Pflegetochter, meinst du.«

»Sie haben sie ja an Kindesstatt angenommen, so daß sie einst ihre Erbin wird. Den Umstand weiß ich genau.«

Als Jörgen das Gespräch begann, ging er hin und half Strohhalme aufsammeln, und Palle fiel es gar nicht ein, ihn in das Haus einzuladen. Er wurde dieser Arbeit jedoch bald überdrüssig, denn das Bücken machte ihm Mühe. Sein Gesicht war vor Anstrengung roth geworden, als er sich auf eine Wagendeichsel setzte und fortfuhr: »Geh jetzt hinein, Palle, und zieh dich an, denn so hast du doch nicht im Sinne hinüberzureiten. Man wartet bei Högs auf dich.«

»Ich muß erst die Ähren hinter den Leuten her auflesen, denn es ist schändlich, wie sie Gottes Gaben vergeuden. Weshalb glaubst du denn übrigens, daß Hög mich erwartet?«

»Er weiß, daß du für deinen Sohn anhalten willst und bist ihm sicherlich ein sehr willkommener Freier. Wir können ja ohne Umschweife mit einander reden, wir beide, wir kennen einander und ich meine es gut mit dir.«

»Davon bin ich überzeugt, du bist mein alter Freund,« versicherte er.

»Laß uns sagen dein alter Bekannter, das will ich mir gefallen lassen. – Tyge sitzt nicht in der Wolle, so weit ich merken kann, – du dagegen bist ein reicher und wohlhabender Mann, Palle – ei, sicherlich bist du es, weshalb wolltest du es verhehlen? Tyge ist, rein heraus gesagt, in Verlegenheit, und du bist es, der ihm helfen muß.«

Palle's Gesicht verzog sich während dieser Erklärung wie im Schmerze, er richtete sich in die Höhe, stemmte beide Arme in die Seite und betrachtete Jörgen mit tiefem Erstaunen.

»Was sagst du da, Jörgen Skeel? Du bist, so weit ich dich kenne, in jeder Beziehung ein zuverlässiger Mann; aber wie ist es möglich, daß er sich in Noth befinden soll; er hatte ja reich geheirathet, Frau Vibeke hatte großes Vermögen und keine Kinder.«

»Sie haben keine Gütergemeinschaft,« erwiderte Jörgen. »Wenn Frau Vibeke stirbt, dann fällt ihr ganzes Vermögen an ihre eigene Familie zurück; weder Tyge noch Ingeborg hat Anspruch auf ihr Erbe. Ich glaubte, du wüßtest es. Tyge hat Schulden; seit der letzten Auction draußen im Hochwalde ist er der königlichen Kasse noch ungefähr siebenhundert Thaler schuldig. Aber was will das sagen? Jetzt verheirathet sich ja dein Sohn mit Ingeborg; du bist ein vermögender Mann, der sowohl den Willen wie das Herz hat, ihm zu helfen, und damit ist die Geschichte aus.«

Palle stand in einem peinlichen Kampfe mit sich selbst und sah Jörgen und dann wieder die Ähren an, welche er in der Hand hielt. »Was habe ich mit Tyge Högs Schulden zu schaffen?« sagte er kurz und heftig, »ich habe damit nichts zu thun.«

Skeel blickte erstaunt in die Höhe und schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht recht. Du willst deinen Sohn in das Haus hineinheirathen lassen, und Tyge weiß, daß du Geld liegen hast. An wen sollte er sich wohl eher wenden als an dich?«

»Ich habe kein Geld,« rief er und stampfte auf die Strohhalme, die er noch so eben in der Hand gehalten hatte.

»Ich wünschte, daß dich – – –«

»Du rufst so laut, Palle, es ist ja niemand, der uns hört. Du leihst an sichere Leute Geld im Osten und Geld im Westen aus und hast nun Gelegenheit, bei Tyge einen Stein im Brette zu bekommen. Er wird sicherlich, wenn ihr heute Abend zusammentrefft, mit dir von seinen Schulden reden; aber folge meinem Rathe und warte nicht darauf, sondern komme ihm zuvor. Erzähle, du habest gehört, daß er sich in Noth befinde, und biete ihm Geld an. Vielleicht schuldet er noch mehr als die Summe, die ich nannte, aber was will das zwischen euch beiden sagen? In der Noth soll man seine wahren Freunde kennen lernen.«

Palle stand mit gesenktem Kopfe und die Hände über den Bauch gefaltet da, die Runzeln um seine zusammengepreßten Lippen wurden größer und tiefer. Als Jörgen schwieg, lächelte er und sagte schnell und bestimmt: »Darin muß ich dir Recht geben, Jörgen Skeel, ich theile vollkommen deine Meinung: in der Noth soll man seine wahren Freunde erkennen, ihnen eine hilfreiche Hand reichen und ihnen fest zur Seite stehen, wenn die Trübsal einbricht, im Himmel wohnt ein gnädiger Gott, der es dermaleinst vergelten wird; wenn man ihnen aber nicht helfen kann, dann thut man am besten, seiner Wege zu gehen und nicht noch die Zeit mit einfältigem Geschwätz zu vergeuden.,«

Nach diesen Worten wandte Palle Jörgen Skeel den Rücken und ging die Treppe zum Hause hinauf. Auf der obersten Stufe blieb er stehen und fügte hinzu: »Ich reite heute nicht zu Tyges hinüber, ich habe gar zu arge Brustschmerzen, und was die Sache mit meinem Jungen und seiner Verlobung anbelangt, so ist sie noch nicht weiter gediehen, als daß wir sie nicht leicht wieder aufgeben könnten, was ich für das Klügste halte.,« Damit ging er in das Haus hinein und schloß die Thür, ohne sich noch einmal umzuschauen.

Ein eigenthümliches Lächeln zeigte sich auf Jörgen Skeels rothem Antlitz, als er das Pferd aus dem Stalle zog und fortritt. In dem Thore wandte er den Kopf zurück. Palle stand oben im offenen Fenster. Sie lächelten einander zu.

Die Sonne war untergegangen, die graublauen Nebel des Herbstabends legten sich über die Gegend, die Krähen flogen in großen Schaaren nach den Wäldern und die Bauern eilten nach Hause, nachdem sie den Tag mit Frohnarbeiten auf dem Gute zugebracht hatten. Högs Gäste waren angelangt, draußen auf dem Hofe tanzten die Leute; Tyge selbst ging, die Hände auf dem Rücken, umher und grüßte und lächelte jeden an, ohne daß es ihm doch recht gelingen wollte, den peinlichen Ausdruck zu verscheuchen, der nach dem Gespräche mit Vibeke zurückgeblieben war. Jörgen Skeel saß oben auf dem Altane, gemächlich gegen die Holzbank gelehnt. Er unterhielt sich mit Frau Vibeke, die ihm gegenüber Platz genommen hatte; sie trug ein kostbares, weit ausgeschnittenes Kleid, das einen größeren Umfang entblößter Formen zeigte, als dem Eindrucke ihrer Erscheinung vortheilhaft war. Jörgens Gesicht behielt sein listiges Lächeln, bei dem sich, während er sprach, seine fetten Wangen bis zu den kleinen Augen emporzogen.

»Ei freilich,« fuhr er fort, »die Zeit wurde mir schrecklich lang, als ihr nicht da waret; deshalb ritt ich zu Palle Bruus auf Lundgaard hinüber.«

»Und Sie trafen ihn doch auch?«

»Ja, auf dem Hofe, wo er umherging und die verlorenen Ähren auflas. Es ist ein entsetzlicher Geizhals, dieser Palle.«

»Wir erwarten ihn heute Abend.«

»Er kommt nicht,« erwiderte Skeel lachend. »Ich hörte freilich, daß er herüberkommen und für seinen Sohn anhalten wollte, aber für ein solches Loos schien mir Ingeborg zu gut. Zärtliche Eltern, wie Sie beide, die damit begannen, das bedauernswerte Kind der Armuth zu entreißen und ihm frohe Tage zu schenken, enden nicht damit, es ins Unglück zu stürzen. Deshalb erzählte ich Palle, daß Sie, Frau Vibeke, mit Tyge nicht in Gütergemeinschaft lebten und Ingeborg also auch nie etwas von Ihnen erben würde. Darüber befiel den ehrlichen Mann eine solche Angst, daß er seinen Besuch heute Abend und seinen Heirathsplan aufgab.«

»Sie sollten sich schämen, Jörgen Steel, daß Sie umherreiten und uns die Freier aus dem Hause jagen,« sagte Frau Vibeke und schlug mit dem Blumenstrauß, den sie in der Hand hatte, nach ihm.

»Ich bringe Ihnen einen besseren Freier, als Palle Bruuse's Junker ist, mit,« entgegnete Jörgen.

»Wer sollte das wohl sein?«

»Das Wissen Sie recht gut, erinnern Sie sich nur, wir haben schon vor heute Abend von der Sache gesprochen.«

»Ach, Sie scherzen stets, Sie haben ja kaum die Trauer um Ihre verstorbene selige Frau abgelegt.«

»Mein Gott,« versetzte Jörgen achselzuckend, »ich kann meine verstorbene Frau doch nicht ewig betrauern. Sie war zu gut für diese Welt, deshalb nahm sie Gott in die seinige hinüber. Sie saß da und studirte vor ihrem Stammbaum ihre heiligen Urgroßmütter, wahrend ich zu Markte zog und studirte, wie ich ein gutes Geschäft abschließen konnte. Als dies auf die Länge etwas langweilig wurde, starb sie aus Sehnsucht, ihre Familie zu begrüßen und hinterließ mir zum Troste das beste Gut in Jütland. Nun geht der Viehhandel besser als je zuvor.«

»Handel und immer wieder Handel, Sie denken an nichts anderes. Das ist also das Leben, welches Jörgen Skeel führt; er sitzt auf einem einsamen und unwohnlichen Gute, keine Hand drückt die seine. Keiner lächelt bei seinem Glücke oder nimmt Theil an seinen Sorgen; des Landes reichster Edelmann verlebt seine Zeit in einem Stalle oder auf einem Viehmarkte.«

»Ja, Sie haben Recht, es ist ein Vergnügen mit Ihnen zu reden, so klug und vernünftig sind Sie. Mir fehlt Gesellschaft, jemand, der die Wirthschaft zu Hause leiten und lenken kann. Von allen, auf die ich meine Gedanken gerichtet habe, ist Ingeborg die beste; sie ist unter Ihrer Zucht und nach Ihrem Beispiel erzogen. Wollen wir jetzt ernstlich von der Sache reden?«

»Allerdings würde mir nicht leicht jemand ein angenehmerer Schwiegersohn sein als Sie,« entgegnete Frau Vibeke, »allein ich finde es sonderbar, daß Sie sich an mich wenden, anstatt zuerst meinen Herrn und Gemahl aufzusuchen, denn nur sein Wille gilt hier im Hause, nur was er für gut findet, dazu sage ich ja.«

»Das weiß ich,« erwiderte Jörgen mit einem zweideutigen Lächeln, »allein die Sache ist, daß es mir leichter fällt Ihnen zu beichten, als Tyge. Sie haben ein sanftes und frommes Gemüth und verstehen mich auch besser. Da haben wir den Mann, reden Sie jetzt für mich. Wenn die Entscheidung auch bei ihm liegt, so können Sie ihn doch besser überreden als irgend ein anderer.«

Während er dies sagte, kam Tyge auf den Altan hinaus geschlendert. Er stutzte, Jörgen im Gespräche mit seiner Frau zu finden, und wollte sich wieder fortschleichen, als ihm Frau Vibeke's Worte Halt geboten.

»Warte ein wenig, mein herzlieber Mann, du kommst uns sehr gelegen.«

Tyge warf ängstlich einen verstohlenen Blick auf Jörgen; er fand auf seinem Angesichte nur das gewöhnliche Lächeln, aber daraus ließ sich nichts schließen. Frau Vibeke erzählte ihm, was Skeel ihr so eben anvertraut hatte. Jörgen saß da und nickte dazu.

»Es ist nun deine Sache, Herrn Jörgen eine entscheidende Antwort zu geben,« fügte Vibeke hinzu; »ich habe ihm erklärt, was er ja im Voraus wußte, daß du hier Herr im Hause bist und wir andern uns nur nach deiner Meinung richten.«

Tyge war in großer Verlegenheit, er räusperte sich, erhob den gesenkten Kopf etwas muthiger, sobald er erfahren hatte, daß die Sache nicht so unangenehm war, wie er im ersten Augenblick vermuthete. Er sah unschlüssig von dem einen zu dem andern, indem er sagte: »Ja, ich kann nichts Bestimmtes sagen, ich will mir die Sache erst überlegen, – ich muß mit Vibe – – – ich meine, es wird uns immer zur Ehre gereichen, mit einem solchen Ehrenmanne, wie Jörgen Skeel ist, in Verwandtschaft zu treten, aber trotzdem, wenn Vibeke – – –« ein entschiedener Blick von Frau Vibeke, den er mißverstand, versetzte ihn in einen neuen Gedankenkreis. – »Ich wollte nur sagen, daß ich mich recht gut sogleich entscheiden kann, selbstverständlich, natürlich, aber da wir bereits von der Sache geredet haben – – –.« Es war dem unglücklichen Manne nicht möglich weiter zu kommen, er trocknete sich die Stirn, wiederholte, was er bereits gesagt hatte und wurde endlich völlig unverständlich.

Frau Vibeke meinte endlich, sie müßte ihm zu Hilfe kommen.

»Ja, ganz gewiß, mein allerliebster Freund,« sagte sie mit ihrer sanftesten Stimme, »ich verstehe dich recht wohl. Du suchst nach den mildesten Worten, um Herrn Jörgen Skeel an den großen Unterschied zwischen seinem und Ingeborgs Alter zu erinnern. Aber werde nur nicht ärgerlich, ich frage ja nur: hat nicht das Alter auch seine Vorzüge? Ich meine die Erfahrung und Klugheit desselben.«

»Ja, meiner Treu, die hat es,« rief Tyge, der jetzt Licht gefunden zu haben glaubte. »Das Alter hat auch seine Vorzüge, und Jörgen ist noch nicht so abgelebt. Er kann zwar nicht mit mir um die Wette laufen, weil er so engbrüstig und dick ist, aber er kann den Besten von uns unter den Tisch trinken, ich sage nicht mehr. Du solltest ihn nur einmal auf seinem Rappen dahin sprengen sehen, – was kann denn überdies so ein albernes kleines Mädchen besser verlangen? Wenn es deshalb dein Wille ist, daß ich ja sagen soll –«

»Du meinst dein Wille, lieber guter Tyge,« erwiderte Frau Vibeke mit derselben sanften Stimme, »ich habe nur deiner Entscheidung beizustimmen, das weißt du ja zur Genüge. Was mir Herrn Jörgen Skeels Bewerbung noch annehmbarer zu machen scheint, ist seine Kenntniß davon, daß Ingeborg nur ein unbemitteltes Mädchen ist.«

»Lassen Sie uns nicht davon reden,« erwiderte Jörgen und jetzt war das Lächeln verschwunden, »ich bin zwar ein Viehhändler und bin stolz darauf, aber es fließt doch zu viel von dem Blute meiner Väter in mir, als daß ich mein Herz gegen einen Geldbeutel vertauschen sollte. Sie bürgen also für mich als Schwiegersohn,« fuhr er fort und streckte Frau Vibeke seine Hand entgegen.

Als Tyge sah, daß seine Frau die ihr dargereichte Hand annahm, beeilte er sich dasselbe zu thun und sagte:

»Ja, meiner Treu, wir thun es. Da ist allerdings noch die Geschichte mit dem Holger Krabbe, der ebenfalls das Mädchen zu lieben scheint, aber Vibeke hat ihm sicherlich nichts versprochen, und ich nehme das Versprechen, das ich ihm gab, zurück. Es war eines Abends, als ich etwas berauscht war.«

»Ja, du sagtest ja nur, daß Herr Holger zwar ein redlicher Mann, aber noch so jung und in den Widerwärtigkeiten des Lebens so unerfahren wäre, daß du Besorgniß hegtest, das Schicksal unseres Kindes seinen Händen anzuvertrauen. Nicht wahr, mein geliebter Freund, das waren deine Worte?«

»So ungefähr, so ungefähr,« versicherte Tyge.

»Holger will ich schon selbst zur Vernunft bringen,« sagte Jörgen. »Er ist mein Pathe und nimmt einige Rücksicht auf meine Wünsche. Jetzt gehe ich in den Garten hinab und sehe mir die Lustbarkeit des Gesindes an; inzwischen haben Sie wohl die Güte, mit Ingeborg zu reden, bis ich wieder komme. Was uns beide betrifft, fügte er gegen Tyge gewandt hinzu, indem er ging, »so ist von der Holzversteigerung her noch eine kleine Rechnung zwischen uns in Ordnung zu bringen. Da wollen wir jetzt jedoch einen Strich hindurch machen; ich habe das Geld bereits in die königliche Kasse eingezahlt.«

Als Jörgen Skeel eine Stunde später auf den Altan zurückkehrte, saß Frau Vibeke noch immer da, und ein Licht brannte in dem offenen Fenster, bei dessen flackernder Flamme er Ingeborg, todtenblaß und weinend, vor ihrer Mutter stehen sah. Zu ihren Füßen lagen die zerpflückten Blätter der Blumen, die sie so eben getragen hatte. Tyge's Hand lag auf ihrem gesenkten Kopfe, während er dastand und seine Frau, die das Wort führte, anstarrte.

»Du schweigst, Kind,« sagte Frau Vibeke mit einer Stimme, die sie sanft und eindringlich zu machen suchte, deren Beben jedoch eine heftige Gemüthserregung verrieth. »Du liebst Jörgen Skeel nicht, weil dir ein anderer besser gefällt, – nun ja, Holger ist gut und achtungswerth, wer läugnet das? Aber er ist persönlich arm und seine Familie unvermögend; er wird nie im Stande sein, dir ein sorgenfreies Heim zu verschaffen; glücklicherweise denkt man in deinem Alter nicht an dergleichen. Aber ich habe daran gedacht, ich bin wachsam, ich habe dir den bestimmt, der dir eine sorgenfreie Zukunft sichern wird. Skeel ist ein braver Edelmann, die Ehre und der Edelmuth selbst.«

»Das ist er allerdings, er besitzt das größte Gut in ganz Nordjütland,« beeilte sich Tyge hinzuzufügen.

»Schweig du still,« bemerkte Vibeke heftig, »jetzt bin ich es, die da spricht. Ich nahm dich aus geringen und ärmlichen Verhältnissen zu mir, Ingeborg, als sich niemand in der Welt um dich kümmerte. Es liegt mir fern, mich dessen zu rühmen, denn du hast es uns mit deiner Liebe vergolten. Aber heut' morgen, als ich früh aufstand, um die Erste zu sein, welche dir ihre Gabe zu deinem Geburtsfeste brachte, erinnerst du dich wohl, was da geschah? Du schlangst die Arme um meinen Hals, küßtest mich und sagtest: wenn es doch nur etwas gäbe, womit ich Ihnen, meine zärtliche Mutter, Ihre Güte vergelten könnte.«

»Ja, das sagtest du allerdings,« versicherte Tyge. »Du drücktest auch mir die Hand.«

Frau Vibeke's sprechender Blick bewog Tyge nicht allein zu schweigen, sondern auch noch einen Schritt zurückzutreten. – »Nun gibt es etwas, womit du uns vergelten kannst,« fuhr sie fort; »es ist nicht blos dein Glück, sondern auch die Ehre und Wohlfahrt deines Vaters, die er in deine Hände gelegt hat.«

Ingeborg stand in heftigem Kampfe mit sich selbst da. Jörgen Skeel war in den Schatten zurückgetreten, er schwieg und lauschte. Nicht ein Zug in dem sorgenvollen und leidenden Gesichte des jungen Mädchens entging ihm. Plötzlich erhob sie ihr Haupt, lächelte durch ihre Thränen und sagte mit bebenden Lippen und mit einer Stimme, die sie sichtlich nur mit Mühe hervorbringen konnte: »Helfe Ihnen Gott, meine lieben Eltern! So will ich denn Jörgen Skeel zum Ehemann nehmen, da es Ihr bestimmter Wille ist; reden Sie mir dann aber auch nie öfter von Ihren Wohlthaten, denn jetzt kann ich nicht mehr thun, sie Ihnen zu vergelten.«

Ein Schmerzensschrei drang, als diese Worte ausgesprochen wurden, aus dem dunklen Zimmer vor dem Altane hervor. Holger kam zum Vorschein und streckte ihr flehend seine Hand entgegen. Ingeborg schüttelte den Kopf und wandte sich ab; sie wagte nicht in die Höhe zu sehen. Der Schrei hatte in ihrer eigenen Brust einen Wiederhall gefunden.

»Verlaß mich,« sagte sie leise, »und komm nie mehr zurück, wir beide scheiden jetzt, da es so sein muß.«

»Du bist ein wirklich vortreffliches liebes Mädchen,« versicherte Hög, als sich Jörgen Skeel in der offenen Thür zeigte und zu ihnen auf den Altan hinaus trat. Der tiefe Ernst, der noch so eben, während er im Finstern dastand und lauschte, auf seinen Zügen geruht hatte, war einem zufriedenen und triumphirenden Lächeln gewichen.

»So lassen Sie mich denn jetzt mein Urtheil hören,« sagte er sorglos.

Frau Vibeke nahm Ingeborg bei der Hand und zog sie zu ihm hin. »Sie gehört Ihnen,« sagte sie.

»Ist es auch wahr?« fragte Jörgen, »und deshalb weint sie, und ihr Glück beginnt mit Thränen auf der Wange?«

»Das ist nur im Anfang,« erklärte Tyge. »Weibsleute sind so verschämt; Vibeke weinte auch, als sie mich nahm. Sie wird schon glücklich werden.«

»Das glaube ich selbst,« sagte Jörgen, »aber du, Holger, was stehst du da und lassest den Kopf hängen, du solltest ein Mann sein und weinst, als wärest du ein Weib.«

Holger trat auf Jörgen zu, indem er erwiderte: »Ich sehe den einen kaufen und den andern verkaufen, ich höre, wie ein Gelübde gebrochen und ein anderes abgelegt wird, scheint Ihnen das so lustig, Pathe, davon Zeuge zu sein?«

»Und doch begreifst du nichts von dem Ganzen, mein Junge. Nichts kennst du und an nichts denkst du, nicht einmal daran, daß ich als dein Pathe gelobte, für dein Glück zu sorgen und es nach bestem Vermögen zu fördern.«

»Das haben Sie heute nicht gethan, Herr Skeel.«

»Wer weiß, ich bin nicht nur dessen eingedenk, was ich damals gelobte, sondern auch der vielen lehrreichen Ermahnungen, die du mir erst vor kurzem ertheiltest. – Frau Vibeke hat so eben Ingeborgs Schicksal in meine Hände gelegt; aber wie könnt ihr beiden Kinder glauben, daß ich die trennen will, die einander so lieb haben? Ich gebe sie dir hier zurück. – Ja, es nützt nichts, was Sie auch sagen mögen, Frau, er soll auf einem meiner Güter da oben in Vendsyssel festgehalten werden, es ist nicht gerathen, ihn länger frei herumlaufen zu lassen. Denken Sie sich nur, er hat geschworen, daß er nichts Nützliches vornehmen will, bis er die bekommt, welche er liebt.«

Ingeborg stieß einen Freudenschrei aus, sie und Holger fielen vor Jörgen auf die Knie und ergriffen seine beiden Hände. Der alte Gutsbesitzer stand da und lächelte und nickte ihnen zu.

»Aber was soll das heißen?« fragte Frau Vibeke, indem sie einen Schritt näher trat.

»Ja, was soll das heißen?« wiederholte Tyge, indem er ebenfalls einen Schritt näher trat, »das möchte ich doch wissen.«

»Nichts anderes, als daß ich heute Nachmittag herüber kam, um dem jungen Pärchen hilfreiche Hand zu leisten. Das habe ich nun gethan, so gut ich konnte. – Lassen Sie uns jetzt zu den andern hineingehen.«


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