Hermann Essig
Der Schweinepriester
Hermann Essig

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zweiter Aufzug

Personen
Pfarrer
Hella
Der Amtsbruder
Der Schlächter
Michel
Kirchenpfleger
Der Elefantenschmied
Der Schnabelfatzer
Büttel
Briefträger
Mischa

Szene: Pfarrhof, wie im ersten Aufzug.

Auf dem Tische der Laube liegen die Bücher des Pfarrers zum Studieren aufgeschlagen. Hella im Arbeitskleid wäscht vor dem Stalle Mischa mit der Bürste, der Pfarrer steht daneben.

Hella. Mischa, will dein Striemen über den Rücken nicht mehr vergehen? Wächst an der Stelle kein Fett mehr? Hm, Mischa? Weinst du, daß man dich so sehr gehauen hat?

Mischa (niest).

Pfarrer (geht mit handverdecktem Auge schmerzbewegt auf und ab). Sei still, sei still, Hella. Ich hätte nie geglaubt, daß ich die Mischa einmal so schlagen könnte.

Hella. Der Herr hat sich im Zorne vergriffen.

Pfarrer. Darum muß sie nun fort! Es soll zu meiner eigenen Läuterung dienen. Wenn ich nicht fähig bin, mich selbst zu bändigen und zu beherrschen, so darf ich kein Tier halten, das von meiner Leidenschaft abhängig ist, das meine Laune schwer dulden muß.

Hella. Der Geißelhieb muß sie bis ins Knochenmark hinein geschaudert haben.

Pfarrer. Oh! Male es nicht aus! Es ist zu traurig. Ich kann die Mischa nicht mehr ansehen, ohne mir die gräßlichsten Vorwürfe zu machen.

Hella. Wenn man bedenkt, daß wegen dem einen Streich die ganze Zukunft von dem Tiere vernichtet ist.

Pfarrer. Der Streich! Warum bohrst du ihn mir täglich ins Gedächtnis? Ich kann ihn nicht rückgängig machen. Leider, leider.

Hella. Den Preis kann sie mit der Schramme nicht mehr kriegen. Des Lammwirts Schweine sind glatt, egal, walzenrund.

Pfarrer. Ich bin selber schuld. Als ich die Geißel ergriff, mahnte es mich: »Haue nicht!« Aber da dachte es in mir und widersprach es: »Nein, haue ihr eins über, daß sie's behält.« Und der Hieb wurde desto furchtbarer.

Hella. Ja, nun denkt sie nicht mehr daran, aber wir.

Pfarrer. Ich wollte es der Gemeinde zeigen, daß ich die haßte, die den Gottesdienst störte.

Hella. Und? Gerade die Gemeinde hat es dem Herrn Pfarrer übel genommen, daß er so derb gezüchtigt hat.

Pfarrer. Daran war der Michel schuld. Ich wollte meine Abkehr von der Versuchung beweisen. Mir selbst erschien es nur lächerlich, daß Mischa in die Kirche ging. Es war mir nicht halb so ernst mit der Züchtigung.

Hella. Man soll eben nie heucheln.

Pfarrer (kämpfend). Es ist so schwer, geistlicher Lehrer zu sein. Man glaubt, nach überkommenen Vorschriften handeln zu müssen, und sollte vielleicht nur dem Zug des Herzens folgen.

Hella. Der Herr Pfarrer ist so gut und wird nun so falsch eingeschätzt.

Pfarrer. Murren denn die Leute, seitdem?

Hella. Herr Pfarrer, ich möchte so gerne die Unwahrheit sagen.

Pfarrer. Es ist mir alles verleidet.

Hella. Herr Pfarrer, wenn die Mischa geschlachtet ist, wird die arme Seele schon Ruhe haben. Dann wird der Herr wieder mit neuer Kraft predigen.

Pfarrer (sehr bewegt). Wenn der Schlächter nur endlich käme, daß diese Bitternis schnell vollends aus der Welt geschafft würde.

Hella (schiebt Mischa in den Stall). Schnell hinweg, so ist es jetzt gekommen.

Pfarrer. Wo der Tod kommen soll, ist es besser rasch. Zumal wenn das Opfer unschuldig ist. Die Mischa stirbt um unserer Frevel willen.

Hella (macht die Stalltüre leise zu). Es ist halt alles unvollkommen auf dieser Welt.

Pfarrer. Und vielleicht ist alles nur Feigheit. (Tritt fester auf.)

Hella (nachdenklich). Wieso?

Pfarrer. Will ich jetzt nicht bloß die Unduldsamkeit der Leute befriedigen? Könnte ich nicht trotzen?

Hella. Uh uh! Nur das nicht. Ein Schwein ist so schnell daran gegeben und über ihrer Metzelsuppe ist so ein versöhnlicher Friede, der doch immer das Höchste ist auf der Erde.

Pfarrer. Ein Friede, der ein Unrecht ist an einem Tier.

Hella. Unrecht muß immer eines leiden. Und dann ist es besser, wenn das ein Tier ist, als wie ein Mensch.

Pfarrer. Dem widerspreche ich. Der Mensch kann Leiden ertragen vermöge seiner höheren Intelligenz.

Hella. Es fragt sich, ob man dazu auf der Welt ist.

Pfarrer. Hella, mir dünkt, wir sind keine Christen, sondern Geschäftsleute.

Hella. Möchte denn der Herr Pfarrer die Mischa leben lassen und ewiges Gezärfe kriegen mit der Gemeinde? Der Herr Pfarrer wäre dann nämlich derjenige, dem das Unrecht geschieht.

Pfarrer. Dann stünde ich am nächsten bei meinem Erlöser.

Hella (mit erhobenem Finger). Herr Pfarrer, man kann das nie sein, was man sein möchte. Es gibt zu viele Menschen und darum gibt auch den Standpunkt nicht.

Pfarrer. Darum soll man tun, zu was man gezwungen ist?

Hella. Es gibt nichts, nach dem man das Leben einzurichten hat, als nach dem, wie's die Leute haben wollen.

Pfarrer. Du freust mich. Da könnte man die Kirchen zumachen.

Hella. Könnte man, wenn sie nicht da wären und die Leute nicht hinein möchten.

Pfarrer. Hella, warum bist du nicht Universitätsprofessor?

Hella. Weil ich, denen ins Handwerk zu pfuschen, zur Hauserin berufen bin.

Pfarrer (dicht an ihr). Du weißt, daß ich dich nicht haben sollte?

Hella (mit Bewegung zum Schweinestall). »Man« hat die Wahl.

Pfarrer (ihr in die Augen sehend, gefühlvoll). Muß es denn sein? Geht es wirklich nicht mehr mit der Mischa?

Hella (mit mehrfachem Achselzucken). Ich war gestern beauftragt, auf heute den Schlächter zu bestellen. Und ich habe ihn heute endlich bestellt. Da er nun einmal kommen wird, so wird man ihm die Mischa wohl geben. In ein paar Tagen müßte ich ihn ja gewiß wieder bestellen. Wie der Herr Pfarrer schon gesagt hat, lieber schnell als langsam, sonst wird es noch zur Tierquälerei.

Pfarrer (wendet sich halb lachend ab). Oh Hella, in was für ein Bankgeschäft sehe ich in dir hinein!

Hella. Es ist doch wahr.

Pfarrer (mit Wehmut). Langsam ist nur Menschenquälerei, Qual für mich. Die Mischa wäre so vergnügt, wenn ihr Abschied von uns noch hinausgeschoben würde.

Hella. Wir alle werden einmal abberufen.

Pfarrer. Bloß, meine Guteste, wird dir keiner eins auf den Tête schlagen.

Hella. Wenn mir das kleine Vorrecht vor der Mischa gegönnt sein möchte, wäre ich dem Herrn schon dankbar.

Pfarrer. Dann verhandle sie eben, wenn der Schlächter kommt. Und verschone mich mit allem. (Will ins Haus gehen.)

Hella. Und soll man sie nicht für den Haushalt verschlachten?

Pfarrer. Niemals werde ich von der Mischa essen!

Hella. Das würde sie in den Tod übelnehmen, wenn sie »einem« nicht schmecken täte.

Pfarrer. Ich habe sie nicht gezüchtet, um mir einen Fraß aufzumästen. Ich wollte einen Preis mit ihr erzielen. Wenn das nicht sein kann, so ist es mir lieber, ich kriege sie um Geld los, dann ist es, als hätte ich sie nie besessen.

Hella. Hat man sich da gefreut auf Blutwurst und Schinken! (Ganz geknickt.) Das hat man nun von seiner Mühsal um die Specksau.

Pfarrer. Du kannst das Geld einstecken, das du dafür bekommst.

Hella. Aber Herr Pfarrer, das kann ich doch nicht annehmen?

Pfarrer. Du hast die Pflicht, die Mischa so teuer als möglich zu verkaufen.

Hella. Und im Ernst, Herr Pfarrer, der ganze Erlös soll mein sein?

Pfarrer (lächelnd). Du bist schließlich die einzige, die mir noch Geld wert ist.

Hella. Das Geld für die Mischa kriegt die Hella? Herr Pfarrer, wie kann ich denn so viel wert sein? Habe ich es denn bloß gemeint bisher, daß ich eben ein Weibsdienst bin für einen Mann, der halt die Gewalt hat über einen? (Sie weint.)

Pfarrer (mit leisem Ärger über die Tränen). Bin ich denn herzlos gegen dich?

Hella. Herr Pfarrer, ich werde das Geld nicht annehmen. Wenn ich lieber mehr Liebe vom Herrn Pfarrer bekäme.

Pfarrer (nicht geneigt, sich rühren zu lassen). Du bekommst Liebe genug.

Hella. Genug!? Genug!? Wenn man solche Dürre hat, innen in der Brust, da könnte man Liebe brauchen, eimerweise.

Pfarrer. Wie kommst du mir vor.

Hella. Oh Herr Pfarrer, ich weiß es, wem die Schuld gegeben wird, daß die Mischa fort muß. Wie mich die Augen oft anflammen im Zorn! Man möchte sich manchmal fürchten, »man« wolle einen erwürgen. Aber ich bin unschuldig. Höchstens, daß ich in der Liebe nachgegeben und die Mischa an jenem Sonntag herausgelassen habe.

Pfarrer (der ihr finsterer werdend, abgekehrt, zuhört). Kein Wort mehr darüber. Es muß sich alles nach einem unsichtbaren Ratschluß erfüllen.

Hella (die pfiffig aufflackert). Das glaube ich auch.

Pfarrer. Darum nehme unbekümmert das Geld, das du lösen wirst. Ich werde dir nie den leisesten Vorwurf machen.

Hella (mit gedämpftem Enthusiasmus). Ich werde es in der Kirche opfern!

Pfarrer. Hella, begehe keinen Unsinn. Sei froh, wenn du eine kleine Summe in die Finger kriegst. Du wirst einmal alt werden und einen Zehrpfennig wohl gebrauchen können.

Hella (die immer erstaunter wurde). Wie soll ich das verstehen? Was plant der Herr Pfarrer?

Pfarrer (hat sich in der Laube an den Tisch gesetzt). Du wirst es zeitig genug erfahren.

Hella (langsam). Soll ich denn pensioniert werden?

Pfarrer (über seiner Arbeit). Du mußt eben dem Schlächter klar machen, daß er das Fleisch der Mischa viel teurer verkaufen kann. Die Leute werden sich um ein Stück von meinem Fleisch reißen. (Gerät sitzend in heftigere Erregung.) Sie werden sich balgen! Um das Fleisch von meinem Fleisch! Oh mir sind die Augen geöffnet! (Er überdeckt sie mit beiden Händen, die Arme aufstützend.)

Hella (geht nahe hin). Und das Geld ist auch –, Herr Pfarrer.

Pfarrer. Fleisch von meinem Fleisch. Aber du hast ein Recht darauf. Das ist etwas ganz anderes. Deswegen brauchst du keine Bedenken.

Hella (setzt sich am Tische). Will der Herr Pfarrer fort von Miesbach?

Pfarrer. Könntest du mir meine Pfeife holen?

Hella (sucht unter den Büchern). Wo ist denn die Meldung nach Dings . . . nach . . . Ja, ich bin nicht so dumm, es wird mir schon einfallen.

Pfarrer. Die wirst du nicht vorfinden.

Hella (lebhaft). Fort ist sie noch nicht, das laß ich mir nicht einreden. Hat »man« sie in der Tasche? (Will in seine Rocktasche greifen.)

Pfarrer. Geh weg! Du wirst dreist.

Hella. Herr Pfarrer. (Läßt matt los.) Darf ich da nicht mehr so nahe suchen?

Pfarrer. Die Miesbacher liegen mir nicht mehr so nahe am Herzen, und du bist ja auch von dieser Gemeinde.

Hella (bitter, fast wild, doch nicht übermäßig). Herr Pfarrer, das ist ein bitteres Unrecht, das mir geschieht.

Pfarrer. St, da kommt der Briefträger.

Briefträger (kommt näher, einen Brief hervorholend). Guten Abend, Herr Pfarrer.

Pfarrer. Guten Abend, Herr . . .

Briefträger. Ein Brief, Herr Pfarrer.

Pfarrer (nimmt ihn und bekommt Farbe).

Briefträger (sticht auf und geht). Guten Abend, Herr Pfarrer. (In einiger Entfernung beginnt er zu husten.)

Pfarrer (nachdem er eine Weile finster betrachtet hat, reißt er den Briefumschlag auf). Vom Dekan.

Hella (geht mit merkbar schlechtem Gewissen ins Haus).

Pfarrer (liest mit Ingrimm, dann wirft er das Schreiben auf den Tisch zur Seite und sitzt eine Weile still, dann laut). Das muß sie gewußt haben. (Er steht auf, ruft.) Hella!

Hella (kommt sofort, leise). Herr Pfarrer.

Pfarrer. Auf der Stelle machen Sie, daß Sie mir aus den Augen kommen.

Hella (kehrt mit gesenktem Kopf um).

Pfarrer (stutzt). Wie? Sie wehrt sich nicht einmal. Hella!

Hella (dreht sich um). Herr Pfarrer.

Pfarrer. Du weißt ganz genau, was der Dekan schreibt.

Hella. Es wäre mir angst.

Pfarrer. Was heißt wieder das? Das heißt also, daß du weißt, daß etwas Schreckliches drin steht?

Hella. Herr Pfarrer, es muß einen ja sehr erregen.

Pfarrer. Und du hast wirklich keine Ahnung?

Hella. Nein, Herr Pfarrer.

Pfarrer. Du solltest nicht gewußt haben, daß die Miesbacher eine Eingabe an den Dekan gemacht haben wegen der Mischa?

Hella (ist jäh errötet). Nein.

Pfarrer. Wenn ich dir jetzt einen Spiegel ins Gesicht fracken könnte, damit du deinen roten Schweineäpfel sehen könntest. Du Lugenvieh!

Hella (aufatmend, wird wieder blaß). Das ist mir endlich eine Wohltat.

Pfarrer. Wieso? Höllenkanaille.

Hella. Ich fühle mich wieder zu Hause.

Pfarrer (mit Fäusten vor ihr). Und wenn ich dich durchprügelte!

Hella. Ich tät mich nicht mucksen.

Pfarrer. Das bringt mich zur Raserei!

Hella (zuckt mit den Schultern).

Pfarrer. Du wußtest wirklich nichts von dieser Eingabe? (Schreitet auf und ab.)

Hella. Aber warum sollte ich wissen?

Pfarrer. Du ahnungsloser Engel du!

Hella. Es ist mir sehr leid, aber –

Pfarrer (zieht seine Meldung aus der Rocktasche, wirft sie auf den Tisch). Jetzt hat es auch keinen Zweck mehr, mich fortzumelden. Es ist sonst nur ein Zugeständnis meines Unrechts. Hätte ich, bornierter Dummkopf, nur wie ich wollte, gestern abend noch die Meldung nach Waldangeloch zur Post gegeben, so wäre die blödsinnige Beschwerde hier wirkungslos geblieben! Aber weil du, na. (Geht hin und her.) Das verzeih ich dir nie, daß du mir diese Eingabe der Gemeinde verschwiegen hast.

Hella. Ich habe doch nichts gewußt, Herr.

Pfarrer. Halte mich für keinen solchen Idioten. Du bist ja die allererste, welche die Mischa beseitigt haben möchte. So eine ruchlose Untreue, sich hinter des Herrn Rücken an einer Eingabe gegen mich zu beteiligen. Und wenn ich mich nur wenigstens beizeiten fortgemeldet hätte!

Hella. Das ist recht gut gegangen, Herr Pfarrer. »Man« kann nicht einfach davonschleichen mit seinem Schweinchen, wenn einem die Hauserin zuwider ist und die Gemeinde »einen« auf den rechten Weg weisen will.

Pfarrer (sie nahe anredend). Also doch! Du bist einverstanden mit der Beschwerde? (Vor ihr fuchtelnd.) Wir sind fertig miteinander.

Hella (schweigt).

Pfarrer (geht auf und ab). Nein, das hätte ich nie geglaubt, daß ich durch die blödsinnige Borniertheit der Miesbacher einen amtlichen Rüffel auf den Hals kriegte.

Hella. Herr Pfarrer, mit dem Schwein war das Seelsorgeramt unmöglich.

Pfarrer. Hahaha, hahaha. Du drückst dich plötzlich sehr bestimmt aus. Dabei ist die Mischa noch am Leben, es wäre also noch alles möglich, du Miesbacher Geburt.

Hella. Herr Pfarrer, da hört man es ja, wie weit »man« von der christlichen Duldsamkeit entfernt ist. Und nur wegen der schweinehaften Selbstsucht.

Pfarrer. Brülle mich nicht so an! Die christliche Duldsamkeit hat meine Gemeinde zu üben. Duldsamkeit gibt es nur von der Vielheit gegen den einzelnen.

Hella. Und der einzelne muß sich fügen.

Pfarrer. Das wäre noch schöner. Das ist ja toll.

Hella. Herr Pfarrer, eine Gemeinde kann sich nicht ewig das Kaspertheater mit dem Schweine gefallen lassen.

Pfarrer. Du redest unerhört dreist.

Hella (geht auf ihn zu). Weil ich den Herrn Pfarrer liebe, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.

Pfarrer (tänzelt weg). Laß dir nicht einfallen, hier im offenen Raume eine Liebesszene zu skandalieren. Außerdem bist du ein sehr besenhaftes Wesen.

Hella (geht ihm schrittweise nach). Das hat schon manchmal gut getan.

Pfarrer. (hopst weiter zurück). Du wirst doch nicht so zeckenmäßig sein!

Hella. 's ist mir jetzt alles gleichgültig. Wir sind an einem Punkt, wo die Liebe den Sieg kriegen muß.

Pfarrer (bleibt stehen, bäumt sich aufgerichtet, mit beschwörendem Finger). Ich beschwöre dich, dringe nicht weiter. Du bist vom Satan.

Hella (geknickt). Vom Satan. Ich.

Pfarrer. Wenn du keine Vernunft annimmst, so muß ich mir auf diese Weise helfen.

Hella. Herr Pfarrer, dann will ich meine Stimme verschlossen halten. Ich kümmere mich nicht mehr um die Mischa. Um nichts mehr. Ich mache meinen Dreck basta.

Pfarrer (läuft rasch an den Tisch und setzt sich).

Hella (der es auffällt, sieht sich um). Der Herr Pfarrer von Heinried, ich will mich anziehen. (Rasch ins Haus, ab.)

Pfarrer (während sie abgeht). Bringe dann vom Fünfundneunziger. Und stopfe beiden eine Pfeife.

(Der Pfarrer von Heinried, ein glatt gestriegelter Pietist, tritt auf, er bleibt unter dem Zaune stehen.)

Amtsbruder. Lieber Miesbacher Bruder.

Pfarrer (steht auf, stürzt dann auf ihn zu). Ah! Gott grüß dich, mein lieber Heinrieder! (Streckt die Hände entgegen) Komme nur näher!

Amtsbruder (Blick auf den Schweinestall, Blick auf den Pfarrer, storchmäßiger Takt der Kopfbewegung, wehrt mit beiden zurückgebogenen Händen ab). Nein, nicht eher, als bis das Schwein weg ist.

Pfarrer. Sei beruhigt Bruder, das Schwein sollte schon heute morgen vom Schlächter abgeholt werden.

Amtsbruder. Und weshalb lebt es noch?

Pfarrer. Der Schlächter ist ein elender Bummelant.

Amtsbruder. Sonst sind die Schlächter bekannt durch ihre rasende Eile. Ist es denn wahr?

Pfarrer. Du darfst es glauben, der Schlächter muß jede Minute kommen.

Amtsbruder. Du weißt, daß geschrieben steht: »da fuhren die Teufel aus von den Menschen und fuhren in die Säue.«

Pfarrer. Sei aber getrost, unsere Mischa kann von jenen Säuen gar nicht abstammen, denn es heißt: »und die Herde stürzte sich von dem Abhange in den See, und ersoffen.«

Amtsbruder. Dennoch möchte ich gewiß wissen.

Pfarrer. So gewiß als ich dich näher zu treten nötige, wird sie sterben.

Amtsbruder (macht einen Schritt, in welchem er mitten drin stehen bleibt). Soll ich es wagen?

Pfarrer. Selbstverständlich. Übrigens Hella!

Amtsbruder. Rufst du nicht Magd?

Pfarrer. Ich würde Magd rufen, wenn Hella nicht so laut klingen würde.

Hella (mit steifer Verbeugung, im Tändelschürzchen). Herr Pfarrer.

Pfarrer. Bezeuge, daß du den Schlächter bestellt hast.

Hella. Liebezeit, schon gestern.

Amtsbruder. Dann will ich auf deine Verantwortung unter dein Dach einkehren.

Pfarrer (führt ihn zum Tisch). Komm, sei so gut!

Hella (zugleich). Guten Tag, Herr Pfarrer. (Ab nach einer Weile.)

Amtsbruder. Es freut mich, wie sehr, zu hören, daß die Erleuchtung über dich gekommen ist, dich des Schweines zu entledigen.

Pfarrer (drückt ihn auf die Bank). So, sei so gut und nimm Platz. Wie geht es zurzeit, mein Lieber?

Amtsbruder. Danke. Bei meinen Predigten habe ich stets ein volles Haus.

Pfarrer (erstaunt ausrufend). Was! Und es schläft keiner?

Amtsbruder. Ich hoffe zu Gott, daß sie alle wachen.

Pfarrer. Ja so freilich, du bist kurzsichtig.

Amtsbruder. Das macht nichts. Ich nehme mich dankbar aus der Hand des Schöpfers.

Pfarrer. Ja, man sollte zufrieden sein.

Amtsbruder. Bist du es nicht?

Pfarrer. Ich wäre zufrieden bis auf meine leidigen Konflikte mit der Gemeinde. Nun, sobald das Schwein tot sein wird, werden sie auch aufhören.

Amtsbruder. Da ich bisher um dich stündlich gebetet habe, so darfst du gewiß auf den Frieden hoffen.

Pfarrer. So fleißig gedachtest du meiner? Ich danke dir recht dafür.

Amtsbruder. Keine Ursache. Ich habe nun auch mit dem Herrn Dekan darüber geredet. Ich hoffe, daß du bald von der schweren Heimsuchung befreit sein wirst.

Pfarrer (verlegen). Ich habe der Hella gesagt. sie soll einen Wein bringen und die Pfeifen!

Amtsbruder (greift nach seiner Hand). Danke, ich rauche gar nicht, weil der Rauch so vergänglich ist.

Pfarrer. Aber ein gutes Gläschen dann?

Amtsbruder. Für den Wein redet die Hochzeit zu Kanaan.

Pfarrer. Mein Wein ist Weinbergsgewächse, Lieber.

Amtsbruder. Natürlich müssen wir damit vorlieb nehmen.

Pfarrer. Ich bin ein abgesagter Feind aller Pantscherei.

Amtsbruder. Ich auch. Doch wenn die Not gebietet.

Pfarrer. Endlich kommt sie.

Hella (kommt mit dem Wein und den Pfeifen). Es hat ein bißchen lange gedauert. Der Fünfundneunziger ist alle.

Pfarrer (erschreckt). Alle? Was hast du dann?

Hella. Ich habe Sechsundneunziger angestochen.

Pfarrer (seine Verlegenheit verbergend). Ach richtig, der Sechsundneunziger.

Amtsbruder. Schade, dein Fünfundneunziger war immer so wohlschmeckend. Er hatte das natürliche Bukett.

Pfarrer. In letzter Zeit war er schon stark verrochen.

Amtsbruder. Wenn nur die nächsten Jahrgänge nachrücken können.

Hella. Ebent. – Raucht der Herr Pfarrer nicht?

Pfarrer. Du kannst seine Pfeife wieder hineinnehmen.

Hella (nimmt die Pfeife, geht dann mit dem leeren Tablett zurück ins Haus). Auf der Herren wertes Wohl. (Ab.)

Die Pfarrer (stoßen an). Prosit, Herr Kollege!

Amtsbruder (nachdem er getrunken). Vertraust du deiner Magd auch den Keller?

Pfarrer. Hella trägt das Haus und ich mein geistlich Amt.

Amtsbruder. Daß sie ungefragt ein neues Faß ansticht?

Pfarrer (rückt unruhig auf dem Sitz). Sie ist vollständig gepfiffen in allem.

Amtsbruder (trinkt noch einmal). Ich habe eine alte Magd von siebenzig Jahren, der ich eigentlich selbst die Hilfe sein muß.

Pfarrer. Damit könnte ich mich nicht herumschlagen. Bei meiner Wirtschaft. Die erfordert eine Kraftleistung. Das siehst du an mir.

Amtsbruder. Ich dachte, das Amt berühre die Wirtschaft nicht.

Pfarrer. Sie berühren einander auch nicht. Im Gegenteil, ich führe einen Boxkampf gegen das Andringen jeden Hausübels.

Amtsbruder. Du verwandtest allzuviel auf den Kampf, so blieb dir zu wenig für die Sammlung. Darf ich mir einschenken?

Pfarrer. Selbstverständlich. Aber daß ich doch immer kämpfte, sollte mich gegen jeden Vorwurf rechtfertigen.

Amtsbruder (nachdem er wieder getrunken). Du darfst nicht denken, ich trinke gerne. Ich verdamme eigentlich mehr mit jedem folgenden Schluck die Versuchung zum ersten.

Pfarrer. Ich verstehe schon, du bist zu Hause allzu mäßig. Was hat denn der Dekan geäußert?

Amtsbruder. Er anerkennt deinen Eifer, bedauert aber sehr, daß das Schwein die Kirche betreten hat.

Pfarrer (unruhig, errötend). Es soll ja nun geschlachtet werden.

Amtsbruder. Daß es nicht sofort geschehen ist, das ist der ganzen Diözese unfaßlich.

Pfarrer. Ich hatte sie nur mit der Peitsche gezüchtigt, und die Entrüstung rührte sich in der Gemeinde. Wenn ich sie vollends totgeschlagen hätte, man hätte mich gesteinigt.

Amtsbruder. Du hättest in aller Ruhe eine Metzelsuppe ansetzen sollen.

Pfarrer. Ich bin eben ein Mann der Gefühle.

Amtsbruder. Weil du Abgötterei mit ihr getrieben hast. Ein Schweinespeck ist eine kalte gefühllose Sache. Das Schwein ist Produzentin, genau wie auf dem Acker der Kohl wächst, wächst auf ihm der Speck.

Pfarrer. Ist das kein göttliches Geheimnis?

Amtsbruder. Die Theologie beschränkt sich auf den Menschen.

Pfarrer. Dann lies, was der Dekan schreibt. (Reicht ihm das Schriftstück; spricht weiter während der Amtsbruder liest.) Darin liegt noch eine versöhnliche Wahrheit. Darum will ich auch bei meinem Entschlusse bleiben, die Mischa . . . dran zu geben.

Amtsbruder (während des Lesens). Du kannst es als eine Gnade auffassen, daß du solche Schafe hast, die ihren Hirten nicht verirren lassen. –

Pfarrer. Aber trotzdem. Eine Eingabe wäre noch nicht nötig gewesen.

Amtsbruder. Und der Herr Dekan will sich eine Visitation (bedenklich) vorbehalten. (Stößt auf.) – Dann sorge nur, daß bis dahin das Schwein zur Wurst gemacht ist. (Reicht das Schriftstück zurück.)

Pfarrer (der das Schriftstück in die Brusttasche steckt). Es ist ein Augenblick in meinem Amt, wo ich nur schwer den Mut und die Lust behalte, weiter zu predigen.

Amtsbruder (hüpft auf seinem Sitze rückwärts). Du wirst dich doch von dem Schweine trennen können?!

Pfarrer. Wenn ich es nicht könnte, wer wollte den ersten Stein auf mich werfen?

Amtsbruder (schiebt den Wein weg). Dann schiebe ich es als Gift von mir, was ich unter deinem Dache getrunken habe, durch deine List. (Steht auf.) Du hast eine schwere Verantwortung auf dem Gewissen, du hast mich mit einer Unwahrheit zu dir herein gelockt.

Pfarrer. Freilich muß sie sterben.

Amtsbruder (setzt sich langsam). Wie soll mir dann dein Wein munden. (Trinkt.)

Pfarrer. Ich bin ja in einer Zwangslage. Das Schreiben vom Dekanat ist das besiegelte Todesurteil für Mischa.

Amtsbruder. So. Das gibt mir einen Strahl von Hoffnung für deine verstrickte Seele. Du siehst wenigstens noch eine geistliche Autorität über dir.

Pfarrer. Wenngleich die Mischa mich dafür verachten könnte.

Amtsbruder (mit ausgebreiteten Armen vor ihm, wie zum Fluche). Du bist verirrt, Bruder. Ein Mensch, der sich vom Tier verachtet fühlte, hätte sich selbst verworfen! Das ist der tiefste Stand der Gottlosigkeit. Daraus erhebe dich! Zerreiße das fleischliche Herzensverhältnis mit dem Tiere! Es zieht wie Pech den Menschenwert aus deinem Innern!

Pfarrer (der ihn anstarrt). Verstehe ich nichts mehr?

Amtsbruder. Mich hat Gott gesandt, deinen Entschluß durchzusetzen: »Weg mit ihr! weg! weg!« (Erhebt sich mit ausgestreckten Armen.)

Pfarrer (sitzt starr unter ihm).

Amtsbruder (in gemütlicherem Tone). Ich will nun mein Glas austrinken (trinkt) und dir, lieber Freund und Bruder im Herrn, zur Kräftigung und zum Beharren noch ein (indem er sich einschenkt) Extraglas weihen. (Nachdem er getrunken, wischt er sich den Mund mit dem Taschentuch.) Nehme es mir nicht übel, was ich geredet habe, es ist alles zu deiner Förderung gesagt, aus wahrer Liebe. (Reicht die Hand, die der Pfarrer gedankenlos nimmt.) Grüße auch deine Magd von mir. Mit Gott! (Schüttelt seine Hand wiederholt.) Lebe wohl! Ermanne dich! Bleibe fest! Du wirst den Segen davon haben! (Ab.)

Pfarrer (nachdem der Amtsbruder schon eine Weile verschwunden ist, fährt über seinen Kopf). Was meint er denn? Ich werde sie jetzt eher abschlachten? Er ist ein wirkliches Kamel.

Hella (kommt aus dem Hause). Ist er fort?

Pfarrer. Auch einen Gruß an meine Magd.

Hella (verzieht spöttisch den Mund).

Pfarrer. Es ist beinahe ein Glück, daß du mehr bist.

Hella. Ich habe es wohl gehört, daß er sich für den Propheten hält. Und dabei säuft er ganz gehörig. (Lüpft den Krugdeckel.)

Pfarrer. Hella! (Er hebt den Finger.) Etwas ist mein Gedanke. Ich will dir sagen –

Hella. Was?

Pfarrer. Ich hätte beinahe die Pflicht, Mischa leben zu lassen, um Gott nicht zu verlieren!

Hella. So'n dummer Quatsch.

Pfarrer. Wie? – Nicht wahr, es war Unsinn. Ich lasse sie am Leben.

Hella (wie verlegen). Herr Pfarrer, es bleibt so, wie wir's beraten haben.

Pfarrer. Ja wie? Wolltest du nicht dasselbe, was er will?

Hella. Freilich soll die Mischa geschlachtet werden.

Pfarrer (staunt sie an).

Hella. Aber nicht weil der Herr Pfarrer gottlos ist, wie's der Herr Amtsbruder meint, sondern weil der Herr Pfarrer zu fromm ist, wie ich's meine. (Sie trägt den Krug und Gläser davon. Ab.)

Pfarrer (raucht eine große Wolke). Ich bin weder gottlos noch zu fromm, ich bin ein eingemachter Hering. (Sieht plötzlich auf, die Rauchwolke um sich zerschlagend.)

(Der Schlächter kommt mit rennendem Schritt, reißt den Stall auf und stiert das Schwein an, so daß es Mischa sofort klar wird, wen sie vor sich hat.)

Pfarrer (steht auf, geht dem Schlächter durch, ab ins Haus).

Schlächter (stutzt hinter ihm her). Herr Pfarrer (Macht ärgerlich beherzte Schritte.) Dann müssen wir halt rin gehen.

Michel (taucht hinter dem Zaun auf, leise). Schlächtermeister!

Schlächter (rasch umgewendet). Was?

Michel. Sollt Ihr die Mischa holen?

Schlächter. Man hat nach mir geschickt, ich soll sie mir einmal ansehen.

Michel. Müßt Ihr sie erst einhandeln?

Schlächter. Mit einem Studierten werd ich flink fertig werden.

Michel. Ihr habt beim Pfarrer den Vorteil, Meister, daß er sie abtun muß, von Zwangs wegen, durch einen Druck von oben, vom Konsistori.

Schlächter (nickt, lacht). Aha. (Steigt ins Pfarrhaus hinauf. Ab.)

Michel (am Stall, guckt hinein). Pf, pf, pf, Mischa! Dein letztes Stündlein kommt. Nun wird eine deiner Schwestern das Prämium kriegen. Eben wieder zum Lammwirt nach Ellhofen wird der Preis kommen. Sonst hätte ich mich schon gefreut, wäre dem einmal der Preis hinausgerutscht. Aber du hast halt den argen Fehler, Mischa, daß du eine Pfarrsau bist. Darum gönn ich dir nichts, wünsch dir nichts, als daß du eine süße Blutwurst und ein duftender Schinken werden mögest. (Zieht den Schleim in die Nase).

Mischa (hockt totenstill, angstvoll).

Michel. Ja ja, Mischa. (Er sieht sich um)

Pfarrer (einen großen, weichen, schwarzen Filzhut auf dem Kopf, kommt aus dem Hause, geht auf den Stall zu). Was macht er bei der Mischa?

Michel (macht sich dünn).

Pfarrer. Das wollte ich meinen, ich hätte ihm sonst nichts Schmeichelhaftes gesagt.

Michel (ab).

Pfarrer. Na, Mischa. Was machst du für ein Gesicht? – Das arme Tier hat es schon gemerkt, was mit ihm geschehen soll. – Gelt, er stinkt nach Blut und Mord, der zu dir hineingeguckt hat. Aber ängstige dich nicht unnötig, Mischa. Ich bin dir treu. Ich habe mich anders besonnen. Ich will ein Schloß vor deine Türe legen, daß man dich nicht herausholen kann.

Mischa (kreiselt im Stallstroh herum, wirft die Ohren).

Pfarrer (schließt die Türe und legt das Schloß an). So. Und nun werde ich den Handel unmöglich machen, indem ich fliehe. Habe keine Angst mehr, du bist meine Liebe! (Ab über die Straße.)

( Hella kommt mit dem Schlächter unter die Türe.)

Schlächter. Ja, he! Herr Pfarrer! Wohin geht die Reise? Haha, will man's Schweinchen nicht hergeben?

Hella (plötzlich entrüstet). Wirklich, da läuft er davon!?

Schlächter. Haha. Hab ich nicht hoch genug geboten? Ich ginge ja nuff, Fräulein.

Hella (geärgert). Das sind wieder Mätzchen von »ihm«.

Schlächter. Ja, was machen wir da, Fräulein?

Hella. Wa bah! Dann verschachere ich sie auf meine Faust weiter.

Schlächter. Ja, Fräulein, wird der Handel dann gelten?

Hella. Versteht sich. Er hat es mir ja versprochen, daß ich den Erlös kriege.

Schlächter (kratzt sich im Kopfhaar). 's ist mir recht. Ich verlasse mich aber darauf. Darf Sie's verkaufen?

Hella (sieht ihn frank an). Versteht sich.

Schlächter. Dann flink die Hand her, daß wir einpatschen.

Hella. Ja, lieber Herr Seidenspinner, den Preis, den Sie mir geboten haben, auf den geh ich nicht ein.

Schlächter. Warum nicht? Neunzig ist doch ein strammes Geld. Das mit einem Mal, in lauter Silber, in so eine ausgehungerte Jungferntasche hineingesteckt! Neunzig, das ist ein Höllengeld. Hm?

Hella (reibt die Unterärmel). Eine Jungfer, wie ich's bin, verträgt es auch derber.

Schlächter (patscht sie). Na, dann hat sie keine Mistarbeit mehr mit dem Ferkel. Jungfer, ich bin doch schier galant wie ein Baron, wenn ich ihr die Schweinerei abnehme.

Hella. Sie, ein Baron? Ein Baron täte um zehn Taler feilschen?

Schlächter (entrüstet). Wie? Was? Hundert Taler soll ich geben? Sind Sie verrückt?

Hella. Hoho! (Auflachend.) Wenn ich verrückt wär, wer sollte dann bei Verstand sein!

Schlächter. Es scheint mir bald, sie hat keine Idee von einem Viehpreise. So kauf ich ein, so muß ich verkaufen. Ich kann doch auf das Fleisch keinen Zettel aufpappen, »Pfarrfleisch drum teurer«.

Hella. Das brauchen Sie auch nicht.

Schlächter. Nee, so was Beschissenes! Wenn der Herr Pfarr sich deshalb gedrückt hat, damit er mich einem solchen Luder hinterläßt, dann weiß ich's, dann hab ich genug. Ich geh, adieu. (Ab.)

Hella (grinst vor sich hin).

Schlächter (kommt zurück). Wissen Sie, auf die Hälfte mehr ginge ich wohl ein. (Schlägt einmal gewaltsam ein.)

Hella (entzieht die Hand). Nix da. Da behalte ich die Mischa auch gerne. (Geht dem Stalle zu.)

Schlächter (kehrt zu ihr um, leise). Ich täte ja sagen, hundert, wenn das Fräulein mir ein paar schöne Augen machen könnte. (Kehrt sich ab.)

Hella. Sind sie nicht schön, meine Augen?

Schlächter (wieder umgedreht). Fräulein, Sie müssen dann aber sagen, daß ich ein Baron bin, nobel wie Gott in Frankreich. (Schlägt in die genommene Hand ein.)

Hella. Oder gleich schofel. (Zieht die Hand weg.)

Schlächter. Na, lumpen laß ich mich einmal nicht. Die Sau ist ja mager wie eine Geiß, aber dem Fräulein zuliebe, will ich auf hundert einschlagen. Her's Händchen! Der dritte gilt. (Sie schlagen ein)

Hella. Und nun will ich ihm die Geiß herausholen.

Schlächter (zieht den Beutel). A was da! Fräulein, das ist nicht mehr nötig, daß ich mich überzeuge. Wenn sie keine hundert wert wäre, hätte ich nicht eingeschlagen.

Hella (verwundert). Nu hört einmal den Seidenspinner.

Schlächter. Sie sind ein tüchtig's Frauenzimmer. Wären die Bauern manches Mal gescheiter, hätten sie weniger Angst vor mir.

Hella (auflachend). Haha! Angst vor Ihnen!

Schlächter. Nicht wahr? Hab ich nicht ein ganz angenehmes Äußere?

Hella. Mir sind Sie schon recht. (Empfängt das Geld, gierig strahlend.) Danke schön will ich aber auch sagen.

Schlächter. Wenn Sie sonst noch was brauchen? (Zwickt ihren Arm.)

Hella. Lassen wir's gut sein.

Schlächter (lacht unbändig). Hahaha. Ich mache meine Risse mit den Frauenzimmers. (Am Stall.) Nanu! Ich hatt es vorhin ja flink offen.

Hella (beißt hinter ihm die Lippen, Hand am Mund).

Schlächter. Fräulein, da machen Sie einmal auf da.

Hella (nottelt am Schlosse). Den Schlüssel hat der Herr Pfarrer. Das ist jetzt aber ungeschickt. Da müssen wir warten, bis er zurückkommt. (Erblaßt dabei immer mehr.)

Schlächter (prüft ihr Gesicht). Fräulein, sagen wir's offen. Der Pfarr will nicht.

Hella (ein starr lang gedehntes). Nein. Ich weiß nicht, warum abgeschlossen ist.

Schlächter (fährt sich am Hinterkopf herauf). Was machen wir da? – Warten? – Rückgängig machen?

Hella. Rückgängig machen soll man nichts.

Schlächter. Sollen wir schimpfen? Sollen wir fluchen?? Daß einmal dem Pfarrer da von Miesbach der Ernst einfällt. Man kann ja so ein Betragen nicht anders auffassen als wie ein lächerliches Narrenpossenspiel mit aller Vernunft. So ein Betragen!!

Hella. 's ist aber auch zu kurios.

Schlächter. Kurios, wenn man da 's rechte Wort fände. So eine hinterrücksche Bosheit. So ein Betrug von so einem Betrüger.

Hella. Herr Seidenspinner, man sollte erst auf ihn warten.

Schlächter. Ist's nicht jetzt schon ein Betrug?

Hella. Gleich so schlimme Worte.

Schlächter. Na, wenn das kein Betrug ist. Dann weiß ich nicht, was ein Betrug ist!

Michel (kommt zurück). Warum seid Ihr unzufrieden, Seidenspinner?

Schlächter. Zwei Ohren sind mir zu wenig, daß sie's hören.

Michel. Ach so, braucht er Hilfe? – (Sucht herum nach Leuten.)

Hella. Michel, das täte schon wieder gut werden.

Schlächter. Mir ist es aber anders gesagt von dem Pfarrer. Bei dem müsse man ein Geschrei machen.

Michel. Er hat recht, Seidenspinner. Wartet bloß ein wenig, bis jemand vorbeikommt. (Ruft.) Elefantenschmied, Elefantenschmied, kannst du nicht wegen 'm Pfarr' kommen? Schnabelfatzer! Kirchenpfleger!! Du kannst auch auf dem Wegchen heimwärts.

( Elefantenschmied, Schnabelfatzer, Kirchenpfleger nacheinander.)

Kirchenpfleger. Ich muß sowieso hier vorbeikommen. Was gibt's denn?

Schlächter (mit scheinbarer Ruhe). Was meint ihr? Wenn ich für ein Schwein hundert Taler hingegeben habe, gehört mir da die Sau oder kann ich sie haben? – (Erregt.) Was tut aber Euer Pfarr', er läßt sie verhandeln, und nachher legt er ein Mutterschloß an den Saustall.

Die Leute (lachen).

Schlächter. Was ist da zu lachen! Das ist ein ganz gemeiner Betrug!

Kirchenpfleger. Seidenspinner, das ist nun schon lange so mit unserm Herrn Pfarrer. So setzt er bloß einen Streich auf den andern, seit er sich das Schwein eingetan hat.

Michel. Da ist es gerade, als wäre er vom Teufel geritten.

Kirchenpfleger. Es ist so allerorten mit ihm, nicht bloß zu Hause, auch in der Kirche.

Schlächter. Daß es immer so mit ihm ist, kann mich nicht beschwichtigen.

Kirchenpfleger. Das glauben wir. Wir beschwichtigen uns auch nicht. Wir haben eine Eingabe beim Konsistorium gegen ihn gemacht.

Schlächter. Da könnte ich ja noch das Gericht gegen ihn alarmieren. Daß ihm der Verstand uffginge!

Kirchenpfleger. Er wäre ein ganz guter Mann so, wenn die Sau weg wäre.

Hella. So hat es ihm ja auch eingeleuchtet. Ich habe ja den Herrn Schlächtermeister selber holen müssen. 's scheint, daß es ihn erst nachträglich wieder gereut hat.

Michel. Der Pfarr' kann sich nicht trennen von dem Schweine. Das ist eben vom Teufel besessen.

Schlächter. Könnt ich es nur mitnehmen!

Kirchenpfleger. Das wäre das weit Bessere als eine Klage.

Elefantenschmied. Dann wär sie weg.

Schnabelfatzer. Brecht doch einfach den Stall auf! Ich stelle mich auf die Straße, daß niemand dazu kommt!

Hella. Aber nein. Die Gewalttat!

Schlächter. Jungfer, soll ich mein Geld hingeben, damit sie damit Juchhei machen kann?

Hella (trappelt ins Haus). Ich will nichts gesehen haben. Mir kann keines Vorwürfe machen. Ich habe das getan, was »man« gewollt hat (Ab.)

Michel. Zum Einbruch bist du der Richtige, Elefantenschmied. Du darfst an das Türchen bloß ein bißchen sanft hinlangen, dann kracht es. Na los! Es ist ja nix Unerlaubtes.

Elefantenschmied (indem Fatzer Posten steht). Vergreife du dich an Pfarr's Allerheiligstem. Du bist ja ungläubig, Michel.

Michel. Braucht man's denn gleich zu wissen, wer's getane hat? An mich denkt der Pfarr' immer zuerst.

Kirchenpfleger. Mir ist es auch ein bißchen heikel mit dem Erbrechen.

Schlächter. Ihr seid Helden. Vielleicht gibt mir die Jungfer mein Geld wieder, dann braucht keines in die Hosen zu –

Michel. Nu wart nur, wagt es denn keiner? Elefantenschmied.

Elefantenschmied. 's ist halt die Pfarrsau.

Kirchenpfleger. Michel, einer wie du, der die Hölle leugnet, so gut wie den Himmel, der kann es machen.

Michel (mit zieselnder Zunge). Daß die Sau weg muß! Die Mischa ist die Schwester von der Rosa. Das sind beides die größten Schweine vom Bezirk. Und die müssen hin sein. (Reißt an der Tür.)

Kirchenpfleger. Vielleicht hilft jetzt einer ein weng.

Elefantenschmied (langt mit hin). Sakramosto, hat die der Pfarr' vernagelt.

Kirchenpfleger (langt als dritter mit hin). Es darf's halt niemand wissen, daß ich dabei war. Weil ich ja im Kirchengemeinderat drin bin.

Schnabelfatzer. St. Der Büttel kommt.

Schlächter. Laßt die Geschichte. Das hat keinen Zweck. Ich verlang's Geld zurück. (Rennt gegen das Haus).

Michel (mit großen Gieraugen). Seidenspinner, aus Pfarr's Fingern tät ich kein Geld wieder nehmen. Da hat's die Kraft verloren.

Kirchenpfleger. Und wir möchten ja die Sau aus dem Orte draußen haben.

Elefantenschmied (zum ankommenden Büttel). Auch hiesig, Büttel?

Michel. Büttel, du hast schielende Augen, das hab ich dir schon lange einmal mitteilen wollen.

Büttel (jetzt voll auf der Szene). Und ich habe schon lange einmal in der Pfarrgasse patroullieren wollen.

Kirchenpfleger. Büttel, der Metzger kann sie ja verlangen.

Büttel. Der Herr Pfarrer hat mich extra hierher geschickt, ich soll hier ein Auge haben.

Kirchenpfleger. Willst du denn damit sehen, wenn's der Pfarr sagt?

Michel. Büttel, selbst der Esel hat einen Pflichteifer.

Schlächter. Wir würden im Anker eins trinken nachher.

Büttel. Ich will nichts gesagt haben und ich will auch nichts gesehen haben. Wenn es nur immer glatt abgeht. (Geht unruhig umher.)

Michel. Dann geh doch zum Teufel!

Büttel. Nein, eben deswegen bleibe ich da.

Elefantenschmied. Damit hast du deine besondere Ansicht. Wollen wir noch einmal beilangen? Her, alle miteinander!

Alle (außer Büttel und Schnabelfatzer, der weiter auf Posten ist, beteiligen sich).

Büttel. Pfeife, wenn du den Pfarr' siehst, damit ich dann gleich einspringe.

Schlächter. Noch einmal, noch einmal! Feste! Feste! Es gibt ein allgemeines Trinkgeld.

Elefantenschmied. Kreuzwetter!! (Es kracht – die Türe bricht, so daß die Reißer in den Hof übereinander fliegen.)

Schlächter. Offen. Liegt nicht lange! Raus mit der Sau! (Er krabbelt auf, rennt zum Stall hin und reißt Mischa an den Ohren.)

Büttel. Nicht zu gewaltsam, sonst schreit sie.

Schlächter. Die hab ich! Wenn ich einmal eine an den Ohren habe.

Mischa (brüllt nach Schweineart). Hilfe! Hilfe! Hilfe!

Michel. Wenn sie's Maul nicht hält, gleich abstechen!

Schnabelfatzer (Zeichen). St. Der Pfarr', glaub ich! (Er mischt sich unter die andern, geht ab und zu wieder auf den Posten.)

Kirchenpfleger. Seidenspinner, stich sie!

Schlächter. Ich will doch's Blut haben.

Michel. Kannst 's nicht fließen lassen? Seidenspinner, flink ja, die Sau muß bloß hin sein.

Schlächter (zieht's Messer).

Büttel. Rascher. – Fatzer, kommt er?

Schnabelfatzer (sieht hinaus, zieht gleich den Kopf zurück). Der Pfarr'.

Büttel (zieht blank und stürzt auf den Schlächter los, faßt ihn von hinten). Im Namen des Gesetzes!

Pfarrer (rennend). Mischa! Ich komme!

Michel (brüllt). Stoß zu! Stoß zu!

Schlächter (gegen den Büttel herumfauchend). Laß meinen Arm los!

Pfarrer (kommt im selben Augenblick, entreißt mit wildem Griff dem Schlächter das Messer und zückt es dann gegen ihn). Zurück, wer nicht hin sein will!

Schlächter (indem alles zurückweicht, zieht die Mütze, steht stramm). Zu dienen, Herr Pfarrer, zur Leberwurst.

Pfarrer. Das genügt nicht. Total in die Hölle mit ihm!

Schlächter. Ich glaube, daß aus einer Wurst noch keiner wieder auferstanden ist, Herr Pfarrer, samt aller Kreatur. (Wird wütig) Aber wenn mir der Andrang zu unverschämt wird! (Haut um sich) Was soll denn das werden hier?

Pfarrer. Büttel, werden Sie ihn endlich verhaften?

Büttel. Ich möchte schon, aber der Herr Pfarrer läßt mich nicht rankommen.

Pfarrer. Zu was habe ich Sie denn hergeschickt?

Büttel. Es war bereits zu spät, Herr Pfarrer, und seither kämpf ich. Leute, sagt selber, wie hab ich euch gefeixt!

Pfarrer. Erwartet hätte ich, daß dem Schweineschlächter das Hiftmesser durch den Bauch gestoßen wäre!

Alle. Äh pfui! Das muß Gott wohlgefällig sein?

Schlächter. In was hab ich mich so versündigt, Herr Pfarrer?

Pfarrer. Auf Ihrem Bauche steht geschrieben: »Freßsucht, Neid, Habgier und alle Laster.«

Schlächter (lacht, hält seinen Bauch). Predigt er alleweil so?

Pfarrer. Sie greifen in meinen Stall wie ein blutdürstiger Polyp. Was kümmert Sie ein Tier? Nur Mord und Blut! Sie stinken ja auch darnach.

Die Leute (lachen über den Pfarrer).

Schlächter (ernst geworden). 's ist besser, ich stinke nach meinem Beruf und bin ehrlich, als ich dufte nach Himmelschlüsseln und bin ein Schwindler, ein abgefeimter Spitzbube, ein Betrüger, ein Dieb!

Michel (patscht hopsend auf seine Beine). Da sagt's einmal ein Mutiger dem Herrn Pfarrer!

Pfarrer (erblaßt vor innerer Wut). Diebe seid doch ihr, die ihr in meinen Besitz einbrecht. Habe ich je geschwindelt, betrogen oder gestohlen? Welcher Mutige ist so ein Feigling und verschweigt mir, wenn er etwas weiß.

Schlächter. Herr Pfarrer, Sie betrügen mich ja. Ich habe für das Schwein hundert Taler gegeben.

Pfarrer. Wem?

Schlächter. Na, Ihrem Fräulein.

Pfarrer. Wie? Fertig abgemacht?

Schlächter. Dreimal eingeschlagen.

Pfarrer (leise). Diese Kanaille! Durfte sie denn das? Sie wird Ihnen ohne Sträuben die glatte Summe zurückgeben. (Geht ans Haus, ruft hinein.)

Hella! Hella!

Die Leute (sehen sich an).

Pfarrer. Wissen Sie, wo sie ist?

Schlächter. Wohl drinnen im Hause.

Pfarrer (ab).

Michel. Und Ihr nehmt das Geld zurück, Meister?

Schlächter. Was bleibt mir anders übrig.

Michel. Besteh er auf der Sau, Meister!

Schlächter. Besteh, besteh! Mir schwimmelt der Kopf genug von Prozessen, verlorenen und gewonnenen.

Michel. Den gewinnt Ihr, Meister.

Kirchenpfleger. Und auf den einen weiteren kommt es dann auch nimmer an.

Schlächter. Du mußt's wissen.

Michel. Eine Mischa kriegst du so schnell nicht wieder. Ein kleines Auffüttern und Mästen, dann ist sie die berühmteste Preissau, die die Welt gesehen hat.

Kirchenpfleger. Wir Miesbacher täten's künftig dem Seidenspinner hoch anrechnen, wenn er auf der Mischa bestehen bliebe.

Schlächter. Gut. Wenn's mein Vorteil ist, dann behalt ich sie.

Alle (leise an ihm). Wacker! Wacker! Bist ein wackerer Metzgermeister.

Hella (kommt atemlos gerannt aus dem Winkel). Herr Pfarrer, Herr Pfarrer!

Pfarrer (tritt aus dem Hause). Woher kommst du?

Hella (die angstvoll das Messer in des Pfarrers Hand sieht). Herr Pfarrer, ich habe überall gesucht. Den Schlüssel zum Stalle, Herr Pfarrer.

Pfarrer (kommt die Stufen herab). Darüber werden wir noch reden. Zunächst wirst du dem Schlächter sein Geld zurückgeben.

Hella. Zurück? Ich hatt geglaubt, ich habe ihn übers Ohr gehauen.

Die Leute (lachen).

Pfarrer. Also vorwärts! Der Mann verlangt's.

Hella. Seit wann soll's in der Welt so geschuckt zugehen? Sie verlangen's? 's nächste Mal ist das Schwein bloß teurer.

Pfarrer (gibt mit der linken Hand das Messer dem Metzger zurück, mit der rechten Hand holt er nach Hella aus). Ohne lange Worte! Geld heraus!

Hella (weicht geduckt aus).

Schlächter. Herr Pfarrer, ich nehm es gar nicht.

Pfarrer. Dann habe ich Sie aber auch nicht betrogen. Marsch ab! Zum Hof hinaus! Die Sau bleibt hier. (Er stellt sich vor die Stalltür.)

Schlächter (streicht seinen Bauch). Herr Pfarrer, wenn mir's nur einfiele, was über meinen Bauch gesagt ist. Sieht er etwa aus, als fürchte er ein Prozeßchen?

Pfarrer. Den gewinn ich.

Kirchenpfleger. Es ist aber nicht vorbildlich einer Gemeinde, Herr Pfarrer.

Michel. Die Sau duldet man nicht.

Pfarrer. Ich gebe sie nicht heraus. Gezwungen schon gar nicht.

Schlächter. Schwätzt weiter nicht. In ein paar Tagen komm ich mit dem Vollstrecker. Der umständlichere Weg ist der noch angenehmere.

Pfarrer. Nur gekommen!

Hella. Ich will es aber gleich sagen, ich verplempere keinen Pfennig von dem Erlöse.

Pfarrer. Das hast du auch gar nicht nötig.

Schlächter. Dann immer schön adieu, Herr Pfarrer! Bei Philippine sehen wir uns wieder!

Die Leute (lachen und rufen). Hoch, Seidenspinner! Hoch! Hoch!

Schlächter (verneigt sich). Danke sehr huldvoll. (Ab.)

Die Leute (ab).

Pfarrer. Wenn er etwa glaubt, die Sau dann hier vorzufinden, irrt er sich gewaltig.

Hella. Was soll denn geschehen, Herr Pfarrer?

Pfarrer (wendet sich zu Mischa). Gelt du, Mischa, wir verreisen. Dann füttere ich dich ganz alleine, und vielleicht kriegst du doch noch den Preis mit deiner Schönheit.

Hella. Das kann der Herr Pfarrer immer tun. Ich gehe da nicht mit.

Pfarrer. Du Weibsbild kannst ohnedies deine Sachen packen und das Haus sofort verlassen! Dich habe ich erkannt.

Hella. Ich habe nichts anderes getan, als wie's gesagt war.

Pfarrer. Schweig! Fort! Ab! Hinaus!

Hella (ab ins Haus). Ich gehorche.

Pfarrer. Ja, bringe deine dreihundert Mark Beute in Sicherheit! – Mischa – sind alle wider uns, so ist doch Gott für uns.

Mischa (ist zu ihm mit dem Kopf vorgekommen).

Büttel (bummelt nachdenklich in den Ort hinein).


(Vorhang.)


 << zurück weiter >>