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Vorwort

Literaturkennern war es immer bekannt, daß Dostojewskij in die endgültige Fassung seines Romans »Die Teufel« (von anderen auch »Dämonen« genannt) ein größeres, aus mehreren Abschnitten bestehendes Stück nicht aufgenommen hatte, und daß sich der Text dieser Kapitel im Besitze der Witwe des Dichters befand. Ein kleines Stück der in ihrem Besitz befindlichen Abschrift (den Seiten 12, Zeile 10 bis Seite 33, Zeile 18 der vorliegenden Ausgabe entsprechend, von »Gegen halb elf erreichte er das Tor« bis: »Tichon las also folgendes«) hatte die Witwe im VIII. Band der Jubiläumsausgabe der Werke (Petersburg, 1906) veröffentlicht, und aus dieser Ausgabe wurde es auch in den Nachtrag der deutschen Ausgabe (Piper) übernommen. Sonst gewährte aber die Witwe auch Forschern keinen Einblick in das Manuskript.

Heute, wo sich Dostojewskijs Geburtstag zum hundertstenmal gejährt hat und die Witwe schon tot ist, zogen die russischen Behörden das geheimnisvolle Romanfragment ans Licht. Am 12. November 1921 wurde im Moskauer Zentral-Staatsarchiv eine Kiste mit Papieren Dostojewskijs geöffnet, und in dieser fand sich u. a. ein Notizbuch mit fünfzehn eingeklebten Korrekturfahnen zum Roman »Die Teufel«, von denen wir zwei(den Seiten 11/12 und 64, 66 der vorliegenden Ausgabe entsprechend) in Reproduktion bringen. Die Fahnen waren für den Abdruck des Romans in der Monatsschrift »Russischer Bote« in den Jahren 1871–72 bestimmt, aber aus unbekanntem Grunde nicht zum Abdruck gebracht. Es wird angenommen, daß der Redakteur dieser Zeitschrift, der bekannte Slawophile Katkow, gegen die Veröffentlichung war. Die Verwaltung des Zentral-Staatsarchivs hat nun den Text dieser Korrekturfahnen (Moskau, 1922) veröffentlicht, und auf dieser Publikation beruht auch unsere Ausgabe.

Außer in den Korrekturfahnen existieren diese Kapitel auch noch in einem Manuskript von der Hand der Witwe des Dichters, das jetzt im Puschkinhause der Russischen Akademie der Wissenschaften zu Petersburg verwahrt wird. Dieses Manuskript, aus dem die Witwe das schon erwähnte Bruchstück in der Jubiläumsausgabe von 1906 veröffentlicht hat, scheint die ursprüngliche Fassung darzustellen und den Moskauer Korrekturfahnen zugrundezuliegen; ein Original von der Hand Dostojewskijs ist nicht erhalten geblieben.

Die Petersburger und die Moskauer Fassung weichen nicht unerheblich voneinander ab. So enthält z.B. die erstere den großen mit ›15‹ bis ›16‹( bezeichneten Passus auf Seite 12, Zeile 10 bis Seite 33, Zeile 18, der in den Moskauer Fahnen fehlt; dagegen fehlt im Petersburger Manuskript die ganze Episode mit dem Diebstahl beim Beamten (Seite 40, Zeile 6 von unten bis Seite 43, Zeile 2).

Der Moskauer Veröffentlichung entnahmen wir auch die wichtigsten Korrekturen Dostojewskijs und den im II. Teil des Anhangs wiedergegebenen Aufsatz W. Fritsches.

München, den 2. April 1922.
A. E.


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