Russische Volksmärchen
Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

17. Märchen von dem berühmten und starken Ritter Jeruslan Lasarewitsch, von seiner Tapferkeit, und der unvergleichlichen Schönheit der Prinzeß Anastasia Worcholomejewna.

In einem Reiche lebte ein Zar, namens Kartaus. Dieser Zar Kartaus hatte zwölf Ritter, und über diese Ritter hatte der Zar einen Aufseher, den Fürsten Lasar Lasarewitsch, mit seiner Fürstin Epistimia. Dieser Fürst Lasar lebte siebenzig Jahre und hatte kein einziges Kind, und sie fingen an, mit Thränen zu Gott zu flehen, ihnen ein Kind zu geben, in ihren späteren Jahren zur Wonne, und nach dem Tode zum Seelengedächtnis. Und Gott erhörte ihr Flehen, und die Fürstin Epistimia fühlte sich schwanger. Als die Zeit der Entbindung kam, genas sie eines Söhnleins, und Fürst Lasar Lasarewitsch gab ihm den Namen Jeruslan. Von Angesicht war er roth, hatte blondes Haar und helle Augen. Fürst Lasar Lasarewitsch und die Fürstin Epistimia waren sehr darüber erfreut, und veranstalteten ein großes Fest. Als Jeruslan Lasarewitsch ein Alter von fünfzehn Jahren erreicht hatte, fing er an, auf den zarischen Hof zu gehen, und mit den Kindern der Fürsten und Bojaren zu spielen. Da begannen die Fürsten und Bojaren über ihn Rath zu halten, gingen zu dem Zaren Kartaus, und sprachen folgende Worte: »Unser Herr Zar Kartaus, beweise uns deine zarische Gnade: du hast einen Aufseher, den Fürsten Lasar Lasarewitsch. Derselbe hat einen Sohn, Jeruslan Lasarewitsch, welcher auf deinen zarischen Hof kommt, und mit unsern und den Bojaren-Kindern spielt; aber seine Spiele sind nicht gut, denn wen er beim Kopfe nimmt, dem fällt der Kopf ab, und wen er bei der Hand faßt, dem fällt die Hand ab, und wir haben davon großen Kummer. Herr, beweise uns deine zarische Gnade und schicke Jeruslan aus deinem Reiche oder gib uns den Abschied, denn leben können wir mit Jeruslan nicht.«

Zar Kartaus schickte sogleich nach seinem Aufseher, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, und ließ ihm befehlen, er solle schnell vor ihm erscheinen. Da kam Fürst Lasar zum Zaren Kartaus, und der Zar kam ihm entgegen in die Mitte des Hofes. Aber Fürst Lasar Lasarewitsch stieg vom Pferde und sprach: »Viele Jahre Wohlergehen, Herr Zar! Wie hat Gott deiner wahrgenommen, mein Gebieter? Warum hast du, o Herr, mich zu dir kommen lassen?« Sogleich antwortete ihm der Zar Kartaus: »Mein Herr Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, ich habe nach dir deßhalb geschickt und dir befohlen, schnell zu kommen, weil Fürsten, Bojaren und mächtige Ritter zu mir kamen, und deinen Sohn Jeruslan Lasarewitsch anklagten, daß er zu mir auf den zarischen Hof gehe, und mit den Kindern der Fürsten und Bojaren spiele, aber wen er beim Kopf nehme, dem falle der Kopf ab, und wen er bei der Hand fasse, dem falle die Hand ab, und solche Späße gefallen mir nicht. Dein Sohn ist mir im Reiche nicht nöthig, und ich werde meine Leute seinetwegen nicht fortschicken.«

Als Fürst Lasar Lasarewitsch diese Worte vom Zaren gehört hatte, ritt er traurig von ihm fort, und ließ seinen Kopf niedriger hängen, als die Schultern. Jeruslan kam seinem Vater entgegen, und neigte sich vor ihm mit dem Angesicht bis zur Erde: »Viele Jahre Wohlergehen, mein Herr Vater! Wie hat Gott deiner wahrgenommen, Herr? Warum reitest du so betrübt, o Herr? Hast du vom Zaren ein kränkendes Wort vernommen?« Sein Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, antwortete ihm: »Mein liebes Kind Jeruslan Lasarewitsch, ich habe ein kränkendes Wort vom Zaren vernommen. Andere Kinder dienen ihrem Vater von Jugend an zur Freude, im Alter zur Unterstützung, und nach dem Tode zum Seelengedächtnisse. Du aber, mein Söhnlein, dienst nicht von Jugend an zur Unterstützung, nicht nach dem Tode zum Seelengedächtnisse: du gehst auf den Hof des Zaren, und treibst schlechte Späße mit den Kindern der Fürsten und Bojaren; und darüber haben sich bei dem Zaren Kartaus die Fürsten und Bojaren gegen dich in Ehrfurcht beklagt, und der Zar hat befohlen, dich aus dem Reiche fortzuschicken.«

Da lächelte Jeruslan und sprach: »Mein Herr Vater, grämet Euch nicht um mich, daß man mich aus dem Reiche verbannt hat. Ich habe nur Einen Kummer: ich bin funfzehn Jahr alt geworden, und war in deinem Stalle, konnte aber kein gutes Roß für mich finden, das für alle Zeit mir dienen könnte.« Dann gingen sie in die weißsteinernen Gemächer, und Jeruslan Lasarewitsch bat seinen Vater und seine Mutter um die Erlaubnis, in's freie Feld zu spazieren, Menschen zu sehen und sich zu zeigen. Der Vater und die Mutter entließen ihn, und gaben ihm zwölf Jünglinge, und funfzig kunstgeübte Meister mit, um am Meere einen weißsteinernen Palast zu bauen. Diese Meister bauten in drei Tagen diesen Palast, und schickten an den Fürsten Lasar Lasarewitsch einen Boten. Der Bote kam zu dem Fürsten Lasar Lasarewitsch und der Fürstin Epistimia, und meldete, daß der prächtige Palast fertig sei, und Jeruslan Lasarewitsch fing abermals an, seine Aeltern um Erlaubnis zu bitten, in's freie Feld spazieren zu gehen. Fürst Lasar Lasarewitsch und die Fürstin Epistimia weinten bitterlich, daß sie sich von ihrem Sohne trennen sollten, und gaben ihm ihren älterlichen Segen.

Jeruslan Lasarewitsch ritt zu dem Meere in seinen weißsteinernen Palast. Vater und Mutter gaben ihm eine Menge Gold, Silber, Edelsteine, gute Rosse und ausgewählte Jünglinge mit, aber Jeruslan Lasarewitsch wollte nichts mit sich nehmen, keine Jünglinge, keine Rosse und keine Schätze. Er wählte sich nur ein krätziges Pferd, einen tscherkassischen Sattel, eine Trensenschnur, einen Filz und eine kleine Lederpeitsche. Alles Uebrige schickte er seinem Vater zurück. Und so kam Jeruslan Lasarewitsch an das blaue Meer zu seinem weißsteinernen Palast, legte den Filz unter sich, den tscherkassischen Sattel unter den Kopf und streckte sich nieder, um zu schlafen. Morgens sehr früh stand er auf, ging am Gestade des Meeres spazieren und schoß viele wilde Gänse, Schwäne und graue Enten. Damit nährte er sich, und so ging Jeruslan Lasarewitsch ein, zwei, drei Monate herum. Da traf er einen Weg, dessen Breite so groß war, daß ihn ein Schütze eben überschießen konnte, und dessen Tiefe so groß, daß er einem guten Rosse bis an die Ohren ging. Jeruslan Lasarewitsch betrachtete diesen Weg und sprach zu sich selbst: »Wer zieht diese Straße, ein großes Heer oder ein mächtiger Ritter?« – Aber bald begab sich's, daß ein alter Mann auf ihn zuritt; unter ihm war das graue Roß Alotjagilei. Dieser Alte stieg von seinem Rosse, ehe er dem Jeruslan Lasarewitsch nahe kam, und warf sich mit dem Gesicht auf die Erde. »Auf viele Jahre Wohlergehen, Jeruslan Lasarewitsch! Wie bewahrt dich Gott, mein Herr? Warum bist du an diesem Ort, mein Herr, in solcher Einöde? Welche stürmische Winde haben dich hierher verschlagen?« – Jeruslan Lasarewitsch fragte ihn: »Alter Bruder, wie nennest du dich mit Namen?« – Der Alte gab zur Antwort: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, ich nenne mich Iwaschka, und mein graues Roß heißt Alotjagilei. Ich bin ein großer Schütze und mächtiger Ringer im Heere der Ritter.« – »Aber,« fuhr Jeruslan Lasarewitsch fort, »woher kennest du mich, daß du mich bei Namen nennest?« – Darauf entgegnete ihm Iwaschka: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, wie sollte ich dich nicht kennen, ich bin ein alter Diener deines Vaters, hüte die Pferde schon drei und dreißig Jahre im Felde, und komme zu deinem Vater jedes Jahr ein Mal, um meinen Lohn zu holen. Daher kenne ich dich.«– Jeruslan aber antwortete: »Ich gehe hier auf die Jagd, und spaziere im freien Felde umher. Wer das Bittere nicht genossen, der bekommt das Süße nicht zu sehen. Noch als junger Knabe bin ich in meiner Unwissenheit am Hofe spazieren gegangen, und habe mit den Kindern der Fürsten und Bojaren gespielt. Aber wen ich beim Kopfe fasse, dem fällt der Kopf ab, und wen ich bei der Hand nehme, dem fällt die Hand ab. Dem Zaren war dies nicht angenehm, und er verbannte mich aus dem Reiche; aber dieser Kummer ist mir nichts, sondern ein anderer größerer Kummer peinigt mich. Ich bin schon funfzehn Jahre alt und ging in den Stall meines Vaters, konnte aber kein gutes Roß finden, welches mir Zeit Lebens dienen könnte.« – Da sprach Iwaschka: »Mein Herr Jeruslan Lasarewitsch, ich habe in meiner Heerde ein Roß, welches Podlas heißt. Dieses Roß muß man einfangen, und es wird dir ewig dienen. Wenn du aber es jezt nicht fängst, so wirst du es in Ewigkeit nicht fangen.« – »Aber wie kann ich das Roß sehen, Bruder Iwaschka?« Darauf entgegnete Iwaschka: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, du kannst dieses Roß früh morgens sehen, wenn ich die Pferde an's Meer zur Tränke treibe, und wenn du es siehest und nicht auf der Stelle es fängst, so wirst du es in Ewigkeit nicht fangen und nicht sehen.«

Darauf ging Jeruslan Lasarewitsch in seinen weißsteinernen Palast, legte den Filz unter sich,Siehe im Anhange. und den tscherkassischen Sattel und die Trensenschnur unter den Kopf, und streckte sich aus, zu schlafen. Den andern Morgen stand er früh auf, ging in das Feld und nahm die Trensenschnur, den tscherkassischen Sattel und die Lederpeitsche mit sich. Er stellte sich an einen verborgenen Ort unter eine Eiche. Bald darauf sah er, daß Iwaschka die Pferde an's Meer in die Tränke trieb, und bemerkte, als er an's Meer sah, daß ein Hengst Wasser trank und an dieser Stelle die Wogen furchtbar aufbrausten. Ueber der Eiche pfiffen die Adler, und auf den Bergen knirschten die Löwen, und Niemand konnte sich dieser Stelle nähern. Jeruslan Lasarewitsch wunderte sich sehr darüber, und als das Roß ihm gegenüber zu stehen kam, sprang Jeruslan von der Eiche hervor, und schlug das Roß mit dem Rücken der Hand. Das Roß stürzte auf die Kniee. Er faßte es bei der grauen Mähne und sprach folgende Worte: »Ach! du gutes Roß, wer soll auf dir reiten, wenn nicht ich, der Ritter?« Er warf ihm die Trense über, legte ihm den tscherkassischen Sattel auf, und ritt zu dem weißsteinernen Palast, und Iwaschka folgte ihm nach. Jeruslan Lasarewitsch fing an, auf seinem Rosse herumzureiten, und war gränzenlos froh, daß ihm Gott ein so gutes Roß beschieden, das ihm ewig dienen konnte. Dann sagte er zu Iwaschka: »Bruder Iwaschka, welchen Namen soll ich diesem Rosse geben?« – Er antwortete: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, wie kann ein Diener besser, als du, o Herr, solchem Rosse einen Namen geben? Du hast es selbst gefangen, so gib du ihm auch selbst einen Namen.« Und Jeruslan Lasarewitsch nannte es Uroschtsch Weschei,Hat im Russischen keine Bedeutung. und dann sprach er zu Iwaschka: »Reite, Bruder Iwaschka, zu meinem Vater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, und zu meiner Mutter, der Fürstin Epistimia, und sage ihnen, daß ich gesund bin, und ein gutes Roß bekommen habe, welches mir ewig dienen kann.«

Alsdann ritt Jeruslan Lasarewitsch in das freie Feld nach Iwan, dem russischen Ritter; er ritt auf seinem guten Rosse Trab, und hinter ihm Iwaschka in vollem Galopp, und so verschwand Jeruslan Lasarewitsch aus seinen Augen.

Iwaschka kehrte zurück zu dem Reiche des Zaren Kartaus, zu dem Vater des Jeruslan Lasarewitsch, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, und seiner Mutter Epistimia. Als er angelangt war, brachte er Nachricht von der Gesundheit Jeruslan's, und sagte, wo er hingeritten war, und wie er sich das gute Roß verschafft habe, das ihm ewig dienen könne. Vater und Mutter freuten sich sehr über ihren Sohn Jeruslan, beschenkten Iwaschka reichlich, und entließen ihn wieder zu seinem Geschäft.

Jeruslan Lasarewitsch aber ritt ein, zwei und drei Monate und kam auf ein Feld, wo ein zahlreiches Heer erschlagen lag. Da rief er mit lauter Stimme: »Ist nicht ein Mensch hier, der bei Leben geblieben ist?« – Da stand ein Mensch auf und fragte ihn: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, wen verlangst du, und wer ist dir nöthig?« – Jeruslan Lasarewitsch sprach: »Ich will einen lebendigen Menschen.« – Und dann fragte er ihn, wem dieses Heer angehöre, und wer es erschlagen hätte. Jener Mensch antwortete: »Das erschlagene Heer gehörte dem Feodul, dem Drachenzaren, und erschlagen hat es der mächtige russische Ritter Iwan, welcher bei ihm um seine Tochter, die schöne Prinzeß Kandaula Feodulowna, angehalten hat, und, da er sie ihm nicht freiwillig gab, sie mit Gewalt nehmen wollte.« – Darauf fragte Jeruslan Lasarewitsch, wie weit dieser Fürst, der russische Ritter, entfernt sei, und es antwortete ihm der Mensch: »Jeruslan Lasarewitsch, es wird zu weit sein, ihn einzuholen: wenn du um das Heer herum reitest, so wirst du die Fußtapfen des Fürsten Iwan, des russischen Ritters, sehen.« Jeruslan ritt um das Heer herum, und sah die Spuren von den Sprüngen des Rosses; wo es ausgegriffen hatte, waren Haufen Erde aufgeworfen. Er folgte der Spur und traf auf ein anderes erschlagenes Heer. Hier schrie er mit lauter Stimme: »Befindet sich hier nicht ein lebendiger Mensch, der von der Schlacht übrig geblieben ist?« Da stand ein Mensch auf und sprach folgende Worte: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, das eine Roß ist besser, als das andere, und der eine Jüngling noch weit besser, als der andere.« – Dann ritt Jeruslan Lasarewitsch noch weiter fort, und er ritt einen, zwei und drei Monate. Da kam er auf das freie Feld und sah ein weißes Zelt. Bei dem Zelt stand ein gutes Roß. Auf einer weißen Leinewand war weißer Waizen vor ihm ausgeschüttet. Jeruslan Lasarewitsch stieg von seinem guten Roß ab, und ließ es zu dem Futter, das ausgestreut da lag, und das Roß des Jeruslan Lasarewitsch vertrieb das andere von dem Futter. Jeruslan Lasarewitsch ging in das Zelt, wo ein guter Jüngling in festem Schlafe lag. Jeruslan zog sein scharfes Schwert und wollte ihm bösen Tod geben; aber er besann sich und sprach zu sich: »Es wird mir keine Ehre sein, wenn ich einen Schlafenden tödte: ein Schlafender ist gleich einem Todten.« Er legte sich in dem Zelte auf die andere Seite nahe bei dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter. Als dieser erwachte, ging er aus seinem Zelte und sah, daß sein gutes Roß weit vom Futter weggetrieben war, und auf dem Felde graste, und daß bei dem weißen Waizen ein fremdes Roß stand und ihn fraß. Er ging zurück in das Zelt und bemerkte, daß hier ein guter Jüngling im Todtenschlafe liege. Fürst Iwan, der russische Ritter, ergrimmte gegen ihn, zog sein scharfes Schwert heraus, und wollte ihm bösen Tod geben; aber er besann sich und sprach zu sich: »Es wird mir gutem Jünglinge kein Lob und Ruhm sein, wenn ich einen schlafenden Menschen tödte, denn ein Schlafender ist gleich einem Todten. Und er fing an, ihn zu wecken: »Stehe auf, Mensch, nicht, weil ich dich wecke, sondern damit du dich rettest. Kamerad, du hast nicht Einen deines Gleichen beleidigt, denn deßwegen vergießt man Blut. Warum hast du dein Roß zu fremdem Futter gestellt, und in einem fremden Zelte dich schlafen gelegt? Dafür wirst du mit dem Tode büßen.« – Da erwachte Jeruslan Lasarewitsch. Der Fürst Iwan, der russische Ritter, fragte ihn nach seinem Namen, woher er komme, und welches Vaters und welcher Mutter Sohn er sei. – »Ich bin aus Kartaus Reiche,« antwortete Jeruslan Lasarewitsch, »und bin der Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitsch und der Fürstin Epistimia, und nenne mich Jeruslan. Dein Roß ist nicht von mir weggejagt worden, sondern von meinem Rosse, und gute Leute begegnen den Fremden nicht mit schlechten Worten, sondern nehmen sie gastfreundschaftlich auf. Wenn du ein Glas Wasser hast, so gib mir es, denn ich bin bei dir als Gast.« – »Du bist noch jung,« sagte Iwan, der russische Ritter, »und es schickt sich nicht für mich, dir Wasser zu bringen, sondern du mußt mir es bringen.« – »Du pflückst den Vogel, den du noch nicht gefangen hast, und tadelst auch den guten Jüngling, ohne mich zu versuchen.« – Da sprach Fürst Iwan, der russische Ritter: »Ich bin der Fürst der Fürsten und der Ritter der Ritter, und du bist ein Kosak.« – »Ja,« antwortete Jeruslan Lasarewitsch, »du bist Fürst in deinem Zelte, aber wenn du dich im freien Felde befindest, so stehen wir einander gleich.« – Da sah Fürst Iwan, der russische Ritter, daß er keinen Feigen vor sich habe, nahm einen goldenen Becher, ging nach kaltem Wasser und gab dem Jeruslan Lasarewitsch zu trinken. Dann setzten sie sich auf ihre Rosse und ritten in das freie Feld. Da ritt Fürst Iwan, der russische Ritter, in vollem Galopp auf seinem Pferde, aber Jeruslan Lasarewitsch ritt im Schritt; dann schlug er sein gutes Roß auf die steilen Hüften, und das Roß Uroschtsch Weschei holte den Fürsten Iwan, den russischen Ritter, ein, und überlief ihn. Da betete er zu Gott, er sollte es fügen, daß er diesen Menschen nicht tödte, sondern ihn blos mit dem stumpfen Ende aus dem Sattel stoße. Dann schlug Jeruslan Lasarewitsch sein gutes Roß noch ein Mal auf die steilen Hüften, und sie fingen an, den Anlauf zu nehmen. Da schlug Jeruslan Lasarewitsch den Fürsten Iwan, den russischen Ritter, mit dem stumpfen Ende gegen das Herz und hob ihn aus dem Sattel auf die Erde, und das Roß faßte ihn an der Kehle und drückte ihn zu Boden. Jeruslan Lasarewitsch wendete das spitzige Ende um, setzte es ihm auf die Brust und sprach folgende Worte: »Fürst Iwan, russischer Ritter, willst du Todt oder Leben haben?« – Da bat Fürst Iwan, der russische Ritter: Herr Jeruslan Lasarewitsch, sei mir der ältere Bruder; gib mir nicht den Tod, sondern schenke mir das Leben.«

Jeruslan stieg von seinem Rosse ab, nahm den Fürsten Iwan, den russischen Ritter, bei der rechten Hand, hob ihn auf, umarmte und küßte ihn, und nannte ihn den jüngsten Bruder; dann setzten sie sich auf ihre guten Rosse und ritten zu dem weißen Zelte. Sie ließen ihre beiden Rosse zu einem Futter, und gingen selbst in das weiße Zelt und fingen an zu essen, zu trinken und Kurzweil zu treiben. Und als Jeruslan Lasarewitsch lustig wurde, sagte er zu seinem Bruder: »Mein Herr Bruder, Fürst Iwan, russischer Ritter, ich spazierte im freien Felde, und traf auf zwei erschlagene Heere.« – Da antwortete Fürst Iwan, der russische Ritter: »Mein Herr Bruder, Jeruslan Lasarewitsch, das erste Heer des Zaren Feodul, des Drachen, habe ich getödtet, weil ich mich um seine Tochter, die schöne Prinzeß Kandaula Feodulowna, bewarb; und ich will sie mit Gewalt nehmen, denn man sagt, daß es solche Schönheit auf der Welt nicht gebe. Morgen werde ich mit ihm die letzte Schlacht haben, und du, Jeruslan Lasarewitsch, kannst Zeuge meiner Tapferkeit sein.« Dann legte er sich schlafen. Den folgenden Morgen stand Fürst Iwan, der russische Ritter, früh auf, sattelte sein gutes Roß und ritt zu dem Reiche des Feodul, des Drachenzaren, und Jeruslan Lasarewitsch ging zu Fuße, und stellte sich an einen verborgenen Ort unter eine Eiche, um der Schlacht zuzusehen.

Darauf rief Fürst Iwan, der russische Ritter, mit lauter Stimme, und Zar Feodul, der Drache, befahl in die Trompete zu stoßen, und ein Heer von hunderttausend tapfern Männern zu sammeln, und sein ganzes Heer bestand aus drei Mal hundert tausend Mann. Zar Feodul, der Drache, ritt dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter, in zarischer Kleidung entgegen, und vor ihm und hinter ihm gingen so viel Leute, daß sie sich nicht zählen ließen. Fürst Iwan, der russische Ritter, nahm den Schild in die eine Hand, und die Lanze in die andere. Wie der Falk auf Gänse, Schwäne und graue Enten stürzt, so stürzte Fürst Iwan, der russische Ritter, auf die große Macht, von welcher sein Roß doppelt so viel zu Boden trat, als er mit dem Schwerte niederhaute. Und er erschlug das ganze Heer, und nur den Alten und den Jungen ließ er das Leben, die ihm nicht widerstehen konnten, und den Zaren Feodul, den Drachen, machte er zum Gefangenen und gab ihm bösen Tod. Dann eilte er in sein Reich und nahm die schöne Prinzeß Kandaula Feodulowna. Er faßte sie bei den weißen Händen, küßte sie auf die süßen Lippen, und führte sie in sein weißes Zelt. Jeruslan Lasarewitsch kam auch bald dahin, und sie fingen an zu essen, zu trinken und Kurzweil zu treiben. Dann befahl Fürst Iwan, der russische Ritter, der schönen Prinzeß Kandaula Feodulowna das Bett zu machen; darauf legte er sich mit ihr schlafen, fing an, sie zu liebkosen und bei dem weißen Busen zu nehmen.

Jeruslan Lasarewitsch ging aus dem Zelte fort. Da sprach Fürst Iwan, der russische Ritter, zu ihr: »Meine geliebte und schöne Prinzeß, sage mir, gibt es in der Welt eine schönere, als du, und einen tapferern Ritter, als meinen Bruder Jeruslan Lasarewitsch? Ich bin viel herum gezogen und habe keine bessern gefunden, als du bist.« – »Nein,« antwortete die schöne Prinzeß Kandaula Feodulowna, »es gibt schönere, als ich bin. Im freien Felde ist ein weißes Zelt, und in dem Zelte sind drei Schwestern, die Töchter des Zaren Bugrigor. Mit Namen nennen sie sich die älteste Prodora, die mittelste Tiwobriga, die jüngste Legia. Diese sind zehn Mal besser, als ich; ich bin gegen sie nur, wie die Nacht gegen den Tag. Als ich bei meinen Aeltern war, war ich noch schön, aber jezt ist mein Leib von Gram abgezehrt. Und es steht an dem indischen Reiche am Wege ein Ritter bei dem Zaren Dalmat. Dieser Ritter nennt sich Iwaschka Weißmantel Sarazenenmütze. Ich habe von meinem Vater gehört, daß er schon drei und dreißig Jahre das indische Reich bewacht, und daß kein Fußgänger bei ihm vorüber ging, kein Ritter vorüber ritt, kein Thier vorbeilief und kein Vogel vorbeiflog, und ich weiß nicht, wer von ihnen tapferer ist, denn ich habe von der Tapferkeit des Jeruslan Lasarewitsch noch nichts gehört.« –

Jeruslan Lasarewitsch hatte diese ganze Rede gehört, und sein Ritterherz ertrug es nicht. Er trat in das weiße Zelt, betete zum Heiligenbilde, verneigte sich vor seinem Bruder, dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter, und der Prinzeß Kandaula Feodulowna. Dann begleiteten sie ihn aus dem weißen Zelte; er sattelte sein gutes Roß, küßte seinen Bruder, den Fürsten Iwan, den russischen Ritter, und die Prinzeß Kandaula Feodulowna zum letzten Male und ritt ab auf das freie Feld nach dem indischen Reiche des Zaren Dalmat, um mit Iwaschka Weißmantel, Sarazenenmütze, zusammenzutreffen. Jeruslan Lasarewitsch reiste schon lange auf seiner Straße, da besann er sich und sagte: »Ich bin nach einem entfernten Reiche, und zu einem Kampf auf Leben und Tod ausgeritten, und habe von Vater und Mutter keinen Abschied genommen. Er kehrte also zurück zu seinem Vater und kam in das Reich des Zaren Kartaus, in dessen Gebiete er den Fürsten Daniil den Weißen, mit drei Mal hundert tausend Mann traf, welcher prahlte, er werde nun das Reich des Zaren Kartaus unterjochen, den Zaren selbst, den Fürsten Lasar Lasarewitsch, und die zwölf Ritter gefangen nehmen, und sie in sein Land, als Gefangene, abführen. Aber hier wußte Jeruslan Lasarewitsch nicht, was er machen sollte, denn er hatte keinen festen Schild, kein scharfes Schwert und keine lange Lanze. Er ritt gerade auf die Stadt zu, und als die Einwohner sahen, daß Jeruslan Lasarewitsch nahte, machten sie ihm die Stadtthore auf, und als er hineinkam in die Stadt, sah er, daß sein Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, ein Heer zur Schlacht ordnete. Jeruslan Lasarewitsch stieg von seinem guten Rosse ab, ehe er ihm nahe kam, warf sich mit dem Angesicht auf die Erde und sprach: »Viele Jahre Wohlergehen, mein Herr Vater! Wie behütet dich der liebe Gott? Warum bist du so traurig, o Herr?« – Da sprach zu ihm der Fürst Lasar Lasarewitsch: »Mein liebes Kind Jeruslan Lasarewitsch, von wo bist du wie eine Sonne erschienen und hast mich so erwärmt? O mein lieber Sohn, wie soll ich mich nicht grämen? In unsere Gränzen ist Fürst Daniil der Weiße mit drei Mal hundert tausend Mann eingerückt und prahlt, daß er es unterjochen, den Zaren Kartaus, mich und die zwölf Ritter als Gefangene in sein Reich abführen werde.« Da sprach zu ihm Jeruslan Lasarewitsch: »Mein Herr Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, gib mir deinen festen Schild, dein scharfes Schwert und die Lanze, ich werde mit dem Feinde kämpfen.« – Da antwortete ihm sein Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch: »Mein liebes Kind, du willst gegen so viele Feinde kämpfen, und warst noch nie bei einem Kampfe. Wenn du das Schreien und Winseln der Tataren hören wirst, so wirst du erschrecken, und sie werden dich tödten.« – Da antwortete ihm Jeruslan Lasarewitsch: »Lehre nicht, Herr Vater, die Gans im Wasser schwimmen, und einen Rittersohn mit Tataren kämpfen. Gib mir nur, was ich verlange, und ich werde kühn mit den Tataren mich schlagen.« –

Da gab ihm Fürst Lasar Lasarewitsch einen festen Schild, ein scharfes Schwert, eine lange Lanze und sprach folgende Worte: »Gehe, mein lieber Sohn Jeruslan Lasarewitsch, gehe und kämpfe mit dem großen Heer, da hast du meinen Segen.« – Jeruslan Lasarewitsch nahm den Schild in die linke, das Schwert in die rechte Hand, setzte sich auf sein gutes Roß, und ritt aus der Stadt dem feindlichen Heere entgegen. Wie ein Falke auf Gänse und Schwäne stürzt, so stürzte Jeruslan Lasarewitsch auf das große Heer des Fürsten Daniil des Weißen. Und so viel haute er nicht mit dem Schwerte nieder, als sein Roß mit den Füßen zertrat, und Daniil den Weißen selbst machte er zum Gefangenen, und nahm von ihm einen schweren Eid, nie wieder das Reich des Zaren Kartaus zu betreten, und seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln dasselbe zu verbieten, denn wenn er noch ein Mal in seine Hände fiele, so würde er es mit bösem Tode büßen. Dann entließ er ihn in sein Land zurück, und ritt selbst in die Stadt, und Zar Kartaus kam ihm unter den Stadtpforten entgegen, und Jeruslan Lasarewitsch stieg ab von seinem Rosse, ehe er sich ihm nahete, warf sich mit dem Angesicht auf die Erde und sprach: »Viele Jahre Wohlergehen dir, mein Herr Zar Kartaus, und deinem ganzen Reiche! Wie behütet dich Gott, mein Gebieter?« – Da antwortete ihm Kartaus: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, ich bin schuldig vor dir, daß ich dich aus meinem Reiche verbannt habe. Wohne jezt in meinem Reiche, und wähle die beste Stadt und schöne Kirchdörfer. Meine Schätze sollen nicht verschlossen sein vor dir; nimm, soviel dir beliebt. Deine Stelle ist neben mir, die andere mir gegenüber, die dritte, wo du selbst willst.« Da gab ihm Jeruslan Lasarewitsch zur Antwort: »Herr Zar Kartaus, ich bin nicht gewohnt, in deinem Reiche zu leben, sondern ich pflege im freien Felde zu spazieren und zu kämpfen.« Und als er Salz und Brod bei dem Zaren Kartaus, und bei seinem Vater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, und seiner Mutter Epistimia, gegessen hatte, nahm er Abschied von allen Einwohnern, und ritt in's freie Feld spazieren.

Und er ritt einen, zwei, und drei Monate; da traf er in einem Felde auf ein weißes Zelt, in welchem die drei schönen Jungfrauen, die Töchter des Zaren Bogrigor, saßen; dergleichen Schönheit gibt es nicht weiter in der Welt. Sie hatten Handarbeiten vor. Jeruslan Lasarewitsch trat in das weiße Zelt und vergaß, zu dem Heiligenbilde zu beten. Sein jugendliches Herz entbrannte von Liebe. Er nahm die älteste Schwester, die schöne Prinzeß Prodora, bei der Hand, und den übrigen Schwestern befahl er, aus dem Zelte herauszugehen, und sprach folgende Worte: »Meine holde und schöne Prodora Bogrigorowna, gibt es auf der Weit eine schönere als du, und einen tapferern als ich?« Da antwortet ihm Prodora: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, wie magst du mich schön nennen? Es gibt in der Stadt Debri eine Jungfrau, die Tochter des Zaren Worcholomei, die schöne Prinzeß Anastasia, die ist die schönste auf der Welt, und wir sind gegen sie, wie die Nacht gegen den Tag. Am Wege in das indische Reich des Zaren Dalmat gibt es einen Ritter, er heißt Iwaschka, mit dem Zunamen Weißmantel, Sarazenenmütze, und ich habe von meinem Vater gehört, daß er sehr stark sei, und das indische Reich drei und dreißig Jahr hüte, und ihm vorüber geht kein Fußgänger, reitet kein Ritter, läuft kein Thier, fliegt kein Vogel. Aber was bist du für ein tapferer Ritter, daß du uns Mädchen hier aus dem Zelte vertreibst?« – Da stand Jeruslan Lasarewitsch auf und war verdrüßlich. Er bückte den Kopf der Prinzeß, schlug ihn mit dem Schwerte ab und warf ihn unter das Bette. Dann nahm er die andere Prinzeß Tiwobriga herein, fing an, sie zu liebkosen und bei dem weißen Busen zu fassen, und sprach zu ihr: »Meine holde und schöne Prinzeß Tiwobriga, gibts auf der Welt eine schönere, als du, und einen tapferern, als ich?« – Und sie antwortete ihm eben so, wie die älteste. Da schlug er auch ihr den Kopf ab und warf ihn unter das Bette.

Da nahm er die dritte Schwester Legia, liebkoste sie mehr, als die vorigen, und sprach zu ihr: »Meine holde und schönste Prinzeß auf der Welt, Legia Bugrigorowna, gibt es auf der Welt eine schönere, als du, und einen tapferern, als ich?« – Da antwortete Legia: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, ich bin nicht schön und auch nicht gut. Als ich bei meinem Vater und meiner Mutter war, da war ich schön und gut; aber jezt ist mein Leib abgezehrt und ich bin gar nicht schön. Der Zar Worcholomei hat in seinem Reiche in der Stadt Debri eine Tochter, die schöne Prinzeß Anastasia; eine solche Schönheit gibt es auf der Welt nicht weiter, und sie ist zehn Mal besser, als ich. Und noch gibt es auf dem Wege in das indische Reich des Zaren Dalmat einen Ritter Iwaschka, mit dem Beinamen Weißmantel, Sarazenenmütze, und ich habe von meinem Vater gehört, daß er stark ist und das indische Reich drei und dreißig Jahre hütet: ihm vorüber geht kein Fußgänger, reitet kein Ritter, läuft kein Thier, fliegt kein Vogel, und ich weiß nicht, wer von euch tapferer und stärker ist.« – Jeruslan Lasarewitsch sprach zu ihr: »Meine liebe und schöne Prinzeß Legia Bugrigorowna, du hast mich getröstet mit deinen lieblichen Worten, und mein Ritterherz beruhigt.« – Dann ging er aus dem Zelte, und Prinzeß Legia sprach zu ihm: Warum bist du aus dem Zelte gegangen, ohne zu Gott zu beten, oder habe ich dir etwas Grobes gesagt?« Dem Jeruslan Lasarewitsch gefiel dieses Wort, er kehrte zurück in das Zelt, betete zu dem Heiligenbilde, nahm Abschied von der Prinzeß und sagte zu ihr folgende Worte: »Lebe wohl, meine liebe Prinzeß Legia Bugrigorowna, bleibe auf diesem freien Felde, und fürchte dich vor keinem Zaren, vor keinem Fürsten, Niemand wagt, dich zu beleidigen, wenn sie von meiner Tapferkeit hören werden. Begrabe deine Schwestern und erwarte mich bald wieder bei dir.«

Dann setzte er sich auf sein gutes Roß und ritt nach dem indischen Reiche ab, um sich dem Zaren Dalmat zu empfehlen und mit Iwaschka Weißmantel, Sarazenenmütze, zusammen zu treffen. Und er ritt einen, zwei und drei Monate; und ohngefähr fünf RennbahnenRennbahn, Laufbahn (russisch Poprischtsche), ein Längenmaaß, welches 115 geometrische Fuß enthält. weit von der Stadt im freien Felde auf der Straße, stand ein Mensch, namens Iwaschka. Er stüzte sich auf eine Lanze und hatte eine Sarazenenmütze auf, und einen weißen Mantel um. Jeruslan Lasarewitsch ritt auf ihn zu, schlug ihn mit seiner Peitsche auf die Mütze und sprach: »Du kannst dich legen und ausschlafen, und brauchst nicht zu stehen.« – Da fragte ihn Iwaschka: »Wer bist du, und wie ist dein Name? wo kommst du her? und welches Vaters, welcher Mutter Sohn bist du?« – Da antwortete ihm Jeruslan Lasarewitsch: »Ich komme aus dem Reiche des Zaren Kartaus, bin der Sohn des berühmten Fürsten Lasar Lasarewitsch und der schönen Fürstin Epistimia, und nenne mich Jeruslan Lasarewitsch; ich reite in das indische Reich, um mich dem Zaren Dalmat zu empfehlen.« – Iwaschka aber, der Weißmantel, sprach zu ihm: »Jeruslan Lasarewitsch, vor dir ist kein Fußgänger bei mir vorübergegangen, kein Ritter geritten, kein Thier gelaufen, kein Vogel geflogen, und du willst bei mir vorüber reiten? Laß uns erst in das freie Feld gehen, und die starken Ritterarme versuchen.« Sogleich setzte er sich auf sein gutes Roß, und sie ritten in das freie Feld. Sie nahmen mit den Rossen den Anlauf, und Jeruslan Lasarewitsch stieß den Iwaschka mit der Lanze gegen das Herz und warf ihn aus dem Sattel, und Iwaschka fiel auf den Boden wie eine Habergarbe, und das Roß Uroschtsch Weschei trat ihm auf die Kehle und drückte ihn nieder. Jeruslan Lasarewitsch wendete die Lanze um mit dem spitzigen Ende und sagte: »Bruder Iwaschka, willst du Tod oder Leben haben?« – Da flehte Iwaschka: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, gib mir nicht den Tod, sondern schenke mir das Leben; wir haben uns nie mit einander entzweit, und werden uns niemals entzweien.« Da antwortete ihm Jeruslan Lasarewitsch: »Ich würde dich nicht umbringen, aber ich will dich deßwegen tödten, weil dich im freien Felde viele schöne Jungfrauen loben.« Er drückte seine Lanze ihm in die Brust und gab ihm bösen Tod. Darauf ritt er in das indische Reich zu dem Zaren Dalmat.

Als er in der Stadt ankam, kehrte er bei einem PosadnikSiehe im Anhange. ein, und ging in das Zarenschloß zu dem Zaren Dalmat, sich bei ihm zu empfehlen. Er trat in die weißsteinernen Gemächer und verneigte sich vor dem Zaren: »Viele Jahre Wohlergehen dir, Zar, mit deiner ganzen Familie und allen deinen Fürsten und Bojaren! Und mich, Zar, nimm in deinen Dienst auf.« – Da sprach der Zar Dalmat: »Mensch, woher kommst du? wie ist dein Name? und welches Vaters und welcher Mutter Sohn bist du?« – »Ich bin aus dem Reiche des Zaren Kartaus, Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitsch und der Fürstin Epistimia, und nenne mich Jeruslan.« – Da sprach der Zar Dalmat: »Jeruslan Lasarewitsch, welchen Weg bist du zu mir gekommen, zu Lande oder zu Wasser?« – Jeruslan Lasarewitsch sagte ihm, daß er zu Lande gekommen sei. Da sagte ihm Zar Dalmat: »Ich habe einen Menschen, welcher im freien Felde steht, und mein Reich schon drei und dreißig Jahre hütet, und bei ihm vorüber geht kein Fußgänger, reitet kein Ritter, läuft kein Thier, und fliegt kein Vogel in mein Reich, und wie bist du bei ihm vorbei geritten?« – Da antwortete Jeruslan Lasarewitsch: »Ich habe diesen Menschen erschlagen, mein Gebieter, aber ich wußte nicht, daß er dir gehöre.« – Da erschrak der Zar vor ihm, und dachte bei sich: »Wenn er mir einen solchen Menschen getödtet hat, so kann er sich leicht meines Reiches bemächtigen, und er will nur deßwegen in meinen Dienst treten, um mich des Thrones zu berauben.« Und er wurde sehr traurig, befahl, Jeruslan Lasarewitsch zu ehren, und gab ihm von seinem Getränk. Da bemerkte Jeruslan Lasarewitsch, daß der Zar Furcht vor ihm hatte. Er ging aus dem Schlosse, sattelte sein gutes Roß, kam dann wieder in den Palast, verneigte sich vor dem Zaren, und ritt alsdann aus dem Reiche des Zaren Dalmat.

Zar Dalmat wurde sehr froh, daß ihn Gott von Jeruslan ohne Krieg befreit hatte, und befahl, die Thore hinter ihm fest zu verschließen, damit Jeruslan nicht zurückkehre, und sich des Reiches bemächtige.

Da wollte Jeruslan Lasarewitsch zur Stadt Debri in das Reich des Zaren Worcholomei reiten, und die Schönheit der schönen Prinzeß Anastasia sehen, von welcher er von so vielen Jungfrauen gehört hatte, und er ritt einen, zwei, drei Monate. Da dachte er bei sich: »Ich bin geritten in ein fremdes Land, und heirathe vielleicht die schöne Jungfrau, oder empfange den Tod, und ich habe von meinem Vater und meiner Mutter den Segen nicht erhalten.«

Da ritt er in das Reich des Zaren Kartaus, und nachdem er eine Zeit lang geritten war, gelangte er in das Reich, und fand es bezwungen, mit Feuer verheert, und mit Moos bewachsen. Da stand nur eine Hütte, in welcher ein alter einäugiger Mann wohnte. Jeruslan Lasarewitsch trat in die Hütte, verneigte sich vor dem alten Manne und sprach: »Bruder, alter Mann, wo ist dieses Reich hin?« – Da antwortete der alte Mann: »Tapferer Herr Ritter, von wo bist du gekommen, aus welchem Reiche? welches Vaters, welcher Mutter Sohn bist du, und wie nennest du dich mit Namen?« Aber Jeruslan Lasarewitsch antwortete: »Kennst du mich denn nicht? ich bin ja aus diesem Reiche gebürtig, der Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitsch, und nenne mich Jeruslan.« – Da fiel der alte Mann zu Boden, und sprach mit Thränen folgende Worte: »Seit du weggeritten bist, ist viel Zeit verflossen. Da ist Daniil der Weiße wieder zu uns gekommen, und mit ihm fünf Mal hundert tausend Mann. Er hat sich dies Reich unterworfen, es mit Feuer verheert, und hundert tausend tapfere Krieger getödtet. Fünf Millionen gemeines Volk, und alle Pfaffen und Mönche hat er auf dem Felde verbrannt, zwölf tausend Säuglinge an den Ecksteinen zerschlagen, den Zaren Kartaus mit den zwölf Rittern und deinen Vater lebendig gefangen genommen, und der Zarin, des Kartaus Gemahlin, und deiner Mutter, der Fürstin Epistimia, hat er bösen Tod in seinem Reiche gegeben! Ich bin allein unter den Menschenleichen geblieben, und habe neun Tage lang vor Furcht wie todt gelegen.«

Da weinte Jeruslan Lasarewitsch bitterlich, und sprach mit großem Schmerze: »Barmherziger Gott, warum hast du dieses Reich so furchtbar heimgesucht?« Und als er sich ausgeweint hatte, betete er zu dem Heiligenbilde, verneigte sich vor dem alten Manne, setzte sich auf sein gutes Roß, und ritt zu dem Zaren Daniil dem Weißen. Und er kam in die Stadt um Mittag, und Niemand hatte ihn gesehen. Nur kleine Knaben sahen ihn, welche auf der Gasse spielten. Jeruslan fragte sie, wo der Zar Kartaus säße, in welchem Gefängnisse? er wolle ihm ein Almosen geben. Und sie zeigten ihm das Gefängnis. Jeruslan Lasarewitsch ritt zu dem Gefängnisse und sah, daß eine Wache dabei stand. Jeruslan Lasarewitsch haute diese Wache nieder, riß die Schlösser von der Thüre ab, und schlug die Thüre heraus. Als er in das Gefängnis trat, erblickte er den Zaren Kartaus, seine Vater Lasar Lasarewitsch, und die zwölf Ritter, welchen allen die Augen ausgestochen waren. Da fiel er zu Boden nieder und rief mit Thränen aus: »Viele Jahre Wohlergehen dir, Zar Kartaus, und dir, mein Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, und euch, ihr zwölf tapfern Ritter!« Da antwortete Zar Kartaus: »Ich höre deine Stimme, aber dein Angesicht sehe ich nicht. Woher bist du gekommen? wen suchst du? wie ist dein Name? aus welchem Reiche bist du, und welches Vaters, und welcher Mutter Sohn?« –

Da sagte ihm Jeruslan Lasarewitsch, wer er wäre; aber Zar Kartaus antwortete: »Mensch, gehe fort von uns, dahin, woher du gekommen bist, und spotte unserer nicht.« – Jeruslan Lasarewitsch entgegnete: »Ich bin der wahre Jeruslan, und bin zu euch gekommen, um euer Schicksal zu mildern.« – Da sprach der Zar Kartaus wieder: »Mensch, lüge nicht, wenn unser Jeruslan Lasarewitsch am Leben wäre, so würden wir nicht im Gefängnisse sitzen und so bitteres Elend erdulden, sondern ich herrschte in meinem Reiche, und wäre immer der berühmte Zar mit meinem Fürsten Lasar Lasarewitsch und diesen zwölf Rittern geblieben. Aber da er nicht mehr ist, so hat uns Gott für unsere Sünden gestraft, und wir sitzen hier ohne Augen und sehen das Licht Gottes nicht. Aber wenn du, Mensch, wirklich Jeruslan Lasarewitsch bist, so reite hinter die stillen Wässer und warmen Meere zu der podolischen Horde in die Stadt Schtschetin zu dem freien Zaren Feuerschild, Flammenlanze. Tödte diesen Zaren und nimm die Galle aus ihm. Und wenn du zu uns zurückkommst, so streiche uns die Augen damit, und wir werden dich sehen und dir glauben; aber jezt trauen wir dir nicht, weil wir dich nicht sehen.«

Jeruslan Lasarewitsch verneigte sich vor dem Zaren Kartaus, seinem Vater und den zwölf Rittern, ging aus dem Gefängnisse, setzte sich auf sein gutes Roß, und ritt ab aus dem Reiche in das freie Feld. Ihn hatten die Jungen auf der Gasse gesehen, und sie sagten es ihren Vätern, und die Väter sagten zu Daniil dem Weißen: »Herr Fürst Daniil der Weiße, es war in unserer Stadt ein tapferer Krieger. Sein Roß war wie ein Löwe, und er war ganz bewaffnet. Er ritt von dem Gefängnisse weg, wo der Zar Kartaus, der Fürst Lasar Lasarewitsch und die zwölf Ritter sitzen.« –

Der Fürst Daniil der Weiße schickte sogleich seinen treuen Diener Mursa in das Gefängnis und befahl zu fragen, wer im Gefängnisse gewesen, und was er gesagt habe. Und als er zum Gefängnisse kam, sah er, daß die Thüre aufstand und die Wache niedergehauen war. Und als Mursa in das Gefängnis trat, fragte er: »Herr Zar Kartaus, sage mir: wer war bei dir im Gefängnisse? Der Fürst Daniil der Weiße läßt dich darnach fragen.« – Zar Kartaus antwortete ihm: »Guter Mensch! fürchte Gott! wie können wir wissen, wer bei uns im Gefängnisse war. Ein Mensch war bei uns, der nannte sich Jeruslan, aber wir haben ihn nicht an der Stimme erkannt.«

Da ging Mursa zum Fürsten Daniil dem Weißen, und sagte ihm die Worte des Kartaus. Der Fürst Daniil der Weiße befahl, sogleich in die Trompete zu stoßen und die Pauken zu schlagen, und da versammelten sich bei ihm Mursen und Tataren an zwei hundert funfzig tausend Mann. Und er befahl, aus ihnen dreißig tapfere Mursen auszuwählen, und diesen gab er Auftrag, den Jeruslan einzuholen, ihn zu fangen und vor ihn zu bringen. Die Mursen und Tataren verfolgten ihn, und als sie in dem freien Felde ritten, sahen sie in der Ferne Jeruslan unter einer Eiche schlafen, und sein Roß über ihm stehen. Das Roß sah, daß ihm die Mursen und Tataren nachjagten, und fing an heftig zu wiehern. Jeruslan erwachte davon, und als er in der Ferne die Ritter erblickte, setzte er sich auf sein gutes Roß, ritt in das freie Feld und sprach folgende Worte: »Brüder Mursen und Tataren, so wie ihr den Wind im freien Felde nicht einholen könnt, so könnt ihr auch mich guten Jüngling nicht fangen.«

Und er verschwand ihnen bald aus den Augen und ritt hinter die stillen Wässer und warmen Meere zur podolischen Horde nach der Stadt Schtschetin, zu dem Freizar Feuerschild, Flammenlanze.

Und die Mursen und Tataren berathschlagten unter sich, wie sie dem Fürsten sagen sollten, daß sie ihn nicht gefangen hätten, und sie beschlossen, zu sagen, sie hätten ihn gar nicht gesehen.

Jeruslan Lasarewitsch aber kam nach einem halben Jahre zur Stadt Schtschtin, und fünf Rennbahnen von ihr traf er ein erschlagenes Heer, und in diesem erschlagenen Heere lag ein Ritterkopf wie ein großer Hügel. Jeruslan Lasarewitsch ritt um diese erschlagene Macht herum und rief mit lauter Stimme: »Befindet sich nicht in diesem erschlagenen Heere ein lebendiger Mensch?«

Da fragte ihn der Ritterkopf: »Jeruslan Lasarewitsch, wen verlangst du, und wer ist dir nöthig?«

Und Jeruslan wunderte sich darüber. Da sprach der Ritterkopf abermal: »Wundere dich nicht und sage mir, wohin du reitest, und wohin dein Weg führt, und was du nöthig hast?«

Da fragte ihn Jeruslan Lasarewitsch: »Aber wer bist du? wie nennt man dich bei Namen? Welches Reiches Einwohner bist du, und welches Vaters und welcher Mutter Sohn?«

Da antwortete ihm der Ritterkopf: »Ich bin ein Ritter aus dem sadonischen Reiche, der Sohn des Zaren Prochos, und nenne mich Raslanei.«

Darauf fragte ihn Jeruslan Lasarewitsch weiter: »Wessen Macht liegt hier erschlagen?«

Und ihm antwortete der Ritter Raslanei: »Diese Macht gehört dem Freizar Feuerschild, Flammenlanze, und es ist noch kein ganzes Jahr, daß ich gekommen bin und sie erschlagen habe. Ursache des Streites mit dem Zaren war, daß er die Städte meines Vaters, des Zaren Prochos, weggenommen hatte. Aber sage mir, Jeruslan Lasarewitsch, wie weit du reitest?«

Da sprach Jeruslan Lasarewitsch: »Ich reite in die Stadt Schtschetin zu dem Freizar Feuerschild, Flammenlanze, und will ihn todt vor mir sehen.«

Da antwortete ihm der Ritterkopf: »Eher wirst du todt sein, als ihn todt sehen. Ich war wol ein starker und mächtiger Ritter, und mich fürchteten alle Zaren und Ritter des Ostens und Südens. Ich war bei meiner Geburt eine halbe Klafter lang, und maß in der Dicke so viel einer umspannen kann. Als ich zehn Jahr alt war, lief kein wildes Thier, ging kein Fußgänger, ritt kein Ritter, flog kein Vogel bei meinem Reiche vorüber. Und Keiner konnte vor mir stehn. Jezt nach Verlauf von zehn Jahren siehst du, wie ich gewachsen bin. Mein Leib hat zehn Klaftern in der Länge, zwei Klaftern zwischen den Schultern, und zwischen den Augenbrauen kann ein trockener Pfeil liegen. Mein Kopf ist wie ein Bierkessel. Meine Arme sind drei Klaftern lang; aber auch ich konnte vor dem Zaren nicht Stand halten. Der Zar ist stark und hat ein großes Heer. Schwert und Säbel verletzen ihn nicht, im Feuer verbrennt, im Wasser versinkt er nicht. Ich aber habe ein Schwert, das ihn verletzen kann, allein mich traf das Unglück, daß ich es nicht führen konnte, und er hat mich niedergemacht. Doch will ich dir Gutes thun, und dich auf den rechten Weg bringen. Wenn du an die Stadt Schtschetin kommst, und der Zar Feuerschild dich erblickt, und dich, ohne dich nahe an sich zu lassen, ausfragt, so sage ihm, daß du ihm dienen wolltest. Er wird zu dir sagen, du sollest ihm folgen, und dann folge ihm, und diene ihm treu und redlich, und erwarte die Zeit, da er ins freie Feld auf die Jagd reitet; auch dahin mußt du ihm folgen. Da erinnere ihn an mich, und er wird traurig sein; aber du mußt ihm sagen: daß du das Schwert erhalten könnest, das unter meinem Kopfe liegt. Er wird dir nicht trauen, aber schwöre ihm bei Gott, und sobald du zu mir kommen wirst, so werde ich mich von dem Schwerte wegrücken und dir es geben.« –

Da verneigte sich Jeruslan Lasarewitsch vor dem Ritterkopfe, setzte sich auf sein gutes Roß, und ritt zu der Stadt Schtschetin. Als er noch drei Werst von der Stadt entfernt war, erblickte ihn der Zar, ritt in das freie Feld und brannte den Jeruslan Lasarewitsch. Jeruslan Lasarewitsch stieg von seinem guten Rosse und fächelte mit der Mütze. Da hörte der Zar auf, ihn zu brennen.

Jeruslan warf sich mit der Stirn auf die Erde: »Viele Jahre Wohlergehen, Herr Freizar Feuerschild, Flammenlanze! Nimm mich in deinen Dienst.« –

Da fragte ihn der Zar: »Wer bist du? woher kommst du? welches Vaters und welcher Mutter Sohn bist du, und wie nennest du dich?«

Ihm antwortete Jeruslan Lasarewitsch: »Ich bin herumgeschweift im freien Felde, und jezt suche ich einen guten Herrscher, welchem ich meine Dienste anbieten kann. Geboren bin ich im Reiche des Zaren Kartaus, der Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitsch und der Fürstin Epistimia, und ich nenne mich Jeruslan.«

Da sprach zu ihm der Zar: Jeruslan Lasarewitsch, reite in meine Stadt, ich brauche Leute in meinem Reiche.«

Jeruslan folgte nun dem Zaren in die Stadt, und der Zar setzte ihn noch tiefer, als seine zwölf Ritter. Er diente ihm lange Zeit, und eines Tages ritt der Zar in's freie Feld auf die Jagd, und nahm seine Fürsten und Bojaren, seine zwölf Ritter und jüngere Helden mit sich. Auch Jeruslan Lasarewitsch befand sich unter diesen. Als sie nahe bei dem Ritterkopfe waren, blieb Jeruslan Lasarewitsch stehen, und bewunderte den Ritterkopf. Da sprach der Zar zu ihm: »Warum bist du stehen geblieben, Jeruslan Lasarewitsch?« Und dieser antwortete: »Herr, erlaube deinem Diener, ein Wort zu sagen.« – »So sprich,« sagte der Zar.

Da sagte Jeruslan: »Herr Freizar, ich sehe hier ein großes Heer erschlagen und diesen Ritterkopf, unter welchem ein so schönes Schwert liegt.« –

Der Zar seufzete und sprach folgende Worte: »Dieser Ritter hat mein Heer erschlagen, und ich habe ihn getödtet. Sein Schwert liegt unter seinem Kopfe, und ich kann es nicht erhalten. Mich kann kein Schwert verletzen, ich brenne im Feuer, und versinke im Wasser nicht; aber dieses Schwert kann mich beschädigen, und wer es erhält, von dem werde ich ermordet werden. Darum würde ich den reichlich belohnen, der mir es brächte.«

Da sprach Jeruslan Lasarewitsch: »Herr, erlaube mir, deinem Diener: ich werde das Schwert erhalten und dir bringen.«

Und der Freizar antwortete: »Wenn du mir diesen Dienst leistest, und mir das Schwert bringst, so werde ich dich über alle meine Ritter setzen. Wenn du aber nur mit Worten prahlst, so wirst du dich weder im Wasser, noch unter der Erde, noch unter Felsen sichern.«

Mit diesen Worten ritt der Zar in die Stadt, und Jeruslan Lasarewitsch blieb auf dem Felde, ritt zu dem Ritterkopf und sprach folgende Worte: »Herr Ritterkopf, ich hoffe von deiner Liebe und Freundschaft, daß du dein Versprechen erfüllst, und mir das Schwert unter dir gibst, denn ich habe dem Zaren mein Wort gegeben, ihm das Schwert zu bringen, und ich soll bösen Tod von ihm haben, wenn ich es ihm nicht bringe.« Der Ritterkopf sprach kein Wort. Jeruslan stieg von seinem guten Rosse, fiel auf die Erde vor ihm nieder und sprach: »Herr Ritter Raslanei, laß mich nicht so unnütz sterben, gib das Schwert unter dir frei.« Da schob sich der Ritter Raslanei von dem Schwerte, und Jeruslan nahm es, verneigte sich vor dem Ritterkopf, setzte sich auf sein gutes Roß und ritt der Stadt Schtschetin zu. Und auf dem Wege sprach er zu sich folgende Worte: »Bis jezt habe ich Zaren und Ritter besiegt, und jezt verneige ich mich vor einem Ritterkopf, und bitte ihn, mir ein Schwert frei zu geben.

Aber Raslanei hörte das, und rief ihn mit lauter Stimme: »Jeruslan, kehre um! – Er kehrte um, und ging zu dem Kopfe. Der Kopf machte ihm Vorwürfe, und sagte: »Dein Schwert konnte nicht auf meinen Helm wirken.« –

Hier fiel Jeruslan wieder zur Erde und sprach: »Herr Ritter Raslanei, verzeihe mir, daß ich dich mit solchen Worten beleidigt habe.« – Da sprach der Ritterkopf: »Jeruslan Lasarewitsch, deine Jugend und dein unreifer Verstand sind Ursache, daß du solche Worte gesprochen. Du hast zwar mein Schwert genommen; allein auch mit ihm kannst du deinen Kopf noch verlieren. Ich will dir aber wohl und dich lehren, was Verstand ist. Wenn du in die Stadt kommst, und dich der Zar sieht, so wird er vor Freude Thron und Zepter verlassen, dich in der Mitte des Hofes empfangen, und dich mit Gold, Silber und Edelsteinen beschenken. Da schlag' ihn ein Mal mit dem Schwerte auf den Kopf, aber wage es nicht, ein zweites Mal zu schlagen, sonst wird er aufleben und dich tödten.«

Da verneigte sich Jeruslan Lasarewitsch vor dem Ritterkopf und ritt in die Stadt. Kaum kam er in das Schloß, und kaum sah der Zar, daß Jeruslan das Schwert bringe, so sprang er vom Thron, warf den Zepter weg, empfing Jeruslan Lasarewitsch mitten im Hofe und sprach zu ihm: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, für diesen Dienst gebe ich dir eine Stelle mir gegenüber, die zweite neben mir, und die dritte, wo du selbst willst. Meine Schätze stehen dir offen, nimm dir Städte und schöne Kirchdörfer, und wenn du meine Tochter, die Prinzeß Nasaria, zur Frau haben willst, so werde ich dir die Hälfte meines Reiches abtreten.«

Da streckte er seine Hand aus und wollte das Schwert nehmen; aber Jeruslan Lasarewitsch schlug ihn mit dem Schwerte auf den Kopf, und zerhaute ihn bis zur Zunge, daß der Zar todt zu Boden fiel. Und die Fürsten und Bojaren schrieen: »Jeruslan Lasarewitsch, schlage ihn ein zweites Mal!« – »Eine Ritterfaust schlägt ein mal, und damit ist es schon genug.«

Da stürzten auf ihn eine Menge Fürsten und Bojaren, und die zwölf Ritter, und wollten ihm schnellen Tod geben. Jeruslan Lasarewitsch nahm seine Lanze unter den Arm, mit der linken ergriff er den Zaren, damit die Fürsten und Bojaren seine Leiche nicht raubten, und mit der andern faßte er das Schwert, und fing an, die Fürsten, Bojaren und die zwölf Ritter niederzuhauen. Da schrieen die übrigen Fürsten und Einwohner der Stadt: »Jeruslan Lasarewitsch, höre auf, niederzuhauen und zu tödten. Es sei der Wille Gottes und der deine: lebe bei uns und herrsche über unser Land!« – Da antwortete Jeruslan Lasarewitsch: »Wählt euch einen andern Zaren in eurer Mitte; ich bin kein Zar für euch.«

 

Aber er ließ ab, die Menschen niederzuhauen, und fing an, die Galle aus dem Zaren zu nehmen, und er legte sie in eine Büchse. Dann setzte er sich auf sein gutes Roß, ritt aus der Stadt und kam zu dem Heldenkopfe. Er nahm seinen Rumpf, setzte ihn an den Kopf, und bestrich ihn mit der Galle. Da stand der Ritter auf, wie vom Traume erwacht. Jeruslan Lasarewitsch küßte ihn, und sie nannten sich Brüder. Raslanei wurde der älteste, und Jeruslan der jüngste. Dann nahmen sie Abschied von einander, und jeder ritt seines Weges. Raslanei ritt in sein sadonisches Reich, um von seiner Mutter den Segen zu empfangen, weil er die Tochter des Zaren von Schtschetin heirathen, und über diese Stadt herrschen wollte; Jeruslan Lasarewitsch ritt in das Reich Daniil's des Weißen, und nach halbjähriger Reise kam er dahin. Als er in die Stadt ritt, begab er sich gerade zum Gefängnisse und sah, daß eine starke Wache davor stand. Er haute alle nieder, brach die Thüre auf, trat in das Gefängnis und sprach: »Seid gegrüßt, Zar Kartaus, mein Vater, Fürst Lasar Lasarewitsch, und ihr zwölf Ritter! Wie behütet Gott euch Herren?« – Da antwortete Zar Kartaus: »Mensch, woher bist du? und wie nennst du dich?« – Darauf sprach Jeruslan Lasarewitsch: »Herr Zar Kartaus, ich bin in deinem Reiche geboren, der Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitsch, und nenne mich Jeruslan. Ich habe vollbracht, weßhalb du mich ausgeschickt hast, und den mächtigen Zaren getödtet und die Galle aus ihm genommen.« – Und der Zar Kartaus sprach: »Wenn du dich Jeruslan Lasarewitsch nennst, und den mächtigen Zaren getödtet und die Galle aus ihm genommen hast, so bestreiche uns mit dieser Galle die Augen; dann werden wir das Licht Gottes sehen können und dir glauben.« –

Jeruslan nahm die Galle aus seiner Büchse, und bestrich damit ihre Augen, und sie konnten wieder sehen, und sie wurden sehr fröhlich und sprachen mit Thränen: »O Jeruslan Lasarewitsch, du bist es wahrhaftig!« und sie fingen an, ihn zu liebkosen. Da fragte ihn Zar Kartaus: »Wo bist du so lange gewesen?« – »Warte ein Weilchen,« antwortete ihm derselbe. Da ging er aus dem Gefängnisse, setzte sich auf sein gutes Roß und ritt aus der Stadt.

Den andern Morgen früh schrie er mit lauter Stimme. Als Fürst Daniil der Weiße die Ritterstimme hörte, befahl er, in die Trompete zu stoßen und die Pauken zu schlagen. Da versammelten sich um ihn die Mursen und Tataren und verschiedene kriegerische Männer, und Fürst Daniil der Weiße ritt mit allen aus der Stadt.

Jeruslan Lasarewitsch nahm den Schild in die Hand, die Lanze unter den Arm und sprach folgende Worte: »Wie der Falk auf weiße Schwäne und graue Enten stürzt, so stürzt der gute Jüngling Jeruslan Lasarewitsch auf das Heer Daniils des Weißen!« – Und nicht so viel erschlug sein Schwert, als sein Roß niedertrat, und er erschlug zehn tausend Mursen, und von den gemeinen Tataren hundert tausend Mann, und den Fürsten Daniil den Weißen machte er zum Gefangenen und brachte ihn in die Stadt. Alle kleine Kinde bis zum zehnten Jahre taufte er in seiner Religion, und über die ihrige sprach er einen Fluch aus. Der Gemahlin des Fürsten Daniil des Weißen befahl er, bösen Tod zu geben, weil sie seine Mutter, die Fürstin Epistimia, hatte tödten lassen; aber den Fürsten Daniil den Weißen tödtete er nicht, weil er den Zaren Kartaus und den Fürsten Lasar Lasarewitsch nicht getödtet hatte. Er stach ihm nur die Augen aus und setzte ihn ins Gefängnis unter strenger Wache. Da kamen zu ihm die Einwohner der Stadt, warfen sich mit der Stirn auf die Erde und baten, er sollte bei ihnen im Reiche bleiben und herrschen. Er aber setzte den Zaren Kartaus auf den Thron, und Fürst Lasar Lasarewitsch und die zwölf Ritter traten in ihre ehemaligen Aemter ein. Zar Kartaus und sein Vater freuten sich außerordentlich, und jener bestieg den Thron, und sie fingen nachher an zu essen, zu trinken und Kurzweil zu treiben.

Nachdem sie die Tafel aufgehoben, stand Jeruslan Lasarewitsch auf, betete zu dem Heiligenbilde und nahm Abschied von seinem Vater und dem Zaren Kartaus. Alle begleiteten ihn mit Thränen und baten, sie nicht zu verlassen. Er aber setzte sich auf sein gutes Roß, verneigte sich vor ihnen und ritt ab nach der Stadt Debri im Reiche des Zaren Worcholomei, um die Schönheit der schönen Prinzeß Anastasia Worcholomeiewna kennen zu lernen. Nach halbjähriger Reise kam er an die Stadt Debri. Bei diesem Reiche war ein großer und breiter See, und in diesem See hielt sich ein Ungeheuer auf, ein großer Drache mit drei Köpfen, und jedes Jahr kam er an das Ufer und fraß eine große Menge Menschen auf. Der Zar Worcholomei hatte schon mehrmals ausrufen lassen, wer dieses Ungeheuer in der See tödten würde, dem wolle er viel Gold und Silber und Städte geben. Jeruslan Lasarewitsch kam in die Stadt und hielt sich bei der Wittwe eines Posadnik's auf. Als er diesen Ausruf hörte, setzte er sich auf sein gutes Roß und ritt an den See. Sobald das Ungeheuer den Jeruslan erblickte, sprang es an das Ufer. Das Roß des Jeruslan erschrak und fiel auf die Knie. Jeruslan Lasarewitsch, der dieses nicht erwartete, fiel von seinem guten Rosse herab auf die Erde. Das Ungeheuer ergriff ihn und schleppte ihn in den See. Jeruslan hatte nichts weiter bei sich, als sein Schlachtschwert. Er setzte sich auf den Rücken des Ungeheuers, und haute ihm mit einem Male zwei Köpfe ab, und wollte ihm auch den dritten abhauen, da wendete sich das Ungeheuer um und bat ihn: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, gib mir nicht den Tod, sondern schenke mir das Leben. Von dieser Stunde an werde ich nie wieder aus dem See an das Ufer kommen und Menschen fressen, sondern ich werde mich in der Tiefe des See's aufhalten und mich von Fischen nähren; dir aber will ich ein großes Geschenk machen mit einem Edelsteine, den ich besitze im See.« – Da sprach Jeruslan Lasarewitsch: Gib mir den Stein, so werde ich dich freilassen.« – Da ging das Ungeheuer in den See, und Jeruslan Lasarewitsch saß auf ihm. Er empfing den Edelstein von ihm und befahl ihm, ihn wieder an's Ufer zu bringen. Als das Ungeheuer den Jeruslan Lasarewitsch an's Ufer brachte, haute er ihm auch den dritten Kopf ab, setzte sich dann auf sein gutes Roß und ritt zu der Stadt Debri, wo ihm der Zar Worcholomei unter den Stadtpforten entgegen kam.

Da sagte Jeruslan zu ihm: »Ich habe deinen Feind, den Verderber deiner Stadt, todt geschlagen.« – Und ihm antwortete Zar Worcholomei: »Ich weiß, Gott hat nicht den Todt von uns Sündern gewollt, er hat uns einen so tapfern Ritter geschickt und ihn durch dich vernichtet. Aber sage mir deinen Namen: welches Vaters und welcher Mutter Sohn bist du, und woher kommst du?«

Jeruslan Lasarewitsch antwortete: »Ich komme aus dem Reiche des Zaren Kartaus, und bin der Sohn des Fürsten Lasar Lasarewitscht, und ich nenne mich Jeruslan Lasarewitsch. Ich habe beschlossen, im freien Felde zu spazieren.«

Als der Zar diese Worte von ihm hörte, wurde er sehr erfreut, und es kamen alle Einwohner der Stadt ihm entgegen und verneigten sich tief vor ihm, und alle kleinen Kinder sprangen, und es war in der Stadt Debri große Freude. Und Zar Worcholomei gab in seiner großen Freude ein herrliches Fest. Er rief zusammen alle Fürsten und Bojaren, und Menschen von verschiedenem Range mit ihren Frauen und Kindern. Er nahm Jeruslan Lasarewitsch bei der Hand und führte ihn zu sich in's Gemach, ließ ihn neben sich am Tische sitzen, und sprach zu ihm: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, dein Wille gebiete über mich und mein ganzes Reich; meine Schätze stehen dir offen, nimm dir Gold, Silber und Edelsteine, so viel du willst, nimm als Apanage Städte und schöne Kirchdörfer, und wenn du heirathen willst, so gebe ich dir meine Tochter, die schöne Prinzeß Anastasia, und als Mitgift mein halbes Reich.« – Als Jeruslan lustig wurde, sagte er: »Herr Zar Worcholomei, zeige mir deine Tochter!«

Zar Worcholomei befahl sogleich seiner Tochter, sich mit kostbaren Kleidern zu zieren, und sie wurde so schön, daß menschliche Einbildungskraft sich nichts Schöneres vorstellen kann. Worcholomei nahm sie bei der Hand und führte sie zu Jeruslan. Sie reichte ihm einen goldenen Becher mit Wein, und Jeruslan sprach zu ihr: »Sei gegrüßt, meine liebe Prinzeß Anastasia, schönste der ganzen Welt, viele Jahre Dir Wohlergehen!« – Und er küßte sie auf die süßen Lippen.

Prinzeß Anastasia sprach zu ihm: »Sei gesund, mein lieber und tapferer Herr Ritter.« – Dann ging er aus ihrem Gemach, begab sich zum Zaren Worcholomei und sprach zu ihm: »Herr Zar, deine Tochter, die schöne Prinzeß, hat mir gefallen, und ich will sie zur Frau nehmen.« – Zar Worcholomei befahl sogleich, Alles zur Hochzeit bereit zu machen. Dann fingen sie wieder an, mit Jeruslan zu essen, zu trinken und Kurzweil zu treiben. Und als Jeruslan sich hernach in's Bette gelegt hatte, konnte er die ganze Nacht nicht schlafen, weil sein jugendliches Herz von der Schönheit der Prinzeß entzündet war.

Den andern Tag früh ließ der Zar wieder ein Fest bereiten, und nahm Jeruslan bei der Hand und sagte: Herr Jeruslan Lasarewitsch, tapferer Ritter, ich vertraue dir meine liebe und schöne Tochter Anastasia: liebe sie und lebe mit ihr in Eintracht. Und damit ich Augenzeuge eures fröhlichen Lebens sei, gebe ich dir als Mitgift mein ganzes Reich. Schütze es nur gegen Feinde.« – Dann sprach er zu seiner Tochter: »Meine liebe Tochter, lebe mit deinem Manne in Frieden und Liebe, und ehre ihn, denn der Mann ist immer das Haupt der Frau.«

Dann befahl er ihnen, in die Kirche zu fahren und sich trauen zu lassen. Nach der Trauung gingen sie in die zarischen Gemächer. Jeruslan Lasarewitsch führte seine Gemahlin an der Hand und geleitete sie zu dem Zaren Worcholomei, seinem von Gott gegebenen Schwiegervater. Alle Fürsten, Bojaren und ihre Frauen trugen ihm viele kostbare Geschenke entgegen. Zar Worcholomei empfing sie und sprach: »Viele Jahre Wohlergehen meinem Herrn, dem Fürsten Jeruslan Lasarewitsch, meinem lieben Schwiegersohne, und seiner Gemahlin, meiner Tochter, der schönen Fürstin Anastasia Worcholomejewna!« – Dann riefen alle Fürsten und Bojaren einstimmig aus: »Sei gesund, Herr Jeruslan Lasarewitsch, mit deiner jungen Gemahlin, der schönen Fürstin!« Und sie verneigten sich vor ihnen bis auf die Erde. Jeruslan Lasarewitsch, die schöne Anastasia und alle Fürsten und Bojaren fingen an, zu essen, zu trinken und sich zu belustigen. Alsdann stand Jeruslan Lasarewitsch mit der jungen Fürstin Anastasia vom Tische auf und ging in die Schlafkammer, und alle Anwesenden begleiteten sie mit großen Ehren, verneigten sich vor ihnen bis zur Erde, und kehrten zurück zum Zaren Worcholomei, sich zu belustigen. Jeruslan aber legte sich mit der schönen Zarentochter Anastasia zu Bette, und fing an, sie zu liebkosen und den weißen Busen zu fassen, und sprach: »Meine liebe Zarewna, Schönste auf der Welt, deiner Schönheit wegen bin ich durch viele Reiche gezogen, und von vielen Jungfrauen habe ich deine Schönheit preisen hören; und jezt, meine Freundin, sage mir die Wahrheit: gibt es eine Schönere, als du, und einen Tapferern, als ich?« – Da antwortete ihm die Zarewna: »Mein lieber Freund, es gibt auf der Welt keinen Schönern und tapferern, als du, und ich – was ist denn Schönes und Gutes an mir? Es gibt im Jungfernreiche in der Sonnenstadt eine Zarewna Polikaria, welche das Land selbst beherrscht; so eine Schöne gibt es in der Welt nicht weiter.«

Da dachte Jeruslan Lasarewitsch bei sich an die schöne Polikaria, und eines Tages stand er früh morgens auf und sprach zu seiner Gemahlin: »Meine liebe Zarewna, ich reite in ein Gebiet, in eine Stadt, nimm von mir diesen kostbaren Stein, den ich von dem Ungeheuer genommen habe, und wenn du eine Tochter gebärst, so gib ihn ihr als Mitgift.« – Er gab seiner Gemahlin den Stein und sprach: »Lebe wohl, meine liebe Zarewna. Wenn ich am Leben bleibe, so werde ich zu dir zurückkehren; wenn mich aber der Tod trifft, so laß für mich Messen lesen.« – Da weinte die Zarewna bitterlich und fiel vor übergroßem Schmerz wie todt zu Boden. Als sie wieder zu sich kam und sich vom Schluchzen erholt hatte, sagte sie zu ihm: »O mein lieber Freund, du willst mich verlassen und in das Jungfernreich in die Sonnenstadt zu der Zarewna Polikaria reiten?« – Jeruslan antwortete ihr: »Meine schöne Anastasia, du bist jezt schwanger, wie könnte ich dich so verlassen?« – Dann ging er zu dem Zaren Worcholomei und sagte, er wolle zu seinem Vater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, zu Besuche reisen.

Nachdem er Abschied genommen, reiste er nach dem Jungfernreiche ab. Er reiste gerade neun Monate, und kam in die Sonnenstadt, ritt auf den Zarenhof und stieg von seinem guten Rosse ab. Als die Zarewna Polikaria auf ihrem Hofe einen schönen tapfern Ritter sah, erschrak sie, daß er ohne ihre Erlaubnis auf den Hof gekommen, und als er eintrat, sagte sie: »Tapferer Herr Ritter, woher kommst du? welches Vaters Sohn bist du? und was hast du in unserem Reiche zu suchen?« –

Er antwortete ihr: »Ich komme aus dem Reiche des Kartaus, und bin der Sohn des Fürsten Lasar und der Fürstin Epistimia, und nenne mich Jeruslan. Zu dir bin ich gekommen, um mich dir zu empfehlen, und deine unaussprechliche Schönheit zu sehen.«

Die Zarewna Polikaria freute sich, nahm ihn bei den weißen Händen, führte ihn in ihre Gemächer und sprach zu ihm: »Herr Jeruslan Lasarewitsch, herrsche nicht nur über mein Reich, sondern dein Wille gebiete auch über mich.«

Jeruslan Lasarewitsch betrachtete ihre unbeschreibliche Schönheit und ward unruhig im Geiste, und die Jugend in ihm entbrannte. Er nahm die Zarewna Polikaria bei der Hand und fing an, ihre Zuckerlippen zu küssen; und er lebte mit ihr und herrschte über ihr Reich.

Die Tochter des Zaren Worcholomei, Anastasia, gebar einen liebenswürdigen Sohn. Ihr Vater war sehr erfreut und gab ihm den Namen Jeruslan. Er hatte rothe Wangen, Augen wie volle Tassen und einen starken Körper. Er glich seinem Vater, und Zar Worcholomei befahl, wegen dieser Freude ein großes Fest zu veranstalten.

Jeruslan, der Sohn des Jeruslan Lasarewitsch, hatte das sechste Jahr erreicht und fing an, auf den zarischen Hof zu seinem Großvater, dem Zaren Worcholomei, zu gehen, und die Kinder verspotteten ihn: »Jeruslan, du hast keinen Vater!« – Dies behagte ihm nicht, und er fing an, sie zu schlagen. Wen er beim Kopfe nahm, dem fiel der Kopf ab, wen er bei der Hand faßte, dem fiel die Hand ab, wen er beim Fuß ergriff, dem fiel der Fuß ab, und die Fürsten und Bojaren durften nicht bei dem Zaren darüber sich beklagen. Jeruslan Jeruslanowitsch ging in die Gemächer seiner Mutter und sprach zu ihr: »Meine Frau Mutter, sage mir die Wahrheit: habe ich einen Vater oder nicht?" – Die Zarewna Anastasia seufzte tief und sagte mit Thränen: »Du hast einen Vater, den mächtigen und tapfern Ritter Jeruslan Lasarewitsch; er ist in das Jungfernreich zu der Sonnenstadt gereist.«

Jeruslan Jeruslanowitsch fing an, sich zu rüsten, um zu seinem Vater zu reisen, und seine Mutter Anastasia Worcholomejewna gab ihm einen goldenen Ring mit jenem Edelsteine. Jeruslan Jeruslanowitsch sattelte sich sein gutes Roß, nahm Abschied von Mutter und Großvater und ritt fort, um seinen Vater aufzusuchen.

Eines Tages früh im Morgenroth gelangte er in's Jungfernreich an die Sonnenstadt. Um diese Zeit lag Jeruslan Lasarewitsch noch auf seinem Lager, und als er die Ritterstimme hörte, sprach er: »Ich höre, daß ein junger Ritter zu unserem Reiche gekommen ist. Ich will gehen und ihn tödten. Da befahl er, sein gutes Roß zu satteln, setzte sich dann auf, nahm seinen Schild in die Hand, unter den Arm die Lanze, und ritt in's freie Feld. Wie zwei helle Falken auf einander stürzen, so stürzten die beiden gewaltigen Ritter, Vater und Sohn, auf einander zu, und als sie den Anlauf genommen, stieß Jeruslan Jeruslanowitsch seinen Vater mit dem stumpfen Ende seiner Lanze so gegen das Herz, daß er ihn beinahe aus dem Sattel gehoben hätte. Da sprach Jeruslan Lasarewitsch: »Junges Kind, du spaßest nicht fein.« Dann nahm sie wieder den Anlauf, und Jeruslan Lasarewitsch stieß seinen Sohn mit dem stumpfen Ende gegen das Herz, und warf ihn aus dem Sattel; das Roß Uroschtsch Weschei trat ihm auf die Kehle und drückte ihn an den Boden. Jeruslan Lasarewitsch wendete das scharfe Ende seines Speeres, und wollte ihm bösen Tod geben. Jeruslan Jeruslanowitsch aber faßte die Lanze mit der rechten Hand, und der goldene Ring mit dem Edelsteine blitzte an seinem Finger. Da fragte ihn Jeruslan Lasarewitsch: »Woher kommst du, Jüngling? welches Vaters und welcher Mutter Sohn bist du? und wie nennest du dich?«

Ihm antwortete jener: »Ich komme aus der Stadt Debri im Reiche des Zaren Worcholomei. Mein Vater heißt Jeruslan Lasarewitsch, und die Mutter ist die Zarewna Anastasia Worcholomejewna. Aber ich kenne meinen Vater nicht, und deßwegen bin ich in das Jungfernreich zu der Sonnenstadt gereist, um meinen Vater zu sehen. Mein Name ist Jeruslan.« –

Da stieg Jeruslan von seinem guten Rosse, hob seinen Sohn bei der Hand auf, küßte ihn auf die Zuckerlippen, drückte ihn an sein Herz und nannte ihn seinen lieben Sohn. Dann setzten sie sich auf ihre guten Rosse, und ritten zu der Stadt Debri. Als sie in das Reich des Worcholomei gelangten, fanden sie in der Stadt Jammer und Klagen, denn der Zar Worcholomei war gestorben. Die Einwohner erkannten sie aber und verneigten sich vor ihnen und sprachen zu Jeruslan Lasarewitsch: »Sei gegrüßt, unser Herr Jeruslan Lasarewitsch mit deinem Sohne Jeruslan Jaruslanowitsch! Unser Zar hat dir die Herrschaft über unser Reich hinterlassen.« – Dann trat die Zarin Anastasia Worcholomejewna aus ihrem Palaste, fiel zur Erde und sagte mit Thränen: »O meine rothe Sonne, von wo bist du aufgegangen und hast uns erwärmt? von wo ist die Morgenröthe aufgeglänzt?« – Sie nahm ihn bei den weißen Händen, führte ihn in die zarischen Gemächer, küßte ihm die Zuckerlippen und drückte ihn an ihr treues Herz. Alle Einwohner, Fürsten und Bojaren verneigten sich vor ihm und brachten reiche Geschenke.

In großen Ehren bestieg Jeruslan Lasarewitsch den Thron, ergriff das Zepter, legte den Purpur an und setzte die goldene Krone auf. Dann rief er seinen Sohn Jeruslan Jaruslanowitsch zu sich und sprach zu ihm: »Mein liebes Kind, reite du in das freie Feld, nimm dir ein Ritterroß und Ritterrüstung, schnalle das Schlachtschwert um, und nimm die Lanze. Sitze fest auf deinem Rosse und sei im Felde ein mächtiger und berühmter Ritter, wie ich war. Du bist auf mich eingeritten, und hast mich so gegen das Herz gestoßen, daß ich mich kaum im Sattel halten konnte. Wenn du einem Andern einen solchen Stoße gegeben hättest, so wäre er nicht am Leben geblieben. Reite in das Reich Daniil's des Weißen, zu dem Zaren Kartaus, und zu deinem Großvater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch, dann zu meinem Schwertbruder, dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter, welcher jezt in dem Reiche des Zaren Feodul, des Drachenkönigs, herrscht, und zu meinem Schwertbruder, dem mächtigen und berühmten Ritter Raslanei, welcher jezt in dem Reiche des Freizaren Feuerschild, Flammenlanze herrscht. Erkundige dich bei diesen allen nach ihrer Gesundheit, und komme zu mir zurück. Auf deiner Reise aber sei sanft und redlich, aber tapfer.« – Darauf erhielt Jeruslan Jeruslanowitsch von Vater und Mutter den Segen, und begab sich auf die Reise.

In fünf Jahren bereiste er jene alle, und kehrte zu seinem Vater zurück. Da begegnete ihm auf dem Wege ein kleiner Mann und versperrte ihm den Weg; er aber fragte ihn: Alter Mann, was stellst du dich mir in den Weg und willst mich nicht vorbeilassen?« und er wollte ihn niedertreten; aber der kleine Mann erkannte, was er im Sinne hatte, und sprach zu ihm: »Armer, armer Ritter, du willst mich alten kleinen Mann tödten? du kannst von dem Alten nichts herunterziehen.« Dem Jeruslan behagte dieses Wort nicht. Er zog sein Schlachtschwert und wollte den Greis tödten. Aber als er auf ihn losstürzte, blies der Greis ihn an, und gegen dieses bloße Hauchen konnte er sich nicht auf dem Rosse erhalten und fiel zu Boden, wie eine Hafergarbe. Da nahm ihn der Greis auf die Arme und sagte: »Armer Ritter, willst du Tod oder Leben haben?« Jeruslan entsetzte sich darüber dermaßen, daß er dem Greise kein Wort erwidern konnte. Da legte ihn der Greis auf die Erde und sprach: »Mir kann kein Ritter, kein Held, überhaupt kein Mensch widerstehen. Aber bist du nicht der Sohn des Zaren im Reiche Worcholomei's?« – Er antwortete, daß er derselbe sei. Da sprach der Alte: »Reite nach Hause, aber sprich nicht von mir in dem Reiche.« – Als er diese Worte gesprochen, wurde er unsichtbar.

Jeruslan Jeruslanowitsch kam zu seinem Vater und seiner Mutter, und sie kamen ihm entgegen, und die Fürsten und Bojaren warfen sich vor ihm mit der Stirn auf die Erde. Jeruslan Lasarewitsch nahm ihn bei den weißen Händen, küßte ihn auf die Zuckerlippen, führte ihn in die zarischen Gemächer, setzte ihn an die eichenen Tische und an die feinen gewürfelten Tischtücher, und gab ein großes Fest. Da fing Jeruslan Lasarewitsch an, seinen Sohn zu befragen: »Du bist zu deinem Großvater, dem Fürsten Lasar Lasarewitsch gereist; sage mir, wie es ihm geht, und ob er gesund ist?« –

Er übergab seinem Vater folgenden Brief vom Zaren Kartaus: »Zar Kartaus, dem großen Zaren und gewaltigen Ritter Jeruslan Lasarewitsch herzlichen Gruß! Sei gesund mit deiner Gemahlin Anastasia Worcholomejewna und deinem Sohne Jeruslan Jeruslanowitsch, und mit deinen Fürsten und Bojaren und allen Unterthanen! Ich herrsche in meinem Reiche mit Gottes Hülfe bis jezt!« –

Auf derselben Schrift war von dem Fürsten Lasar Lasarewitsch an seinen Sohn geschrieben: »Meinem lieben Sohne Jeruslan Lasarewitsch, und meiner lieben Schwiegertochter, Anastasia Worcholomejewna, meinem Enkel Jeruslan Jeruslanowitsch, und deinem ganzen Reiche Friede und Segen! Herrsche im Namen Gottes und sei glücklich von nun an auf viele Jahre hinaus.«

Jeruslan Lasarewitsch war sehr froh und sprach zu seinem Sohne: »Bist du bei meinem Schwertbruder, dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter, gewesen?« –

Und Jeruslan Jeruslanowitsch gab auch von ihm seinem Vater einen Brief, in welchem von dem jüngeren Bruder, dem Fürsten Iwan, dem russischen Ritter, geschrieben stand: »Dem großen Zaren der Zaren, und dem Ritter der Ritter, meinem ältern Bruder Jeruslan Laserewitsch, herzlichen Gruß! Heil dir auf viele Jahre mit deiner Gemahlin Anastasia Worcholomejewna, und deinem Sohne, dem mächtigen Ritter Jeruslan, und deinem ganzen Reiche! Herr, als dein Sohn auf mein Reich zuritt, kam ich auf dem freien Felde aus einer Schlacht; ich kannte deinen Sohn Jeruslan nicht, und dachte, er käme ein Ritter, um mein Reich zu unterjochen. Ich stürzte auf ihn los und wollte ihm mit dem Stahlschwert den Kopf abhauen; er aber nahm die lange Lanze und stieß mich mit dem stumpfen Ende so gegen das Herz, daß ich mich kaum im Sattel erhalten konnte; und da sprach er für sich: »Ich bin ja der Sohn des Jeruslan Lasarewitsch.« Ich hörte diese Worte und verzieh ihm; aber die Wunde, die er mir gestoßen, habe ich bis jezt noch nicht heilen können.«

Jeruslan Jeruslanowitsch überreichte seinem Vater noch ein Schreiben von dem Ritter Raslanei, in welchem geschrieben stand: »ich, der große Zar Raslanei Prochorowitsch, meinem jüngern Bruder, dem großen Zaren und gewaltigen Ritter Jeruslan Lasarewitsch, herzlichen Gruß! und mit dem Gruße auch dir, dem Zaren, mit deiner schönen Gemahlin Anastasia Worcholomejewna und deinem Sohne, dem gewaltigen Ritter Jeruslan Jeruslanowitsch, Wohlergehen! Dein Sohn hat mich am Kopfe verletzt, er hat ihn mit dem stumpfen Ende der Lanze durchstoßen, und ich konnte meine Wunde bis jetzt noch nicht heilen; aber ich erfuhr, daß er dein Sohn sei, und habe ihm verziehen, und ihn unbeschädigt zu dir entlassen. Hätte ich dies nicht erfahren, so hätte ich ihm den Tod gegeben.«

Dann erzählte auch Jeruslan selbst seinem Vater Alles der Reihe nach, und auch von dem Greise, und sprach: »Herr Vater, als ich zurückkehrte in dein Reich, begegnete mir im freien Felde auf em Wege ein kleiner Mann; er war schon alt und mit grauen Haaren geziert. Der stellte sich auf den Weg und ließ mich nicht fort. Ich wollte ihn tödten, weil er mir den Weg versperrte; er aber blies mich an, und so stark, daß ich mich auf meinem guten Rosse nicht erhalten konnte und zu Boden fiel. Da wollte er mich umbringen, aber er fragte mich erste, woher ich sei. Ich antwortete: ich sei aus dem Reiche des Zaren Worcholomei, aus der Stadt Debri, der Sohn des Zaren Jeruslan Lasarewitsch. Da sagte mir der kleine Mann, ich sollte mit ihm nicht in meinem Reiche prahlen. »Ja,« antwortete seinem Sohne Jeruslan Lasarewitsch, »du mußt bei dem Feste nicht prahlen, daß er dich tödten wollte.«

Nun begann das Fest, und sie belustigten sich und waren alle in großer Freude, daß Gott den Jeruslan Jeruslanowitsch gesund zurück gebracht hatte. Da fing Jeruslan Lasarewitsch an, seinen Sohn und dessen Tapferkeit zu rühmen, wie er Zaren und gewaltige Ritter niedergestoßen, und wie er ihn in der Kindheit, da er erst fünf Jahr alt war, tödten wollte, weil er ihn noch nicht kannte. Da wunderten sich alle Fürsten und Bojaren über seine Tapferkeiten und dankten Gott, daß Jeruslan Lasarewitsch einen so tapfern und berühmten Sohn habe, wie er selbst war, und sie sagten, daß es solcher Ritter, wie dieser Vater und sein Sohn, keine weiter auf der Welt an Tapferkeit gäbe, und daß sich Niemand fände auf der Welt, der gegen sie Stand halten könnte. Obgleich Ritter Raslanei auch groß war, so hätte ihn Jeruslan Jeruslanowitsch doch beinahe auch erschlagen.

Jeruslan Lasarewitsch unterwarf seiner Herrschaft viele Städte, und manche, die von seiner Tapferkeit hörten, gaben ihre Städte gutwillig unter seine Macht. Und er saß auf dem Thron in guter Gesundheit zwanzig Jahre, und sein Alter war neun und vierzig Jahr und drei Monate, als er starb. Seine Gemahlin Anastasia Worcholomejwena weinte und war untröstlich über ihren Gatten, und diesem Kummer erlag auch sie bald darnach. Und ihr Sohn Jeruslan Jeruslanowitsch weinte sehr über seinen Vater, den mächtigen Ritter Jeruslan Lasarewitsch, und lange Zeit weinte er auch über seine Mutter. Bald nach dem Tode seiner Aeltern bestieg er den Thron seines Vaters und herrschte mit Ruhm.


 << zurück weiter >>