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V.

Und gönnten nun wirklich alle Götter und Göttinnen diesem Menschenpar vor Andern ihre Gunst. Asathor hatte solche Freude, daß er mit beiden Händen dreimal auf seine Brust schlagend rief: »ich muß dem Jungen was schenken!« Ging hin, erschlug den Drachen, der Haralds Gau verheert hatte und überzog zur Nacht des Königs Schild, der in der Halle hing, mit den Schuppen des Wurmes: da ward der Schild speer-fest.

Aber das war wohl Odhin's Werk, daß König Frodhi, der, wie wir schon verzeichnet haben, lange geschwankt hatte, von solcher Liebe zu Harald ergriffen ward, daß er König Skadhi's Werbung abwies und Harald seine Tochter verlobte.

Und ward schon der Brautlauf angesetzt auf vierzig Nächte. König Skadhi aber, da er all dies erfuhr, sagte sogleich Harald Krieg an. Wenig fürchtete sich Harald, das könnt ihr glauben.

Und wußte das auch Loki, daß Skadhi dem König von Hördhaland nicht viel werde schaden können.

Loki aber haßte vor allen Menschen Harald und Hilde.

Zwar wußte er nicht um die Weissagung, welche an diesen Ehebund reiche Menschensat für ferne Zukunft knüpfte.

Aber er haßte sie, weil Odhin und Frigg und alle Götter und Göttinnen sie liebten.

Und weil sie Baldur glichen und Nanna. –

Um nun des Pares Hochzeit zu stören, vielleicht Harald zu verderben, schuf er eine neue große Landplage.

Bitter zürnte er Thor, daß dieser den Drachen erschlagen.

Aber Loki wußte in Mörk-Land unter hohem Stein einen andern Lint-Wurm liegen, einen Alt-Drachen aus der Feuerriesen Geschlecht, der nicht nur Flammen, der Gifthauch schnaubte: Eitr-Ormr hieß er.

Dieses Drachen Höhle suchte Loki, in Gestalt eines Finnen, in schwarzem Fell, wie es die finnischen Zaubrer tragen.

Der Wurm, gelbbraun, lag unter gelbbraunen Blättern des Herbstes.

Denn nach seinem letzten Fraß im Spätsommer hatte er sich wieder in sein Lager vor der Höhle gelegt und sich viele Wochen nicht geregt.

Da war das Herbstlaub auf ihn gefallen.

Und Loki that, als ob er, wie er des Weges ging, ihn nicht sehe: aber er sah ihn wohl und trat ihm heftig auf die Spitze des Schweifes.

Auf schrie der Wurm vor Wuth und vor Weh und ebenso rasch hatte er auch schon den Wanderer umringelt mit dem langen Schweif, den dräuenden Rachen vor seinem Gesicht auf klappend.

Da sprach der Finne: »Schone mein, du schimmernd Schöner! Schluckest du mich, schuppiger Schlinger, werd' ich dir wenig Wonne gewähren im mächtigen Magen, ich magerer Mann. Laß mich lieber ledig – um Lösung.«

Der Drache dröhnte: »Schmälich schmerzt mich mein Schweif. Das büßest du bitter, ob ein Bettelbissen du bist. Lumpige Lösung, wähn' ich, würdst du gewähren.«

Da zog der Wanderer aus seinem Ranzen einen Zauberspiegel, wie aus glatten Steinen Finnen ihn schleifen, und bat: »An Schätzen scheinst du, Schlauer, froh dich zu freuen. Wo dein Leib lag, unter braunen Blättern versteckt und Steinen, seh' ich gesammelt Ringe und Reife von gelbem Gold. Aber ich werde dir willig weisen, läßt du mich ledig, siebenfach Solches.«

Und blitzgeschwind hielt er dem Drachen vor des kleinen Auges blinzenden Blick blendend den Spiegel.

Da grunzte vor Gelüste der gierige Giftwurm, der Geifer gerann ihm im Rachen: »Sage, Geselle, wo wohnt auf Erden oder im Himmel dieser herrliche Hort? Wer wacht fein als Wächter, wer hütet als Herr?«

»In Ljos-Land, in Frodhi's Friede, gethürmt ist der Tempel dem blühenden Baldur: dort auf dem Altar schlummert der Schatz. Sein wachet und waltet der graue Greis, Frodhi, der fromme, aber marklose Mann.«

»Und ob Odhin der Arge und oben von Asgardh alle die Asen schirmten den Schatz – ich mache ihn mein! – Du, winziger Wicht, renne und rette dein lumpiges Leben.«

Los ließ er den Umringelten.

Und sah ihn gleich darauf nicht mehr.

Nur ein brandrothes Eichhorn huschte, hochsträubend die buschige Ruthe, aufwärts die Eibe, pfauchend und pfauchend und seelenvergnügt.


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