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Der arme Sigbjörn Obstfelder starb schon bald. Er wurde nur einige dreißig Jahre alt. Not, Gram, Unterernährung machten, daß er hinsiechte und lebenswiderstandslos wurde, und die erste größere Krankheit, die ihn traf, raffte ihn fort. Nachdem der Arme noch die Schrecken einer unglücklichen Ehe erlebt hatte und von der Frau, die er liebte, tägliche Verachtung ertragen mußte, weil er sie nicht ernähren konnte, wurde er todkrank und starb. Die Norweger sehen Obstfelder heute noch als einen ihrer tiefsten Lyriker an, die die Neuzeit hervorgebracht. Der Dichter des Elends und der Traurigkeit ist er gewesen und geworden durch das Elend, das heutzutage jeden armgeborenen Dichter verfolgt. –

Die meisten Völker haben ein Gesetz gemacht, das die Nutznießung der Werke eines Künstlers nur bis dreißig Jahre nach seinem Tode den Nachkommen des Künstlers gewährt. Die Nationen, die sich also ein Nationalrecht auf das Lebenswerk ihrer Künstler zugesprochen haben, haben das Eigentum eines Menschen nach dreißig Jahren als vogelfrei erklärt und als der Nation zugehörig. Die Völker, die dieses Gesetz gemacht und dieses Recht sich zueigneten, haben damit öffentlich kundgetan, daß der Künstler kein außer der Nation und außer dem Volksinteresse stehender Mensch ist.

Und es ist darum nicht bloß anständig, sondern gerecht, zu fordern, daß das Volk, das sich durch den Künstler später auf Jahrhunderte bereichert fühlt, eine Vorausvergütung auf diese zu erwartende Nationalbereicherung dem Künstler bei Lebzeiten zukommen läßt. Und zwar in der Weise, daß die Nation dem Künstler die Arbeit und die Aufnahme von Lebenseindrücken erleichtert. Jedes Künstlers Heimatstadt soll angewiesen sein, den Künstler, der ihr einst Ruhm bringt und ihr einen geistigen Besitz hinterläßt, nicht bloß gnädig zu besolden, sondern diese Stadt soll dem Künstler einen Ehrenunterhalt bieten. Denn angeborenes Künstlertum berechtigt den jungen Künstler, einen Ehrensold zu erwarten und zu empfangen.

Der Einwand, daß soundso viele junge Kräfte vielleicht der Nation keinen Reichtum zurücklassen, indem nach ihrem Tode ihre Werke vielleicht nicht einmal von dreißigjähriger Bedeutung sind, dieser Einwand wird dadurch hinfällig gemacht, daß ein einziger großer Künstler jene hundert und mehr umsonst vom Staate ernährte Künstler aufwiegen würde.

Goethes Geist ist in der deutschen Nation so selten wie Bismarcks Geist und Moltkes Geist. Aber deshalb ernährt man doch viele Offiziere und Staatsbeamte, wenn diese auch keine Bismarcks und Moltkes werden, und bietet ihnen Ehren und Unterhalt, Wohnung und Altersversorgung. Und so viel wie diese Beamtenschar, die der Staat heute ernährt, Versorgungsgelder beansprucht und Würdegelder, so viel wird im Verhältnis nie der Künstler dem Staat kosten. Denn die echten Künstler werden von der Natur vereinzelt geboren und können nicht durch Schulen gezüchtet werden wie Beamte und Offiziere! Also werden sie nie in Massen da sein. Aber die Werte, die hundert von tausend Künstlern hinterlassen, sind immer unschätzbarer und unbezahlbarer als die Werte, die hundert Beamte von tausend Beamten auf Hunderte von Jahren der Zukunftsentwicklung des Nationalgeistes schenken können.

Außerdem soll der Künstler – und jeder echte Künstler wird es so wollen – nicht in Protzerei und Großtuerei vom Staate großgepflegt werden. Sondern es soll ihm verholfen werden zur Bewegungsfreiheit und Heimatsruhe, und es soll ihm Schutz vor Nahrungs-, Gesundheits- und Verpflegungssorgen gewährt werden. Dieses Wenige aber soll ihm in gediegenster und ehrendster Weise zugesprochen werden. Denn des Künstlers Leben, auch des jüngsten künstlerischen Anfängers, bedeutet, sowohl wie seine Werke nach seinem Tode, ein Ehrengut für die Nation.

In den achtziger und neunziger Jahren, in jener Zeit, von der ich hier in meinem Buch «Gedankengut» spreche, waren die Selbstmorde unter den jungen Künstlern in schreckenerregender Weise an der Tagesordnung. Das neue Großstadtleben, das da zum erstenmal von der Maschinenwelt urplötzlich aufgebaut, im Glanz des neuen elektrischen Lichtes, in der Eile des Reiseverkehrs und mit dem Einsetzen des blendenden Nachtlebens, dastand, verwirrte manchen jungen Geist. Ebenso kam dazu die öffentliche Unverhülltheit des bisher unterdrückten Geschlechtslebens, das aus der Verkümmerung und Unterdrückung in einen Geschlechtstaumel umschlug, der nichts mehr mit heiliger, selbstverständlicher, aus der Natur geborener Geschlechtsliebe zu tun hatte.

Dieses Großstadtleben überreizte jährlich viele aufwachsende und ins Leben tretende junge künstlerische Talente mit seinen neuen schwindelnden Freiheiten. Es riß die jungen Künstler aus dem Heimatboden in nervenerschütterndes Getriebe, erweckte maßlose Weltgier und Sinnenbegierde und erfüllte die Künstlerherzen nur mit viel Blendwerk und mit viel krankhaftem Verlangen aufgestachelter Erwartungen.

Der Alkohol spielte dann als Hauptbetäubungsmittel eine große Rolle. Die käufliche Straßenliebe und die herzloseste Abenteuerjagd, die das innerste Verlangen nicht stillen konnte, trieben die zerrütteten Geister junger Künstler entweder ins Irrenhaus oder zur Alkoholvergiftung an oder zum Selbstmord. Würden aber die jungen Künstlerkräfte, die da welthungrig in den Weltstädten zusammenkamen, freie Wege, von Staat und Nation gebotene freie Weltwanderwege gefunden haben, und würden sie auch die Versicherung gehabt haben, daß bei der Rückkehr aus der Fremde ihnen die Heimat immer einen Ehrenruheplatz zu bieten hatte, so wären nicht die Verzweiflung, die Verirrung, der Selbstmord damals so alltäglich geworden.

Ein verrückter Maler, ein verrückter Dichter, ein Malerlump, ein Dichterlump, ein armer Musikernarr – so hörte man und hört man noch heute im Volk die jungen Künstler verächtlich nennen, sie, die vielleicht nicht immer welterschütternde Werke hinterlassen werden, die aber doch meistens alle ehrlich streben und auch mit dem kleinsten Werk Festlichkeit verbreiten können und einen Hauch von seliger Unwirklichkeit in die sich sonst heißlaufende Wirklichkeit des Lebens zu bringen vermögen.

Es ist nicht wahr und es ist eine Selbsttäuschung, wenn eine Nation behauptet, sie könne das Heer der jungen Künstler nicht ernähren. Sie muß es können. So gut wie sie das Muskelheer, das Kriegsheer, vaterlandsfreudig ernährt, muß sie das Geistesheer junger schöpferischer Künstler ernähren.

Die Nation muß die geistigen Förderer, die zur Erhöhung der Lebensfestlichkeit und zur Erhöhung des Lebensmutes und zur geistigen festlichen Erhebung dem Volk geboren sind, mit allen Kräften und allen Ehren von allen Sorgen des Alltagslebens befreien, damit jeder Künstler sein ihm angeborenes festliches Innere, seine ihm angeborene geistige Schöpferkraft in erschöpfendstem Maße betätigen kann. Nur dann darf sich eine Nation vollkommen lebenswürdig nennen, wenn sie sich aufrafft und sorgt, daß ihre Künstler, deren Werke sie später als Nationaleigentum beansprucht, bei Lebzeiten Anspruch haben dürfen auf würdigste nationale Förderung.

Und wenn Heimatgemeinde und Staatsgemeinde Hand in Hand gehen bei der Förderung der Lebensfrage ihrer Künstler, so wird eine Hilfe gar nicht so schwer sein und unmöglich, wie das bis zum heutigen Tag allgemein angenommen wurde. Der Staat allein kann nicht helfen. Er hat auch nicht den Einblick in jede einzelne Künstlernatur. Die Stadtgemeinde aber, die den Künstler geboren hat, trägt die erste Verpflichtung zur ehrenvollen Erhaltung des Künstlerlebens, das in ihren Mauern geboren wurde. Der Staat aber soll das Reisen der Künstler zu Wasser und zu Land durch Reiseerleichterung und Einrichtung von Unterkunftshäusern ermöglichen.

Wie schnell werden dann jene Kaffeehausliteraten ihre Arbeitswege finden und nicht mehr, brütend und zeitvergeudend, ihre Jugend vertrauernd, sich dem Spott des Publikums preisgeben müssen. Wenn jene jungen Künstler frei reisen können, werden sie nicht mehr in ihrer Traumseligkeit bloß die Kaffeehäuser aufsuchen müssen. Ihre Träume werden durch weites Reisen großzügige Weltnahrung erhalten, und später dann, von der Weltwanderung zurückgekehrt, werden sie ihre Heimat doppelt lieben können, werden mehr als in jedem anderen Land die Schönheit der engen Heimat entdecken und werden herzliche Dichter und weise Berater ihrem Volke sein können.

Wenn man aber sagen würde, daß es Jahrhunderte den Künstlern schlecht gegangen ist und Jahrhunderte ihnen ohne Stadt- und Staatshilfe weiter schlecht gehen soll, so ist das eine liederliche und unwissende Antwort. Es ist, als wollte einer sagen: Wir sind Jahrhunderte ohne Eisenbahnen und ohne Telegraphie ausgekommen, wir haben uns Jahrhunderte nicht gegen die Pocken impfen lassen müssen, und die Menschheit hat doch gelebt, jede Neuerung ist ein Unsinn, weil die Menschheit sich ohne Neuheit von selbst durchschlägt oder verdirbt!

Kein ernstes Gehirn und kein ernstes Herz wird einer so menschenunwürdigen Antwort zustimmen können.

Natürlich ist nicht jeder, der einen Reim schreiben kann, ein Dichter. Nicht jeder, der eine Zeichnung nachzeichnen kann, ist ein Maler, und nicht jeder, der ein Instrument spielen kann, ist ein Komponist. Aber jeder Stadt wird es mit der Zeit nicht schwerfallen, in ihren Mauern ihre wirklich schöpferischen Künstler zu entdecken und diese in den Stadthaushalt aufzunehmen.

Bis zu seinem fünfundzwanzigsten Jahr, vielleicht auch noch früher, wird es jedem Künstler möglich sein, den Beweis zu liefern, daß er etwas Eigenartiges schaffen kann. Von dann ab sollte er in die Stadtobhut aufgenommen werden. Wenn nicht der Beweis so auffallend ist, daß er schon mit zwanzig Jahren die Aufnahme erlangen kann. Mit der Aufnahme in den Stadtschutz müßte dann zugleich die Aufnahme in den Staatsschutz verbunden sein.

Und kann ein junger Künstler nicht mit fünfundzwanzig Jahren den Beweis seltener Fähigkeit bringen, so bringt er vielleicht mit dreißig, mit fünfunddreißig, mit vierzig Jahren den Beweis, daß sein Leben ein geistiges Heimatgut und damit ein geistiges Staatsgut bedeutet.

Der Gedanke, nicht ewig dem Elend preisgegeben zu sein, wird einem jungen Künstler, wenn er auch noch nicht den Stadtschutz erlangt hat, mutig und lebenszuversichtlicher machen und ihn vor den großen Bekümmernissen schützen, die seine geistigen Arbeiten benachteiligen. Denn es ist eine traurige Niederträchtigkeit, wenn unverständige Menschen den jungen Künstlern nachsagen, daß, je mehr Not sie leiden müssen, desto besser die jungen Geister arbeiten können.

Das ist gerade so unsinnig und roh gesprochen, als wollte ich sagen: je weniger ich einen Garten pflege, desto mehr Blumen blühen und desto mehr Früchte tragen die Bäume dort.

Die Blumen und die Früchte, die sich unter Mühseligkeiten, ohne Pflege im verwahrlosten Garten durchschlagen müssen durch Unkraut, Insektenfraß und auf vernachlässigtem, ungedüngtem Boden, die werden recht kümmerlich ausfallen im Vergleich zu denen, die auf einem gut gepflegten Gartenstück aufwuchsen.

Der junge Künstler, der sich zum Stadt- und Staatsschutz hin entwickelt, wird in seiner Familie, bei seinen Verwandten und Freunden Achtung erhalten! Und bis zu seinem fünfundzwanzigsten Jahr wird die Familie nicht abstehen wollen, den jungen Künstler wie einen Studenten, den sie danach versorgt weiß, nach Kräften zu unterstützen. Der junge, sonst von seinen Verwandten unverstandene und beargwöhnte Künstler wird der Verachtung enthoben werden durch die Aussicht, daß er nach seiner ersten stärkeren Arbeit dann für die weiteren Arbeiten den Schutz und die Ehrenversorgung der Nation finden wird.

Und sollte es wirklich vorkommen, daß unverdientermaßen einige halbe Talente Unterkunft gefunden hätten, so wäre das Unglück nicht so groß, denn wie viele halbe Beamte und halbe Offiziere ernährt nicht der Staat seit Jahren. Größer ist das Verschulden der Nation, wenn sie die Gesamternte der Kunst nicht heben und steigern will. Denn dadurch wird die Lebensfestlichkeit, der Lebensmut und die Lebenskraft eines ganzen Volkes und seine Weisheit und seine Gefühlswelt niedergehalten.

Was nützt ein stehendes Heer, was nützen alle Offiziere und Beamte, die zum Kulturschutz da sind, wenn in dem Schutzwall, den das Heer und das Beamtentum um die Geisteskraft des Volkes bilden soll, diese Geisteskraft nicht zu gepflegtem Blühen gebracht wird. Denn die höchste Blüte der nationalen Geisteskraft war nie allein das Gelehrtentum eines Volkes, sondern vor allem war es das Künstlertum.

Seht zurück auf die Jahrtausende, was von dem Leben der toten Völker heute noch fruchtbringend zu uns gekommen ist. Es sind das meistens nur die künstlerischen Werke toter Nationen. Mit den Wissenschaften vergangener Jahrtausende können wir nicht allzuviel mehr anfangen, und nur einiges davon wirkt noch befruchtend, während die Dichter und die Künstler untergegangener Nationen heute noch in ihren Werken immer gefühlbefruchtend ewig unter uns weiterleben.

Wir können fast gar nicht daran glauben, wenn wir zum Beispiel ein altes chinesisches Gedicht, ein indisches Lied, ein griechisches Drama, eine ägyptische oder griechische Bildsäule nachempfinden, daß diese Geschlechter, aus deren Zeit diese Werke uns überliefert wurden, vom Erdboden verschwunden sind. Diese Geschlechter haben nur ihren Körper, aber nicht ihren Geist aufgegeben. Denn ihr Geist lebt in den überlieferten Kunstwerken fruchtbringend und unüberwindlich, alle kommenden Zeiten zur Achtung zwingend und an die tote Zeit erinnernd.

Die Künstler sind die unsterblichen Atome der Völker. Was diese Atome taten oder sagten, behält ewige Lebenswärme, wenn es echt gewesen. Denn die Werke der Künstler bilden den Unsterblichkeitsbestand untergegangener Völker.

Und wenn der einzelne Mensch gern an ein Fortleben seines eigenen Lebens und des Lebens seiner Lieben denken möchte, so wird er, wenn er ein ernstes Wesen ist, auch an dem Fortleben seines Volkes, in dessen Mitte sein Leben sich abspielte, beteiligt sein wollen und sich daran beteiligen müssen.

Darum wird es Ehrenpflicht jedes Bürgers sein, daß er mit der Erhaltung des Künstlertums und mit ehrenvoller Verpflegung der Künstler zur Unsterblichkeit der Nation beisteuert. Ebenso, wie jeder tüchtige Bürger zur nationalen Verteidigung mit seinem gesunden Körper und seinen Steuern willig beiträgt. Es wird eine Steuer, zum Nutzen der Künstler den verschiedenen Ständen des Volkes, der Arbeiterklasse, der Beamtenklasse und der Kaufmannsklasse angepaßt, das ganz selbstverständliche und natürliche Mittel sein, zu dem die veredelte und sich selbst achtende Nation greifen muß, um festliche Daseinsberechtigung und künstlerische Unsterblichkeit zu erlangen.

Als eines der vielen tausend Beispiele, die ich bringen könnte, um dem deutschen Volk zu berichten, wie bitter und grausam ein junger Künstler von der Verpflegungssorge gequält werden kann, will ich nur einen der unglücklichsten Fälle aus meinem eigenen Leben erzählen.

Es war eines Tages in Paris. Meine Frau und ich waren schon wieder von Mexiko zurückgekehrt, wo wir gehofft hatten, unter billigen Lebensverhältnissen und fern von dem anspruchsvollen europäischen Leben uns niederzulassen und uns durchzuschlagen. Es war ein Rettungsversuch gewesen, ein Fluchtversuch fort von der Überkultur. Mit dem Rest meines Vermögens hatte ich mir in Mexiko einen Tropengarten kaufen wollen, dessen Ertrag uns ernähren sollte.

Diese und viele andere verzweifelte Versuche, Dichtung und Lebensverdienst zu vereinigen, waren gescheitert, und mittellos befanden wir uns wieder, nach Paris zurückgekehrt, in einem bescheidenen Künstlerhotel im Stadtviertel Montparnasse. Wir wohnten in einem kleinen Zimmer, das wirklich für nicht mehr als fünf Schritte Raum hatte. Aber wir waren verhältnismäßig unbesorgt, und ich dichtete, und wir hofften auf die Hilfe von Verwandten, denen wir geschrieben hatten.

Aber die Antwort blieb aus. Und eines Tages hatte ich kein Kupferstück mehr in der Tasche. In Paris war es uns unmöglich, in eine Wirtschaft zu gehen und auf Stundung zu essen, und es blieb uns auch keine Aussicht, von irgendwelcher Seite Hilfe zu bekommen.

Tonlos und die Verzweiflung einander nicht zeigen wollend, saßen wir, meine Frau und ich, in unserem kleinen Zimmer und hatten nicht gefrühstückt und wußten, daß wir weder Mittag- und Abendessen erhalten würden, und daß wir wahrscheinlich auch, wenn wir nicht vorher verhungert sein würden, das Gasthaus bald verlassen müßten, da wir die Miete des winzigen Zimmers nicht zahlen konnten.

Wir hatten natürlich unzählige Briefe geschrieben nach verschiedenen Seiten, aber entweder abschlägige Antworten oder gar keine Antwort erhalten. Und doch hatte ich viele Bekannte und viele Verwandte in aller Welt und hatte auch mehrere Bücher veröffentlicht, und man wußte, daß ich kein zweifelhafter Anfänger mehr war, denn mein Name war bereits unter die Namen der neuzeitlichen Literatur als bekannt aufgenommen worden. Und doch war dieses Mal, wie so oft vorher und nachher, keine Hand da, die uns Schutz bieten wollte. Denn niemand, fühlt einem Künstler gegenüber, auch wenn dieser schon bekannt ist, eine Verpflichtung, bevor derselbe nicht gestorben ist. Dann erst setzt die Verpflichtung, ihn als Nationalgut zu ehren, die Häuser, in denen er gewohnt hat, mit Tafeln zu versehen, seine Notbriefe zu veröffentlichen, mit rührender und leider mit recht nutzloser Sorgfalt ein.

An jenem grauen Sorgentag, an dem die große Stadt Paris mir wie ein menschenleeres Meer vorkam, auf dem meine Frau und ich vergeblich hilfesuchend hintrieben, fand ich, als ich gegen Abend die Gasthaustreppe hinunterstieg, am Schlüsselhalter neben der Hausmeisterstube bei meiner Zimmernummer ein Telegramm für mich angesteckt.

Ich will das gefaltete Papier öffnen, als meine Frau im selben Augenblick durch die Haustüre von der Straße hereinkommt, da sie auf der Post gewesen und meine Briefe fortgeschickt hatte. Sie sieht das noch ungeöffnete Telegramm in meiner Hand, erschrickt und bittet mich dringend, es nicht zu lesen. Ich verstehe, daß sie irgendeinen Verwandten, von dem es mir peinlich wäre, Hilfe anzunehmen, telegraphisch um Hilfe angegangen hat, und daß dieses nun die Antwort sein muß, der meine Frau mich aber nicht aussetzen will, im Fall dieselbe abschlägig ist.

So deutete ich mir den Schrecken in ihrem Gesicht. Und um sie nicht zu quälen, gab ich ihr das Telegramm ungeöffnet. Wir verließen dann zusammen das Gasthaus und gingen auf dem stillen Boulevard Raspail hin. Und hier erzählte sie mir unter Tränen, daß ihr, nach all den abschlägigen Antworten, nichts anderes übriggeblieben war, als einen ganz außergewöhnlichen, aber notwendigen Ausweg zu wählen. Sie hatte am Nachmittag ihrem Vater, der nicht mehr helfen wollte, nach Stockholm telegraphiert, daß ich plötzlich an einem Hirnschlag gestorben sei! Und sie hatte ihn um Beerdigungsgeld gebeten! – Nun war es uns ganz schauerlich zumute, als wir das Telegramm öffneten, das meines Schwiegervaters Beileid enthielt und zugleich die Meldung, daß tausend Franken für die Beerdigungskosten telegraphisch folgen würden. Ich war tief erschüttert. Niemals ist mir eine Hilfe so schauerlich und grauenhaft erschienen wie diese. Und doch mußte ich meiner Frau recht geben, als sie diesen einzigen Ausweg, den es für uns gab, gewählt hatte.

Wir gingen zum Gasthaus zurück und warteten unter unheimlicher Bedrückung und empfingen eine Stunde später von der Post mein Beerdigungsgeld. Und noch unheimlicher wurde dann die kleine Mahlzeit, die wir in einer kleinen Künstlerwirtschaft, schweigend und mit Tränen kämpfend, einnahmen. Wir waren von der Sorge schon so ernst gemacht worden, daß wir dieses Mal nicht mehr die Kraft hatten, uns von dem empfangenen Geld mit jugendlicher Leichtigkeit zu sättigen.

Als wir zu unserem Gasthaus zurückkehrten, fanden wir dort andere Beileidstelegramme von anderen Familiengliedern meiner Frau aus Stockholm vor. Wir weinten, als läge wirklich ein Toter im Zimmer, so sehr quälte uns noch der Schrecken und die Schmach der Not. Dann mußten wir, um die Sorge der Angehörigen nicht zu lang auszudehnen, zurücktelegraphieren und melden, daß ich wieder am Leben sei, und zugleich schickten wir erklärende Briefe ab.

Aber mein Begräbnisessen, an dem ich selbst teilgenommen hatte, und jene Notstunden, die meine Frau zu dieser verzweifelten Notlüge gezwungen hatten, stehen mir heute noch schaudervoll im Gedächtnis. Nur die tausend jungen Künstler, die sich in ähnlicher Lage befunden haben, werden mir nachfühlen können. Aber den Fluch, der sich einem auf die Lippen drängt, den man erbittert jener Generation zurufen möchte, die nie ihre ganze Kraft eingesetzt hat, um sich der Kunstwerke, die ihr ihre Künstler schenkten, würdig zu erweisen – diesen Fluch verschluckt man am besten. Denn immer ist noch die Annahme möglich – wenn auch die Zeit zur Erkenntnis nationaler Pflichten bei den Völkern damals noch nicht reif war – daß eine bessere Zeit jetzt anbricht, die dem Stand der Künstler gerecht werden muß. Diese Hoffnung tröstet mich und macht mir vergangene Schmerzen allmählich vergessen.

Vorläufig, finde ich, benehmen sich die Nationen dem Künstlerstand gegenüber im großen und ganzen wie Räuber einem Wehrlosen gegenüber. Sie raubten einfach dreißig Jahre nach dem Tod des Künstlers den Nachkommen das Eigentumsrecht der Arbeit des Verstorbenen. Dem sie im Leben nichts gegeben haben, den sie in seiner Jugend keine hilfreiche Hand gereicht haben, keine Mittel und Wege geschenkt – dem nehmen sie auch noch das, was seinen Kindern und Enkeln gebührt, das Eigentumsrecht der väterlichen Arbeit.

Warum fallen nicht die Güter des Adels, warum fallen nicht die erworbenen Vermögen der Reichen, warum fallen nicht die Geschäfte verstorbener Handelsherren nach dreißig Jahren der Nation zu?

Richard Wagner wünschte, daß sein «Parcifal» nur in Bayreuth gespielt würde. Welche Kämpfe hat es jetzt der Familie Wagners gekostet, ihr Eigentumsrecht nach dreißig Jahren verlängert zu erhalten! Dieser Künstler wurde bei Lebzeiten von seinen Gläubigern von Stadt zu Stadt gejagt. Er mußte sich verstecken, wurde in seinen Arbeitsjahren mit Schande und Spott beworfen und steht jetzt als der Herold eines neuen deutschen Musikgeistes, von ganz Europa gefeiert, an der Spitze der deutschen Musikwelt und brachte seinem Volk vor anderen Völkern Ruhm und Ehre.

Und ging es Beethoven anders? Verkannt und versorgt plagte er sich sein Leben lang. Nichts schenkte ihm die Nation. Aber er schenkte seinem Volk seine Kraft, so daß es sich nach seinem Tod das musikstolzeste Volk nennen durfte. Die Nation selbst aber hat nichts für Beethoven getan, als er lebte.

Für die Wehr des Landes sorgt man. Es kommt mir aber vor, als ob wir dicke Gartenmauern bauen, indessen drinnen im Garten die besten Bäume und die besten Pflanzen hungern. Und was nützen die Mauern, was nützt das Heer, wenn die Gartenleitung, wenn die Regierung die besten jungen Pflanzen und jungen Bäume nicht zu pflegen weiß.

Neulich erst hat sich eine ausgezeichnete polnische Malerin, die, tüchtig und anerkannt, von den besten französischen Malern gerühmt wurde, und deren Bilder von verschiedenen Museen angekauft wurden, nach jahrelanger Mühseligkeit, verzweifelt gemacht von Nahrungssorgen, in Warschau vor einen Eisenbahnzug auf die Schienen geworfen.

Die unglückliche Künstlerin war zu einem Besuch nach Hause nach Polen gereist. Vielleicht hoffte sie bei ihren Verwandten Hilfe zu finden oder in der Heimat überhaupt. Aber es scheint, Enttäuschung dort hat ihr den letzten Mut genommen. Und statt in den Zug zu steigen, der sie wieder nach Paris, in die bittere Mühseligkeit fern von der Heimat zurückführen sollte, hat die arme verzweifelte Frau den Tod gewählt und sich vor die Lokomotive geworfen.

Und diese Malerin war kein halbes Talent. Es war ein großes Talent, das mit ihr untergegangen ist. Und die Stadt Warschau hätte stolz sein dürfen, eine solche Künstlerin geboren zu haben. Wenn die Nationen stolz sind auf Völkersiege, so sollten sie noch stolzer sein auf Geistessiege.

In meiner Wohnung hängt ein Bild, das jene Frau gemalt hat. Sie war in Paris Schülerin Carrières gewesen, und sie hatte sogar selbst mit Carrière und einem anderen bedeutenden Pariser Maler eine Malschule eröffnet. Ich kannte sie gut, schon vom Tage an, an dem sie zum erstenmal nach Paris kam, bis zu ihrem Tode, und ich weiß genau, daß keine andere Sorge als die Sorge um den Lebensunterhalt jene Künstlerin in den Tod getrieben hat.

Die arme bedeutende Frau bewohnte ein großes Atelier, und dieser Raum war ihre Lebensstätte. Sie schlief auf einem kleinen Liegestuhl in einem Winkel dieser Werkstatthalle. Aber man soll nicht denken, daß jenes Atelier bunt aufgeputzt war mit weibischem Schmuck. Der große Raum war nur ernste Werkstatt, war die echte Arbeitsstätte eines echten Künstlergeistes. Mit Ausnahme von einigen notwendigen Hausgeräten standen da nur noch eine alte Kommode, ein Klavier und ein paar Tische und Stühle. Außerdem befanden sich nur Unmassen von Bilderrahmen, aufgespannte Leinwänden, Staffeleien und ein kleiner eiserner Ofen in dem arbeitsnüchternen Raum.

Die zarte Gestalt dieser Künstlerin, deren großer Kopf auf einem gebrechlichen lautlosen Körper lebte, sehe ich noch immer mit der Palette in der Hand vor mir. Eine große Palette, hinter der die schmächtige Dame fast verschwand.

Ein paar armselige Tassen ohne Untertassen und ein einziger Teelöffel, der, wenn Besuch da war, herumgereicht wurde, machten ihre wenigen Haushaltungsgegenstände aus. Sie aß täglich kaum mehr als ein Ei oder einen Zwieback und sie trank Tee in der Abendstunde und Tee in der Morgenstunde und Tee in der Mittagsstunde. Manchmal nur besuchte sie mittags eine kleine Arbeiterspeisestube, wo sie einen Teller Suppe aß und ein Brot.

Sie war tief gebildet. Polnische Dichter und polnische Künstler und französische Dichter und französische Maler füllten an Sonntagabenden die ärmliche Pariser Malerwerkstatt, wenn die Polin Empfang hatte. Dann reichte die Künstlerin in ihren wenigen Tassen den Tee herum, schlicht und anspruchslos zwischen ihren Gästen sitzend. Das Echo aller europäischen Kunstbestrebungen und das Echo aller europäischen Dichtergeister lebte in den klugen Meinungen, die an jenen Sonntagabenden in dem wenig erleuchteten riesigen Glasraum zwischen jener Frau und ihren Gästen lebhaft ausgetauscht wurden.

Eine Schwester dieser Malerin studierte in Paris Chemie. Und ich erinnere mich, daß mir eines Tages die Künstlerin, als sie mich malte, mit außergewöhnlich lebhaften Augen erzählte, ihre Schwester sei jetzt in einer chemischen Abteilung in Paris beschäftigt, in welcher man auf künstlichem Wege Diamanten herzustellen versuchte.

«Ach», sagte sie lächelnd, halb ernst, halb spaßhaft, «wenn meine Schwester es lernen wird, Diamanten zu machen –» und sie vollendete den Satz nicht und malte weiter und sah mich nicht an, weil sie schon erschrocken war, sich vielleicht verraten zu haben. Denn sie wollte niemand wissen lassen, wie schlecht es ihr gehe. Sie sagte zu jedermann, daß ihr Vater sie unterstütze. Aber später erfuhr ich, daß sie dieses nur sagte, um nicht bemitleidet zu werden. Sie hoffte auf die künstlichen Diamanten, träumerisch und belustigt!

Nie klagte sie in Worten, aber ihr demütig stilles feines Wesen klagte, ohne daß sie es selbst wußte. So sagte sie einmal an einem eisigen Wintertag lachend zu mir:

«Das große Atelier heizt sich so schwer, und deshalb muß ich mich nachts, um nicht zu frieren, in alle möglichen Teppichlappen und Jacken und Schals einwickeln. Sie würden mich gar nicht wiedererkennen, wenn Sie mich einmal morgens so sehen könnten, wie vermummt ich da bin. Und ich muß immer lachen, wenn ich mich morgens beim Aufstehen zufällig im Spiegel sehe.»

Die arme Künstlerin kehrte jeden Morgen ihre Werkstatt eigenhändig mit den zierlichsten Händen der Welt und heizte selbst den kleinen groben Ofen, um das Geld für die Bedienung zu sparen. Und dabei hingen von ihr unsterbliche Werke im Luxembourgmuseum, und sie hatte bereits verschiedene goldene Medaillen in Londoner und Pariser Kunstausstellungen erhalten.

Ich finde, das polnische Volk hätte weinen und trauern müssen tagelang, nachdem sich jene begabte Frau in Warschau verzweifelt auf die Schienen geworfen hatte. Die Lokomotive, die den zarten und von Entbehrungen geheiligten Körper dieser Künstlerin rasch unter ihren Eisenrädern zermalmt hat, sie, scheint mir, war barmherziger als das Volk, das eine seiner besten Künstlerinnen hat hungern und darben lassen.

Haben denn die Künstler nicht genug mit der Bewältigung ihres Gefühlslebens zu tun, mit der Bewältigung ihrer Weltbetrachtung, mit der Erringung eines ruhigen Künstlerstandpunktes, von dem aus sie nie dagewesene Werke aufbauen müssen! Warum sollen Künstler auch noch die Nahrungssorgen bewältigen, sie, die von der Natur geboren sind zu schenken, Höchstes und Erdentrücktes. Sie, die nicht wie die Beamten und Offiziere in Wiederholungen und vorgeschriebenen Richtungen ihr tägliches Amt erfüllen können. Sie, die nach jedem vollendeten Werk ein neues, ganz anderes, nie dagewesenes Werk beginnen müssen. Sie, die tiefste Sammlung, tiefste Verinnerlichung der Arbeitskräfte vom Gedanken des Geldverdienens trennen muß, weil sonst das Künstlerwerk unrein, unkünstlerisch wird und nicht Ewigkeitswert erreicht und nicht erhebende Kraft spenden kann.

Sie, denen das entstehende Kunstwerk sogar verbietet, an Ruhm und Ehre zu denken, sie, die also nur auf sich hingewiesen, ohne Rücksicht auf ihren Vorteil oder Nachteil, schaffen müssen und auch von der Natur so geboren sind, um nur so schaffen zu können, sie, die nie den Geldverdienst im Auge haben dürfen, damit ihr Auge rein bleibt wie das Auge eines Heiligen oder eines Helden; sie, die so veranlagt sind, so hilflos dem Verdienst gegenüber – ihnen sollte nicht die ganze Nation, die später jene künstlerischen Werke genießt und deren Eigentumsrecht beansprucht und die durch die Künstler mit Ruhm bedeckt wird – ihnen sollte nicht die Nation einen würdigen Platz in ihrer Mitte bei Lebzeiten einräumen können?

Wenn es bis heute nicht in dem Maß geschehen ist, wie es geschehen muß, so sind daran schuld der unaufgeklärte Zeitgeist und eine veraltete Weltanschauung. Aber mit der Anerkennung der Festlichkeit des Lebens werden die Völker nicht anders können – wenn sie ehrlich sein wollen –, als dem nicht nach Geld streben dürfenden Künstlertum freie Entwicklungswege und freie Pflege zu bieten.

Das Volk hatte bisher die falsche Meinung, daß das Künstlertum mit der Leichtlebigkeit, dem Leichtsinn, der Verschwendung und der Unzuverlässigkeit unzertrennlich zusammenhängen müsse, ebenso wie mit der Launenhaftigkeit. Die Leute zucken die Schultern über den Künstler, wenn sie manche seiner Handlungen nicht begreifen, und sagen zwar entschuldigend: «Es ist eben ein Künstler. Der darf das tun. Ein wenig leichtsinnig, ein wenig leichtlebig, ein wenig verschwenderisch, ein wenig launisch, ein wenig unzuverlässig darf er schon sein. Es ist ein Künstler.» Aber man verachtet trotzdem die künstlerische Sorglosigkeit.

Ich frage: in welchem Stande fänden sich nicht obige Eigenschaften? Wer kann mir einen Stand nennen, in welchem nicht leichtlebige, leichtsinnige, verschwenderische, unzuverlässige und launenhafte Leute zu finden wären? Gibt es nicht unter den Offizieren Schuldenmacher, Spieler? Gibt es nicht unter den Kaufleuten, unter den Handwerkern leichtlebige, unzuverlässige, verschwenderische Menschen?

Ich habe am Eingang dieses Buches gesagt, daß dem Künstler, als sechster Sinn, die Sorgenblindheit angeboren ist. Das will aber nicht sagen, daß er die Sorgen nicht sieht und von ihnen nicht mehr geplagt wird wie jeder andere Mensch. Der Künstler hat von der Natur die Kraft bekommen, über die Sorgen hinweg in geistige Erhebung kommen zu können, und so scheint es denen, die das nicht vermögen, als wäre der Künstler bei allen Sorgen leichtsinnig und sorgenlos. Aber da sein Beruf in der Erdentrücktheit liegt, wird der Künstler doppelt schwer betroffen, wenn er von seiner Arbeit, der weltentrückten, zur Wirklichkeit zurückkehrt und statt des Lohnes die Nahrungssorge neben sich sitzen sieht.

Das Volk besoldet seine Priester. Warum? Weil man sagt, sie dienen einem Wesen, das sie nicht bar bezahlt; sie dienen einem Ideal. Und was tun die Künstler anderes? Dienen sie nicht alle dem Kunstideal? Schöpfen sie nicht täglich aus der Unwirklichkeit neue Gefühls- und Hoheitswerte? Und verdienen sie darum nicht, daß ihr ihnen wenigstens denselben Lohn gebt wie euren Priestern, wie euren Bischöfen? –

Ich habe einmal einer Verschwendungsszene in einem Künstlerhaus beigewohnt. Jener Künstler ist jetzt ein vielgefeierter Mann, und sein Name ist berühmt. Aber dieses trug sich vor zwanzig Jahren zu, als er noch jung war und erst an der Schwelle zur Berühmtheit stand.

Er hatte damals noch einen Brotberuf und konnte sich nur nebenbei mit seiner Kunst beschäftigen und litt sehr unter diesem Doppelleben. Eines Abends, als ich sein Haus besuchte, fand ich seine Frau allein mit dem jüngsten Kinde auf dem Arme, und sie klagte mir, halb lachend, halb weinend:

«Sehen Sie, was er wieder gemacht hat! Ist das nicht ein toller Mensch? Gestern hat er seinen Monatsgehalt bekommen, und auf dem Heimweg kam er an einer Teppichhandlung vorüber, in welcher dieser kleine Teppich ausgestellt war. Und denken Sie, dieser Teppich reizte ihn durch seine Farbenzusammenstellung so sehr, daß er sich nicht enthalten konnte, in den Laden einzutreten und den Teppich zu kaufen. Und drinnen im Laden fällt ihm ein wunderbares venezianisches Kelchglas, ein rubinfarbenes, auf, und auch dieses mußte er haben.

Und er legte für beides seinen ganzen Monatsgehalt auf den Tisch. Er ließ sich dann den Teppich zusammenrollen und nahm das Rubinglas dazu und kam vergnügt, als wenn er das Große Los gewonnen hätte, zu mir nach Hause. Dann rollte er den Teppich hier mitten im Zimmer auf und ging am Abend stundenlang jubelnd und entzückt, die Augen auf den farbigen Teppich gerichtet, auf und ab, hin und her. Und dazwischen hielt er den venezianischen roten Rubinkelch gegen das Lampenlicht und freute sich wie ein Kind, dem man eine Blume geschenkt hat.

Warten Sie nur, er wird gleich nach Hause kommen. Dann werden Sie selber sehen, wie er sich benimmt. Aber ich kann ihm nicht einmal böse sein. Er freut sich zu sehr. Ach, sagen Sie nun, was macht man mit solchem Menschen? Sie können sich vorstellen, daß in einem Haushalt, wo Kinder sind, der ganze Monatsgehalt nicht für Teppichfreuden und für ein venezianisches Glas verwendet werden darf.» So klagte die junge ratlose Künstlerfrau.

«Sind Sie ohne Sorge», sagte ich, «es wird ein schönes Kunstwerk, irgendeine künstlerische Eingebung aus dem Teppich und aus dem Rubinglas Ihrem Manne gegeben werden.»

«Ja, das sage ich mir auch», meinte die junge Frau aufatmend, «und das tröstet mich auch. Es ist ja eigentlich auch keine Verschwendung von meinem Manne, da sich solche Ausgaben immer wieder bei ihm künstlerisch umsetzen. Aber augenblicklich hätten wir den Monatsgehalt nötiger gehabt als den Teppich und das venezianische Glas.»

Die Frau des Künstlers hatte verständig als Künstlerfrau und verständig als junge Mutter gesprochen. Die Liebe zu ihrem Mann hatte ihr tiefes Verständnis für seine Handlungen gegeben, und die Liebe zu ihren Kindern gab ihr aber auch zugleich die laute Klage auf die Lippen. Man hörte ihr aber an, sie wußte nicht recht, durfte sie klagen oder nicht. –

Tritt die Verschwendung in anderen Gesellschaftsklassen nicht in wilderer Art auf? Die Verschwendung des Künstlers setzt sich stets in neue Eingebungen um. Die Verschwendung aber in anderen Kreisen bleibt barer Schaden, ohne daß er sich in Gewinn umsetzt. Und wie klein sind im Grund die Verschwendungen, die sich ernste Künstler leisten oder geleistet haben, im Verhältnis zu dem Aufwand, den Offiziere, Beamte und Kaufleute über ihre Verhältnisse wagen!

Auch ist ein ernster Künstler immer mehr von seinem Gewissen geplagt als irgendein anderer Mensch. Und die meisten Künstler, die ich traf, haben weniger Luxusschulden gemacht als Schulden, die den Lebensunterhalt betrafen.

Ich habe aber nie einen ernsten Künstler getroffen, der das Leben nicht schwer genommen hätte. –

Man könnte falscherweise annehmen, ich hätte, wenn ich von ehrender Versorgung sprach, die dem Künstler die Heimatstadt und der Staat bieten sollten, gemeint, man sollte die Künstler äußerlich auffallend ehren. Dieses aber wäre das schrecklichste Leid, was man dem stillen Künstler antun könnte. Es gibt zum Beispiel nichts Störenderes für den echten Künstler, als wenn er mit Nachfragen, Aussprüche zu fällen, Vereinen beizutreten, Bild und Autogramme zu liefern und ähnlichen Verlangen geehrt wird. Möglichst unauffällig, möglichst unsichtbar und möglichst unbeobachtet will und soll der ernste Künstler seine Werke schaffen.

Wohl sehnt jeder Künstler sich nach Beifall und Widerhall und freut sich, wenn seine Arbeiten ihm die Herzen seines Volkes zuführen. Aber nicht in auffallender Ehrung und nicht auf seine Person soll und will der echte Künstler die Anerkennung hingelenkt wissen.

Der Künstler will und soll immer hinter seinen Werken zurücktreten. Nur auf diesem bescheidenen Platz wird er sich ewig fruchtbar fühlen. Darum sichert ihm sein Leben, sichert ihm Wanderfreiheit, nehmt ihm die Alltagssorge ab! Aber krönt ihn erst nach seinem Tode, zerrt ihn nicht bei Lebzeiten aus seiner Verinnerlichung heraus in die verflachende Öffentlichkeit.

In alter Zeit, wenn in Japan der Kaiser in seiner Sänfte durch die Straßen getragen wurde und reiste, da war es bei Todesstrafe verboten, daß ihn das Auge eines seiner Untertanen ansah, ihn, den Sohn des Himmels. Die Menschen mußten sich alle mit der Stirn auf die Erde neigen, und niemand im Volk hatte je den Kaiser gesehen, und nirgends durfte ein Bildnis von ihm hergestellt werden.

Der leitende Gedanke dabei war wohl der, daß das Idealbild, das sich das Volk von einem Sohn des Himmels im Geist gemacht hatte, nicht zerstört werden sollte, und auch der Kaiser selbst mochte nicht von tausend Gaffern in seiner kaiserlichen Ruhe und Würde gestört werden. Und dieses letztere wird jeder echte Künstler dem japanischen Kaiser am besten nachempfinden können.

Wie störend sind heutzutage die Zeitungsumfragen, mit denen die Künstler geplagt und gestört werden. Nur eines Augenblicksreizes wegen, nur um einen leeren Neugierreiz der Masse zu befriedigen, soll der Künstler antworten. Der Künstler sollte immer ein unsichtbarer Schöpfer bleiben dürfen. Und ich denke mir, der allerschönste Nachruhm für einen echten Künstler ist der, daß sein Kunstwerk namenlos groß bestehen bleibt, daß er auf viele Zeiten und Völker befruchtend mit seinem Werke wirkt, aber daß sein Leben hinter dem Werk verschwindet. So daß man in späten Zeiten nichts von ihm weiß und sich über seine Herkunft streitet, da er so bescheiden und unauffällig gelebt hat, daß sein Leben verschwinden konnte hinter seiner starken Arbeit, hinter seiner starken Schöpfung, die erst sein eigentliches Leben, sein unsterbliches, ewiges Dasein bedeutet.

Wir wissen von den Gesängen der «Edda» nicht mehr die Namen der Dichter. Wir wissen vom «Nibelungenlied» nicht mehr, wer es gedichtet hat. Wir wissen von vielen schönen alten Volksliedern nicht mehr, wer sie gesungen hat. Kümmern wir uns darum, wenn wir die Märchen von «Tausend und eine Nacht» lesen, nach den Namen der arabischen Dichter zu fragen? Wunderbare Werke reißen uns so fort, daß wir darüber den Dichternamen vergessen.

Und dieses, dünkt mir, ist die allerhöchste Anerkennung für einen Dichter, wenn seine Werke so blind hinreißend die Menschen packen können, daß seine Werke selbständige Welten wurden, und daß nur des Dichters Nation, daß nur ihr Name an Stelle des Künstlernamens tritt.

Dieses Vergessen des Künstlers darf aber nicht aus Vergeßlichkeit, aus Rücksichtslosigkeit, aus Geistesbeschränktheit seines Volkes entstehen. Sondern die Kraft seiner Schöpfung muß den Künstler vergessen machen, die Kraft der Hingabe an das Kunstwerk, die Kraft, die das Kunstwerk so überwältigend gestaltet hat, daß man den Dichter deutlich zu kennen, zu sehen, zu hören glaubt und dabei ganz vergißt, nach seinem Namen zu fragen.

Nur so soll diese höchste Anerkennung entstehen. Man ist dann dem toten Künstler viel näher und ist ihm näher noch, als sein eigener Name ihm gewesen ist. Man wird eins mit ihm in Körper und Geist, als wäre man selbst der Schöpfer jener Kunstwerke.

Die Persönlichkeitsvergötterung, die heutzutage getrieben wird mit lebenden Künstlern, ist, so wohlgefällig sie im Augenblick für beide Teile sein kann, im letzten Grunde kunstfeindlich. Nur die Kunstwerke sollten gefeiert werden. Für das Leben des Künstlers aber soll in unauffälliger, ehrerbietiger Weise von Heimat und Staat gesorgt werden. Des Künstlers Person aber soll nur dadurch geehrt werden, daß man den Künstler ungestört, unbelästigt von vergötternder Neugierde, unbelästigt von äußerlichen, persönlichen Ehrungen sein Lebenswerk vollenden läßt. Denn der Widerhall, die Nachricht wie seine Werke wirken, wird immer zu ihm dringen, und dies wird und soll ihm genügende Befriedigung sein. Und das Bewußtsein, daß er stillschweigend, mehr und mehr als der Stolz seiner Stadt und als der Stolz seines Landes mit anderen Künstlern zugleich gepriesen wird, muß ihm genügen, wenn er sich ernst nimmt.

Heutzutage leben fast die meisten Künstler, aus ihrer Heimat entwurzelt, einer Großstadtkunst ergeben. Denn ihr Weltdrang wurde in den jungen Jahren nicht genügend befriedigt. Und statt daß sie von aller Welt Lebenseindrücke aufnehmen können, müssen sie in den Kaffeehäusern der Großstadt oder im Großstadtgetriebe Kreise bilden und sich dort zusammenhalten, um sich leben zu fühlen.

Da die Nation den Heranwachsenden keine Hand zum Vorwärtskommen, zum Weltbetrachten bot, nicht durch Reiseerleichterung, nicht durch Unterkunftshäuser, nicht durch Heimatsverpflegung, so bildeten sich in den Großstädten unter den entwurzelten Künstlern jene kommenden und gehenden, hastigen, neuheitswütigen Kunstrichtungen aus. Denn die jungen Männer wurden unruhig, angepeitscht vom beirrenden Großstadtgetriebe, hastig im Ausdenken neuer Kunstwerte. Ich erlebte eine ganze Reihe solcher kommender und schwindender Kunstrichtungen in den jetzt bald fünfundzwanzig Jahren meiner Erfahrung.

Die Zeitbetrachtung aber wird in späteren Jahrhunderten nur feststellen, daß um die Wende des zwanzigsten Jahrhunderts, ähnlich wie um die Wende des achtzehnten Jahrhunderts, eine sich neubildende Weltanschauung die Künstler zu neuen Formen in der Dichtung, wie in der Malerei und der Musik kommen ließ.

Und dann wird auch dieses einmal vergessen werden, und es werden nur einzelne Lieder, einzelne Kunstwerke dastehen, und man wird, um ihre Entstehungszeit zu bezeichnen, sich kurz fassen, wie man von diesen und jenen Volksliedern heute sagt: «Sie sind aus dem zehnten oder zwölften Jahrhundert entstanden», oder, «sie sind um die Zeit Karls des Großen entstanden.» Dieses wird dann die reinliche Ausscheidung des Bleibenden von dem Nebensächlichen sein. Von den Geburtswehen verschiedener Kunstrichtungen wird man nichts mehr wissen oder nicht viel danach fragen. Das Kunstwerk allein soll wie ein kleiner oder großer Stern am Himmel der Vergangenheit stehen.

Das Sichzusammenschließen der Künstler, das Richtungen hervorbrachte, die schnell auftauchten und schnell von neuen Richtungen abgelöst wurden, trat wohl niemals so stark auf als in den neunziger Jahren. Die wichtigsten aller dieser Richtungen aber blieben der Naturalismus und die Neuromantik, die sich gegenseitig den Rang streitig machen wollten. Zwei große Gegensätze kämpften damals unter den Künstlern.

Der Naturalismus hat das Wirklichkeitserleben der Dichter geschult, und dann kam später wieder Schulung der Gedanken- und Phantasiewelt hinzu, die man zu Anfang der neunziger Jahre vor lauter Schwelgen im Wirklichkeitserkennen versäumt hat.

Ich glaube aber, daß literarische Richtungen nie mehr so hastig auftauchen werden wie damals, keine sich überstürzenden Richtungen mehr einander ablösen werden, sondern daß ein selbstverständliches, geistvolles Erzählen und ein ganz selbstverständliches Liedersingen, jedem Land angepaßt und jeder Provinz angepaßt, im ganzen Reich einsetzen wird, sobald Dichter und Volk wieder eine feststehende Weltanschauung bekommen haben.

Die christliche Weltanschauung war einmal ein künstlerisch befruchtendes Ideal und hat einmal Künstler und Volk eng zusammengeführt. Und auch in heidnischer Zeit, als die Götterideale bestanden, sind Künstler und Volk einheitlich begeistert worden.

So wird auch die Anschauung von der natürlichen Festlichkeit des Lebens, von dem Bewußtsein, daß wir alles besitzen und alle uns besitzen, zugleich mit der Erkenntnis, daß wir im tiefsten Grunde Schöpfer und Geschöpf, unwirklich und wirklich sind und Festgeber und Gast des Lebensfestes sind, ein einheitliches künstlerisches Ideal werden können. Denn diese Weltanschauung wird in einem Volke oder in allen Völkern der Erde, wenn sie Fuß gefaßt hat, die Herzen und die Gehirne des Menschen festlich kunstfreundlich erwärmen und erleuchten. Dann werden nicht mehr nach zwei, drei Jahren Kunstrichtungen auftauchen, Künstler und Volk verwirrend.

Dann werden Künstler und Volk sich nicht mehr entfremdet sein. Dann wird wieder stillschweigendes Einverständnis zwischen Künstler und Volk herrschen, wenn die Menschen – welche die Festlichkeit des Weltallebens und ihres eigenen Lebens anerkannt haben – nicht mehr nur die Welt als ein Jammertal oder als einen Durchgangsaufenthalt zum besseren Leben betrachten, sondern Zeit zum Kunstgenuß finden, und Zeit haben werden zur künstlerischen Vertiefung in alles Weltalleben.

Jedes so aufgeklärte Volk wird mit der dem Künstler angeborenen Festlichkeit Schritt halten können, wenn es sich zu dem Standpunkt aufschwingt, daß alle Leben sich selbst belohnen und selbst bestrafen, daß alle Leben teilhaben an der Allmacht, an der Allwissenheit und an der Unsterblichkeit des Weltallfestes, und daß alle Leben, zu festlichem Dasein zusammengekommen, Festlichkeit schaffen wollen. –

Wie es ein Schaden für das Land ist, wenn Bauern und Landleute in großen Massen die Dörfer verlassen und, statt Landbau zu pflegen, einen Stadtberuf wählen, so ist es ein Schaden für die Kunst und für das Künstlertum, wenn Künstler in Massen ihre Heimatorte verlassen und sich in den Großstädten ansammeln, weil sie glauben, dort ihren Welthunger befriedigen zu können.

Gebt den Künstlern kostenlos Reisefreiheit zu Wasser und zu Land, gebt dem Künstler sein Heimathaus in der Vaterstadt oder in ihrer Umgebung und gebt ihm Unterkunftshäuser – in der Art von Klubwohnhäusern in den Weltstädten –, wo jeder Künstler freie Verpflegung findet. Und er wird bei freier Reisemöglichkeit gar nicht den Drang haben, in den Weltstädten, die ihm im letzten Grund nur vorübergehend zusagen, sich für das ganze Leben dort niederlassen zu wollen. Das heißt, wenn er nicht selbst in einer der Großstädte geboren und dort zu Hause ist.

Die Möglichkeit, verschiedenste Länder und Weltstädte kostenlos besuchen zu können, und die Möglichkeit, kostenlos zur Bereicherung des Weltüberblickes große Seereisen machen zu können, alles dieses wird den Künstler nicht mehr heimatentwurzelt, sondern heimatsansässig machen, wenn er, heimgekehrt von den Reisen, die Arbeitsruhe ersehnt.

Wir leben in einer Zeit, die mehr von überzüchteter Großstadtdichtung lebt als von wohlgepflegter Heimatdichtung, welche in verschiedenen Landesteilen aus den verschiedenen Landschaften und verschiedenen Landschaftseelen aufblühen könnte, die aber nichts mit beschränkter Lokaldichtung gemein haben soll.

Man stelle sich vor: eine Provinzbevölkerung wohnt um einen Fluß oder um einen See. Eine andere Bevölkerung ist hauptsächlich auf Wald- und Wiesenland angewiesen. Eine dritte Provinz ist eine Heidelandschaft. Eine vierte liegt an der Meeresküste, eine fünfte liegt im Binnenland, in Bergen bei Bergseen, eine sechste kennt nur Gruben, Bergwerke, Fabriken, eine siebente treibt Ackerbau und hat Weinland und Hügellandschaft.

Wie verschieden ist die eine Bevölkerung von der anderen in jedem Landkreise! Wie verschieden müssen die Männer jeder Provinz denken und arbeiten. Und wie verschieden wird die Frauenschönheit, die im verschiedenen Menschenschlag, im verschiedenen Landeskreis auftritt, vom Künstler besungen und wiedergegeben werden müssen.

Es haben wenige Künstler ihre Heimat so geliebt wie zum Beispiel Fontane seine Mark liebte, und wie der Maler Hans Thoma sein badisches Land liebte. Wie jeder weise Mensch seine Eltern und seine nächste Familie näher fühlt als die Fremden, so wird in jedem Dichter die Heimatliebe zugleich mit der Liebesleidenschaft zu dem Weib, das er sich von irgendwo aus der Welt nach Hause geholt hat, am besten die innigsten und herzlichsten Stimmungen und Bilder aus seiner Dichterkraft auslösen.

Von allen großen Künstlern wissen wir, daß sie gerne gewandert sind. Ich erinnere nur an die Deutschen Walter von der Vogelweide, Dürer, Goethe. Und wie fruchtbar blühte Geist und Herz des Künstlers nach der Wanderzeit. Denkt an Richard Wagner, denkt an Nietzsche. In den jungen Jahren zogen sie alle hinaus und wechselten Ort um Ort. Aber der war nie ein großer Künstler, der nicht endlich seßhaft werden konnte. Und glücklich der, der dann die Seßhaftigkeit wieder in der Heimat finden durfte. –

 


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