Daniel Defoe
Denkwürdigkeiten eines englischen Edelmannes
Daniel Defoe

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Wie sehr verschieden war also das Verhalten Magdeburgs von dem Verhalten Nürnbergs. Die Stadt Magdeburg wurde vom König gebeten Gelder aufzunehmen, sich mit den nötigen Lebensmitteln zu versorgen und zu ihrer Sicherheit eine genügende Besatzung einzunehmen, welche sie verteidigen könnte, aber sie machte lauter Schwierigkeiten, sowohl selbst Volk anzuwerben als die schwedischen Truppen einzunehmen, aus Furcht, sie müßte sie alsdann unterhalten, und dies war die Hauptursache ihres Unterganges.

Die Stadt Nürnberg dagegen öffnete ihre Arme, um den ihr von den Schweden angebotenen Beistand anzunehmen, und ihre Börsen, um ihre Stadt und das Allgemeinwohl zu verteidigen, und diesem Verhalten allein hatte sie ihre Errettung zu verdanken. Die reichen Bürger und Magistratspersonen hielten offenes Haus, und die Offiziere des schwedischen Heeres waren stets willkommen, bei alledem nahm sich der Rat der Stadt der Armen an, so daß man in der ganzen Stadt keine Klage hörte, auch nichts von einer Unruhe oder Unordnung gewahr wurde.

Es ist wahr, es kostete der Stadt eine außerordentlich große Summe Geldes, aber ich habe auch nie in meinem Leben eine öffentliche Sammlung mit mehr Bereitwilligkeit entrichten und mit mehr Klugheit und Liebe zum gemeinen Wohl verwenden sehen. Die Stadt hatte außer ihren Einwohnern, die Armen mit eingerechnet, täglich 50 000 Mann zu unterhalten; trotz dessen bekam der König, als er schon drei Monate vor derselben gestanden hatte, aber es für gut fand, noch länger mit seiner Armee in dieser Gegend stehen zu bleiben, und den Burggrafen fragte, ob es auch die Magazine aushalten würden, die Antwort, sie wünschten, daß Se. Majestät die Sache ihretwegen nicht zu sehr beschleunigte, denn sie wären imstande, Se. Majestät nebst dem ganzen Heere und sich selbst noch ein ganzes Jahr zu unterhalten, wenn es nötig sein würde.

Dieser Überfluß an allen Lebensmitteln erhielt die Stadt und die schwedische Armee sowohl bei guter Gesundheit als auch bei gutem Mute, und wir hatten außer mit den Festungswerken nichts zu tun, als mit dem Feinde Scharmützel anzufangen.

Die Art und Weise aber, wie sich der König verschanzt hatte, verdient eine besondere Aufmerksamkeit. Er war ein vollkommener Feldmesser und in der Befestigung ein so vollkommener Meister, daß ihn niemand darin übertreffen konnte. Er hatte seine Armee in die Vorstädte im ganzen Umkreis der Stadt gelegt, so daß er die ganze Stadt mit seinem Heere gleichsam umzingelte, seine Werke waren geräumig, der Graben tief und mit unzähligen Bastionen, Ravelins, Hornwerken, Forts, Redouten, Batterien und Palisaden versehen, woran 8000 Mann unaufhörlich volle vierzehn Tage hatten arbeiten müssen.

Außerdem ließ noch der König jeden Tag etwas Neues dazu tun, und die Beschaffenheit des Lagers an und für sich selbst war schon hinreichend genug, auch ein noch zahlreicheres Heer als das Wallensteins zu überzeugen, daß Gustav Adolf nicht in seinen Festungswerken angegriffen werden konnte.

Zwar war die Erhaltung der Stadt Nürnberg unstreitig die Hauptabsicht des Königs, doch ist es nicht zu leugnen, daß er auch noch etwas anderes dadurch zu bewirken suchte. Er hatte auswärts an drei verschiedenen Orten noch tätige Armeen stehen: Gustav Horn war an der Mosel, der Kanzler Oxenstiern in der Gegend von Mainz und am Rhein, der Herzog Wilhelm und der Herzog Bernhard zugleich mit dem General Banner in Bayern, und ungeachtet der König beschlossen hatte, daß sie alle zu ihm stoßen sollten, und ungeachtet er ihnen auch schon die nötigen Maßregeln dazu vorgeschrieben hatte, so wollte er doch nicht, daß sie sich damit beeilen möchten, weil er wußte, daß sie ohne großen Widerstand ihm alle die Gegenden unterwerfen könnten, wie sie vor der Hand standen, weil er den vornehmsten Teil des feindlichen Heeres um Nürnberg herum aufhielt, indem er ihnen immer etwas durch Scharmützel, Ausfälle und dergleichen zu tun gab.

Dies war die Ursache, warum er sich länger im Lager bei Nürnberg aufhielt, als er sonst getan haben würde; und da er an Kavallerie dem Feinde überlegen war, so schickte er sehr oft starke Abteilungen aus, welche die Kaiserlichen in Alarm setzen mußten, damit sie nicht imstande sein möchten, irgendwelche beträchtliche Abteilungen abzuschicken, um dadurch ihre andern Truppen zu verstärken. Und auch hierdurch zeigte er sich als Meister in der Kriegskunst, denn auf diese Weise gingen seine Eroberungen an andern Orten ebenso glücklich fort, wie wenn er selbst dabei zugegen gewesen wäre.

Unterdessen war es nicht zu erwarten, daß zwei solche Heere, welche einander so nahe standen, es nicht zu Tätlichkeiten kommen lassen sollten. Das kaiserliche Heer, welches überlegen im freien Felde war, verwüstete die Gegend von Nürnberg auf zwanzig englische Meilen weit in der Runde. Was die Einwohner wegbringen konnten, das hatten sie schon vorher in so viele feste Städte in Sicherheit gebracht, als sie nur Besatzung hatten, um sie verteidigen zu können, was sie aber zurücklassen mußten, das wurde von den hungrigen Kroaten verschlungen oder verbrannt. Es konnte nicht fehlen, daß sie nicht bisweilen bei solchen Vorfällen mit unsern Leuten ins Handgemenge kamen, welche es ihnen aber tüchtig heimzahlten. Kleine Scharmützel fielen oft zwischen ihren Trupps und den unsrigen vor, wo der Vorteil, wie es in diesen Fällen zu sein pflegt, bald auf dieser, bald auf jener Seite war, doch habe ich die Bemerkung gemacht, daß niemals eine Abteilung, welche auf besonderen Befehl des Königs ausgeschickt wurde, ohne Sieg zurückkehrte. Der erste beträchtliche Angriff wurde, wenn ich nicht irre, gegen eine Bedeckung unternommen, welche Munition transportierte, die ausgesandte Abteilung wurde von einem sächsischen Oberst befehligt und bestand aus 1000 Kürassieren und 500 Dragonern. Sie verbrannten 600 Wagen, welche mit Kriegsvorrat und Proviant beladen waren, und erbeuteten außerdem noch 2000 Musketen.

Ende Juli erhielt der König die Nachricht, daß die Kaiserlichen in Freystadt, einer kleinen Stadt, ungefähr 20 englische Meilen von Nürnberg, ein Proviantmagazin angelegt hätten. Dahin wurde die Beute, die man machte, sowie alle Kontributionen aus der Oberpfalz und den umliegenden Gegenden vor der Hand in Sicherheit gebracht, und eine Garnison von 600 Mann hineingelegt, um es zu verteidigen. War ein großer Vorrat von solchen Lebensmitteln zusammen, so wurden einige Abteilungen abgeschickt, um es abzuholen und zum Lager zu bringen.

Der König hatte den Entschluß gefaßt, dieses Magazin entweder wegzunehmen oder doch wenigstens zu vernichten. Er ließ den schwedischen Obersten Dubalt, einen Mann von außerordentlicher Klugheit, zu sich rufen, entdeckte ihm seinen Plan, sagte ihm, daß er der Mann wäre, von welchem er die Ausführung desselben erwartete, und befahl ihm deshalb Leute mit sich zu nehmen, soviel als er zu dieser Unternehmung für nötig erachte.

Der Oberst, dem die Stadt und deren Umgebung sehr bekannt war, versprach Sr. Majestät einen Angriff zu wagen, bat sich aber Musketiere dazu aus.

Das nicht, lieber Oberst, sagte der König, nehmen Sie lieber ein Korps Dragoner mit, ich glaube, daß Sie diese vorteilhafter werden gebrauchen können. Und sogleich schickte der König nach mir.

Ich wollte eben zu Sr. Majestät und stieg schon die Treppe hinauf, als mir der Adjutant des Königs entgegenkam und mir sagte, daß mich der König zu sprechen verlange.

Es wartet ein heißes Stück Arbeit auf Sie, Sir, rief mir der König entgegen, als ich in sein Zimmer trat, Dubalt wird Ihnen mehr davon sagen, gehen Sie, beratschlagen Sie sich miteinander, wie Sie es auszuführen gedenken.

Wir traten sogleich ab, und der Oberst erzählte mir die ganze Unterredung, die er mit dem König gehabt hätte. Unter diesen Umständen, erwiderte ich, glaube ich doch, daß uns Reiter die besten Dienste tun werden, und so wurden wir einig, 1600 Kürassiere und 400 Dragoner mit uns zu nehmen.

Der König, welcher gern seinen Plan je eher je lieber ausgeführt wissen wollte, kam bald darauf in unser Zimmer, um zu erfahren, welchen Entschluß wir gefaßt hätten. Er billigte unsere Maßnahmen und gab uns Befehl sie unverzüglich auszuführen. Er wandte sich darauf zu mir und sagte: Ritter, Sie befehligen die Dragoner, aber Dubalt muß bei dieser Unternehmung General sein, denn die Gegend ist ihm besser bekannt als Ihnen.

Ich werde Ew. Majestät stets auf jedem Posten dienen, antwortete ich, den Eure Majestät mir anzuweisen die Gnade haben werden. – Der König wünschte uns viel Glück, und wir mußten auf seinen Befehl eilen, daß wir noch an demselben Nachmittag fortkamen, um den Platz so bald wie möglich in unsere Gewalt zu bekommen.

Wir konnten wegen des Fuhrwerks, das wir bei uns hatten, nur sehr langsam vorwärts kommen, und langten erst ungefähr um ein Uhr nach Mitternacht in Freystadt an, ohne nur im geringsten entdeckt zu werden. Die Wachen waren so sorglos und nachlässig, daß wir schon bis ans Tor gekommen waren, ehe sie nur etwas von uns wußten, und einen Sergeanten mit zwölf Dragonern, auf welche die Vorposten stießen, hieben sie ohne das geringste Geräusch nieder.

Man legte sogleich Leitern an den Halbmond, welcher das Tor deckte, die Dragoner kletterten hinauf, hieben ungefähr 28 Mann in Stücke, die sich darin befanden, und waren in einem Augenblicke im Besitze des Ravelin. Sie sprengten hierauf sogleich das Tor auf, und ich drang an der Spitze von 200 Dragonern hinein und bemächtigte mich der Zugbrücke. Nun geriet die Stadt in Aufruhr, und man fing an, die Alarmtrommel zu schlagen, aber zu spät, denn mit Hilfe eines Mauerbrechers hatten wir das Tor erbrochen und waren schon in die Stadt eingedrungen.

Die Garnison wehrte sich eine halbe Stunde lang sehr hartnäckig, unsere Dragoner aber waren schon alle darinnen, und drei Trupps abgesessener Kürassiere kamen noch nach, uns mit ihren Karabinern beizustehen, so daß wir um drei Uhr Herren der Stadt waren. Wir stellten sogleich allenthalben Wachen aus, damit nicht irgendeiner entrinnen und dem Feinde von unserm Streifzuge Nachricht geben könnte.

Ungefähr 200 Mann von der Besatzung wurden niedergehauen und die übrigen zu Gefangenen gemacht. Der Stadt hatten wir uns also versichert, die Tore wurden geöffnet und der Oberst Dubalt rückte nun mit der übrigen schweren Kavallerie ein.

Nachdem wir die nötigen Wachen ausgestellt hatten, machten wir uns an das Magazin, wo wir einen unbeschreiblichen Vorrat an Proviant aller Art fanden: 150 Tonnen Brot, 8000 Scheffel Mehl, 4000 Scheffel Hafer und alles übrige im Verhältnis ebenso im Überfluß.

Wir trafen sogleich Anstalten, so viel als möglich war, auf die Proviantwagen und die andern Fuhrwerke, die wir fanden, aufzuladen, um es mit uns fortzubringen, alles übrige, was wir nicht aufladen konnten, steckten wir nebst der ganzen Stadt in Brand und blieben noch so lange da, bis keine Möglichkeit war, daß das Feuer gelöscht werden könnte. Alsdann zogen wir mit 800 Wagen davon, die wir auf dem Platze fanden, und von welchen die meisten mit Brot, Mehl und Hafer beladen waren.

Während der Zeit hatten wir eine Abteilung Dragoner heraus auf die Felder geschickt, welche alsdann, wenn wir herauskamen, wieder zu uns stießen und außer einer sehr großen Menge Schafe noch 1000 Stück Hornvieh mitbrachten.

Unsere größte Sorge war, diese reiche Beute glücklich ins Lager zu bringen, ohne mit dem Feinde handgemein zu werden. Um also unsern Rückzug zu sichern, schickte der Oberst Dubalt unverzüglich einen Eilboten an den König ab, um ihm unsern glücklichen Streifzug zu melden, und eine Abteilung zu verlangen, das unsern Rückmarsch so gut wie möglich decken könnte, da wir eine ansehnliche Beute mit uns führten.

Und in der Tat hatte der Oberst sehr recht daran getan, denn ungeachtet wir alle mögliche Sorgfalt und Vorsicht angewendet hatten, damit der Feind nichts davon erführe, so mußte doch einer entkommen sein, und den Kaiserlichen die Nachricht davon überbracht haben, denn Wallenstein hatte den Generalmajor Sparr mit 6000 Mann geschickt, um uns den Rückzug abzuschneiden.

Der König, welcher Nachricht davon bekommen hatte, zog in eigener Person mit 3000 Mann aus, dem General Sparr aufzulauern, und glücklicherweise traf er ihn gerade, als sein Korps zerstreut war; er griff ihn an, zersprengte einen Teil desselben und den Rest in wenig Stunden darauf, so daß 1000 Mann auf dem Platze blieben und der General Sparr selbst gefangen genommen wurde.

Währenddessen waren wir glücklich mit unserer Beute im Lager angekommen, die so beträchtlich war, daß unser ganzes Lager auf einen Monat davon unterhalten werden konnte. So schmausten wir auf des Feindes Kosten und teilten ihm noch obendrein Schläge aus.

Das lebende Hornvieh schenkte der König den Nürnbergern, welche zwar alle Lebensmittel im Überfluß hatten, die man gewöhnlich in Fässer schlägt, um sie aufzubewahren, mit frischem Fleisch aber nicht so reichlich versehen waren.

Nach diesem Streifzuge machten wir mehrere Ausfälle auf die umliegenden Gegenden und holten uns täglich frischen Proviant und Fourage ins Lager.

Die beiden Heere hatten sich nun schon eine lange Zeit gegenübergestanden und sich durch tägliche Scharmützel geschwächt. Der König fing an darüber ungeduldig zu werden und beorderte deshalb seine auswärtigen Generale, so bald als möglich mit ihren Heeren zu ihm zu stoßen, worin sie auch nicht säumten, denn sie hatten alle aus den verschiedenen Gegenden ihre Truppen zusammengezogen und sich unter dem Kanzler Oxenstiern vereinigt, und am 15. August erhielten wir die Nachricht, daß sie im Anmarsch wären, um zu uns zu stoßen. Sie langten kurze Zeit darauf in Bruck, einer kleinen Stadt in Franken an, wohin der König aus dem Lager mit einer Bedeckung von 1000 Pferden abging, um Truppenschau zu halten.

Ich befand mich stets bei der Kavallerie, und am 21. August sah ich den König über alle Mannschaften Besichtigung halten, welche aus 30 000 Mann alter abgehärteter Soldaten bestanden, die außerordentlich gut ausgerüstet waren und überdies noch von den erfahrensten und größten Feldherrn befehligt wurden. Darunter befand sich zum Beispiel der reiche schwedische Kanzler Oxenstiern, welcher in der Würde eines Generals kommandierte, ferner Gustav Horn und Johann Banner, beide Schweden und alte Generale, der Herzog Wilhelm und der Herzog Bernhard von Weimar, der Landgraf von Hessen-Kassel, der Pfalzgraf von Birkenfeld und eine Menge anderer Fürsten und Herren des Reiches.

Als die Heeresgruppen sich jetzt miteinander vereinigt hatten, so konnte es nun Gustav Adolf mit Wallenstein aufnehmen, er verließ also sein Lager und stellte sich gerade vor die kaiserlichen Befestigungen, aber die Szene hatte sich verändert. Wallenstein war nun nicht mehr imstande, sich mutwillig in ein Gefecht einzulassen, wie es der König vorher gewesen war, er hielt sich hinter seinen Laufgräben und blieb in seinen Verschanzungen. Der König rückte also dicht an die kaiserlichen Werke heran, pflanzte Batterien auf und beschoß Wallenstein in seinem eigenen Lager.

Als die Kaiserlichen sahen, daß ihnen der König so heftig zusetzte, zogen sie sich ungefähr drei englische Meilen in eine waldige Gegend zurück und besetzten ein altes verfallenes Schloß, hinter welchem sie ihre Armee aufstellten.

Sie befestigten dieses alte Schloß in der Geschwindigkeit so gut wie möglich und legten eine ziemlich starke Besatzung hinein. Der König hatte den Platz besehen, und obwohl es ein sehr fester Platz war, so beschloß er doch ihn mit dem ganzen rechten Flügel anzugreifen. Der Angriff selbst wurde mit sehr großer Ordnung und mit ebensoviel Entschlossenheit unternommen, die erste Abteilung führte der König selbst, den Degen in der Hand, an, und das Gefecht wurde auf beiden Seiten mit der größten Hartnäckigkeit den ganzen Tag bis tief in die Nacht hinein fortgesetzt, und das Donnern der Kanonen und Schießen aus den Musketen hörte erst am andern Morgen auf. Die Kaiserlichen behaupteten die Stellung, da sie den Vorteil des Hügels, ihrer Werke und Batterien hatten, und außerdem unaufhörlich durch frische Leute unterstützt wurden, während die Schweden ganz ohne Kanonen und Werke waren. Der König sah ein, daß ihm der Platz zuviel Blut kosten würde und zog am frühen Morgen wieder ab.

Dies war die berühmte Schlacht bei Altenberg, wo die Kaiserlichen sich brüsteten der Welt gezeigt zu haben, daß die Schweden nicht unüberwindlich wären, und nannten daher diesen Vorfall den Sieg bei Altenberg. Es ist wahr, der König irrte sich hier in seinem Versuche ihre Werke zu erobern, doch war deswegen kein Sieg darin zu suchen, daß der kaiserliche General es für dienlich hielt, es nicht zu einem zweiten Angriff kommen zu lassen sondern, so schnell er konnte, sein Heer in ein sicheres Lager zurückzog.

Ich selbst hatte an diesem Treffen keinen Anteil, aber mein Gefährte Fielding, der sich immer noch unter den schottischen Freiwilligen befand, wurde verwundet und vom Feinde gefangen genommen. Er wurde aber sehr gut behandelt, und da Gustav Adolf und Wallenstein in Höflichkeitsbezeugungen miteinander gleichsam wetteifern wollten, so ließ der König den Generalmajor Sparr wieder frei und der kaiserliche General sandte dafür den schwedischen Obersten Torstenson und 16 Freiwillige ins königliche Lager zurück, welche sich in der Hitze des letzten Gefechts zu weit vorgewagt hatten, so daß sie gefangen genommen wurden, und unter diesen befand sich auch mein Freund Fielding.

Der König stand ganze vierzehn Tage den Kaiserlichen gegenüber und bediente sich aller nur erdenklichen Kriegslist, Wallenstein zu einer Schlacht zu bewegen, ohne daß es ihm gelingen wollte. Während dieser Zeit wurden auf unserer Seite unaufhörlich Trupps ausgeschickt, welche dem Feinde öfters Scharmützel lieferten.

Einst hatte ich in einem Abenteuer dieser Art das Kommando über einen solchen Trupp, wobei ich weder Beute machte noch mir Ehre erwarb. Der König hatte Nachricht erhalten, daß ein Provianttransport aus der Oberpfalz im feindlichen Lager eintreffen sollte, und es war ihm daran gelegen ihn abzufangen. Er beorderte mich daher mit 1200 Kürassieren und 800 Dragonern dem Feind aufzulauern. Ich hatte sehr genaue Nachricht von dem Wege eingezogen, den die Feinde nehmen mußten, und stellte meine Kürassiere in einem Dorfe in einer kleinen Entfernung von der Landstraße auf, mit meinen Dragonern aber warf ich mich in einen Wald, bei welchem sie bei Tagesanbruch vorbeikommen mußten.

Der Feind kam glücklich mit seinem Transport an, da er aber außerordentlich vorsichtig war, so entdeckten uns ihre Vorposten und gaben auf die Schildwache Feuer, welche ich unter einem Baum, beim Eingange in den Wald postiert hatte. Als ich gewahr wurde, daß ich entdeckt worden war, wollte ich mich in das Dorf zurückziehen, wo ich meine schwere Kavallerie hingelegt hatte, aber in einem Augenblick war der Wald von feindlicher Reiterei umgeben und 1000 Musketiere rückten an, um mich herauszuschlagen.

In dieser Verlegenheit sandte ich eiligst drei Boten nacheinander nach der Kavallerie ab, welche zwei englische Meilen von mir entfernt in dem Dorfe lag und jetzt anrücken und mich unterstützen sollte. Aber alle drei Boten fielen dem Feinde in die Hände. 400 Männer Dragoner zu Fuß, welche ich in einer kleinen Entfernung von mir postiert hatte, hielten sich außerordentlich tapfer und schlugen zwei Angriffe des feindlichen Fußvolks mit einigem Verlust auf beiden Seiten zurück, während 200 andere von meinen Leuten nach links durch eine Abteilung feindlicher Reiterei durchbrachen, welche außerhalb des Waldes postiert war und uns erwartete.

Ich gestehe, ich geriet darüber in die größte Bestürzung, da ich glaubte, daß diese Leute entflohen oder gar zum Feinde übergegangen wären, und meinen übrigen Dragonern sank darüber so sehr der Mut, daß sie schon im Ernst anfingen sich umzusehen, auf welchem Wege sie am sichersten würden entfliehen können und eben auf dem Punkte waren abzudanken und für sich selbst zu sorgen, als einer von meinen Hauptleuten mir laut zurief, ich solle das Signal zur Übergabe blasen und mich in Unterhandlungen einlassen. Ich gab keine Antwort, wie wenn ich ihn nicht gehört hätte, und ließ augenblicklich alle Hauptleute zusammenkommen. Die Beratschlagung war kurz, denn die Musketiere rückten zu einem dritten Angriff heran und zwar in solcher Anzahl, daß es nicht wahrscheinlich war, daß wir Vorteil davon haben würden, wenn wir uns mit ihnen einließen.

Kurz, wir faßten den Entschluß, das Signal zur Übergabe zu blasen und um Pardon zu bitten, denn das war alles, was wir erwarten konnten, aber auf einmal kam die Abteilung Kürassiere, die im nächsten Dorfe lagen und den Lärm gehört hatten, herangesprengt, um mich, wenn es möglich wäre, zu unterstützen. Sie hatten die 200 Dragoner angetroffen, von denen ich glaubte, daß sie entflohen wären, und diese hatten sie gerade an den Ort geführt, wo sie selbst durchgebrochen waren. Hier fielen sie alle zugleich die feindliche Reiterei an, welche auf dieser Seite postiert war, überwältigten sie, ehe sie Hilfe erhalten konnten, hieben sie alle nieder und befreiten mich.

Unter dem Schutze dieser Abteilung nahmen wir unsern Rückzug noch glücklich ins Dorf, doch hatten wir über 300 Mann verloren und waren froh, daß wir noch so aus dem Dorfe kamen, denn der Feind war uns an Anzahl der Truppen weit überlegen.

Wir nahmen von da unsern Rückzug ins Lager und trafen unterwegs 200 Kroaten an, welche fouragieren und plündern gewesen waren, wir wollten uns gleichsam an ihnen für unsern vorigen Verlust schadlos halten und gaben ihnen daher keinen Pardon. Aber wir waren kaum mit den Kroaten fertig, als wir wieder auf 3000 kaiserliche Pferde stießen, welche abgesandt waren, den schon erwähnten Provianttransport zu erwarten und sicher ins Lager zu bringen.

Obwohl ich alles tat, was in meinen Kräften stand, so konnte ich doch auf keine Weise meine Leute überreden gegen diese Abteilung standzuhalten, so daß ich, da ich voraussah, daß sie alle in der größten Verwirrung davonsprengen würden, endlich selbst darein willigte uns davonzumachen. Wir schwenkten rechts über eine große Ebene hin, anfänglich in vollem Trab, aber bald machte die Furcht, welche sich auf der Flucht mit jedem Schritte zu vermehren pflegt, einen Galopp daraus, und ebenso folgten uns die Feinde auf den Fersen nach.

Ich muß gestehen, daß ich noch nie in meinem Leben eine solche Kränkung empfunden hatte; ich konnte es auf keine Art dahin bringen, daß meine Leute sich umwendeten und standhielten. Wir sprengten so rasch davon, wie es nur in unsern Kräften stand, so daß wir sehr viele auf dem Wege zurückließen, welche entweder verwundet waren, oder nicht mit uns Schritt halten konnten.

Als wir endlich über die Ebene hinweg waren, welche nahe an zwei englische Meilen betragen mochte, kamen wir an einen engen Paß. Einer von unsern Hauptleuten, ein Sachse, stieg an dem Eingange desselben vom Pferde, sah mit einer heldenmütigen Miene um sich, schoß sein eigenes Pferd tot und befahl seinen Leuten neben ihm stehen zu bleiben und den Paß zu verteidigen. Einige von ihnen hielten wirklich stand, wozu sich auch andere durch das Beispiel ermuntern ließen, so daß wir ungefähr 600 Mann zusammenbrachten, welche wir so gut postierten, als es nur angehen wollte; aber der Feind drang mit der größten Wut auf uns ein.

Der sächsische Hauptmann wurde, nachdem er sich mit der bewunderungswürdigsten Tapferkeit verteidigt und den angebotenen Pardon ausgeschlagen hatte, auf derselben Stelle niedergehauen; mir aber gab ein deutscher Dragoner mit seinem Flintenkolben einen Schlag über den Kopf, und wollte ihn gerade wiederholen, als ihn einer von meinen Leuten erschoß, doch war ich von dem ersten Schlage schon so betäubt, daß ich ohne Bewußtsein war, und als ich mich wieder erholte, befand ich mich in den Händen zweier feindlicher Offiziere, welche mir Pardon anboten, den ich auch annahm, und die mich, um ihnen gerecht zu sein, mit der größten Freundlichkeit behandelten.

So wurde diese ganze Abteilung zersprengt und in die Flucht geschlagen, so daß nicht über 500 Mann von demselben zum Lager zurückkamen, und auch von diesen würde nicht die Hälfte entkommen sein, hätte nicht der tapfere sächsische Hauptmann mit soviel Mut an dem Eingange des Passes dem Feinde die Stirn geboten, und ihn dadurch von dem Nachsetzen der übrigen abgehalten.

Viele andere Abteilungen von dem königlichen Heere rächten zwar unsere Niederlage und zahlten es dem Feinde ehrlich dafür zurück, aber ich erlitt einen besonderen Verlust bei dieser Geschichte, weil sie schuld war, daß ich nachher nie wieder den König von Schweden zu sehen bekam. Zwar schickte Se. Majestät gleich am Tage darauf einen Trompeter ins feindliche Lager, um uns gegen Gefangene auszuwechseln, doch da man auf der feindlichen Seite Bedenken trug, mich loszugeben, so kam ich nicht eher aus meiner Gefangenschaft los, als nach der berühmten Schlacht bei Lützen, in welcher dieser große und tapfere König sein Leben verlor.

Die Kaiserlichen brachen nicht eher als ungefähr acht oder zehn Tage nachher aus ihrem Lager auf, als sich der König in Bewegung gesetzt hatte, und ich wurde als Kriegsgefangener bei dem Heere mit fortgeführt, bis sie das Schloß Koburg zu belagern anfingen, wo ich nebst den andern Kriegsgefangenen dem Obersten Spezuter in dem kleinen Schlosse Neustadt unweit des Lagers zur Bewachung übergeben wurde.

Doch auch hier fuhr man unaufhörlich fort uns gut zu begegnen, aber wir konnten nichts von den Truppen erfahren, was sie gegeneinander unternommen hatten, bis der Herzog von Friedland, nachdem er vom Schlosse Koburg zurückgeschlagen worden war, nach Sachsen marschierte, und die Kriegsgefangenen wieder ins Lager geschickt wurden, um, wie man sagte, ausgelöst zu werden.

Ich kam eben bei dem kaiserlichen Heere wieder an, als es Leipzig belagerte, und als drei Tage nach meiner Ankunft die Stadt übergeben wurde, erhielt ich auf mein Wort die Erlaubnis, in der Stadt in meinem alten Quartier zu wohnen.

Der König von Schweden aber war den Kaiserlichen auch hier wieder auf dem Nacken, denn da er vorhergesehen hatte, daß Wallenstein nichts Geringeres im Sinne hatte, als den Kurfürsten von Sachsen gänzlich zugrunde zu richten, so hatte er so viele Truppen zusammengezogen, als er nur von seiner zerteilten Armee aufbringen konnte, und stieß auf den kaiserlichen General, als dieser eben auf dem Marsche war, Torgau zu belagern.

Da es nicht in meiner Absicht liegt, die Geschichte irgendeines kriegerischen Vorfalls zu beschreiben, bei welchem ich nicht zugegen gewesen bin, so will ich nur nebenbei bemerken, daß Wallenstein auf die Nachricht von der Annäherung des Königs Halt machte und ebenfalls alle seine Truppen zusammenzog, denn er erwartete nichts sicherer, als daß ihn der König angreifen würde. Wir Gefangenen konnten sehr deutlich merken, daß die kaiserlichen Truppen nicht gerade mit willigen und mutigen Herzen entgegenzogen, denn der Name des Königs von Schweden war ihnen schon schrecklich geworden.

Kurz, Wallenstein zog alle Soldaten von der Leipziger Garnison, die er dort entbehren zu können vermeinte, aus Leipzig heraus und schickte eiligst nach dem General Pappenheim, welcher erst drei Tage vorher mit 6000 Mann mit einem besonderen Auftrag ausmarschiert war.

Am 16. November trafen sich die beiden Heere in der Ebene bei Lützen, es fand eine anhaltende und sehr blutige Schlacht statt, die Kaiserlichen wurden gänzlich zerstreut und in die Flucht geschlagen, 12 000 von ihnen blieben auf dem Schlachtfelde, ihre Kanonen und ihr Troß wurde genommen, und 2000 zu Gefangenen gemacht, aber Gustav Adolf verlor gleich zu Anfang des Gefechts an der Spitze seiner Truppen sein Leben.

Es ist unmöglich, die Bestürzung zu beschreiben, in welche der Tod dieses königlichen Helden alle Fürsten Deutschlands versetzte, die Trauer darüber überschritt alles Maß menschlicher Betrübnis.

Jedermann sah sich schon für verloren, und sein Hab und Gut von den Feinden verschlungen an, die Einwohner von zwei Drittel Deutschlands legten freiwillig Trauerkleider an, und als die Geistlichen in ihren Predigten und Gebeten den Tod des Königs von Schweden erwähnten, war fast keiner, der nicht Tränen vergoß. Der Kurfürst von Sachsen war ganz untröstlich, ging viele Tage in seinem Zimmer umher, als wenn er aller seiner Sinne beraubt wäre, und rief beständig mit lauter Stimme aus: Deutschlands Retter ist nicht mehr, und die Zuflucht der mißhandelten Fürsten ist dahin! – Die Seele des Krieges war nun tot, und der Kurfürst von Sachsen hoffte so wenig den Krieg überleben zu können, daß er schon mit dem Kaiser Frieden zu machen versuchte.

Drei Tage nach diesem traurigen Siege eroberten die Sachsen durch eine Kriegslist Leipzig wieder. Die Truppen des Kurfürsten von Sachsen lagen in Torgau, sie erfuhren, daß die Kaiserlichen in Leipzig über die Nachricht von der Niederlage ihrer Armee bei Lützen in die größte Bestürzung versetzt worden wären, beschlossen daraus Vorteil zu ziehen und die Stadt wieder zu erobern.

Sie schickten nach und nach 20 verschiedene Reiter an das Stadttor, welche vorgeben mußten, daß sie Kaiserliche wären, die in der Schlacht bei Lützen die Flucht hätten ergreifen müssen, und so wurden sie einer nach dem andern hineingelassen. Und so wie sie hereinkamen, blieben sie auf der Hauptwache unter dem Tore, unterhielten die Soldaten mit Erzählungen von der Schlacht selbst, auf welche Art und Weise sie davongekommen wären und von andern dergleichen Dingen mehr. Als sie endlich alle beisammen waren, fielen sie auf ein gegebenes Zeichen über die Wachen her, hieben sie nieder, öffneten unmittelbar darauf den drei Trupps sächsischer Reiterei das Tor, welche schon vor demselben darauf warteten, und so nahmen sie in einem Augenblicke die Stadt wieder ein.

Dies war für mich ein sehr angenehmes Erstaunen, denn ich sah mich nun wieder in Freiheit versetzt, da aber der König von Schweden tot war, und da ich glaubte, daß der Krieg nunmehr auf eine andere Weise geführt werden würde, so entschloß ich mich die schwedischen Dienste zu verlassen.

Ich hatte meinen Georg, wie ich schon erwähnt habe, nach England gesandt, um mir die Truppen herüberzubringen, welche mein Vater für den König von Schweden angeworben hatte. Er hatte seinen Auftrag so gut ausgeführt, daß er wirklich mit 5 Eskadronen in Emden landete, wo sie von dem König Befehl erhalten hatten, sich mit der Armee des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg zu vereinigen, was sie auch bei der Belagerung von Buxtehude in Niedersachsen taten. Hier wurden die meisten von ihnen durch die langen und harten Strapazen hingerafft, und obwohl sie zu verschiedenen Malen wieder Rekruten erhalten hatten, so erfuhr ich doch, daß vor der Hand noch nicht drei volle Eskadronen übriggeblieben waren.

Nach dem Tode Gustav Adolfs hatte der Herzog von Sachsen-Weimar, ein Fürst von außerordentlicher Tapferkeit, das Kommando über die schwedische Armee bekommen, in welcher Würde er eine so bewundernswerte Klugheit bewies, daß alles in solcher Ordnung vor sich ging, als man kaum nach einem so großen Verlust erwarten konnte, denn die Kaiserlichen wurden allenthalben geschlagen, und Wallenstein hat sich auch nicht eines einzigen Vorteils rühmen können, den er durch den Tod des Königs erlangt hätte.

Ich wartete dem Herzog von Braunschweig in Heilbronn auf, wohin er gegangen war, um sich mit dem Kanzler von Schweden zu besprechen. Ich bat ihn gleichzeitig, die Überbleibsel meines Regiments meinem Freunde Fielding zu schenken, was auch mit der größten Höflichkeit und Bereitwilligkeit geschah. Ich nahm hierauf Abschied von meinen Freunden und machte Anstalten zu meiner Rückreise nach England.

Ich muß noch bemerken, daß die protestantischen Fürsten des Reichs auf dieser Versammlung in Heilbronn ihr Bündnis miteinander und mit der Krone Schwedens erneuerten, auch gewisse Einrichtungen und Verträge zur Weiterführung des Krieges festsetzten, welche sie nachher unter der Leitung des schon erwähnten schwedischen Kanzlers ausführten.

Aber das war kein Werk von geringer Schwierigkeit noch von kurzer Zeit, und da ich mich nachher überreden ließ, mich noch fast volle zwei Jahre zu Frankfurt, Heilbronn und in dieser Gegend aufzuhalten, so hatte ich besonders durch die Freundschaft des vortrefflichen schwedischen Kanzlers Axel Oxenstiern, des größten Staatsmannes seiner Zeit, oft Gelegenheit, bei Unterhandlungen von der größten Wichtigkeit zugegen zu sein und selbst dabei Aufträge zu bekommen, so daß ich Stoff genug dazu hätte, wenn ich eine Geschichte dieser Unterhandlungen schreiben wollte.

Im besondern hatte ich das Glück den Unterhandlungen wegen der Wiedereinsetzung der Nachkommen des vortrefflichen Königs von Böhmen in die Kurpfalz beizuwohnen und selbst daran zu arbeiten. König Jakob von England hatte wirklich diese ganze Familie auf eine unverantwortliche Weise vernachlässigt, und ich kann wegen der Bekanntschaft mit dieser Sache mit aller Zuversicht behaupten, daß Friedrichs Familie noch bis jetzt verlassen und ohne alle Hoffnung wäre die Kurpfalz wiederzuerhalten, wäre nicht mehr für sie getan worden, als England getan hat.

Aber Gustav Adolf, dieser glorreiche König, den ich nie erwähnen kann, ohne zugleich seiner Größe und seiner außerordentlichen Verdienste zu gedenken, hatte seinem Kanzler besondere Instruktionen hinterlassen, der Pfalz ihren rechtmäßigen Herrn wiederzugeben.

Diesen Weisungen kam der Kanzler Oxenstiern in seinen Unterhandlungen darüber als ein Mann von Ehre genau nach, denn obschon der König von Böhmen kurze Zeit vorher gestorben war, so nahm er sich doch dessen Nachkommen mit der größten Sorgfalt in den Unterhandlungen darüber an, beantwortete die Einwürfe vieler Fürsten, welche in dem gänzlichen Untergange dieser Familie Privatvorteile zu erhalten glaubten, stellte die Vergleiche nach dem Anteil der Kontributionen fest und setzte den Prinzen Karl in den völligen Besitz aller seiner Provinzen in der Unterpfalz ein, welcher auch nachher ihm und seinen Nachkommen durch den Westfälischen Frieden im Jahre 1648 bestätigt wurde, mit dem dieser dreißigjährige blutige Krieg endete.

Ich brachte noch zwei Jahre mehr im Hin- und Herwandern als mit wirklichem Reisen zu; obwohl ich nicht im Sinne hatte wieder Dienste zu nehmen, so wurde es mir doch schwer Deutschland zu verlassen, und ich war mit den ersten Generälen in so vertraute Freundschaft getreten, daß ich sehr oft bei der Armee war und sie mir ebenso oft die Ehre erwiesen, mich mit zu ihrem Kriegsrat einzuladen.

Diese Ehre widerfuhr mir besonders in dem glänzenden Kriegsrate vor der Schlacht bei Nördlingen, zu welchem ich sowohl von dem Herzog Bernhard von Weimar als von Gustav Horn eingeladen wurde. Dies waren Generäle von gleicher Größe und von gleichen Verdiensten, und ihre Tapferkeit und Erfahrung waren schon so oft erprobt und so wohl erwiesen, daß man in Rücksicht darauf alle ihre Vorschläge gut hieß und allem, was sie sagten, allgemein mehr als gewöhnlichen Beifall gab. Der Herzog Bernhard von Weimar war zwar weit jünger und der General Horn hatte schon mehrere Jahre unter unserm großen Meister, dem König Gustav Adolf, gedient, aber es war schwer zu entscheiden, wer von ihnen ein größerer Feldherr war, da sie alle beide Erfahrung genug besaßen und unleugbare Beweise sowohl ihrer Tapferkeit als ihrer Wissenschaft in der Kriegskunst an den Tag gelegt hatten.

Ich sehe mich genötigt, in der Fortsetzung meines Berichts noch mehrere Male der vollkommenen Achtung Erwähnung zu tun, welche mir diese großen Männer bezeugten, und ich muß daher schon im voraus den Leser bitten, mir es nicht als Eitelkeit auszulegen.

Wahr ist es, und ich zögere keinen Augenblick das Bekenntnis abzulegen, daß mir diese Ehrenbezeugungen kein geringes Vergnügen bereiteten, die ich von solchen erhabenen und ehrwürdigen Persönlichkeiten erhielt, die einen so großen Anteil an den wichtigsten Begebenheiten dieser Zeit hatten, besonders da sie mir die bequemste Gelegenheit verschafften, von jeder Begebenheit, die sich auf dem Kriegstheater ereignete, zuverlässige Nachricht einzuziehen. Denn da ich unter keinem Kommando stand, sondern nach meinem Gefallen kommen und gehen konnte, so durfte ich bei jeder schwedischen Garnison und bei jeder Abteilung, wohin ich kam, dem befehlshabenden Offizier nur meinen Namen melden lassen, und ich konnte darauf rechnen, daß er mich zu sich einladen ließ, und wenn ich zum Heere kam, genoß ich sehr oft dieselbe Ehre, welche mir jetzt in dem Kriegsrate vor der Schlacht bei Nördlingen widerfuhr.

Ich gestehe, daß ich diese besondere Achtung mehr für eine Folge der mehr als gewöhnlichen Achtung, welche mir der große König von Schweden stets erwiesen hatte, als für eine Folge meiner eigenen Verdienste ansehe; und die Ehrfurcht, welche sie alle noch für das Andenken dieses unsterblichen Helden hegten, war unstreitig die Ursache, daß sie die Merkmale und Beweise einer so großen Hochachtung für mich immer noch fortsetzten.

Doch um wieder zu dem schon erwähnten Kriegsrat vor der Schlacht bei Nördlingen zu kommen, so war die große und einzige Frage, welche wir untersuchen mußten, die: sollen wir den Kaiserlichen eine Schlacht liefern oder nicht? Gustav Horn war dagegen. Wie zu vermuten war, gab er sehr wichtige und unwiderlegbare Gründe gegen ein Treffen an: Erstens wären sie um 5000 Mann schwächer als der Feind. – Zweitens befände sich jetzt der Kardinal-Infant von Spanien mit 8000 Mann bei der kaiserlichen Armee, wäre aber gleichsam nur als Durchreisender anzusehen, da er von Italien nach Flandern gekommen wäre, um die Statthalterschaft über die Niederlande zu übernehmen, und er würde gewiß in wenigen Tagen wieder abziehen, wenn er nicht durch die Aussicht zu einem baldigen Treffen zum Bleiben gezwungen würde. – Drittens könnten sie binnen kurzem zwei Verstärkungen erhalten, eine unter dem Kommando des Obersten Cratz von 5000 Mann und eine unter dem Rheingrafen von 7000 Mann, welche gerade so nahe wären, so daß wenigstens der letztere innerhalb drei Tagen bei ihrer Armee eintreffen könnte. – Endlich hätten sie schon ihre Ehre gerettet, indem sie im Angesichte des Feindes 600 Musketiere in die Stadt Nördlingen geworfen hätten, und sich folglich die Stadt schon einige Tage länger halten könnte.

Aber ich weiß nicht, war es das Schicksal oder sonst etwas anderes, was die übrigen Generäle gegen solche gewichtigen Gründe, wie diese waren, blind machte. Der Herzog Bernhard, so wie fast alle übrigen, waren für eine Schlacht und führten als Grund an, daß es ein Schimpf für den großen Namen des schwedischen Heeres sein würde, wenn man erfahren würde, daß ihre Freunde in der Stadt vor ihren Augen niedergehauen würden.

Gustav Horn blieb steif und fest bei seiner Meinung und war dagegen, und ich erinnere mich noch mit Unwillen, wie unanständig ihn der Baron von Hofkirchen behandelte, welcher für die Sache warm geworden war und sagte: Hätte sich Gustav Adolf durch einen so furchtsamen Kriegsrat regieren lassen, so wäre er nicht in zwei Jahren der Eroberer von halb Deutschland geworden.

Sie haben recht, Sir, erwiderte der alte General mit großer Lebhaftigkeit, er würde noch am Leben sein und mir das Zeugnis geben, daß er mich nie furchtsam gefunden hat. Und doch war der König nie für einen Sieg, bei welchem er seine Leute aufs Spiel setzen mußte, wenn er ihn haben konnte, ohne dies zu tun.

Ich wurde nun auch um meine Meinung gefragt, was ich zwar abgelehnt haben würde, da ich vor der Hand nicht mehr bei dem Heere bedienstet war, da sie aber in mich drangen, so riet ich, wenigstens so lange zu warten, bis der Rheingraf angekommen wäre, und er konnte, wenn sogleich Kuriere an ihn abgesandt würden, binnen 24 Stunden bei uns eintreffen. Aber Hofkirchen konnte sich kaum halten, und wäre er nicht überstimmt worden, so hätte er sich gewiß offen mit dem Feldmarschall Horn gezankt. Endlich sagte der alte General, um ihn nicht noch mehr in Harnisch zu bringen, in einem sehr freundlichen Tone:

Kommen Sie, Hofkirchen, ich will meine Meinung sehr gern der Ihrigen und der der übrigen Generäle unterwerfen, wir wollen fechten, aber ich sage es Ihnen im voraus, es wird ein heißer Tag für uns werden.

Es wurde also einstimmig beschlossen, die Kaiserlichen anzugreifen. Ich muß gestehen, daß mir die Beratschlagungen dieses Tages ebenso verworren erschienen wie die Entschlüsse, die man in der Nacht faßte.

Der Herzog Bernhard sollte die Vorhut des linken Flügels befehligen und auf einem Hügel Fuß fassen, der auf dem rechten Flügel des Feindes außerhalb ihrer Verschanzungen lag, so daß, wenn sie diesen Posten gesichert hätten, sie ihre Kanonen auf die Infanterie richten könnten, welche hinter den Linien stand und die Stadt unterstützte.

Demzufolge brach er also am frühesten Morgen auf, griff mit großer Wut acht Regimenter der feindlichen Infanterie an, welche am Fuße des Berges aufgestellt waren, brachte sie sogleich in Unordnung und bemächtigte sich des Platzes. Durch diesen glücklichen Vorfall übermütig gemacht, beobachtete er nicht einmal die Maßregeln, die er selbst festgesetzt hatte, nämlich hier Halt zu machen und das zu behaupten zu suchen, was er gewonnen hatte, sondern rückte weiter vor, und wurde mit dem Haupttreffen der feindlichen Armee handgemein.

Währendem griff Gustav Horn einen andern Posten an einem Hügel an, wo die Spanier standen und sich hinter einige Werke gelegt hatten, die an der Seite des Hügels aufgeworfen waren. Sie verteidigten sich hier fünf Stunden lang mit so außerordentlicher Hartnäckigkeit, daß zuletzt die Schweden sich genötigt sahen, mit einigem Verlust wieder abzuziehen.

Dieser bewundernswerten Tapferkeit der Spanier hatten die Kaiserlichen ihre Rettung zu verdanken, denn der Herzog Bernhard, der sich unterdessen den heftigen Angriffen der Kaiserlichen widersetzt hatte und das Gewicht von zwei Drittel ihrer Truppen aushalten mußte, war nicht mehr imstande sich länger zu halten. Er sandte Boten über Boten an Gustav Horn nach mehr Infanterie, der auch, da er seine Absicht nicht hatte durchsetzen können sondern es aufgegeben hatte jenen Posten zu erobern, sich jetzt in völligen Marsch setzte, um den Herzog zur Hilfe zu eilen.

Aber nun war es zu spät, denn der König von Ungarn, als er gewahr wurde, daß die Truppen des Herzogs anfingen zu weichen, und als er die Nachricht von Horns Schwenkung erhalten hatte, um den Herzog zu unterstützen, griff mit aller Macht dessen Flanke an und wagte mit seinen ungarischen Husaren einen so wütenden Ausfall, daß die Schweden sich nun auf keine Weise länger halten konnten.

Die Flucht des linken Flügels war um soviel unglücklicher, da sie gerade stattfand, als Gustav Horn ankam, denn da jenen der Feind auf dem Fuße nachsetzte, so wurden sie gerade auf ihre Freunde zugetrieben, welche nicht Raum genug hatten, sich zu entfalten und ihnen einen Durchweg zu lassen, und also durch ihre eigenen fliehenden Brüder niedergetreten wurden. Dies brachte alles in die größte Verwirrung. Die Kaiserlichen schrien Viktoria, brachen mitten in unsere Infanterie ein und richteten ein schreckliches Blutbad an.

Ich habe oft Gelegenheit gehabt die Bemerkung zu machen, daß es meistens üble Folgen hat, einem alten erfahrenen General Mangel an Mut vorzuwerfen. Wäre Gustav Horn durch die Vorwürfe des Barons und einiger anderer Generäle nicht in Harnisch gejagt worden, so bin ich sicher, es hätte 1000 Menschen weniger das Leben gekostet, denn als schon alles verloren war und viele Offiziere ihm rieten, sich mit den noch übrigen Regimentern zurückzuziehen, so konnte ihn doch nichts bewegen, nur einen Fuß breit zu weichen, sondern er bildete mit seinen Flanken eine Linie und empfing den Feind, der die übrigen verfolgte und bei ihm vorbei mußte, mit einem so schrecklichen Feuer aus dem kleinen Gewehr, daß es dem Feinde außerordentlich viel Menschen kostete.

Die Kaiserlichen, die einmal beim Verfolgen waren, ließen ihn unangegriffen, bis endlich die spanische Brigade anlangte und mit ihnen ins Handgemenge kam. Diese schlug er zwar sehr tapfer mit einem großen Blutbade zurück, und außer ihnen noch ein Korps Dragoner, als er aber endlich von allen Seiten verlassen wurde, und die meisten seiner Leute schon niedergehauen waren, wurde dieser alte brave General mit dem ganzen Rest zu Gefangenen gemacht.

Die Schweden erlitten hier einen schrecklichen Verlust, denn fast ihre ganze Infanterie wurde niedergehauen oder gefangen genommen. Gustav Horn schlug zu vier verschiedenen Malen den angebotenen Pardon aus, und alle diejenigen, welche einen Angriff auf ihn wagten, wurden durch seine Leute niedergemacht, welche nach dem Beispiel ihres Generals wie Furien und wütende Löwen fochten. Aber endlich war dieser kleine Überrest des tapfersten Heeres von der Welt gezwungen sich zu unterwerfen. Ich habe den General Horn oft sagen hören, er hätte lieber sterben als gefangengenommen werden wollen, und es dauerten ihn nur die vielen braven Soldaten, die um ihn herum gefallen wären, denn keiner von ihnen hätte ohne seine Einwilligung Pardon annehmen wollen.

Ich für meine Person hatte das schlimmste Los in diesem Treffen, das ich je in einem Gefecht gehabt habe, denn ich stand bei dem besten Korps Kavallerie, das je in Deutschland gewesen ist, und war doch nicht imstande den Unsrigen zur Hilfe zu eilen, deshalb war auch unsere Infanterie vor unsern Augen niedergehauen worden, denn das Gelände, wo wir aufmarschiert waren, war so beschaffen, daß wir nicht einmal einen Ausfall wagen konnten. Alles was wir tun konnten war ungefähr 2000 Mann Fußvolk zu retten, welche bei der Flucht des linken Flügels entkommen waren, sich unter unsere Eskadronen flüchteten und so mit uns abzogen.

Wir hielten anfänglich aus, bis wir alles verloren sahen, und nahmen alsdann den besten Rückzug, den wir nehmen konnten, um uns zu retten, ohne daß viele Regimenter zum Angriff gekommen wären oder nur einen Schuß getan hätten, denn die Infanterie hatte sich so sehr in die feindlichen Linien und Werke und in die Weingärten und Weinberge verirrt, daß die Reiterei schlechterdings nicht zu gebrauchen war.

Der Rheingraf hatte, um zu uns zu stoßen, einen so tüchtigen Marsch gemacht, daß er innerhalb drei Meilen von dem Schlachtfelde in der Nacht ankam und beinahe unser einziger Schutz wurde, unter welchem wir unsere zerstreuten Truppen wieder sammeln konnten, welche außerdem alle in die Hände des Feindes gefallen wären, der ihnen immer noch nachsetzte. Und wäre unsere Infanterie bei unserm Rückzuge, der in der größten Ordnung vor sich ging, nur um etwas beträchtlicher gewesen, so hätte sie wahrscheinlich dem Feinde vielen Schaden tun und den Sieg ganz auf unsere Seite ziehen können, denn unsere Kavallerie war noch vollzählig und beinahe ein großer Teil von ihnen nicht zum Angriff gekommen, und sie drangen nunmehr so heftig auf den nachsetzenden Feind ein, daß 1600 von ihnen, die allzu heftig beim Nachsetzen waren, den Tag darauf den Truppen des Rheingrafen entgegengetrieben und alle ohne Barmherzigkeit niedergehauen wurden.

Dies gab uns zwar einige Entschädigung, aber es war dessenungeachtet mit dem Verlust, den wir an diesem Tage erlitten hatten, auf keine Weise zu vergleichen. Wir verloren nahe an 8000 Mann auf dem Platze und über 3000 Gefangene, alle unsere Kanonen und Bagage und 120 Fahnen. Ich glaube nie in meinem Leben eine schlechtere Figur gemacht zu haben, und so dachten wir alle, die wir fliehen mußten und unsere Infanterie, unsern General, unsere Ehre verloren hatten und nicht wieder dafür fechten konnten.

Der Herzog Bernhard war wegen des alten Gustav Horn ganz untröstlich, denn er hielt ihn für tot, er raufte sich wie ein Wahnsinniger die Haare, erzählte dem Rheingrafen die Geschichte des Kriegsrates, machte sich selbst die heftigsten Vorwürfe, daß er nicht dessen Vorschläge befolgt und rief öfters in seinem Kummer aus: Ich bin's gewesen, ich habe den tapfersten General in Deutschland getötet. Er nannte sich selbst einen Toren, ein Kind und dergleichen, daß er nicht den Gründen eines alten erfahrenen Helden Gehör gegeben hätte.

Als er aber hörte, daß Horn noch am Leben sei und sich nur in Feindeshänden befände, wurde er ruhiger, besann sich wieder, ließ neue Truppen anwerben und trieb die neuen Kriegsgeschäfte mit der größten Sorgfalt, und es dauerte auch nicht lange, bis er es den Kaiserlichen mit Zinsen zurückzahlte.

Ich wandte mich nach diesem Treffen, das am 17. August 1634 stattfand, nach Frankfurt a. M., aber die Fortschritte der Kaiserlichen waren so groß, daß man sich nicht sicher in Frankfurt aufhalten konnte. Der Kanzler Oxenstiern rückte nach Magdeburg, der Herzog Bernhard und der Rheingraf in das Elsaß und die Kaiserlichen flohen in dem ganzen übrigen Feldzuge vor ihnen. Sie nahmen Philippsburg durch einen plötzlichen Überfall, Augsburg durch Hunger, Speyer und Trier durch Belagerung ein und den Kurfürsten von Trier gefangen.

Aber dieser Vorteil auf kaiserlicher Seite war den Schweden noch dadurch vorteilhaft, daß er die Franzosen auf ihre Seite brachte, denn der Kurfürst von Trier war ihr Bundesgenosse. Die Franzosen gaben den Oberbefehl dem Herzog Bernhard. Dieses brachte, ungeachtet der Herzog und Kurfürst von Sachsen bald abfiel und gegen die Schweden focht, die Wagschale so sehr auf die schwedische Seite, daß sie sich von ihrem Verlust wieder erholten und ganz Deutschland in Schrecken versetzten.

Die übrigen Erzählungen von den Begebenheiten dieses Krieges überlasse ich den Geschichtsbüchern über jene Zeit, welche ich seitdem mit großem Vergnügen gelesen habe. Ich gestehe, als ich die Kaiserlichen nach der Schlacht bei Nördlingen und den Herzog von Sachsen seine Waffen gegen die Schweden richten sah, glaubte ich, die Sache würde übel ablaufen; und da ich sie schon so gut als für verloren hielt, verließ ich Frankfurt, ging am Rhein bis nach Köln hinunter und von da nach Holland. Ich kam im Haag am 8. März 1635 an, nachdem ich drei und ein halbes Jahr in Deutschland und den größten Teil davon bei der schwedischen Armee zugebracht hatte.

Ich hielt mich noch einige Zeit in Holland auf, um die erstaunenswürdige Kunst zu besehen, die man in der Befestigung der Städte wahrnimmt, wo sogar Basteien auf grundlosen Morästen stehen und doch so fest sind, als nur eine in der Welt sein kann. Hier hatte ich Gelegenheit die niederländische Armee und ihren berühmten General den Prinzen Moriz, zu sehen.

Es ist wahr, die Soldaten hielten sich in den Kämpfen vortrefflich, wenn sie dazu kamen, aber die Methode des Prinzen seine Feinde zu schlagen, ohne sich mit ihnen in ein Gefecht einzulassen, stimmte so wenig mit der Tapferkeit meines königlichen Lehrmeisters Gustav Adolf überein, daß ich ganz und gar keinen Geschmack daran finden konnte.

Gustav Adolfs Gewohnheit war immer den Feind aufzusuchen und ihm ein Treffen zu liefern, und man muß den Kaiserlichen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie selten schwer zu finden waren und daß sie ebensowenig ihre Haut schonten wie wir.

Prinz Moriz hingegen blieb lieber in seinem Lager liegen, auch wenn der Hunger die Hälfte seiner Leute aufgerieben hätte, wenn er nur dadurch zwei Drittel der Feinde aushungern konnte, so daß der Krieg in Holland mit mehr Strapazen und Gefahren verbunden war, wir aber in dem unsrigen mehr Schlachten und Schläge auszustehen hatten. Beschleunigte Märsche, lange und ungesunde Lager, Winterstreifzüge, Rückmärsche, häufige Verlegungen des Lagers, Verschanzungen, Hunger, Kälte und Krankheiten rafften ihm mehr Truppen weg als er in dem blutigsten Treffen hätte verlieren können.

Und dies alles erforderte auf seiten seiner Leute, ich will nicht sagen gleichen Mut wie bei den unsrigen, sondern sogar mehr, denn ein Soldat will lieber im Felde durch eine Musketenkugel sterben als in den Feldlagern verhungern und erfrieren.

Ich will hierdurch auf keine Weise den großen Namen dieses Prinzen schmälern, denn es ist bewiesen, daß er die Spanier weit mehr dadurch zugrunde richtete, daß er den Krieg in die Länge zog, als es durch schnelle Eroberungen möglich gewesen wäre. Denn hätte er gleich einem Gustav Adolf durch eine Reihe von schnellen Eroberungen die Spanier in fünf Jahren aus allen möglichen Provinzen vertrieben, da er doch 40 Jahre zubrachte, um sie aus nur sieben zu vertreiben, so hätte er sie doch reich und stark genug nach Hause kehren lassen, und er wäre in einer beständigen Furcht gewesen, daß sie mit einer stärkeren Macht zurückkehren würden.

Aber durch die längere Fortsetzung dieses Krieges demütigte er den Mut der spanischen Monarchie so sehr und machte sie so gänzlich und auf so unwiederbringliche Weise arm, daß sie sich seitdem nie wieder davon erholen konnten, und schließlich von der mächtigsten Nation in der Welt zu der verächtlichsten herabsanken.

Der ungeheure Verlust, den der König von Spanien außer den sieben Provinzen erlitt, drückte auf den Mut der Nation in solchem Grade, daß alle Reichtümer der peruanischen Gebirge niemals imstande waren ihn wieder zu ersetzen.

Doch dem sei wie ihm wolle, die Methode, wie in Holland Krieg geführt wurde, wollte mir schlechterdings nicht gefallen. Vielleicht irre ich mich, aber ich stelle mir immer meinen Helden, den König von Schweden, vor, welcher es gewiß, den Degen in der Hand, in der halben Zeit in seine Gewalt bekommen hätte.

Doch ich lasse das alles dahingestellt und gestehe nur, daß es mir nicht gefallen wollte. Ich reiste am Ende des Jahres wieder nach dem Haag zurück, schiffte mich nach England ein, wo ich bald darauf zur größten Freude meines Vaters und meiner Freunde glücklich ankam.

Mein Vater war damals gerade in London und stellte mich Sr. Majestät dem Könige vor. Se. Majestät schien sehr vergnügt zu sein mich wieder zu sehen und sagte meinem Vater außerordentlich viel Verbindliches zu meinem Lobe.


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