Daniel Defoe
Denkwürdigkeiten eines englischen Edelmannes
Daniel Defoe

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Zwei Tage darauf, am 7. September, brach die ganze Armee noch vor Tage von Düben auf und marschierte in eine weite Ebene, ungefähr eine Meile von Leipzig, wo wir den General Tilly mit seiner Armee in voller Schlachtordnung und in der bewundernswertesten Stellung antrafen, welche wohl einen prächtigen aber zugleich einen fürchterlichen Anblick gab.

Tilly hatte als ein ehrlicher Spieler nur eine Seite der Ebene besetzt, die andere aber ganz frei und alle Zugänge für des Königs Armee offen gelassen, seine Armee aber setzte er nicht eher in Bewegung, als bis die ganze Armee des Königs in Schlachtordnung aufgestellt war und gegen ihn vorrückte. Er hatte bei seinem Heere 44 000 alte abgehärtete Krieger, die in allen Stücken so waren, wie ich sie oben beschrieben habe; ich will schon im voraus sagen, daß niemals eine so schöne Armee so völlig geschlagen worden ist.

Der König von Schweden war nun nicht viel schwächer an Truppen, da er sich mit der sächsischen Armee vereinigt hatte, die allein 22 000 Mann ausmachte, und die sich auf dem linken Flügel in einem Haupttreffen und zwei Flügeln aufstellte, so wie es der König auf dem rechten Flügel machte.

Der König stellte sich in eigener Person auf den rechten Flügel seiner Kavallerie, und Gustav Horn kommandierte das Haupttreffen der Schweden, so wie der Kurfürst von Sachsen das Haupttreffen seiner eigenen Truppen und der General Arnheim den rechten Flügel der sächsischen Kavallerie anführte.

Die zweite Linie der Schweden bestand aus zwei schottischen und drei schwedischen Brigaden nebst der Finnländischen Kavallerie auf den Flügeln.

Im Anfange des Treffens drang Tillys rechter Flügel mit einer so unwiderstehlichen Wucht auf den linken Flügel der königlichen Armee ein, wo die Sachsen standen, daß ihm fast niemand widerstehen konnte. Die Sachsen ergriffen mit aller Macht die Flucht, und einige von ihnen brachten sogar schon die Nachricht ins Land, daß alles verloren und die Armee des Königs geschlagen wäre. Und man könnte es in der Tat für ein Versehen des Königs halten, daß er nicht einige seiner erprobten Truppen unter die Sachsen gestellt hatte, die größtenteils lauter angeworbene und noch ungeübte Truppen waren. Die Sachsen verloren hier fast 2000 Mann, und kaum ließen sie sich, einige wenige Pferde ausgenommen, in der ganzen Schlacht wieder sehen.

Ich und mein Reisegefährte Fielding wurden an die Spitze von drei schottischen Infanterieregimentern gestellt, die Sir John Hepburn kommandierte, mit der ausdrücklichen Anweisung des Obersten Hepburn, uns neben ihm zu halten.

Unsere Posten waren in der zweiten Linie, die eigentlich dem Haupttreffen des Königs zur Reserve dienen sollte, aber das Sonderbarste war, daß dieses Haupttreffen, welches aus vier großen Brigaden Infanterie bestand, während der ganzen Schlacht auch nicht ein einziges Mal angegriffen wurde, wir aber, die wir die Reserve hatten, das ganze Gewicht der kaiserlichen Armee aushalten mußten.

Die Veranlassung dazu war diese: Der rechte Flügel des kaiserlichen Heeres hatte die Sachsen geschlagen und setzte ihnen sehr heftig nach, Graf Tilly aber, der ein alter erfahrener Soldat war und mit Aufmerksamkeit jedem Versehen vorzubeugen versuchte, verbot alles weitere Nachsetzen. Laßt sie laufen, sagte er zu seinen Truppen, die Schweden müssen wir schlagen oder wir richten so gut wie gar nichts aus.

Hierauf brachen die siegreichen Truppen in die Flanke der königlichen Armee ein, welche durch die Flucht der Sachsen schon ganz entblößt war. Gustav Horn kommandierte den linken Flügel der Schweden, schlug zuerst einige feindliche Regimenter, die ihn angriffen, brach in die Arrieregarde des rechten Flügels der Kaiserlichen ein und schnitt sie von der Vorhut ab, die schon, während sie den Sachsen nachsetzte, ein großes Stück vorwärtsgerückt war.

Da er diese Nachhut zerstreut hatte, brach er in Tillys Haupttreffen ein und brachte den einen Teil desselben in Unordnung, während der andere Teil, der den Sachsen nachgejagt war, aber nunmehr wieder zurückkam, in die Nachhut des linken Flügels der schwedischen Armee einbrach und ihr in die Flanke fiel, denn sie stellte sich auf demselben Platze in Schlachtordnung auf, den die Sachsen vorher verlassen hatten.

Dies änderte die ganze Front und verursachte, daß die Schweden nach links schwenkten und an ihrer Flanke eine große Front machen mußten, um sich zu decken. Unsere Brigaden, die anfänglich so aufgestellt waren, daß sie die Hauptarmee deckten, mußten ebenfalls auf einen besonderen Befehl des Königs schwenken und sich auf die Seite der neuen Front stellen, um die Kaiserlichen anzugreifen. Diese bestanden außer der Kavallerie aus ungefähr 12 000 Mann ihrer besten Infanterie und griffen uns, durch den glücklichen Erfolg mit den Sachsen schon etwas kühn geworden, wie Furien an.

Der König hatte um diese Zeit den linken Flügel der Kaiserlichen schon fast geschlagen, ihre Kavallerie hatte mit größerer Eile als glücklichem Erfolge und weit schneller, als die Infanterie folgen konnte, den Angriff erneuert. Sie waren bereits in das erste Treffen des Königs eingebrochen, der König aber ließ sie durch; während nun das zweite Treffen den Ansturm aushielt und tapferen Widerstand leistete, folgte der König dieser feindlichen Kavallerie mit 13 Schwadronen Reiterei und einigen Musketieren auf dem Fuße nach, wodurch die Kaiserlichen eingeschlossen und gleichsam in einem Augenblicke alle niedergehauen wurden.

Diese unglückliche Niederlage der kaiserlichen Kavallerie auf dem linken Flügel gab nun dem König mehr die Möglichkeit, auch die nachfolgende Infanterie zu schlagen und seinem General Gustav Horn auf den linken Flügel einige Truppen zur Unterstützung zu schicken, der alle Hände voll mit dem Haupttreffen der Kaiserlichen zu tun hatte.

Aber nun kamen die Truppen, welche, wie ich bereits erwähnt habe, die Sachsen geschlagen hatten, wieder vom Nachsetzen zurück, hatten sich sehr beträchtlich vermehrt, griffen unsere Flanke an und erneuerten das Treffen auf eine schreckliche Weise.

Hier war es, wo ich viele unserer Leute fallen sah: den Obersten Hall, einen tapferen Soldaten, der die Nachhut auf dem linken Flügel der schwedischen Armee kommandierte; er focht wie ein Löwe, aber fast sein ganzes Regiment wurde abgeschnitten; doch er blieb nicht ungerächt, denn sie vernichteten das Fürstenbergsche Infanterieregiment fast gänzlich. Ebenso wie der Oberst Hall kam auch der Oberst Kullenbach mit seinem Kavallerieregimente in große Bedrängnis, er sowohl wie viele andere tapfere Offiziere fielen, kurz, der ganze linke Flügel wurde in die größte Unordnung gebracht und befand sich in einer sehr traurigen Lage.

Unter diesen Kämpfen kam der König heran, und als er gewahr wurde, welche Verwüstung der Feind unter Kullenbachs Regiment angerichtet hatte, ritt er an der Front unserer drei Brigaden hin und führte uns selbst zum Angriff. Der Oberst seiner Garde, der Baron Teuffel, wurde erschossen, eben als ihm der König einige Befehle gegeben hatte.

Die Schotten rückten weiter vor, wurden von einigen Regimentern Kavallerie unterstützt, die der König ebenfalls zum Angriff befohlen hatte, und nun entstand erst die blutigste Schlacht, die je ein Mensch gesehen haben kann, denn die schottischen Brigaden gaben in drei Gliedern zur selben Zeit einer über des andern Kopf hinweg Feuer und trafen so gut, daß der Feind wie das Gras von der Sense dahinfiel.

Nun stürzten sich unsere Leute mitten in die feindliche Infanterie, wo sie am dichtesten stand, und schlugen mit den Kolben ihrer Flinten alle vor sich nieder, dessenungeachtet dachte keiner der Feinde ans Fliehen: Tillys Soldaten konnten geschlagen und niedergehauen werden, aber keiner kehrte den Rücken oder gab einen Fußbreit nach, ehe sie von ihren Offizieren zum Schwenken, Marschieren oder Zurückweichen kommandiert wurden.

So hielt besonders ein Kavallerieregiment ohne Verluste bis zuletzt stand und focht wie eine Löwenherde, sie streiften noch auf dem Felde herum, als schon ihre ganze Armee zerstreut war, und kein Mensch gab sich die Mühe, sie anzugreifen. Sie wurden vom Baron Kronenburg kommandiert und marschierten zuletzt ohne Verlust vom Schlachtfeld. Sie waren vom Kopf bis zu Fuß in schwarzer Rüstung, und sie waren es, die ihren verwundeten General Tilly aus dem Treffen trugen und nach Halle brachten.

Ungefähr gegen 6 Uhr abends hatten die Feinde das Schlachtfeld ganz geräumt, einen Ort ausgenommen auf des Königs Seite, wo sich einige wiederum festsetzten, und obwohl sie wußten, daß bereits alles verloren war, wollten sie trotzdem keine Gnade verlangen, sondern fochten bis auf den letzten Mann, wie man sie denn am Tage darauf ebenso in Reihe und Glied, wie sie gestanden hatten, tot liegen fand.

Ich war so glücklich, keine Wunde in dieser Schlacht zu bekommen, eine kleine Beschädigung am Nacken ausgenommen, die mir durch den Stoß einer Pike beigebracht wurde, aber mein Freund Fielding erhielt eine ziemlich gefährliche Wunde, als das Treffen schon so gut wie vorüber war.

Er war mit einem deutschen Oberst, dessen Namen wir nicht erfahren konnten, handgemein geworden, hatte schon dessen Burschen niedergehauen und drängte nun so dicht an ihn heran, daß er ihm sein Pferd erschoß. Das Pferd stürzte, riß den Oberst mit nieder und fiel auf einen seiner Schenkel. Der Oberst bat nunmehr um Quartier, Fielding gab es ihm, half ihm unter dem Pferde hervor und wollte ihm eben, als er ihn bereits entwaffnet hatte, in die Linie bringen, als mit einem Male das Kavallerieregiment, das sich, wie ich oben erwähnt habe, wieder gesammelt hatte, übers Feld herstürzte und in einem fliegenden Angriff aus ihren Karabinern auf unsere Front eine Salve gab und dadurch sehr viele von unsern Leuten verwundete. Unter diesen befand sich auch Fielding, er bekam einen Schuß in den Schenkel, daß er sogleich zur Erde stürzte. Er wurde dadurch von unsern Truppen abgeschnitten, und sein Gefangener ergriff wieder mit den andern die Flucht.

Dies war mein erster Dienst, den ich tat, und in der Tat, ich sah seitdem nie wieder eine Schlacht mit solcher Tapferkeit, mit so außerordentlichem Mut und mit solcher Klugheit liefern. Beide Armeen bestanden aus erprobten Soldaten, die zum Kriege geboren, in allem erfahren, in ihrer Disziplin pünktlich und aller Furcht bar waren, lauter Umstände, welche die Schlacht nur noch blutiger als gewöhnlich machten.

Auf mein Bitten nahm sich Sir John Hepburn meines verwundeten Reisegefährten besonders an, schickte ihm seine Wundärzte, die ihn verbanden, und versah ihn auch nachher, als Leipzig den Kaiserlichen von den Sachsen wieder abgenommen worden war, mit einem Quartier, wo er ihn selbst oft besuchte.

Anfänglich war ich seinetwegen wirklich in Sorge, die Ärzte zweifelten lange an seinem Aufkommen, denn da er die ganze Nacht nach der Schlacht mitten unter den Verwundeten und Toten auf dem Schlachtfelde unter freiem Himmel hatte zubringen müssen, war seine Wunde von der außerordentlichen Kälte und weil sie nicht verbunden war, wirklich sehr schlimm geworden, und die Schmerzen hatten ihm ein Fieber zugezogen.

Es war schon ziemlich Nacht, ehe die Schlacht beendet war, besonders da die letzten feindlichen Truppen sich wieder gesammelt hatten, und wir durften deswegen unsern Posten nicht verlassen, konnten also auch nicht unsere Freunde auf dem Schlachtfelde aufsuchen.

So war es fast 7 Uhr morgens des nächsten Tages, als wir ihn fanden. Er hatte sich, trotzdem ihn der Verlust des Blutes äußerst geschwächt hatte, in die Höhe gerichtet und lehnte mit dem Rücken an dem toten Körper eines Pferdes. Ich war der erste, der ihn erkannte, ich lief auf ihn zu und umarmte ihn mit einer Freude, die sich kaum sagen läßt. Er war nicht imstande zu sprechen, aber durch Zeichen gab er mir zu verstehen, daß er mich erkenne. Wir brachten ihn sogleich ins Lagern und Sir John Hepburn schickte seine Ärzte, um ihn zu verbinden.

Die Finsternis der Nacht hatte alles Nachsetzen verhindert und das war auch die einzige Rettung, die dem Feinde übrig blieb. Denn wäre es nur noch drei Stunden länger Tag gewesen, so hätte Tilly 10 000 Mann mehr verloren. Denn die Schweden, und besonders die Sachsen waren durch die Hartnäckigkeit des Feindes so erbittert und sozusagen grimmig gemacht worden, daß sie ganz gewiß keine Gnade gegeben hätten.

Erst gegen 7 Uhr wurde zum Rückzuge geblasen, der König stellte das ganze Heer auf dem Schlachtfelde in Ordnung auf und gab strengen Befehl, daß kein einziger Mann seinen Platz verlassen dürfte. Das Heer blieb also die ganze Nacht unter Gewehr, welches eine Hauptursache war, wodurch die verwundeten Soldaten viel unter der Kälte litten. Der König wußte wohl, daß er mit einem verwegenen Feinde zu tun hatte und daß ein kleines Korps verzweifelter Leute, die sich etwa wieder gesammelt hatten, ihm in der Finsternis der Nacht die gewonnene Schlacht sehr verleiden konnten. Er schlief deswegen selbst an der Spitze seiner Armee auf einem Wagen, obgleich ein starker Frost herrschte.

Sobald der Tag anbrach, bliesen die Trompeter zum Aufsitzen, und alle Dragoner und leichten Reiter in der Armee wurden kommandiert, dem Feinde nachzusetzen, die Kürassiere und einige kommandierte Musketiere mußten einige englische Meilen vorrücken, um jenen den Rückzug zu decken, und die ganze Infanterie mußte unterm Gewehr stehen bleiben, um beiden als Reserve zu dienen.

Allein schon in einer halben Stunde bekam der König die Nachricht, daß der Feind gänzlich zerstreut wäre, worauf aus jedem Regiment Abteilungen ausgesandt wurden, um von den Toten diejenigen der Unsrigen auszusuchen, welche noch an ihren Wunden lägen, und der König gab strengen Befehl, daß wenn sie auch irgendeinen von den Feinden verwundet oder noch am Leben fänden, keiner sich unterstehen sollte, ihm das Leben zu nehmen, sondern vielmehr Sorge tragen, ihn ins Lager zu schaffen – ein Zug von Menschlichkeit des Königs, welcher beinahe tausend Feinden das Leben rettete.

Erst als diese Expedition vorüber war, wurde das Lager des Feindes eingenommen, und die Soldaten bekamen Erlaubnis, es zu plündern. Geschütze, Waffen und Munition wurden für den König mit Beschlag belegt, alles übrige aber wurde den Soldaten preisgegeben, welche soviel Beute fanden, daß sie nicht Ursache hatten, wegen ihrer Anteile Streit anzufangen.

Ich für meine Person war mit meinem verwundeten Freunde so beschäftigt, daß ich nichts davontrug, als einen Degen, der gerade neben ihm lag, als ich ihn in seinen Wunden wiederfand. Mein Bursche aber brachte mir ein schönes Pferd mit Sattel und Zaumzeug und eine Pistole von ganz vortrefflicher Arbeit.

Ich befahl ihm, daß er sich auf das erbeutete Pferd setzen und den Tag so gut wie möglich für sich verwenden sollte. Er ritt fort, und ich bekam ihn erst drei Tage später in Leipzig wieder zu sehen, wo er mich ausfindig gemacht hatte. Allein er war so prächtig gekleidet, daß ich Mühe hatte, ihn zu erkennen. Nachdem er mich wegen seines langen Ausbleibens demütig um Verzeihung gebeten hatte, machte er mir eine sehr lustige Erzählung von den Abenteuern, die ihm während der Zeit begegnet waren.

Meinem Befehl zufolge war er auf das Pferd gestiegen, das er für mich erbeutet hatte, und war zuerst auf das Schlachtfeld unter die Toten geritten, um zu sehen, wo er einen Anzug bekäme, der für die Ausrüstung seines Pferdes paßte. Er fand eine prächtig besetzte Kleidung, einen Helm, einen Degen und ein außerordentlich schönes spanisches Rohr, eignete sich dies alles an und wollte nun sehen, wo der Feind hingekommen wäre. Er folgte der Spur unserer leichten Kavallerie, wobei er an den Toten einen guten Wegweiser hatte, und traf auf eine kleine Gesellschaft von 25 Dragonern, die bloß einen Korporal zum Anführer hatten und nach einem Dorfe zu ritten, in welchem einige feindliche Reiterei einquartiert gewesen war.

Die Dragoner hielten ihn seiner Ausrüstung nach für einen Offizier, baten ihn, daß er das Kommando über sie übernehmen sollte, und sagten, es wäre was beim Feinde zu finden, und sie zweifelten nicht an einer guten Beute. Mein Bursche, der ein munterer verwegener Junge war, antwortete ihnen, er wäre den Augenblick dazu bereit, allein er hätte nur eine Pistole, weil ihm die andere im Feuer zersprungen wäre. Sogleich liehen sie ihm ein Paar und außerdem noch einen Karabiner, den sie erbeutet hatten, er setzte sich an ihre Spitze und führte sie an.

In dem Dorfe hatten ein Regiment schwerer Reiterei und einige Haufen Kroaten gelegen, aber sie hatten auf die erste Nachricht von dem Nachsetzen des Feindes die Flucht ergriffen außer drei Haufen Kroaten, welche beim Anblick dieser kleinen Truppe, die sie für den Vortrupp einer weit größeren Anzahl hielten, gleichfalls in einer unbeschreiblichen Verwirrung davonliefen. Unsere Dragoner nahmen das Dorf ein und eroberten ungefähr 50 Pferde und die ganze Beute des Feindes.

In der Hitze des Gefechts, setzte mein Bursche hinzu, habe ich Ihr Pferd zuschanden geritten, allein dafür habe ich Ihnen zwei andere mitgebracht. Denn als kommandierender Offizier bekam ich ohne Widerrede meine Ration, wie sie in solchen Fällen einem Offizier nach Kriegsbrauch zukommt.

Der Rapport, den mir mein Bursche brachte, gefiel mir, und ich mußte herzlich darüber lachen.

Aber, Herr Rittmeister, sagte ich, was hast du denn nun für Beute gemacht?

Oh, Sir, Beute genug, daß ich mich zum Rittmeister machen könnte, und einen fertigstehenden Trupp habe ich noch obendrein, denn meine Dragoner stehen auf meinen Befehl noch immer im Dorfe und warten auf weitere Befehle.

Mit einem Worte, er fing an, seine Taschen auszuleeren, und da waren Goldstücke, Uhren und Ringe die Menge, unter den Ringen waren zwei mit Diamanten besetzte, von denen der eine seine 50 Taler wert war. Silber brachte er soviel mit, als er nur hatte fortbringen können, außerdem hatte er noch in einem Gasthofe drei Pferde stehen, von denen zwei mit Gepäck beladen waren, und zu denen er sich einen Bauernburschen gedungen hatte, der solange in Leipzig dabei bleiben sollte, bis er mich ausfindig gemacht hätte.

Aber, Herr Rittmeister, fing ich an, mir kommt es vor, als wenn Ihr anstatt den Feind das Dorf geplündert hättet.

Nein, wahrhaftig nicht, Sir, sagte er, das hatten die Kroaten schon getan, ehe wir hinkamen, und wir überrumpelten sie gerade, als sie ihre Beute fortschaffen wollten.

Gut, Georg, aber was willst du denn mit deiner Mannschaft machen; denn wenn du kommen wirst, um ihnen Befehle zu geben, so möchte die Sache wohl nicht gut ablaufen.

Nein, nein, Sir, dafür ist schon gesorgt, denn vor ein paar Augenblicken habe ich einem Soldaten ein Fünftalerstück gegeben, damit er ihnen die Nachricht bringen soll, die Armee wäre nach Merseburg marschiert, und sie sollten aufbrechen, um dort zum Regiment zu stoßen.

Als er sein Geld in mein Quartier in Sicherheit gebracht hatte, fragte er mich, ob ich seine Pferde besehen und eins für mich aussuchen wollte. Ich sagte ihm, ich wolle des Nachmittags kommen sie anzusehen, aber der wunderliche Kerl konnte es nicht erwarten, sondern lief fort und brachte sie mir vors Quartier. Eins von den drei Pferden war besonders schön, und dem Zeuge nach zu urteilen hatte es einem Kroatenoffizier gehört. Mein Bursche bot es mir sogleich an und sagte. ich müßte es für das andere nehmen, das er zuschanden geritten hätte.

Weil ich vorher einen nicht gerade besonders guten Gaul ritt, nahm ich das Geschenk an und ging mit ihm, seine übrige Beute zu besehen. Sie bestand in drei oder vier Paar Pistolen, zwei bis drei Bündeln Offizierswäsche, Spitzen und Tressen, einem Feldbett, einem Zelt und noch verschiedenen andern wertvollen Dingen. Wir fanden zuletzt noch ein kleines Päckchen, das er noch gar nicht untersucht hatte und das er seiner Aussage nach einem Kroaten, der damit hätte fortlaufen wollen, unter dem Arme hervorgerissen und mit Einwilligung seiner Dragoner für sich behalten hatte. Er brachte es herauf in mein Zimmer, und als wir es aufmachten, fanden wir ein Bündel Wäsche, verschiedenes Silberzeug und in einem kleinen Becher drei Ringe, ein schönes Perlenhalsband und 100 Reichstaler in Münze.

Der Bursche war über sein Glück ganz außer sich und wußte kaum, was er zuerst anfangen sollte. Ich sagte ihm also, er solle gehen und nur erst seine andern Sachen besorgen. Er ging fort, fertigte den Bauernburschen ab, den er mitgebracht hatte, packte seine Habseligkeiten zusammen und kam in seinen früheren Kleidern wieder zu mir.

Nun, Herr Rittmeister, sagte ich, warum hast du denn schon deine Uniform verändert?

Sir, sagte er, ich schäme mich meiner Livree so wenig als Ihrer Dienste und mache mir eine Ehre daraus, ungeachtet meines Glücks nach wie vor unter Ihren Befehlen zu stehen.

Ganz gut, Georg, aber was willst du denn mit deinem Gelde machen?

Ich wünschte, daß mein armer Vater etwas davon hätte, das übrige habe ich für Sie erbeutet, und Sie werden die Gnade haben, es mir so bald wie möglich abzunehmen.

Er sagte das mit soviel Ehrlichkeit und Treuherzigkeit, daß ich es nicht anders als sehr gut aufnehmen konnte. Doch sagte ich ihm ernstlich, daß ich als sein Herr von ihm nicht einen Heller verlangte, allein das verlangte ich, daß er mit dem Reichtum, den ihm sein gutes Glück zugeworfen hätte, gut wirtschaften solle.

Sir, antwortete er, ich werde Ihrem Rate und Ihren Vorschriften in allen Dingen gehorsam sein.

Nun gut, Georg, ich will dir sagen, was mein guter Rat wäre. Du setzest alles in bares Geld um, schickst es bei der ersten Gelegenheit zu den Deinigen nach England, folgst selbst bald nach, wirtschaftest gut damit, und du hast, solange du lebst, dein anständiges Auskommen und brauchst nicht mehr zu dienen.

Nein, Sir, lieber will ich den ganzen Plunder von der Torgauer Brücke hinunter in die Elbe werfen als Ihren Dienst verlassen, und noch überdies, kann ich denn mein Geld nicht in Sicherheit bringen, ohne daß ich von Ihnen fortzugehen brauche? Kurz, ich habe es in Ihrem Dienste erwarben und will es auch in Ihrem Dienste verzehren, wofern Sie mich nicht mit Gewalt fortjagen. Ich habe die gute Hoffnung, daß ich wegen meines Geldes keine schlechteren Dienste tun werde, und wüßte ich, daß das geschehen sollte, so wollte ich bald wenig genug haben.

Nein nein, Georg, ich gebe dir nur den Rat, ich will dich nicht zwingen, auch würde ich es selbst nicht gern sehen, wenn ich dich verlieren sollte. Weißt du was, komm her, wir wollen alles zusammen auf einen Haufen legen und wollen sehen, wie hoch sich der Reichtum ungefähr beläuft.

Er legte darauf seine ganze Beute auf einen Tisch, wir machten einen ungefähren Überschlag und fanden, daß außer den drei Pferden mit Sattel und Zeug, einem Zelte, einem Feldbett und einiger Wäsche die Beute ungefähr 1400 Reichstaler wert war. Als wir fertig waren, nahm er das Perlenhalsband, eine sehr schöne Uhr, einen Diamantring und 100 Goldstücke und legte sie besonders, alles übrige packte er wieder zusammen. Ich fragte ihn, warum er denn nicht jene Sachen mit dazu legte, und sogleich raffte er sie mit den Händen zusammen, kam um den Tisch herum und sagte, wenn ich ihn meines Dienstes und meiner Gewogenheit nicht für ganz unwürdig hielte, so bäte er mich um die Erlaubnis, daß er mir mit diesen Kleinigkeiten ein Geschenk machen dürfte, ich wäre nicht nur darauf gekommen, daß er ausreiten solle, sondern er hätte auch alles in meinem Dienste erworben und er würde glauben, ich wäre ihm gar nicht gut, wenn ich ihm eine abschlägige Antwort geben würde.

Trotzdem ich völlig entschlossen war nichts von ihm anzunehmen, so konnte ich doch vorderhand kein Mittel finden, seiner Zudringlichkeit zu widerstehen.

Ich sagte ihm endlich, ich wolle einen Teil seines Geschenks annehmen, und diesen Teil würde ich für einen ebenso starken Beweis seiner Achtung für mich halten als alles zusammen, allein weiter solle er nun auch nicht in mich dringen. Ich nahm also den Ring, die Uhr und das Pferd mit Sattel und Zeug, ließ ihn all das übrige in Leipzig in Geld umsetzen und erlaubte ihm nicht weiterhin seine Livree zu tragen. Ich nahm an seiner Stelle einen jungen Menschen aus Leipzig in meine Dienste, und Georg war von der Zeit an nur mein Begleiter.

Die schwedische Armee ging aber nicht nach Leipzig, sondern marschierte nach Merseburg und von da nach Halle, dann weiter nach Franken zu, während der Kurfürst von Sachsen beschäftigt war, mit seinen eigenen Truppen Leipzig wiederzuerobern und sein Land von den Kaiserlichen zu säubern.

Ich brachte in Leipzig zwölf Tage zu. weil ich meinen Freund Fielding nicht eher verlassen wollte, als bis er wieder hergestellt wäre, allein Sir John Hepburn setzte mir so zu, zur Armee zu kommen, und meldete mir so oft, daß der König nach mir gefragt hätte, daß ich mich endlich entschloß, ohne meinen Freund abzureisen. Wir verabredeten daher miteinander, wo wir uns wieder treffen und wie wir unterdessen einen Briefwechsel einrichten wollten, und ich machte mich auf den Weg, um Sir Hepburn nachzufolgen, der damals mit des Königs Heer bei der Stadt Erfurt in Sachsen lag.

Ich ritt mit meinen beiden Bedienten auf der Straße zwischen Leipzig und Halle und bemerkte, daß mein Pferd sehr schwer und unbequem ging und sogar trotz der kalten Witterung und unseres gemächlichen Trabes außerordentlich schwitzte. Ich dachte sogleich, daß der Sattel das Pferd drücken müsse, und rief meinen Reitmeister Georg.

Höre, sagte ich, ich glaube, der Sattel drückt mein Pferd.

Wir stiegen ab, sahen unter dem Sattel nach und fanden, daß das Pferd auf dem Rücken außerordentlich wund war. Ich befahl ihm den Sattel abzunehmen, gab das Pferd meinem neuen Bedienten zu halten, und wir setzten uns beide nieder, um zu sehen, ob wir der Sache abhelfen könnten, weil keine Stadt in der Nähe war.

Herr, fing Georg an, und wies mit den Fingern auf ein Fleckchen des Sattelfutters, wenn Sie das Futter hier aufschneiden wollten, so will ich unterdessen sehen, daß ich etwas finde, was wir hineinstopfen können, damit der Sattel nicht auf die wunde Stelle drückt.

Während er herumging und etwas zu diesem Zwecke suchte, schnitt ich ein Loch in das Unterfutter des Sattels. Ich folgte der Öffnung mit dem Finger und fühlte etwas Hartes. Hier ist etwas, Georg, sagte ich, was nicht hierher gehört, und hieß ihn darauf zu fühlen.

Richtig, Herr, sagte er, es mag nun sein, was es wolle, das ist's, was das Pferd drückt, denn es trifft gerade auf die wunde Stelle, wenn der Sattel aufliegt.

Wir gaben uns Mühe das harte Ding zu erreichen, allein wir konnten nicht dazu kommen. Endlich nahmen wir den oberen Teil des Sattels ganz vom Futter ab und fanden einen silbernen Beutel, in ein Stück Leder eingewickelt. Du bist zum Reichwerden geboren, Georg, sagte ich, da ist wieder Geld. Wir machten den Beutel auf und fanden darin 138 Goldstücke.

Hier hatte ich einen neuen Streit mit ihm, wem das Geld gehören solle. Ich meinte, es gehöre ihm, er sagte, es gehöre mir. Er behauptete, weil ich das Pferd mit Sattel und Zeug angenommen hätte, so wäre auch mein, was drum und dran wäre, er schwor außerdem, daß er nicht einen Pfennig davon nähme. Weil nun kein Zureden half, steckte ich endlich das Geld vorläufig ein. Darauf brachten wir den Sattel wieder in Ordnung und ritten weiter.

Wir blieben diese Nacht in Halle liegen, und da wir in dem einen Sattel eine hübsche Beute gefunden hatten, so ließ ich ihn auch die beiden andern Sättel untersuchen. Jedoch wir fanden in dem einen nur drei französische Kronen und in dem andern gar nichts.

Am 28. September kamen wir in Erfurt an, das Heer war aber schon aufgebrochen und nach Franken einmarschiert, wir stießen erst zu ihm bei der Belagerung von Königshofen. Das erste was ich tat war, Sir John Hepburn meine Aufwartung zu machen. Er empfing mich sehr freundlich, aber er sagte mir auch, daß ich besser getan hätte nicht so lange von ihm wegzubleiben, der König hätte sich nach mir ganz besonders erkundigt und hätte ihm befohlen, sobald ich nachkäme, mich ihm vorzustellen. Ich sagte ihm den Grund, der mich solange in Leipzig zurückgehalten hätte, und daß ich nur, um seinen Briefen Folge zu leisten, meinen Freund noch eher verlassen hätte, als er von seinen Wunden hergestellt gewesen wäre.

Sir John erzählte mir darauf, daß der König verschiedene Male sehr gnädig von mir gesprochen hätte und daß er vielleicht gar gesonnen wäre, mir ein Kommando bei der Armee anzutragen, wenn ich geneigt wäre, es anzunehmen. Ich antwortete Sir John, ich hätte zwar meinem Vater versprechen müssen, daß ich ohne seine Erlaubnis bei keiner Armee Dienste nehmen wollte, allein da ich zu keiner Sache eine größere Neigung verspürte als zu dem Dienst unter der Anführung eines solchen Meisters, so wüßte ich beinahe nicht, wie ich mein Versprechen halten könnte, wenn Se. Majestät geruhen sollten, mir einen solchen Antrag zu tun, obwohl ich bei alledem gestehen müsse, daß meine Absicht jederzeit gewesen wäre, nicht in einer Befehlshaberstelle als vielmehr auf meine eigenen Kosten als Freiwilliger zu dienen: dies sei, wie Sir John selbst wüßte, überhaupt die Gewohnheit unserer englischen Landsleute.

Tun Sie, was Sie für gut halten, antwortete Sir John, aber mancher junge Edelmann würde 20 000 Kronen darum geben, wenn er auf einem solch guten Wege im Avancement wäre wie Sie.

Die Stadt Königshofen kapitulierte an diesem Tage, und da Sir John beordert wurde, die Artikel mit den Einwohnern in Ordnung zu bringen, so konnte ich damals nicht weiter über die Sache mit ihm sprechen. Als die Stadt eingenommen war, marschierte das Heer unverzüglich weiter am Main herunter. Denn der König hatte sein Augenmerk auf Frankfurt a. M. und Mainz gerichtet, zwei große Städte, deren er sich vorzüglich dank seiner erstaunenswerten Geschwindigkeit kurze Zeit darauf bemächtigte. Ich nenne seinen Marsch erstaunenswürdig, denn innerhalb eines Monats nach der Schlacht bei Leipzig war er in den niederen Teilen des Reiches, hatte seine Eroberungen von der Elbe bis an den Rhein ausgebreitet, hatte alle befestigten Städte, die Bistümer Bamberg und Würzburg und fast den ganzen fränkischen Kreis nebst einem Teile von dem schwäbischen eingenommen – eine Eroberung, die wahrlich weitläufig genug ist, um nach dem gewöhnlichen Erfolge der Waffen sieben Jahre zu erfordern.

Da die Geschäfte auf eine solch emsige Art betrieben wurden, so hatte der König keine Muse an Kleinigkeiten zu denken, und ich selbst drang nicht sehr in Sir John mich dem König vorzustellen, weil ich noch keinen festen Entschluß gefaßt hätte.

Ich hatte meinem Vater in einem Briefe von meiner Aufnahme bei der schwedischen Armee, von den Freundlichkeiten, die mir Sir John Hepburn bezeigte, und von den Umständen der Schlacht bei Leipzig Nachricht gegeben und hatte ihn in der Tat sehr inständig um Erlaubnis gebeten, daß ich dem Könige Gustav Adolf dienen dürfte. Allein während ich noch wegen dieses letzten Punktes auf seinen Entschluß wartete, entschied folgende Gelegenheit es noch eher, als ich nach der Zeit eine Antwort hätte erlangen können.

Der König lag vor dem festen Schlosse Marienburg, das die Stadt Würzburg beherrschte. Die Stadt war schon eingenommen, aber die Garnison und der reichere Teil der Bürger hatten sich in das Schloß geworfen und zwangen in ihrer Zuversicht auf die Stärke des Platzes, der für unüberwindlich gehalten wurde, die Schweden alles aufzubieten, was in ihren Kräften lag. Das Schloß war mit allem gut versehen und hatte eine sehr starke Besatzung, so daß die Schweden wirklich ein sehr langwieriges Stück Arbeit erwartete.

Das Schloß stand auf einem sehr hohen Felsen, an dessen steiler Seite eine Bastion war, welche den einzigen Weg von dem Hügel nach dem Schlosse deckte. Die Schotten waren auserwählt, diesen Angriff zu machen, und der König war der Augenzeuge ihrer Tapferkeit. Sir John war nicht mit dazu kommandiert, sondern Sir John Ramsey sollte den Angriff anführen. Als ich bemerkte, daß die meisten schottischen Offiziere in den andern Regimentern Anstalten machten, zur Ehre ihrer Landsleute die Unternehmung als Freiwillige mitzumachen, und daß Sir John Hepburn sie anführen wollte, so war ich neugierig genug, mir die Expedition anzusehen und beschloß mich ihnen bei dieser Partie anzuschließen.

Wir waren mit Partisanen bewaffnet, jeder hatte im Wehrgehänge auch zwei Pistolen. Es war ein Unternehmen, das ein gänzlich verzweifeltes Aussehen hatte. Der Vorteil des Feindes auf dem Felsen, der steile Abgrund, aus welchem wir in die Höhe mußten, die Lage der Bastion, die Anzahl und der entschlossene Mut der Besatzung, die aus einem völlig bedeckten Standorte ein schreckliches Feuer auf uns gab, das alles vereinigte sich, um uns auf einen guten Erfolg wenig Hoffnung zu geben. Allein die Wut der schottischen Musketiere konnte durch keine Schwierigkeit gedämpft werden. Sie kletterten den Hügel hinauf, erstiegen die Bastion wie Wahnsinnige, rannten in die feindlichen Piken, eroberten nach einem verzweifelten Gefecht von zwei Stunden mitten in Feuer und Dampf die Bastion im Sturm und ließen die ganze Besatzung über die Klinge springen.

Die Freiwilligen taten bei der Sache das ihrige, hatten aber auch ihren Anteil am Verlust. Denn von 37 blieben 13 oder 14 außer den Verwundeten, unter denen auch ich war. Denn ich bekam durch den Stoß einer Hellebarde eine mehr beschwerliche als gefährliche Wunde in meinem Arm, die mir viel Schmerzen machte und mit der ich lange Zeit zu schaffen hatte, ehe sie völlig wieder geheilt war.

Der König empfing uns, als wir herabkamen, am Fuße des Hügels, er nannte die Gemeinen seine tapferen Schotten und lobte die Offiziere noch besonders. Den Morgen darauf wurde auch das Schloß im Sturm genommen, und man fand darin die größte Beute. die bei irgendeiner Eroberung dieses ganzen Krieges jemals gemacht worden ist. Die Soldaten errafften hier soviel Geld, daß sie nicht wußten, was sie damit anfangen sollten, auch wurden sie durch das, was sie hier und in der Schlacht bei Leipzig erbeutet hatten, so widerspenstig gemacht, daß sie auf keine Weise hätte in Schranken gehalten werden können, wenn der König nicht in der Kriegszucht der beste Meister von der Welt gewesen wäre.

Der König hatte unsere kleine Schar Freiwillige beobachtet, und obwohl ich nicht glaube, daß er mich gesehen, so schickte er doch des Morgens darauf nach Sir John Hepburn und fragte ihn, ob ich zur Armee gekommen wäre.

Majestät, er ist schon seit zwei oder drei Tagen hier, sagte Sir John und wollte anfangen sich zu entschuldigen, daß er mich noch nicht vorgestellt.

Ich wundere mich, unterbrach ihn Se. Majestät plötzlich, wie Sie zugeben konnten, daß er sich in Unternehmungen stürzt, die so verzweifelt sind wie diese Erstürmung. Sagen Sie ihm, daß ich ihn gesehen habe, und daß ich sehr gut über sein Verhalten unterrichtet bin.

Sir John kam augenblicklich zu mir, erzählte mir, was vorgefallen, und drang in mich Sr. Majestät den nächsten Morgen aufzuwarten. Auch begleitete ich ihn, wie verabredet worden war, zum Levée auf das Schloß, obwohl ich wegen der Schmerzen, die mir meine Wunde verursachte, eine sehr schlechte Nacht gehabt hatte.

Ich kann nur eine kurze Beschreibung von den Reichtümern geben, die an diesem Morgen den Schweden in die Hände fielen. Das Schloß war von den Leichen gesäubert worden, und zu dem, was die Soldaten nicht geplündert hatten, wurde eine Wache gestellt. Man fand vor allem ein Magazin von sehr guten Waffen für 20 000 Mann Infanterie und 1000 Mann Kavallerie, einen sehr schönen Artilleriepark von 18 schweren Geschützstücken, 32 metallenen Feldstücken und vier Mörsern.

Der bischöfliche Schatz und andere öffentliche Gelder, die nicht in die Hände der Soldaten gefallen waren, beliefen sich auf bare 400 000 Gulden, und außerdem brachten noch die Bürger der Stadt in einer feierlichen Prozession mit entblößten Häuptern dem König drei Tonnen Gold, als eine Art Ablösung von der Brandschatzung, damit die Stadt vom Plündern verschont bliebe.

Man fand auch einen Stall voll schöner Pferde, so daß der König die Neugierde hatte selbst hinzugehen und sie zu besehen. Als die Prozession der Bürger vorbei war, kam der König herunter in den Schloßhof, ging auf den Paradeplatz, auf welchem die schwere Artillerie auf den Lafetten aufgeführt stand, besah dann rundherum die Mauern und gab Befehl, die Bastion wieder herzustellen, welche die Schotten im Sturm erobert hatten.

Als Se. Majestät auf den Paradeplatz kam, machten Sir John Hepburn und ich unsere Verbeugung. – Sieh da, Ritter, ich freue mich Sie zu sehen! Der König ging weiter, und ich machte eine tiefe Verbeugung.

Als der König alles besucht hatte, ging er wieder hinauf in sein Quartier, Sir John und ich warteten in einem Vorzimmer. Nach Verlauf einer Viertelstunde kam einer von den Kammerjunkern heraus zu Sir John und sagte, der König wolle mit ihm sprechen. Sir John war noch nicht lange beim König, als er wieder zu mir herauskam und mir sagte, er habe Befehl, mich zum König zu führen.

Se. Majestät unterbrachen meine Anrede und fragten mich mit einem sehr gnädigen und leutseligen Ton, wie ich mich befände, und als ich darauf bloß mit einer Verbeugung antwortete, sagte der König, es täte ihm leid zu sehen, daß ich verwundet worden wäre, und wenn er gewußt hätte, daß ich wieder ins Lager gekommen wäre, hätte er gewiß Befehl gegeben, daß ich mich nicht in einem so verzweifelten Unternehmen hineinwagen sollte.

Eure Majestät, antwortete ich demütig, erzeigen mir zuviel Gnade durch die Sorge um mein Leben, da ich bis jetzt noch nichts getan habe, das mich einer so besonderen Aufmerksamkeit würdig gemacht hätte.

Ihre Majestät geruhten hierauf mir wegen meines Verhaltens in der Schlacht bei Leipzig etwas sehr Gnädiges zu sagen, das die Bescheidenheit mir verbietet hier niederzuschreiben.

Ich gab zur Antwort, ich wüßte mich nicht zu erinnern, daß ich in meinem Dienst irgend etwas getan hätte oder noch tun könnte, das mich in den Stand setzte, auf eine so auszeichnende Gnade Anspruch zu machen.

Dem sei wie ihm wolle, sagte der König und reichte mir die Hand zum Kusse. Ich habe Befehl erteilt, daß Ihnen ein kleiner Beweis meiner Aufmerksamkeit gegeben werden soll.

Ich, der ich nun ganz hingerissen war und mich in einer Art von Überraschung befand, sagte Sr. Majestät, ich würde sowohl durch diese gnädige Gesinnung Sr. Majestät als auch durch meine eigene Neigung so sehr gefesselt, daß, wenn Sie geruhen wollten, meine untertänigsten Dienste anzunehmen, ich bereit wäre, in Ihrer Armee, oder wo es Ihnen sonst gefiele, zu dienen.

Mir dienen ist recht gut, sagte der König, aber als Musketier brauche ich Sie nicht, das verrichtet ein armer Soldat um einen Taler die Woche. – Sir John, setzte der König hinzu, lassen Sie ihm eine Bestallung ausschreiben, so wie er sie verlangt.

Keine Bestallung, Majestät, würde meinen Wünschen mehr entgegenkommen als diejenige, welche mir die Erlaubnis gibt, in der Nähe Eurer Majestät Person zu fechten und so lange auf meine eigenen Kosten zu dienen, bis ich durch mehr Erfahrung in den Stand gesetzt worden bin, wichtigere Aufträge anzunehmen.

Nun, so mag es dabei bleiben, sagte der König, und Ihnen, Hepburn, gebe ich hiermit den Auftrag, daß Sie es mir sogleich melden, wenn sich irgendeine Gelegenheit bietet, die ihm entweder gefällt oder für ihn paßt. Der König reichte mir hierauf noch einmal seine Hand zum Kusse, dann entfernten wir uns.

Ehe wir noch aus dem Schloßhof waren, kam uns einer von des Königs Pagen nach und brachte einen schriftlichen Befehl vom Könige an Sir John Hepburn. Er betraf Dinge, die mir auf des Königs besonderen Befehl von dem Stallmeister unverzüglich gegeben werden sollten. Wir gingen zu ihm, und einer von den Unterstallmeistern, der zugegen war, übergab mir einen sehr schönen Wagen mit vier Pferden nebst Geschirr und Zubehör und zwei schöne Reitpferde mit Sattel und Zeug aus dem bischöflichen Marstalle von dem ich oben erzählt habe. Außerdem erhielt ich einen andern schriftlichen Befehl an den Oberaufseher des königlichen Gepäcks, vermöge dessen ich, meine Pferde und drei Bediente auf des Königs Rechnung bis auf weiteren Befehl frei verpflegt werden sollten.

Ich war in einer nicht geringen Verlegenheit, wie ich mich bei dieser so außerordentlichen Gnadenbezeigung eines so großen Fürsten benehmen sollte. Ich fragte Sir John Hepburn um Rat und trug ihm vor, ob es nicht am schicklichsten wäre, unverzüglich umzukehren, Sr. Majestät aufzuwarten und für die mir erzeigte Gnade so gut wie möglich meine untertänigste Danksagung abzustatten. Aber als wir gerade beschlossen hatten, daß dies das beste sei, rief die Garde: Gewehr über! Und wir sahen den König in seinem Wagen zum Tore hinaus nach der Stadt fahren. Für diesmal also mußte ich die Sache aufschieben.

Ich gestehe, daß diese Gnade des Könige außerordentlich und ungewöhnlich war, allein ich muß auch sagen, daß sie mir nachher nicht so seltsam vorkam, als ich seinen Charakter und sein Benehmen gegen die Menschen näher kennen lernte. Güte war ihm von Natur eigen, obgleich er seine Gnadenbezeigungen nur da auszuteilen pflegte, wo er Liebe und treue Dienste voraussetzte. Und eben deswegen, weil er so gesinnt war, pflegte er auf jede einzelne gute Handlung des gemeinsten Soldaten acht zu haben und sie selbst öffentlich bekannt zu machen, zu rühmen und zu belohnen – eine Sache, wovon ich hier ein kleines Beispiel erzählen muß.

Als bei der Stürmung des Schlosses von Würzburg die ganze Abteilung zurückgeschlagen war, bot ein gemeiner Musketier dem Feinde die Stirn, hielt stand und feuerte sein Gewehr ab. Tausend Schüsse wurden auf ihn abgegeben, er stand unbeweglich, hörte nicht auf wieder zu laden und zu feuern und winkte, während er das dreimal hintereinander tat, immer zugleich seinen Kameraden mit der Hand, daß sie wieder angreifen sollten. Seine Kameraden wurden auch durch sein Beispiel ermuntert, griffen wieder an und eroberten dem Könige die Festung.

Nach der Eroberung gab der König Befehl, daß das Regiment aufmarschieren solle, rief den Musketier bei Namen, dankte ihm vor der ganzen Front, daß er ihm die Stadt erobert hätte, und übergab ihm mit eigener Hand 1000 Taler und ein Hauptmannpatent über eine Kompagnie Infanterie, oder wenn es ihm lieber wäre, die Erlaubnis nach Hause zu den Seinigen zu gehen. Der brave Musketier nahm das Patent kniend an, küßte es, steckte es in seinen Busen und sagte zum König, er würde nie seine Dienste verlassen, solange er lebe.

Die Güte des Königs, die von seiner Klugheit geleitet wurde, war die Ursache, weswegen ihm gut gedient wurde, warum er beliebt war und bei seinen Soldaten den striktesten Gehorsam fand. Denn da diese den König überall zum Augenzeugen ihres Verhaltens hatten, so waren sie sicher, wenn sie sich gut betrügen, ermuntert und belohnt zu werden.

Viel mehr als meine Unbedachtsamkeit hatte meine Tapferkeit mich in dem Treffen bei Leipzig so tief ins Handgemenge gebracht, daß fast drei ganze Kompagnien von uns, die wir in der Vorhut von Sir Johns Brigade waren, von unserm Treffen abgeschnitten und von den feindlichen Piken umringt wurden. Auch muß ich gestehen, daß wir mehr durch einen verzweifelten Angriff, den Sir John unternahm, um uns Luft zu machen, als durch unsere eigene Tapferkeit aus dem Gedränge gebracht wurden, obwohl wir auf unserer Seite unser bestes taten. Allein dieser Vorfall, der dem Könige so vorgetragen wurde, daß er sehr zum Vorteile des jungen englischen Freiwilligen gereichte, von dem man vermutlich mehr sagte, als er verdiente, war die Veranlassung zu all der auszeichnenden Gnade, die mir nachher der König beständig erwiesen hat.

Ich hatte um diese Zeit Briefe von meinem Vater erhalten, in welchen er es mir, obgleich nicht ohne Widerstreben, freistellte, wenn ich es für gut befände, in des Königs Dienste zu treten, wobei er mir jedoch zugleich einschärfte, daß ich mich in allen Stücken nach dem guten Rate, oder wie er sagte, nach den Befehlen Sir John Hepburns richten sollte. Er schrieb zu gleicher Zeit an Sir John, dessen Sorgfalt und Aufsicht er, wie er es nannte, seines Sohnes Glück anheimstellte. Beide Briefe zeigte Sir John ohne mein Wissen dem Könige.

Ich trug beständig Sorge, meinen Vater von jedem Umstande zu berichten, und hatte auch nicht vergessen der außerordentlichen Gnade Erwähnung zu tun, die ich bei Sr. Majestät genoß. Mein Vater war dadurch so gerührt worden, daß er bei König Karl dem Ersten bewirkte, daß dieser in einem eigenhändigen Schreiben an den König von Schweden etwas davon einfließen ließ.

Ich hatte Sr. Majestät mit Sir John meine Aufwartung gemacht, um für das prächtige Geschenk meinen untertänigsten Dank abzustatten, und war mit der gewöhnlichen Gnade empfangen worden, und von nun an befand ich mich alle Tage unter den Edelleuten, die für gewöhnlich das Gefolge des Königs ausmachten, und wenn Se. Majestät, wie es sehr oft geschah, einen Ausritt unternahm, oder die Gegend erkundigte, so begleitete ich ihn allemal unter den Freiwilligen, deren ihm immer eine große Menge folgte. Auch geruhte er oft, mich mit Namen aufzurufen und mit mir zu sprechen oder mich bei außerordentlichen Gelegenheiten mit Aufträgen an Städte, Fürsten, freie Reichsstädte und dergleichen abzuschicken.

Den ersten Auftrag, mit dem mich der König betraute, hätte mich beinahe mit einem seiner Lieblingsoffiziere in Verdrießlichkeiten gebracht. Der König war auf dem Marsche durch die Bergstraße am Ufer des Rheins begriffen und hatte, wie jedermann dachte, die Absicht, Heidelberg zu belagern, als er plötzlich Befehl gab, daß eine Abteilung aus seiner Leibwache und fünf Kompagnien Schotten gebildet werden sollte. Während diese Abteilung ausgehoben wurde, berief mich der König zu sich.

Ritter, sagte er, Sie sollen die Abteilung befehligen; hierauf gab er mir den Befehl, die ganze Nacht über zurück zu marschieren, des Morgens bei Tagesanbruch unter den Mauern der Befestigung von Oppenheim zu lagern und mich dort unverzüglich, so gut ich könnte, zu verschanzen. Graf Niels, der Oberst seiner Garde, glaubte sich dadurch in seiner Ehre gekränkt, allein der König nahm die Sache auf sich, und der Graf sagte mir nachher einmal sehr freundlich: Wir haben einen Herrn, über den man gar nicht unzufrieden werden kann; ich gestehe es, ich hielt mich für beleidigt, als Sie meine Leute kommandieren sollten, aber wahrhaftig ich wußte nicht, wie ich böse werden sollte.

Ich vollzog meinen Auftrag so pünktlich, daß ich mit Tagesanbruch innerhalb eines Musketenschusses von der Festung unter der Bedeckung eines kleinen Hügels, auf dem eine Windmühle stand, Stellung nahm, mich ein wenig verschanzte und zugleich mit einigen meiner Leute zwei andere ein wenig entfernt gelegene Pässe besetzt hatte, so daß das Werk von der Landseite im eigentlichen Sinne blockiert war.

Am Nachmittage machte der Feind einen Ausfall auf meine erste Verschanzung, aber da ich vor ihrem Feuer gedeckt und noch dazu durch einen Graben geschützt war, den ich quer über die Straße hatte ziehen lassen, so wurde er von meinen Musketieren so gut empfangen, daß er sich mit einem Verlust von sechs oder sieben Mann zurückziehen mußte.

Den Tag darauf wurde Sir John Hepburn mit zwei Brigaden Infanterie kommandiert, das Unternehmen fortzusetzen, und hiermit war mein Auftrag zu Ende. Der König erklärte mir persönlich, daß er mit meinem Verhalten vollkommen zufrieden wäre, wie er denn niemals unterließ seine Zufriedenheit laut zu bezeugen, so oft er Ursache dazu hatte. Denn sein Grundsatz war, daß öffentliche Lobsprüche eine sehr große Aufmunterung zur Tapferkeit wären. Während Sir John Hepburn vor der Festung lag und Anstalten machte sie zu stürmen, hatte der König die Absicht, über den Rhein zu setzen, aber die Spanier, welche in Oppenheim lagen, hatten alle Schiffe versenkt, die sie hatten aufbringen können. Endlich wurde dem Könige entdeckt, wo noch einige Fahrzeuge lägen, und er ließ sie sogleich mit der größtmöglichen Geschwindigkeit heranschaffen, worauf er in der Nacht vom 7. zum 8. Dezember ungefähr drei englische Meilen von der Stadt, an einem Orte, wo er vor aller Gefahr sicher zu sein glaubte, sein Regiment Garde übersetzen ließ. Allein kaum waren sie gelandet, so wurden sie, noch ehe sie sich hatten in Ordnung aufstellen können, durch ein Korps spanischer Reiter angegriffen. Und hätte nicht die Finsternis ihnen Gelegenheit gegeben, sich in einzelnen kleinen Abteilungen hinter die Hecken zurückzuziehen, so wären sie in großer Gefahr gewesen in Unordnung zu geraten. Allein auf diese Art gewannen sie Zeit, die Wege und Zäune so mit Musketieren zu besetzen, daß diejenigen, die noch zurück waren, sich unterdessen in Ordnung aufstellen konnten, worauf die Kavallerie mit einem solchen Musketenfeuer begrüßt wurde, daß sie es für ratsam hielt sich zurückzuziehen.

Der König war äußerst ungeduldig, als er hörte, daß seine Leute im Handgemenge wären, besonders da keine Fahrzeuge vorhanden waren, um frische Mannschaften zu ihrer Unterstützung überzusetzen. Endlich nachts gegen elf Uhr kamen die ersten Fahrzeuge zurück. Der König warf ein anderes Regiment hinüber und beschloß, obwohl alle seine Offiziere widerrieten, in eigener Person mit überzusetzen.

Es waren gerade an diesem Tage drei Monate seit der Schlacht bei Leipzig vergangen, und während dieser Zeit, die noch obendrein zum großen Teile in den Winter fiel, hatte sich das Glück der schwedischen Waffen von der Elbe an, wo sie Sachsen von Brandenburg trennt, bis in die Unterpfalz und an den Rhein hin ausgebreitet.

Ich setzte mit dem Fahrzeug über, auf welchem sich der König befand, und nie habe ich ihn in meinem Leben in so großer Schwierigkeit wie damals gesehen, da er seine Leute in unmittelbarer Gefahr sah. Allein ehe wir noch ans Ufer kamen, hatten sich die Spanier zurückgezogen, der König landete, stellte die Seinigen in Ordnung auf und traf Anstalten sich zu verschanzen. Unsere Fahrzeuge waren wieder abgestoßen, und die Spanier, welche nicht wußten, daß mehrere von unsern Truppen gelandet waren, welche sich von Oppenheim aus verstärkt hatten, kamen zurück und griffen mit der größten Wut an. Allein alles war nunmehr in Ordnung, und sie wurden sehr ernstlich empfangen und zurückgeschlagen.

Sie machten noch einen dritten Versuch und fielen uns wiederholt an, allein als sie zuletzt fanden, daß wir ihnen überlegen waren, so beschlossen sie sich zurückzuziehen.

Während der Zeit war noch ein Regiment Fußvolk übergesetzt worden, und sobald der Tag anbrach, marschierte der König mit drei Regimentern vor die Stadt, welche sich auf die erste Aufforderung hin Sir John Hepburn ergab.

Da sich die Befestigung noch mit einer Besatzung von 800 Spaniern hielt, so ließ der König 200 Schotten von Sir James Ramseys Leuten in der Stadt und rückte aus, um das Werk anzugreifen. Weil Sir James verwundet in Würzburg zurückgeblieben war, so übergab mir der König das Kommando über diese 200 Mann, die zusammen ein Regiment, das heißt, was von einem tapferen Regiment von 2000 Soldaten übrig blieb, ausmachten, welches der König unter der Anführung eines braven Obersten aus Schweden mitgebracht hatte.

Es waren in demselben noch 30 Offiziere, die zwar keine Gemeinen unter sich hatten, aber doch in Sold standen und bei dem Regimente als Freiwillige dienten und die bei den 200 Mann nicht mitgerechnet sind.

Der König wollte das Werk an der niedrigeren Seite von der Straße, die nach Mainz führt, angreifen, und Sir John Hepburn, der auf der andern Seite gelandet war, rückte an, um es am Rheintore zu bestürmen.

Meine schottischen Freiwilligen hatten bemerkt, daß das Stadttor nicht so gut besetzt war wie die übrigen, weil aller Augen der Besatzung auf den König und auf Sir John gerichtet waren. Sie kamen in größter Eile zu mir und sagten, sie glaubten, daß sie mit dem Degen in der Hand ins Schloß eindringen könnten, wenn ich ihnen die Erlaubnis dazu geben wollte.

Ich sagte ihnen, ich dürfe dazu keinen Befehl geben, weil mein Auftrag nur auf die Verteidigung der Stadt lautete, allein da sie nicht aufhörten mich zu drängen und endlich ganz ungestüm wurden, so sagte ich ihnen, sie wären Freiwillige, sie könnten tun, was sie wollten, ich wollte ihnen jedoch 50 Mann mitgeben und die übrigen in Bereitschaft halten, um sie zu unterstützen oder ihnen Luft zu machen, wenn sich die Gelegenheit so machte, daß ich die Stadt nicht dabei der Gefahr preisgäbe.

Das war alles, was sie verlangten; sie machten unverzüglich den Angriff, die Freiwilligen erstiegen in einem Augenblicke mit Sturmleitern das Tor, ließen die Wache über die Klinge springen, sprengten das Tor auf und ließen die 50 Mann, die ich ihnen mitgegeben hatte, hinein. Sobald ich das sah, ließ ich alle Tore der Stadt verschließen außer demjenigen, das zur Festung führte, ließ an dieser letzteren 50 Mann als Reserve zurück und rückte mit den übrigen 100 Musketieren aus. Die Bürger, welche sahen, daß das Schloß so gut wie erobert war, ergriffen gleichfalls die Waffen und folgten mir ungefähr 200 Mann stark nach.

Die Spanier wurden von den Schotten zu Boden geschlagen, noch ehe sie wußten, woran sie waren, und der König und Sir John Hepburn, welche zum Sturm vorrückten, gerieten in Erstaunen, als sie sahen, daß sich die Spanier anstatt einer tapferen Gegenwehr von den Mauern herabstürzten, um der Wut der Schotten zu entgehen. Wenige von der Besatzung entkamen, denn fast alle wurden entweder niedergehauen oder gefangen genommen.

Als das Werk ganz vom Feinde gereinigt war, öffnete ich an des Königs Seite das Tor und benachrichtigte Se. Majestät, daß das Schloß sein wäre. Sogleich kam der König ins Fort – er war zu Fuß – und ich empfing ihn an der Spitze der schottischen Freiwilligen, welche mit den Piken salutierten. Der König zog den Hut vor ihnen ab, drehte sich herum und sagte lächelnd: Tapfere Schotten, brave Schotten, Ihr seid ein wenig zu lebhaft gewesen. Er winkte mir darauf und verlangte, daß ich ihm erzählen sollte, was wir für Maßregeln zur Erstürmung des Forts genommen hätten. Er war außerordentlich damit zufrieden, besonders aber mit der Vorsicht, die ich gebrauchte den Freiwilligen Luft zu machen, wenn sie Unglück hätten, und zu gleicher Zeit für die Sicherheit der Stadt zu sorgen.

Von hier marschierte die Armee nach Mainz, welches in vier Tagen mit Schloß und Zitadelle kapitulierte. Die Stadt bezahlte Sr. Majestät 300 000 Taler, um sich von der Plünderung und der Wut der Soldaten loszukaufen, und der König machte hier selbst den Plan zu den unüberwindlichen Festungswerken, welche Mainz zu einem der stärksten Plätze Deutschlands machten.


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