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Käfer II

Die Schnellkäfer, Schmiede( Elateridae), erinnern zwar in ihrer allgemeinen Körpertracht, durch die gestreckte, schmale und geschlossene Form an die Prachtkäfer, weichen aber anderseits in so wesentlichen Punkten von ihnen ab, daß eine Vereinigung beider unmöglich ist. Der tief in das Halsschild eingelassene Kopf neigt sich stark abwärts, ohne in den meisten Fällen eine senkrechte Richtung einzunehmen, und wird von unten meist durch eine Art von Brustlatz, die verlängerte Vorderbrust, bedeckt. Die elf-, auch zwölfgliedrigen Fühler gelenken nahe dem Vorderrande der Augen ein und sind gezähnt, beim Männchen nicht selten gekämmt, manchmal auch nur fadenförmig. Die Oberlippe ist deutlich, jeder Lappen des Unterkiefers blattartig und bewimpert, die Zunge ohne Seitenzipfel. Wie vorher sind die Gelenkpfannen für die fast kugeligen Hüften der vorderen Beine hinten offen, die Hüften der hintersten blattartig erweitert, nach hinten gerinnt, es fehlen aber überall die Schenkelringe, die bei den Prachtkäfern deutlich entwickelt sind. Die linealen Schienen tragen kurze Endsporen und fünfgliedrige, häufig unten mit lappigen Anhängen versehene Tarsen, der Hinterleib eine gleiche Ringzahl. Eine Eigentümlichkeit zeichnet die meisten Glieder dieser Familie vor allen übrigen Käfern aus. Da sie nämlich infolge ihrer kurzen Beine sich vergeblich bemühen würden, auf diese wieder zu gelangen, wenn sie auf den Rücken gefallen sind, so hat die Natur das Auskunftsmittel getroffen, daß sie ihren Körper in die Höhe schnellen und in der Luft umdrehen können. Hierzu war eine ganz besondere Beweglichkeit zwischen dem Vorderbrustringe und der hinteren Körperpartie sowie ein Fortsatz jenes nach hinten und eine Aushöhlung für den Fortsatz im Vorderrande der Mittelbrust nötig. Will der Käfer diese Vorteile benutzen, so macht er seinen Rücken hohl, Halsschild und Flügeldeckenspitze gegen eine feste Unterlage und den Vorderbruststachel gegen den Vorderrand der Mittelbrust stemmend; indem er nun durch die starken Brustmuskeln letzteren von hier ab in seiner Grube schnellt, was mit einem knipsenden Geräusch erfolgt, wird der ganze Körper in die Luft gefedert, dreht sich hier um und fällt auf die Beine nieder; gelingt es bei ungünstigen Stützpunkten nicht das erste und zweite Mal, so wiederholt der Käfer das Schnellen so oft, bis er seinen Zweck erreicht hat.

Man kann ihn sehr leicht zu solchen Seiltänzerstückchen veranlassen, wenn man ihn mit dem Rücken auf die flache Hand legt. Während man ihn zwischen den Fingern hält, fühlt und sieht man die heftigen Bewegungen des hin- und herschnellenden Halsschildes und hört wohl auch das knipsende Geräusch; er führt also zwischen unsern Fingern die eben beschriebenen Bewegungen aus, die er mithin immer anzuwenden scheint, wenn er sich aus einer peinlichen, der Hilfe bedürftigen Lage befreien will. Er erkennt in ihr und in den kurzen Beinchen seine einzigen Rettungsmittel; denn fühlt er erst den Boden unter letzteren, so läuft er eiligst davon und sucht sich zu verkriechen, wo und wie es eben gehen will. Auf seine Flügel verläßt er sich bei den Fluchtversuchen nicht, braucht dieselben vielmehr im warmen Sonnenschein, um von honigspendender Dolde zu Dolde oder von Blume zu Blume anderer Art zu gelangen, oder um an warmen Abenden sein anderes Ich aufzusuchen. Hinsichtlich ihrer Lebensweise zeigen die verschiedenen Arten andere Gewohnheiten. Diese treiben sich am Boden umher, besuchen Blumen, um Honig zu lecken, und zeigen sich um so lebendiger, je wärmer die Sonne scheint; jene wählen Sträucher und deren grüne Blätter zum Aufenthalte und finden sich daher mehr im Walde als auf Wiesen und Feld; kommt man ihnen zu nahe, so lassen sie sich mit angezogenen Beinen zur Erde fallen und sind dann meist, trotz der sorgfältigsten Nachforschungen, für immer dem Auge entschwunden. Noch andere stecken bei Tage hinter der Baumrinde oder klemmen sich zwischen die harzigen Knospenteile der Nadelhölzer, wollen überhaupt von einem sehr geübten Auge gesucht sein. Sie alle kommen bei uns im Frühjahre mit dem jungen Grün oder später und verschwinden gegen den Herbst nach und nach wieder, sei es nun, daß sie bis dahin ihre Art fortgepflanzt haben und nun von der Bühne abtreten, sei es, daß sie als jungfräuliche Käfer die winterliche Zeit in Erstarrung erst vorüberlassen wollen, ehe sie dem Brutgeschäfte obliegen. Man kennt bis jetzt erst von wenigen die Entwicklungsgeschichte, aus der ein mehrjähriges Leben im Larvenzustande hervorgeht.

Die bekannt gewordenen Larven sind wurmförmig, walzig und schwach niedergedrückt, durchaus mit festem und glänzendem Chitinpanzer umschlossen und sechsbeinig. Sie haben auf den ersten Blick große Ähnlichkeit mit dem allbekannten » Mehlwurm«, also mit der Larve des später zu besprechenden Mehlkäfers ( Tenebrio molitor). Wer beide nebeneinander sieht, bemerkt aber sofort einen wesentlichen Unterschied zwischen der Bildung und Stellung des Kopfes. Die Schnellkäferlarven tragen den flachgedrückten, auf dem Scheitel ausgehöhlten Kopf gerade vorgestreckt. Auf seiner Unterseite zeichnet sich derselbe durch drei gestreckt viereckige Streifen aus, die in einem tiefen, bogenförmigen Ausschnitte des Schädels nebeneinander liegen; die beiden äußern, nach vorn sich verbreiternden stellen den Stamm der Kinnladen, der mittelste das Kinn dar. Durch die Bildung des letzten Leibesgliedes scheinen hauptsächlich die Artunterschiede bedingt zu sein. Diese Larven laufen gewandt und leben versteckt in der Erde oder im mulmigen Holze, oder bohrend in verschiedenen abgestorbenen, aber auch lebenden Pflanzenteilen, von denen sie sich ernähren, wie beispielsweise von Hutpilzen, saftigen Wurzeln und Knollen, so daß einige unsern Kulturpflanzen nicht unerheblichen Schaden zufügen. Auch verschmähen sie tierisches Fleisch nicht und fressen sich untereinander auf, wenn sie eng beisammen sind und Mangel an anderer Nahrung leiden, oder bohren sich dann und wann in andere Insektenlarven ein. Am letzten Aufenthaltsorte erfolgt ebenso versteckt, wie die Larve lebte, die Verwandlung in eine schlanke, ungemein bewegliche Puppe, die in einer Erweiterung der umgebenden Erde oder des faulen Holzes ohne Zweifel nur kurze Zeit ruht.

In den Sammlungen finden sich gegen dreitausend Arten, von denen manche weder beschrieben noch benannt sind. Sie breiten sich über alle Erdteile aus, sind in den warmen und heißen Gegenden zahlreicher und zum Teil wesentlich größer und prächtiger als in den gemäßigten, in ihrer Gesamtheit jedoch nur von mittlerer Größe und eintönig in ihrer Färbung, so daß zwischen ausländischen und heimischen Arten durchaus der Gegensatz schwindet, den wir in dieser Beziehung bei den Prachtkäfern kennengelernt haben.

siehe Bildunterschrift

Mäusegrauer Schnellkäfer ( Lacón murinus)

Latraille vereinigte die Schnellkäfer samt den Prachtkäfern und einer beide verbindenden kleineren Familie, den hier mit Stillschweigen übergangenen Eucnemiden, zu der Gruppe der Spitzbrüstigen ( Sternoxia), Linné alle Arten der in Rede stehenden Familie unter dem Gattungsnamen Elater, der heutzutage nur für eine verhältnismäßig kleine Anzahl beibehalten worden ist. Es würde ermüdend sein, hier auch nur einen Vertreter für jede der acht Sippen vorzuführen, welche die Systematiker seit Candèzes klassischer Bearbeitung dieser Familie annehmen, zwecklos, diese Sippen charakterisieren oder überhaupt der wissenschaftlichen Anordnung irgendwie Rechnung tragen zu wollen; es mag genügen, auf einige wesentliche Punkte hinzuweisen, die in ihren verschiedensten Gruppierungen als unterscheidende Merkmale dienen, und dann wenige interessantere Arten näher zu beleuchten. Die ausländischen Arten nehmen eine Reihe von Eigentümlichkeiten in Anspruch, die bei unsern heimischen sehr vereinzelt oder gar nicht vorkommen, wie beispielsweise jederseits eine lange Spalte an der Unterseite des Halsschildes zur Aufnahme der Fühler in der Ruhelage. Dieselbe bildet gleichzeitig die seitliche Grenze der Vorderbrust und den nach unten umgeschlagenen Seitenteilen des Vorderrückens und findet sich höchst selten bei unsern heimischen Arten; eine der gemeinsten führt sie: der mäusegraue Schnellkäfer ( Lacon murinus), ein flacher, breiter Schnellkäfer, der an den Rosen die Blütenstiele befressen und als Larve den zarten Wurzeln der Bäumchen in den Baumschulen schädlich werden soll. Die eben erwähnte Furche darf nicht verwechselt werden mit einer andern, die zu gleichem Zwecke hier und da nahe dem Seitenrande des Halsschildes vorkommt. Die Stellung des Kopfes, ob die Stirn unmittelbar in den vorderen Gesichtsteil übergeht oder durch eine Querleiste von ihm getrennt ist, die Form der Fühlerglieder und die Länge des dritten derselben im Vergleiche zu andern, die Gestalt des Schildchens, der Mangel oder die Gegenwart von Hauptläppchen an gewissen Fußgliedern, die Gestalt der breiten Hinterhüften und anderes kommen für alle Elateriden in Betracht, deren Vorderbrust zu einem Kinnfutterale erweitert und deren Hinterbrust nach vorn abgerundet oder gestutzt ist, während bei der letzten Sippe ( Campylidae) jener »Brustlatz« fehlt und das Hinterbrustbein nach vorn in eine Spitze ausläuft.

 

Der rauhe Schmied ( Athous hirtus) gehört einer namentlich in den kalten und gemäßigten Strichen der nördlichen Halbkugel vertretenen Gattung an und ist eine unserer gemeinsten Arten, die oft in größeren Mengen auf den blühenden Dolden der Wiesen, Weidenheger und Feldraine während des Sommers angetroffen wird. Er saugt dort Honig, fliegt unter Mittag und des Nachmittags bei Sonnenschein nach andern Weideplätzen und ist ein vollkommen harmloser Käfer von durchschnittlich 13 Millimeter Länge bei 4,5 Millimeter Breite. Seine Stirn begrenzt ein erhabener, scharf abgesetzter Vorderrand; jedes der mittleren Glieder an den Fühlern ist ebenso lang wie breit und dreieckig, das zweite kürzer als das dritte; das Halsschild ist länger als breit, in der Mitte etwas erweitert, vor den mäßig heraustretenden und spitzen Hinterecken ein wenig eingezogen und gleichmäßig fein punktiert; die kaum breiteren, seicht gestreiften und fein punktierten Flügeldecken runden sich hinten gemeinschaftlich ab. Die Vorderbrust erweitert sich mäßig nach vorn und bleibt ohne Fühlerfurche. Die Hüften der Hinterbeine erweitern sich allmählich nach innen, Füße und Fußklauen sind einfach, das erste Glied ist so lang wie die beiden folgenden zusammen. Der Glanz des schwarzen Körpers wird durch die graue Behaarung etwas gebrochen, es kommen indes auch Stücke mit braunen Flügeldecken zwischen den schwarzen nicht selten vor.

Die Larve des rauhen Schnellkäfers läßt sich nicht, gleich ihm, als harmlos bezeichnen, weil sie, wenn in größeren Mengen an einer Stelle vorkommend, unsern Kulturpflanzen merklichen Schaden zufügt. Sie hat den wurmförmigen Bau aller bekannten Schnellkäferlarven, den charakteristischen Kopf mit den drei langen Vierecken auf der Unterseite, die sechs kurzen Brustbeine und eine derbe rötlichgelbe Chitinbekleidung, ist aber etwas platt gedrückt und mit vereinzelten Borstenhaaren besetzt. Der erste der zwölf Körperringe erreicht die doppelte Länge jedes der unter sich gleichen übrigen Ringe; über alle zwölf läuft ein seiner Längseinschnitt in der Rückenmitte. Das letzte, sich kaum verschmälernde Glied ist an den Seiten gekerbt, auf seiner Rückenfläche platt gedrückt und durch seichte Runzeln uneben, am Hinterrande mehr als halbkreisförmig ausgeschnitten, so daß jederseits des Ausschnittes ein dreizähniger Hornfortsatz gewissermaßen zwei Anhängsel bildet. Zwei Zähne jedes dieser viereckigen Anhängsel stehen nebeneinander, währen der dritte über dem inneren stehende sich nach oben richtet. Diese drei Zähne Pflegen samt den stumpfen Hervorragungen an den gekerbten und leistenartigen Seiten des Gliedes braun gefärbt zu sein. Der flach gedrückte Bauch liegt etwas tiefer als die leistenartig an ihm lang laufenden Ränder der Rückenschilde, in deren Falten sich die Luftlöcher verstecken, und wird auf dem letzten Gliede von einem die Seitenleisten verbindenden Bogenleistchen eingefaßt. Innerhalb dieser Bogenleiste und dem Vorderrande des Endgliedes öffnet sich der After, welchen die Larve zapfenartig ausstülpen kann und beim Kriechen zum Nachschieben benutzt. Diese an dem soeben beschriebenen Endgliede leicht kenntliche Larve lebt nach Candèzes Erfahrungen hinter der Rinde abgestorbener Bäume, nach den meinigen auch wie diejenige des Saatschnellkäfers in der Erde an verschiedenen Pflanzen, namentlich, wie auch von andern beobachtet worden, an den Zuckerrüben. Wenn sie, wie der Engerling, den Bart und die Spitze der jungen Rübe benagt, so fängt die Pflanze an zu kränkeln, die Rübe bleibt im Wuchse zurück und verliert wesentlich an Zuckergehalt. Die Schädlichkeit dieser Larve, die mit den nächsten Verwandten unter dem gemeinsamen Namen » Drahtwurm« bei den Landwirten bekannt ist, liegt mithin auf der Hand. Über ihre Lebensdauer vermag ich Sicheres nicht anzugeben; entschieden erstreckt sich dieselbe auf mehrere Jahre, wie von allen andern angenommen wird.

Das reiche Mittel- und Südamerika erzeugt in seinen heißen Strichen sehr zahlreiche Arten von Schnellkäfern, die neben der Familieneigentümlichkeit noch die wunderbare Kraft besitzen, wie die Johanniswürmchen im Dunkeln zu leuchten. Man erkennt die großen oder mittelgroßen » Feuerfliegen«, die meist düster braun gefärbt, dicht graugelb behaart und der Gattung Pyrophorus zugeteilt worden sind, leicht an einem etwas aufgetriebenen, wachsgelben Flecke in der Nähe jeder Hinterecke des Halsschildes, von dem aus sich im Leben das magische Licht verbreitet. Die Stirn ist abgestutzt oder abgerundet mit dickem Vorderrande, aber keiner Querleiste versehen; die Augen sind sehr groß, die Fühler vom vierten Gliede ab oder auch gar nicht gesägt. Das quere Halsschild ist meist polsterartig gewölbt und in den Hinterecken zu einer mehr oder weniger kräftigen Stachelspitze ausgezogen. Die Füße sind zusammengedrückt, fadenförmig und unterhalb behaart.

Daß Insekten, die Mutter Natur mit so hervorragenden Eigenschaften ausgerüstet hat, wie die eben erwähnte »Feuerfliege«, die Aufmerksamkeit und Bewunderung derjenigen Menschen auf sich lenken mußte, die nicht mit den Augen eines heutigen Forschers dergleichen Dinge betrachten, darf nicht wundernehmen. Wir finden daher schon bei Moufet (1634) eine große Art leidlich abgebildet und beschrieben. Er nennt den Käfer Cincindela, griechisch Kephalolampis, weil er sein Licht nicht aus dem Schwanze, sondern aus dem Kopfe aussende, und erzählt, was er in den Reiseberichten des Oviedus über ihn gefunden hat, wie folgt: »Der Cocujo, viermal größer als unsere fliegende Art (er hat vorher den Leuchtkäfer Lampyris auch als eine Cincindela abgehandelt), gehört zum Geschlechte der Käfer ( scarabeorum). Seine Augen leuchten wie eine Laterne, durch deren Schein die Luft so erhellt wird, daß jeder im Zimmer lesen, schreiben und andere Verrichtungen vornehmen kann. Mehrere vereinigt geben ein weit helleres Licht, so daß eine Gesellschaft in finsterer Nacht unangefochten einen beliebigen Weg zurück legen kann, allein bei diesem Lichte, das weder der Wind wegwehen, noch die Finsternis verdunkeln, noch Nebel oder Regen auslöschen können. Mit ausgebreiteten Flügeln glänzen sie ebenso mit hellem Licht nach ihrem Hinterteil zu. Die Ureinwohner bedienten sich vor Ankunft der Spanier keines andern Lichtes, weder in den Häusern noch im Freien. Die Spanier aber brauchen Fackel- und Lampenlicht zu ihren häuslichen Geschäften, weil jener Glanz mit dem Leben des lichtverbreitenden Tieres allmählich schwindet. Wenn sie aber des Nachts ins Freie gehen müssen oder mit einem eben erst angelandeten Feind zu kämpfen haben, durchsuchen sie nur mit Hilfe dieser Käfer den Weg und, indem ein Soldat vier Cocujos trägt, täuschen sie den Feind mannigfach. Denn als der edle Thomas Candisius und der Ritter Robert Dudley, der Sohn des berühmten Robert, Grafen von Leicester, die westindische Küste zuerst betraten und in der Nacht ihrer Ankunft im benachbarten Walde unzählige Lichter, wie von brennenden Fackeln, unerwartet herannahen sahen: kehrten sie schnell zu ihren Schiffen zurück, in der Meinung, daß die Spanier mit Kanonen und brennenden Lunten unvermutet im Hinterhalt lägen. Es finden sich daselbst mehrere Insekten dieser Gattung, aber weil der Cocujo unter allen den Vorrang hat, übergeht Oviedus die übrigen mit Stillschweigen. Die Inder pflegen Gesicht und Brust mit einer aus diesen Tieren bereiteten Salbe einzureiben, damit sie andern gleichsam als feurige Personen erscheinen. Wie dies möglich, läßt sich nicht einsehen, da ja mit dem Leben des Käfers auch die Leuchtkraft schwindet, es sei denn, daß kurz nach dem Tode der Glanz noch andauert, daß er aber nicht lange bestehen könne, ist sicher.

»Da die Inder sie in dem Grade benutzen, daß sie ohne dieselben weder sicher vor den nächtlichen Mücken (die sie mit demselben Eifer jagen wie die Schwalben die Fliegen) schlafen, noch ohne diese natürlichen Leuchten ihre nächtlichen Arbeiten verrichten könnten, so haben sie verschiedene Fangweisen ausgesonnen, die ich teils nach Peter Martyr, teils nach Augenzeugen dem Leser mitteilen will. Weil sie durch den Mangel des Lichtes alle Nächte untätig dazuliegen genötigt sind, gehen die Inder mit einem brennenden Scheite aus, und mit lauter Stimme Cucuje, Cucuje rufend, durchschlagen sie mit jenem derartig die Luft, daß die Käfer entweder aus Vorliebe für das Licht herbeifliegen, oder aus Furcht vor Kälte zur Erde zu fallen; diese halten die einen durch Zweige und Tücher zurück, die andern behandeln sie mit eigens dazu angefertigten Netzen, bis sie sich mit den Händen greifen lassen.

»Es gibt dort auch noch andere fliegende Tierchen, die bei Nacht leuchten, sie sind aber viel größer als unsere heimischen und strahlen ein weit helleres Licht aus. Sie leuchten nämlich so hell, daß diejenigen, die eine Reise unternehmen, die Cicindelen lebend mit einer gewissen Kunst sich an den Köpfen und Beinen schwebend anheften; denn so werden sie aus der Entfernung gesehen, so schrecken sie die der Sache nicht Kundigen zurück. Die Weiber bedienen sich keines andern Lichts bei ihren häuslichen Arbeiten zur Nachtzeit.«

Abgesehen von der irrigen Ansicht, daß die Käfer Fliegen wegfangen, haben sich die Berichte ihrer Hauptsache nach bestätigt, und es ist auch anzunehmen, daß der in der Havana und wahrscheinlich auch auf dem Festlande gebräuchliche Name Cucujo den sehr verbreiteten Pyrophoros noctilucus der neueren bezeichnet. Nach A. von Humboldt und Bonpland lebt seine Larve an den Wurzeln des Zuckerrohrs, wo sie bisweilen bedeutenden Schaden anrichtet, scheint jedoch auch, gleich unsern heimischen Arten, nicht auf eine Futterpflanze beschränkt zu sein. Denn der Käfer ist vereinzelt durch Handelshölzer mit nach Europa verschleppt worden. Im Jahre 1766 hat man einen solchen, Furcht und Schrecken verbreitend, in der Vorstadt von St. Antoine in Paris umherfliegen sehen, und in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sah Snellen van Vollenhoven einen in Leiden, der auf Cambecheholz gefangen worden war, und dessen grünes Licht so hell leuchtete, daß man ohne Mühe gewöhnliche Druckschrift dabei lesen konnte. Vielleicht dieselbe oder auch andere der großen Arten, die man auf Portorico Cucubano nennt, fliegt vom März bis Mai häufig in den Straßen der Ortschaften, kommt in Häusern und auf Holzplätzen vor, so daß auch ihre Larve im Holze hausen muß. Die Indianer fangen diese Feuerfliegen, indem sie eine glühende, an einem Faden gebundene Kohle in der Luft schwingen, nach der jene fliegen, und treiben in Verakruz Handelsgeschäfte mit ihnen. Man hält die Käfer in eigens für sie angefertigte Kästchen aus feinem Draht, füttert sie mit Scheibchen von Zuckerrohr und – badet sie täglich zweimal, damit sie des Abends ihren Dienst nicht versagen und durch möglichst lebhaftes Leuchten bezaubern. Sie mögen sich längere Zeit am Leben erhalten lassen, denn neuerdings sind einige mit nach England herüber gebracht worden. Die Leuchtkraft der Feuerfliegen wird in den verschiedenen Gegenden zu verschiedenen Zwecken benutzt. So steckt man einige in ausgehöhlte, mit kleinen Löchern versehene Flaschenkürbisse, um dadurch natürliche Laternen herzustellen. Sehr sinnreich ist die Verwendung zu nennen, welche die Damen davon machen, um ihre Reize zu erhöhen. Sie stecken des Abends die Käfer in ein Säckchen von seinem Tüll, deren mehrere in Rosenform an dem Kleide befestigt werden; am schönsten aber soll sich dieser Schmuck ausnehmen, wenn er mit künstlichen, aus Kolibrifedern gefertigten Blumen und einzelnen Brillanten verbunden, als Kranz im Haare getragen wird. Nach der Ansicht von Spix rührt das Leuchtvermögen von der in einer mit zahlreichen Luftröhren überzogenen Blase eingeschlossenen Masse her, die fettig und körnig, wie geschmolzener Phosphor sein soll.

Der Saatschnellkäfer ( Agriotes segetis), ein ungemein verbreiteter Schmied von schlichtem Äußern, hat seiner Larve wegen mehr als andere seinesgleichen die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und eine traurige Berühmtheit erlangt. Der Körper ist weniger abgeflacht als bei der besprochenen und sehr vielen andern Arten. Die Stirn wird durch keine Querfurche vom Gesicht getrennt, sondern biegt sich in der Mitte abwärts, beiderseits über den Mund hin einen Rand bildend. Die mehr fadenförmigen Fühler setzen sich außer dem walzigen ersten aus noch zehn ziemlich gleich großen, kegelförmigen Gliedern zusammen, von denen nur das letzte Lanzettform annimmt. Das vorn stark polsterartig gewölbte und an den Ecken gerundete Halsschild ist so lang wie breit und läuft an den Hinterecken in je eine kräftige Spitze gerade aus, die Nähte der Vorderbrust erscheinen doppelt und vorn ausgehöhlt, ohne jedoch eine Fühlerfurche zu bilden. Auf jeder Flügeldecke zählt man acht Reihen schwarzer Punktstreifen, gleiche und ebene Zwischenräume zwischen sich lassend, von denen der zweite und vierte (von der Naht gerechnet) wenig dunkler als die andern ist. An den etwas zusammengedrückten einfachen Füßen ist das erste Glied verlängert. Die ganze Oberseite des Käfers und die Beine erscheinen durch Behaarung gelblichgrau, auf der Unterseite dagegen schimmert die schwarze Grundfarbe mehr durch. Die Länge beträgt ziemlich 9 Millimeter.

Die Überwinterung des Käfers, bevor er sich fortpflanzt, beweist der Umstand, daß er im Frühjahr vom großen Wasser aus seinen winterlichen Schlupfwinkeln herausgespült und, noch ehe er aus der Erstarrung erwacht, zahlreich angeschwemmt wird. Er treibt sich auf Feldern, Wiesen und Wegen, überall umher, und die Paarung erfolgt. Das Weibchen legt seine Eier entschieden in der Nähe von Pflanzen an die Erde oder flach unter dieselbe, und die daraus entschlüpfte Larve nährt sich von zarten Pflanzenteilen. Sie wächst ungemein langsam und lebt mehrere Jahre, wahrscheinlich vier, ehe sie zur Verpuppung reif ist. Ihre Form stimmt mit den übrigen Schnellkäferlarven überein; bei ihr läuft das Endglied in ein stumpfes Spitzchen aus und hat an seiner Wurzel jederseits zwei schwarze, ovale Eindrücke, auf der Unterseite vor einer Bogenleiste die runde zum Nachschieben dienende Afteröffnung, genau so, wie dies bereits bei der Larve des rauhen Schnellkäfers angegeben wurde. Die sehr festen, gelben, gedrückt walzigen Leibesringe unterscheiden sich kaum voneinander, der erste und zwölfte übertrifft die übrigen wenig an Länge. Der Kopf schärft sich nach vorn zu, ist um die Mundteile dunkler gefärbt, trägt dreigliedrige Fühler, keine nachweisbaren Augen, vorn zweizähnige Kinnbacken und sehr verlängerte Kinnladen mit viergliedrigen Tastern und Lappen von dreigliedriger Tasterform. Auf dem schmal rechteckigen Kinn sitzt eine nach vorn dreieckige Unterlippe mit zweigliedrigen Tastern, ohne Spur von Zunge. Von oben her schließt die nicht als Kopfschild abgeschiedene Stirn in Ermangelung der Oberlippe die Mundöffnung.

Am 12. September sammelte ich zwölf Stück solcher Larven, die zwischen den Wurzeln ziemlich verkümmerten Kopfkohles auf einem feuchten Acker saßen, brachte sie in einen Blumentopf, in den Rübsen und Glanz gesät wurden, um durch deren Wurzeln sie mit Futter zu versorgen. Als die Pflänzchen ungefähr zwei Zoll hoch gewachsen waren, fingen sie an zu welken, besonders das Gras. In diesem Zustande blieb der Topf, der bisweilen etwas angefeuchtet wurde, über Winter im Fenster des geheizten Zimmers stehen. Im Februar wurden einige Erbsen gelegt, die bis etwa einen Fuß lang wurden, spärlich und dünn im Wuchse, wie es die Jahreszeit mit sich brachte; Plötzlich aber fingen sie an zu welken. Am 6. Juli untersuchte ich die von zahlreichen Faserwurzeln durchsetzte Erde und fand darin drei frisch ausgeschlüpfte Käfer unserer Art, die zarten, natürlich sehr verdrückten Puppenhäute ebenfalls, von den neun übrigen Larven aber keine Spur.

Die Puppe sieht weiß aus, hat schwarze Augen, über denselben je ein kleines, braunes Spitzchen und endet in zwei kurze Schwänzchen; sie ruht lose, ohne Gespinst, und zwar nur einige Wochen in der Erde.

Wer für dergleichen Dinge ein offenes Auge besitzt, kann die Käfer vom Frühjahr an gegen den Herbst hin an den bereits erwähnten Orten sich umhertreiben und auf Wiesenblumen Nahrung suchen sehen, darf aber nicht meinen, daß die zuerst im Frühjahr erblickten und die herbstlichen dieselben wären. Vielmehr sind jene die alten Käfer, die nach Beendigung des Brutgeschäfts nach und nach hinsterben, sicher aber in vereinzelten Stücken noch am Leben sind, wenn die ersten jungen Käfer erscheinen, die sich gegen den Herbst hin mehren und mit dem übrigen Geziefer die Winterquartiere beziehen, wenn die Unfreundlichkeit der Witterung dazu mahnt. Dieser »Drahtwurm«, noch weit verbreiteter als der vorige, hat bei den verschiedensten Gelegenheiten die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und kaum eine Vorliebe für bestimmte Kulturpflanzen an den Tag gelegt, sondern jegliche seines Bereiches angegriffen. Hier waren es die jungen, eben erst gekeimten Haferpflänzchen, die stellenweise wieder verschwanden. Bei näherer Untersuchung fand sich der unterirdische zarte Stengel über der Wurzel an- oder durchgefressen und in der Nähe der »Drahtwurm« als der Missetäter. In gleicher Weise hat er den Wintersaaten im Oktober und November Schaden zugefügt, wenn auch nicht in der Ausdehnung wie den Sommersaaten. Dort hat er die jungen Erbsenpflanzen am unterirdischen Stengel benagt und dadurch nicht minder verderblich gewirkt, oder die Zuckerrüben, die beim ersten, auch zweiten Hacken manchmal büschelweise welk angetroffen werden. Es ist beobachtet worden, daß er im leichten Boden schädlicher wird als im schweren, in entwässerten (drainierten), gekalkten und neu urbar gemachten Feldern aber die bedeutendsten Verheerungen angerichtet hat. Nicht bloß auf dem Acker, sondern auch im Gemüse- und Blumengarten führt sich unsere Larve sehr unnütz auf, Möhren, Kohlarten, Salat, Levkojen, Nelken, Liliengewächse und andere zerstörend, und fordert somit die Betroffenen zu einem Vernichtungskampfe gegen sie heraus.

Leider sind, wie in den meisten derartigen Fällen, die Mittel, die man jenem Pflanzenfeinde gegenüber vorgeschlagen hat, entweder als nicht ausreichend oder im großen für unausführbar befunden worden. Englische Gärtner empfehlen für den Garten das Ködern. An den befallenen Stellen werden während der Sommermonate Salatstrünke (oder ihnen entsprechende Stoffe) ausgestreut. Die danach ungemein lüsternen Drahtwürmer gehen während der Nacht zahlreich an den Köder und müssen jeden Morgen von demselben abgelesen und eingesammelt werden. Für den Acker wird ein anderes Mittel vorgeschlagen, nach dessen zwei bis drei Jahre hindurch wiederholter Anwendung die Drahtwürmer verschwunden gewesen sein sollen. Der betreffende Landwirt ließ Ölkuchen in haselnußgroße Stückchen zerschlagen und dieselben in mäßiger Anzahl der Erdkrume bis ungefähr 10,5 Zentimeter Tiefe beimengen. Alle Insektenfresser unter den Vögeln und den wenigen kleinen Säugern stellen übrigens den Drahtwürmern nach, jene finden freilich wenig Gelegenheit, sich derselben zu bemächtigen. Interessant dürfte es sein, zu erfahren, daß selbst eine kleine Schlupfwespe die unterirdischen Larven aufzufinden und mit ihren Eiern – zu beschenken weiß. Kollar hat sie erzogen und mit Namen Bracon dispar belegt.

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Der kleinen Familie der Dascilliden sei gedacht, nicht wegen der meist unansehnlichen, eiförmigen und breitgedrückten Mitglieder derselben, die wenig allgemeines Interesse darbieten, sondern um der Larve einer einzigen Art willen, die durch ihre Lebensweise und Körpergestalt mit einem gefährlicheren Feinde unserer Kulturen von einem ungeübten Auge verwechselt werden kann.

Der Greiskäfer ( Dascillus cervinus) ist pechschwarz, sehr dicht und sein grau behaart, so daß nur die Fußklauen und der After, bisweilen auch die Flügeldecken, die Grundfarbe behalten, die fadenförmigen Fühler und Beine sind gelbbraun. Der Kopf ist viel schmäler als das Halsschild, dieses noch einmal so breit wie lang, vorn verschmälert, hinten eng an die fast walzigen Flügeldecken angeschlossen. Die Hüften sind quer und kegelförmig vorragend, die Füße fünfgliedrig, die ersten vier Glieder unten lappenartig erweitert. Dieses Merkmal sowie die sichelförmigen, kräftigen Kinnbacken, die zweihäutigen und geschlitzten Lappen an dem Unterkiefer und die vierteilige Zunge charakterisieren die ganze Familie. Der Greiskäfer findet sich auf Dolden und auf verschiedenen Pflanzen hier und da nicht selten. In unserer Gegend ist er mir nie vorgekommen, dagegen lebt er in den Gebirgen Deutschlands und Österreichs, in der Niederlausitz, in der Provinz Brandenburg und, wie es scheint, überhaupt in der Tiefebene des nördlichen Deutschland.

Anfang April des Jahres 1874 wurde mir eine größere Menge lebender Larven zugeschickt, die in der Niederlausitz zu Schrecken erregenden Mengen an den Graswurzeln einer Wiese aufgefunden worden waren, so daß die noch nicht beobachtete Erscheinung einen bisher unbekannten Kulturenfeind voraussetzen ließ. Ich war der Meinung, die Larve befinde sich im Jugendalter und gehöre einer dem Brachkäfer nahestehenden Art der Blätterhörner an, von dem bekanntlich viele den Wurzeln der Wiesengräser ihre Nahrung entnehmen. Dieselbe gleicht in Form und Haltung des Körpers dem Engerling, zeichnet sich jedoch durch einen großen Kopf und durch ein entschieden schlankeres Ende des abgestutzten Hinterleibes aus, ist überdies überall mit Chitin überzogen. Der Kopf hat ungefähr die Form und die Lage wie beim Engerling, keine Augen, viergliedrige Fühler, aber wesentlich anders gebildete Kinnbacken: dieselben sind nämlich schwach gebogen und am Ende mit einem einfachen, in der Mitte mit einem zweiteiligen Zahne bewehrt. Der Unterkiefer trägt dreigliedrige Taster, zwei längliche Hornladen, die in eine zweiteilige Hakenspitze auslaufen. Die einklauigen Beine sind der Mittellinie der Brust nähergerückt als beim Engerling, und so finden sich bei näherer Betrachtung noch weitere Unterschiede zwischen diesen, auf den ersten Blick so ähnlichen beiden Larven. Bei der Übersendung wurde berichtet, daß sie von den Krähen nicht mehr gefressen würden, daß schon drei Wochen früher nur noch große – durchschnittlich 17 Millimeter lange – gefunden worden seien, diese aber teilweise bis zu 23,5 Zentimeter Tiefe. Ich brachte die mit reichlicher Erde und deren Gras eingesandten Larven in ein großes Glasgefäß, säte Gras nach und erzog vom fünften Mai ab einige wenige Greiskäfer, die bis auf einen an den Flügeldecken mehr oder weniger verkrüppelt waren. Der Larvenmenge entsprechend, hätten bei weitem mehr Käfer erscheinen müssen, und da sich beim sorgfältigen Durchsuchen der Erde nur geringe Spuren verkommener Larven erkennen ließen, so nehme ich an, daß diese sich zum Teil aufgefressen haben. Entschieden waren die Eier zu Anfang des vorangegangenen Frühjahres abgesetzt worden.

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Die folgende Familie vereinigt unter dem Namen der Weichkäfer ( Malacodermata) eine große Menge von Arten, die fast ausschließlich durch weiche, mehr lederartige Körperumhüllung, besonders nach dem Tode sich verbiegende Flügeldecken übereinstimmen und außerdem noch folgende Merkmale gemein haben: walzige Vorder- und Mittelhüften, quere an den Hinterbeinen, meist Schienen ohne Enddornen, fünfgliedrige Füße oder nur viergliedrige Vorderfüße, bei manchen Männchen ein aus sechs bis sieben freien Gliedern zusammengesetzter Hinterleib und sehr verschieden geformte Fühler, die in der Regel aus elf Gliedern bestehen, aber auch zehn- oder zwölfgliedrig sein können. Die hornige oder häutige Zunge hat keine Seitenzipfel, die beiden Laden des Unterkiefers, deren innere manchmal verkümmert, sind blattartig und bewimpert, die Lippentaster drei-, die der Kiefer viergliedrig und die Kinnbacken kurz. Bei den meisten treten die Geschlechtsunterschiede deutlich hervor, entweder an den beiden letzten Leibesgliedern oder an den Fühlern, den Deckschilden, den Flügeln oder den Vorderfüßen. Auf Blumen und Sträuchern finden sich die meisten der hierher gehörenden Kerfe zum Teil aber nicht, um daselbst Süßigkeiten zu suchen, sondern um dem Raube nachzugehen. Wie die vollkommenen Käfer in den angegebenen Grenzen mancherlei Unterschiede darbieten, so läßt sich auch von ihren Larven im allgemeinen nichts weiter sagen, als daß sie sechs Beine haben und Fleisch zu fressen scheinen; wir kommen bei den einzelnen Sippen auf sie zurück.

Wie die Westindier, so haben auch wir unsere »Feuerfliegen«, die allerdings wesentlich anderer Natur als jene sind. Moufet handelt in seinem fünfzehnten Kapitel über die Cincindela und beweist aus den zahlreichen Namen, wie auch schon von alters her der gemeine Mann die leuchtende Eigenschaft dieser nächtlichen Kerfe gekannt, und mancher Forscher sich um ihr Leben gekümmert hat. Bei den Griechen und Römern gab es zahlreiche Namen für dieselben, die alle das Leuchtvermögen und zum Teil auch die Örtlichkeit, von der es ausgeht, im Auge haben, wie lampuris, pygolampis, kysolampis, pyrolampis, bostrykos, pyrgolampis usw. bei jenen, cicindela, nocticula, nitedula, lucio, lucula, luciola, lucernuta, venus usw. bei diesen. Die romanischen Völkerstämme haben einen und den andern dieser Namen beibehalten oder in ihrer Weise umgebildet, bei den Italienern heißt der Käfer luciola, lucio, farfalla, bistola, fuogola, lacervola, luiserola, bei den Spaniern lziergana, luciernega. Die Polen nennen ihn zkotnike, chrzazezik, swiecacy; die Ungarn eyeltwudoeklo, bogaratska vilantso; die Franzosen Ver luissant, mouche claire; die Engländer glow-worm, shine-worm, glass-worm; die Deutschen bezeichnen hier mit Zinduczele, dort mit Liegthmugk und Zindwurmle das Männchen; denn in manchen Gegenden Deutschlands leuchtet das geflügelte Männchen » cincindela« nicht, sondern nur das als Graswurm, Gugle, Feuerkäfer bezeichnete Weibchen. In der Gegend von Frankfurt am Main heißt das Insekt Johanniskäfer oder St. Johannisfliege. Nach der Aufzählung der Namen, von denen nur eine Blumenlese gegeben wurde, fährt unser englischer Gewährsmann fort: »Die Männchen oder die geflügelten Cicindelen leuchten hier, wie in Vasconien (Nordwest-Spanien) nicht, sondern nur die Weibchen, die Würmer sind; dagegen sind in Italien und in der Umgegend von Heidelberg alle Weibchen lichtlos und die Männchen scheinen zu leuchten. Die Erforschung des Grundes überlasse ich den Philosophen.« Hierauf wird das geflügelte Männchen ausführlich beschrieben und erwähnt, daß es an der Bauchspitze zwei mondförmige Flecke trage, einen neben dem andern, von denen bei Nacht der helle Glanz ausgehe, ähnlich angebranntem Schwefel, als ob man glühende Kohlen durch die Luft fliegen sähe. Es erscheint niemals in England oder leuchtet wenigstens nicht, wenn es daselbst vorkommen sollte. Sodann wird das flügellose Weibchen beschrieben und als ein langsam schreitendes, raupenähnliches Wesen geschildert, das sich von seinem eigenen Kote ernähre und aus dem weißlichen Leibesende – es sind die drei letzten Ringe – einen wunderbaren, gewissermaßen Erdsternen nachahmenden Glanz ausstrahle, der mit einer Laterne und dem Monde hinsichtlich der Helligkeit zu wetteifern scheine. Weiter wird nach den Erfahrungen zweier berühmter Männer behauptet, daß die Vereinigung verbundener Pärchen über Nacht bis zum andern Mittag gedauert habe, das Männchen sofort, das Weibchen erst nach zwanzig Stunden gestorben sei und viele Eier abgelegt habe. Der Verfasser schließt seine gelehrte Abhandlung mit einem Gedicht des Anton Thylesius, in dem die fliegende Cincindela besungen wird.

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Kleines Johanniswürmchen ( Lampyris splendidula)

Die Flügellosigkeit der Weibchen und das Vorkommen mehrerer Arten war mithin schon in jener Zeit bekannt. Bei uns in Deutschland leben deren zwei, die eine hier, die andere dort vorherrschend. Die kleinere und allgemeiner verbreitete ist das kleine Johanniswürmchen, der gemeine Leuchtkäfer Lampyris splendidula). Man erkennt das graubraune Männchen leicht an den beiden glasartigen Fensterflecken des Halsschildes, die auch zu einem durchscheinenden Vorderrande verschmelzen können, das weißgelbe Weibchen an den beiden Läppchen hinter dem Halsschilde, die wenigstens eine Andeutung von Flügeldecken geben; überdies ragen bei beiden Geschlechtern die dünnen, sichelförmig gebogenen Kinnbacken hervor. Die wurmförmige Larve hat sechs gespreizte Beine und einen sehr kleinen Kopf, der in der Ruhelage nicht sichtbar ist. Alle Körperringe haben so ziemlich gleiche Länge, der letzte kann eine Art von Trichter vorstrecken, bestehend aus zwei ineinander stehenden Kreisen knorpeliger Strahlen, die durch eine gallertartige Haut miteinander verbunden sind. Diese beiden Strahlenkreise sind ein- und ausziehbar und bilden ein für die Lebensweise notwendiges Reinigungswerkzeug. Die Larve ernährt sich nämlich von Schnecken und wird dabei durch den von diesen reichlich ausgeschiedenen Schleim und durch anhaftende Erdkrümchen vielfach verunreinigt. Indem sie nun mit dem auffangenden Pinsel am Körper hin und her tastet, nimmt sie den Schmutz weg. Diese Beschäftigung mag zu dem Mißverständnisse Anlaß gegeben haben, daß sich das mit der Larve verwechselte Weibchen von seinem eigenen Unrate ernähre.

Das große Johanniswürmchen ( Lampyris noctiluca) hat im männlichen Geschlechte vortretende Kinnbacken, keine Fensterflecke auf dem Halsschilde, kleinere Leuchtflecke an der Bauchspitze, daher auch geringeres Leuchtvermögen, und erreicht eine Länge von 11 Millimeter. Dem 15 bis 17,5 Millimeter messenden Weibchen fehlen selbst die Flügeldeckenstumpfe, so daß es vollkommene Larvenähnlichkeit annimmt; durch das größere, besser entwickelte Halsschild, den minder verborgenen Kopf und wesentlich stärkeres Leuchtvermögen unterscheidet es sich jedoch von seiner Larve. Diese Art scheint im Westen Europas (Frankreich) und im Süden Deutschlands häufiger vorzukommen als inmitten unseres Vaterlandes.

Feuchte Gründe und andere durch Buschwerk beschattete Örtlichkeiten in der Nähe von Wasser ernähren zahlreiche Landschnecken und sind daher auch die wahren Brutstätten der Johanniswürmchen. Hier werden an den warmen Sommerabenden Schauspiele aufgeführt, welche die Traumgebilde vom Lande der Feen und Elfen weit hinter sich lassen, Schauspiele, die einen sentimentalen Dichter wie Klopstock in seiner »Frühlingsfeier« singen lassen:

»Aber du, Frühlingswürmchen,
Das grünlichgolden neben mir spielt,
Du lebst und bist vielleicht,
Ach, nicht unsterblich!
– – – – –
– – – Ich lerne dann,
Ob eine Seele das goldene Würmchen hatte.«

Hunderte von Feuerfünkchen zittern durch die würzige Luft, und wenn dem trunkenen Blicke dieses verlöscht, so taucht ein anderes auf im lautlosen und doch feurigen Tanze. Hier und da unten am feuchten Boden strahlt ein zauberhaftes Phosphorlicht, Stengel und Blätter der Gräser, das Moos und die Steinchen des Untergrundes scharf beleuchtend, im schwächeren, immer schwächeren Lichtnebel verschwimmend und der Dunkelheit der Nacht endlich den Sieg einräumend; denn festgebannt ist es an einer Stelle, die es trotz seines Glanzes nicht zu erwärmen vermag. Die irrenden Sterne sind die Männchen, die sie überstrahlenden Fixsterne im Grase die Weibchen, das Ganze ein wahrer Fackeltanz des hochzeitlichen Hymen. Mit Anbruch des Tages ist der Glanz verschwunden und das Fünkchen, das heute leuchtete, ist morgen für immer verlöscht, wenn auch ihm Hymen die Fackel angezündet hatte; so lange dies nicht geschah, irrt es allnächtlich von neuem umher. Am Tage hält es sich verborgen im Grase, ernährt sich auch von solchem, wenn ihm ein längeres Leben beschieden sein sollte. In den an Glühwürmchen armen Jahren wird jener wunderbare Fackeltanz durch die geringe Zahl der Teilnehmer wesentlich abgeschwächt, außerdem auch, wenn es sich um die Hochzeitsfeier des großen Leuchtkäfers handelt, weil die Männchen ein schwächeres Licht verbreiten als die der gemeinen Art, die mir, dem früheren Augenzeugen, bei meiner Schilderung vorgeschwebt hat; die Wirkungen des Tanzes bleiben aber stets dieselben. Die an die Erde gelegten kugelrunden, gelbgefärbten Eier entwickeln sich bald zu den uns bereits bekannt gewordenen Larven, die im erwachseneren Zustande nach der Überwinterung nur demjenigen zu Gesicht kommen, der sie aufzusuchen weiß; denn obgleich sie auch schwach leuchten, verraten sie sich wegen der Schwäche des nur dem Boden zugekehrten Lichtes durch dasselbe so leicht nicht. Einige Wochen vor der Schwärmzeit der Männchen wird die Larve schwerfälliger und träger, nimmt keine Nahrung mehr zu sich, zuletzt reißt ihr an den Seitenkanten der drei vordersten Leibesringe das auf dem Rücken bepanzerte Kleid und aus ihm windet sich die Puppe hervor. Selbstverständlich ist dieselbe eine andere, je nachdem ein Männchen oder ein Weibchen aus ihr hervorgeht. Die männliche Puppe zeigt die zukünftigen Flügel als Läppchen und ist in jeder Beziehung wie eine Käferpuppe gebildet, die weibliche stellt eine Mittelstufe zwischen Larve und dem ihr sehr nahe stehenden Weibchen dar, und es würde zu weit führen, wenn die Unterschiede aller drei Entwicklungsstufen hier scharf hervorgehoben werden sollten, daher möge sie kurz als eine wenig eingekrümmte, ruhende Larve bezeichnet werden.

Die Licht verbreitenden Werkzeuge bestehen aus zahlreichen, in zartwandigen Kapseln eingeschlossenen vielseitigen Zellen, die teils durchsichtig sind, teils eine feinkörnige Masse enthalten, und aus einem dichten Netze zarter Verästelungen der Luftröhren. Kölliker meint nun, die durchsichtigen Zellen seien die leuchtenden Elemente, und das Leuchten selbst werde vom Willen des Tieres und den dahin gehenden Nerven bedingt. Matteucci dagegen glaubt, daß die Leuchtmasse auf Kosten des durch die Luftröhren zugeführten Sauerstoffes verbrenne. So viel ist gewiß, daß die im Ruhezustande nur mäßige Leuchtkraft durch den lebhaften Flug und durch von außen einwirkende Reize bedeutend gesteigert wird, bei überreiz jedoch wieder nachläßt. Der Chemismus des Leuchtens ist uns auch heute noch wenig bekannt. Wir wissen aber, daß das Leuchten an wenige, ganz bestimmte Körperteile gebunden ist und daß die sehr tracheenreichen Leuchtorgane aus dem Fettkörpergewebe gebildet werden. Bei dem beim Leuchten vor sich gehenden starken Stoffwechsel findet jedoch keine feststellbare Wärmeentwicklung statt. Hrsgbr.

Andere Leuchtkäfer, die über alle Länder der Erde verbreitet sind, leben am zahlreichsten im südlichen Amerika in den verschiedensten Formen, die meisten jedoch in beiden Geschlechtern geflügelt, und alle stimmen unter sich und mit den einheimischen darin überein, daß sich der Kopf unter dem erweiterten und vorn gerundeten Halsschilde meist ganz versteckt, die Taster kräftig, die Fühler der Stirn eingelenkt sind, daß die Mittelhüften der zusammengedrückten Beine sich berühren und daß am Hinterleibe einige Ringe durch lichte Flecke den Sitz des Leuchtvermögens anzeigen. Wie es scheint, ist das Betragen der Arten mit geflügelten Weibchen im wesentlichen kein anderes als das unserer heimischen. Wenigstens berichtet von Osten-Sacken über die um Washington gemeinste Art, die Lightning bug ( Photinus pyralis) ungefähr in folgender Weise: Männchen und Weibchen sehen sich vollkommen ähnlich, nur daß ersteres längere Fühler und stärkeres Leuchtvermögen besitzt; es glänzen bei ihm nämlich zwei ganze Hinterleibsglieder, während das Weibchen nur einen halbrunden Leuchtfleck auf dem drittletzten und zwei kleine Punkte auf dem vorletzten Bauchringe auszuweisen hat. Das Leuchten besteht in einem wahren Blitzen, und der Glanz des in der Hand gehaltenen Käfers ist ein wirklich blendender. Befindet man sich auf einer feuchten Wiese, so hat man ein dem oben geschilderten gleiches Schauspiel. Gleich nach Sonnenuntergang steigen Tausende von Käfern senkrecht auf, fliegen eine Strecke seitwärts, währenddem sie sich wenig senken, um dann wieder zu steigen. Da sie bloß beim Aufsteigen blitzen, so sieht man die Menge immer nur steigen, und zwar sind es nur Männchen, die bei ihrem Fluge den Körper senkrecht halten, so daß der Hinterleib wie eine Laterne herabhängt; von Zeit zu Zeit schwebt das eine und andere unbeweglich, wahrscheinlich um sich nach einem Weibchen unten im Grase umzuschauen. Diese bleiben hier ruhig sitzen und halten ihren Hinterleib nach oben, um ihr Licht leuchten zu lassen und den Männchen ein Zeichen zu geben. Anfangs ist es noch hell genug, um den Flug der einzelnen Käfer verfolgen zu können. Man sieht dann, wie nach einigen schaukelnden Wendungen in der Luft bei Eintritt der Dunkelheit das Männchen sich in einiger Entfernung von einem Weibchen niederläßt. Unter fortgesetztem Aufblitzen von beiden Seiten kommt man sich immer näher, bis man sich schließlich trifft. Die später im Grase leuchtenden Punkte sind sicher nur vereinigte Pärchen, und die einzelnen zu dieser Zeit noch in der Luft zu beobachtenden Männchen eben nur solche, die noch keine Gefährtin gefunden haben.

 

Mancher meiner Leser hat vielleicht schon Kenntnis von Zeitungsberichten über » Schneewürmer« genommen, die mit dem ersten Winterregen auf den Schnee gefallen sein sollen. Schon 1672 wurde diese Erscheinung am 20. November in Ungarn bemerkt und sorgfältig aufgezeichnet; ein gleiches »Wunder« ereignete sich, wie Degeer erzählt, im Januar 1749 an verschiedenen schwedischen Orten, und es wird dabei des Umstandes gedacht, daß man schon früher solche Würmer einzeln mitten auf dem Eise und Schnee eines Sees gefunden habe, so daß also der Wind sie offenbar fortgeführt haben müsse. Am Ausgange eines sehr strengen Winters (11. Februar 1799) erregte jene Erscheinung im Rheingaue, an der Bergstraße, bei Offenbach, Bingen usw. solches Aufsehen, daß die darauf bezüglichen Aussagen von dem Kantonsgerichte in Stromberg von Personen zu Protokoll gegeben wurden, die an jenem Tage das Herabregnen der Insekten im Freien gesehen haben wollten. Daß der Aberglaube, der immer aus ungewohnten Naturerscheinungen eine Ankündigung göttlicher Strafgerichte herauszulesen gewohnt ist, auch damals die untrüglichsten Vorbedeutungen von Pestilenz, Hungersnot und allen Schrecknissen eines neuen Krieges in jenen zum Teil übertriebenen Gerüchten erkannte, läßt sich wohl erwarten. Im Februar 1811 wurden dieselben »Würmer« in Sachsen und am 30. Januar 1856 in der Schweiz beobachtet. Hier, besonders in Mollis (Glarus) trieben sie sich in einer Größe von 13 bis 33 Millimeter auf einer Schneedecke eines fünfundzwanzig bis dreißigtausend Quadratruten haltenden Flächenraumes in solcher Menge umher, daß ungefähr fünf bis sechs Stück auf die Quadratklafter kamen, ja in der Nähe des Waldes zwölf bis fünfzehn. Einzelne fanden sich sogar auf den Dächern des Dorfes. In allen angeführten Fällen gab es eine vernünftige Erklärung der an sich wunderbaren Erscheinung, wenn man sie nur suchte. Die Berichte über die beobachteten Nebenumstände stimmen alle darin überein, daß jene »Würmer«, die wir gleich näher kennenlernen werden, und von denen zunächst bemerkt sein mag, daß sie unter Steinen, Laub oder an Baumwurzeln überwintern, durch die verschiedensten Veranlassungen in ihrer Ruhe gestört, aus ihren Schlupfwinkeln Vertrieben worden waren. Hier geschah es durch große Nässe infolge anhaltender Regengüsse oder durch einige verhältnismäßig warme Tage, dort hatten Holzhauer durch Abholzen eines Rottannen- und Buchenbestandes den nicht gefrorenen Boden aufgewühlt und gelockert. Allemal ward ein sehr heftiger, zum Teil orkanartiger Sturm beobachtet, der diese Tierchen mit noch manchen andern ebenso lebenden und in jenen Berichten teilweise auch namhaft gemachten fortführte, und zwar nach Schneefeldern hin, wo man sie leicht bemerkte. Ganz dieselben Umstände mögen öfter zusammenkommen, aber die weiße Schneedecke fehlt und man beobachtet keinen »Regen von Insekten«, und doch ist es leicht möglich, daß aus derselben Fläche dieselben Massen von ihnen liegen. Ein anderes Mal treffen wieder alle jene Nebenumstände zusammen, auch die Schneedecke fehlt nicht, aber die Insekten bleiben aus, weil sie in dem Jahre gerade in so geringer Zahl vorhanden gewesen sind, daß das eine und andere, das der Sturm vor sich herjagte, unbemerkt bleibt. Das Wunder ist also gelöst und der natürliche Zusammenhang aufgeklärt.

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Holzbohrer ( Anobien)

  1. Gestreifter Werkholzkäfer ( Anobium striatum), Fraßspuren
  2. Trotzkopf ( Anobium pertinax)
  3. Bunter Klopfkäfer ( Anobium tessellatum)

Es fragt sich nun, von welchen »Würmern« solche natürliche Dinge erzählt werden. Wir brauchen sie uns nicht aus Ungarn, Schweden oder der Schweiz zu verschreiben, auch bedarf es keines vermeintlichen Insektenregens, um sie näher kennenzulernen. Wenden wir nur an einem Raine, Holzrande, Gartenzaune oder ähnlichem Orte einen etwas größeren Stein um, so finden wir im Winter unter andern in einer runden Grube, mit etwas Erde bedeckt, in halbmondförmiger Lage ein sammetschwarzes Tierchen der Erstarrung anheimgefallen, oder, wenn wir die mildere Witterung nach demselben abwarten, dieses außerhalb des Lagers damit beschäftigt, unter dem Steine sich diesen und jenen kleineren Schlafgenossen zur Beute auszulesen; auch begegnet es uns wohl auf dem Wege, um ein eben totgetretenes Käferchen auszusaugen. Wo wir es auch antreffen mögen, immer erkennen wir es gleich vor den andern durch den dunkeln, sammetartigen Filz, mit dem es auf der Oberseite dicht und so überzogen ist, daß nur die vordere Hälfte des Kopfes frei bleibt. Derselbe ist platt, hornig, hat zwei Augen, ein Paar kurze, dreigliedrige Fühler, kein Kopfschild und keine Oberlippe, kurze, kräftige Kinnbacken mit starkem Zahne in der Mitte, dreigliedrige Taster der in einen halbkreisförmigen Ausschnitt eingefügten Kinnladen, und zweigliedrige der ziemlich großen Unterlippe. Die kurzen Beine an den drei ersten Leibesringen beweisen uns in Verbindung mit den bereits angegebenen Merkmalen, daß wir es mit keinem Wurme, sondern mit einer Käferlarve zu tun haben, die in ihrer sonstigen Körpertracht an die Glühwürmchen erinnert. Ende März, anfangs April mochte es sein, als bei dem besonders häufigen Auftreten der Larven in jenem Jahre öfter wahrgenommen werden konnte, wie eine oder die andere einen Regenwurm oder eine Schnakenlarve erfaßt und sich so fest in ihren Raub eingebissen hatte, daß sie sich mit demselben in die Höhe heben ließ. Sie saugen ihn zunächst aus und verzehren ihn schließlich auch wohl ganz. Wenn ich in früheren Zeiten, in denen mir diese Larven noch unbekannt waren, beim Raupensuchen im Frühlinge einige der weiteren Beobachtungen wegen mit den Raupen zusammen eingeschachtelt hatte, so konnte ich mit Sicherheit darauf rechnen, kaum eine Raupe heil nach Hause zu bringen; die meisten waren von den Käferlarven angebissen, wenn nicht schon getötet, so daß sie sich als nützliche, im Dienste des Garten- und Landbauers stehende Tiere erweisen. Im April oder Mai werden sie ungeschickt im Kriechen, wälzen sich hin und her, verkürzen sich allmählich und liegen fünf bis sechs Tage an solchen Stellen, wo sie ihren Winterschlaf gehalten hatten, dann streifen sie die Haut ab und werden zu einer blaßroten, etwas nach vorn gekrümmten, schwarzäugigen Puppe.

Wenn der Frühling seinen ganzen Reichtum entfaltet, der Schwarzdorn den Schnee seiner zarten Blütchen schon in alle Winde ausgestreut und seinem Bruder, dem Weißdorn, den Preis der Schönheit abgetreten hat, wenn die Schwalben ihre alten Nester schon wieder aufgefunden und für die junge Brut wohnlich eingerichtet haben, wenn Tausende von Kerfen ihre winterlichen Schlupfwinkel längst verlassen haben oder andere der zerbrechlichen Puppenhülle entschlüpft sind: dann stellt sich mit ihnen auch ein schlanker, schwarzer, nicht eben schöner Käfer ein und belagert die Blumen, die ihm in reicher Auswahl erschlossen sind, besonders die Blüten der zahlreichen Sträucher, fliegt, von der Sonne durchwärmt, von einer zur andern, oder hängt hier und da, wie der Maikäfer, bei feuchter und rauher Witterung an den Zweigen, verbissen ob der ihm unbehaglichen Lage. Der gemeine Weichkäfer, Warzenkäfer ( Telephorus fuscus), denn um diesen handelt es sich hier, ist fein grau behaart, rotgelb sind an ihm die Wurzel der elfgliedrigen, an der Stirn eingelenkten Fadenfühler, der Vorderteil des nach unten gerichteten, zum Teil unter dem gerundeten Halsschilde versteckten Kopfes, dieses letztere mit Ausnahme eines schwarzen Vorderflecks, und endlich der Umkreis des siebengliedrigen Bauches. Die verhältnismäßig schlanken Beine haben sämtlich fünf Fußglieder, deren vorletztes sich in zwei Lappen spaltet. Die äußere Klaue der Hinterfüße hat an der Wurzel ein kleines Zähnchen, während es allen andern fehlt. Auf der Gesamtheit dieser Merkmale beruht der Unterschied dieser von mehreren hundert andern, ihr teilweise sehr ähnlichen Arten, die als Gattungsgenossen (früher auch Cantharis genannt) in allen Weltteilen leben, den kälteren Erdstrichen und besonders dem Gebirge eigen sind und entschieden ihre Larven zu den oben besprochenen »Insektenregen« hergegeben haben und ferner hergeben werden. In der dicken, gewimperten Zunge, der äußeren gerundeten Unterkieferlade, der inneren schmalen und zugespitzten und in der Form, die unsere Figur vergegenwärtigt, stimmen sie alle überein. Um ihre Nahrung dort zu finden, suchen die Käfer mit Vorliebe blühende Pflanzen auf, entnehmen dieselbe aber meist nicht den Blüten selbst, sondern ergreifen andere des Honigs wegen gleichfalls sich dort einfindende Kerfe. Indes begehren sie nicht ausschließlich Fleischkost, sondern genießen auch Pflanzensäfte, und die genannte, wie eine sehr nahestehende zweite Art ( Telephorus obscurus), hat wiederholt an jungen Eichentrieben gefressen und deren Spitzen zum Absterben gebracht. Daß eine lehmgelbe Art, deren mehrere bei uns vorkommen, durch Benagen der noch weichen Getreidekörner das »Mutterkorn« erzeuge, gehört in das Reich der Fabeln, obschon es allen Ernstes behauptet worden ist.

Den freien Kopf mit nicht abgesetztem Schilde und undeutlicher Oberlippe, die nicht zusammengedrückten Beine, deren Schenkelring an der Innenseite der Schenkel liegt und deren viertes Fußglied sich in zwei Lappen teilt, sowie den siebenringeligen Hinterleib hat die eben besprochene mit noch andern, vorzugsweise in Amerika heimatenden Gattungen gemein, weshalb man diese alle zu der Sippe der Telephoriden vereinigt hat.

 

Von einer Anzahl kleinerer ausschließlich auf Blumen und blühenden Gräsern anzutreffenden Weichkäfern, die wegen anderer Fühleranheftung sowie wegen des deutlich geschiedenen Kopfschildes zu der Sippe der Melyriden zusammengefaßt worden sind, dürfte der große Blasenkäfer ( Malachius aeneus) am meisten interessieren. Er mißt zwar nur 6,5 Millimeter, ist aber der größte heimische seiner mit zahlreichen Arten auf Europa und die angrenzenden Teile Asiens und Afrikas beschränkten Gattung. Der dem Warzenkäfer gleich geformte Körper ist glänzend grün von Farbe, am Vorderkopfe goldgelb, an den Vorderecken des Halsschildes und an den Flügeldecken, mit Ausnahme eines breiten, grünen Nahtfleckes, scharlachrot. Beim Männchen läuft das zweite und dritte Glied der fadenförmigen Fühler nach unten in einen krummen Haken aus; diese sitzen zwischen den Augen tief unten an der Stirn, von der das viereckige Kopfschild deutlich geschieden ist. Der genannte Blasenkäfer besitzt wie alle andern Arten die Fähigkeit, aus den Körperseiten rote Wülste auszustülpen, wenn er angefaßt oder sonstwie gereizt wird. Der überall im Frühjahr gemeine Käfer gewinnt durch die Verfolgungen der Larven des Rapsglanzkäfers für den Landwirt einen gewissen Wert.

Die Larven der ganzen Sippe haben mehr als ein Punktauge auf jeder Seite, sechs Füße und endigen in zwei fleischige Spitzchen. Sie nähren sich ausschließlich vom Raube, halten sich hinter Baumrinde, in alten Strohdächern und anderwärts, mehr im Verborgenen, als frei auf der Oberfläche der Pflanzen auf.

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Der ameisenartige Buntkäfer ( Clerus formicarius) vergegenwärtigt die Körpertracht der aus reichlich sechshundert meist ausländischen Gliedern bestehenden Familie der Cleriden ( Cleridae); sie finden sich fast alle an altem Holzwerke und leben gleich ihren Larven vom Raube. Der genannte Buntkäfer zeigt sich häufig in Nadelwäldern, besonders an abgeschlagenen oder reichlich zerbohrten noch stehenden Stämmen. Hier läuft er emsig, wie eine Ameise, auf und ab und stellt vorzugsweise den Borkenkäfern nach. Hat er einen erwischt, so hält er ihn mit den vorderen Füßen fest und verspeist ihn. Halsschild und Wurzel der Flügeldecken bis zur vorderen der beiden weißen Querbinden sowie die Unterseite sind bei dem sonst schwarzen Käfer rot gefärbt. Die sämtlich bunten und auf der ganzen Erde verbreiteten Arten haben als gemeinsame Merkmale ein zweilappige Zunge, ein großes, quer beilförmiges Endglied der Lippentaster, ein viereckiges Kinn, ausgerandete Oberlippe und Augen, das sechste bis achte Glied der Fühler kürzer als die vorhergehenden, die drei letzten eine schwache, gesägte Keule bildend. Der Rücken des herzförmigen, an der Wurzel eingeschnürten Halsschildes verschmilzt mit den Weichen und ist schmäler als die gleichläufigen Flügeldecken Die vordersten Beine beginnen mit mäßig heraustretenden, walzig-kegelförmigen Hüften, die mittleren mit fast kugeligen, voneinander abgerückten, die hintersten mit queren, von den Schenkeln bedeckten, das sehr kurze erste Fußglied wird vom zweiten derartig bedeckt, daß nur ihrer vier vorhanden zu sein scheinen.

An der rosenroten Larve sind das Halsschild auf dem Rücken vollständig, die beiden folgenden Ringe nur fleckenartig mit Chitin bekleidet. Der Kopf trägt jederseits in zwei Reihen fünf Nebenaugen, unter einem Vorsprunge über der Kinnbackenwurzel zweigliedrige Fühler, ein schmales, pergamentartiges Kopfschild, eine vorgestreckte, vorn gebuchtete Oberlippe, kurze, dreigliedrige Kiefertaster und zweigliedrige Lippentaster auf hornigen, an der Wurzel verwachsenen Stämmen. Diese Larve erwirbt sich noch mehr Verdienste um den Forst als der Käfer, indem sie hinter der Baumrinde den Larven des verschiedenen Ungeziefers eifrig nachstellt.

Kräftiger, sonst aber von demselben allgemeinen Baue, gestalten sich die Immenkäfer ( Trichodes), meist stark behaarte, dunkelblaue oder grünschimmernde Kerfe mit roten, blaugebänderten oder umgekehrt mit blauen, rotgebänderten Flügeldecken. Ihre Oberlippe ist fast viereckig, der Oberkiefer an der Spitze dreizähnig, der Unterkiefer aus zwei gefransten Lappen und fadenförmigen langen Tastern zusammengesetzt, das Endglied der noch längeren Lippentaster dreieckig, ebenso die plattgedrückte, aus den drei letzten Gliedern gebildete Fühlerkeule und der Ausschnitt der Augen. Das zylindrische Halsschild verengt sich nach hinten, die Flügeldecken haben genau die Gestalt wie bei den Buntkäfern. Auch hier verkürzt sich an den kräftigen Beinen das erste Fußglied, wogegen das zweite der Hinterbeine eine lange Walze darstellt. Das Viertelhundert bekannter Arten heimatet fast ausschließlich in der nördlichen Halbkugel; sie stellen sich auf Blumen ein, besonders den Dolden und Spirstauden, um Jagd auf andere Infekten zu machen.

Der gemeine Immenkäfer ( Trichodes apiarius), von durchschnittlich 12 Millimeter Länge, ist glänzend schwarzblau, dicht punktiert und rauhaarig; die grob punktierten Flügeldecken erweitern sich schwach nach hinten und sind mit Ausschluß der Spitze und zweier Querbinden, deren vordere sich in Flecke auflösen, in seltenen Fällen ganz fehlen kann, hochrot gefärbt. Man findet ihn vom Mai bis Juli an den angegebenen Stellen in Deutschland nirgends selten.

Die Larve gleicht der des Buntkäfers ungemein, ist nur etwas gedrungener, nach hinten wenig dicker und hält sich vom Juli bis zum April des nächsten Jahres in den Gängen der Holzwespenlarven ( Sirex) auf, denen sie nachgeht, in den Nestern verschiedener wilder Bienen ( Osmia, Megachile), aber auch in denen der Honigbiene, wo sie Larven, Puppen und herabgeworfene, halbtote Bienen verzehrt. Sie findet sich hier vorzugsweise auf dem Boden unreinlich gehaltener Stöcke und verbirgt sich in Spalten. Hat sie sich aber erst in eine Bruttafel eingenistet, so arbeitet sie im Innern Gänge und verzehrt natürlich gesunde Brut; nur dann, wenn es solche nicht mehr gibt, kriecht sie heraus und überwintert in Fugen und Ritzen. Im April fängt sie wieder an zu fressen, setzt dies bis tief in den Mai fort, dann aber geht sie in die Erde, fertigt eine Höhlung, die sie austapeziert, und wird in drei bis vier Tagen zu einer Puppe. Nach vier bis fünf Wochen kommt der Käfer aus derselben hervor. Manche Larven scheinen sich schon im ersten Jahre zu verpuppen und in diesem Zustande zu überwintern; solche liefern bereits im nächsten Mai den Immenkäfer.

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Der Dieb oder Kräuterdieb ( Ptinus fur), ein Glied der Familie der Holzbohrer ( Bostrychidae), gesellt sich zu den unangenehmen Hausgenossen, deren schon einige, wie der Pelzkäfer, der Speckkäfer und deren Gelichter zur Sprache kamen, lebt ebenso wie sie verborgen in Winkeln, und kriecht meist nur bei Nacht lebhaft nach Beute an den Wänden in die Höhe. Seine graulich weiße, nur 4,5 Millimeter messende Larve hat einen augenlosen, braunen Kopf mit sehr kurzen Fühlern, kräftige Freßzangen, sechs Beine und einen behaarten Körper, den sie einkrümmt, als Anzeichen, daß freies Umherkriechen zu ihren Liebhabereien nicht gehört. Herbarien und Insektensammlungen sind ihre liebsten Aufenthaltsorte, und besonders in ersteren richtet sie in kurzer Zeit den größten Schaden an; denn sie nistet in den großen Blütenköpfen der Kompositen, durchlöchert beim Suchen nach einem ihr zusagenden Weideplatze dicke Papierlagen in den Pflanzenmappen, und gleichzeitig alle Stengel, Blätter, Blüten, die ihre Straße versperren. In Niederlagen, Vorratskammern, kurz, überall da, wo genießbare Gegenstände irgendwelcher Art längere Zeit ungestört liegen, findet unsere Larve auskömmliche Nahrung. Im August umspinnt sie ihr letztes Lager mit den Abnagseln ihrer Umgebung, wird zur Puppe und schon in vierzehn Tagen zu einem kaum 3,5 Millimeter langen, unscheinbaren Käfer, dessen Aussehen sich je nach den Geschlechtern ändert. Das Weibchen hat eiförmige, vorn und hinten durch Behaarung weißfleckige Flügeldecken, das Männchen fast walzige und ungefleckte, tiefe Punktstreifen auf diesen; ein fast kugeliges, hinten jedoch eingeschnürtes Halsschild mit vier, von Haarbüscheln gebildeten Höckern auf seiner Scheibe, keulenförmige, fast gestielte Schenkel und rostbraune Körperfarbe haben beide Geschlechter miteinander gemein und unterscheiden sie von andern Arten. Die Gattung Ptinus (Bohrkäfer) wird erkannt an dem eingezogenen Kopfe, den genäherten, fadenförmigen, vom vierten Gliede an zylindrisch gegliederten Fühlern, den runden, vortretenden Augen, dem lang spindelförmigen Endgliede der Taster, am hinten verengten Halsschilde, dessen Rücken mit den Weichen verschmilzt, an den walzigen, wenig heraustretenden vorderen und den nach innen nicht merklich erweiterten hintersten Hüften.

Hin und wieder zeigen sich in den menschlichen Behausungen noch andere Arten derselben oder einer ungemein nahestehenden Gattung, so hat namentlich in jüngster Zeit der durch den Handel in Deutschland eingeführte messinggelbe Bohrkäfer ( Ptinus hololeucus) einiges Aufsehen erregt. Der gedrungene, im Halsschilde kugelrunde, in den Flügeldecken breit eiförmige, artige Käfer fällt durch das messinggelbe, dicht anliegende und seidenartige Haarkleid, sofern es nicht fleckenweise abgerieben, die schwarze Grundfarbe durchblicken läßt, sofort in die Augen. Wegen des gedrungenen Baues und weil die Oberlippe ausgerandet, der Zahn in der Kinnmitte stumpf ist, während jene ganzrandig, dieser spitz bei Ptinus ist, hat man unsern Käfer einer besonderen Gattung Niptus zugewiesen. Vor einer Reihe von Jahren gelangte er aus England in die Sammlungen der Deutschen. Neuerdings hat er sich nun lebend in Hamburg, Zwickau, Roßwein in einzelnen Häusern gefunden, ist mir Ende April 1873 lebend zugeschickt worden, mit dem Bemerken, daß er trotz seiner stellenweise in Quedlinburger Niederlagsräumen beobachteten ungeheuren Vermehrung jetzt wieder seltener zu werden beginne, und begegnete mir schließlich in den eigenen Wohnräumen, in die er durch Verpackung von Glaswaren eingeschleppt sein dürfte. Der Käfer stammt ohne Zweifel aus dem fernen Osten; denn Falderman hat ihn zuerst in seiner transkaukasischen Fauna benannt und beschrieben. Im Freien hat er sich in Deutschland bisher sicher noch nicht fortgepflanzt.

 

Die Klopf- oder Werkholzkäfer ( Anobium) bohren als Larven in abgestorbenem Holze, vorzugsweise in dem der Nadelbäume oder Pappeln, Linden, Birken, Ellern und andern durch Weichheit ausgezeichneten Laubholzes, und können daher an Orten, wo sie ungestört sind, wie in Kirchen, unbewohnten Schlössern, an Bildsäulen, wertvollen Schnitzeleien, an alten Erbstücken von Möbeln in unsern Wohnzimmern sehr beträchtlichen Schaden anrichten. Gekrümmt an dem faltigen Körper wie die vorige, und mit sechs kleinen Beinchen versehen, arbeiten sie Gänge im Holze, zunächst unter Schonung der Oberfläche, und lassen des Abends, wenn alles ruhig ist, ihr Schrapen hören, indem sie in einem alten Schrank, einem Tisch- oder Stuhlbein ihrem Zerstörungswerke nachgehen, und nach und nach deren Inneres in unzusammenhängende Brocken und Staub umwandeln. Im Mai oder später, je nach der Art, pflegen sie erwachsen zu sein. Dann nagen sie sich ein etwas geräumiges Lager und werden zu Puppen, diese in einigen Wochen zu Käfern, die nun das Werk der Larve fortsetzen und durch ein kreisrundes Flugloch das Freie suchen. Mehrere solcher Löcher, die den späteren Larven auch dienen, um das Bohrmehl auszustoßen, verraten mit der Zeit die Anwesenheit des »Wurmes« in irgendeinem Holzgerät, in Balken oder in den Fensterbekleidungen des alten Gebäudes. Ist es aber erst dahin gekommen, so läßt sich zur Erhaltung der angegriffenen Gegenstände wenig oder nichts mehr tun. Das einzig wirksame Mittel, diese und andere Möbelzerstörer zu vernichten, ist ein unter starken Überdruck bewerkstelligtes Durchgasen der Möbel mir Giftgasen, ähnlich wie das »Entlausen« der Kleider im Kriege vorgenommen wurde. Hrsgbr. Im Juni fällt für gewöhnlich die Flugzeit der Käfer, und jetzt findet man sie da, wo sie einmal hausen, in Paarung, das kleinere Männchen auf dem größeren Weibchen sitzend. Der kapuzenförmige, bucklige Vorderrücken, der seitlich scharf gekantet und daher mit den Weichen nicht verschmolzen ist, ein kleiner, nach unten gerichteter, zum größten Teile darin versteckter Kopf, eine schmale, lose Fühlerkeule, die so lang oder länger ist, als die ihr vorangehenden südlichen Geiselglieder, obschon sie nur davon drei umfaßt, und ein walziger Körper lassen sie auch vom unbewaffneten Auge erkennen. Das Endglied der Lippentaster erweitert sich und ist gestutzt, die Spitze der Kinnbacken zweizähnig; der Unterkiefer ist aus zwei behaarten Laden und aus fadenförmigen viergliedrigen, vorn schräg gestutzten Tastern zusammengesetzt. Die Beine haben an den beiden vorderen Paaren wenig vortretende, walzige Hüften, an den hintersten kaum nach innen erweiterte, alle fünf ungeteilte Fußglieder und können wie die Fühler an den Körper angedrückt werden; denn auch diese Käfer stellen sich tot und lassen in solcher Lage alles über sich ergehen, weshalb man der einen Art den Namen »Trotzkopf« beigelegt hat.

Der bunte Klopfkäfer ( Anobium tessellatum) ist der größte von allen. Durch die unterwärts nicht ausgehöhlten Seiten des Halsschildes und eine seine, über den ganzen Körper mit Einschluß der Flügeldecken ausgebreitete Punktierung unterscheidet er sich von allen andern; außerdem zeichnen ihn dreieckige Fußglieder und die Oberseite des braunen Körpers eine Sprenkelung von grau gelben Haaren aus. – Der Trotzkopf, die Totenuhr ( Anobium pertinax), ist schwarz oder Pechbraun, merklich kleiner, hat den Seitenrand und die Ecken des Halsschildes abgerundet, eine rautenförmige Vertiefung an der Wurzel des letzteren beiderseits davon ein gelbes Haarfleckchen und, wie die folgenden, tiefe Punktstreifen auf den Flügeldecken. – Der gestreifte Werkholzkäfer ( Anobium striatum) ist fast um die Hälfte kleiner als der vorige, heller oder dunkler pechbraun, fein und kurz behaart, auf den Flügeldecken punktiert gestreift, hinten gerundet, nicht abgestutzt. Der Rand des Halsschildes biegt sich in der Gegend der Schultern winklig auf, hat aber keine Einkerbung. – Der Brotkäfer ( Anobium paniceum), um noch eine vierte, oft in ungeheurer Menge vorkommende Art von den Körperverhältnissen der vorigen zu nennen, hat ein durchaus gleichmäßig flach gewölbtes, vorn etwas verengtes Halsschild, und eine seine, ziemlich dichte Behaarung auf dem rötlichbraunen und walzenförmigen Körper. Diese Art lebt nicht bloß, wie ihr Name andeutet, in altem, knochenhart gewordenem Brote, sondern überhaupt in mehl- und zuckerhaltigen Pflanzenstoffen, in Sämereien, in Gemeinschaft mit dem Diebe in Herbarien, durchlöchert das Papier, das schlecht schließenden Fenstern nachhelfen soll und durch Stärkekleister aufgeklebt worden ist, bewohnt den Schiffszwieback und richtet so in der verschiedensten Weise Schaden an. An solche Gegenstände legt das Weibchen seine zahlreichen Eier ab, die ihnen folgenden Larven bohren sich ein und verwandeln mit Beihilfe der Käfer den betreffenden Körper in Brocken und Staub, wenn sie in ihrer Tätigkeit nicht gestört werden.

Alle diese Käfer verursachen zu Zeiten ein klopfendes, durch seine Regelmäßigkeit an das Ticken der Taschenuhr erinnerndes Geräusch. Hörte man es abends und nachts in einem stillen Krankenzimmer – einem Orte, der sich vor allen andern zu dergleichen Wahrnehmungen eignet –, so mußte es dem alten Aberglauben zufolge die letzten Lebensstunden des schwer Darniederliegenden verkündigen, daher »Totenuhr«. Als man nach einer natürlichen und vernünftigen Erklärung dieser Erscheinung suchte, glaubte man sie in dem rhythmischen Nagen jener Larven und der Käfer gefunden zu haben. Dieses ist allerdings ein sehr gleichmäßiges, aber nichts weniger als den Ton einer Uhr nachahmendes. Vielmehr bringen die Käfer selbst dieses Geräusch, und zwar in folgender Weise hervor. Vorderbeine nebst Fühler angezogen, den Körper hauptsächlich auf die Mittelbeine gestützt, schnellt der Käfer jenen vor und schlägt mit Stirn und Vorderrand des Halsschildes gegen das Holz. Becker in Hilchenbach teilt hierüber seine Beobachtungen mit, wie folgt: »Unter vielen Fällen, in denen ich das Klopfen belauschte, ist mir nur ein einziger bekannt, wo dieses der Käfer außerhalb seines Ganges im Holze verrichtete. Es war am 1. Mai 1863, als ich in einem Zimmer meiner Wohnung, wo aufgehobene alte Dielen aufgestellt waren, dieses gegen Abend hörte. Das vorsichtige Umdrehen der Dielenstücke führte mir zwei noch nicht lange ausgeschlüpfte Käfer von Anobium tessellatum zu, ich brachte sie unter eine Glasglocke auf einem Tische und fand sie zu meiner Überraschung nach einer Stunde in der engsten Verbindung. Als diese einige Zeit gewährt und beide etwa drei Zoll voneinander gelaufen waren, begann das Weibchen sein Locken durch Klopfen; das Männchen streckte die Fühler, wie zum Lauschen gerade aus und antwortete nach dem zweiten Rufe dem Weibchen mit demselben Zeichen; so wurde unter Näher- und Näherrücken dieses Liebesduett mit Erfolg fortgesetzt. Das abwechselnde Klopfen und Begatten dauerte in größeren und kleineren Zwischenräumen bis zum andern Nachmittag fort. Nach dieser Zeit saßen beide Käfer ruhig und voneinander entfernt. Am andern Morgen verriet das Männchen an allen seinen Bewegungen eine bedeutende Schwäche, konnte nicht mehr ordentlich gehen und verendete den folgenden Tag«. Im nächsten Jahre fand der Berichterstatter seine Wahrnehmungen von neuem bestätigt und erzählt dann weiter von einem Pärchen, das er am 1. April des abermals nächsten Jahres aus altem Holze erzogen, und jedes einzeln in gut verschlossene, leere Zündholzbüchschen gebracht hatte: »Am 8. April«, heißt es, »hörte ich den einen in der Abenddämmerung klopfen, worauf der andere bald antwortete. Das Männchen war zu meinem großen Leidwesen in der Nacht gestorben, das Weibchen machte mir aber um so größere Freude; denn als ich mit einer Stricknadel durch Stoßen auf den Tisch, auf dem das Büchschen mit ihm stand, dessen Klopfen nachzuahmen versuchte, antwortete es mir mit demselben Zeichen, und zwar an späteren warmen Tagen zu jeder Zeit mit einer solchen Hitze, daß sich leicht deren Ursache – Liebessehnsucht – verriet. Am 2. Mai antwortete mir der Käfer zum letztenmal; bis zum 15. Mai lebte derselbe noch, ohne in sechs Wochen mir bekannte Nahrung zu sich genommen zu haben.« Auch ich hatte Gelegenheit, dieselbe Art, wenn auch unvollkommener als Becker, beim Klopfen zu belauschen. Es war am 15. und 16. April 1872 in den Nachmittagsstunden, als ich in meinem, nach einer belebten Straße sehenden Zimmer, am Arbeitstische sitzend, auf lautes Klopfen aufmerksam wurde. Am ersten Tage war es bald verklungen und ich ging ihm daher nicht weiter nach, als es am folgenden aber wieder und anhaltender hörbar wurde, spürte ich dem Urheber nach und fand endlich oben zwischen den Fenstern hinter etwas losgesprungener Tapete an dieser einen bunten Klopfkäfer sitzen, der durch Stoßen an das steife und federnde Papier ein besonders lautes Geräusch hervorgebracht hatte. Das Klopfen, das sich vom Juni bis zum August an warmen Tagen oder Nächten vernehmen läßt, rührt von dem sich später entwickelnden Trotzkopfe her. Die »Totenuhr« der Schwachköpfe hat sich somit nach den Beckerschen Beobachtungen unzweifelhaft in eine »Lebensuhr« umgewandelt. Um neues Leben zu erzeugen, klopfen sich die Werkholzkäfer zusammen, wie sich die allerdings mehr poetischen Lampyriden zusammen leuchten.

Man findet alle diese Käfer auch im Freien, wo es ja nirgends an altem Holze fehlt, aber auch noch viele andere, sehr ähnliche, bedeutend kleinere, höchstens 3,37 Millimeter lange, der Gattung Cis angehörige, die oft zu Hunderten beieinander in holzigen Baumschwämmen wohnen und darin ebenso bohren, wie die besprochenen im Holze. Lacordaire weist sie mit noch mehreren andern Gattungen einer besonderen Familie zu, während wir es vorzogen, sie mit den vorigen zu der Familie der Holzbohrer ( Xylophagi oder Ptiniores) zu vereinigen, indem sie ein horniges Kinn, eine Zunge von häutiger oder lederartiger Beschaffenheit, zwei blattartige und gewimperte Laden, meist elfgliedrige, vor den Augen eingelenkte Fühler, walzige oder kugelige Hüften der vier vorderen Beine, meist fünfgliedrige Füße, einen aus fünf (selten sieben) Bauchringen zusammengesetzten Hinterleib und einen walzigen Körper miteinander gemein haben. Die Anobien gehören zu den ältesten, auf Bäumen lebenden Käfern. Man hat sie und ihr Holzmehl im Bernstein gefunden, so daß sie also schon in den alten sog. Bernsteinwäldern existiert haben. Hrsgbr.

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Mit der Familie der Schwarzkäfer oder Tenebrioniden ( Melasomata, Tenebrionidae) beginnt die Reihe der verschiedenzehigen Käfer ( Heteromera). So mannigfaltig auch die Tracht der zahlreichen Sippen ausfällt, in die man die mehr denn zehntausend Arten Diese Familie gehört zu den umfangreichsten unter den Käferfamilien. gruppiert hat, legen sie doch in andern Beziehungen, als in der schwarzen Färbung und in der Fußbildung, so viele Übereinstimmung an den Tag, daß sie ein großes, abgeschlossenes Ganzes bilden. In Ansehung der Mundteile bedeckt das in einer Ausrandung der Kehle eingelenkte Kinn die Zunge mit ihren Nebenzungen häufig, bewehrt ein Mahlzahn die kurzen und kräftigen Kinnbacken am Grunde, ist von den beiden Lappen des Unterkiefers der innere kleinere oft mit Hornhaken versehen. Die Augen sind breiter als lang, meist flach und vorn ausgerandet, die Fühler elf-, selten nur zehngliedrig, seitlich vor den Augen, unter dem vorspringenden Wangenrande eingefügt und aus deutlich abgesetzten Gliedern gebildet, wodurch sie ein schnurförmiges Ansehen erhalten. Die Hüften liegen stets voneinander entfernt, die vorderen, kugeligen in geschlossenen Pfannen, die hintersten sind breiter als lang, und die Klauen der Füße einfach. Am Bauche unterscheidet man stets deutlich fünf freie Ringe. Da diesen Schwarzröcken, der Flügel meist bar, die Decken sogar oft an der Naht zusammengewachsen sind, so fehlt ihnen nicht nur der Trieb, sondern überhaupt das Vermögen, den Flug nach oben zu nehmen, sie meiden daher das Licht, fühlen sich an dem dumpfigen Boden, unter Steinen, hinter faulenden Wurzeln und Rindenstücken, in den Schmutzwinkeln der Häuser am wohlsten, und nehmen von ihrer unflätigen Umgebung auch einen widerlichen Geruch an, sind somit in jeder Hinsicht höchst unliebenswürdige Finsterlinge. Neben dem großen Heere der düster gefärbten, trägen und lichtscheuen Arten, die in Afrika mit Einschluß der Mittelmeerländer ihren Hauptsitz haben und nur in einzelnen Vertretern auch anderweitig vorkommen, finden sich lichtere, metallisch glänzende, geflügelte und beweglichere Arten, die an Baumstämmen umherkriechen oder sich noch höher erheben, und dadurch ihre Verwandtschaft zu andern verschiedenzehigen Familien bekunden.

siehe Bildunterschrift

Gemeiner Trauerkäfer ( Blaps mortisaga)

In den wenig bekannten Larven zeigen die Schwarzkäfer große Übereinstimmung: einen langgestreckten, wurmförmigen, etwas niedergedrückten Körper, der in der Spitze oder in zwei Anhängsel ausläuft und durchaus hart bepanzert ist, sechs fünfgliedrige Beine, viergliedrige Fühler, eine Lade im Unterkiefer, und keine, zwei oder fünf Augen jederseits des Kopfes.

Unter Verleugnung einer Reihe von gedrungen und gestreckten, nur im südlichen Europa gedeihender Formen sei zunächst des in ganz Europa lebenden, am liebsten in Kellern und ähnlichen dunklen Winkeln der Häuser sich aufhaltenden Finsterlings gedacht, der weniger im Munde des Volkes, als in der Schriftsprache unter dem Namen des gemeinen Trauerkäfers oder Totenkäfers ( Blaps mortisaga) sein erbärmliches Dasein fristet. Auch Moufet erwähnt ihn neben den Schaben und meint, er würde gewiß unbekannt geblieben sein, wenn ihn ( Blatta foetida) Plinius nicht als den Spitzsteiß näher bezeichnet hätte, da er ohne diese Eigenschaft mit andern, namentlich pillendrehenden Käfern leicht verwechselt werden könne. Obgleich sein Körper so gebildet sei, daß man schwören möchte, er habe Flügel, so sei doch nicht einmal das Männchen bei dieser Gattung beflügelt, wie Plinius gefaselt habe. Dann fährt Moufet fort: »Er lebt in Kellern und ist Gastfreund der Mistgruben, kriecht in der Nacht in trägem Marsche hervor, kehrt aber beim leisesten Anzeichen von Licht oder der menschlichen Stimme in die Finsternis zurück; in Wahrheit ein schamhaftes und im höchsten Grade lichtscheues Tier, nicht wegen Blödsichtigkeit, sondern im Bewußtsein seines schlechten Geruches und seiner Übeltaten; denn er liebt schmutzige Gastmähler, durchbricht fremde Mauern und beleidigt durch seinen häßlichen Geruch nicht nur die Nahestehenden, sondern die ganze Nachbarschaft. Er lebt einsam und kaum finden sich zwei beieinander. Ob er aus der Schmutzmasse entstehe oder durch gegenseitige Vereinigung eines Männchens und Weibchens, wissen wir nicht.« Der letzte Zweifel ist längst gelöst und die Larve des Käfers von mehreren Landsleuten Moufets später abgebildet worden. Sie ist der des Mehlkäfers sehr ähnlich. Im übrigen übertreibt Moufet die unangenehmen Eigenschaften und die Lichtscheu des Tieres, indem dasselbe nicht unangenehmer riecht als andere Familiengenossen und hundert andere in ähnlicher Weise lebende Käfer. Alle Blapse haben die vorliegende Körperform, zusammengewachsene Flügeldecken, eine sichtbare Oberlippe, ein keilförmiges Endglied der Kiefertaster, eine unter der rautenförmigen Kinnplatte versteckte Zunge, an den Hüften der Mittel- und Hinterbeine einen kleinen Anhang, zwei Enddornen an den Vorderschienen und kurz bewimperte, kaum zusammengedrückte Füße, die stets viel kürzer als ihre Schienen sind. Bei unserer Art ist die ausgezogene Flügeldeckenspitze in beiden Geschlechtern gleich lang, und das Männchen vor dem Weibchen durch einen Büschel gelben Filzes mitten am Hinterrande des ersten Bauchringes ausgezeichnet.

Von den Feistkäfern ( Pimelia) kommen vierzig im südlichen Europa, mehr noch im nördlichen Afrika samt Vorderasien vor. Sie führen den Namen mit Recht; denn alle Teile von ihnen sind gedrungen und massig, das Endglied der Taster stark gestutzt, die gebuchtete Oberlippe vorspringend, das dritte Glied der sonst kurzen Fühler auffallend lang, die Vorderschiene dreieckig erweitert, die übrigen zusammengedrückt und vierkantig. Die Pimelia distincta aus Spanien zeichnet sich durch ein glänzend glattes, an den Seiten erhaben punktiertes Halsschild, matte, runzelig punktierte Flügeldecken, deren jede in gleichen Abständen von vier glänzenden Längsrippen außer den ebenso gebildeten Nahtleisten durchzogen wird. Nur an der Oberflächenbeschaffenheit und an den geringen Abweichungen in den Körperumrissen sind die ähnlichen Arten oft nicht leicht voneinander zu unterscheiden.

Die Feistkäfer kommen vorherrschend an den Meeresküsten vor, wo sie sich unter Steinen, in leeren Schneckenhäusern, zwischen dem ausgeworfenen und aufgehäuften Seetang versteckt halten und an verwesenden Stoffen aller Art nie Mangel leiden.

Schließlich sei noch einer Art gedacht, die einzige vielleicht, mit der wir nach mehr als einer Seite hin zu Hause Bekanntschaft machen können, ohne dadurch unangenehm berührt zu werden. Ich meine den Mehlkäfer, Müller ( Tenebrio molitor). Der wissenschaftliche Gattungsname ist auf die ganze Familie übertragen worden, nicht als ob der Käfer dieselbe am besten vergegenwärtigte, sondern sicher nur darum, weil man seine verbreitetste Bekanntschaft vorausgesetzt hat. Die deutschen Benennungen deuten auf seinen Aufenthalt und seine Geburtsstätte, denen zufolge wir uns nicht wundern dürfen, vorübergehend eine seiner braunen Flügelreste oder Überreste seines mageren Körpers, vielleicht auch seine Larve in das Brot eingebacken zu finden, falls der Bäcker es an der nötigen Vorsicht und Reinlichkeit hat fehlen lassen.

Die Larve oder der Mehlwurm, wie sie allgemein heißt, lebt indes nicht ausschließlich im Grund der Mehl- und Kleiekästen, nicht bloß in allen Winkeln und unzugänglichen Plätzchen von Mühlen, Backhäusern oder Hauswirtschaften, wo die genannten Nahrungsmittel hinstäuben und jahrelang unberührt liegenbleiben, sie kommt auch an wesentlich andern Örtlichkeiten vor und ernährt sich von noch ganz andern Stoffen. Ich fand sie einst in Menge und verschiedener Größe in einem etwas Erde haltenden, zur Zucht von Schmetterlingsraupen bestimmten Kasten, den mir ein Bäckerhaus bewohnender Freund geliehen hatte. Die darin befindlichen, längst vergessenen Puppen und einige Schmetterlingsleichen dienten den Larven zur Nahrung. Andere haben sie im Miste der Taubenschläge gefunden, wo gar mancherlei für sie abfällt, und alle diejenigen, die insektenfressende Singvögel in Mehrzahl halten, züchten bekanntlich die Mehlwürmer um ihren gefiederten Pfleglingen von Zeit zu Zeit einen Leckerbissen reichen zu können. Zu diesem Zweck bringt man eine Anzahl Larven in einen alten, breiten Kochtopf mit etwas Kleie, vertrocknetem Brot und alten Lumpen zusammen, deckt denselben zu, damit die ausgeschlüpften Käfer nicht entweichen, sondern ihre Brut an dem ihnen angewiesenen Orte wieder absetzen. Besonders fruchtbringend gestaltet sich die Aufzucht, wenn von Zeit zu Zeit die Leiche eines kleinen Säugers oder Vogels dargereicht wird. Die Käfer und Larven skelettieren solche fast vollständig und liefern Präparate, die, durch Abschaben der noch anhaftenden Sehnenfasern nachträglich gereinigt und geglättet, allen Anforderungen genügen, um in einer Skelettsammlung aufgestellt werden zu können. Ehe die Mehlwürmer erwachsen, häuten sie sich viermal, und man könnte eine solche Larvenhaut für ein abgestorbenes Tier halten, weil sie wegen ihrer Härte die natürliche Gestalt beibehält. Sie sind glänzend gelb, bis 26 Millimeter lang, haben einen kleinen eiförmigen und augenlosen Kopf, dessen Mundöffnung nach unten gerichtet ist, kurze, viergliedrige Fühler, sechs Beine mit ebensoviel Gliedern, und an dem stumpf zugespitzten letzten Leibesringe zwei schwarze, nach oben gerichtete Hornspitzchen. Schon bei Besprechung der »Drahtwürmer« wurde auf übereinstimmenden Körperbau mit den Mehlwürmern hingewiesen. Wie jene, können auch diese infolge ihrer Glätte und starken Muskelkraft sich leicht zwischen den Fingerspitzen durchwinden, wenn man sie nicht recht festhält.

Ungefähr im Juli erfolgt die Verpuppung an dem gewohnten Aufenthaltsorte der Larve, gern in einem Winkel, zwischen Brettern, die wohl auch zur größern Bequemlichkeit an den Rändern etwas abgenagt werden. Abweichend von der Larve ist die Puppe zart und weich, von Farbe weiß, mit deutlichen Gliedmaßen und zwei hornigen, braunen Schwanzspitzchen versehen. Jedes Hinterleibsglied erweitert sich zu einem dünnen, viereckigen Vorsprung mit braungezähntem Rande. Nach einigen Wochen erscheint der Käfer, anfangs gelb, allmählich dunkelbraun, am Bauch heller und rötlich schimmernd. Er ist ziemlich flach, mit Ausnahme seines schmalen Kopfes fast gleich breit im ganzen Verlaufe, und hängt, obschon vollkommen geschlossen, infolge der nachgiebigen Verbindungshäute, deren bereits bei den Speckkäfern gedacht wurde, in den drei Hauptteilen lose zusammen. Der Platte, vorn gerundete Kopf steht gerade vor und trägt an seinen Seitenrändern die elfgliedrigen, schnurförmigen, nach der Spitze schwach verdickten Fühler, durch die Backen eingeschnittene Augen, einen hornigen Zahn an der inneren Lade des Unterkiefers, dessen Taster keilförmig enden, und ein abgestutzt eiförmiges Endglied der Lippentaster. Außer der dichten, den ganzen Körper bestreuenden Punktierung ziehen seine Furchen über die Flügeldecken, und beim Männchen krümmen sich die vordersten der drehrunden Schienen. Besonders des Abends wird der reichlich 15 Millimeter messende Käfer lebendig und fliegt umher, so daß man ihn morgens bisweilen in Räumlichkeiten findet, wo er sich bisher noch nie blicken ließ, und die allgemeine Verbreitung seiner Larve leicht erklärlich wird. Seine Entwicklung nimmt durchschnittlich ein Jahr in Anspruch.

Wenn nach Übergehung einer Reihe verschiedenzehiger Käfer jetzt bei einer kleinen Familie halt gemacht wird, deren Glieder gleich den übergangenen weder durch ihre Häufigkeit, noch durch die feindselige oder freundliche Stellung, die sie dem Menschen gegenüber einnehmen, noch sonst wie diesem ein allgemeineres Interesse abverlangen: so ist doch die Art ihrer Entwicklung eine so eigentümliche und von den sämtlichen bisher betrachteten Käfern so abweichende, daß eine kurze Besprechung derselben vollkommen gerechtfertigt erscheint.

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Es handelt sich zunächst um die artenarme Familie der Fächerträger ( Rhipiphoridae), nur kleine, unscheinbare Käferchen, deren senkrechter Kopf wie durch einen Stiel mit dem vorn sehr verschmälerten Halsschilde in Verbindung steht, und beim Männchen wedelförmige oder gekämmte, beim Weibchen meist nur gesägte Fühler trägt. Der Oberkiefer hat innen keinen Hautsaum, das Endglied der Kiefertaster nicht die Beilform, wie bei nahen Verwandten. Die Flügeldecken übertreffen die Halsschildwurzel kaum an Breite, alle Hüften sind einander genähert und zapfenförmig aus den Gelenkgruben vorgestreckt.

Der seltsame Fächerträger ( Metoecus paradoxus), eines der größten Familienglieder (7,6 bis 10 Millimeter), ist schwarz, an den stumpfkantigen Seiten des Halsschildes sowie am kielartig zugeschärften Bauche gelbrot, das Männchen überdies an den Flügeldecken ganz oder nur teilweise gelb; seine Fühlerglieder tragen vom vierten an je zwei lange Fahnenanhänge, während an denen des Weibchens nur ein Zahn steht. Das seitwärts geradlinige und mehr in die Länge gezogene Halsschild springt an den Hinterecken zahnartig, in der Mitte des Hinterrandes dreizipfelig vor und wird in der Mitte seiner Scheibe von einer Längsgrube durchfurcht. Jede Flügeldecke erreicht das Hinterleibsende, nimmt aber durch scharfe Zuspitzung Keilform an, so daß im weiteren Verlaufe sich die Nähte beider nicht berühren, sondern klaffen, eine bei Käfern nur selten vorkommende Bildung. An den langen und dünnen Beinen übertreffen die Hinterfüße ihre Schienen und ihre Schenkel an Länge.

Unser Käfer wird in den Erdlöcher ausfüllenden Nestern der gemeinen Wespe geboren, unter Verhältnissen, die längere Zeit einen Gegenstand des Streites gebildet haben. Andrew Murray behauptete 1869, daß die Larve gleich der Larve der Wespe eine Zelle bewohne und wie letztere von den Arbeiterinnen des Wespenstaates mit demselben Futter ernährt werde, wie jeder rechtmäßige Zellenbewohner. Dieser Ansicht widersprach in demselben Jahre Smith, indem er sich auf Stones Beobachtungen stützte. Nach denselben wird die Larve des Fächerträgers für einen echten Schmarotzer erklärt. Das Weibchen legt sein Ei in eine Wespenzelle, und sobald die in dieser rechtmäßig wohnende Wespenlarve ihre volle Größe erlangt und die Zelle bereits zugesponnen hat, um ihrer weiteren Verwandlung entgegenzugehen, bohrt sich die mittlerweile dem Metoecus-Ei entschlüpfte Larve in dieselbe ein und zehrt sie binnen achtundvierzig Stunden, mit Ausschluß der Hart- und der Kiefernteile, vollständig auf. Das folgende Jahr wird der Streit fortgesetzt. Murray brachte neue, teils auf unhaltbaren, teils auf unvollständigen Beobachtungen fußende Ansichten vor, während Chapmann die Partei des Gegners verstärkte und die bis dahin vollständigsten Mitteilungen über die Lebensweise des seltsamen Fächerträgers veröffentlichte. Ihnen zufolge legt das Weibchen des Metoecus paradoxus seine Eier wahrscheinlich nicht in die Wespennester, sondern außerhalb derselben.

Die dem Ei entschlüpfte Larve ist einer der Spanischen Fliege, die wir bald näher kennenlernen werden, nicht unähnlich, mißt 5 Millimeter, trägt am Raupenkopfe dreigliedrige, weit voneinander entfernte Fühler und einfache Augen, an den drei vordersten Körperringen ein Paar gegliederter Beine, deren drei Fußglieder blattartig erweitert und am Ende mit zwei bis drei Klauen und einer Haftscheibe nach Art eines Fliegenrüssels versehen sind. Jeder Leibesring führt eine rückwärts gekrümmte Seitenborste und der letzte eine doppelte, ähnlich denen der Füße gebildete Haftscheibe. Wahrscheinlich begibt sich diese junge Larve selbständig Vermutlich heftet sie sich an eine ihr nahende Wespe an und läßt sich von dieser in ihr Nest tragen. in die Zelle zu einer Wespenlarve und bohrt sich in dieselbe zwischen dem zweiten und dritten Ringe am Rücken ein, bevor jene ihre Zelle gedeckelt hat. Man sieht die eingebohrte Larve später zwischen dem dritten und vierten Ringe der Wespenlarve durchschimmern. Der Schmarotzer saugt nun an seinem Wohntiere, wie andere Schmarotzerlarven an dem ihrigen, ohne dessen wesentliche Organe zu verletzen. Sein Leib schwillt an und dehnt die Zwischenhäute zwischen den Chitinringen der Körperbedeckung merklich aus. Hierauf durchbricht die Schmarotzerlarve die Haut ihres Wirtes abermals, jetzt also von innen nach außen am vierten Ringe, und häutet sich gleichzeitig, um die Gestalt einer »Made« anzunehmen. In dieser Gestalt saugt sie sich äußerlich an den vierten Ring der Wespenlarve fest und liegt an deren etwas gehöhlten Bauchseite. Diese Larvenform wurde von Murray aufgefunden und beschrieben. – Hat nun die Metoecus-Larve 6 Millimeter Länge erreicht, so häutet sie sich abermals, indem sich ihre Haut auf dem Rücken spaltet und der leere Balg zwischen ihr und dem Wirte hängen bleibt. Sie saugt jetzt letzteren vollständig aus und verpuppt sich in der Zelle. Der Käfer erscheint zwei Tage später als die den benachbarten Zellen entschlüpfenden Wespen, und die vollständige Verwandlung nimmt zwölf bis vierzehn Tage in Anspruch. Der Käfer findet sich Ende August, Anfang September vereinzelt auf Blumen; in dem Staube einer Waldstraße erbeutete mein Sohn 1874 ein Weibchen. Zufolge dieser Erfahrung und weil die Wespen im nächsten Jahre neue Nester bauen, so ist Murrays Ansicht, daß von den Weibchen die Zellen nicht verlassen und mit Eiern beschenkt würden, unhaltbar.

Den interessanten und in den Sammlungen verhältnismäßig seltenen Käfer im Freien zu erbeuten, hängt sehr von einem Glücksumstande ab, und man hat daher auf Mittel gesonnen, sich auf einem sicheren Wege in dessen Besitz zu bringen. Neuerdings hat de Borck ein Verfahren angegeben, das in wespenreichen Jahren zu dem erwünschten Ziele führt. Wenn nämlich die Wespen gegen Abend ihr Nest aufgesucht haben, verstopft man das Flugloch durch einen mit möglichst stinkendem Erdöl (Solaröl, Benzin, auch Terpentinöl) getränkten Wattenpfropfe, schiebt ihn durch einen zweiten trockenen Pfropfen tiefer hinein und bedeckt die Stelle mit lockerer Erde. Am andern Morgen fängt man die etwa später noch angekommenen und ausgesperrten Bewohner des Nestes weg, um vor ihren Stichen gesichert zu sein. Jetzt öffnet man vorsichtig das am Abend vorher geschlossene Flugloch oder stößt neben demselben ein neues, um sich von den betäubenden Wirkungen des Steinöls zu überzeugen. Kommen keine lebenden Wespen zum Vorschein, so hebt man das Nest mit einem Spaten aus, indem man ungefähr 40 Zentimeter im Umkreise die Erde entfernt. Derbe Handschuhe gegen die Angriffe möglicherweise noch lebender Wespen sind ratsam. Nachher nimmt man die Waben mit Larven einzeln vor und findet so die Metoecus, wenn solche – – vorhanden waren.

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Die sich der vorigen unmittelbar anschließende Familie hat den Namen der Pflasterkäfer ( Vesicantia oder Cantharidae) erhalten, weil einige Arten einen eigentümlichen Stoff, das Chantharidin, entwickeln, der Blasen zieht, sobald man ihn auf die Haut bringt; er wird deshalb in der Heilkunde äußerlich als Zugpflaster und unter Umständen auch innerlich verwertet. Schon den Alten war diese Eigenschaft bekannt, aber aus den Namen, welche den betreffenden Tieren beigelegt werden, und aus deren Beschreibungen läßt sich das Wahre schwer herausfinden. Moufet aber trägt durch seine Abhandlung über die »Bupreste« und die »Cantharide« eher dazu bei, die Sache zu verwirren, als sie aufzuklären, da er entschieden neben der Spanischen Fliege auch einige Karaben und andere nicht zu deutende Käfer abbildet.

Abgesehen von der eben erwähnten physiologischen Eigenschaft, die, wie erwähnt, nicht allen Familiengliedern zukommt, stimmen sie in folgenden Merkmalen überein: der Kopf, durch einen hochgewölbten Scheitel ausgezeichnet, steht senkrecht, ist hinten halsartig verengt und in seiner ganzen Ausdehnung sichtbar; auf der Stirn oder vor den Augen trägt er die neun- bis elfgliedrigen Fühler, die fadenförmig, nach der Spitze auch verdickt oder unregelmäßig gebildet sein können. Das Halsschild ist am Vorderrande schmäler als der Kopf, am Hinterrande weit schmäler als die biegsamen Flügeldecken. Alle Hüften stehen zapfenartig hervor und nahe beisammen, die vier vorderen Füße tragen fünf, die hintersten nur vier Glieder mit in ungleich dicke Hälften gespaltenen Klauen. – Die mehr als achthundert Arten gehören vorherrschend den wärmeren Erdstrichen an.

Die Maiwürmer, Ölkäfer ( Meloë), bilden die erste, sehr artenreiche Gattung der Familie und leben mit Ausnahme einiger amerikanischer Arten nur in der Alten Welt. Die Flügeldecken stoßen nicht in einer geraden Naht, wie bei fast allen andern Käfern, aneinander, sondern die eine legt sich an der Wurzel über die andere, wie dies bei den Kaukerfen Regel ist; decken sie den unförmlichen, sackähnlichen Hinterleib eines Weibchens, so klaffen sie sehr bald und stellen ein Paar kleine Läppchen dar; bei dem oft viel kleineren Männchen, dessen Hinterleib, von Eiern nicht aufgetrieben, mit allen übrigen Teilen im Ebenmaße verbleibt, klaffen die Deckschilde nicht und verbergen zwar den Hinterleib vollkommen, jedoch keine Flügel, da solche beiden Geschlechtern gänzlich fehlen. Den lateinischen Namen Proscarabaeus, den Moufet auf diese Gattung anwendet, rechtfertigt er damit, daß sie vor den Skarabäen ein männliches und ein weibliches Geschlecht voraus hätte.

Die Ölkäfer (»Ölmütter«) erscheinen früh im Jahre – ich habe die gemeine Art schon am 11. März angetroffen –, kriechen im Grase, an dessen Stengeln und auf Wegen umher, im Monat Mai am zahlreichsten, nehmen dann allmählich wieder ab, so daß Ende Juni auch der letzte verschwunden sein dürfte. Ihre Nahrung besteht aus niederen Pflanzen, vorzüglich jungen, weichen Gräsern, Löwenzahn, Veilchen und andern, die sie des Morgens und gegen Abend mit großer Gefräßigkeit verzehren. Dabei umklammern sie die Futterpflanze mit den langen Beinen, bringen die zu verzehrenden Teile mit einem Vorderbeine heran, halten dann und wann bei ihrem Mahle inne, um sich mit den Vorderbeinen zu »Putzen« und zeigen in jeder Beziehung ein gewisses Behagen. Wenn die Mittagssonne zu heiß brennt, suchen sie den Schatten auf und kommen trotz ihres plumpen Körperbaues doch leidlich schnell von der Stelle. Wenn man sie anfaßt, ziehen sie Beine und Fühler ein und lassen aus allen Kniegelenken das Cantharidin Diese Substanz ist nicht an bestimmte Körperteile gebunden, sondern befindet sich überall im Blut des Tieres. als ölartige, gelbe Tropfen austreten. Wahrscheinlich bezieht sich die Bemerkung Nicanders: »das Rindvieh schwillt auf, wenn es das Tier gefressen hat, welches die Hirten Buprestis nennen«, auf unsern Käfer. In der Tierarzneikunde finden die Maiwürmer mehrfach Anwendung, besonders bei gewissen Krankheiten der Pferde, spielten jedoch in früheren Zeiten eine weit bedeutendere Rolle; denn es wird berichtet, daß sie von den Dithmarschen getrocknet, zerrieben und mit Bier getrunken worden seien. Dieser »Anticantharinen- oder Kaddentrank« – Kadde bezeichnete die Ölkäfer – sollte gegen Schwäche jeglicher Art helfen, Der große griechische Arzt Hippokrates hat zuerst die Heilwirkung des Cantharidins erkannt und es zur Heilung schmutziger Geschwüre benutzt. Doch wirkt es normalerweise als Gift. Haben sich nach dem Erscheinen der Käfer die Geschlechter zusammengefunden, so erfolgt die Paarung. Das abgemattete Männchen stirbt sogleich, das Weibchen erst nach Vollendung des Brutgeschäftes. Zu diesem Zwecke beginnt es mit seinen Vorderbeinen in nicht zu lockerer Erde ein Loch zu graben, während die übrigen Beine zur Fortschaffung der Erde verwendet werden. Bei der Arbeit dreht es sich öfters, so daß das Loch eine ziemlich kreisförmige Gestalt bekommt. Ist es ungefähr 26 Millimeter tief vorgedrungen, so sind die Vorarbeiten beendet, es kommt hervorgekrochen und setzt sich nun mit dem von Eiern strotzenden Hinterleib auf den Boden der Grube, indem es sich mit den Vorderbeinen am Rande derselben festhält. Unter verschiedenen Kraftanstrengungen legt es einen Haufen walzenförmiger, dottergelber Eier und beginnt schon gegen Ende dieser Arbeit mit kleinen Unterbrechungen, welche dem Sammeln frischer Kräfte gelten, so viele Erde wieder herunterzuschaffen, als es mit seinen Vorderbeinen eben erreichen kann. Der halb und halb mit verschüttete Hinterleib wird zuletzt hervorgezogen und durch weiteres Auffüllen der Erde jede Spur davon möglichst vertilgt, daß ihr hier ein Schatz anvertraut ward. Hierauf läuft es – nach seiner Weise – schnell von dannen und stärkt sich durch eine gehörige Mahlzeit. Noch ist die Mutter zu sterben nicht bereit, ihr Vorrat an Eiern hat sich noch nicht erschöpft, an zwei bis drei andern Stellen wiederholt sie die eben beschriebene Arbeit und vertraut so der Erde die ungeheuer zahlreichen Keime ihrer Brut an. Über tausend Eier werden von ihr abgelegt, es sei denn, daß eine anhaltend ungünstige Witterung ihr die Luft dazu benimmt und sie allmählich verkommen läßt.

Nach achtundzwanzig bis zweiundvierzig Tagen kriechen die Larven hervor und suchen sich die nächsten Kinder Floras auf, die weißen und gelben Anemonen, die saftreichen, immer dürstenden Dotterblumen mit ihren glänzenden Blättern, die mancherlei Ranunkeln, kurz alle, die, bei uns wenigstens, die Volkssprache unter dem Namen »Butter- oder Kuhblumen« zusammengefaßt, Lippen-, Kreuzblümler und andere, wohl wissend, daß hier des Honigs wegen auch die Bienen sich einstellen werden. In dichten schwarzen Knäueln kann man sie dort sitzen sehen. In einem Falle, bei künstlicher Zucht, stand der diesem Zwecke dienende Blumentopf lose mit einem Glasscherben bedeckt am Fenster des Zimmers. Gar bald liefen die kleinen Larven zu Hunderten auf der Fensterbrüstung umher, gruppierten sich in größeren und kleineren Haufen und verhielten sich dann ziemlich ruhig. Auch währte es nicht lange, so schleppten sich Stubenfliegen an derselben Stelle mühsam einher oder lagen unbeweglich auf dem Rücken. Bei näherer Untersuchung fanden sie sich über und über mit Meloëlarven bedeckt. Dies beweist ihren Drang, ein anderes Insekt zu besteigen, und sollte es in Ermangelung des wahren ein falsches sein. Nicht nach Nahrung suchen diese kleinen Wesen, wie andere dem Ei entschlüpfte Larven, sondern ihr einziges Bestreben geht dahin, auf den Rücken einer honigsammelnden Biene zu gelangen. Doch lernen wir sie erst kennen, um sie an Blumen oder auf dem Körper einer Biene wiederzufinden. Die Meloëlarve ist in ihrer Gestalt der später vorgeführten Larve der Spanischen Fliege sehr ähnlich: lang gestreckt und mit Chitin überzogen. Am dreieckigen Kopfe stehen jederseits ein Auge und ein dreigliedriger, in eine lange Endborste auslaufender Fühler, die sechs gespreizten Beine endigen in je drei Klauen und der Hinterleib in vier Borsten. Zwischen den Haaren der Biene krabbelt das Tierchen umher, tut in der Regel derselben nichts zuleide, sondern betrachtet sie als Mittel zu seinem weiteren Fortkommen. Die Biene ihrerseits, besorgt um ihre Nachkommenschaft, wie jedes rechtschaffene Insektenweibchen, baut ihre Zelle, trägt sie voll süßer Flüssigkeit und legt ihr Ei darauf. Diesen Augenblick hatte aber die vermeintliche »Bienenlaus« mit Schmerzen erwartet. Sie gleitet herunter von ihrer Wohltäterin und setzt sich auf das Ei. Jene schließt die Zelle und hat alles getan, was ihr die zärtliche Muttersorge eingab. Für unser Lärvchen beginnt nun eigentlich erst das Leben. Es verzehrt das Ei, seine erste Nahrung, legt die Maske ab, die es bisher trug und wird zu einer weichhäutigen, wesentlich anders aussehenden Larve, die nun den Honig vertragen kann, ihn unter sichtlichem Gedeihen zu sich nimmt und zu ihrer völligen Größe gelangt. Sie ist engerlingähnlich, zwölfringelig am Mittelbrustringe und an den acht ersten Gliedern des Hinterleibes mit Luftlöchern ausgerüstet. Am hornigen Kopfe fehlen die Augen, die Oberlippe tritt trapezförmig hervor, die kurzen, kräftigen Kinnbacken biegen sich nur schwach und tragen innen je einen Zahn; Fühler, Kiefer- und Lippentaster sind dreigliedrig, die kurzen Füße einklauig.

Wie nun, wird man mit Recht fragen, wenn eine solche »Bienenlaus« sich versieht, eine männliche Biene besteigt, oder eine haarige Fliege und so niemals ihren Zweck erreichen kann? Es sind einzelne Fälle beobachtet worden, sie kommen also vor, wo sie im Irrtume war und wahrscheinlich zugrunde gehen mußte. Weil die weitere Entwicklung hier von mehreren Vorbedingungen abhängig ist als bei andern, darum hat die Natur zum Schutze der Art den weiblichen Eierstock auch vorzugsweise gesegnet. Anderseits aber hat sie auch jenen Lärvchen den Trieb eingepflanzt und sie unter solchen Bedingungen geboren werden lassen, daß sie die ihrem Fortkommen nötigen Bienen (besonders der Gattung Antophora, Macrocera, angehörig, auch Apis und andere) herausfinden.

Man sollte meinen, daß nun wenigstens, nachdem die Larve den Honig verzehrt hat und vollkommen erwachsen ist, der gewöhnliche Entwicklungsgang eintreten und sie sich verpuppen werde. Dem ist aber nicht so. Es hebt sich vielmehr ihre Haut ab, ohne zu bersten, und innerhalb derselben zeigt sich eine hornige Puppenform, dem Umrisse der vorigen Larve sehr ähnlich, die Scheinpuppe oder Pseudochrysalide, die keine Nahrung mehr zu sich nimmt. Ihr Bauch ist plattgedrückt, der Rücken stark gewölbt, der Kopf eine Maske, an der einige unbewegliche Erhabenheiten eine gewisse Übereinstimmung mit den zukünftigen Kopfteilen andeuten, statt der Beine bemerkt man warzige Auftreibungen. Gerstäcker behauptet, daß diese Scheinpuppe bei Meloë erythrocnemus nicht entstände. Innerhalb dieser Puppe, deren Hornhaut sich abermals löst, tritt von neuem eine weichhäutige, wurmähnliche Larve auf, die in kürzester Zeit zu der wahren Puppe wird. Dies der Hergang der Verwandlung, der bei einigen vollständig, bei andern in einzelnen Unterbrechungen beobachtet worden ist. Newport und Fabre verdanken wir in erster Linie diese so überaus interessanten Wahrnehmungen, zu denen Meloë cicatricosus den Beweis lieferte.

Der bunte Ölkäfer ( Meloë variegatus oder majalis) verbreitet sich über ganz Europa, das nordwestliche Asien und den Kaukasus, und scheint in Deutschland besonders häufig zu sein. Er ist metallisch grün oder bläulich, mehr oder weniger purpurn schimmernd, grob punktiert und gerunzelt, das quere Halsschild verengt sich etwas nach hinten, und die Ränder steigen unmerklich auf. Länge 11 bis 26 Millimeter, je nachdem die eingeschleppte erste Larve einen geringeren oder größeren Honigvorrat in der Zelle vorfand. Dieselbe ist 2 bis 3 Millimeter lang, glänzend schwarz und von der früher angegebenen Beschaffenheit. Die erste, in manchen Jahren außerordentlich häufige Larvenform findet sich denn auch auf der Hausbiene, jedoch unter eigentümlichen Verhältnissen. Sie begnügt sich nämlich nicht, gleich den andern, nur zwischen den Haaren umherzulaufen, sondern sie bohrt sich zwischen die schuppig übereinander liegenden Ringe des Bauches und andere Gelenke ein, wodurch die Bienen unter Zuckungen absterben. Sie sitzt an den auf dem Boden des Stockes sterbenden Bienen, oder irrt, weil sie die toten verläßt, im Gemülm umher und ist allmählich dem Verderben preisgegeben. Man hat sie im April und Mai, ob von dieser oder einer andern Art, weiß ich nicht, auch mit gespreizten Beinen auf dem Honig in den Waben angetroffen, wo sie bereits tot war oder mit dem Tode rang; denn bevor sie nicht das Ei verzehrt und sich dann gehäutet hat, nimmt sie keinen Honig an. Also nicht durch seine parasitische Lebensweise in den Bienenstöcken wird der bunte Ölkäfer der Hausbiene nachteilig, wohl aber wird es seine erste Larve in der angegebenen Weise für die Trachtbienen, durch die sie sich in den Stock einbringen lassen, für die jungen, eben ausgekrochenen Arbeitsbienen und Drohnen sowie für die Königin, auf die alle sie von den ersteren überkriecht und sich einbeißt.

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Gemeiner Maiwurm ( Meloë proscarabaeus)

Der gemeine Maiwurm ( Meloë proscarabaeus) findet sich entschieden noch häufiger als der vorige und in denselben Gegenden; er ist schwarzblau, violett schimmernd, an Kopf und Halsschild grubig punktiert, letzteres fast quadratisch, nur nach hinten schwach verengt und an den Ecken gerundet, die Flügeldecken wurmartig querrunzelig und beim Männchen das sechste und siebente Fühlerglied scheibenartig erweitert, an der Unterseite wie ausgefressen. Die Größe so veränderlich wie bei voriger Art, bei den Kleinen wird der Hinterleib von den Flügeldecken sogar etwas überragt. Die erste Larve ist etwas kleiner als die des vorigen (2,25 Millimeter), hat einen vorn mehr gerundeten, weniger dreieckigen Kopf und heller oder dunkler gelbe Körperfarbe. Auch sie findet sich ab und zu an der Hausbiene, namentlich zwischen den Haaren des Mittelleibes, bohrt sich aber niemals in den Körper ein und verursacht daher auch keinen Schaden. Bisweilen mag es ihr gelingen, auch hier zu weiterer Entwicklung zu gelangen, Aßmuß wenigstens fand im Gouvernement Moskau in einer faulbrütigen, beinahe des ganzen Volkes beraubten Klotzbaute ein einziges Mal zwei 13 Millimeter messende Larven der zweiten Form, die er darum für unsere Art anspricht, weil er Ende Mai die erste Larvenform von Meloë prosaraabaeus an seinen Bienen beobachtet hatte. Leider ließen sich trotz der sorgfältigsten Pflege die Larven nicht erziehen, sondern starben nach wenigen Tagen.

 

Ein hübscher, nur 11 Millimeter messender Kerf ist der Federbuschkäfer ( Cerocoma Schaefferi), der sich im Hochsommer auf Blumen, besonders auf Schafgarbe und der Wucherblume ( Chrysantenum Leucanthemum), in Deutschland und weiter nach Osten bis zum südlichen Sibirien findet. Er erinnert in seiner Körpertracht an die bereits erwähnte Weichkäfergattung Telephorus, hat aber smaragdgrüne, hellgelb behaarte Flügeldecken und natürlich die Merkmale der in Rede stehenden Familie, jedoch sehr abweichend gebildete Fühler. Dieselben bestehen aus nur neun Gliedern, endigen breit spatelförmig und zacken sich vorher unregelmäßig beim Männchen; sie sind wie die Beine rot und gleich hinter der Mundöffnung eingelenkt. Die Kinnbacken treten lang und schmal wie ein Schnabel hervor und die äußere Lade des Unterkiefers verlängert sich auffällig. In dem blasig aufgetriebenen Endgliede der Kiefertaster und dem erweiterten und behaarten Vorderfuße hat das Männchen noch zwei andere Auszeichnungen vor dem Weibchen voraus. Der als Insektenkenner wohlverdiente Dr. Jakob Christian Schäffer, der als evangelischer Prediger in Regensburg seine »Abhandlungen von Insekten« 1764 herausgab, widmet auch diesem Käferchen eine besondere Abhandlung unter der Überschrift: »Der weichschalige Cronen- und Keulenkäfer« und eine Tafel mit 22 bunten Figuren, die den ganzen Käfer in verschiedenen Stellungen und dessen einzelne Glieder mit der dem Verfasser eigenen Sorgfalt und Genauigkeit wiedergeben. Derselbe berichtet über die Benennung, daß er, im Jahre 1761 diese Abhandlung ankündigend, wohl hätte voraussetzen dürfen, einen noch ziemlich unbekannten, mindestens noch unbeschriebenen Käfer zu besprechen. Es sei ihm nun zwar der Verfasser der »Pariser Insektengeschichte« zuvorgekommen und habe das Tierchen mit dem Gattungsnamen Cerocoma belegt. Trotzdem wollte er mit seiner Abhandlung nicht zurückhalten, da jene Geschichte nur eine kurze Beschreibung und nur ein einziges unausgemaltes Bild enthalte. Sodann fährt Schäffer fort: »Der berühmte schwedische Naturkundige, Ritter Linnäus, hat in seiner neuesten Ausgabe des Naturgebäudes (1758) die bekannten Spanischen Fliegen aus dem Geschlechte der Johanniswürmchen genommen und sie dem Geschlechte der Maienwürmer einverleibt. Da nun diejenige Käferart, von der in diesen Blättern die Rede ist, gleich bei dem ersten Anblicke mit den Spanischen Fliegen die größte Ähnlichkeit hat, so hat es nicht anders sein können, als daß er sie ebenfalls zu letzterem Geschlechte hat rechnen müssen. Vermutlich bin ich der erste gewesen, der dem Herrn Linnäus diesen Käfer bekannt gemacht, indem ich mich gar wohl erinnere, daß ich ihm schon vor vielen Jahren eine Mahlerey davon zugesendet habe, und dieser Umstand mag ihn zweifelsohne veranlaßt haben, daß er ihm, seiner bekannten Gewohnheit nach, den Unterscheidungsnamen von mir gegeben und ihn den Schäfferschen Mayenwurm ( Meloë Schaefferi) zu nennen, vor gut befunden hat.«

Weiterhin fährt der Verfasser fort: »Ich heiße ihn den Cronenkäfer, weil die Fühlhörner der Männgen einer Crone nicht unähnlich sehen, zugleich aber auch den Keulenkäfer, weil den Fühlhörnern der Weibgen das Cronenartige der Männgen, fehlet und sie gänzlich keulenförmig aussehen.« Beiläufig sei bemerkt, daß später Illiger die Benennung » Wirrhornkäfer« vorgeschlagen hat. Nachdem Schäffer den Käfer nach allen äußeren Teilen in beiden Geschlechtern ausführlich beschrieben hat, verbreitet er sich mit gleicher Ausführlichkeit über die Erscheinungszeit und das Betragen desselben, welche Bemerkungen vollkommen mit meinen Erfahrungen übereinstimmen. Auch ich habe den Käfer nur auf weißen Feldblumen und dann manchmal von dem Blütenstaube über und über gelb bestäubt angetroffen. Für gewöhnlich ist er nur einzeln vorhanden, in manchen Jahren dagegen sehr häufig. Wie alle Weichkäfer und wie die Spanische Fliege, ziehen auch diese Käfer, namentlich die Weibchen, die Beine an, biegen Kopf und Halsschild nach unten und stellen sich tot, wenn sie beunruhigt werden. Bei großer Wärme werden sie sehr beweglich, und dann fliegen namentlich die Männchen so lebhaft umher, daß sie schwer mit den Händen gefangen werden können. Auf den Blüten erfolgt auch die Paarung, die nur kurze Zeit dauert und keine Eigentümlichkeit darbietet. Von der Entwicklungsgeschichte weiß Schäffer nichts mitzuteilen; von der Gegenwart des Cantharidins im Körper der Federbuschkäfer ist mir nichts bekannt geworden.

 

Eine im Gegensatz zu der vorigen sehr artenreichen, in denselben Gegenden und in den Mittelmeerländern von Afrika und Asien hauptsächlich anzutreffenden Gattung führt den Namen Reizkäfer ( Mylabris). Diese Arten sind wegen der Einförmigkeit im Baue und in der Färbung des Körpers schwer zu unterscheiden. Die fast dachartig die Flügel und den Leib schützenden, allmählich nach hinten erweiterten Deckschilde führen auf schwarzem Grunde lichte, meist rote Binden, auch Flecken, oder es zieren umgekehrt den lichten Grund schwarze Zeichnungen. Lineale Schenkel und Schienen, lange Endsporen an diesen, etwas zusammengedrückte Füße und gleiche, einfache Hälften jeder Fußklaue charakterisieren die langen Beine. Von den mehr denn zweihundert Arten kommt eine auch in einem Lande deutscher Zunge vor. Ich fing die Mylabris Fuesslini auf blühenden Kornblumen bei Bozen, weiß aber über die Lebensweise und Entwicklung der ganzen Gattung nichts Näheres anzugeben. Möglicherweise hat schon Hippokrates eine oder die andere Art zu Zugpflastern verwendet, da mehrere Arten in Griechenland keineswegs selten zu sein scheinen.

 

Die Spanische Fliege ( Lytta vesicatoria) kommt stellenweise weise manches Jahr während des Juni in überraschenden Mengen vor und verrät dann ihre Gegenwart aus weiter Ferne durch einen scharfen Geruch. Eschengebüsch, Syringen, Rainweide und andere weidet die Gesellschaft kahl ab und zieht weiter, wenn sie nichts mehr findet. Ihre schön grünen, dicht gerunzelten Flügeldecken mit je zwei seinen Längsrippen, beim Manne smaragdgrün und gestreckter, beim Weibchen lichter goldgrün und breiter, machen sie kenntlich, wenn es der Geruch nicht schon täte. Die fadenförmigen Fühler erreichen dort halbe Körperlänge, hier sind sie um die Hälfte kürzer. Noch gehört ein herzförmiger Kopf, ein queres, stumpf fünfeckiges Halsschild zu den Kennzeichen des 17 bis 19,5 Millimeter messenden Käfers.

Auf ihren Weideplätzen zeigen sich, mit einander entgegenstehenden Köpfen, massenhaft zusammenhängende Pärchen. Das Weibchen legt seine sehr zahlreichen Eier in die Erde ab, aus denselben kriecht, und zwar rückwärts, wie man beobachtet hat, eine Larve von der bereits vielfach erwähnten Form, über deren ferneres Schicksal man vollständig im unklaren ist. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit den bekannten Larven und wegen der Übereinstimmung der vollkommenen Kerfe hat man vorausgesetzt, daß sie in ähnlicher Weise wie die Larven der Meloë, der Zonitis und Sitaris, zweier weiterer Familiengenossen, deren Entwicklung bekannt, schmarotzend bei Erdbienen ihre Vollendung erlange. Diese Vermutung ist seitdem bestätigt worden. Hrsgbr. Dieser Annahme ist das zeitweise, in so außerordentlichen Mengen beobachtete Vorkommen der Spanischen Fliege entgegengehalten worden, das sich nicht wohl mit einer derartig parasitischen Lebensweise in Einklang bringen lasse. Wenn man indessen bedenkt, in welchen ungeheuren Mengen gewisse Erdbienen im Frühjahr aus ihren Löchern hervorkommen, und daß andere, Schmarotzer bei ungewöhnlich zahlreichem Vorhandensein ihrer Wirte sich merklich vermehren, so ist unter günstigen, uns bisher noch verborgen gebliebenen Bedingungen auch für die Spanische Fliege eine solche Möglichkeit nicht ausgeschlossen.

In Schweden, Rußland, Deutschland, namentlich aber im Süden Europas, kommt die Spanische Fliege vor. Eine kurze Bemerkung aus meinen entomologischen Tagebüchern lautet: »Naumburg a. S., 16. Juni 1850. Kolossale Mengen von Lytta vesicatoria an Ligustrum vulgare und Thalictrum, nachdem sie die benachbarten Eschen vollständig entblättert hatten.« Einige Jahre später traf ich sie in ähnlichen Mengen am östlichen Ende der Provinz Sachsen, aber merkwürdigerweise seit dem mehr als zwanzigjährigen Aufenthalt inmitten dieser beiden Punkte (Halle) nur in wenigen Jahren (1873) sehr vereinzelt. In Spanien mag sie häufig vorkommen und gesammelt werden, worauf die deutsche Benennung hinzudeuten scheint. Dieselbe ist schon zu Moufets Zeiten, aber nicht in Deutschland üblich gewesen; denn er bemerkt ausdrücklich, daß der Käfer bei den Belgiern »spänsche vlieghe«, bei den Engländern » Cantharis« oder » Spanish Fly« heiße, während für die Deutschen »grüner Käfer, Goldkäfer« angegeben wird. Wenn die Käfer in hinreichenden Mengen vorhanden sind, daß ihr Einsammeln lohnt, so klopft man sie am frühen Morgen oder an unfreundlichen Tagen von den Büschen auf untergebreitete Tücher oder untergehaltene Schirme ab – bei Sonnenschein sind sie sehr beweglich – tötet sie, trocknet sie bei künstlicher Wärme, am besten in einem Backofen, schnell und sorgt für guten Verschluß der trockenen, ungemein leicht gewordenen Ware. Fein zerrieben und mit einem Bindestoff vermischt, liefern sie das bekannte Zugpflaster, ein Auszug mit Alkohol unter anderm die Cantharidentinktur. Die berüchtigte Aqua Tofana soll nach Ozanari nichts anderes als ein mit Wasser versetzter Weingeistauszug von Spanischen Fliegen sein. Das rein dargestellte Cantharidin besteht aus glimmerartig glänzenden, leicht in Äther und fetten Ölen löslichen Blättchen. Der Preis der getrockneten Käfer dürfte nach den Verhältnissen schwanken, ein befreundeter Apotheker, der in seinem Garten in den fünfziger Jahren eine Sammlung veranstaltet hatte, erzielte beim Verkaufe nach Berlin einen Taler für das Pfund.

Man kennt mehr als zweihundertundfünfzig Lytta-Arten, von denen die meisten in Afrika und Amerika leben, letztere, vorherrschend schwarz oder durch dichte Behaarung grau, auch in beiden Färbungen gestreift, sind neuerdings als besondere Gattung » Epicauta« Die Epicauta-Arten schmarotzen nicht auf Bienen, sondern durchlaufen ihre Metamorphose in den in der Erde befindlichen Eierpaketen von Heuschrecken. Hrsgbr. von Lytta getrennt, weil ihre Borstenfühler kürzer, kaum so lang wie der halbe Leib, das Halsschild gestreckter, immer länger als breit und die Flügeldecken an der Wurzel schmäler sind, der Körper hier überhaupt mehr von den Seiten her zusammengedrückt erscheint. Mehrere nordamerikanische Arten, wie Epicauta cinerea und vittata, kommen bisweilen in ungeheuren Mengen auf Kartoffelkraut vor und zerstören durch ihren ungehinderten Fraß der Blätter die ganze Kartoffelernte, wie der erst neuerdings so berüchtigt gewordene Colorado-Kartoffelkäfer.

 

Der rotschultrige Bienenkäfer ( Sitaris muralis, früher Necydalis humeralis ) ist ein interessantes Käferchen des südlichen Europa, das am nördlichsten bisher in Südtirol und in jüngster Zeit in Frankfurt am Main in mehreren Stücken an einem Hause beobachtet worden ist. Es erinnert in seiner Körpertracht einigermaßen, mehr noch durch seine Entwicklungsgeschichte an den Fächerträger. Der Käfer ist durch die gleich von der Wurzel klaffenden, am Außenrande ausgeschweiften, nach hinten ungemein verschmälerten und stumpf gespitzten Decken, welche die wohl entwickelten Flügel nur schlecht verbergen, leicht kenntlich; die Fühler sind fadenförmig, die Kinnbacken von der Mitte an rechtwinklig umgebogen, die Klauen einfach, d. h. keine derselben gezähnt, und die Hinterhüften weit von den Mittelhüften entfernt. Der Körper ist schwarz, an den Schultern rot.

Fabre fand in der Erde Löcher, die von der einsam bauenden pinselbeinigen Schnauzenbiene Diese Biene gehört zu der Gruppe der »einsamen Bienen«. Vgl. Zweite Ordnung, 4. Sippe. Hrsgbr. ( Anthophora pilipes) bewohnt waren, einer Honig eintragenden Biene, die sehr zeitig im Frühjahr erscheint und weit verbreitet, auch bei uns keineswegs selten ist. Ende August kamen aus den Fluglöchern einzelne rotschultrige Bienenkäfer, anfangs Männchen, die mit großer Ungeduld die Weibchen erwarteten und deren Gehäuse aufbissen, um das Herauskommen derselben zu beschleunigen. Sowie letztere erschienen waren, erfolgte am Eingange der Bienenwohnungen die Paarung und das Ablegen der zahlreichen ovalen, sehr kleinen Eierchen hinten in den zu den Bienennestern führenden Erdröhren, Ende September entschlüpften die einen Millimeter langen Larven, ausgezeichnet durch lange Fühler, lange, langbehaarte Beine, zwei gekrümmte Schwanzborsten am stumpf zugespitzten Leibesende und durch zwei Augen jederseits des Kopfes. Alle diese Merkmale sowie die harte Körperbekleidung erinnern an die erste Larvenform der vorher besprochenen Familienglieder. Die Lärvchen sind außerordentlich beweglich, verlassen jedoch ihre Geburtsstätte nicht, und sitzen schließlich haufenweise beisammen, um die Wintermonate zu verschlafen. Mit dem Erwachen des neuen Lebens im Frühjahre verlassen die rechtmäßigen Zellenbewohner, die jungen Schnauzenbienen, ihre Wiege, und sofort sind die Sitarislarven bereit, sich an die vorbeikriechenden Bienen festzuhalten und sich von ihnen wegtragen zu lassen. Da die Bienenmännchen stets mehrere Tage vor den Weibchen ausschlüpfen, so gelangen die Larven zum großen Teil auf die männlichen Bienen. Diese würden für ihr weiteres Fortkommen schlecht sorgen, da ihnen die Weibchen allein nur dienen können. Sei es nun, daß sie durch Vermittlung der honigspendenden Blumen oder während der Paarung der Bienen auf letztere überkriechen, sei es, daß manche, bei den Bienenmännchen zurückbleibend, zugrunde gehen, so viel steht fest, daß ihrer genug, wie es ihre Bestimmung fordert, auf den weiblichen Schnauzenbienen verweilen. Diese nun bauen, gleich ihren Müttern, Ziester, tragen Honig in die Zellen, legen je ein Ei auf den Vorrat und verschließen die Zelle. Letzteres darf die Sitarislarve nicht abwarten, sondern muß sofort auf das Ei herabgleiten, sowie es dem mütterlichen Schöße entschlüpft ist. Am 21. Mai beobachtete Fabre gefüllte und mit je einem Ei belegte Zellen und hier und da auf dem Ei eine Larve. Sobald die Zelle geschlossen ist, beißt die Larve das Ei auf, verzehrt dessen Inhalt als erste Nahrung nach so langer Entbehrung und bleibt auf der Eischale wie auf einem Floße sitzen, um von da aus die für die Bienenlarve bestimmten Vorräte aufzuzehren. In ihrer ursprünglichen Form würde sie dies schwerlich bewirken können, weil die harte Körperbedeckung zu wenig nachgeben und eine Vergrößerung nicht zulassen würde. Unzweifelhaft erfolgt die Körperumwandlung unmittelbar nach dem Genusse des Bieneneies und vor dem des Honigs, der das volle Wachstum bedingt. Ist dieser aufgezehrt, so hat die erwachsene zweite Larvenform ein mehr madenartiges Aussehen: einen dicken, weichen Körper, mit einem augenlosen, kleinen Kopfe, an dem Fühlerstümpfe und Kinnbacken unterschieden werden können; auch tragen die drei vordersten Glieder sechs, allerdings sehr kurze Beinchen. Diese zweite Larvenform verkürzt sich allmählich, erhärtet und nimmt Eiform, den zu der Überwinterung geschickten Zustand, an, der als Scheinpuppe, Pseudonymphe, bezeichnet worden ist. Aus dieser entsteht im nächsten Frühjahre eine dritte, der zweiten außerordentlich ähnliche Larvenform, und aus dieser endlich durch abermalige Häutung die regelrechte Puppe, welcher der Käfer schließlich Ende August des zweiten Jahres seit dem Eierlegen sein Dasein verdankt.

siehe Bildunterschrift

Rüsselkäfer

  1. Buchenspringrüßler ( Orchestes fagi)
  2. Pappelstecher ( Rhynchites populi)
  3. Hasel-Dickkopfkäfer ( Apoderus coryli)
  4. Haselnußrüßler ( Balaninus nucum)
  5. Birnknospenstecher ( Anthonomus pyri)
  6. Kleiner Kiefernrüsselkäfer ( Pissodes notatus)
  7. Großer Fichtenrüsselkäfer ( Hylobius abietis)

Die Verwandlungsgeschichte, wie wir sie bei den beiden letzteren Familien, den Pflasterkäfern und den Fächerfühlern, in ihren Grundzügen kennengelernt haben, überrascht durch die größere Mannigfaltigkeit im Vergleiche zu den zwei Übergangsformen der Larve und der Puppe bei den andern Käfern. Es kommt hier ein nicht zu übersehender Umstand, die Abhängigkeit von dem Leben eines andern Kerfes, mit einem Worte, dos Schmarotzerleben hinzu. Wir werden später bei einer andern Ordnung dasselbe in noch weit ausgebildeterer Form kennenlernen, aber so verborgen und in geheimnisvolles Dunkel gehüllt, daß nur der mit dem Mikroskop vertraute Fachmann unter gewissen günstigen Verhältnissen den Schleier zu lüften vermag. Die Versuche hierzu haben eine gleich große Wandelbarkeit der Larvenform ergeben. Für unsere Familien bedarf es nicht jener wissenschaftlichen Apparate und Durchbildung, sondern nur der Ahnung von den interessanten Verhältnissen, einer günstigen Gelegenheit und der Ausdauer in vorurteilsfreier Beobachtung. In der Voraussetzung, daß bei einem oder dem andern meiner Leser die beiden letzten Punkte eintreffen könnten, habe ich den Gegenstand berührt und auch einem Deutschen Gelegenheit geboten, denselben weiter zu verfolgen, um zu berichtigen oder zu vervollständigen.

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Mit Übergehung langgestreckter, den vorigen nahe verwandter Käferchen, die auf Blumen leben und zur Familie der Oedemeriden vereinigt wurden, kommen wir nun zu denen, die wenigstens scheinbar nur vier Glieder an allen Füßen haben und darum vierzehige Käfer ( Tetramera) heißen. Die Neueren wollen sie Coleoptera crypto-pentamera genannt wissen, weil allerdings bei vielen das vorletzte Glied sich zwar versteckt, aber nachweisen läßt, und daher in Wirklichkeit fünf Glieder vorhanden sind. Die Rüsselkäfer ( Curculionidae) werden unsere Aufmerksamkeit zunächst in Anspruch nehmen. Wie der Name besagt, verlängert sich bei ihnen der Kopf vorn rüsselartig und trägt an der Spitze dieser Verlängerung die Freßwerkzeuge, die bis auf die fehlende Oberlippe in allen Teilen vorhanden sind und sich durch die sehr kurzen Taster, dreigliedrige der Unterlippe und viergliedrige der Kiefer, auszeichnen. Die Kinnladen haben in der Regel nur einen Lappen und werden ganz oder größtenteils durch das Kinn bedeckt in der ersten Legion Lacordaires, die sich wieder in sechs Sippen teilt, oder sie liegen vollkommen offen in der zweiten, die übrigen sechsundsiebzig Sippen umfassenden Legion. Von den Kinnbacken läßt sich nur anführen, daß sie kurz sind, denn ihre Form ändert sehr ab. Die acht bis zwölfgliedrigen Fühler entspringen in einer Grube oder Furche ( Fühlerfurche) des Rüssels, sind in den meisten Fällen gebrochen und keulenförmig. Rücken und Weichen des Halsschildes verschmelzen miteinander; die Vorderhüften berühren sich oder bleiben getrennt wie die andern Hüften und bewegen sich in nur geschlossenen Pfannen. Die Füße, deren drittes Glied zweilappig zu sein pflegt, haben meist eine schwammige Sohle und vier deutliche Glieder, öfter ein verstecktes fünftes. Der Hinterleib, umschlossen von den Flügeldecken, setzt sich aus fünf, sehr selten aus sechs Bauchringen zusammen, von denen der dritte und vierte meist kürzer als die übrigen sind. Der Rüssel als wesentlicher Charakter dieser Familie, fast allen denkbaren Änderungen unterworfen, schwankt am meisten in der Länge. In vielen Fällen wo er fast gleiche Dicke mit dem Kopf behält, würde man ihn der Kürze wegen kaum für einen solchen erklären können und zweifelhaft sein, ob man einen Rüsselkäfer vor sich habe, wenn nicht alle sonstigen, dieser Familie eigenen Merkmale zusammenkämen. Demgegenüber stehen Fälle, in denen er bei fadenförmiger Dünnheit die Körperlänge erreicht oder übertrifft. Der dicke, kurze und mehr oder weniger verlängerte, dünne Rüssel ändert das Ansehen der Käfer so wesentlich, daß die beiden Hauptgruppen: Kurzrüßler und Langrüßler, bisher bei der Einteilung einander entgegengesetzt wurden. Ob eckig oder gerundet, vorn verdickt oder verdünnt, gerade oder gebogen, jedoch immer nach unten, einlegbar in eine Grube zwischen den Hüften oder nicht, das sind Dinge, die näher berücksichtigt sein wollen, um die ungefähr dreihundertundfünfzig Gattungen zu unterscheiden. Aber nicht bloß der Rüssel, auch die Fühler, die Beine, die ganze Gestalt der Tiere durchlaufen die mannigfachsten, innerhalb der gegebenen Grenzen nur möglichen Bildungen; so kommt z. B. in Hinsicht auf letztere die Kugelform neben der Linie vor.

Die sämtlichen Rüsselkäfer, mit geringen Ausnahmen nur von mittlerer Größe, leben von Pflanzen, und weil oft bestimmte Arten von jenen auf bestimmte Arten von diesen angewiesen sind, so hängt die Verbreitung jener auf das genaueste mit der Pflanzenwelt zusammen. Es gibt keinen Teil eines Gewächses von der äußersten Wurzelspitze bis zu der reifen Frucht, der vor den Angriffen ihrer Larven gesichert wäre.

Diese gleichen am meisten denen der Diebkäfer unter den Holzbohrern, haben einen runden, nach unten gerichteten Kopf, einen schwach eingekrümmten, faltigen, fußlosen, mehr oder weniger behaarten Körper, der sich nach hinten etwas verengt. Die Mundteile bestehen außer dem viereckigen Kopfschilde aus kurzen, kräftigen Kinnbacken, einem dicken, fleischigen Kinn, an dessen Vorderende die zweigliedrigen Taster aus gemeinsamer Wurzel entspringen, und aus fest mit der Zunge verwachsener, bewimperter Innenlade des Unterkiefers. Die Fühler sind nur warzenförmig, die Augen nicht oder in geringer Anzahl vorhanden.

Die Familie der Rüsselkäfer übertrifft alle andern an Reichtum der Arten; hinsichtlich der Verbreitung über die Erde überwiegen dieselben alle andern in dem Maße als sie sich dem Gleicher nähern und bevorzugen Amerika gegen die Alte Welt: vorzüglich ist der Süden des genannten Erdteiles auch für diese Kerfe eine unerschöpfliche Fundgrube und weist neben andern heißen Ländern Arten auf, die durch den Schmelz, die Pracht ihrer Farben und deren Zusammenstellung über alle Beschreibung erhaben sind, und mit dem kostbarsten Schmucke, den eine Künstlerhand aus den edelsten Metallen anfertigt, um die Siegespalme streiten können. Wie lückenhaft daher unsere weiteren Ausführungen auch hier ausfallen müssen, geht aus den eben gegebenen Andeutungen zur Genüge hervor.

Der liniierte Graurüßler ( Sitones lineatus) mag ein Bild von den durchschnittlich sehr unansehnlichen Kurzrüßlern geben. Er ist durch dichte Beschuppung grau oder grünlich grau; der Kopf, drei Längsstreifen über das Halsschild und von den flachen Zwischenräumen zwischen den Punktreihen der Flügeldecken einer um den andern sind Heller beschuppt, mehr gelblich. Den Kopf zeichnet überdies eine tiefe Längsfurche, das nahezu walzige, jedoch seitlich schwach gebauchte Halsschild, ein die Länge überwiegender Breitendurchmesser, aus. Mehrere andere teilweise schwer unterscheidbare Arten, mit der genannten untermengt, kriechen massenhaft an der Erde und zwischen niederen Pflanzen umher, nachdem sie aus der winterlichen Erstarrung erwacht sind. Als Nahrung scheinen sie Schmetterlingsblümlern vor allen andern den Vorzug zu geben, wenigstens lehren dies die mit dergleichen, wie Erbsen, Pferdebohnen, Luzerne und verwandten Futterkräutern bestellten Felder. An jung aufgesproßten Pflanzen genannter Art sieht man nämlich öfter die Samenlappen, an älteren die zarteren Stengelblätter ringsum ausgekerbt. Diese Randveränderung, die der Nichtkenner wegen einer gewissen Regelmäßigkeit für das natürliche Vorkommen halten könnte, haben die Zähne der hungrigen Graurüßler hervorgebracht und entschieden dadurch dem kräftigen Wachstum junger Pflanzen Eintrag getan, wenn sie den Keimblättern und zarten Stengeln, die sie gleichfalls nicht verschonen, zu arg zugesprochen haben.

Die sehr zahlreichen bekannten Arten leben in den Mittelmeerländern, dem übrigen Europa und einige in Nordamerika und stimmen sämtlich in folgenden Merkmalen überein: Vor den stark vortretenden Augen verlängert sich der Kopf unter schwacher Verjüngung nur wenig und bildet somit einen kurzen, gekanteten Rüssel, durch dessen Oberfläche eine Längsfurche läuft. Die am Mundwinkel eingelenkten Fühler sind gekniet und ziemlich dünn, ihr Schaft erreicht die Augenmitte, wo an deren Unterrande die für ihn bestimmte Rinne aufhört. Die Flügeldecken sind zusammen mehr oder weniger walzig, immer breiter als das Halsschild, an den Schultern und an der Spitze stumpf und bergen nicht nur die Leibesspitze, sondern auch Flügel; die Beine sind einfach, mäßig lang, an den Schienenden ohne Hornhaken.

Für diejenigen meiner Leser, die Gelegenheit haben sollten, eine reich ausgestattete Sammlung von Rüsselkäfern einzusehen, sei beiläufig bemerkt, daß die nur südamerikanischen kurzrüsseligen Gattungen Cyphus, Platyomus und Compsus Arten enthalten, die an Zartheit der Farben und an Ausputz durch goldglänzende Schuppen zu dem Schönsten gehören, was man überhaupt in dieser Hinsicht sehen kann.

Der schwarze Dickmaulrüßler ( Otiorhynchus niger) oder der große schwarze Rüsselkäfer, wie er bei den Forstleuten allgemein heißt, ein glänzend schwarzer Käfer mit gelbroten Beinen, wenn die schwarzen Knie und Fußglieder ausgenommen werden, dessen Flügeldecken Grübchenreihen und in den Grübchen je ein graues Härchen tragen, mag statt aller die gedrungene Gestalt einer vorherrschend europäischen, dann weiter in den außereuropäischen Mittelmeerländern und Asien vorkommenden Gattung zur Anschauung bringen, die an Artenzahl von keiner zweiten heimischen erreicht wird. Diese Käfer, in ihren größten Arten vorherrschend den Gebirgswäldern zugetan, zeichnen sich alle aus durch einen nur schwach geneigten Kopf, der nicht bis zu dem Hinteren Augenrande im Halsschild steckt und sich nach vorn zu nur kurzem Rüssel verlängert. Der am Vorderrande ausgeschnittene Rüssel erweitert sich seitlich über der sehr weit vorgerückten Einlenkungsstelle der Fühler lappenartig und rechtfertigt auf diese Weise die deutsche Benennung Lappenrüßler oder Dickmaulrüßler, durch die man den wissenschaftlichen Namen wiedergegeben hat. Seine Grube für die Fühler ist nach dem oberen Augenrande hin gerichtet und viel zu kurz, um den mindestens noch einmal so langen Fühlerschaft aufnehmen zu können. Die Geisel besteht aus zehn Gliedern, von denen die beiden ersten merklich länger als breit sind, die drei letzten aber im engen Anschlusse aneinander den eiförmigen zugespitzten Fühlerknopf bilden. Das Halsschild ist an beiden Enden gerade abgestutzt, an den Seiten mehr oder weniger bauchig erweitert und das Schildchen undeutlich. Die harten Flügeldecken sind breiter als das Halsschild, aber an den gerundeten Schultern wenig vorspringend, bei den schlankeren Männchen schmäler und an der Spitze etwas länger ausgezogen als beim Weibchen. Die Vorderhüften stehen in der Mitte ihres Ringes nahe beisammen, alle Schienen tragen einen nach innen gekrümmten Endhaken und die viergliedrigen Füße einfache Klauen. Der Körper ist ungeflügelt. Die gemeinsamen Gattungsmerkmale setzen sich in der düsteren, schwarzen, braunen oder durch Beschuppung grauen Färbung des ganzen Körpers zumeist fort, doch zeichnen sich auch mehrere Arten durch gold- oder silberglänzende Schuppenbekleidung einzelner Stellen vorteilhaft aus. Als Kinder des gemäßigten nördlichen Erdstrichs bleiben sie allerdings in dieser Beziehung gewaltig hinter ihren nahen Verwandten auf den Philippinischen Inseln und Neu-Guinea zurück. Dort kommen auch schwarze Dickrüßler ( Pachyrhynchus) vor, deren Halsschild und Flügeldecken durchschnittlich noch bauchiger, gleichzeitig aber mit Binden oder Flecken aus azurblauen, gold- oder silberglänzenden Schuppen verziert sind und einen wunderbar schönen Anblick gewähren.

Unsere Art nun, um zu ihr zurückzukehren, findet sich beinahe das ganze Jahr hindurch in den Nadelwäldern der Gebirge, ohne der Ebene gänzlich zu fehlen, ist als flügelloser Käfer an ihre Geburtsstätte gebunden und daher immer da zu finden, wo sie sich einmal eingebürgert hat. Vom August ab und später trifft man den Käfer in seiner Heimat sicher unter Moos, Bodenstreu oder Steinen an, wie halb erstarrt und ungemein träge. Da man nun in seiner Umgebung die Überreste seiner Brüder gleichfalls umherliegen sieht, so kann es zweifelhaft bleiben, ob er den Stein als seinen Leichenstein, oder nur als den Ort betrachtet wissen will, der ihn während seines Winterschlafes schützen soll. Beide Annahmen lassen sich miteinander vereinigen: ist er lebensmüde und will er einen ruhigen Platz haben, an dem er sein müdes Haupt niederlege, so ist er ein alter Käfer, der seinen Lebenszweck erfüllt hat; will er dort nur den Winter verschlafen, so wurde er im Laufe des Sommers im Schoße der Erde geboren, bekam aber noch Lust, sich draußen in der Welt umzuschauen, ehe der unfreundliche Winter zu einem abermaligen Verkriechen zwingt. Dem sei nun, wie ihm wolle, um die Pfingstzeit sind die Käfer in den Fichtenbeständen am zahlreichsten und benagen junge Stämmchen unmittelbar über der Erde, besonders wenn sie, durch den Graswuchs gedeckt, bei ihrer Arbeit nicht gestört werden. Mit der Zeit rücken sie höher hinauf und lassen sich den jungen Maitrieb gleichfalls schmecken. Durch die Endhaken der Schienen können sie sich außerordentlich festhalten, so daß der heftigste Wind sie so leicht nicht herabzuwerfen vermag, so wie man sie nur mit einem gewissen Kraftaufwande von dem Finger losbringt, in welchen sie beim Aufnehmen sofort einhaken. Während der genannten Zeit erfolgt auch die Paarung. Das befruchtete Weibchen kriecht in die Erde und legt seine zahlreichen Eier ab. Die aus denselben geschlüpften Larven fressen an den Wurzeln der Nadelhölzer in Weise der Engerlinge und werden meist in kleineren Gesellschaften beieinander gesunden. Die Larve ist derjenigen des Hylobius abietis sehr ähnlich, aber auf Querreihen von Dornhöckerchen büschelweise und auffällig behaart. Da man den Sommer über alle Entwicklungsstufen nebeneinander antreffen kann, so muß die Verwandlung eine ungleichmäßige sein, wenn sie sich auch in Jahresfrist vom Ei bis zum Käfer abspielt. Aus jener Unregelmäßigkeit erklärt sich auch das vom Juni bis September beobachtete Hinzukommen neuer Käfer zu den überwinterten und somit ihr eingangs erwähntes Vorhandensein das ganze Jahr hindurch.

Die befallenen Pflanzen werden im ersten Jahre gelb, im nächsten rot und sterben ab, weshalb man der Vermehrung des Käfers durch Einsammeln und Töten desselben entgegenwirken muß. – Bei der Menge von pflanzenfressenden Lappenrüßlern, die so leicht auf keine bestimmte Pflanze ausschließlich angewiesen sind und an ihren Geburtsstätten bleiben müssen, es sei denn, daß die Wasserfluten sie anderwärts an das Land spülen, darf es nicht wundernehmen, daß diese und jene Art verderblich an unsern Kulturen auftreten kann. So der gefurchte Dickmaulrüßler ( Otiorhynchus sulcatus), eine kleinere Art mit unregelmäßig den schwarzen Körper deckenden Fleckchen aus graugelben Schuppenhaaren, auf den jungen Trieben des Weinstockes, während seine Larve die Wurzeln der Primeln, Erdbeeren, Steinbreche, Aschenkräuter und andere benagt. Der sogenannte Spitzkopf ( O. nigrita), dem vorigen ähnlich, aber noch grauer, und der braunbeinige Lappenrüßler ( 0. picipes) haben dann und wann gleichfalls die Rebenschosse oder Pfropfreiser, geschädigt, der Liebstöckel-Lappenrüßler, Nascher ( O. ligustici) die Pfirsichen. Diese und andere in gleicher Weise sich unnütz erweisenden Arten müssen sorgfältig abgelesen werden, sobald sie sich zeigen, ehe die Weibchen ihre Eier abgelegt haben, und man wird sich ihrer bald entledigen.

 

Unter dem Namen der Grünrüßler hat früher Ratzeburg eine Anzahl Kurzrüßler verschiedener Gattungen darum zusammengefaßt, weil der Körper der meisten mit goldgrünen, kupferroten oder metallisch blauschimmernden Schuppen reichlich bedeckt ist und weil sie zahlreich auf dem verschiedensten Laubholzgebüsche als Knospenfresser erscheinen. Der Systematiker begreift unter jenen die der Sippe der Lappenrüßler angehörende Gattung Phyllobius, wo die Fühlergrube des Rüssels ebenfalls fast gerade gegen die vordere Augenmitte aufsteigt, die lang eiförmigen Flügeldecken aber an der Schulter stumpfwinklig vortreten und Flügel bergen. Außerdem gehören hierher einige im System vorangehende geflügelte Gattungen, namentlich Metallites mit vierkantigem, oben flachem Rüssel und kegelförmigen Grundgliedern der Fühlergeisel und Polydrosus mit rundlichem Rüssel und länglichen Grundgliedern der Geisel. Die Entwicklungsgeschichte dieser gemeinen Käfer ist bisher noch sehr wenig aufgeklärt, sie selbst aber schließen sich ihrem Kleide nach mehr als die meisten heimatlichen den glänzenden Erscheinungen heißer Länderstriche an.

 

Über Afrika und die Mittelmeerländer Europas breitet sich in zahlreichen Arten die Gattung der Kurzhörner ( Brachycerus) aus, die unwillkürlich an die Feistkäfer unter den Verschiedenzehern erinnert, untersetzte, in ihren einzelnen Teilen plumpe, düster gefärbte Kerfe, denen man auf den ersten Blick ansieht, daß sie träge und in gewisser Hilflosigkeit an der Erde und unter den Pflanzen umherkriechen müssen. Bei genauerer Betrachtung finden sich die eiförmigen oder rechteckigen, glatten oder mit erhabenen Hieroglyphen beschriebenen Flügeldecken verwachsen. Der fast senkrecht gestellte Kopf trägt einen sehr dicken, von ihm durch tiefe Querfurche allermeist abgeschnürten, nach vorn erweiterten Rüssel mit tiefer, bogig gekrümmter Fühlerfurche und dicke, kurze Fühler. Die Augen umgibt mehr oder weniger vollständig, besonders nach oben, eine Wulst, welche die Rauheit der Oberfläche erhöht, die am queren Halsschilde noch mehr zur Entwicklung kommt, indem Furchen, Buckel, seitliche Dornen usw. große Unregelmäßigkeiten erzeugen. Häufig erweitert es sich nahe den Augen lappenartig, so daß diese zum Teil wie von einem Scheuleder bedeckt werden. Das Schildchen fehlt. Die Flügeldecken ändern sehr in ihrer Form, gehen in sanften Rundungen allmählich in die den Körper umschließenden Seitenteile über, oder biegen sich unter Leistenbildung rechtwinklig um, runden sich an den Schultern und nach hinten ab und stellen nahezu ein Rechteck, auch ein Quadrat dar. Die Beine sind, wie alles, plump, die Schenkel verdicken sich allmählich, die mittelsten berühren sich in ihren Hüften, die Schienen sind gerade, an der Spitze nach innen und außen geeckt, ihre Füße schmal, fast drehrund, die drei ersten Glieder am Ende nach unten spitz ausgezogen. Die Chitinbedeckung des dicken Körpers Pflegt bei den Rüsselkäfern überhaupt sehr hart zu sein, übertrifft aber hier in dieser Beziehung den gewöhnlichen Grad um ein Bedeutendes.

 

Zu der zweiten Lacordaireschen Legion, zu den Rüsselkäfern mit freien, nicht bedeckten Kinnbacken, zählen alle weiterhin aufzuführenden Arten, zunächst Stengelbohrer ( Lixus). Diese ungemein gestreckten, walzigen Käfer besitzen die merkwürdige Eigentümlichkeit, sich mit einem ausgeschwitzten gelben Staube zu überziehen und denselben bis zu einem gewissen Grade zu erneuern, wenn er durch Abreiben verloren gegangen ist. Sie breiten sich über alle Erdteile aus, und die Larven der heimischen leben in den Stengeln verschiedener Stauden bohrend.

Der lähmende Stengelbohrer ( Lixus paraplecticus) ist ein eigentümlich gebauter Käfer, dessen Farbe, wenn der gelbe Überzug abgerieben, graubraun erscheint; das Halsschild ist äußerst fein runzelig punktiert und an dem Vorderrande in der Augengegend lang bewimpert. Ihren Beinamen hat die Art infolge der irrigen Ansicht erhalten, daß die Pferde durch den Genuß der Larve gelähmt würden. Dieselbe lebt nämlich in den dicken, hohlen Stengeln des Pferdekümmels ( Phellandrium aquaticum, neuerdings Oenanthe aquatica) gleichzeitig mit denen eines gelb gestreiften, grünen Blattkäfers ( Helodes phellandrii), in Sium latifolium und andern am Wasser stehenden Dolden. Wenn man zur Blütezeit einen kleinen Wald der erstgenannten am Rande eines Sumpfes näher ins Auge faßt, kann man einzelne Bohrlöcher von der Größe eines großen Schrotkornes daran entdecken. In solchem Falle flog der Vogel bereits aus, beim Spalten der unverletzten Stengel findet man zu dieser Zeit lose in einem der inneren Fächer ruhende Puppen, eben ausgeschlüpfte, noch ganz weiche und weiße Käfer, aber auch vollkommen ausgebildete, denen nur noch übrig blieb, sich herauszunagen. In jedem Fache lebt nur ein Stengelbohrer, während die andern Mitbewohner in der Regel zahlreicher beisammen getroffen werden.

Der Käfer überwintert in einem sicheren Versteck in der Nähe solcher Orte, wo im Frühling die jungen Triebe der Futterpflanze aufsprossen; ich habe ihn sehr vollkommen und dicht bestäubt unter andern am 30. September 1872 in einer mit seiner Futterpflanze umsäumten, zu der Zeit fast ausgetrockneten Lache massenhaft mit dem Streifnetz eingefangen und zum Teil in fest aufeinandersitzenden Pärchen. Auch im nächsten Frühjahr folgt nach andern Beobachtern die Paarung. Werden seine Wohnplätze vom Frühjahrswasser überschwemmt, so zeigt er sich als geschickter Schiffer oder Schwimmer. Er kriecht dann auch an der Pflanze in das Wasser hinab, und hier unter demselben legt das befruchtete Weibchen seine Eier einzeln. Es geschieht dies zu einer Zeit im Jahre, wo die wenigsten seiner Futterpflanzen schon aus dem Wasser herausgewachsen sein dürften. Damit er deren Vorkommen nicht erst abzuwarten brauche, hat die Natur ihn so organisiert, daß er unter dem Wasser jenes Geschäft verrichten kann.

siehe Bildunterschrift

Großer Fichtenrüsselkäfer ( Hylobius abietis)

Die Gabelspitzchen an den Enden der Flügeldecken kommen außer ihm in dieser Entwicklung nur noch einer Art zu, sie alle aber stimmen in dem walzigen, mäßig langen Rüssel, dessen Fühlerfurche nach der Kehle hin verläuft, überein. Die ovalen Augen stehen frei vor dem Halsschilde, dessen Hinterrand zweimal seicht gebuchtet ist. Das Schildchen fehlt; die Vorderschenkel ruhen aus kurzen zapfenförmigen Hüften, und die sämtlichen Schienen laufen in einen kurzen Haken aus, mit dem sie sich sehr fest an ihre Unterlage anklammern. Sofort lassen sie los und mit angezogenen Beinen sich fallen, wenn sie eine Gefahr bemerken, Erschütterung ihres Standortes fühlen usw.; darum streift man sie so leicht in das Netz, das in mähender Bewegung die oberen Partien der Futterpflanze bearbeitet.

 

Den bunten Heilipen ( Heilipus) in Südamerika sehr nahe steht die Gattung Pissodes, die Vertreter jener in den gemäßigten und kalten Strichen der nördlichen Halbkugel bildend. Die braunen, durch lichte Borstenhaare gezeichneten Arten leben, wie die ungemein ähnlichen Hylobien, auf Kosten der Nadelhölzer, die sie, an den jungen Trieben saugend, zur Saftzeit anzapfen. Der Saft fließt aus den zahlreichen Löchern aus, die Rinde bläht und löst sich und der Zweig stirbt ab. Pflanzenkulturen werden hierdurch vorzugsweise beeinträchtigt. Die beiden in dieser Beziehung als »Kulturverderber« bei der Forstverwaltung besonders schlecht angeschriebenen Käfer sind die Fichten- und Kiefernrüsselkäfer. Der große Fichtenrüsselkäfer oder große braune Rüsselkäfer ( Hylobius abietis) entscheidet sich mit Vorliebe für Fichten und überwiegt an Größe, daher die Namen. Seine Körperform bedarf keiner weiteren Erörterung, hinsichtlich der Färbung sei nur bemerkt, daß auf Heller oder dunkler kastanienbraunem Grunde die bindenartig gereihten Flecke rostgelben Borstenhaaren ihren Ursprung verdanken. Drei wesentliche Merkmale unterscheiden ihn von dem folgenden: die nahe am Munde dem dickeren Rüssel angehefteten Fühler, das ebene, dreieckige Schildchen und ein ziemlich tiefer Ausschnitt im Vorderrande der Vorderbrust. Eine stumpfe Schwiele vor der Spitze jeder Flügeldecke und die Dornspitze, in welcher die Schienen nach innen auslaufen, hat er mit dem folgenden gemein; der an jedem seiner dicken Schenkel bemerkbare Zahn endlich unterscheidet ihn von andern Gesinnungsgenossen. Mit Hilfe jenes Schienendornes können sich die trägen Käfer ungemein festhalten, so daß es schwer und sogar schmerzhaft wird, ihn von einem Finger wieder loszubekommen. Die Hauptflugzeit des Käfers und mithin auch seine Paarung fällt in die Monate Mai und Juni, doch finden sich vereinzelt geeinigte Pärchen auch noch im September, ohne daß von dieser Zeit an das Brutgeschäft seitens der Weibchen weiter verfolgt wird. Wenn von einer Flugzeit gesprochen wird, so meinte man damit die Zeit des allgemeinen Erscheinens, ohne damit immer an Umherfliegen zu denken. Unser Käfer fliegt bei Sonnenschein und zieht sich namentlich behufs des Brutgeschäftes nach entfernter gelegenen Brutplätzen, sobald seine Geburtsstätte sich zu einem solchen nicht eignet, ist er aber an einem solchen angelangt, so sieht man ihn in trägem Marsche zu Fuße gehen oder an Stämmchen und Zweigen sitzen und fressen. Wie bereits erwähnt, ist er ein Kulturverderber, indem er älteren Stämmen mit dicker, härterer Rinde nicht zu nahe kommt, sondern nur schwache Rinde platzweise benagt. Infolge der Verletzung dringt das Harz hervor, erhärtet und gibt dem Stämmchen oder dem Zweige ein unangenehm grindiges Ansehen, dem das Vergilben der Nadeln und das Absterben der ganzen Pflanze nachfolgt. Während der Paarung besteigt das kleinere Männchen das Weibchen, beide verweilen längere Zeit in dieser Stellung und lassen sich an Stämmen, Klaftern, Planken usw. beobachten; ist dieselbe vorüber, so hört auch der Fraß allmählich auf, die Männchen sterben, die Weibchen erst dann, wenn sie sich ihrer Eier entledigt haben.

Die schmutzig weißen und durchscheinenden Eier werden in die Rindenritze von Stöcken, unterhalb des Wurzelknotens, an die vorstehenden Wurzeln, namentlich aber an die Enden der abgehauenen Wurzeln, gelegt, und sind daher Kiefer- und Fichtenschläge, auf weiteren Flächen sich ausdehnende mehr als kleine und schmale, die wahren Brutstätten für die Käfer.

Die Larven schlüpfen zwei bis drei Wochen später aus den Eiern und arbeiten sich in mehr oder weniger geschlängeltem, mit ihrem Wachstum natürlich an Breite zunehmenden Gang bis auf den Splint, bei dünner Rinde auch etwas in diesen hinein, verfolgen die Wurzeläste bis in die Erde hinab, bis vierundsechzig Zentimeter unter die Oberfläche gehend. Schließlich findet sich am breitesten Ende des Ganges in einem Polster von Bohrspänen die Puppe. Was die Zeitdauer der Entwicklung anlangt, so ist dieselbe keine so gleichmäßige, daß sie mit voller Bestimmtheit beurteilt werden könnte; denn im Winter findet man Larven, Puppen und Käfer, letztere unter Moos, Bodenstreue, in vorgefundenen Bohrlöchern anderer Insekten oder auch in der Erde. Und wenn von der einen Seite eine einjährige, von der andern eine zweijährige Brut angenommen wird, so können beide Teile recht haben, weil die Lage der Brutstätte, einige Wärmegrade mittlerer Jahrestemperatur mehr oder weniger, begünstigende oder verzögernde Witterungsverhältnisse in dem einen oder dem andern Jahre an denselben Örtlichkeiten, früheres oder späteres Ablegen der Eier bei der Art, wie unsere Larve lebte, wohl von wesentlichem Einfluß auf ihre schnelle oder verzögernde Entwicklung sein können.

Wie wir gesehen haben, ist es hier nicht die Larve, sondern der Fraß des Käfers, der seine Schädlichkeit bedingt, Neuerdings ist man gerade entgegengesetzter Ansicht. Die Beschädigungen durch den Käferfraß sollen verhältnismäßig harmlos sein und vom Baum leicht überwunden werden. Die von der Larve ausgenagten Gänge unterbinden jedoch den Saftstrom und treffen die jungen Bäumchen so an sehr verwundbarer Stelle. Hrsgbr. und zwar unmittelbar durch das Töten der jungen Pflanzen oder mittelbar dadurch, daß der kleine Kiefernrüsselkäfer oder Borkenkäfer angelockt werden und das Zerstörungswerk, ein jeder in seiner Weise, fortsetzt. Die empfindlichste Fraßweise des Käfers ist bereits erwähnt worden; er benagt aber auch Knospen, die dann nicht zu einer Entwicklung gelangen können, junge Maitriebe, die der Wind leicht umbricht, und geht mit den geringsten Beschädigungen auch an die Knospen junger Birken, Elsen und Ebereschen.

Am sichersten beugt man den Beschädigungen vor, wenn man mit dem Wiederanbau der eben durch Abtrieb entstandenen Blöße zwei bis drei Jahre wartet, weil dann die in den Stöcken und Wurzeln der geschlagenen Stämme vorhanden gewesene Brut nicht mehr vorhanden ist und der ihr entsprossene Käfer in Ermangelung von Nahrung für sich andere Stellen hat aufsuchen müssen. Diese Vorsichtsmaßregel ist namentlich im Harze mit bestem Erfolge in Anwendung gebracht worden, andere übergehen wir hier mit Stillschweigen, weil wir nicht für den Forstschutzbeamten schreiben. Nur des wichtigsten Vertilgungsmittels für den bereits vorhandenen Käfer sei noch in der Kürze gedacht. Man legt Fangrinde und Fangkloben aus und sammelt in den frühen Morgen- und späteren Nachmittagsstunden die sich gern hier anhäufenden Käfer. Als Fangrinde eignet sich die länger frisch bleibende der Kiefer besser als die früher trocknende der Fichte. Es werden Rindenstreifen nach innen eingeknickt und mit der Innenseite der Erde zugekehrt hingelegt, an einem Ende unter Umständen auch durch einen Stein beschwert, damit die Lage gesichert bleibt. Im Königreiche Sachsen wurden 1855 in sämtlichen Staatsforsten auf solche Weise 6 703 747 Stück Käfer mit einem Kostenaufwande von 1933 Thlr. 20½ Rgr. und im Jahre zuvor 704 3376 Käfer für 2001 Thlr 6¼ Rgr. vom 1. Mai bis 15. Juli eingesammelt, wobei der 30. Mai den reichlichsten Ertrag geliefert hat.

Der kleine braune Fichtenrüsselkäfer ( Hylobius pinastri) ist um die Hälfte kleiner und durch die blasser gelbe Behaarung weniger binden- oder fleckenartig gezeichnet. Er kommt nach des Forstrats Kellner Beobachtungen häufig im Thüringer Walde (auf sechs große kam ein kleiner) vor und schadet in gleicher Weise, doch soll er sich durch größere Flugfertigkeit und durch den Aufenthalt auf höheren Bäumen vor dem großen auszeichnen.

Der kleine Kiefernrüsselkäfer oder Weißpunktrüsselkäfer ( Pissodes notatus) stellt sich uns als zweiter und gefährlicherer »Kulturverderber« ebenfalls vor. Er unterscheidet sich im Wesen von dem großen Fichtenrüßler durch die in der Mitte des dünneren Rüssels angehefteten Fühler, durch ein rundes und erhabenes Schildchen und durch eine einfache, d. h. nicht ausgeschnittene Vorderbrust. Auch er hat eine braune, bald mehr in Gelb, bald mehr in Rot ziehende Körperfarbe. Die lichten, fast weißen Borstenbüschel, von denen einige auf dem gekielten Halsschilde stehen, gruppieren sich auf den Flügeldecken zu größeren Flecken vor der Mitte, bindenartig hinter derselben. Die helle Zeichnung war nicht bei allen in der Anlage dieselbe und ändert sich überdies durch Abreiben der Borsten. Häufig kann das Verschwinden solcher Haar- oder Schuppenzeichnungen einem alten, vom Zahne der Zeit benagten Rüsselkäfer ein wesentlich verschiedenes Ansehen von dem jugendlich frischen verleihen. Unser Pissodes notatus läßt sich unter mehreren andern Gattungsgenossen an der ungleichen Punktierung seiner Flügeldecken erkennen. Die Punkte nämlich, die in Streifen über dieselben hinziehen, werden auf der Mitte der Decken viel größer und nehmen eine beinahe viereckige Gestalt an gegen die kleineren und runden ringsum.

Wie der große braune Rüsselkäfer erscheint auch dieser kleine im Mai, jedoch in größerer Menge und in weiterer Verbreitung als jener. Anfangs geht er nur dem Fraße nach, indem in die Rinde der Kiefern und Weymouthskiefern, seltener der Lärchen und Fichten ansticht, den Rüssel versenkt und nur wenig Nahrung herauszieht, so daß er viele Wunden beibringt. Diese gleichen groben Nadelstichen und veranlassen infolge des Harzausflusses grindiges Ansehen der Oberfläche. Meist hält er sich an vier- bis achtjährige Pflanzen, verschmäht aber, in Ermangelung dieser auch ältere, bis dreißigjährige, nicht. Werden nun die Tage anhaltend wärmer, so nimmt die Lebendigkeit des Käfers zu, und die Paarung erfolgt in derselben Weise und an den gleichen Orten, wie es bei dem vorigen angegeben worden ist, beim Ablegen der Eier gehen aber beide weit auseinander. Das Weibchen dieser Art sucht nicht nur kränkliche Stangenhölzer von fünfzehn- bis dreißigjährigem Alter, unterdrückte Stämme noch höheren Alters auf, sondern auch gesunde und nur sehr ausnahmsweise Wurzelstöcke oder aufgeklaftertes Holz. Die Larvengänge beginnen meist unterhalb des obersten Quirles oder noch etwas höher und ziehen sich, unregelmäßig schwach geschlängelt und nach und nach breiter werdend, unterhalb der Rinde weiter nach abwärts. Der Raum ist nicht hohl, sondern mit braun und weiß gescheckten, wurstähnlichen Abfällen erfüllt. Am Ende derselben macht die Larve bei dünner Rinde eine eiförmige, tief in das Holz eingreifende Grube, die in schwachen Stämmchen sogar das Mark trifft, bereitet um sich aus den weichen Abnagseln ein scharpieähnliches Polster und wird in demselben zur Puppe. Diese ruht nur wenige Wochen, und meist bohrt sich der Käfer durch ein Flugloch, wie mit Schrot Nummer 6 oder 7 geschossen, gegen den Herbst noch heraus, verkriecht sich jedoch, um zu überwintern, später wieder am Stammende in den Rindenrissen, zwischen Moos und Bodenstreue. Bei der ungleichen Entwicklung bleiben auch Larven und Puppen den Winter über im Lager zurück. Selbst in vorjährigen Zapfen sehr dürftig erwachsener Kiefern hat man die Larven vereinzelt oder bis zu dreien angetroffen.

Weil der Käfer seine ganze Tätigkeit gern auf ein und denselben Baum beschränkt, an demselben frißt, dem er auch die Brut anvertraut, so wird er, besonders den jungen Pflanzen, schnell verderblich, zumal, wenn allerlei anderes Gesindel mit ihm im Bunde steht. Darum ist ein wachsames Auge auf ihn nötig und das sofortige Wegschaffen der befallenen Pflanzen unerläßlich.

Noch eine Reihe weiterer Arten So besonders der Harzrüsselkäfer ( Pissodes harcyniae), der um die Mitte des vorigen Jahrhunderts im Harz außerordentlich massenhaft austrat und viele Fichtenbestände schwer verwüstet hat. Hrsgbr. derselben Gattung kommen für den Forstmann in Betracht, doch würde ihre nähere Unterscheidung uns hier zu weit führen.

 

Die Spitzmäuschen ( Apion) sind kleine, zierliche Käferchen, von deren gegen vierhundert auf der ganzen Erde verbreiteten Arten Schon bei uns kommen mehr als 100 Arten vor. Hrsgbr. man einzelne das ganze Jahr sehen kann; denn, aus ihrem Winterschlafe erwacht, stellen sich etliche von ihnen auf den Sträuchern ein, sobald diese zu grünen beginnen, und mit dem fallenden Laube gehen sie schlafen; andere kriechen an niederen Pflanzen umher, von denen nicht nur sie, sondern auch ihre Larven sich ernähren, kurz sie sind überall, nur wegen ihrer Kleinheit oft unbemerkt. Der Körper ist birnförmig, hinten am dicksten, vorn in einen dünnen, walzigen Rüssel verlaufend, der beim Weibchen länger und schwächer zu sein pflegt als beim Männchen, bei einigen auch in der hinteren Hüfte dicker sein kann, als in der vorderen. Er trägt an seiner Wurzel oder in der Mitte die keulenförmigen, nicht gebrochenen Fühler. Das Halsschild, immer länger als breit, ist vollkommen walzig, oder etwas kegelförmig, das Schildchen punktförmig. Die Schenkel sind mäßig gekeult und unbewehrt, die Schienen gerade, die Füße schlank. Der zweite Bauchring, vom ersten nur durch eine sehr feine Naht getrennt, übertrifft die beiden folgenden zusammengenommen an Länge. Der Körper bleibt ohne Zeichnung, hat häufig Erzglanz in Schwarz, Blau oder Grün, es kommen auch mennigrote Arten vor; die Flügeldecken pflegen tief gefurcht zu sein. Bei dieser Einförmigkeit und Kleinheit ist die Unterscheidung vieler Arten mit bedeutenden Schwierigkeiten verbunden.

Das sonneliebende Spitzmäuschen ( Apion apricans) hat einen durchweg gleich dicken, wenig gebogenen Rüssel, der die Fühler in der Mitte trägt, ein nach vorn verengtes, dicht punktiertes Halsschild. Die Flügeldecken sind kugelig eiförmig, punktiert gestreift, die Zwischenräume schwach gewölbt. Das glänzend schwarze Käferchen hat rotgelbe Fühlerwurzel, dergleichen Vorderbeine, Schenkel an den übrigen Beinen, jedoch die Knie aller schmal schwarz wie die ganzen Füße. Nach der Überwinterung paaren sich die Käfer. Das Weibchen legt hierauf mehrere Eier an den Blütenstand des Kopfklees und gewiß auch anderer Kleearten. Zur Zeit des ersten Schnitts sind die Larven erwachsen und verpuppen sich zwischen den Blüten des Köpfchens. Ob in demselben Jahre eine zweite Brut zustande kommt, kann ich nicht behaupten, Apion assimile und A. trifolii führen dieselbe Lebensweise, und von manchen andern weiß man, daß sie auf ganz ähnliche Art in Sämereien, besonders von Schmetterlingsblümlern, leben und sich daselbst auch verpuppen, oder bohrend in Stengeln. So frißt die Larve von Apion craccae die Samen der Vogelwicken ( Vicia cracca), jenes das Getreide stellenweise überwuchernden Unkrautes, A. ulicis (auch ilicis) die des Gaspeldornes ( Ulex europaeus), das nordamerikanische A. Sayi die Körner der Baptisia tinctoria. Apion flavipes lebt in den Köpfen des holländischen weißen Klees, Apion ulicicola erzeugt Gallen an Ulex nanus, in denen die Larve überwintert und sich verpuppt. Apion radiolus bohrt in den Stengeln von Malvengewächsen oder der Rainfaser ( Tanacetum vulgare) und verpuppt sich darin. Die zahlreichen Arten auf den Sträuchern entwickeln sich jedenfalls hier auf eine noch unbekannte Weise. Die Larven, die man kennt, sehen einander so ähnlich, daß man sie nur schwer unter dem Mikroskope unterscheiden kann.

Infolge der geraden (nicht geknieten) Fühler schließen sich einige Rüsselkäfergattungen unmittelbar an die Spitzmäuschen an und bieten durch die Brutpflege ihrer Weibchen ein um so höheres Interesse, als solche Erscheinungen bei Käfern außerordentlich selten vorkommen. Um ihrer Brut die nötigen Lebensbedingungen zu verschaffen, richten die Weibchen die für jene bestimmten Pflanzenteile besonders zu, sorgen, um den Endzweck der verschiedenartigsten Vorbereitungen in einen einzigen Begriff zu fassen, für deren Abwelken, und lehren uns hierdurch, daß die Larve der welken oder trocken gewordenen, höchstens unter dem Einflusse wässeriger Niederschläge aus der Luft wieder etwas angefeuchteter Nahrung bedarf. Die Darlegung einiger bestimmter Fälle und der Gewohnheiten bestimmter Arten wird das Gesagte bestätigen und zu klarerer Anschauung bringen.

 

Der Hasel-Dickkopfkäfer ( Apoderus coryli), ein glänzend schwarzes, am Vorderrücken, den punktstreifigen, in den Zwischenräumen gerunzelten Flügeldecken und an den Schenkeln, mit Ausnahme ihrer Spitzen, rotes Käferchen von 6,5 bis fast 9 Millimeter Länge, hat einen kurzen, dicken, wie ein Knötchen vor dem Kopfe sitzenden Rüssel, der an seiner Oberseite die keulenförmigen, ungebrochenen Fühler trägt, einen halsartig hinter den glotzenden Augen verengten Kopf, einen kegelförmigen, vorn eingeschnürten Halsring, ein großes, queres Schildchen und vorn geradlinige, das Halsschild überragende Flügeldecken, die sich hinten breit abrunden, so daß sie den Steiß unbedeckt lassen. Die zapfenförmigen Vorderhüften berühren sich und tragen, wie die übrigen voneinander abgerückten, keulenförmige, wehrlose Schenkel, diese gerade (bei andern etwas gebogene) Schienen, die beim Männchen in einen, beim Weibchen in zwei Haken auslaufen, und die Endglieder der Füße an der Wurzel aneinander liegende Klauen. Die beiden ersten Bauchringe sind miteinander verwachsen.

Dieser Käfer ist in ganz Deutschland und nördlich davon, in Schweden, gemein. In manchen Jahren erscheint er meist um die Mitte des Mai (1872 begegnete ich ihm einzeln schon am 24. April) auf Haseln, niederem Eichengebüsch, Ellern, Buchen und Hainbuchen, sofern sie in Buschform auftreten. Sein Fraß an den betreffenden Laubhölzern ist ohne Bedeutung, dagegen fallen die von den Weibchen ausgeführten Wickel, von der Form einer kleinen Geldrolle, auf, deren zwei, drei und manchmal noch mehr an einem größeren Blatte sitzen und dieses als Ernährungswerkzeug der Pflanze vollständig außer Tätigkeit setzen. In unserm Nachbarwalde, dem die beiden letztgenannten Holzarten vollständig fehlen, werden fast ausschließlich die großen Blätter der Eichenstocktriebe bis auf einen geringen Flächenrückstand in dergleichen Wickel verwandelt, und zwar von dieser Art und von dem nachher zu erwähnenden Afterrüsselkäfer. Zu diesem Behufe schneidet das Weibchen in einiger Entfernung vom Blattstiele die eine Hälfte, die Mittelrippe, und von da noch etwas weiter in die zweite Hälfte der Fläche quer ein und wickelt den so entstandenen Fetzen, der durch Abwelken schlaff geworden ist, in der Weise, daß die Mittelrippe in der Längsachse liegt, die Spitze des Blattes und des Abschnittes desselben, umgeschlagen und eingebogen, den unteren und oberen Verschluß bilden. Zwischen den Falten der Rolle, meist in der Spitzennähe liegt das bernsteingelbe Eichen, bisweilen auch ihrer zwei, ja drei, die entschieden während des Wickelns und nicht erst in das bereits fertige Döschen gelegt werden. Daß ein Weibchen eine größere Anzahl von Wickeln anfertigt und hierzu längere Zeit braucht, die Eier mithin in Wochen auseinander liegenden Zeitabschnitten gelegt werden, versteht sich von selbst. Ist die Witterung von der zweiten Hälfte des Mai an und während des Juni warm und windstill, so geht das Brutgeschäft rüstig vonstatten, und die Wickel mehren sich zusehends.

Vom Innern des trockenen, höchstens durch Regen oder Tau vorübergehend angefeuchteten Wickels ernährt sich die Larve und verwandelt es allmählich in fadenförmig geschlängelten Kot von schwarzer Farbe. In den meisten Fällen dürfte die Rolle mit dem schlecht ernährten Blatte abgefallen sein, ehe die Larve erwachsen ist, wenigstens habe ich in den Wickeln, die in der zweiten Hälfte des September 1871 eingesammelt und auf mäßig feucht gehaltenen Sand gelegt worden waren, noch am 25. April 1872 erwachsene, lebende Larven angetroffen, woraus ich schließen möchte, daß sie sich auch hier verpuppen. Trotz der zahlreichen Blätter, die über Winter an den reich mit Wickeln versehenen Büschen noch haften, war auch nicht eines mit solchen mehr zu finden, weder am Eichenbusche, noch an der Erde. Die Angabe Ratzeburgs, daß der Käfer einer Sommerbrut schon im August fertig sei, wieder wickele und daß dann die junge Larve im Wickel überwintere, scheint, wenn richtig, nur zu den Ausnahmen zu gehören. Ich habe nie Wickel mit Flug- oder Schlupflöchern an den Büschen beobachtet, sondern nur zahlreiche, im Innern nicht ausgefressene, deren Eier mithin nicht zur Entwicklung gelangt sein konnten. Sollte nicht auch nach dem Winter der Nahrungsstoff für die Larven wesentlich verändert sein im Vergleiche zu dem im trockenen Wickel während des Sommers gebotenen?

Die Larve ist dottergelb und so stark gekrümmt, daß sie in der Mitte zusammengeklappt erscheint; die Wülste der drei ersten Körperringe treten nach unten, die des vierten bis sechsten Ringes auf dem Rücken stärker hervor als an dem übrigen Körperteile und sind mit Borstenhärchen besetzt. Der graubraune, an den Freßwerkzeugen dunklere und etwas zugeschärfte Kopf steht schief vor. Wegen der scharf eingekrümmten Stellung sieht man ihr ihre Körperlänge von 11 Millimeter nicht an.

Der langhalsige Dickkopfrüßler ( Apoderus longicollis), eine javanische Art, steht der unsrigen sonst nahe und wäre auch nicht größer, wenn sich der Hals nicht übermäßig verlängerte, besonders beim Männchen, das Fabricius für eine besondere Art hielt und als Apoderus cygnus in die Wissenschaft einführte, ein Schwan in Wahrheit, was die Halsbildung anlangt. Ich konnte mir nicht versagen, dieses eigentümliche Wesen wenigstens zu erwähnen.

 

Der Afterrüsselkäfer ( Attelabus curculionoides) gleicht dem Hasel-Dickkopfrüßler in Körperbau und Lebensweise, fällt aber in ersterer Hinsicht durch seine gedrungene Form und die nahezu halbkugelige Oberfläche auf. Der Rüssel ist dickwalzig, fast so lang wie der hinten nicht halsartig verengte Kopf, und trägt nahe seiner Wurzel, mehr oberseits, in tiefer Grube die ungebrochenen, in einen dreigliedrigen Knopf auslaufenden Fühler. Das Halsschild ist fast halbkugelig und wie poliert, das Schildchen beinahe quadratisch. Die in den Umrissen viereckigen Flügeldecken sind hoch gewölbt, breiter als das Halsschild, hinten einzeln gerundet, so daß der Steiß sichtbar bleibt, auf der Oberfläche schwach und etwas runzelig punktstreifig, in den Zwischenräumen noch feiner punktiert. Die Schenkel sind dick, die Schienen am Ende zweihakig und die vordersten an der Innenseite sägezähnig. Der Käfer ist glänzend schwarz, an Flügeldecken und Halsschild glänzend rot und meist auch an der Fühlerwurzel rot.

Vom Mai bis Juli findet man ihn an Eichengebüsch, wo das Weibchen genau eben solche Wickel für je ein Ei anfertigt, wie der vorige. Ich sammelte beide zusammen, sie für die Wickel jenes haltend, und überzeugte mich erst durch die Verschiedenheit der Larven davon, daß ich es mit zwei Arten zu tun habe. Die Larve ist nämlich in allen ihren Gliedern gleichmäßig querrunzlig, sehr schwach behaart; der Kopf sitzt tief im ersten großen, auf dem quer viereckigen Rücken glatten Glieds, und die Körperfarbe ist nicht dottergelb, sondern schmutzig weiß. Am 30. Juni wurden Käfer bei Anfertigung der Wickel von mir betroffen, fertige Wickel eingetragen, in denen sich nur ein und zwar kugelrundes, grünlich gelbes Ei vorfand. Die in der zweiten Hälfte des September abermals eingesammelten Döschen zeigten bei einer Durchmusterung am 6. November je ein Bohrloch, weil die Larve in den untenliegenden Sand zu weiterer Verwandlung eingedrungen war, während die unverletzten der vorigen Art angehörten. Aus diesen Wahrnehmungen geht der weitere Unterschied zwischen den beiden verwandten Arten hervor, daß die Verpuppung der Larven des Afterrüsselkäfers in der Erde erfolgt.

 

Die drei genannten Arten stehen mit der sinnreichen Gewohnheit, ihren Larven ein Häuschen zu bauen, nicht vereinzelt da. Man kennt noch eine Anzahl anderer, darum Blattroller ( Rhynchites) genannt, obschon nicht alle Gattungsgenossen das Rollen verstehen. Die Rhynchiten verbreiten sich mit Ausnahme Australiens über die ganze Erdoberfläche, vorzugsweise aber über die nördliche Halbkugel der Alten Welt. Sie sind alle zeichnungslose Käfer von durchschnittlich der Größe der vorigen, kommen auch kleiner vor und glänzen meist metallisch in Blau, Grün, Kupferrot, Bronzebraun. Ihr kegelförmiger Kopf bleibt ohne halsartige Verengung, trägt die Augen vorn an der Wurzel des Rüssels, dieser tritt mehr oder weniger lang hervor, ist fadenförmig oder gedrungen, meist etwas gebogen und führt ungefähr in seiner Mitte die ungebrochenen, in eine dreigliedrige, durchblätterte Keule allmählich verdickten Fühler. Das Halsschild schnürt sich vorn und hinten ein, das Schildchen steht quer. Die Flügeldecken, immer breiter als jenes, sind kürzer oder länger, mäßig gewölbt und runden sich hinten in einer Weise ab, daß fast immer der Steiß sichtbar bleibt. Die zapfenförmigen Hüften der Vorderbeine berühren sich, nicht die kugeligen der übrigen. Die Käfer fliegen gern bei Sonnenschein und lassen sich mit eingezogenen Gliedmaßen wie tot niederfallen, wenn sie die Annäherung eines Menschen, die Erschütterung ihres Standortes oder sonst etwas bemerken, was sie in ihrer Ruhe stören könnte. Das Einfangen kann daher nur mit großer Vorsicht und Unterhalten der Hand oder eines andern Gegenstandes erfolgen, wenn die andere sich zum Zufassen anschickt.

Der stahlblaue Rebenstecher, Zapfenwickler, Potzenstecher, Birkenfreund, Drechsler, Pfeifenkäfer ( Rhynchites betuleti), ist blau, bisweilen goldgrün, glänzend und unbehaart; der Rüssel erreicht nicht die Länge von Kopf und Halsschild zusammengenommen, der Kopf ist zwischen den Augen flach ausgehöhlt, das Halsschild so lang wie in der Mitte breit, dicht und fein punktiert wie die Flügeldecken, aber nicht runzelig, vorn schwach niedergedrückt, mit Andeutung einer Längsfurche, außerdem nur beim Männchen mit je einem nach vorn gerichteten, seitlichen Brustdorn versehen. Dieser Käfer wickelt an den verschiedensten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zusammen. Er erscheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, Linden, mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb desselben auf kanadischen Pappeln, Birnbäumen, Quitten und Weinstöcken. Darin, daß er die weichen, krautartigen Teile zur Nahrung aufsucht, junge Blätter zur Anfertigung der Brutrollen wählt, scheint der Grund seiner mannigfaltigen Aufenthaltsorte zu liegen. Indem er die jungen Schosse ansticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen, ganz besonders aber auch am Weinstocke dann große Verwüstungen In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts haben diese Käfer im Departement Hérault in Frankreich alle Blätter in den Weinbergen kilometerweit gewickelt und so große Weinbergkulturen zum Verdorren gebracht. Hrsgbr anrichten, wenn er in Menge vorhanden ist; auch schabt er, mit dem Rüssel vorgehend, schmale Streifchen von der Haut samt dem Blattgrün auf der Oberseite der Blätter ab und läßt nur die der Unterseite zurück, wenn er keine jungen Blätter mehr findet. Die zigarrenförmigen Brutwickel werden an den verschiedenen Pflanzen auf verschiedene Weise angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Weinstocke reicht eins aus; durch Anstechen des jungen Triebes, oder wo dieses nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird diesen der Saftzufluß genommen, sie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln. Wir können es uns nicht versagen, die interessante Beobachtung Nördlingers hier wiederzugeben. »Am 12. Juni (1856), morgens 9½ Uhr«, berichtet der Genannte, »bei warmem Sonnenscheine, aber bewegter Luft, bemerkten wir einen Rebenstecher auf einer kanadischen Pappel an einem Seitenschosse; an solchen wickelt er nämlich besonders gern, weil die Blätter daran näher beisammenstehen und ihm vielleicht auch weniger rasch unter der Arbeit entwachsen. Es war ein weiblicher Käfer, denn es fehlten ihm am Bruststücke die beiden Dornen, die neben häufig kleinerer Statur die Auszeichnung des Männchens sind. Der Käfer lief emsig auf mehreren Gipfelblättern umher, die etwas welk herabhingen. Dies die Folge eines Bohrloches, das er am frühen Morgen oder schon tags zuvor am Schosse angebracht hatte, um diesem den zufließenden Saft abzuschneiden. Ohne Zweifel in derselben Absicht, und um den Schoß nachher biegsamer zu machen, hatte er ihn in seiner ganzen Länge leicht, aber eng quer eingekerbt.

»Der Schoß, soweit er durch das angeführte Abzapfen des Saftes zur Anfertigung einer Brutrolle bestimmt war, bestand aus einem ausgewachsenen, noch ziemlich frischen und steifen Blatte, einem unausgewachsenen von der Größe eines Espenblattes, bereits ziemlich welk, einem noch kleineren, etwa von der Größe eines persischen Syringablättchens, frisch und wie die weiteren zwei Blätteranfänge, von vegetabilischem Safte überzogen, daher zum Rollen noch sehr wenig geeignet. Auf den Blättern einzeln da und dort finden sich kleine krümelige schwarze Exkremente. Ohne Zweifel, weil am meisten welk und biegsam, wurde das unausgewachsene Blatt von Espenlaubgröße der besondere Gegenstand seiner Aufmerksamkeit. Mit ihm wollte er offenbar die Brutrolle beginnen, denn er klammerte sich mit den Beinen daran fest und drückte, um es nachgiebiger zu machen, den Rüssel kräftig dagegen. So oft und an so vielen Stellen er es aber wiederholte, war auch immer noch nichts mit dem Blatte anzufangen. Daher besuchte er nun alle Blätter des Gipfels, vermutlich um sich zu überzeugen, daß auch mit ihnen der Anfang nicht gemacht werden könne. Wieder versuchte er vergeblich den Rand des oben bezeichneten Blattes einzurollen. Wir fürchteten, die Geduld gehe ihm aus. Doch nein! Der Käfer schreitet auf das kaum welkende, ausgewachsene Blatt und stärkt sich durch etwas abgeschabtes Blattgrün, kehrt aber bald zurück, um den früheren Wickelversuch zu wiederholen. Nochmals vergeblich! Ungeduldig verläßt er das Blatt. Er will auf ein benachbartes, geht aber dahin nicht, wie zuvor, auf dem Umwege über den Blattstiel, sondern legt sich verwegen, nur auf die Hinterbeine gestützt, mit dem ganzen Körper wagerecht hinaus, um das Blatt zu ergreifen. Auf diesem hält er, vielleicht durch unsere Nähe erschreckt, Plötzlich still, streckt spähend seine Fühler unter spitzem Wickel in die Luft, kehrt aber bald wieder zu seinem unruhigen Wandel zurück. Mehrmals sticht er mit dem Rüssel in die Blattstiele, vielleicht um deren Abwelken und Biegsamkeit zu beschleunigen. Er sucht wieder das alte Blatt auf. Noch ist aber damit nichts anzufangen, so daß er auf das zunächst unterhalb der Bohrstelle stehende gesunde Blatt steigt, um abermals zu weiden. Beinahe ganz durch das Blatt frißt er das Grün auf der Oberseite weg, nicht, wie sonst, ein schmales Streifchen, sondern ein größeres, ziemlich rundes Plätzchen. – Da braust ein plumper Gartenlaubkäfer heran und würde das schöne Geschöpf herabgeworfen haben, hätten wir nicht den ungeschickten Stoß abgefangen. Der stutzende Käfer macht sich nicht viel daraus, wenigstens begibt er sich wieder auf seinen letzten Weideplatz, äst und ruht fünf Minuten aus. Sodann aber, nach wiederholtem Begang aller welkenden Blätter, kehrt er zum ursprünglichen Blatte zurück, an dem er schon so oft Kraft und Kunst umsonst versucht, und drückt die beginnende Falte an beiden Enden mit dem Rüssel an. Schon bildet sich eine Art Tute. Er kriecht in diese hinein, noch scheint er aber damit unzufrieden; denn er verläßt sie wieder, läuft hin und her und sticht ein paarmal in den Blattstiel. Jetzt aber klammert er sich mit allen Beinen auf der Falte fest, drückt mit dem Rüssel stark an und wiederholt dies mehrmals, bis auf einmal die Rolle entschiedenen Fortschritt macht, obgleich der Käfer immer und in diesem Augenblick durch den Wind und die eigentümlich unstete Bewegung der Pappelblätter gehindert wird. In wenigen Minuten ist die Hälfte des Blattes zur Rolle geworden. Sogleich fährt er mit der andern Hälfte fort. allein mitten im besten Zuge bricht er ab und fährt auf andere Weise fort. Deutlich konnte man bemerken, wie er hin und wieder den Rand der zweiten Blatthälfte durch eine klebrige, durch Reiben des Hinterteiles am Blattrande sich sparsam aus ersterem ergießende Flüssigkeit anklebte und durch Hin- und Herreiben mit dem Hinterteile befestigte, sozusagen festbügelte. Merkwürdig anzusehen war, wie der Käfer das Blatt selbst auf der platten Fläche mit seinen Krallenhäkchen zu fassen und vermöge seiner kräftigen Beine herbeizuziehen vermochte.

»Nun hängt die erste Blattrolle da, aber noch hat sie Gipfel und Unebenheiten, die durch Andrücken des Rüssels und das geschilderte Anleimen beseitigt werden. Etwas unter dem Aufhängungspunkte des Wickels am Blattstiele beißt der Käfer ein tiefes Loch in die Rolle, wobei der lange Rüssel ganz verschwindet. Nachdem er wieder herausgezogen ist, kehrt sich der Käfer um, das Hinterteil auf das Bohrloch senkend, während Brust und noch mehr der Kopf hoch erhaben sind. Solches und die tief gesenkte Lage von Rüssel und Fühlern bekunden, daß etwas ganz Besonderes geschehe – das Ablegen eines Eis. Es dauert etwa acht Sekunden. Schnell kehrt sich darauf der Käfer um, berichtigt mit dem Rüssel die Lage des Eis in dem Bohrloche und schreitet sodann zu der Vergrößerung der Rolle, um die das zunächst ältere Blatt gewickelt werden soll. Bald verschwindet der Käfer unter einem Blattlappen, bald steigt er außen auf und ab, und während man anfangs wenig Plan in diesem geschäftigen überall und Nirgends zu erkennen glaubt, geht von einem gewissen Zeitpunkte an die Rolle des zweiten Blattes schnell vonstatten. Man sieht mit wahrem Vergnügen, wie sich der zweite Lappen des Blattes vollends anlegt, herangezogen durch die Beine des Käfers und mit dem Hinterleibe am Rande angeleimt und festgebügelt. Mit Sorgfalt und durch dieselben Mittel werden die etwas jähnenden Enden der Rolle geschlossen, etwa wie eine Geldrolle, wobei Beine und Rüssel die Finger, die klebrige Materie das Siegellack, das Hinterteil aber Siegelstock und Bügeleisen in einem Stück bilden. Um 11 Uhr war die nun aus zwei Blättern bestehende Rolle fertig.

»Auf der Stelle sucht der fleißige Käfer das dritte nächst kleinere Blatt heranzubringen. Er windet es kräftig im Spiral um die Rolle, läßt aber plötzlich mit Laune nach, um einen kurzen Gang zu machen, und geht erst nachher wieder ans Geschäft, so zwar, daß in sechs Minuten das Blatt im Wickel ist. Jetzt nimmt der Käfer schnell eine verwegene, seiner früheren ähnliche Stellung an, bei der er fest mit dem Rücken an die Rolle gelehnt ist und von den Hinterbeinen gehalten wird. So ergreift er das fünfte kleine Blatt, zieht es heran und leimt es fest. Das Blättchen aber ist nicht welk, von der bekannten Feuchtigkeit der jüngsten Pappelblätter überzogen und läßt deshalb nach. Er ergreift daher das vorletzte, vierte Blättchen, streckt es kräftig in die Länge und biegt es. Zu seinem Verdrusse weicht auch dieses, wie das fünfte, so daß er sich entschließt, beide beiseite zu setzen und das Rollen des nächst großen frischen Blattes vorzubereiten, auf dem er bis jetzt bloß gefressen hatte. Vorher jedoch vergönnt er sich ein Paar Minuten und tut sich abermals auf der Blattfläche gütlich. Jetzt schneidet er, mit dem Rüssel zwickend, auf einen Zentimeter Entfernung vom Kopfe, mit dem Kopfe gegen diesen gerichtet, den Blattstiel großenteils durch. Die Richtung des Rüssels wechselt oft bei der Arbeit, die Fühler sind gesenkt und betasten den Stumpf des Blattstieles. Die Arbeit dauert volle neun Minuten, worauf der Käfer in den langen Stielteil des bereits herabhängenden Blattes, wohl um ihn etwas zu lähmen, mehrmals leicht einbeißt. Man konnte denken, der Käfer werde es in diesem Zustande hängen lassen, bis es welk und leicht wickelbar sei. In der Tat kehrte er zum Wickel zurück, legte, wie früher, wieder ein Ei, verharrte aber nur sehr kurze Zeit in der oben geschilderten Stellung des Eierlegens. Ein erneuter Versuch, die Endblättchen zu rollen, hat keinen vollständigen Erfolg, das äußerste Blättchen ist noch nicht zu bewältigen. Schnell entschließt sich der Käfer, das zwar angezapfte, aber noch ganz frische und steife Weideblatt in Arbeit zu nehmen. Bewundernswert sind Kraft und Geschicklichkeit, mit denen er es herbeizieht. Da jedoch der herabhängende Teil des Blattstieles zu lang ist, würde das Blatt zu tief an den Wickel zu liegen kommen, er zieht es also trotz der Krümmung, die dabei der widerstrebende Stiel annehmen muß, gewaltsam am Wickel herauf, wie der Schiffer ein viereckiges Segel aufzieht, und wickelt es so, daß der Hauptnerv des Blattes quer um den Wickel läuft; denn trotz der Krümmung des Stieles käme sonst das Blatt zu weit hinab zu stehen. Nochmals läßt er das ganze Blatt los, aber nur, um es wiederholt in derselben Weise aufzuwickeln, mehrmals, weil das Blatt immer noch sehr steif und widerspenstig ist, dies alles bei sehr verwegenen Stellungen seines Körpers. Zuletzt erkennt er die Unmöglichkeit, es zu bewältigen, verläßt es und wickelt wieder das vorderste Blättchen, das sich unterdessen abgerollt hatte. Ein neuer Versuch, das Weideblatt zu wickeln, scheiterte, nachdem die Arbeit schon sehr weit gediehen war. Solches um 12½ Uhr, als wir den Käfer, unermüdlich das Geschäft stets wieder aufnehmend, verließen.

»Bei unserer Rückkehr um 1 Uhr 10 Minuten war das Blatt untadelhaft gerollt. Der Käfer ging darauf hin und her, von Zeit zu Zeit die Beine am Körper reibend und sein Augenmerk auf ein benachbartes Blatt richtend, dessen Stiel er heranzuziehen suchte, aber wieder gehen ließ, um den Rand des zuletzt gerollten Blattes noch besser zu leimen und zu bügeln. Diesmal sah man den Leim sogar Faden ziehen, vielleicht weil eine sengende Hitze herrschte. Plötzlich, ohne jegliche Veranlassung und nach kurzer Vorbereitung mit den Flügeln, flog der Käfer auf einen andern und auf einen weiteren Zweig und sodann auf größere Entfernung weg. Nach einer Minute flog er wieder an einem Blatt in der Nähe des Wickels an, umschwärmte den Ort, zeigte sich, nachdem wir ihn aus dem Auge verloren, nochmals auf einem Zweige in der Nähe des Wickels, flog zuletzt aber für immer weg.«

Um einen Begriff von der Geschicklichkeit, Kraft und Beharrlichkeit zu geben, mit denen dieser Käfer arbeitet, bemerkt Nördlinger ausdrücklich, daß fast während der ganzen Zeit ein ziemlich kräftiger Wind wehte, der das Wickeln der ohnedem so beweglichen und in ihrer Bewegung so häufig umschlagenden Blätter der kanadischen Pappel ausnehmend erschwerte und einen andern Käfer hundertmal herabgestürzt hätte. Daß man zwei Käfer spielend und tändelnd um einen Wickel beobachtet hat, mag wohl sein; denn sie sind bei warmem Wetter sehr lebhaft; hieraus aber schließen zu wollen, daß auch das Männchen sich beim Wickeln beteilige und dem Weibchen helfe, scheint mir voreilig zu sein. Das eben ausführlich geschilderte Vorgehen bei dem Brutgeschäfte spricht hiergegen sowie die Erfahrung bei andern Kerfen, deren eine große Menge, namentlich unter den Aderflüglern, noch weit kunstvollere Wohnungen für ihre Brut herrichten; es ist mir aber nicht ein Beispiel gegenwärtig, daß die faulen Männchen dabei irgendwie tätig wären, es sind nur die Weibchen, die in dieser Beziehung unser Interesse in so hohem Maße in Anspruch nehmen und nicht selten rührende Beweise von mütterlicher Aufopferung und hingebender Uneigennützigkeit liefern, mahnende Vorbilder für manche Rabenmutter unter den Menschenkindern!

Zur Vervollständigung der Entwicklungsgeschichte unserer Art sei noch hinzugefügt, daß die am 24. Juli untersuchten Wickel größtenteils mit schwarzen Kotfäden erfüllt waren, aber keine Larven mehr enthielten, dieselben waren vielmehr durch ein rundes Schlupfloch heraus und 3 bis 4 Zentimeter tief in die Erde gegangen, wo sie in einer ungefähr erbsengroßen, inwendig geglätteten Höhlung zu einer stark gekrümmten, stark beborsteten, schmutzig weißen Puppe mit braunen Augen werden. Am 8. August fanden sich beim Ausgraben der Erde die Puppen und keine Larven mehr, und schon am 13. August krochen die ersten Käfer aus.

Der Larvenstand dauert sonach vier bis fünf Wochen und die ganze Entwicklung durchschnittlich sechzig Tage. In jedem Wickel finden sich vier bis sechs Eier, nie aber eine Öffnung, durch die sie in den bereits fertigen Wickel gelangt wären, weil sie während der Anfertigung in der angeführten Weise eingebracht werden. Man findet bisweilen angefangene Wickel, die aus irgendeinem Grunde nicht zur Vollendung gelangt sind. Bei nasser Witterung löst sich auch der eine und der andere wieder auf. Für gewöhnlich vertrocknen die meisten und bleiben noch über die Reife der Larve hinaus an der Mutterpflanze hängen, wodurch jene genötigt wird, sich herabfallen zu lassen; dann und wann werden aber die ganzen Wickel schon vorher vom Winde herabgeworfen. Diejenigen Käfer, die man in schönen Herbsten zu sehen bekommt und wohl gar in Paarung antrifft, stammen entweder von den am frühesten gelegten Eiern oder wurden, obgleich jüngeren Ursprungs, durch das günstige Wetter aus ihren Geburtsstätten hervorgelockt, eine Erscheinung, die auch bei andern Rüsselkäfern vorkommt. Vor Winters verkriechen sie sich wieder, ohne das jetzt nicht zeitgemäße Brutgeschäft weiter zu betreiben; denn zwei Generationen im Jahre, die man früher wohl angenommen hat, würden gegen die Regel sein.

Der Pappelstecher ( Rhynchites populi) ist dem vorigen sehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktiert und zweifarbig: oben kupferig, grün oder goldig, unten, am Rüssel und an den Beinen stahlblau. Er wickelt die Blätter der verschiedenen Pappelarten, sehr gern die der Zitterpappel und verwendet zu dem zigarrenartigen Wickel nur ein Blatt. Wie ungleichmäßig seine Entwicklung ist, mag aus folgender Beobachtung erhellen. Von einer Anzahl Rollen, die am 17. Juli eingetragen und auf feuchten Sand gelegt worden waren, kamen, und zwar aus dem Sande, in der ersten Dezemberhälfte im geheizten Zimmer einige Käfer zum Vorschein, während am 18. Dezember noch acht lebende, wie es schien erwachsene Larven in den Wickeln aufgefunden wurden, in jedem nur eine Larve.

Der noch kleinere, kaum 4,5 Millimeter lange, durchaus schwarze und sehr schwach behaarte schwarze Birkenstecher, Trichterwickler, Blattkräusler ( Rhynchites betulae), bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt sich stets mit einem Blatt, verwendet sogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren weicht von dem bisher erwähnten wesentlich ab. Ungefähr in der kleineren, oberen Hälfte der Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer nach dem Blattstiele hin aufsteigenden Bogenlinie die Fläche auf der einen, wir wollen sagen auf der rechten, Seite durch, läßt die ihm begegnenden Seitenrippen unverletzt, in entsprechender Weise kommt dann die linke Seite an die Reihe; ist er auch mit dieser fertig, so schneidet er an der ersten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löst so die eine Hälfte seines Wickels. Nach mechanischen Gesetzen ist dieses S-förmige Schnittverfahren insofern das denkbar beste, als es für den Käfer nicht nur das am meisten Kraft sparende, sondern auch dasjenige ist, das dem Wickel selbst die denkbar größte Festigkeit verleiht. Der Käfer hat hier gewissermaßen instinktiv eine Maximalaufgabe mit einem Energieminimum gelöst. Hrsgbr. An der äußersten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöst, in diese Tasche ein Ei geschoben und nun gerollt, so daß die Ecke mit dem Ei in die Mitte des Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält diesen leicht zusammen, wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite wird nun gleichfalls durch Zerbeißen der Nebenrippen vollständig gelöst und über die erste Hälfte gerollt, bis die kleine Zigarre von der Mittelrippe des bedeutend gekürzten Blattes herabhängt. Bald erhält darin das Wickelkind Leben, arbeitet Gänge nach allen Richtungen, die das völlige Absterben und Vertrocknen der Blattmasse noch beschleunigen. Bricht sie vom Winde los und fällt zur Erde, desto besser für die reife Larve; sie wartet aber schwerlich diese Zufälligkeit ab, sondern frißt sich, wenn ihre Zeit gekommen, durch, fällt zur Erde, sich aber nie zu Schaden, und verpuppt sich in deren Schoße.

Der Zweigabstecher, Stengelbohrer, Giebelstecher ( Rhynchites conicus) ist durchaus tief blau, stellenweise grün schimmernd, an Beinen und Rüssel schwarz und überall mäßig dunkel behaart. Der Rüssel ist kürzer als Kopf und Halsschild zusammengenommen, letzteres auf seiner Oberfläche grob und mehr einzeln punktiert und wenig nach hinten erweitert. Die Flügeldecken sind tief punktstreifig, auf den Zwischenräumen wieder punktiert, hinter der Mitte am breitesten. Länge bis zur Rüsselwurzel 3 Millimeter.

Gleich den übrigen Arten treibt sich auch diese Art, nachdem sie aus der Erde gekrochen ist, im Mai und Juni auf den verschiedensten Laubhölzern, wie Vogelbeeren, Elsbeeren, Traubenkirschen, Weißdorn, ganz vorzüglich aber für unsere Obstbäume, Pflaumen, Kirschen, Birnen, Apfel, Aprikosen, schädlich werdend, umher. Weniger rührt der Nachteil von dem Befressen der jungen Knospen, besonders in den Baumschulen, her, als vielmehr aus der Art, wie das Weibchen sein Brutgeschäft betreibt. Es »sticht« nämlich die zarten Triebspitzen ab, um ein oder einige Eier an das dadurch trocken werdende Mark zu legen, von dem sich die künftige Larve ernährt. Hat das Weibchen eine ihm passend erscheinende Spitze gefunden, so nagt es leicht an der Innenseite des Stengels da, wo er abbrechen soll, begibt sich dann näher der Spitze des Schosses, frißt ein Loch bis auf das Mark, legt ein Ei darauf und schiebt es mit dem Rüssel bis auf den Grund des Loches. Dies alles nimmt etwa eine Stunde in Anspruch. Hierauf kehrt die besorgte Mutter zu der ersten Stelle zurück, um den Trieb so weit abzunagen, daß er durch den leisesten Windstoß umbricht, oder ohne weiteres herabfällt. Indem sich der Käfer bei dieser Arbeit öfter unterbricht, sich wieder nach der Spitze begibt und nachsieht, ob alles in Ordnung sei, verbraucht er abermals ein bis eineinhalb Stunde Zeit. Ein kurzer Abstich enthält ein, ein längerer bis drei Eier, jedes in einer besonderen Grube. Nach acht Tagen durchschnittlich bekommt dieses Ei Leben, und die Larve ernährt sich von dem nach und nach trockener werdenden Marke des Abstiches und verpuppt sich dann in der Erde.

Wo eine Anzahl von Weibchen auf die angegebene Weise an Obstbäumen ihr Brutgeschäft betreiben, richten sie nicht unbedeutenden Schaden an, und man kann der Wiederholung desselben nur dadurch vorbeugen, daß man die Abstiche von den Bäumen oder am Boden sorgfältig sammelt und verbrennt, sobald man sie bemerkt, damit die in ihnen lebende Brut zerstört werde.

In sehr ähnlicher Weise lebt die Larve des Blattrippenstechers ( Rhynchites aliariae Gyll.), eines Käferchens, das mit dem vorigen mehrfach verwechselt worden ist. Durch graue Behaarung an den Körperseiten, ein mehr walzenförmiges Halsschild, hinter der Mitte kaum erweiterte Flügeldecken, deren leistenartige Zwischenräume bei gewöhnlicher Vergrößerung keine Punktierung erkennen lassen, ist er vom vorigen unterschieden. Das Weibchen sticht in den Apfelbaumschulen die Blätter an der Unterseite da an, wo der Blattstiel in die Mittelrippe übergeht. Hierdurch biegt sich die Blattfläche gegen den Stiel unnatürlich nach unten, wird wegen mangelnder Ernährung bald trocken, samt ihrem Stiele hinfällig und als wichtiges Ernährungswerkzeug dem jungen Stämmchen entzogen. Ich habe meist zwei, aber auch nur eine oder bis vier Larven im Blattstiele oder im Grunde der Mantelrippe so eingekeilt angetroffen, daß man mit Hilfe einer Nadel vorsichtig zu Werke gehen muß, wenn man sie unverletzt herauslösen will. Die Verpuppung erfolgt in der Erde.

Noch andere Arten leben als Larven in unreifen Früchten, und um auch von diesen ein Beispiel anzuführen, sei schließlich noch der hübsche Pflaumbohrer ( Rhynchites cupreus) erwähnt. Er ist ebenso groß wie der Pappelstecher, erzfarben, auf dem Rücken etwas lichter, schwach grau behaart, hat einen schlanken Rüssel, kräftige Punktstreifen auf den Flügeldecken und deren Zwischenräume gleichfalls punktiert; er nährt sich als Larve von jungen Pflaumen, Kirschen, Vogelbeeren, Elsbeeren ( Pirus torminalis). Haben die Pflaumen die Größe einer Mandel erreicht, so schneidet das Weibchen in Zeit von einer Stunde den Stiel halb durch, sucht an der Frucht eine passende Stelle zum Unterbringen eines Eies, bohrt ein flaches Loch, erweitert es etwas unter möglichster Schonung der Oberhaut, legt das Ei hinein, schiebt es mit dem Rüssel zurecht und drückt die Oberhaut auf die Wunde; hierauf begibt es sich zurück an die halb durchgefressene Stelle des Stieles, beißt die andere Hälfte durch, oder so weit, daß der leiseste Wind oder die eigene Schwere die Pflaume bald zum Falle bringt. Die ganze Arbeit nimmt gegen drei Stunden in Anspruch. Nach durchschnittlich vierzehn Tagen belebt sich das Ei, die Larve zehrt am unreifen Fleische und ist in fünf bis sechs Wochen erwachsen. Die Verpuppung erfolgt in der Erde. Die einzelnen im Herbste zum Vorschein kommenden Käfer gehören zu den verfrühten, zur Überwinterung sich wieder verkriechenden, die Mehrzahl kommt erst im nächsten Frühling aus der Erde hervor.

Der Haselnußrüßler ( Balaninus nucum) und seine Gattungsgenossen sind diejenigen heimischen Arten, die den längsten Rüssel aufzuweisen haben. Der Wurm in den Haselnüssen ist ja allgemein bekannt, noch mehr das Wurmloch, aus dem er entschlüpfte, um in der Erde seine Verwandlung zu bestehen; denn wie jedermann weiß, findet sich in einer »wurmstichigen« Nuß kein Tier mehr, sondern in dem zur Hälfte oder gänzlich ausgefressenen Kerne und den Kotkrümchen nur die Spur seiner früheren Anwesenheit und zerstörenden Tätigkeit. Das befruchtete Weibchen zwickt bis ins Herz der halb erwachsenen Haselnuß, um die Mitte des Juli oder auch früher, legt ein Ei in das Loch und schiebt es mit dem Rüssel tief hinein. Dies geschieht in einer Zeit, die ausreicht, um die Wunde vernarben zu lassen, soweit wenigstens, das man genau hinsehen muß, um die einstige Verletzung wahrnehmen zu können. Vom Mai an treibt sich der Käfer auf Haselbüschen und Eichen umher, aber nicht aus vorjährigen Larven entsprossen; denn diese liegen nach den gemachten Erfahrungen bis zum Juni des nächsten Jahres, verwandeln sich dann erst zur Puppe, aus welcher der Käfer im August ausschlüpft und zum Vorschein kommt, oder versteckt bleibt bis zum nächsten Frühling. Er hat einen sehr langen, borstenartigen, an der Wurzel verdickten, daselbst gestreiften und punktierten Rüssel von rotbrauner Farbe, der sich beim Männchen schwach, beim Weibchen stärker krümmt und etwas vor seiner Mitte die schlanken, geknieten Fühler trägt. Dieselben Passen mit ihrem Schafte gerade in die bis zu den Augen reichende Grube und enden in eine fast geknopfte Keule, indem die letzten der sieben Geiselglieder kaum länger als breit sind. Der eiförmige, schwarze Käfer ist über und über gelbgrau behaart, am erhabenen runden Schildchen, an den Schultern und auf der Fläche der herzförmigen Flügeldecken würfelartig lichter. Die Schenkel verdicken sich nach vorn und zeigen hier an der Unterseite einen dreieckigen Zahn, die Schienen enden in einen Haken, das dritte Fußglied ist zweilappig und der Grund der Klauen gezähnt. In Deutschland kommen noch zwei außerordentlich ähnliche Arten vor, deren Fühlerkeule dadurch bedeutend dünner erscheint, daß das letzte Glied wenigstens doppelt so lang als breit ist, der große Eichelbohrer ( Balaninus glandium oder venosus), dessen Halsschild an den Seiten von der Mitte an steil nach der Flügeldeckenwurzel verläuft, mit ihr fast einen rechten Winkel bildend, und der kleine Eichelbohrer ( Balaninus turbatus), dessen Rüssel sich stark krümmt, besonders beim Weibchen, und dessen Halsschildseiten mit der Flügeldeckenwurzel, wie bei dem Nußbohrer, einen stumpfen Winkel bildet. Sie beide leben als Larven in den Eicheln und werden für dieselben in gleicher Weise verderblich, wie jener für die Nüsse. Die Balaninen breiten sich mit ihren der Gleichförmigkeit wegen zum Teil sehr schwer zu unterscheidenden Arten fast über die ganze Erdoberfläche und besonders zahlreich über Europa aus und haben die Gewohnheit der vorigen, mit angezogenen Beinen sich fallen zu lassen, sobald sie eine Gefahr im Anzuge vermuten.

 

Die Blütenstecher ( Anthonomus) könnte man der Körpertracht nach für größere, plumpe Spitzmäuschen erklären, die gebrochenen Fühler, die lichten Haarbinden oder Flecke auf dem braunen Untergrunde der Flügeldecken unterscheiden sie aber auf den ersten Blick von denselben, wie noch verschiedene andere Merkmale, die in dem dünnen, geraden Rüssel, in den kleinen, runden Augen, den schwachen Fühlern mit siebengliedriger Geisel, von denen das erste Glied sich verlängert, die letzten eine spindelförmige, geringelte Keule bilden, und in dem großen Schildchen begründet sind. Die zapfenförmigen Vorderhüften stoßen zusammen, alle Schenkel sind verdickt, die Schienen gekrümmt, die Bauchringe frei. Die Gattung breitet sich gleichfalls über die ganze Erde aus, in Amerika weniger zahlreich als anderswo. Die europäischen größeren Arten der überhaupt am Körper nicht großen Gesellen erweisen sich an den Obstbäumen vielfach unnütz, indem die Weibchen im ersten Frühjahre deren Blatt- und Tragknospen anstechen, ein, auch ein paar Eier hineinschieben und die Larven dieselben ausfressen, sie mithin nicht zur Entwicklung gelangen lassen. Die äußeren Schuppen bräunen sich, ein mit vielen derartigen Knospen versehener Apfel- oder Birnbaum sieht wie verbrannt aus, und man hat dem Übeltäter in manchen Gegenden den Namen » Brenner« beigelegt, mit dem kaum eine bestimmte Art gemeint sein kann, weil mehrere in gleicher Weise leben. Für gewöhnlich dürfte der Apfelblütenstecher ( Anthonomus pomorum) darunter verstanden sein. Er zeichnet sich durch die verwischte, graue Schrägbinde auf jeder der pechbraunen Flügeldecken aus. Diese Binde, aus grauer Behaarung bestehend, ist bei der sehr nahe stehenden zweiten Art, bei dem Birnknospenstecher ( Anthonomus pyri), gerade und erreicht die Ränder jeder Decke nicht vollständig. Diese beiden Arten, durch das angegebene Merkmal auf den ersten Blick, durch noch einige andere bei eingehenderer Betrachtung zu unterscheiden, leben an Apfel- und Birnbäumen. Sie kommen sehr früh im Jahre aus dem Winterlager, und obgleich sie im Sonnenscheine lebhaft fliegen, steigen sie jetzt meist zu Fuß am Stamme der Bäume in die Höhe, wie sie im Herbste ebenso hinabsteigen, um das Winterlager hinter Rindenschuppen, in alten Bohrlöchern am Fuße des Stammes oder in dessen Nähe unter der Erdoberfläche zu beziehen. Man hat diese Fußpartien der Käfer in Abrede gestellt, und auch ich habe sie so lange angezweifelt, bis mir mit den bekannten, für den Frostspanner bestimmten Teerringen im Herbst und im Frühjahr abgefangene Käfer zugeschickt worden sind. Das befruchtete Weibchen greift nun die sich regenden Knospen mit seinem langen Rüssel an und bohrt Löcher in dieselben, teils um sich zu ernähren, teils um je ein Ei in einem Bohrloche unterzubringen. Für die betroffenen Knospen können die Wirkungen hiervon sehr verschieden ausfallen, da bekanntlich die Fruchtknospen beider Obstarten mehrere Blüten in der Hauptknospe enthalten. Ist letztere noch vollkommen geschlossen, so können mehrere Blütenknospen getroffen werden; erfolgt dann die Entfaltung, so bleiben die mit einem Ei belegten zurück, während die unversehrte Blüte zur Entwicklung gelangt, eine im Fruchtboden getroffene sogar bald abfällt. Sind die Einzelknospen schon mehr vorgerückt, so können diese sämtlich mit Eiern belegt werden; alle vertrocknen und sehen wie verbrannt aus, während sich unter ihrem Schutze die Larve schnell entwickelt und daselbst auch zu einer schlanken, sehr beweglichen Puppe wird. Ich habe die zweite Art aus Birnknospen erzogen, die sämtlich in ihrer ersten Hülle »verbrannt« erschienen und keine einzige Blütenknospe trieben, teilweise auch Blattknospen waren. Die Entwicklung ging sehr rasch vor sich; denn die Mitte April als vertrocknet eingetragenen Hauptknospen lieferten bereits vom 30. April an den Birnknospenstecher in reichlicher Menge. Ob der im Mai erscheinende junge Käfer tatenlos sein Leben bis nach der Überwinterung verbringt, oder ob es Käfer einer zweiten Brut sind, die im folgenden Frühling für die Fortpflanzung sorgen, wage ich nicht zu entscheiden, doch werden meines Wissens zwei Bruten von niemandem angenommen. Obstsorten mit sehr lange geschlossenen, also spät austreibenden Knospen haben mithin von diesen Käfern am meisten zu leiden, außerdem mehrt sich der Schaden in solchen Jahren, in denen durch die Witterungsverhältnisse oder durch den ungünstigen Stand der Bäume die Knospenentwicklung verzögert wird; denn wie aus der angeführten Lebensweise dieser Blütenstecher hervorgeht, können ihre Larven nur in Knospen gedeihen; beschleunigt sich deren Entfaltung vor der Vollwüchsigkeit der Larve, so ist deren Weiterentwicklung sehr in Frage gestellt.

Eine dritte, nicht minder interessante Art ist der Steinfruchtbohrer ( Anthonomus druparum), etwas kräftiger als jede der vorigen, am rotbraunen Körper dicht graugelb behaart und leicht kenntlich an der doppelten Zickzackbinde gleich hinter der Mitte der Flügeldecken, die dadurch entsteht, daß die gelbe Behaarung hier ausgeblieben ist. Dieser Käfer, der die Pfirsichblüten stark benagen soll, findet sich vorherrschend an der Traubenkirsche ( Prunus padus), in deren Steinkerne die Larve einzeln lebt. Er muß jedoch ein ziemlich unstetes Leben führen, denn mir wurden einst getrocknete Sauerkirschen übergeben, in deren Kernen ich Larven, Puppen und Käfer auffand, die natürlich durch das Abwelken der Kirschen im Ofen alle ihren Tod gefunden hatten. Einer der Käfer hatte sein Flugloch bis auf eine feine Schicht ausgenagt, ein anderer war bereits bis zum Fleische gelangt und kurz vor seiner letzten und leichtesten Arbeit, dem Durchbrechen dieses, vom Tode überrascht worden. Auch in den Steinkernen der Schlehen dürfte die Larve leben. Diese und die zahlreichen andern Gattungsgenossen stellen sich, wie die vorigen, tot, wenn man ihnen zu nahe kommt, und fallen mit eingezogenem Rüssel und vorgestreckten Beinen auf den Boden. Einer der gefährlichsten Schädlinge ist der in Amerika lebende Baumwollkapselkäfer ( Anthonomus grandis Boh.). Bevor man ihn großzügig bekämpfen lernte, vernichtete er jährlich die halbe Baumwollernte, was einem Wert von etwa 230 Millionen Dollar entspricht. Hrsgbr.

 

Die kleinen, ovalen Erdflöhe, die lustig dahinspringen, wenn man sich ihnen nähert, kennen meine Leser, hatten vielleicht auch schon Gelegenheit, sie springen zu hören. Wenn man nämlich im Herbst auf oder neben dürrem Laub an Waldrändern dahinwandelt, so hört man, wie die zum überwintern hier versammelte Schar dieser kleinen Springer auf das dürre Laub wieder auffällt, von dem sie sich soeben gleichfalls mit Geräusch abgeschnellt hatte. Es wäre jedoch ein Irrtum, wenn man alle diese kleinen Käferchen für Erdflöhe halten wollte, vielmehr befinden sich gewisse Rüsselkäfer in gleicher Lage. Von jenen später noch einige Worte; von diesen sei bemerkt, daß sie der Gattung Orchestes, Tanzkäfer, angehören, die in vielen Arten Europa, die Alte, aber auch die Neue Welt bewohnt.

Der schwarze Buchenrüßler, Buchenspringrüßler, Buchenspringer ( Orchestes fagi), ist diejenige Art, die trotz ihrer Kleinheit und Unscheinbarkeit ihre Gegenwart mehr als jede andere bemerkbar macht. Das ohne den Rüssel 2,5 Millimeter messende Käferchen ist schwarz, durch seine, gleichmäßige Behaarung grauschimmernd, die Fühler und Füße tragen licht gelbbraune Farben. Der runde, sanft gebogene Rüssel ist länger als Kopf und Halsschild zusammengenommen und beinahe näher den Augen als der Spitze, mit den gebrochenen Fühlern versehen. Kopf und Halsschild zeigen einen glockenförmigen Umriß und geringe Erstreckung im Verhältnis zu den lang eiförmigen Flügeldecken, an deren Wurzel das kleine Schildchen als Grübchen erscheint: sie decken die Hinterleibsspitze vollkommen und sind auf ihrer Fläche gleichmäßig punktstreifig. Die Vorderhüften sind sehr genähert, alle Schenkel kurz und dick, unten vor der Spitze mit je einem Zähnchen bewehrt, die hintersten samt ihren Schienen zum Springen eingerichtet und sämtliche Klauen am Grunde zahnartig erweitert.

Anfang Mai stellt sich der überwinterte Käfer auf den eben aufbrechenden Blättern der Rotbuche ein, um sich zu ernähren und gleichzeitig dem Brutgeschäft obzuliegen. Zu ersterem Zwecke nagt er kleine Löcher in dieselben, zur Erreichung des zweiten schiebt das Weibchen hart an der Mantelrippe und in der Nähe des Blattgrundes ein Ei unter die Oberhaut. Meist wählt es hierzu unbenagte Blätter und beschenkt jedes auch meist nur mit einem gelblich weißen Ei. Die nach kaum acht Tagen aus diesem entschlüpfte Larve frißt nun zwischen Ober- und Unterhaut des Blattes nach vorn und außen eine Mine, die nach und nach etwas breiter wird und gewöhnlich in der Nähe der Blattspitze endigt. Hier angelangt, ist die mit einem dunkeln, durch die Mitte geteilten Halsschilde und einem kegelförmigen Fleischzäpfchen auf dem letzten Gliede versehene Larve erwachsen, erweitert die Mine und wird in einem durchscheinenden Gespinste zur Puppe. Aus dieser kommt durchschnittlich von Mitte Juni ab, aber auch schon früher, der Käfer zum Vorschein, da die Larve kaum drei Wochen und die Puppe auch nur etwa eine zu ihrer Entwicklung bedürfen. Er springt auf dem Laube umher, benagt es, wie seine Eltern vor ihm, und verkriecht sich, wenn die unfreundlichere Jahreszeit dazu mahnt. Wie aber tut sich seine Gegenwart kund?

Die Mine, also der von ihr getroffene Rand und die Spitze des Blattes, bräunt sich, sobald das Blattgrün daraus aufgezehrt ist, im Laufe des Sommers fällt sie aber völlig aus, so daß ein solches Blatt unregelmäßig geschlängelt, von vorne nach hinten und bis zur Mittelrippe mit faserigen und zerfetzten braunen Rändern ausgefressen erscheint. Wenn tausend und abertausend von Blättern an einer alten Buche in dieser Weise zugerichtet sind, so erscheint der stattliche Riese von oben bis unten braun angeräuchert, oder als wenn die frischen Blätter im Frühjahr von einem Froste oder vor einigen Wochen von einem Hagelschlag getroffen worden seien. Wenn nun auch ein alter Baum dergleichen Behandlung, und eine unvollkommene Ernährung durch seine Blätter einmal, auch zweimal ertragen kann, so sind Buchenpflanzungen entschieden schlimmer daran, wenn sie in gleicher Weise heimgesucht werden, und können nach einigen Jahren an der Wiederholung jener Heimsuchungen zugrunde gehen.

 

Wieder andere Sitten haben die Larven der Blattschaber ( Cionus). Sie halten sich frei an den Blüten und jungen Samenkapseln gewisser Pflanzen auf, wobei ihnen keine Beine zustatten kommen, sondern nur die Querfalten des Körpers und ein klebriger, schmieriger Überzug. Die gedrungenen, beinahe kugeligen Käferchen sind klein, aber hübsch gezeichnet, mosaikartig durch regelmäßige, lichte Haarfleckchen auf einem anders gefärbten Untergrunde; bei den meisten findet sich an der Wurzel oder auf der Mitte der Flügeldecken ein runder, samtschwarzer Nahtfleck. Ihr walziger Rüssel legt sich an die Brust an, die jedoch nicht mit besonders deutlicher Rinne versehen ist, die Augen nähern sich auf der Stirn, und die Geisel der gebrochenen Fühler setzt nur fünf Glieder zusammen, so daß sie dem Schafte an Länge gleicht. Das Schildchen ist oval, die Spitze der Flügeldecken gemeinsam gerundet. Das erste Glied des Hinterleibes verwächst mit dem zweiten, beide sind lang, die zwei folgenden dafür sehr gekürzt. Das Männchen unterscheidet sich von seinem Weibchen durch ein längeres letztes Fußglied und ungleiche Klauen, indem die innere die äußere an Länge übertrifft. Dieser Geschlechtsunterschied wird an den Vorderbeinen am deutlichsten.

Der Braunwurz-Blattschaber ( Cionus scrofulariae) lebt in zahlreichen Gesellschaften auf der vom Mai bis August blühenden Braunwurz ( Scrofularia nodosa). Am 17. Juli fand ich einzelne, zur Verpuppung reife bräunlichgrüne Larven neben bereits in ein glasiges Gehäuse eingesponnenen. Ungefähr drei Wochen mochten vergangen sein, als von den ersten die Käfer zum Vorschein kamen. In einem früheren Falle, als mir jene zierlichen Gebilde noch nicht bekannt waren, lernte ich ihre Erzeuger auch nicht kennen, sondern aus den kleinen Blasen entwickelten sich nur winzige Schlupfwespen ( Chrysocharis conspicua), der Familie der Pteromalinen angehörig. Der Käfer ist schwarz und dicht beschuppt, Brustseiten und Vorderbrust schneeweiß, Flügeldecken dunkelschiefergrau, die erhabenen, abwechselnden Zwischenräume zwischen den Streifen samtschwarz und weiß gewürfelt, die Naht mit einem großen vorderen und Hinteren schwarzen Samtfleck versehen. Verschiedene andere Arten leben ähnlich auf den Königskerzen ( Verbascum) usw.

 

Der weißbunte Erlenwürger, Weidenrüßler ( Cryptorhynchus lapathi), ist der einzige europäische Vertreter einer sehr artenreichen südamerikanischen Gattung und eine von den sechsundzwanzig Arten, die, auf noch drei andere Gattungen verteilt, als die einzigen Glieder einer der größten Sippen ( Kryptorhynchiden) der ganzen Familie in Europa zu Hause sind. Der Rüssel des genannten Käfers läßt sich in eine tiefe Brustfurche legen, die zwischen den Mittelhüften endigt und die Vorderhüften natürlich auseinanderdrängt. Die Fühlergeisel besteht aus sieben Gliedern, und der Körper erscheint durch dichtes Schuppenkleid schwarz, braun und weiß, am letzten Drittel der Flügeldecken kreideweiß. Das hübsche, 7,5 bis 9 Millimeter lange, sehr unebene Tier sitzt am Weidengebüsch, am Schwarz- und Weißeller, ohne durch seinen Fraß an den Blättern schädlich zu werden. Im Mai begegnet man ihm am zahlreichsten und dann gewöhnlich gepaart, das Männchen auf dem Weibchen sitzend; dann werden die Käfer sparsamer, sind während des Juli und einen Teil des August verschwunden, nach dem Herbst hin zeigen sich aber wieder vereinzelte. Am 28. August 1872 sah ich so im Vorbeigehen wohl ein Dutzend verbundene Pärchen und selbst am 3. Oktober noch vereinzelte Käfer. Da sich Ende Juli reife Larven und Puppen finden, so dürften die später erscheinenden Käfer junge sein, die ihr Brutgeschäft noch betreiben, oder sich wieder verkriechen, um nach der Überwinterung an dasselbe zu gehen. Das befruchtete Weibchen legt seine Eier an das Holz der genannten Futterpflanzen, und die Larve frißt zunächst flach unter der Rinde platzweise, so daß diese durchlöchert erscheinen kann, und geht dann in einem gerade aufsteigenden Gange im Holze weiter, möglich, daß diese Fraßweise auf eine zweijährige Brut deutet, da auch bei andern bohrenden Larven im ersten Jahr eine oberflächliche, im zweiten eine in das Holz übergehende Fraßweise beobachtet worden ist. Die erwachsene Larve kehrt sich am Ende des Ganges um und verpuppt sich. An den Saale-Ufern bei Halle lebt die Larve in den alten knorrigen Wurzelstöcken der Korbweiden, die durch sie und andere Bewohner nach und nach früher absterben, als wenn sie unbewohnt wären. Schädlicher werden die Larven entschieden in jungen Ellernpflanzungen und Ausschlagbeständen, wo sie junges und älteres Holz zerbohren und dasselbe absterben machen. Auch in jüngeren Birkenbeständen kommen sie vor und töten dieselben. Wo sie einmal in so verderblicher Weise hausen, bleibt nichts weiter übrig, als die mit Brut besetzten Teile abzuhauen und zu verbrennen.

Wenn noch anderer Verborgenrüßler ( Ceuthorynchus) gedacht wird, so geschieht dies nicht wegen der hervorragenden äußeren Erscheinung ihrer zahlreichen Arten, die außer wenigen Nordamerikanern sich vorzugsweise in den kalten und gemäßigten Strichen Europas, Asiens und Nordafrika aufhalten und im Gegenteil zu den kleinsten und unansehnlichsten zählen, sondern weil eine Anzahl sich unsern Feldern und Gemüsegärten, und auf höchst unangenehme Weise, bemerklich macht. Einige zeichnen sich auf dunklem Grunde durch lichte, meist schlecht begrenzte Fleckchen aus; die meisten lassen sich wegen der Einförmigkeit ihres dunklen Kleides schwer voneinander unterscheiden. Ihr fadenförmiger Rüssel kann zwischen die kegelförmigen Vorderhüften gelegt werden, ohne dort eine scharf begrenzte Furche zu finden, wie dies bei der vorigen Gattung der Fall. Seine Furche für die Fühler ist nach unten gerichtet, und diese sind gekrümmt und infolge der verlängerten ersten der sieben Geiselglieder schlank. Das kurze Halsschild ist an den Seiten gerundet erweitert, vorn mehr oder weniger verengt, eingeschnürt und am Vorderrande lappig erweitert, so daß in zahlreichen Fällen bei der Ruhelage des Rüssels die runden und flachen Augen teilweise oder sogar ganz verdeckt werden. Die Flügeldecken sind kurz, am Grund viel breiter als das Halsschild, an den Schultern stumpf, nur wenig länger als zusammen breit, hinten einzeln gerundet, den Steiß nicht deckend. Die Schienen sind beim Männchen an der Spitze stets wehrlos, die der Mittel- und Hinterbeine beim Weibchen meist gespornt, die Klauen am Grunde nicht zusammengewachsen.

Der Kohlgallenrüßler, gefurchthalsige Verborgenrüßler ( Ceuthorynchus sulcicollis), ist tiefschwarz, wenig glänzend, unten dichter, besonders gegen die Schultern hin, oben sparsam und sein grau beschuppt und ohne irgendeine hellere Zeichnung, wie solche durch Anhäufung der Schuppen bei andern Arten entsteht. Das stark punktierte Halsschild hat vorn einen schwach aufgeworfenen Rand, jederseits ein Höckerchen und eine tiefe Mittelfurche; die Flügeldecken sind tief gestreift, in den Zwischenräumen eben, stark gerunzelt und vor der Spitze schuppig gehöckert, die Schenkel vorn kurz bezähnt. Die durchschnittliche Länge beträgt kaum 3 Millimeter bei 2 Millimeter Schulterbreite. Bei der ungleichen Entwicklung findet sich der Käfer vom ersten Frühjahre bis in den Sommer hinein auf Kreuzblümlern, wild wachsenden wie angebauten, an letzteren selbstverständlich am augenfälligsten und mit nachteiligen Folgen verbunden. Das befruchtete Weibchen legt nämlich seine Eier tief unten an den zarten oberirdischen Stengel oder flach unter der Erde an den Wurzelstock der Ölsaaten, der verschiedensten andern Kohlarten unserer Gemüsegärten, aber auch des hier und da als so verbreitetes Unkraut auf den Feldern auftretenden »Hederichs«. Die Stelle, an die das Ei unter der Oberhaut gelegt worden ist, schwillt an und wächst infolge des weiteren Reizes seitens der fressenden Larve zu einer gallenartigen Mißbildung aus. Junge Pflanzen könnte man, wenn die mehr oder weniger kugelige Galle unmittelbar auf der Erde aufsitzt, für flach stehende Radieschen halten. Wenn der Käfer sehr zahlreich vorhanden ist, so mehren sich die Gallen an einer Pflanze; die sonst einzelnen, kugeligen verwachsen zu knolligen und unregelmäßigen Gebilden, in deren Innerem man zwischen krümeligen Exkrementen bis zu fünfundzwanzig Larven antreffen kann. Die weiße Larve ist wie andere Rüsselkäferlarven eingekrümmt, stark querfaltig und ohne sonstige Auszeichnung. Während der Sommerzeit ist sie vom Eistande an in durchschnittlich zwei Monaten erwachsen, bohrt sich durch ein rundes Loch aus ihrer Galle heraus, fertigt flach unter der Erde von dieser ein eiförmiges Gehäuse um sich und ruht nur wenige Wochen als Puppe in demselben. Diejenigen Larven, die später gelegten Eiern entsprossen sind, überwintern in ihren Gallen, wie man an den Wintersaaten der Ölfrüchte oder an den kräftigeren Strünken des Kopf-, Blumen- und seltener des Braunkohls beobachten kann. Die durch spätere Eierablage an den bereits kräftigen Strünken der genannten Kohlarten erzeugten Gallen beschränken sich weniger auf den Grund der Stengel, sondern gehen oft weit an denselben hinauf. Kohlstrünke mit solchen Gallen ohne Fluglöcher als Stoppel den Winter über stehen zu lassen, ist daher sehr unvorsichtig; denn in der Verbrennung dieser besitzt man das einzige Mittel, die Brut zu zerstören. Die Käfer befressen die Blätter und Blüten der Pflanzen, ohne ihnen dadurch wesentlichen Schaden zuzufügen, die zuerst erscheinenden sind meist der Puppe entschlüpft oder hatten sich als Spätlinge des vorigen Jahres verkrochen; die von ihnen stammende Brut findet noch Gelegenheit, eine Winterbrut wenigstens bis zum Larvenstande ins Leben zu rufen. In andern Gegenden kommen wieder andere Arten an den Kohlsorten vor, deren Larven gleichfalls im Innern bohren, ohne Gallen zu erzeugen.

siehe Bildunterschrift

Käferleben

  1. Alpenbock ( Rosalia alpina)
  2. Hirschkäfer ( Lucanus cervus) (m)
  3. Gerber ( Prionus coriarius).
  4. Hirschkäfer ( Lucanus cervus) (w)

Der ähnliche Verborgenrüßler ( Ceuthorhynchus assimilis) ist dem vorigen außerordentlich ähnlich, etwas schlanker, durch stärkere weiße Beschuppung auf der Rückenseite mehr grau, am Halsschilde flacher punktiert, in den beiden Seitenhöckerchen dagegen spitziger und an den Schenkelenden ungezähnt. Auch er erscheint auf Kohlarten, ich beobachtete ihn allerdings nur auf blühendem Raps und Rübsen, und seine Larve vereinzelt in den Schoten, wo sie sich von den noch grünen und weichen Samen ernährt. Die Schote wird infolgedessen notreif, fängt an, sich zu öffnen und entläßt durch die Spalte die flach unter die Erde zur Verpuppung gehende Larve.

Der Weißfleck-Verborgenrüßler ( Ceuthorhynchus macula-alba), der auf der Unterseite, oben auf schwarzem Grund an den Rändern der Flügeldecken, in einem gemeinsamen Fleck um das Schildchen und in der Mittellinie des Halsschildes dicht weiß beschuppt, an Fühlern, Schienen und Füßen dagegen rostrot gefärbt ist, lebt im Larvenstande von den unreifen Samen in den Mohnköpfen und verpuppt sich gleichfalls in einem Erdgehäuse.

 

Die Mauszahnrüßler ( Baridius, früher Baris) breiten sich über die ganze Erdoberfläche mit ihren zahlreichen Arten aus. Man erkennt sie am lang-eiförmigen Umriß der schwarzen, oft metallisch grün oder blau glänzenden, sehr harten Oberfläche und an der Gewohnheit, die Schenkel mit angezogenen Schienen und Füßen dicht gedrängt senkrecht nach unten zu richten und den Rüssel mit seiner Spitze an die vorderen anzudrücken, wenn sie, um Verfolgungen zu entgehen, sich tot stellen. Der Kopf ist kugelig, die kleinen Augen stehen unmittelbar vor der Wurzel des Rüssels. Dieser ist walzig, dick, etwas gekrümmt und unten schräg, wie der Nagezahn einer Maus, abgeschnitten, grubig punktiert, vor seiner Mitte mit den geknieten Fühlern versehen, deren Schaft bei der Ruhelage in die tiefe Furche für sie paßt. Die Geißel besteht aus acht Gliedern, einem etwas dickeren und längeren Anfangs-, einem knopfförmigen, großen Endglieds, zwischen denen die übrigen sechs kurzen nach vorn allmählich an Breite zunehmen. Das Halsschild, in den Umrissen rechteckig, zieht sich vorn etwas ein und buchtet sich am Hinterrande zweimal aus; die Vorderbrust ist zwischen den weit auseinander stehenden, kugeligen und eingesenkten Vorderhüften flach und eben, ohne jegliche Furche. Schildchen klein, aber deutlich und rund, Flügeldecken gestreift, zusammen kaum halb so breit als der ganze Käfer, vom Vorderrande des Halsschildes an gerechnet, lang ist; sie lassen ein kleines Leibesspitzchen frei. Die Schienen der kräftigen Beine laufen in ein Häkchen aus.

So wenigstens charakterisieren sich die durchschnittlich 4,5 Millimeter messenden europäischen Arten. Da sich die Gesamtzahl aller aber an dreihundert beläuft und ihre Tracht nicht durchaus übereinstimmt, so geben die unserigen von den schönen, kräftigeren, mitunter mehrfarbigen Formen des heißen Amerika, das als ihr eigentliches Vaterland betrachtet werden muß, keine genügende Vorstellung. Der Raps-Mauszahnrüßler ( Baridius chloris) ist glänzend grün, bisweilen bläulichschimmernd, am Halsschilde zerstreut Punktiert, in der Mitte fast glatt, die Zwischenräume der Punkte viel größer als diese selbst, an den Flügeldecken einfach gestreift, bei starker Vergrößerung sind in den Zwischenräumen Punktreihen zu bemerken. Die Seiten des Rüssels und der Brust, die Schenkel und der nicht weiß beschuppte Bauch in seinem vorderen Teile sind grob punktiert, die Vorderbrustseiten mehr runzelig. Die weiße Larve lebt bohrend in dem untersten Stengelteile der Ölsaaten und gewiß auch anderer Kreuzblümler und geht bis in die äußersten Wurzelspitzen, verpuppt sich auch hier und liefert bereits im Juni den Käfer, der unter Umständen versteckt bleibt, aber auch, wenn sich in den genannten Saaten eine passende Gelegenheit für Unterbringung seiner Eier bietet, diese vor Winters absetzt, wie die im Frühjahr gefundenen, sehr ungleichen Larven gelehrt haben; andere begatten sich erst zur genannten Zeit, und ihre Nachkommen erscheinen im vollkommenen Zustande natürlich später im Sommer und dürften nicht mehr zum Vorschein kommen. – Der pechschwarze Mauszahnrüßler ( Baridius picinus) lebt in gleicher Weise in andern Kohlsorten, die er aber in Ermangelung von Herbstsaaten nur im Frühling mit Eiern beschenkt, nachdem er aus seinen Winterverstecken hervorgekrochen ist, wie z. B. aus den Strünken des Kopfkohls, in denen er im Herbst zuvor geboren wurde. – Dieselbe Lebensart führt der rotrüsselige Mauszahnrüßler ( Baridius cuprirostris) von lichtgrünem Metallglanze; seine Larve frißt in den Strünken des Kopfkohls und Kohlrabis, erzeugt daselbst gallenartige Auswüchse und wird entschieden den jungen Kohlrabipflanzen gefährlich. Wenn wir nun bedenken, daß von dieser und voriger Gattung eine oder die andere Art gemeinsam eine junge Kohlpflanze bearbeiten, daß gewisse Erdflöhe die dritten im Bunde sein können, so leuchtet ein, daß sie alle zusammen dem Landwirt und Kohlgärtner das Leben sauer machen, selbst wenn jede einzelne Art für ihren Teil mit mäßigen Ansprüchen auftritt.

 

Eine Sippe möchte ich nicht unerwähnt lassen, obgleich sie fast ausschließlich den heißen Erdstrichen angehört und nur mit wenigen unscheinbaren Arten im südlichen Europa Vertretung findet; sie hat jedoch die Riesen der Familie aufzuweisen und prahlt mit äußerst gefälligen Formen, und überdies spielt eines ihrer winzigsten Glieder eine gewisse Rolle auf unsern Kornböden. Ohne viele Worte um die Charakteristik der Sippe oder einer und der andern Gattung zu verlieren, vergegenwärtige ich in dem javanischen Palmbohrer ( Rhynchophorus Schach) die Grundform der hierher gehörigen Käfer mit dem Bemerken, daß die Fühler von den bisher kennengelernten durch die abweichende Bildung des Endgliedes wesentlich verschieden sind und bei andern verwandten ein zum Teil wieder anderes, aber meist absonderliches Aussehen haben, dieselben auch nicht weiter als bis zum ersten Drittel der Rüssellänge vorrücken, daß der Steiß von den flachgedrückten Flügeldecken nie berührt wird, daß die Verbindung auf der Oberfläche des Rüssels in einer dichten Haarbürste und die Farbe des ganzen Tieres in einem öfters wie mit Dunst überzogenen Schwarzbraun besteht, das hier und da, besonders aus der Scheibe des Halsschildes, auch einem stark roten Schein Platz machen kann. Die Grundform dieser Käfer stellen die Kalandriden dar, es gibt aber auch bedeutend schmälere, die, weil sie verhältnismäßig nicht mehr niedergedrückt sind, eine spindelförmige Gestalt annehmen. Bei andern erweitert sich der Rüssel an seiner äußersten Spitze winkelig oder zahnartig, bei noch andern ( Macrocheirus longipes) verlängern sich die Vorderbeine übermäßig, was übrigens bei verschiedenen unerwähnt gebliebenen Gruppen gleichfalls vorkommt. Die schwarz- und rotbraune Farbe des sehr harten Panzers herrscht vor, es finden sich aber auch verwandte Farben, wie rot, gelb, grau, eintönig oder in Fleckenzeichnungen. Die Männchen unterscheiden sich durch Bildung des Rüssels, der Beine, der Fühler usw. öfter wesentlich von ihren Weibchen. Man kennt nur wenige Larven, die vorzugsweise im Innern einsamenlappiger Gewächse (Palmen, Cykadeen, Bananen, Zuckerrohr) bohrend leben, wo sie mitunter bedeutenden Schaden anrichten, weil sie oft in großen Mengen vorkommen, daher Palmbohrer. Die Larven dieser Tiere werden von den Eingeborenen geröstet oder gedämpft genossen und gelten als besondere Leckerbissen. Hrsgbr.

Auf die kleinsten Arten der ganzen Sippe will Lacordaire den sonst allen gegebenen Namen Calandra allein noch angewendet wissen. Zwei davon haben sich durch den Handel, wahrscheinlich aus dem Morgenlande, verschleppt und über ganz Europa nicht nur, sondern auch über die andern Erdteile ausgebreitet: der schwarze Kornwurm ( Calandra granaria, auch Sitophilus granarius) bewohnt die Magazine und Kornböden, weil er und seine Larve vom Mehle des Getreides leben, und letztere zwar von dem einen Korne, das die Mutter anbohrte und mit einem Ei beschenkte. Hier frißt sich die Larve weiter und hat ihre volle Größe erlangt, wenn von jenem, sofern es sich um Roggen oder Gerste handelt, nur noch die Hülse vorhanden ist, in der sie sich einpuppt. Nach fünf bis sechs Wochen, vom Ei an gerechnet, erscheint anfangs Juli die erste Brut von den überwinterten Käfern. Vierzehn Tage später beginnen die jungen Käfer ihr Brutgeschäft, und vor Winters kommen zum zweitenmal die in Dielenritzen, Balkenfurchen und sonstigen Winkeln des Speichers überwinternden Käfer zur Ausbildung. Man weiß längst, daß Reinlichkeit und guter Luftdurchzug die besten Schutzmittel gegen diesen nicht zu unterschätzenden Feind sind, und hat mit bestem Erfolge ein sinnreiches Verfahren in Anwendung gebracht, um den Kornwurm zu vertreiben: durch eine Luftdrainage, mittels reichlich drei Meter voneinander durch den Getreidehaufen gelegter Drainröhren, die sich nach außen einzeln öffnen oder auch zu einem Ausgange verbunden sein können, wird innerhalb des Haufens dieselbe Temperatur wie in der umgebenden Luft hergestellt, und die die Wärme liebenden und zur Entwicklung gebrauchenden Käferchen verlassen den Haufen. Dieses Verfahren gestattet außerdem, die Haufen ohne Schaden für das Getreide selbst höher aufzuschütten als es sonst möglich wird. Der Kornkäfer ist rot- bis schwarzbraun, an den Fühlern und Beinen etwas heller, mit Ausschluß des Rüssels 3,75 Millimeter lang, 2,5 Millimeter an den Schultern breit. Der dünne, sanft gebogene Rüssel, etwa von der Länge des Halsschildes, trägt an seiner Wurzel, unmittelbar vor den Augen, die geknieten Fühlhörner mit sechsgliedriger, lang eiförmig geknöpfter Geisel, das platte, vorn wenig verengte Halsschild ist dicht mit tiefen, länglichen Punkten besetzt, die nur eine glänzende Längslinie durch die Mitte freilassen. Die Flügeldecken, von der Breite des letzteren und gleichläufig an den Seiten, runden sich vor dem Steiße gemeinschaftlich ab und werden von tiefen Punktstreifen durchzogen, deren Zwischenräume glatt bleiben. Die Schienen sind mit einem Hornhaken an der Spitze bewehrt, die vorderen am Innenrande mit kleinen Kerbzähnen. Wie dieser Käfer von Roggen, Weizen und Mais lebt, so der sehr ähnliche Reiskäfer ( Calandra oryzae) von den Reiskörnern, deren Lagerräume seinen Aufenthalt bilden, indem er sich so wenig wie der vorige bei uns zulande im Freien vermehren kann. Ein Fleckchen jeder Schulter, eins hinter der Mitte jeder Flügeldecke, und der Seitenrand von roter Farbe auf mattem, pechschwarzem Grunde, ein dicht und rund punktiertes Halsschild, ohne deutliche glatte Mittellinie und äußerst dicht punktstreifige Flügeldecken, deren sehr schmale Zwischenräume abwechselnd mit gelben Börstchen besetzt sind, unterscheiden ihn vom vorigen.

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Die kleinen schwarzen, meist schmalen und glatten Rüsselkäfer, die sich wesentlich nur durch den bedeckten Steiß von den vorigen unterscheiden und, zu der Sippe der Kossoniden vereinigt, auch zahlreiche, aber unansehnliche Vertreter in Europa und Deutschland haben, leiten über zu der Familie der Borkenkäfer ( Bostrychidae, Scolytidae, Ipidae). In ihrer äußeren Erscheinung stimmen sie durch Kleinheit des walzigen Körpers, durch einen dicken Kopf mit vortretenden Kinnbacken, im übrigen versteckten Mundteilen, durch gebrochene Fühler mit dickem Endkopfe, durch langgestreckte Augen miteinander überein und unterscheiden sich von den Verwandten durch die Kürze des Kopfes, der Taster, Fühler und Beine, an denen breit gedrückte, in einen Haken endende Schienen viergliedrige Füße tragen. Von den fünf Bauchringen verwachsen die beiden ersten öfter unter sich. Die beiden Geschlechter derselben Art lassen sich äußerlich nicht schwer voneinander unterscheiden. Die Larven haben die größte Ähnlichkeit mit denen der Rüsselkäfer, nur erscheinen sie minder gedrungen und vollkommener walzig. Ihr geselliges Beisammensein, wie das der Käfer, und die Art, wie sie in der Rinde der Bäume selbst oder unmittelbar unter ihr im Baste Gänge anlegen, weisen auf ihre natürliche Zusammengehörigkeit hin. Meist von einem etwas breiteren Anfange des Ganges, einem Vorzimmer aus, wo bei vielen Arten auch die Paarung stattfindet, arbeiten die Weibchen weiter und legen den sogenannten » Muttergang« an, wo sie zu beiden Seiten kleinen, gleichentfernten Aushöhlungen je ein Ei anvertrauen. Die den Eiern entschlüpften Lärvchen fressen nun ihrerseits rechts und links von dem Muttergange, wenn dieser senkrecht oder schräg, oberhalb oder unterhalb, wenn er nahezu wagerecht läuft, die mehr oder weniger geschlängelten Neben- oder Larvengänge, die sich mit dem Wachstume der Larve verbreitern. Am Ende wird jeder etwas erweitert, damit die Puppe ein bequemes Lager habe. Auf diese Weise entstehen artige, baumähnliche Gebilde, deren Grundform von der bestimmten Käferart abhängt, je nach dem gegebenen Raume und nach dem Begegnen mit einem zweiten Gangsysteme aber gewisse Abänderungen erleidet. Wenn man bedenkt, daß diese kleinen Wühler fruchtbar sind und von manchen zwei Bruten im Jahre zustande kommen, so darf man sich auch nicht wundern, daß zeitweilig Hunderte und Tausende von Hektaren der schönsten Waldungen durch die » Wurmtrocknis« einem sicheren Tode entgegengeführt werden, wie z. B. in der allerjüngsten Zeit im Böhmerwalde. Die Nadelhölzer ernähren die bei weitem überwiegende Mehrzahl der europäischen Arten und erleiden durch sie verhältnismäßig größeren Schaden als die Laubbäume, in denen wieder andere Arten hausen. Daß selbst die echten Borkenkäfer nicht alle in der angegebenen Weise leben, beweist unter andern Bostrychus bispinus, den man bohrend in den rankenden Zweigen der gemeinen Waldrebe ( Clematis vitalba) findet, der Bostrychus daktyliperda, der bis zu Hunderten in dem Kerne der Dattel, diese durch seinen Kot unschmackhaft machend, und in der Betelnuß ( Areca Katechu) zur Entwicklung gelangt. An ersterer Art hat beiläufig Bach die den Anobien eigene Gewohnheit des Klopfens beobachtet, so daß diese Lockweise bei mehreren Arten der Familie zu vermuten naheliegt.

Der große Kiefernmarkkäfer, Kiefernzweig-Bastkäfer, Waldgärtner ( Blastophagus oder Hylesinus piniperda) mag samt dem kleinen die Gattung vergegenwärtigen. Ein senkrechter, von oben sichtbarer Kopf, fein gekörnelte Augen, ein eiförmiger geringelter Fühlerknopf, der durch sechs Glieder mit dem Schafte in Verbindung steht, ein in seinem Rücken- und Weichenteile verschmolzener Vorderbrustring und ein zweilappiges drittes Fußglied charakterisieren diese Gattung, wie gleichzeitig die pechschwarze, nur an Fühlern und Füßen in Rostrot übergehende Grundfarbe die größte Art, die in unausgefärbten Stücken ( Hylesinus testaceus des Fabricius) auch rostgelb oder braun vorkommt. Unser Käfer zeigt sich bei günstiger Witterung schon im März, die Paarung pflegt aber erst im April zu erfolgen, und zwar halb und halb im Flugloche, an dem das Männchen immer sichtbar bleibt. Die Brutstätten werden am liebsten in frisch gefällten Stämmen oder in Wurzelstöcken angelegt, die Gänge gehen durch ein etwas gekrümmtes Bohrloch bis zur Unterseite der Rinde und an dieser senkrecht entlang. Die seitlichen Larvengänge stehen sehr dicht gedrängt hintereinander und werden bis acht Zentimeter lang. Zur Verpuppung nagt sich die ausgewachsene Larve in der Borke ein Lager.

Im Jahre 1836, das anfangs die Entwicklung der Larven begünstigte, später aber durch rauhe Tage verzögerte, beobachtete Ratzeburg am 22. April den ersten Anflug der Käfer, am 27. waren die Gänge schon bis fünf Zentimeter lang und enthielten dreißig bis vierzig Eier, den 2. Mai lebten die ersten Larven, die bis zum 18. ihre halbe Größe erlangt hatten, vier Wochen später (18. Juni) gab es die ersten Puppen, am 2. Juli noch ganz weiße und weiche Käfer, und erst am 15. desselben Monats die ersten Fluglöcher. Bei ungünstiger Witterung ist die Brut auch erst im August entwickelt. Jetzt beginnt der Fraß. Die Käfer bohren sich nämlich wagerecht in die jungen oder selbst in ältere, zapfentragende Triebe der Kiefern bis zum Marke ein und gehen, dasselbe verzehrend, aufwärts. Um das Eingangsloch bildet sich ein Wall des ausfließenden Harzes, und die Triebe brechen bei Wind leicht an dieser Stelle ab, wenn sie klein und dünn sind, oder die endständigen Kronentriebe bleiben, und statt der ausgefressenen Endknospen treiben neue von dicht buschigem Ansehen. Weil auf diese Weise der Baum seinen natürlichen Wuchs ändert, wie ein unter dem Schnitte künstlich gezüchteter, so hat man den Urheber solcher Erscheinung den »Waldgärtner« genannt. Er geht zur Überwinterung der Regel nach wieder heraus, durch das Eingangsloch oder durch ein neu angelegtes weiter oben, sucht das hohe Holz auf und verkriecht sich an den Stämmen dicht über der Wurzel nicht nur hinter Rindenschuppen, sondern in eigens dazu gebohrten, oft bis zum Baste reichenden Löchern. Der Waldgärtner geht südlich in Deutschland so weit, wie die Kiefern vorkommen, nördlich bis Schweden und Rußland.

Der sehr ähnliche kleine Kiefernmarkkäfer ( Blastophagus minor) unterscheidet sich nicht immer durch geringere Größe vom vorigen, sondern nur dadurch, daß die Haarreihe in dem zweiten Zwischenräume zwischen den Punktreihen der Flügeldecken bis zum Hinterrande der Decken reicht, während sie beim vorigen da aufhört, wo diese ihre Beugung nach unten beginnt. Er lebt in derselben Weise, jedoch in geringerer Verbreitung, als der vorige. Zum Brüten geht er nur glatte Rinde an, also Fichtenstangen, oder die höheren Gegenden älterer Bäume. Es würde zu weit führen, noch andere Arten näher besprechen zu wollen, die in ähnlicher Weise den Kiefern gefährlich werden.

siehe Bildunterschrift

Buchdrucker ( Bostrychus typographus)

Die echten Borkenkäfer ( Bostrychus oder Tomicus) haben einen kugeligen Kopf und fünfgliedrige Verbindung zwischen Fühlerschaft und dem runden, viergliedrigen Knopfe, dessen erstes nacktes Glied die übrigen behaarten von oben her umschließt. Das Halsschild zieht sich vorn kappenartig, in gleichmäßiger Rundung über den Kopf weg, und ist auf seiner vorderen Hälfte dicht und fein gehöckert. Die Flügeldecken pflegen an der Spitze gestutzt oder ausgehöhlt zu sein und an dem Seitenrande dieser Höhlung stärker und schwächer gezähnt. Die breit gedrückten Schienen endlich charakterisieren sich durch gezähnelte Außenkante. Einer der für Fichten schädlichsten und größten (5,5 Millimeter) heißt der gemeine Borkenkäfer, Buchdrucker oder achtzähnige Fichten-Borkenkäfer ( Bostrychus typographus), er führt nämlich jederseits der tiefen Höhle an der Spitze seiner grob punktstreifigen Flügeldecken vier Zähne, deren dritter der stärkste ist, trägt sich rot- oder pechbraun und zottig gelb behaart. Nach den ersten warmen Frühlingstagen sieht man einzelne Buchdrucker in der Nähe ihrer Winterquartiere ziemlich träge und geräuschlos umherfliegen, sich auch wieder verkriechen, wenn es kühler wird. Bis Mitte Mai pflegen sie aus der winterlichen Erstarrung alle erwacht zu sein und die Sorge um die Nachkommenschaft zu beginnen. Gefallen ihnen die Brutplätze, wo sie und vielleicht ihre Ahnen bis zum soundsovielten Gliede hinauf geboren worden sind, so steht dem Anfange nichts im Wege. Im entgegengesetzten Falle erheben sie sich hoch in die Luft, um, wie es scheint, passende Plätze aufzusuchen, und es ist keine Übertreibung, wenn man sie nach einem ihrer Entwicklung günstigen Jahre mit schwärmenden Bienen oder kleinen Wolken verglichen hat. Im Platze scheinen sie ziemlich wählerisch zu sein, altes Holz ist ihnen lieber als junges; liegendes, also von der Axt oder durch Windbruch gefälltes, lieber als stehendes; gewisse Lagen ziehen sie andern vor und die Fichte ( Pinus abies) jedem andern Nadelholze. Ist die Stelle gefunden, so wird senkrecht durch die Rinde ein Loch gebohrt, an der Sohle dieser ein größerer Raum angelegt, in dem die Begattung vor sich geht und von dem nach oben und unten der lotrechte Muttergang seinen Anfang nimmt und mit Eiern belegt wird, wie früher angegeben ist. Die diesem entschlüpften Larven fressen recht und links davon, sehr nahe beieinander die Nebengänge, alles so, wie es unsere Abbildung vergegenwärtigt. Bald nach dem Eierlegen sterben die Weibchen in dem Bau selbst, oder sie schleppen sich noch mühsam heraus. Die vollkommen entwickelte Brut bleibt noch eine Zeitlang an der Geburtsstätte und frißt unregelmäßige, von Wurmmehl erfüllte und den ursprünglichen, regelmäßigen Bau sehr verunstaltende Gänge. Ist es spät im Jahre, so bleiben sie hier, um zu überwintern; sollte sie das schöne Wetter noch hervorlocken, so treiben sie sich im Freien umher und verkriechen sich nachher anderwärts. Zeitig im Jahre ausgekrochene Käfer verlassen in Gesellschaft, gern nach warmem Regen, gegen Mittag ihre Wiege, schwärmen und legen eine zweite Brut an, die unter den günstigsten Umständen noch zur vollen Entwicklung gelangt, in den meisten Fällen aber im Larven- oder Puppenzustande zu überwintern hat und nur dann ungefährdet bleibt, wenn die Borke gut aufsitzt und keine Nässe eindringen kann. Am meisten halten die Käfer aus; denn man hat beobachtet, daß sie zur rechten Zeit aus geflößtem Holze hervorkamen, das über drei Wochen eingefroren gelegen hatte. Larven und Puppen gehen schnell zugrunde, wenn man sie durch Losreißen der Borke dem Einflusse der Sonnenstrahlen aussetzt. – Bei manchen Arten dieser Gattung unterscheiden sich beide Geschlechter wesentlich im Ansehen: dem Weibchen fehlt die Aushöhlung am Ende der Flügeldecken, oder diese sind sehr kurz, fast kugelig beim Männchen ( Bostrychus dispar), und worin sonst noch die Unterschiede bestehen. Interessanter sind die Verschiedenheiten in der Fraßweise; doch können wir diesen kleinen Wühlern nicht mehr Raum einräumen und bemerken nur, daß außer den Lot- und Wagegängen, welche die Weibchen anlegen, auch Sterngänge vorkommen.

Die Splintkäfer ( Eccoptogaster) unterscheiden sich leicht in der Seitenansicht von allen andern, indem von den beiden ersten verwachsenen Ringen des Bauches beginnend, dieser ziemlich steil nach oben aufsteigt, wie bei Eccoptogaster destructor. Der große Rüstersplintkäfer ( E. scolytus) lebt ähnlich in der Rüster, wie die Bostrychen in Nadelbäumen; überhaupt vertritt dieses Geschlecht jenes für die Laubhölzer.

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Höchst sonderbar nehmen sich die Glieder der nächsten Familie, die Langkäfer ( Brenthidae), aus. Infolge der Rüsselbildung lange mit den Rüsselkäfern vereinigt, hat man sie neuerdings wegen anderer, durchgreifender Eigenheiten von denselben getrennt und zu einer eigenen Familie vereinigt. In keiner zweiten Käferfamilie herrscht das Streben aller Teile des Rumpfes, sich in die Länge auszudehnen, so allgemein vor, wie hier. Der wagerechte Kopf verdünnt sich nach vorn allmählich in einen Rüssel; bis zu der seitlichen Erweiterung, an der sich die Fühler anheften, gibt es meist keinen Absatz, keine Querfurche, keine andere Richtung, überhaupt keine Stelle, von der man sagen könnte, hier hört jener auf und fängt dieser an. Jenseit der Einlenkung der Fühler pflegt er vollkommen walzig zu sein, wenn nicht die Freßwerkzeuge bei den Männchen vieler Arten einen breit gedrückten Knopf, oder passender gesagt, die Flügel einer Kneipzange an seiner Spitze setzten. Die Oberlippe fehlt, das Kinn ist überwiegend groß und verbirgt die Zunge und die Unterkiefern mit ihren Tastern. Die Länge des Rüssels ist bei den verschiedenen Arten und den beiden Geschlechtern derselben Art eine sehr verschiedene, und zwar beim Männchen immer beträchtlicher als beim Weibchen. Die elf, in seltenen Fällen (Uloceriden) nur neun Glieder der ungebrochenen Fühler, nach vorn bisweilen allmählich verdickt, reihen sich wie Perlen auf einer Schnur aneinander; ihr erstes muß mit ganz besonderer Geschmeidigkeit im Rüssel sitzen, denn höchst überrascht sieht man sämtliche Fühler sich bewegen, wenn auf irgendeine Weise die Reihen der in einer Sammlung aufgestellten trockenen Tiere erschüttert werden. Am vordersten Mittelleibsringe, der immer länger als breit und durchschnittlich nicht schmäler als die Flügeldecken ist, verschmelzen die Seiten vollständig mit dem Rücken. Nicht genug, daß die Flügeldecken lang und schmal, seitlich gleichläufig sind, gibt sich bei den Männchen mancher Arten ihr Drang nach Länge noch durch schwanzartige Anhängsel zu erkennen. Die Hinterbrust verlängert sich, mehr noch jedes der beiden ersten mitsammen verwachsenen Bauchglieder. Die Beine sind schlank, im Verhältnis zum linealen Körper nicht eben lang zu nennen, die Hüften der vordersten flach kugelig, fast eingesenkt in eine hinten geschlossene Pfanne. Bemerkenswert dürfte noch die oft sehr ungleiche Einzelgröße bei ein und derselben Art sein. Die Langkäfer gehören in ihren durchschnittlich sechshundert Arten bis auf eine ( Amorphocephalus coronatus) des südlichen Europa den übrigen Erdteilen an, Amerika nicht vorherrschend, wie man früher meinte, als die vielen asiatischen Arten noch unbekannt waren. Sie leben gesellig hinter Baumrinde, entfernen sich also wesentlich in dieser Beziehung von den Rüsselkäfern, schließen sich vielmehr den Holzfressern im weitesten Sinne des Wortes an. Die zwei bisher beschriebenen Larven weichen sehr von denen eines Rüsselkäfers ab, so daß man meint, es dürften sich Irrtümer eingeschlichen haben, und dieselben keinem Langkäfer angehören. Bei dem in Brasilien gemeinen Brenthus anchorago erreicht der Rüssel des Männchens eine bedeutendere Länge als bei jedem andern seiner Gattungsgenossen. Die Grundfarbe ist ein dunkles Rotbraun, das auf den Flügeldecken durch zwei blutrote (gelbliche) Längsstreifen verdeckt wird. Dergleichen Zeichnungen, die auch fleckenartig auftreten, finden sich bei vielen Familiengliedern.

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Die Familie der Maulkäfer ( Anthribini) verband man gleichfalls bisher mit den Rüsselkäfern; Lacordaire will sie aber davon getrennt wissen, und mit demselben Rechte, wie die vorigen. Auch hier verlängert sich der Kopf in einen etwas breiten, nicht langen, nie walzigen, nie von ihm durch eine Querlinie geschiedenen Rüssel. Der Unterkiefer ist zweilappig, die Lappen sind schmal, linienförmig, an der Spitze gerundet und fein gewimpert, von den fadenförmigen, spitz endenden Tastern die ihm zugehörigen viergliedrig, die der Lippe nur dreigliedrig; der Oberkiefer tritt mehr oder weniger hervor, ist breit und gezähnt an der Wurzel, verschmälert nach der Spitze hin. Die Oberlippe ist deutlich, vorn gerundet und bewimpert. Die nicht gebrochenen Fühler bestehen aus elf Gliedern, deren letzte eine lose gegliederte, manchmal infolge der Gestrecktheit verschwindende Keule bilden, und sind dem Rüssel an sehr verschiedenen Stellen in einer Seitengrube eingelenkt. Bei manchen Männchen erreichen sie eine bedeutende Länge, und vielleicht hierdurch, aber auch durch die Körperform, ist oft eine gewisse Ähnlichkeit mit den nachher zu betrachtenden Bockkäfern nicht zu verkennen. Ein Querkiel vorn an der Vorderbrust gibt in seinem Verlaufe, seiner Länge usw. gute Gattungscharakter ab. Die Hüften an den beiden ersten Paaren der Beine sind fast kugelig und voneinander getrennt, die des letzten Paares bedeutend breiter als lang, die Pfannen aller geschlossen, die Schienen an der Spitze gestutzt, nie mit Endsporen oder Haken versehen, und das dritte der vier Fußglieder allermeist im zweiten so versteckt, daß man an seiner Gegenwart zweifeln könnte; die Klauen tragen unten je einen Zahn. Den Hinterleib setzen vom Bauche her fünf ziemlich gleiche Glieder zusammen, deren letztes auf dem Rücken immer sichtbar bleibt. Die düstere Körperfarbe wird durch ein kurzes Haarkleid durchaus heller oder fleckenartig bunt. Die Maulkäfer finden sich an kranken Baumstämmen oder Schwämmen, viel seltener auf Blättern und Blumen. Die meisten haben einen schwerfälligen Flug, einige dagegen zeigen sich in dieser Beziehung sehr beweglich, und ein paar können sogar springen. Man kennt erst sehr wenige Larven, die in ihrer äußeren Erscheinung von denen der Rüsselkäfer nicht abweichen und darauf schließen lassen, daß die meisten bohrend in Pflanzen leben. Die Familie breitet sich mit ihren reichlich achthundert Arten über die Erde aus, bedeutend überwiegend in den von den Malaien bewohnten Teilen Asiens; Europa hat nur sieben Gattungen mit zusammen neunzehn Arten, unter denen der weißfleckige Maulkäfer ( Anthribus albinus) zu den ausgezeichnetsten gehört. Die hellen Zeichnungen auf seinem rehbraunen Untergrunde sind schneeweiß, überdies noch der Kopf und Hinterleib samt dem letzten Brustringe. An der Wurzel des breiten, senkrechten Rüssels stehen etwas schief die nierenförmigen Augen, vor ihnen die fast fadenförmigen Fühler, die beim Weibchen nur halbe Körperlänge erreichen, sich dafür aber mehr nach vorn verdicken. Der weite Abstand der Vorderhüften voneinander charakterisiert die Art noch im besonderen. Ich fand sie bisweilen an angegangenen Stämmen der Rotbuche, immer als Seltenheit. – Interessant werden die kleinen, unansehnlichen Arten der Gattung Kurzfuß ( Brachytarsus), die in Europa und Amerika zu Hause sind. Man findet die Käfer auf Blumen, die Larven unter den braunen, halbkugeligen, bekanntlich über der jungen Brut als Schutz und Schirm zurückbleibenden Schildlaushäuten ( Coccus) und meint, daß sie sich von den Eiern der Coccus-Arten ernähren. Wenigstens ward dies von Brachytarsus scabrosus und B. varius beobachtet. Beides sind kleine, stumpf eiförmige Käfer mit breitem, an den Seiten scharfkantigem, kurzem Rüssel, der in einer schmalen, nach unten gebogenen Seitenfurche die schwachgekeulten Fühler von geringer Länge trägt. Die großen Augen berühren den Vorderrand des querviereckigen, am Grund zweibuchtigen Halsschildes, dessen gespitzte Hinterecken sich an die Schultern der nicht breiteren Flügeldecken anlegen, zwischen denen man vorn das Schildchen nur in Form eines Punktes bemerkt. Zu den Schädlingen in dieser Familie gehört der Kaffeekäfer ( Araeocerus fasciculatus Deg.). Er höhlt Kaffee- und Kakaobohnen, Muskatnüsse, Baumwollkapseln usw., ja sogar die äußerst giftigen Brechnüsse ( Strychnus) völlig aus. Er soll aus Indien stammen und kommt heute in allen tropischen und subtropischen Küstenländern vor. Hrsgbr.

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Die jetzt zu besprechende Familie umfaßt drei- bis viertausend Arten der zum Teil stattlichsten vierzehigen Käfer, gleich schön in ihrer edlen, Kraft und Selbstvertrauen ausdrückenden Körperform wie in der Verteilung lebhafter Farben, Ausschmückung der nach allen Seiten beweglichen, ihnen den Charakter gebenden Fühler. Obschon sie friedlicher Natur sind, keine Räuber, sondern in den beiden der Nahrung bedürftigen Entwicklungsständen von Pflanzen leben, möchte ich sie mit den Adlern unter den Vögeln vergleichen, wenigstens einzelne Sippen unter ihnen, ob des schlanken, gefälligen und dabei doch kräftigen Baues, der drohenden Kinnbacken am hervorgestreckten, nicht so träumerisch, wie bei andern, und unterwürfig schlapp herabhängenden oder gar versteckten Kopfe. Damit freilich stimmt der deutsche Name wenig, unter dem man sie vereinigte, und den man in Betracht der Fühlhörner und der ganzen Seitenansicht des Kopfes doch nicht unpassend wählte, wenn man sie Böcke, Bockkäfer, Holzböcke ( Capricornia oder Longicornia), Langhörner nannte. Will man sie mit einer andern Familie ihrer Ordnung vergleichen, so wären es die Blatthörner, denen sie an Schönheit, Reichtum und Mannigfaltigkeit der Formen, an überwiegender Fülle in den Gleichenländern und in den scharf ausgeprägten geschlechtlichen Unterschieden vieler Arten am nächsten stehen. Hier sind es aber nicht Auswüchse an Kopf und Halsschild, durch die sich die Männchen hervortun, sondern bedeutend stärkere Kinnbacken, längere Fühler, andere Bildung derselben, indem sie Säge- oder Kammzähne annehmen können, manchmal sogar gewedelt sind, mannigfaltige Abänderungen an den Beinen, bisweilen andere Körperform und Färbung; am durchgreifendsten unterscheidet ein spitzerer oder hinten vorstreckbarer Hinterleib das Weibchen von seinem Männchen. Wie die vorangegangenen Vierzeher der Hauptsache nach ein rüsselartig verlängerter Kopf charakterisierte, so die Böcke lange, häufig den Körper übertreffende, borstige oder fadenförmige Fühler, in der Regel aus elf Gliedern zusammengesetzt, deren zweites sehr kurz ist. Die Kinnbacken laufen meist in einen scharfen Zahn aus, die ziemlich kurzen Taster in ein beil- oder spitz spindelförmiges Glied. Die gestreckten Flügeldecken verbergen den ganzen, aus fünf beweglichen Bauchringen zusammengesetzten Hinterleib; doch kommen auch Arten vor, wo sie ihn, wie bei den Kurzflüglern, seiner ganzen Länge nach frei lassen. Die Schienen aller Beine tragen Endsporen, und die Hüften der vordersten berühren sich nicht.

siehe Bildunterschrift

Käferleben ( Bockkäfer)

  1. Großer Pappelbock ( Saperda carcharias)
  2. Aspenbock ( Saperda populnea)
  3. Großer Halbdeck-Bockkäser ( Necydalis major)
  4. Handwerker ( Cerambyx cerdo)
  5. Eichenzierbock ( Plagionotus arcuatus)
  6. Kreuztragender Erdbock ( Dorcadion crux)
  7. Blauer Scheibenkäfer ( Callidium violaceum)
  8. Gemeiner Widderkäfer ( Clytus arietis)
  9. Zimmermann ( Ergates faber)
  10. Vierbindiger Schmalbock ( Strangalia quadrifasciata)
  11. Zimmerbock ( Acanthocinus aedilis)

Man muß die Böcke im allgemeinen als bewegliche Käfer bezeichnen, die im Sonnenschein oder an warmen, schwülen Tagen lebhaft umherfliegen und Blumen oder saftspendende Stellen an Baumstämmen aufsuchen, ganz besonders auch das in Wäldern aufgespeicherte Klafterholz, während andere zu ihren Umflügen, die dann hauptsächlich der Paarung gelten dürften, die Abendstunden abwarten. Viele erzeugen, zwischen den Fingern festgehalten, durch Reiben des Hinteren Vorderrückenrandes an dem kurzen, in ihn eingeschobenen Ende des Mittelrückens ein eintöniges zirpendes Geräusch; sie »geigen«, wie man sich wohl ausdrückt.

Die Larven der Bockkäfer stehen denen der Prachtkäfer nahe, unterscheiden sich aber von ihnen durch deutliche Lippentaster, elliptische oder kreisrunde Luftlöcher und eine Y-förmige Afteröffnung. Der flache, wagerecht stehende Kopf kann halb in den ersten Körperring zurückgezogen werden, das deutlich abgesetzte Kopfschild ist lederartig, die Oberlippe dagegen hornig, Augen sind entweder gar nicht vorhanden, oder jederseits eins, auch drei schwer zu erkennende, ferner die dreigliedrigen Fühler so klein und in eine Hautfalte versteckt, daß sie leicht übersehen werden. Von den Mundteilen entwickeln sich die kurzen, stark hornigen Kinnbacken am kräftigsten, der kurze, breite Stamm der Unterkiefern trägt nach außen einen kurzen, dreigliedrigen Taster, nach innen eine kräftige Lade mit borstiger Innenseite. Ein fleischiges Kinn, starke, größtenteils verwachsene Tasterstämme mit zweigliedrigen Tastern und eine fleischige, vorn haarige Zunge setzen die Unterlippe zusammen. Die Beine fehlen entweder ganz oder bleiben sehr kurz und einklauig. Der Vorderbrustring zeichnet sich durch seine bedeutende Größe, besonders auch Breite vor den übrigen aus, eine beiderseitige Hornbedeckung, öfter rauhflächig, kommt meist auch den übrigen Ringen zu, die sich durch Einschnürung alle gut absetzen. Die Larven leben allermeist in angegangenem Holze und bedürfen gewiß in den meisten Fällen mehr als ein Jahr zu ihrer Entwicklung, von den kleineren Arten kommen jedoch manche in Stengeln und namentlich in den Wurzelstöcken krautartiger Gewächse (Wolfsmilch, Hundszunge, Getreidehalmen usw.) vor, und können in einzelnen Fällen den Kulturgewächsen nachteilig werden.

Das neueste Käferverzeichnis führt siebentausendfünfhundertachtundsechzig Arten auf, eine Zahl, die schwerlich den überhaupt lebenden gleichkommt, da die heißen, bisher durchforschten Erdgegenden mindestens noch eine Menge unscheinbare, kleine Formen beherbergen dürften, auf die man bisher noch nicht geachtet hatte, und die waldreichen Gegenden Innerafrikas sicher noch manche stattliche Art den Sammlungen dann erst zuführen werden, wenn jene unwirtlichen Gegenden dermaleinst den gebildeten Völkern erschlossen sein werden. Die drei großen Gruppen, in welche die Gesamtmenge zerfällt, bezeichnet Lacordaire als Unterfamilien, die sich wieder in der mannigfachsten Weise gliedern.

Die Breitböcke ( Prionidae) umfassen als erste Unterfamilie die breiteren, plumpen, gleichzeitig aber auch die Riesenformen der ganzen Familie, bei denen der Rücken des Halsschildes von den Seitenteilen durch eine Kante gesondert, die Zunge hornig und dick ist, die Vorderhüften quer stehen, die Taster nicht spindelförmig oder spitz enden, die Fühler allermeist an der Kinnbackenwurzel eingelenkt und die Vorderschienen auf der Innenseite nicht mit einer Schrägfurche versehen sind. Ihnen fehlt das Vermögen, durch Reiben der oben bezeichneten Körperteile einen Laut zu erzeugen. Die Zahl der Breitböcke steht gegen die der beiden übrigen Unterfamilien bedeutend zurück und wird für Europa verschwindend klein, daher sei hier nur zweier aus unsern deutschen Wäldern gedacht.

Der Gerber, Forstbock ( Prionus coriarius), auch der Sägebock, sofern man unter diesem bereits in anderm Sinne verbrauchten Ausdruck einen Bockkäfer mit sägeförmigen Fühlern verstanden wissen will. Genau genommen nennt man derartige Fühler »geschuppt«, indem jedes folgende in dem trichterförmigen vorhergehenden eingesenkt ist; man zählt deren beim kleineren Männchen zwölf, trotzdem wird nur die halbe Körperlänge von ihrer Gesamtheit erreicht. Der pechschwarze Käfer hat einen kleinen, schräg stehenden Kopf, ein flach gewölbtes, jederseits mit drei Zähnen bewehrtes Halsschild, von denen der mittelste am größten und schwach nach oben gebogen ist, und ist an der Brust dicht grau behaart.

Von diesem langweiligen Gesellen läßt sich nur noch mitteilen, daß man ihn im halben Juli und August ziemlich tief unten an den Stämmen alter Bäume oder an Stöcken von Eichen, Buchen und andern ziemlich regungslos sitzen sieht. Wenn es zu dämmern beginnt, wird er lebendiger, fliegt schwerfällig und brummend umher, die Männchen die Weibchen suchend. Nach der Paarung legt letzteres an Stellen mit mulmigem Holze seine Eier ab, die Larve ernährt sich mehrere Jahre von dem der Verwesung bereits anheim gefallenen Stoffe, fertigt schließlich aus demselben ein Gehäuse, in dem sie nur kurze Zeit als Puppe ruht. Eines nicht viel längeren, träumerischen Daseins erfreut sich der aus ihr hervorgegangene Käfer.

Der Zimmermann ( Ergates faber) ist gestreckter und meist länger als der vorige, hat Borstenfühler, die beim Männchen die Länge des ganzen, beim Weibchen die des halben Körpers etwas überragen; der scharfe Seitenrand des Halsschildes ist hier fein gezähnt, dort fein gekerbt. Der Nahtwinkel der Flügeldecken tritt als kleines Zähnchen hervor. Der Käfer ist pechbraun oder mehr rot gefärbt und weniger verbreitet als der vorige. Er lebt im Mulme der Nadelhölzer, soll jedoch in der Gegend von Toulon, wo er häufig ist, den Fichten schädlich werden. Lucas erzog die Larven, indem er sie in Kästen mit feucht gehaltenen Sägespänen brachte.

 

Die zweite Unterfamilie, Cerambycidae welche Benennung von andern auf die ganze Familie der Langhörner angewandt wird, Geschieht heute wohl allgemein. Diese Unterfamilie heißt heute Carambycinae Hrsgbr. ließe sich vielleicht als Schrägkopfböcke verdeutschen, weil hier bei so mancher Übereinstimmung in der schlanken Körpertracht mit der folgenden Unterfamilie der Kopf schräg, nie senkrecht, wie dort, aus dem Halsschilde vorsteht. Hier begegnen uns die edelsten Formen, die stattlichsten Fühler, bei der Gattung Cerambyx in der früheren Fassung prachtvoller Metallglanz, bei alledem aber eine ungemeine Mannigfaltigkeit der äußeren Erscheinung unter den reichlich fünftausend Arten. Am Halsschilde sind Rücken und Seiten miteinander verschmolzen, die Vorderhüften verschieden geformt, bei den heimischen kugelig oder kegelförmig, der oben erwähnte »Zirpapparat« vorhanden. Die Zunge ist häutig, das Endglied der Taster nicht spindelförmig oder zugespitzt, die Innenseite der Vorderschienen ohne Schrägfurche. Die Fühler stehen bei den meisten in einem Ausschnitt der Augen.

Der Waldkäfer ( Spondylis buprestoides) ist noch kein echter Cerambycide, aber auch kein Prionide, hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit einem Bocke. Der 14 bis 20 Millimeter lange, schwach glänzende, schwarze Käfer ist walzig, hat kräftige, schräg vorstehende Kinnbacken, mit denen er sehr empfindlich zu kneipen vermag, wenn man ihn zwischen die Finger nimmt; kurze perlschnurartige Fühler, ein polsterartig gewölbtes, an den Seiten stark bogig erweitertes Halsschild, gewölbte, nicht breitere, mit je zwei stumpfen Längsleisten versehene und wie jenes dicht runzelig punktierte Flügeldecken. Die Beine sind kurz, die Hüften der vordersten quer walzig, die Füße aller fünfgliedrig, indem ein Knöpfchen am Grunde des Klauengliedes mit diesem sich einlenkt. Beine und Unterseite des Körpers sind merklich rostbraun kurz behaart.

Dieser eigentümliche Käfer entwickelt sich und lebt in Nadelwäldern, ist lebhafter Natur; denn zur Sommerzeit, nachdem er der Puppe entschlüpft ist, fliegt er an schönen Tagen flach über dem Boden umher, läuft ungeschickt im Sande hin, wenn er dort niedergefallen ist, setzt sich an die Wände der Häuser, wenn solche vorhanden, wenigstens fand ihn Kriechbaumer in Chur unter solchen Verhältnissen. Die violettrötlich durchscheinende Larve hat sechs kurze Brustfüße und lebt oft in großer Anzahl in Kiefernstöcken, wo ihr der Schwarzspecht eifrig nachstellt, aber auch in stehendem Holze, Kiefern und Fichten, denn der Käfer ist bei uns ohne Gegenwart von Stubben ziemlich häufig.

Wenn der alte Gattungsname Cerambyx nicht gänzlich aus dem System verschwinden soll, so muß er den stattlichen, düster gefärbten, über die ganze Erde verbreiteten Arten verbleiben, die wir unter der neueren Benennung Hammaticherus aufgeführt finden. Ihr Kopf streckt sich weit vor, die Augen buchten sich über der Mitte tief aus, die elfgliedrigen Fühler schwellen im dritten bis fünften Gliede stark keulenförmig an, enden in ein langes, dünnes, breit gedrücktes, scheinbar geteiltes Glied und übertreffen beim Männchen die Körperlänge um ein bedeutendes. Das Halsschild ist quer gerieft oder beulenartig gerunzelt, in der Mitte durch einen Buckel oder eine Dornspitze am breitesten, die Flügeldecken, vorn ein stumpf dreieckiges Schildchen aufnehmend, sind hier fast doppelt so breit wie der Hinterrand des Halsschildes und übertreffen an Länge ihre doppelte Breite. Alle diese Merkmale trägt der Heldbock, Spießbock ( Cerambyx heros), ein glänzend schwarzer, stattlicher Bockkäfer. Die pechbraunen, nach hinten etwas verjüngten und mehr rotbraunen Flügeldecken führen ein kaum merkliches Nahtspitzchen und werden weiter nach vorn immer runzeliger; unterhalb und an den Beinen schimmert der Käfer durch Seidenbehaarung silberweiß.

Die Larve mit den gekörnelten Halsschildern auf dem Rücken der meisten Glieder lebt mehrere Jahre (drei bis vier) im Innern alter Eichen. Die sehr breiten, flachen Gänge laufen zunächst vielfach gewunden durch- und ineinander unter der Rinde hin, und festes Wurmmehl legt sich zwischen sie und die Rinde, dann aber führen sie tief in das Holz und nehmen bisweilen eine ungeheure Breite an. Daß viele Larven den alten Riesen durch ihre Wühlereien mit der Zeit zugrunde richten können, liegt auf der Hand; mag immer ein schon etwas angegangener Stamm für die legenden Weibchen eine besondere Anziehungskraft besitzen, so sind die Wirkungen dieser kolossalen Larven keineswegs zu unterschätzen. Der im Juli der Puppe entschlüpfte Käfer läßt sich bei Tage nicht sehen, höchstens steckt er die Fühlerspitzen aus dem Flugloche hervor und zieht sich schleunigst zurück, wenn man sich nicht sehr vorsichtig naht. Dieselben müßten sehr weit herausstehen, wenn es gelingen soll, den schlauen Gesellen an denselben zu Tage zu fördern; in den meisten Fällen läßt er sich die Spitzen der Fühler abreißen, ehe er nachfolgt. Nach Sonnenuntergang kommt er freiwillig hervor und fliegt, nicht eben sehr hoch, im Verlangen nach dem andern Geschlecht, lebhaft umher. Die Paarung erfolgt während der Nacht, und die Schwärmzeit ist, wie bei dem Hirschkäfer, eine nur beschränkte.

Der Handwerker ( Cerambyx cerdo) stellt den vorigen im verjüngten Maße (2 bis kaum 3 Zentimeter) dar, ist gleichfalls schwarz und durch Seidenbehaarung silberschimmernd, aber am Ende der Flügeldecken nicht verschmälert. Indem der »Handwerker« nicht an alte Eichen gebunden ist, hat er eine weitere Verbreitung als der vorige, scheint aber dabei doch bestimmte Örtlichkeiten zu bewohnen. Während er beispielsweise im Saaletal der Naumburger Umgebung alljährlich in größeren Mengen vorkommt, findet er sich wenige Meilen stromabwärts bei Halle gar nicht. In seinem Betragen weicht er von seinem stattlicheren Vetter wesentlich ab, daß er lebhaft im Sonnenschein fliegt und die blühenden Sträucher, wie Weißdorn, Schneeball, Hartriegel und andere, aufsucht, um dort mit so und so vielen Süßmäulern aus dem verschiedenartigsten Insektenvolke den Honig zu lecken. Seine Larve zeichnet sich durch eine Reihe von Längsriefen aus, welche die hintere Hälfte der Chitinplatte auf dem Vorderrücken einnehmen. Sie lebt hinter der Rinde und im Holze verschiedener kranker Bäume, wie Eichen, Apfel-, Kirschbäume und anderer. Nördlinger fand sie 1843 ziemlich erwachsen in einem Apfelbaume, erhielt jedoch erst im Mai 1847 den Käser; er meint, die Trockenheit des Holzes wäre wohl schuld einer so langsamen Entwicklung gewesen.

siehe Bildunterschrift

Moschusbock ( Aromia moschata)

Der Moschus-, Bisambock ( Aromia moschata), ist an Fühlern und Beinen stahlblau, auf der stark gerunzelten Oberseite metallisch grün oder bronzefarben, am quer sechseckigen, durch Höcker unebenen Halsschilde glänzend, auf den schwach zweirippigen, abgeflachten Flügeldecken fast matt. Die Hinterbeine sind verlängert, ihre Schienen zusammengedrückt und sanft gebogen. Durch das nicht querrunzelige Halsschild und die nicht auffällig verdickten Grundglieder der Geisel unterscheidet sich diese Gattung von der vorigen, durch das dreieckige Schildchen, die einfarbigen Flügeldecken und die im Vergleich zu den Kiefertastern längeren Lippentaster von andern nahestehenden Gattungen. Die infolge ihres starken Geruches mit obigen Namen belegte Art lebt im Larven- und vollkommenen Zustande in und an Weiden. Die Larve, sonst ähnlich derjenigen des Heldbockes, hat statt der Rückenzeichnungen Furchen von viereckigen Umrissen, die an dem Bauche in etwas anderm Verlaufe gleichfalls sichtbar sind und an den drei ersten Ringen durch außerordentlich kleine und leicht zu übersehende Beinchen begrenzt werden. Sie bohrt namentlich in Kopfweiden und in den knorrigen Wurzelstöcken der Korbweide sehr unregelmäßige Gänge und trägt das Ihrige redlich bei, dort mit Beihilfe der Weidenbohrerraupen, hier in Gemeinschaft der Erlenwürgerlarven und andern Ungeziefers, bei weitem mehr Holz verschwinden zu lassen, als sich neu erzeugt und als die Pflanze entbehren kann. Wenn sich der Käfer zu Anfang des Sommers aus der Puppe entwickelt hat, treibt er sich an seiner Geburtsstätte so lange umher, bis sich die Geschlechter zusammengefunden haben, an unfreundlichen Tagen versteckt im Laube oder in dem Mulme mit nach hinten dem Rücken angedrückten Fühlern, an sonnigen lebhaft umherspazierend an Stamm oder Zweigen, die nach vorn gerichteten Hörner hin- und herwiegend; auch fliegt er einmal davon und sucht seinesgleichen anderwärts auf. Seinen Namen verdankt der Käfer zwei sogenannten Moschusdrüsen, die sich auf seiner Bauchseite an den Hinterhüften befinden. Sie sekretieren nach Smirnoff Salol. Füttert man einen solchen Bock nicht mit seinem Weidensaft, sondern mit Zuckerwasser, so verliert sein Drüsensekret rasch den »Moschusgeruch«. – Unser buntes Bild zeigt den dem Moschusbock nahe verwandten Alpenbock ( Rosalia alpina). Hrsgbr.

Die Afterböcke, Schmalböcke ( Lepturini), bilden eine sehr bestimmt abgegrenzte Sippe in dieser Unterfamilie und sind leicht von den andern zu unterscheiden durch den hinter den Augen verengten, halsartig eingeschnürten Kopf, der sich nach vorn mehr oder weniger schnauzenartig verlängert, durch fast rundliche Augen, vor und zwischen denen mehr oder weniger entfernt die kurzen Fühler stehen, und durch sehr genäherte, zapfenartig vortretende Vorderhüften.

Die meisten fliegen lebhaft im Sonnenschein umher und finden sich nicht nur auf Buschwerk, sondern an allerlei blühenden Kräutern, wie an den honigreichen Dolden, und andere nicht bloß im Walde, sondern auf Wiesen, Feldrainen und öfters in größeren Entfernungen von Holzgewächsen. Man hat die Arten vielen Gattungen einverleibt, die aber in ihren Merkmalen so ineinander übergehen, daß sie sich schwer voneinander unterscheiden lassen. Die Form und Oberflächenbeschaffenheit des Halsschildes, der Flügeldecken, die Breitenverhältnisse letzterer zu ersterem und die Zartheit oder Grobheit der Augenfelder geben die wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale für die Gattungen ab. Die Larven ernähren sich von faulem Holze.

Der gespornte Schmalbock ( Strangalia armata) mag zunächst den Formkreis dieser Sippe vergegenwärtigen. Der Körper ist schwarz, mit Ausnahme der nur schwarz gefleckten drei ersten gelben Bauchringe; Fühler, Beine und Flügeldecken sind wachsgelb, die Fühler vom dritten Gliede an und die Füße schwarz geringelt, die Schienen schwarz bespitzt, die Hinterschenkel innenseits vorn schwarz gefleckt und die an der Spitze bogig nach innen ausgeschnittenen Flügeldecken mit vier schwarzen Zackenbinden gezeichnet, die nicht immer vollständig ausgeprägt zu sein brauchen, indem die die beiden ersten sich bisweilen in Flecke auflösen.

Das Männchen unterscheidet sich vom kräftigeren Weibchen durch zwei Zähne am Innenrande der Hinterschienen. Die Larve findet sich in Birkenstämmen und anderm Holze, hat undeutliche Augen, aber deutliche Füßchen, einen sehr großen Kopf mit dreigliedrigen Fühlern, Kopfschild und Oberlippe. Nach ihrer Verpuppung vergehen noch drei bis vier Wochen bis zum Erscheinen des Käfers. Derselbe ist nicht zu verwechseln mit dem auf den Flügeldecken beinahe ebenso gezeichneten, aber schwarzbeinigen, schwarzbäuchigen, nicht gelbfühlerigen vierbindigen Schmalbocke ( Strangalia quadrifasciata), der auch im Körperbau etwas kräftiger und größer erscheint. – Die meisten andern, kleineren Arten aus der nächsten Verwandtschaft sind mit gelbbraunen, einige mit blauen Flügeldecken versehen, andere durchaus schwarz oder schwarzbraun, meist aber matt und unscheinbar in ihren Farben.

 

Die langbeinige und langschnauzige Gattung Toxotus gehört zu denen mit walzigem, vorn und hinten tief eingeschnürtem, seitlich in der Mitte und durch eine Längsfurche auch auf dem Rücken gehöckertem Halsschilde. Die fadenförmigen Fühler sind fast immer so lang wie der Körper, ihr drittes Glied viel länger als das vierte und die Flügeldecken wenigstens beim Männchen nach hinten wenig verschmälert. Die gemeinste Art für Deutschland ist der veränderliche Schmalbock ( Toxotus meridianus). Bei ihm ist das fünfte Fühlerglied noch einmal so lang als das vierte, und das dritte länger als das fünfte. An den Seiten des gestreckten, nach hinten schwach erweiterten Halsschildes sitzt je ein stumpfer Höcker, und die nach hinten beim Männchen stark, beim Weibchen nur mäßig verengten Flügeldecken randen sich an der Spitze schwach bogig aus. Die Brust decken dichte silbergraue Haare. Der Käfer ist entweder ganz schwarz, oder es sind die Wurzel der Fühlerglieder, die Beine und der Schulterrand der Flügeldecken rötlichgelb, oder die Wurzel der letzteren, auch ihre ganze Vorderhälfte sind rötlichgelb und nur der hintere Teil der Naht oder die Spitze schwärzlich, oder sie sind durchaus rötlich gelbbraun. Die Größe schwankt zwischen 13 und 22 Millimeter. In den ersten Tagen des Juni fliegen an heitern Tagen die Männchen lebhaft an Buschwerk und allerlei Blumen umher, stets bereit, sich fallen zu lassen, wenn man nach ihnen greift, ohne sicher zu fassen, während die Weibchen einzelner und träger zu sein pflegen. An einigen stattlichen Pflanzen der blühenden Sumpfwolfsmilch, die ich zu dieser Zeit auf einer Wiese als vorzüglichen Fangplatz für das verschiedenartigste Insektenvolk antraf, waren die Männchen dieser Böcke sehr zahlreich vertreten und ungemein beweglich; an den Grashalmen, unter deren Ähren hingen vereinzelte Weibchen und schienen vollkommen teilnahmlos bei dem sonst so überaus regen Leben rings um sie.

Die Schrotkäfer oder Zangenböcke ( Rhagium) zeichnen sich durch ihren dicken, fast quadratischen Kopf und die kurzen, schnurförmigen, auf der Stirn einander genäherten Fühler aus. Die Augen sind breit, nierenförmig, das Halsschild klein, vorn und hinten eingeschnürt, in der Mitte stark bedornt, das Schildchen schmal, spitz dreieckig, die Flügeldecken sind flachgedrückt, die Beine lang, aber plump, die Vorderhüften kurz und dick, voneinander getrennt.

Der kurzhörnige Nadelholzbock ( Rhagium indagator) dürfte die gemeinste der vier deutschen Arten sein. Die Flügeldecken sind blaß gelbbraun, dicht mit weißlichem Filze bekleidet, nur drei erhabene Längslinien auf jeder, und zwei mehr oder minder regelmäßige, gemeinsame Querbinden sind nackt und schwärzlich gefärbt. In manchen Nadelholzrevieren gibt es selten einen toten Stamm der verschiedensten Stärke, der hinter seiner Rinde nicht mehr oder weniger zahlreich mit Larven dieser Art versehen wäre und nach der Entrindung deren unregelmäßige Gänge zeigt. Nach gesunden Stämmen hat das legende Weibchen durchaus kein Verlangen, sondern nur nach solchen, die durch verschiedenes anderes bohrendes Ungeziefer schon so weit bearbeitet worden sind, daß sich die Borke ohne große Mühe abschälen läßt. In derselben Weise und gleichfalls nur an Nadelbäumen lebt die seltene Art, der zweibindige Nadelholzbock ( Rhagium bifascatum), während die beiden noch übrigen Arten tote Laubhölzer zu der Zeit ihres Larvenstandes bewohnen, weshalb sie sämtlich für den Forst ohne jegliche Bedeutung sind.

 

Der große Halbdeck-Bockkäfer ( Necydalis major) hat vorzeiten den bereits früher erwähnten Prediger Schäffer in nicht geringe Verlegenheit gesetzt, wie aus einem Briefe an Réaumur hervorgeht. Der Käfer, wahrscheinlich aus einem Stück Pflaumenholz ausgekrochen, war in dem Drechselzimmer von Schäffers Schwager aufgefunden und Schäffer vorgelegt worden, um sein Gutachten über dieses sonderbare Wesen abzugeben. Er vergleicht es mit der großen Holzwespe, findet aber doch bei näherer Untersuchung und Abbildung, daß es ein »Afterbock« sein müsse. Beschreibung und Abbildungen wurden an Réaumur geschickt und am Schlusse des Briefes bemerkt: »Haben aber Ew. usw. diesen Insekten (es ist noch eine kleinere Art der heutigen Gattung Molorchus dabei) einen zweifelsohne eigentlicheren und besseren Namen schon bestimmt, so werde ich aufs künftige Dero Aussprüchen willigst folgen« (Regenspurg den 14. März 1753). Die Eigentümlichkeit der Art liegt in der Kürze der Flügeldecken, die weder den schmalen langen Hinterleib, noch die dünnhäutigen Hinterflügel bedecken können. Der ganze Käfer ist schwarz, goldhaarig, Fühler, Beine, Flügeldecken und die Wurzel des Hinterleibes sind rötlich gelbbraun, die Spitze der Hinterschenkel dunkler und die Fühler des Männchens nur an der Wurzel gelb. Dieser interessante Bockkäfer findet sich auf Buschwerk und an den Stämmen verwetterter Bäume; ich habe ihn an Eichen- und Kirschbäumen angetroffen, in deren mürbem Innern, wie die Bohrlöcher bewiesen, die Larve sicher gelebt hatte; er ist entschieden nicht häufig und der stattlichste heimische Vertreter dieser besonders in Südamerika lebenden, aus wunderlichen Gestalten bestehenden Sippe.

 

Mehrere Bockkäfer leben als Larven in altem Holzwerk unserer Häuser, und begegnen uns daher auch hier dann und wann die fertigen Käfer, zumal in älteren, holzreichen Gebäuden, ohne daß man sich Rechenschaft darüber geben kann, wo dergleichen Erscheinungen herkommen. Am häufigsten dürfte dies von einer Art gelten, die man darum den Hausbock ( Hylotrupes bajulus) genannt hat, ein kurzbeiniger, breitgedrückter und schmaler Käfer, der sich durch seine kurzen, fadenförmigen Fühler, das scheibenartige Halsschild, durch ein bogig ausgerandetes Mittelbrustbein und im weiblichen Geschlechte durch eine lang vorgestreckte kegelförmige Legröhre auszeichnet. Der Körper ist pechschwarz oder braun gefärbt und mit einem greisen Haarkleide überzogen, besonders auf dem Halsschilde, wo einige Unebenheiten dunkler hervortreten und unter Umständen eine gesichtsähnliche Zeichnung sehen lassen. Die Größe schwankt auffällig zwischen 6,5 und 19,5 Millimeter. Wenn dieser Käfer, manchmal noch mit dem Bohrmehl aus seinem Schlupfloch bedeckt, zum Vorschein gekommen ist, so scheint er sich über seine Umgebung zu wundern; denn eiligen Laufes, soweit seine kurzen Beine einen solchen gestatten, sucht er zu entweichen, ohne zu wissen wohin, und zeigt stets ein gewisses Behagen, wenn er ein geöffnetes Fenster erreicht hat. Das Weibchen fährt mit seiner langen Legröhre in die Risse alten Holzwerks jeglicher Art, und sehen wir Pfosten, Zaunpfähle, Fensterbekleidungen und anderes mit größeren Bohrlöchern besetzt, so können wir mit ziemlicher Sicherheit mindestens auf die Mitwirkung des Hausbockes rechnen. Seine Larve bewohnte vorzeiten die Seitenwände und den dünnen Boden eines Insektenkastens, der, außer Gebrauch, vorher mehrere Jahre auf dem Boden gestanden und nun seiner ursprünglichen Bestimmung wiedergegeben wurde. Das Schrapen der fressenden Larve und hier und da ausgeworfenes Bohrmehl verrieten die Gegenwart, die stellenweise zutage tretenden Gänge führten schließlich zum Sitze der Larve, die selbst im sehr dünnen Holze die Außenwände meist zu schonen verstanden hatte. Sie ist vorn etwas plattgedrückt, ohne Zeichnungen und Eindrücke auf den Gliedern, und vollkommen fußlos.

Der veränderliche Scheibenbockkäfer ( Callidium variabile) ist eine zweite Art von den in altem Holzwerk lebenden und daher uns in Häusern oder deren nächster Umgebung begegnenden Bockkäfern. Entschieden schlanker, langbeiniger und beweglicher als der vorige, steht er ihm doch in den Grundformen sehr nahe. Die den starken Augenausrandungen eingefügten Borstenfühler erreichen die Körperlänge und in ihrem dritten Gliede fast dreimal die Länge des zweiten; das Halsschild ist fast kreisrund, doch etwas breiter als lang, auf seiner Fläche durch vier undeutliche Höckerchen uneben, die walzigen Flügeldecken, nicht breiter als die Halsschildmitte, sind auf dem Rücken niedergedrückt und hinten einzeln stumpf gerundet. Die Mittelbrust ist zwischen den Mittelhüften stumpf dreieckig, nie bogig ausgerandet, die Schenkel sind gestielt. Der glänzende Käfer trägt sich entweder ganz schwarz und nur an den sein punktierten Flügeldecken stahlblau, oder die Fühler, das Halsschild, auch nur seine Ränder und in größerer oder geringerer Ausdehnung die Beine, sind rötlich, oder der Käfer ist gelbrot, die Flügeldecken sind gelbbraun, an den Spitzen samt der Brust schwarz. Die Länge beträgt 10 bis 13 Millimeter. Wie bei der vorigen Art, arbeitet auch hier die Larve breite, unregelmäßige, mit dem feinen Bohrmehl ausgefüllte Gänge. Der dritte im Bunde ist der häufiger im Harze, weniger in der Halleschen Gegend, unter denselben Verhältnissen vorkommende blaue Scheibenkäfer ( Callidium violaceum). Er ist untersetzter als der vorige, und plumper, wird bis 16 Millimeter lang, hat fadenförmige, kürzere Fühler von gleichen Längenverhältnissen im zweiten und dritten Glieds, wie der vorige, ein an den Seiten gleichmäßig gerundetes Halsschild, das von den platten Flügeldecken an Breite etwas übertroffen wird, und schwächer verdickte Schenkelenden. Der ganze Käfer ist auf der Oberseite heller, auf der Unterseite dunkler blau, sehr dicht runzelig punktiert, an Fühlern und Beinen vorherrschend schwarz. Infolge der Lebensweise ist diese Art sowie der Hausbock nach Nordamerika verschleppt worden und hat sich daselbst gleichfalls eingebürgert.

 

Ungemein zahlreich breitet die Gattung der Widderkäfer ( Clytus) ihre Arten über die ganze Erde aus. Die langbeinigen, kurzfühlerigen Böcke, flink im Lauf und beim Sonnenschein stets bereit zum Fluge, sitzen gern auf blühenden Sträuchern und lassen sich meist an bunten, vorherrschend gelben Zeichnungen erkennen. Die borsten- oder fadenförmigen Fühler, stets kürzer als der Leib, öfters nur von dessen halber Länge, entspringen zwischen dem Augenausschnitte und einer senkrecht davor herablaufenden Stirnleiste am stark gerundeten Kopfe, der nicht tief genug im Halsschilde steckt, um mit dem Hinterrand der Augen dessen Vorderrand zu berühren; dasselbe ist kugelig oder quer eiförmig. Die Flügeldecken schwanken in der Form, kommen walzig, auch nach hinten verengt und flachgedrückt vor, die Schenkel häufig nach der Spitze keulenförmig angeschwollen, die hintersten auch verlängert. Eine der verbreitetsten deutschen Arten ist der gemeine Widderkäfer ( Clytus arietis), den ein kugeliges Halsschild, nach vorn allmählich verdickte Schenkel und einzeln an der Spitze abgerundete, walzige Flügeldecken auszeichnen. Das 10 bis reichlich 15 Millimeter lange Käferchen ist schwarz, Fühler und Beine sind rot, die vorderen wenigstens von den Schienen an; goldgelb durch dichte, anliegende Behaarung: die Endränder des Vorderrückens, das Schildchen, vier Binden der Flügeldecken, die Hinterränder der Bauchringe und einige Flecke an der Brust; von den Binden der Flügeldecken löst sich die vorderste hinter dem Schildchen in zwei Querflecke auf, die dritte hat dieselbe Richtung, ist aber vollständig und befindet sich hinter der Mitte, die vierte bildet den Hinterrand der Deckschilde, die zweite endlich stellt eine schiefe, nach außen gehende, in ihrem Verlaufe gleichmäßige, gebogene Linie auf jeder Decke dar.

Noch zwei andere Arten kommen in Färbung und Zeichnung der eben beschriebenen sehr nahe, der etwas kleinere Clytus rhamni, dessen Flecke hinter der Schulter nicht als Überbleibsel einer geraden Querbinde betrachtet werden können, weil sie schräg nach außen mit dem Vorderende gerichtet sind, und dessen Bauchbinden in der Mitte schmäler werden oder daselbst ganz verschwinden, und der größere Clytus arvicola, dessen Halsschild an den Hinterecken ausgeschnitten, Flügeldecken am Ende schräg nach innen gestutzt sind, und dessen zweite Binde sich fast rechtwinklig in der Mitte von der Naht ab nach außen biegt. Die Larve des gemeinen Widderkäfers lebt hinter der Rinde verschiedener Laubhölzer, wie Eichen, Buchen, wenn dieselben gefällt oder als Wurzelstöcke stehen geblieben sind. Nördlinger beobachtete die Entwicklung des Käfers im Mai aus einem starken, abgestorbenen Rosenstamme. Daher sind es Käfer, die wir weder in den Häusern noch auf dem freien Felde, sondern in Gärten und Wäldern, überhaupt da antreffen, wo Laubbäume in der Nähe stehen.

 

Die dritte Unterfamilie, die Lamiidae, endlich möchte ich als Spitzböcke Neuerdings heißen sie Weberböcke nach dem für die ganze Gruppe besonders typischen Weber. Hrsgbr. bezeichnen, da ihre Taster im Gegensatz zu allen vorigen in ein zugespitztes, weder in ein abgestutztes, noch keilförmiges Endglied auslaufen. Ihre Vorderschienen sind außerdem an der Innenseite mit einer schrägen Furche, die Mittelschienen meist auswendig mit ähnlicher Furche versehen, der Kopf steht senkrecht, und seine Stirn ist gegen den Scheitel mindestens unter einem rechten, wenn nicht sogar unter einem spitzen Winkel geneigt. Kurz, die Glieder dieser Abteilung haben bei wiederkehrendem Reichtume der Körpertrachten der Auszeichnungen genug, um sie sogleich als hierher gehörig zu erkennen; ihre Gesamtzahl übertrifft die der beiden vorigen Unterfamilien zusammengenommen.

Abgesehen von einer Übergangssippe, wo der Kopf noch nicht die geforderte Stellung hat, sondern wie bei den Schrägkopfböcken gerichtet, und das Halsschild jederseits mit einer Leiste versehen ist, abgesehen von dieser die Inseln des Indischen Archipels und Polynesien bewohnenden Sippe, tritt uns eine andere, die der Erdböcke, zuerst entgegen. Sie mag an der artenreichen, dem südlichen Europa und dem westlichen Asien bis nach Sibirien hin vorzugsweise eigenen Gattung Erdbock ( Dorcadion) erläutert werden, welche die Feistkäfer unter den Schwarzkäfern, die Kurzhörner und andere Erdbewohner unter den Rüsselkäfern in dieser Familie wiederholt. Die Fühler sind borstenförmig und ziemlich dick, niemals aber so lang wie der Körper und nehmen nach der Spitze zu in der Länge ihrer Glieder allmählich ab. Das Halsschild ist breiter als lang, in der Mitte jederseits mit einem spitzen Höckerchen versehen. Die Flügeldecken sind an ihrer Wurzel kaum breiter als das Halsschild, erreichen erst in ihrer Mitte die größte Ausdehnung, runden sich einzeln an der Spitze ab und erreichen die doppelte Länge ihrer gemeinsamen Breite, oder übertreffen sie noch. Die Beine sind kurz und dick, die Mittelschienen vor der Spitze an der Außenseite gehöckert. Der ungeflügelte Körper ist meist mit einem Dufte abreibbarer Samthaare überzogen, die namentlich auf den seitlich den Körper eng umfassenden Flügeldecken zierliche Zeichnungen, Striemen, Kreuze, Flecken erzeugen, wegen ihrer Hinfälligkeit aber an älteren Stücken die Artbestimmung ungemein erschweren, zumal nicht selten beide Geschlechter ein und derselben Art nicht unwesentlich in diesen Zeichnungen voneinander abweichen. Die Erdböcke erscheinen meist im Frühjahr, kriechen auf Wegen, an Mauern umher und verstecken sich bei unfreundlichem Wetter unter Steinen; sie scheinen im Larvenstande sich von den Wurzeln der verschiedensten, nicht bloß der holzigen Pflanzen zu ernähren.

Eine der kleinsten und zierlichsten Arten ist der bei Smyrna und in jenen Gegenden kaum seltene kreuztragende Erdbock ( Dorcadion crux). Der samtschwarze Körper wird reichlich von weißem Seidenhaar überzogen, das eine tiefe Längsfurche über Kopf und Halsschild auskleidet, die Beine reichlich bedeckt und an den Flügeldecken nur die stumpfe Seitenkante und einen breiten Streifen neben der Naht frei läßt, an den sich nach außen ein fast halbkreisförmiger Mittelfleck anschließt. Am weitesten nach Norden geht der in Thüringen und am Harze in manchen Jahren keineswegs seltene schwarze Erdbock ( Dorcadion atrum), der im Süden fehlt. Das bis über 16 Millimeter messende Tier ist durchaus schwarz, hat auf dem sehr grob und verworren punktierten Halsschilde einen stumpfen Mittelkiel und auf den hinten beinahe gestutzten, sehr gerunzelten, an keiner Stelle punktierten Flügeldecken einen stumpfen Mittelkiel zwischen der Naht und der gleichfalls sehr stumpfkieligen Stelle, an der die Biegung des Außenrandes nach unten erfolgt (Seitenkante). Mit ihm zugleich pflegt, aber seltener und weiter südlich gehend, der greise Erdbock ( Dorcadion fuliginator) vorzukommen, hauptsächlich vom vorigen unterschieden durch den schmutzigweißen Haarfilz über die Flügeldecken und durch schwache, gleichfarbige Behaarung an den übrigen Teilen des schwarzen Körpers, besonders auch an den Beinen. Heutzutage wird derselbe allgemein für die Stammart und der schwarze für seine unbehaarte Abart erklärt.

 

Ein vorzugsweise bockähnliches Ansehen hat der untersetzte chagrinierte Weber ( Lamia textor), ein durch sehr feine, gelbliche Behaarung, zwischen welcher schwärzliche Höcker wie Pünktchen hervorglänzen, schmutzigbraun erscheinender Käfer von 26 bis 32 Millimeter Länge. Die knorrigen Fühler von zwei Drittel der Körperlänge stehen mit ihrem dicken und langen, am Ende durch Warzen rauhen Wurzelgliede auf je einem starken Höcker. Das quere, walzige Halsschild, von der Breite des Kopfes, hat seitlich je einen kräftigen Dornansatz. Die bedeutend breiteren Flügeldecken flachen sich von der Mitte an nach hinten etwas ab. Die dicken Beine sind durch einen Höcker an der Außenseite der Mittelschienen ausgezeichnet. Dieser echte Spitzbock, der einzige Überrest der sonst so artenreichen Gattung Lamia, findet sich an Weidengebüsch, wo er träge an den Zweigen umherkriecht oder noch häufiger mit gewisser Teilnahmlosigkeit festsitzt, da er ein mehr nächtliches Tier zu sein scheint. In Weidenzweigen lebt auch die Larve, indem sie der Markröhre nachgeht und am Ende ihres Ganges einen weiteren Raum für die in Bohrspäne eingepolsterte Puppe arbeitet. Die Larve ist fußlos und läuft hinten in einen warzenartigen Höcker aus, der den After bildet. Der erste und größte Körperring ist oval, ihm folgen zwei sehr kurze, und die sieben weiteren tragen auf ihrem Rücken je eine ovale, tiefe Furche, am Bauch einen breiten, in der Mitte eingezogenen Quereindruck.

Zu den auffälligsten Erscheinungen unter den heimischen Böcken gehört entschieden der Zimmerbock, Schreiner ( Acanthocinus aedilis), zumal das Männchen durch die den Körper bis auf das Fünffache überragenden und mit Ausschluß ihrer Spitze dunkel geringelten Borstenfühler. In der Tracht und Größe des Körpers erinnert er an das Callidium violaceum, namentlich in Ansehung der niedergedrückten und an den Schultern rechteckig vortretenden Flügeldecken, die etwa doppelt so lang wie zusammen breit, nach hinten beim Weibchen schmäler als beim Männchen und gleich dem übrigen Körper durch dichten Haarfilz grau sind. Körnige Punktierung, Spuren dunkel punktierter Längsrippen und zwei mehr oder weniger deutliche, nackte, daher braune Querbinden zeichnen ihre Oberfläche aus. Die Gattungsmerkmale ergänzen überdies: vom dritten Gliede an gleichlange oder an Länge zunehmende Fühlerglieder, ein queres seitlich in je einen Dorn ausgezogenes Halsschild mit einer Querreihe von vier gelben Punkten auf der vorderen Hälfte, eine beim Weibchen in eine lange Legröhre auslaufende Hinterleibsspitze, eine ausgerandete letzte Bauchschuppe beim Männchen und endlich die nach außen geschlossene Gelenkpfanne der Mittelhüften.

Zeitig im Frühjahr erscheint der Zimmerbock an gefällten Kiefernstämmen oder an deren noch stehenden Wurzelstöcken, tummelt sich mithin auf Schlägen, da seine Larve hinter der Rinde abgestandener Kiefern lebt. Beim Sonnenscheine fliegt er und findet sich daher auch an Klafterholz und stehenden Stämmen. Einige Wochen später ist das Brutgeschäft beendet, bei dem das Weibchen seine lange Legröhre tief zwischen die Rindenschuppen schiebt, und der Käfer verschwunden, es sei denn, daß vereinzelte Nachzügler, die als Puppen überwintert haben, noch später zum Vorschein kommen. Infolge des Aufenthaltes der Larve wird diese mit Bauhölzern in die Häuser verschleppt, so daß auch hier das langfühlerige Tier bisweilen umherspaziert. Neben der genannten Art, die beiläufig ihren Gattungsnamen vielfach geändert hat ( Cerambyx, Aedilis, Astynomus), leben noch einige weniger gemeine in Europa und in Nordamerika, indem die Gattung eine weitere Verbreitung nicht findet.

 

Die Walzenböcke ( Saperda) und ihre nächsten Verwandten bilden eine weitere Sippe der echten Spitzböcke, die im wesentlichen durch die nach außen offene Gelenkpfanne der Mittelhüften, durch den Mangel einer Querfurche an der Außenseite der Mittelschienen, durch ein breites dreieckiges Seitenstück der Mittelbrust und darin übereinstimmen, daß ihr Kopf weit genug von den Vorderhüften entfernt ist, um zwischen dieselben eingezogen werden zu können. Die übrigen Gattungsmerkmale sind ein walziges, queres Halsschild ohne Buckel und Dornen, an den Schultern stumpf rechteckig vortretende, viel breitere und nahezu walzige Flügeldecken und die nicht schlanken, aber auch nicht sehr kurzen Beine.

Der große Pappelbock ( Saperda carcharias) ist graugelb, das Weibchen mehr ockergelb, durch filzige Behaarung, die nur an den Spitzen der meisten Fühlerglieder und an den körnigen Erhabenheiten der Flügeldecken fehlt. Man findet den Käfer im Juni und Juli an den Stämmen und Zweigen der verschiedenen Pappelarten und an Weidenbäumen. Er erscheint träge und wird wahrscheinlich erst am Abend lebendiger, um dem Brutgeschäft nachzugehen. Das befruchtete Weibchen legt seine Eier möglichst tief in die Rindenrisse unten am Fuße des Stammes, und die jenen entschlüpften Larven fressen im ersten Jahre unter der Rinde ihre Gänge. Nach der Überwinterung dringen sie in das Holz ein und steigen in demselben in gerader Richtung aufwärts. Die langen Bohrspäne werden durch ein Loch ausgestoßen und verraten leicht die Gegenwart des Einwohners. Die Raupe des Weidenbohrers bringt äußerlich eine gleiche Erscheinung hervor, stößt aber größere Haufen aus und lebt durchschnittlich in älteren Stämmen, auch die Raupen einiger Glasflügler halten auf gleiche Weise ihre Gänge rein, ihre Auswürfe sind jedoch feiner und bindiger. Nach der zweiten Überwinterung ist die fußlose, auf dem Rücken der Glieder gefelderte Larve erwachsen, verpuppt sich hinter dem mit Bohrspänen verstopften Ausgange, und nach wenigen Wochen der Puppenruhe kommt der Käfer zum Vorschein. Wo derselbe in größeren Mengen vorkommt, wird er den jungen Pappelanpflanzungen an den Landstraßen, auf Angern usw. entschieden nachteilig, denn dieselben können leicht vom Winde umgeworfen werden. Alte, nur von einzelnen Larven bewohnte Stämme überwinden den Fraß, da jedoch der Käfer seine Brutplätze immer wieder von neuem zu benutzen pflegt, so werden auch solche mit der Zeit zugrunde gerichtet, zumal die Larvenzahl sich infolge dieser Gewohnheit mehrt.

Der Aspenbock ( Saperda populnea) ist merklich kleiner (10 bis 12 Millimeter), durch filzige Behaarung grünlich- oder gelblichgrau, auf dem Halsschilde mit drei gelben Längslinien, auf jeder Decke mit einer Längsreihe gelber Fleckchen gezeichnet und an den Fühlern gleichfalls dunkler geringelt. Im Mai und Juni zeigt er sich auf den Blättern der Zitterpappel und ist entschieden lebhafter als sein größerer Vetter, fliegt bei Sonnenschein umher und läßt sich herabfallen, wenn man nicht mit der gehörigen Vorsicht bei seiner Abnahme von den Blättern zu Werke geht. Er gehört entschieden zu den Tagböcken, man findet daher auch die vereinigten Pärchen, das Männchen auf dem etwas größeren Weibchen sitzend, auf den Blättern oder an den Stengeln seiner Futterpflanze und kann sicher darauf rechnen, daß derselbe Busch oder dasselbe Bäumchen, dessen Blätter er bewohnt, hier und da im Holzteile eine knotige Anschwellung mit einem schwarzen Flugloche sehen läßt. Aus letzterem kam der Käfer hervor, und innerhalb des Knotens frißt die erwachsene Larve und ruht die Puppe. Die Stelle, an der die Larve etwa im Juli unter die Rinde eindringt, stellt kreisförmige Wülste dar. Im ersten Sommer hält sie sich unter der Rinde auf, nach der Überwinterung geht sie in der Markröhre in die Höhe, so daß das Innere eines bewohnten Stämmchens oder Ästchens von schwarzen Röhren in der Längsrichtung durchsetzt ist, in deren Folge der Ast meist abstirbt, weil in der Regel eine größere Menge von Larven Wohnung in ihm genommen hat. Wegen der untergeordneten Bedeutung der Aspen für den Forst werden die Wirkungen dieser Larve weniger empfindlich als die der vorigen, für das Aspenbüschchen als solchen treten sie aber entschieden verderblicher auf. Nach Boas dauert die Entwicklung dieser Käfer zwei Jahre. Infolgedessen findet man ihn nur alle zwei Jahre in größeren Mengen. Hrsgbr.

 

Die Walzenböcke breiten sich hauptsächlich über Europa und Nordamerika aus und umfassen noch eine Reihe zierlicher und weit schmächtigerer Formen, deren viele im Larvenstande auch andere als Holzgewächse bewohnen. Ihnen eng und in der Körpertracht nicht unterscheidbar schließt sich die Lacordairsche letzte Sippe der Phytoecidae an, von voriger nur durch die Klauenbildung unterschieden. Während nämlich bei allen bisher besprochenen und ihnen sonst noch angehörenden Spitzböcken die Fußklauen einfach sind und entweder gleich von ihrer Wurzel an einen rechten Winkel mit dem Klauengliede bilden, so daß beide zusammen an ihrem Innenrande einen Halbkreis darstellen, der unter einem rechten Winkel dem Klauengliede als dessen Stiel angefügt ist, oder an der Wurzel nebeneinander stehen und sich allmählich voneinander entfernen, haben sie hier die zuerst erörterte Lage; jede Klaue trägt aber an ihrer Wurzel ein Anhängsel und erscheint hier gelappt oder gespalten, je nachdem der Anhang breit und stumpf oder spitz und mit der Kralle in gleicher Richtung noch ein Stück fortgesetzt ist.

Statt aller hierher gehörigen Böcke sei nur das Haselböckchen ( Oberea linearis) erwähnt. Es ist sehr gestreckt, fast vollkommen walzig, indem die Flügeldecken das Halsschild kaum überragen, am ganzen Körper schwarz und schwach behaart, nur an den Beinen, den Tastern und einem Flecke unter der Schulter wachsgelb. Die fadenförmigen Fühler erreichen die Körperlänge nicht, und die netzartig punktgrubigen Flügeldecken sind an der Spitze schräg nach innen abgestutzt. Die Länge beträgt 13,5 Millimeter bei reichlich 2,5 Millimeter Schulterbreite.

Das schlanke Tierchen lebt im Mai und Juni an Haselnußsträuchern und umschwärmt dieselben lebhaft bei Sonnenschein, wobei die Geschlechter sich aufsuchen. Das Weibchen klebt etwa fünfzehn Zentimeter unter der Spitze des jungen Triebes ein Ei an. Die ihm entschlüpfte Larve bohrt sich sofort in das weiche Holz ein und ernährt sich, abwärts fressend, vom Marke. Das frühere Welken der Blätter verrät ihre Gegenwart. Nach der Überwinterung dringt sie weiter und gelangt manchmal bis in das dreijährige Holz, um sich nach der zweiten Überwinterung am Ende ihrer Fraßröhre zu Verpuppen. Sie ist wachsgelb, fußlos, schwach behaart und hat auf dem Rücken des ersten und breitesten Körperringes ein viereckiges Chitinschild und starke Wärzchen hinter demselben. Durch ein Flugloch arbeitet sich der Käfer heraus, nachdem seine Larve den ganzen Trieb über dem Flugloche getötet hat. Im Botanischen Garten zu Halle lebt dieselbe Larve in gleicher Weise in der gemeinen Hopfenhainbuche ( Ostrua vulgaris).

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Die Samenkäfer, Muffelkäfer ( Bruchidae), sind kleine ovale, oben weniger als unten gewölbte Käferchen, die durch ihre Lebensweise und die Gestalt der Larven den Rüsselkäfern nahe stehen, mit ihnen auch verbunden gewesen sind, aber doch der Eigentümlichkeiten zu viele besitzen, um eine Vereinigung ferner zu gestatten. Ihr abwärts gerichteter Kopf verengt sich hinter den großen nierenförmigen Augen unbedeutend halsartig und verlängert sich vorn in eine Schnauze, wie bei manchen der früheren Familien, nicht in einen eigentlichen Rüssel. Die kräftigen, öfters gezähnten oder gekämmten, nicht geknieten Fühler bestehen aus elf Gliedern und sitzen frei, d. h. ohne Grube, in der Regel unmittelbar vor den Augen. Die Vorderhüften stimmen nicht bei allen überein, sind bei Bruchus keilförmig, nach hinten einander genähert und anliegend, die mittleren fast kugelig, die hintersten sehr quer und sich nahegerückt, die Schenkel zusammengedrückt und breit; die Schienen laufen in einen Haken aus, und die Klauen der vierzehigen Füße tragen Anhängsel. Von den fünf Bauchringen übertrifft der vorn meist in eine Spitze ausgezogene erste die übrigen an Länge; der Steiß ist in großer Ausdehnung sichtbar. Abgesehen von der Bildung der Mundteile und Fühler sowie von der Deutlichkeit des drillen Fußgliedes, zeigen die Genossen dieser Familie viel Übereinstimmung mit den Maulkäfern und große Gleichförmigkeit unter sich. Sie verbreiten sich in mehr denn vierhundert Arten über alle Erdteile, vorzugsweise über Amerika und Europa, und weil die bisher bekannt gewordenen Larven von Samenkörnern, besonders der Schmetterlingsblümler, leben, so hat man ihnen obigen deutschen Namen beigelegt.

siehe Bildunterschrift

Erbsenkäfer ( Bruchus pisi)

Der Erbsenkäfer ( Bruchus pisorum) ist schwarz, dicht mit graugelblichen und weißen, anliegenden Haaren bekleidet, am Halsschilde in der Mitte jeder Seite mit einem durch die Behaarung versteckten Zähnchen versehen; die Flügeldecken ziert gegen die einzeln breit abgerundete Spitze je eine aus weißen Fleckchen zusammengesetzte Querbinde, den Steiß zwei eiförmige, von Behaarung frei bleibende, schwarze Flecke. Die vier ersten Glieder der keulenförmigen Fühler sind rotgelb, die vorderen Schenkel ganz schwarz, die vordersten Schienen und Fußglieder, die mittleren Schienen an der Spitze und die Fußglieder rotgelb; die Hinterschenkel bewehrt unterhalb und nahe der Spitze ein kräftiger Zahn. Dieser Käfer scheint in Nordamerika und im südlichen Deutschland gemeiner und bisweilen den Erbsen nachteiliger zu werden als anderwärts. Im Frühjahr, bis spätestens Anfang Mai, kommt er durch ein kreisrundes Loch, das immer senkrecht in die Samenlappen hineinführt, aus den irgendwo aufgeschütteten Erbsen zum Vorschein, liegt wie tot zwischen denselben oder auf dem Boden, wenn das Wetter kühler, läuft emsig umher oder fliegt nach den Fenstern, wenn ihn die Sonne bescheint. Sobald die Erbsen draußen in der besten Blüte stehen, stellen sich die Käfer auf ihnen ein, sei es nun, daß sie mit der Aussaat dahin gelangt, sei es, daß sie von den Vorratsräumen dahin geflogen sind. Sie paaren sich, und das Weibchen klebt einige wenige Eier an die sehr junge Hülse, will sagen, an den durch das Abblühen eben sichtbar gewordenen Fruchtknoten, in der Regel eins an einen solchen; dieselben sind walzig, viermal länger als breit, an beiden Enden gerundet und zitronengelb. Ist das Brutgeschäft vollendet, das natürlich immer einige Zeit in Anspruch nimmt, besonders wenn es durch mehrere Regentage unterbrochen wird, so hat das Weibchen seine Bestimmung erfüllt und stirbt. Die jungen Lärvchen fressen sich in die Hülse ein und suchen die Erbsen auf, von deren Entwicklung es abhängt, ob eine Larve mehr als eine braucht oder mit einer zufrieden ist. War diese kräftig genug, um durch Verletzung der Larve in ihrem Wachstum sich nicht stören zu lassen, so gedeihen beide miteinander, und eine Erbse genügt dem kleinen Tiere bis zu seiner Vollendung; war dagegen die Erbse zu schwach, als die Larve sich ihrer bemächtigte, so bedarf letztere noch einer zweiten, in die sie sich zeitig genug einbohrte, so daß die Eingangsstelle noch vollkommen vernarben konnte; eine zweite Hülse sucht sie nicht auf. Mit den reifen Erbsen wird die Mehrzahl derselben noch im Larvenzustande eingeerntet, anderseits darf man annehmen, daß in jeder bewohnten Erbse vor Eintritt des Winters der Käfer fertig ist; mir wenigstens scheint die Behauptung nicht richtig, daß während dieser Jahreszeit die Larve noch fresse. Bei Öffnung der in der Mitte des Februar 1875 aus Olmützer Gegend mir zugeschickten Erbsen fanden sich vereinzelt eingetrocknete Larven, sehr wenige unvollkommen entwickelte und abgestorbene Käfer; aus der weitaus größten Mehrzahl spazierte alsbald ein Erbsenkäfer hervor, kroch lebhaft umher, flog bei Sonnenschein nach dem Fenster und zeigte überhaupt große Freude über seine Befreiung.

Der Bohnenkäfer ( Bruchus rufimanus) ist dem vorigen sehr ähnlich und nur durch ein verhältnismäßig längeres Halsschild mit undeutlicheren Seitenzähnen, durch kürzere Flügeldecken, und namentlich durch etwas andere Zeichnungen auf denselben, verschieden. Die Vorderschenkel sind rotgelb, die Hinterschenkel weniger deutlich gezähnt. Die Larve lebt in Pferde- und Gartenbohnen, wahrscheinlich nicht in Erbsen, ganz in derselben Weise, wie die vorige in Erbsen, ein in die Samenlappen senkrecht gehendes, kreisrundes Loch fressend, so daß äußerlich an dem Samen keine Verletzung zu erkennen ist, es sei denn, daß man bei weiter vorgeschrittener Entwicklung das kreisrunde Loch durch die es noch schließende Oberhaut durchscheinen sieht. Der gemeine Samenkäfer ( Bruchus granarius) dürfte für Mittel- und Norddeutschland der häufigste von diesem Kleeblatte und auch weniger wählerisch in seiner Kost sein. Er wurde erzogen aus Orobus tuberosus, aus Lathyrus-Arten; ich erzog ihn, wie andere, aus der gemeinen Zaunwicke ( Vicia sepiumi), und als Schädiger der Pferdebohne ( V. faba) wird er gleichfalls angeklagt. Bei den bedeutend kleineren Wicken bleibt von dem Samen freilich nicht viel mehr als die Schale übrig. Dieser Umstand mag dem Tiere den Winteraufenthalt in seiner Wiege verleiden; rechnet man hinzu, daß es sich in den wild wachsenden und mithin eher vorhandenen Wicken früher entwickelt, so erklärt sich leicht, daß schon Mitte September der kleine Käfer frei erscheint und lebhaft umherspaziert, wie ich bei seiner Zucht beobachtet habe. Die augen-, fuß- und fühlerlose Larve Die ganz junge Larve dieser Käfer hat zunächst noch drei kurze blattkäferähnliche Beinpaare. Bei der ersten Häutung innerhalb des aufgesuchten Samens verliert sie diese jedoch. So erweisen sich die Samenkäfer als eine Übergangsgruppe von den Blattkäfern zu den Rüsselkäfern. Hrsgbr. unterscheidet sich, ohne feinere mikroskopische Untersuchungen, nicht von denen der vorigen, der Käfer dagegen durch geringere Größe, kürzere Form und andere Färbung: er ist ziemlich glänzend schwarz, die vier Wurzelglieder der Fühler und die Vorderbeine sind gelbrot, an letzteren in Ausnahmefällen die Füße und seltener auch die Schenkel schwarz. Die Hinterschenkel sind vor der Spitze nach unten tief ausgerandet und der spitze Winkel vor der Ausbuchtung mehr oder weniger zu einem kleinen, in den Geschlechtern verschiedenen Zahne ausgebildet. Die Scheibe des Halsschildes zeigt zwei weiße Pünktchen und ein größeres Fleckchen unmittelbar vor dem Schildchen. Dieses ist gleichfalls weiß, ein Nahtfleckchen dahinter gelblich. Die sonstige weiße Zeichnung auf den Flügeldecken ist unregelmäßig, mehr oder weniger aus bindenartig gestellten Fleckchen zusammengesetzt, auf dem Steiße bleiben zwei derartige runde von der grauen Behaarung unberührt. – Der Linsenkäfer ( Bruchus lentis) geht die Linsen an, und andere Arten den Samen anderer Pflanzen: der Gleditschien, Mimosen, Akazien, einiger Palmen usw. in den heißen Ländern.

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Die Blattkäfer ( Chrysomelidae), mit etwa zehntausend zum Teil noch ungenügend erforschten Arten von mittelgroßen, meist aber kleineren und sehr kleinen Kerfen, bilden die letzte Familie der Vierzeher. Die schlankeren Formen, bei denen das Halsschild schmäler als die Flügeldecken ist, lassen sich äußerlich kaum von gewissen Bockkäfern unterscheiden und waren zu Linnés Zeiten auch noch mit ihnen verbunden. Die weit überwiegende Mehrzahl unterscheidet sich jedoch durch den gedrungenen Körperbau wesentlich von ihnen, obschon kein einziges durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal angeführt werden kann. Der Kopf sitzt mehr oder weniger tief im Halsschilde, manchmal unter demselben verborgen, trägt faden- oder borstenförmige, ausnahmsweise gekeulte Fühler, die eine mittlere Länge und elf Glieder zu haben pflegen und je nach ihrer Einlenkungsstelle, ob an den Seiten der Stirn und somit weit auseinander oder auf deren Mitte und beisammen, Sippenunterschiede begründen. Die Augen nehmen die Kopfseite ein, die Kinnbacken enden meist in eine gespaltene Spitze, die Taster sind kurz, die Fußglieder meist an der Sohle filzig, die Klauen häufig gezähnt oder gespalten, das sie tragende Glied von einem tiefen Ausschnitte des vorhergehenden aufgenommen, wie bei den Böcken, und der Hinterleib aus fünf freien Ringen zusammengesetzt. Die vorherrschend bunt gefärbten, oft prächtig metallisch erglänzenden Käfer fressen weiche Pflanzenteile, vorwiegend Blätter, und treten nicht selten in den einzelnen Arten so massenhaft auf, daß sie den Kulturpflanzen bedeutenden Schaden zufügen Auch ihre Larven ernähren sich von derselben Kost. Sehr viele leben äußerlich und zeichnen sich dann durch dunklere, oft buntere Farben aus, andere bohrend in den weicheren Teilen, nie aber im Holze, wie die meisten Bockkäferlarven, von denen sie nicht nur die Körpertracht, sondern auch die deutlich entwickelten Beine wesentlich unterscheiden. Im übrigen läßt sich von ihnen so wenig wie von den Käfern eine allgemeine Schilderung geben. Chapuis und Candèze verteilen sie in folgende fünf Gruppen: 1. Gestreckte Larven von weißer Farbe und fast walziger Form, die im Innern der Wasserpflanzen leben und sich zur Verpuppung ein unter Wasser an die Wurzel der Futterpflanze angeheftetes Gespinst fertigen ( Donacia, Haemonia). 2. Larven, die sich mit ihren Exkrementen bedecken, und zwar längliche, braune, ohne besonderes Werkzeug, um jene zu tragen; zur Verwandlung gehen sie in die Erde ( Crioceris oder Lema) oder breit eiförmige, die Exkremente auf einem gabelartigen Anhange des letzten Gliedes ansammelnde und sich an Blättern verpuppende ( Cassida). 3. Minierende Larven, die insofern von der walzigen Form abweichen, als sie sich nach beiden Enden verdünnen; sie verpuppen sich im Innern der Pflanze oder in der Erde ( Altica), andere leben im Innern der Blätter, haben aber seitliche Warzen ( Hispa). 4. Kurze, dicke und gefärbte Larven, meist durch warzige Nachschieber, Warzen an den Körperseiten und durch das Vermögen ausgezeichnet, einen klebrigen Saft ausfließen zu lassen; sie leben frei auf Blättern und hängen sich zur Verpuppung mit der Leibesspitze an diese auf oder gehen in die Erde ( Eumolpen Chrysomelen, Galerucen). 5. Lichte, gestreckte, ziemlich walzige, aber warzige Larven, die sich hinten hakenförmig umbiegen und in einem Gehäuse aus ihrem Kote an Pflanzen oder im Innern der Ameisenhaufen leben und sich an gleichem Orte in diesem Gehäuse verpuppen ( Clythriden und Cryptocephaliden).

Da wir von der zahlreichen Familie nur wenige Formen vorführen können, lassen wir uns auf eine weitere Gliederung nicht ein, sondern greifen einige der wichtigsten heraus in der Reihenfolge, in der sie die Systematiker zu bringen pflegen. Die schönen Schilfkäfer ( Donacia) kommen in zahlreichen Arten in Europa und Nordamerika vor und sitzen Ende Mai oder Anfang Juni oft massenhaft auf Schilf, Riedgräsern und den übrigen grasartigen, am Wasser wachsenden Pflanzen oder auf den schwimmenden Blättern anderer, in deren Teilen ihre Larve gelebt hat. Dem Sammler sind sie durch Säure in ihrem Körper übel berüchtigt; denn kein anderer Käfer erzeugt an der ihn durchbohrenden Nadel soviel Grünspan, verwandelt mit der Zeit den in ihm steckenden Nadelteil völlig in solchen, wie sie; dieser treibt die Flügeldecken und den Hinterleib auseinander und zerstört die Tiere. Man pflegt sie darum wohl wochenlang austrocknen zu lassen, wieder etwas anzufeuchten, damit sie beweglich werden, und dann erst an die Nadel zu bringen, auch übersilberte dazu zu verwenden, und noch erhält man keine Sicherheit, der Zerstörung vollständig vorgebeugt zu haben, weshalb es am zweckmäßigsten ist, sie auf ein Papierstreifchen neben die Nadel zu kleben, was man sonst bei Käfern ihrer Größe nicht zu tun pflegt. Wie nahe die Schilfkäfer ihrem Ansehen nach den Böcken stehen, sieht man daraus, daß Degeer eine auf Seerosenblättern anzutreffende Art, Donacia crassipes, als Leptura aquatica beschrieben hat. Der keulenbeinige Schilfkäfer ( D. clavipes, auch menyanthidis) möge uns statt aller eine Vorstellung von diesen hübschen Kerfen geben. Er gehört zu den gestreckteren und den wenigeren, bei denen das Männchen sich nicht durch einen oder zwei Zähne an der Unterseite der Hinterschenkel, sondern nur durch geringere Größe von seinem Weibchen unterscheidet. Die Oberfläche ist goldgrün, die untere dicht silberweiß behaart, die mitten auf der Stirn eingelenkten, fadenförmigen Fühler von Körperlänge und die in einfache Klauen ausgehenden Beine rötlich. Das viereckige, vorn beiderseits gehöckerte und in der Mitte leicht ausgebuchtete Halsschild wird von seinen Querrunzeln und einer Längsfurche durchzogen. Die tief punktstreifigen und äußerst fein gerunzelten Flügeldecken, die sich hinten einzeln abrunden und etwas verschmälern, sind über doppelt so lang wie zusammen breit; die Hinterschenkel erreichen die Spitze derselben, die walzigen Vorderhüften berühren sich. Bemerkenswert ist noch bei allen Schilfkäfern der erste Bauchring dadurch, daß er die Gesamtheit aller folgenden an Länge noch übertrifft. Diesen im weiblichen Geschlecht bis reichlich 11 Millimeter messenden Schilfkäfer fand ich, wie alle andern Arten, nur im Mai und Anfang Juni beispielsweise 1866 sehr häufig und gepaart am gemeinen Schilfe unserer Saale-Ufer, und zwar an einer Stelle, wo weit und breit kein Froschlöffel ( Alisma plantago) wächst, den Heeger als Futterpflanze bezeichnet, so daß ich annehmen muß, die Larve komme außer an dieser auch an andern Pflanzen vor. Ebensowenig habe ich den Käfer im Oktober oder November beobachtet. Er muß aber wohl zu dieser Jahreszeit anzutreffen sein, denn der eben genannte zuverlässige Beobachter behauptet von ihm, daß er gewöhnlich im Oktober bei Tage aus dem Wasser vorkomme und sich nach einigen Tagen bei Windstille begatte; die gegen Ende dieses Monats oder gar erst im November sich entwickelnden Käfer tun dies erst im nächsten Frühjahr, nachdem sie den Winter im Wasser unter faulen Pflanzenbestandteilen zugebracht haben.

Das im Frühjahr befruchtete Weibchen geht nach sechs bis acht Tagen wieder unter Wasser und legt bei Tage seine Eier einzeln an die dicken Wurzeln der Futterpflanzen; vierzig bis fünfzig hat es abzusetzen, die in vierzehn bis achtzehn Tagen untergebracht sind. Aus ihnen kommt nach zehn bis zwanzig Tagen die Larve Die Larven dieser Käfer und ihre Puppen leben also unter Wasser. Für ihre Atmung sind sie aber auf atmosphärische Luft angewiesen und gewinnen diese aus den luftführenden Pflanzenwurzelkanälen, die sie deshalb anbohren. Hrsgbr. zum Vorschein, ernährt sich anfangs von den zarten Haarwurzeln, später von den stärkeren und nach der dritten Häutung von der äußeren Haut der dicken Ausläufer. Sie häutet sich in ungleichen Zwischenräumen und braucht zur vollkommenen Ausbildung fünf bis sechs Wochen. In erwachsenem Zustande hat sie eine Länge von 11 bis 13 Millimeter und eine Dicke von 3,37 Millimeter erreicht, ist fast walzig, am Bauche etwas ausgehöhlt, blaß grünlichgrau von Farbe, hat einen sehr kleinen, runden und einziehbaren Kopf, sechs Beine und am vorletzten (elften) Bauchringe zwei braune, hornige, auswärts gebogene und am Grund genäherte, lange Dornen, die in der Ruhe nach vorn am Bauche anliegen, beim Kriechen aber als Nachschieber dienen. Der hornige Kopf erreicht kaum den vierten Teil von der Breite des mittleren Brustringes, trägt dreigliedrige Fühler, keine Augen, sehr kleine zweigliedrige Lippentaster und einen Unterkiefer, dessen innere Lade lederartig und verkehrt eiförmig, die äußere ebenso gebildet, aber kürzer ist, und dessen Taster gleichfalls nur aus zwei Gliedern bestehen. Die Oberlippe ist quer viereckig und jede Kinnbackenhälfte einfach zugespitzt, an der inneren Kaufläche stumpf zweizähnig. Zuletzt fertigt die Larve an der Wurzel der Futterpflanze ein pergamentartiges, schwarzviolettes, inwendig weißes, eiförmiges Gehäuse, in welchem die Puppe vollkommen wasserfrei zwanzig bis fünfundzwanzig Tage ruht. Wie bereits erwähnt, kommt der Käfer vor dem Winter daraus hervor, nachdem er ein Deckelchen abgenagt hat, hält sich eine Zeitlang an der Futterpflanze fest, bis er sich vom Wasser bis zur Oberfläche heben läßt; hier angelangt, steigt er an der ersten besten Pflanze empor, fliegt auch fort, wie alle Schilfkäfer; denn man findet einzelne weit entfernt von ihren Geburtsstätten und auf Pflanzen, denen sie entschieden nicht entsprossen sind. – Im heißen Asien und Afrika vertreten riesigere, 12 bis 35 Millimeter lange und gewölbtere Formen unsere Schilfkäfer: die prächtigen, durch ihre überaus dicken, auf der Unterseite beim Männchen stark gezähnten Hinterschenkel und die gekrümmten zugehörigen Schienen leicht kenntlichen Arten der Gattung Sagra, die man an die Spitze der Familie zu stellen pflegt.

Wer an den stolzen weißen Lilien ( Lilium candidum) unserer Gärten die Blätter zerfressen sah und sich nach dem Übeltäter umschaute, wird schwarzglänzende, feuchte Körper bemerkt haben, die träge am Stengel sich bewegen oder tätig den Blättern zusprechen. Was man von ihnen zu Gesicht bekommt, ist der Kot, in den sie sich hüllen, nur den Bauch frei lassend. Sie ergeben sich bei näherer Betrachtung als dicke, nach vorn verjüngte, sechsbeinige Lärvchen, die den Sommer über von jenen Blättern sich ernähren und dann in die Erde gehen, um sich zu verpuppen. Im nächsten Frühjahr kommen die allbekannten glänzend schwarzen, auf Halsschild und Flügeldecken roten Lilienkäfer, Lilienhähnchen ( Crioceris merdigera) zum Vorschein, die man auch alsbald aufeinander in der Paarung sitzen sieht. In Gestalt kommen sie den Schilfkäfern nahe, sind jedoch gedrungener, ihre schnurförmigen, nur halbe Körperlänge erreichenden Fühler und die Beine dicker. Wie dort, erreicht das nahezu walzige, nach hinten stark eingeschnürte Halsschild bei weitem nicht die Breite der an den Schultern rechteckigen Flügeldecken; der dreieckige Kopf verengt sich nach hinten halsartig und erhält durch die glotzenden, nach innen schwach ausgerandeten Augen seinen größten Breitendurchmesser. Die keilförmig endenden Kiefertaster und vollkommen voneinander getrennten Fußklauen kennzeichnen diese Gattung vor andern, der Körpertracht nach sehr ähnlichen ( Lema, Zeugophora). Der 6,6 Millimeter messende Lilienkäfer vermag für seine Größe einen starken Zirpton zu erzeugen, indem er durch Aus- und Einziehen des letzten Hinterleibsringes, der mit einer in der Mitte unterbrochenen und gerillten Rückenleiste versehen ist, gegen zahlreiche Chitinschüppchen an den Spitzen der Flügeldecken reibt; beim Reiben trifft die Unterbrechung der Leiste auf die Naht der Flügeldecken, neben der eben jene Schüppchen stehen. Hält man einen in die hohle Hand eingeschlossenen Käfer an das Ohr, so vernimmt man jene Laute sehr deutlich, die während der Paarungszeit zur Verwendung kommen.

Das Spargelhähnchen ( Crioceris asparagi), kleiner, schlanker und mehr plattgedrückt als der Lilienkäfer, ist glänzend blaugrün; das fast walzenförmige Halsschild und der Saum der Flügeldecken sind rot und letztere außerdem mit je drei, teils unter sich, teils mit dem Saume zusammenfließenden, weißgelben Fleckchen gezeichnet. Die Art lebt, wie ihre olivengrüne, einzeln behaarte und an den Seiten faltig gerandete, sechsbeinige Larve, von den Blättern des ausgetriebenen Spargels. Die Larve geht zur Verpuppung in die Erde, wo die Puppe oder manch bereits entwickelter Käfer überwintert. Die Zirpleiste ist hier nicht unterbrochen und reibt gegen das äußerste Ende der Deckschilde.

Das zwölfpunktige Zirpkäferchen ( Crioceris duodecimpunctata) steht in Größe und Körperform zwischen den beiden vorigen. Kopf, Halsschild, Flügeldecken, Hinterleib, Mitte der Schienen und die Schenkel, mit Ausnahme ihrer schwarzen Spitze, sind rot, schwarz außerdem die übrigen Teile, oben namentlich das Schildchen und sechs Punkte auf jeder Decke. Auch dieses Käferchen stellt sich auf dem aufgeschossenen Spargel ein, um die Blätter zu befressen. Die sechsbeinige, bleigraue und kahle Larve mit zweiteiligem Halsschilde lebt aber einzeln in den Beeren. Zur Verpuppung geht sie gleichfalls in die Erde. Das Zirpwerkzeug des Käfers entspricht dem der vorigen Art, nur ist die Reibleiste an der Rückenwurzel des letzten Leibesgliedes breiter.

 

Mit der Gattung der Säge- oder Sackkäfer ( Clythra), die man neuerdings in vierzig Untergattungen zerlegt hat, und deren über zweihundertundfünfzig Arten sich fast nur auf die Alte Welt beschränken, gehen wir zu einem andern Formenkreise über, zu mehr geschlossenen, walzigen Kerfen, deren Halsschild am Hinterrande mit der Wurzel der gleichlaufenden Flügeldecken ganz oder fast ganz in der Breite übereinstimmt. Bei der genannten Gattung steht der Kopf senkrecht oder schräg, ist bis zu den Augen in das Halsschild eingelassen, und die meist gesägten kurzen Fühler lenken sich unter jenen ein und stehen infolge der breiten Stirn weil auseinander. Die Kinnbacken enden in drei Zähne, und die hornige Zunge ist vorn gerundet oder gestutzt. Bei vielen verlängern sich die Vorderbeine, besonders im männlichen Geschlecht, außerordentlich, haben aber, wie die andern, ungespaltene Klauen. Das erste Hinterleibsglied umfaßt seitlich das Hüftblatt der Hinterbrust, und das letzte erreicht die Länge jenes oder übertrifft sie noch. – Der vierpunktige Sackkäfer ( Clythra quadripunctata) ist glänzend schwarz, unten fein grau behaart, auf jeder der gelbroten, glänzenden Flügeldecken mit zwei schwarzen Flecken gezeichnet, einem kleineren an der Schulterbeule, einem größeren hinter der Mitte, bindenartig über beide Flügeldecken gelegt; die Vorderbeine zeichnen sich nicht durch bedeutendere Länge vor den andern aus. Das Männchen unterscheidet sich vielmehr durch eine mondförmige Grube auf dem letzten Bauchringe vom Weibchen, das hier nur eine Längsfurche zeigt. Der Käfer ist im Sommer gemein an Gras, Gebüsch, besonders Weiden, und entwickelt sich in Jahresfrist aus einer Larve, die in einem schwarzen Futterale steckt. Sie fertigt dasselbe aus ihren Exkrementen, spinnt es oben zu und irgendwo an zum überwintern, sodann nochmals, wenn sie sich verpuppen will. Am dickeren Unterende kommt nach wenigen Wochen der Käfer aus demselben hervor, indem er den Boden herausarbeitet, wozu bei der Bröckeligkeit des Gebäudes wenig Kraftaufwand nötig ist. Man hat die Larve öfters in Ameisenhaufen (bei Formica rufa) Sie leben hier als Schmarotzer. Der bekannte Ameisenforscher Escherich berichtet darüber folgendes:
»Sehr originell ist die Art und Weise, wie die Elytra-Larve ihr Handwerk betreibt. Wie schon gesagt, sind diese Larven mit einem Tönnchen aus Erde umgeben, welches etwa birnförmige Gestalt hat und auf der vordern Seite geöffnet ist. Beim Laufen kommt die Larve nur so weit aus dem Gehäuse hervor, daß die Brustfüße frei werden, während das Abdomen mit dem Tönnchen senkrecht nach auswärts gerichtet ist. Sobald nun eine Ameise einer solchen Larve begegnet und sie nur auf das leiseste berührt, so zieht sich letztere momentan zurück, und zwar so weit, daß die vordere Hälfte des Tönnchens leersteht. In dieser Haltung liegen die Larven längere Zeit regungslos da. Die Ameisen finden an dem Kokon nichts Auffälliges; es erscheint ihnen im Gegenteil der vordere leere Abschnitt des Larvengehäuses als ein besonders passender Platz zur Unterbringung ihrer Eier, die sie denn auch dahin tragen; kaum aber haben sie einige deponiert, so kommt die im Hintergrund lauernde Larve hervor und läßt sich die vorgesetzte Speise wohlschmecken.« (K. Escherich: Die Ameise. 2. Aufl. Braunschweig 1917, S. 240.) Hrsgbr.
gefunden. – Eine kleinere Ausgabe der vorigen, aber mit langen Fadenfühlern versehen, den längsten, die überhaupt bei Blattkäfern vorkommen können, bilden die Fallkäfer ( Cryptocephalus). Man könnte sie als »Verborgenköpfe« bezeichnen, da ihr Kopf so tief im Halsschilde steckt, daß nur Stirn und Gesicht als vordere, senkrechte Begrenzung von ihm bemerkbar werden. Die zahlreichen Arten leben auf Sträuchern und in Blumen und finden sich, wo einmal vorhanden, immer mehrfach, wenn auch gerade nicht gesellig und dicht beisammen, so unsere gemeinste und größte Art, der goldgrüne oder tiefblaue Cryptocephalus seriecus, im Grunde der Blütenkörbchen und andere. Gleich den vorigen, was hier noch nachgetragen sein mag, lassen sie sich mit angezogenen Beinen und zurückgelegten Fühlern von ihrem Ruheplatze herabfallen und spielen für lange Zeit die Toten, wenn man ihnen nicht hinreichend vorsichtig naht. Es ist nun einmal diese Verstellungskunst und das plötzliche Verschwinden auf dem Boden für eine große Menge sonst vollkommen hilf- und wehrloser Kerfe das einzige Schutzmittel gegen feindliche Angriffe. Auch bei den Larven wiederholt sich dieselbe Eigentümlichkeit, welche der vorigen Gattung den Namen der »Sackkäfer« eingebracht hat.

 

Die Chrysomelinen im engsten Sinne des Wortes strecken den Kopf vor, tragen die fadenförmigen, nach der Spitze wohl auch etwas verdickten Fühler vor den Augen, nicht zwischen denselben, haben das Halsschild vorn nicht gerundet, sondern gestutzt, so breit wie lang oder breiter und einen länger oder kürzer eiförmigen Umriß ihres oben gewölbten, unten platten Körpers. Die Larven leben frei an Blättern. Bei Lina zeichnen sich die Hinterschienen durch eine tiefe, fast bis zur Spitze reichende Furche, das Halsschild an seiner Wurzel durch geringere Breite als die an den Schultern gebuckelten Flügeldecken und die kurzen Fühler durch Keulenform aus, wie wir an der hier abgebildeten Art sehen können.

Der große Pappel-Blattkäfer ( Lina populi) ist schwarz, grün oder blau schillernd, das Halsschild seitlich sanft gerundet und schwach wulstig verdickt, die äußerste Spitze der roten, nach dem Tode stark verbleichenden Flügeldecken schwarz. Bei dem etwas kleineren, ebenso gefärbten kleinen Pappel-Blattkäfer ( Lina tremulae) ist das Halsschild seitlich gerade, nach vorn unmerklich verengt, neben dem Rande mit grob punktierter Furche versehen, wodurch dieser stark wulstig erscheint, und den Flügeldecken fehlt das schwarze Spitzchen. Beide Arten kommen auf Weiden- und Pappelgebüsch, besonders den jungen Zitterpappeln, häufig nebeneinander vor und erscheinen daselbst nach ihrem Winterschlafe, sobald die Blätter zu grünen beginnen. Die Paarung erfolgt, und das Weibchen legt die rötlichen Eier nebeneinander, meist an die Unterseite der Blätter, ungefähr zehn an ein Blatt, und wiederholt dies Geschäft an noch zehn und mehr andern. Nach acht bis zwölf Tagen, je nach der wärmeren oder rauheren Witterung, kommen die Larven aus denselben hervor und sind vom Mai an zu bemerken, besonders durch die Durchlöcherung der Blätter. Nach mehrmaligen Häutungen erlangen sie ihre volle Größe. Ihre Farbe ist ein schmutziges Weiß mit schwarzem Anfluge; der Rücken der beiden hinteren Brustringe bleibt reiner weiß, Kopf, Halsschild, die Beine, mehrere Punktreihen hinter ihnen sowie die stark behaarten Warzen in den Körperseiten entschiedener und glänzend schwarz. Der sechs Augen jederseits des Kopfes möge auch gedacht werden. Die Larve der größeren Art trägt sich ähnlich, hat aber einen etwas breiteren Hinterleib. Beim Anfassen lassen sie ein Tröpfchen milchige und übelriechende Flüssigkeit Sie enthält nach Claus Salizylsäure, die aus dem Salizyl der Pappelblätter stammen soll. Hrsgbr. aus den Wärzchen hervortreten, die auch wieder zurückgeht, wenn sie nicht mit einem andern Gegenstand in Berührung kommt. Die erwachsene Larve heftet sich mit ihrer Leibesspitze an ein Blatt, streift die letzte Haut ab und wird zur schmutzigweißen, auf dem Rücken schwarzfleckigen Puppe, die am größten Teil ihres Hinterleibes von der zurückgestreiften Larvenhaut umschlossen ist. Schon nach sechs bis zehn Tagen kommt der Käfer aus ihr zum Vorschein, anfangs matt gefärbt und sehr weich, und erst dann vollkommen, wenn alle Teile zur Genüge ausgetrocknet sind; er frißt keine Löcher, sondern verzehrt die Blätter, mit Ausschluß der dicksten Rippen, vollständig. Die Umstände, daß die Larven vom Mai bis in den August anzutreffen, daß im Sommer Larven, Puppen und Käfer gleichzeitig vorhanden sind, und daß die Entwicklung der einzelnen Stände bei nicht zu ungünstigem Wetter ziemlich rasch vonstatten geht – man beobachtete von am 2. August gelegten Eiern am 13. September die Käfer –, scheinen dafür zu sprechen, daß zwei Bruten im Jahre zustande kommen.

 

Der Gattung Chrysomela fehlt die Rinne an den Hinterschienen, oder wenn sie angedeutet, so erreicht das Halsschild an seiner Berührung mit den Flügeldecken beinahe deren Breite, ferner ist das zweite Fußglied schmäler als die beiden Nachbarn. Die kräftigeren Formen, denen die Flügel fehlen, hat man als Timarcha von Chrysomela abgeschieden. Von letzteren kennt man ungefähr hundertundfünfzig Arten, die zum größten Teile Europa, die schönsten, in außerordentlich feurigen Metallfarben glänzenden vorherrschend dem Gebirge angehören. Die meisten halten sich an ganz bestimmte Pflanzen, auf welchen ihr walzigen, etwas buckeligen, nicht mit behaarten Warzen an den Seiten versehenen Larven fressen. So lebt die schöne stahlblaue und polierte Chrysomela violacea an verschiedenen Minzenarten ( Mentha), die rot oder goldig und blau gestreifte, dabei düstere Ch. cerealis findet sich nur unter Steinen an trockenen Berghängen, von deren dürftigem Graswuchse sich die Larve ernähren dürfte, die lebhaft goldglänzende und auf den Flügeldecken blau gestreifte Ch. fastuosa an Galeopsis versicolor, die größere, ziemlich runzelige, einfarbig smaragdgrüne Ch. graminis an Rainfarn usw., und in der Regel pflegt man sie in größeren Gesellschaften auf ihren Futterpflanzen anzutreffen. Man hat an einer und der andern Art höchst interessante Wahrnehmungen hinsichtlich ihrer Lebensweise gemacht. Im südlichen Frankreich (Marseille), Portugal usw. lebt z. B. die Chrysomela diluta als nächtliches Tier. Vom September bis Ende November sucht sie des Nachts die Blätter von Plantago coronopus als Nahrung auf und steckt bei Tage unter Steinen – wahrscheinlich führt unsere Chrysomela cerealis auch ein nächtliches Leben. – Die Eier werden im Oktober an die genannte Pflanze gelegt, anfangs Dezember kommen die ersten Larven daraus hervor, häuten sich zweimal und verpuppen sich gegen Ende Februar. Nach drei Wochen Nymphenruhe, also Ende März, erscheinen die Käfer, graben sich tief in die Erde ein und verbringen die heißen Monate in einer Art von Sommerschlaf, aus dem sie erst mit dem Eintreten kühlerer Nächte erwachen. Nach Perrouds Beobachtungen bringen die beiden prächtigen Arten Chrysomela (Oreina) superba, und speciosa Larven zur Welt, die nicht im Mutterleibe aus dem Ei krochen, wie ausdrücklich bemerkt wird.

siehe Bildunterschrift

Colorado-Kartoffelkäfer ( Leptinotarsa decemlineata)

Der Colorado-Kartoffelkäfer ( Leptinotarsa decemlineata) hat sich seit etwa fünfzehn Jahren in Nordamerika eine traurige Berühmtheit erworben und auch in Europa Furcht und Schrecken verbreitet, denn seinetwegen ist zunächst durch den deutschen Reichstag und später von der französischen Regierung die Einführung von Kartoffeln aus Nordamerika in deutschen und französischen Häfen verboten worden. Der Käfer gehört in die nächste Verwandtschaft der eben genannten heimischen Arten, führt die Lebensweise des Pappelblattkäfers, nur mit dem Unterschiede, daß er sich noch stärker vermehrt und für den Puppenstand die Erde aufsucht. Ein schmutziges, rohem Leder vergleichbares Gelb bildet die Grundfarbe des Körpers, die an Kopf, Halsschild und der ganzen Unterseite fleckenartig, an den Spitzen der Fühler, der Schenkel und an den Füßen durch Schwarz vertreten ist. Außerdem ist jede Flügeldecke mit fünf schwarzen Längsstreifen verziert; dieselben werden, mit alleiniger Ausnahme des unvollkommensten äußeren, in der Oberansicht nicht bemerkbaren Streifens von je zwei unregelmäßigen Reihen tieferer Punkte eingefaßt, deren einzelne sich, namentlich in der Außenhälfte der Deckschilde, in die gelben Zwischenräume verlaufen. Der schwarze Nahtstreifen vereinigt sich nach hinten mit der Naht selbst, mit ihr weitergehend oder auch verlöschend; der zweite und dritte verbinden sich zuletzt gleichfalls miteinander und gehen dann noch eine kurze Strecke weiter, während jeder der beiden folgenden einzeln kurz vor der Deckenspitze aufhört. Die fleischige, feiste Larve ist dem Baue nach denen der heimischen Chrysomelen vollkommen ähnlich, stark glänzend, von Farbe schmutziggelb, am Kopfe, dem Hinterrande des Halskragens und den Beinen pechschwarz; außerdem ziehen an den Seiten zwei Reihen schwarzer runder Flecke entlang, die am zweiten und dritten Ringe merklich kleiner sind, wenn sie nicht ganz oder teilweise fehlen. Die Stummelfühler sind dreigliedrig, die Punktaugen jederseits in Vierzahl vorhanden, die dicken Kiefertaster vier-, die Lippentaster dreigliedrig und die kurzen Kinnbacken fünfzähnig.

Der Colorado-Kartoffelkäfer überwintert in der Erde über dreiundsechzig Zentimeter tief, wie behauptet wird, denn er findet sich im April bei tiefgehender Ackerarbeit in Mengen. Sobald die Kartoffeläcker grün geworden sind, stellt er sich auf denselben ein, um sich von den Blättern zu ernähren und an deren Unterseite die dottergelben, länglichen Eier in Kuchen von fünfunddreißig bis vierzig Stück anzuleimen. Daß ein Weibchen bis zwölfhundert Eier legen könne, scheint mir eine Übertreibung zu sein, sind mir schon siebenhundert, Nimmt man diese Zahl als zutreffend an, dann kann ein Weibchen in der zweiten Generation schon 200 000 und in der dritten bereits 80 000 000 Nachkommen haben. Daraus ergibt sich die große Schädlichkeit des Käfers von selbst. Hrsgbr. von denen man spricht, eine stattliche Zahl. Die aus den Eiern geschlüpften Larven setzen den Fraß der allmählich absterbenden Eltern fort, wachsen schnell, gehen zur Verpuppung in die Erde, aus der nach kurzer Puppenruhe die Käfer hervorkommen, deren Brut noch eine dritte zur Entwicklung bringen soll. Selbst dann, wenn wir deren zwei annähmen, würde die Vermehrung eine gewaltige und während des Sommers die Gleichzeitigkeit aller Entwicklungsstufen nichts Befremdendes sein, da ja, besonders in Fällen großer Fruchtbarkeit, das Eierlegen nicht gleichzeitig stattfindet und daher auch die Larven verschiedenaltrig sind. Die mir vorliegenden Larven und Käfer waren mit der kurzen Mitteilung versehen, daß bis zum 10. Juni die Käfer, bis zum 20. Juni die Eier und bis zum 10. Juli die Larven anzutreffen seien. Diese Zeitangaben würden sehr wohl die Möglichkeit einer vorangegangenen und einer noch folgenden Brut zulassen. Dem Käfer und seiner Larve haben ursprünglich wild wachsende Nachtschattengewächse (Bocksdorn, Bilsenkraut, Stechapfel, Nachtschatten usw.) im Felsengebirge zur Nahrung gedient. Durch den nach Westen vorrückenden Anbau der Kartoffel ist ihm diese Nachtschattenart nahe gebracht worden, er ist auf sie übergegangen und hat mit ihr in unglaublicher Schnelligkeit seine Ausbreitung nach Osten und Nordosten vollendet. Im Jahre 1859 war er noch hundert Meilen westlich von Omaha in Nebraska entfernt. 1865 überschritt er den Mississippi und brach in Illinois ein, 1870 hatte er sich bereits in Indiana, Ohio, Pennsylvanien, Massachusetts und im Staate Neuyork eingenistet; 1871 bedeckten Schwärme desselben den Detroit-River in Michigan, überschritten den Erie-See auf schwimmenden Blättern, Spänen, Schindeln und andern Holzstückchen und begannen ihre Verwüstungen in den Landstrichen zwischen den Flüssen St. Clair und Niagara. Bei uns tauchte der Käfer zuerst 1877 in Mülheim a. Rh. auf, später in Ostfriesland und bei Torgau. 1914 gab es eine große Epidemie bei Stade. Glücklicherweise hat er bei uns noch überall erfolgreich bekämpft werden können. Hrsgbr. Da dieser Kartoffelfeind die grünen oberirdischen Teile verschwinden läßt, so können die Pflanzen keine oder nur höchst unvollkommene Wurzelknollen ansetzen, und die Kartoffelernte fällt mehr oder weniger aus.

Bei den bisher vergeblichen Versuchen, sich gegen diesen Eindringling zu wehren, haben sich giftige Eigenschaften desselben gezeigt und das Absuchen mit alten Handschuhen ratsam erscheinen lassen. Wie viele unserer heimischen Arten beim Anfassen einen klebrigen Saft ausfließen lassen, so auch der Kartoffelkäfer nebst Larve; dieser Saft hat aber das Anschwellen der Hände zur Folge. Das Bestreuen oder Bespritzen des mit Wasser vermengten Schweinfurtergrüns (arsenig-essigsaures Kupferoxyd) hat sich ohne Beeinträchtigung der Pflanze verderblich für das Ungeziefer bewährt. Wie überall, wo der Kerf in auffälliger Menge auftritt, sich natürliche Vertilger desselben einfinden, so auch hier. Eine Raupenfliege ( Tachina) legt ihre Eier an die Larven, die Larven gewisser Marienkäferchen zehren die Kartoffellarven auf, Laufkäfer, Schreitwanzen, Lurche, Krähen beteiligen sich an der Verminderung dieses gefährlichen Feindes. Nachdem man einige Käfer im Kröpfe einer Wachtel gefunden, schickte man Enten und Haushühner gegen den Feind zu Felde. Beide taten ihre Schuldigkeit, über die Hühner lauten aber die Berichte abweichend, und hier und da sollen sie darauf gestorben sein.

Da nach der angeführten Lebensweise der Kartoffelkäfer mit den Kartoffeln selbst nichts zu schaffen hat, sondern sich nur um das Kraut kümmert, bei Nahrungsmangel wohl auch an andere Pflanzen gegangen ist, die nicht den Solaneen angehören (Unkräuter, Gemüsearten aus dem Kohlgeschlechte), da ferner die beobachteten Schwärme nur dem Aufsuchen von Nahrung gelten und bei den Chrysomelen als Ausnahmsfälle zu betrachten sind, so bleibt die Verschleppung der in der Erde überwinternden Käfer durch solche als alleinige Möglichkeit übrig. Sie ist aber darum wenig wahrscheinlich, weil man die eingeschifften Kartoffeln mit sehr viel Schmutz verladen müßte, und weil in Gegenden, wo der Käfer haust, schwerlich so viel Kartoffeln vorhanden sind, um ausgeführt oder auch nur als Nahrungsmittel für die Schiffsmannschaft verwendet werden zu können. Wir halten somit die Furcht vor einer Einschleppung dieses Ungeziefers für grundlos. Daß diese Furcht nicht ganz so grundlos war, wie Taschenberg hier meint, hat die vorige Anmerkung gezeigt. Hrsgbr.

Weil auch die Männer der Wissenschaft sich dieses Gegenstandes bemächtigt haben und wegen großer Ähnlichkeit zweier Arten schon Namenverwechselungen vorgekommen sind, so sei bemerkt, daß die in Rede stehende schon früher von Say und Suffrian aus Nebraska und Texas unter obigem Art-, aber dem Gattungsnamen Doryphora beschrieben worden ist, und daß eine zweite aus Georgien und Illinois von Germar den Namen Chrysomela (also nach neuester Bezeichnung Leptinotarsa juncta erhalten hat. Dieselbe ist von der vorigen leicht an folgenden Merkmalen zu unterscheiden: Die fünf schwarzen Längsstreifen jeder Flügeldecke, mit Ausnahme des Saumstreifens, werden von je einer regelmäßigen Punktreihe eingefaßt, der Nahtstreifen läuft von vorn bis hinten in gleichem Abstande neben der Naht hin, trifft dieselbe nie, der zweite ist nach hinten der kürzeste, der dritte und vierte sind an ihrem Ende vereinigt, bisweilen auch im Verlaufe so genähert, daß ein sehr schmales gelbes Streifchen zwischen ihnen übrig bleibt oder nicht. Außerdem sind die Beine einfarbig schmutziggelb, wenn nicht einer und der andere schwarze Schenkelfleck vorkommt.

In Südamerika sind unsere Chrysomelen durch die meist bedeutend größeren und nicht minder schön gefärbten, zahlreichen Arten der Gattung Doryphora (Spießträger) vertreten, vor allem kenntlich an dem langen, nach vorn gerichteten Dorn, in dem sich Mittel- und Hinterbrustbein vereinigen; die Fühler drücken sich an der Spitze hin etwas breit, und der große Kopf wird von den vorspringenden Ecken des Halsschildes eingeschlossen. An unsere Lina schließen sich die amerikanischen Calligrapha-Arten an mit allerlei geheimnisvollen, dunkelfarbigen Schriftzügen auf ihrer lichten Oberseite und andere. Die neuholländischen Chrysomelen lassen sich mit den unsrigen gleichfalls nicht vereinigen, sie haben allermeist durch rauhe Oberfläche ein mattes Aussehen, Holzfarbe oder schmutziges Braun, sind sehr hoch gewölbt, kurz eiförmig und bilden die Gattung Paropsis (Notoclea).

Die weiteren Verwandten unterscheiden sich nicht sowohl in der Körpertracht, als in der Anheftung der Fühler. Dieselben stehen mitten auf der Stirn nahe beieinander, und zwar ist ihr drittes Glied länger als das vierte bei den Furchtkäfern ( Galeruca), von denen man die kräftigeren Formen, deren längere als vorn breite Flügeldecken sich nach hinten erweitern, als Ademonia abgeschieden hat. Die Ademonia tanaceti ist ein glänzend schwarzer, auf der Oberseite grob und tief punktierter Käfer von 8,77 Millimeter Länge und 6,5 Millimeter Breite hinter der Mitte, der auf Wiesen und grasigen Wegen während des Sommers überall vorkommt. Die befruchteten Weibchen fallen besonders in die Augen, weil ihr Hinterleib so gewaltig anschwillt, daß sie ihn nur mit Mühe nachschleppen und unter die ziemlich flachen, hinten einzeln gerundeten Flügeldecken nicht mehr bergen können. Das Halsschild ist fast doppelt so breit wie lang, vor der Mitte schräg nach vorn verschmälert, an dem auf diese Weise winkelig gebrochenen Seitenrande leistenartig aufgeworfen; in ähnlicher Art verengt sich der bis zum vorderen Augenrande von hinten her quer rechteckige Kopf nach vorn und unten. Die zapfenförmigen Vorderhüften stoßen beinahe zusammen, die Fußklauen spalten sich, und die fünf Bauchringe gleichen sich untereinander in der Länge. Wer darauf achtet, bemerkt an gleichen Stellen, aber nur an den Blättern der Schafgarbe, und zwar zu einer Zeit, wo diese eben nur erst Blätter hat, eine mattschwarze, durch Borsten igelstachelige Larve. War sie in Menge vorhanden, so folgt die Ademonia in denselben Mengen nach, denn zu ihr gehört sie; behufs der Verpuppung geht dieselbe in die Erde. In einem einzelnen mir bekannt gewordenen Falle hat derselbe Käfer und seine Larve an den jungen Pflanzen der Zuckerrübe gefressen.

Andere verwandte Blattkäfer fallen durch ihr massenhaftes Auftreten und ihren wie ihrer Larven Fraß darum auf, weil sie die Blätter von Buschwerk dermaßen durchlöchern, daß kaum ein unverletztes Blatt mehr aufzufinden ist. Ich erinnere an den graubraunen, unscheinbaren Schneeballen-Furchtkäfer ( Galeruca viburni), der samt seiner grünlichgelben, reich schwarz bewarzten Larve zweimal im Jahre die Blätter des Schneeballs durchlöchert, an den Ulmen-Furchtkäfer ( Galeruca xanthomelaena), der in gleicher Weise an den Rüstern wirtschaftet, an andere derselben Gattung und von demselben Ansehen auf Weidengebüsch. – Der Erlen-Blattkäfer ( Agelastica alni), jener violettblaue Käfer, bringt auf Erlen dieselben Wirkungen hervor und mancher andere an andern Sträuchern; doch würde es uns zu weit führen, wenn wir ihnen allen noch weitere Aufmerksamkeit schenken wollten.

Allbekannt und zum Teil übel berüchtigt sind die kleinen, in der Regel massenhaft auftretenden Blattkäferchen, die durch ihre verdickten Hinterschenkel zum Springen befähigt, darum nicht unpassend mit dem Namen der Erdflöhe belegt worden sind. Ihre Anzahl ist sehr beträchtlich, und nirgends auf der Erdoberfläche fehlen sie; das reiche Südamerika hat deren bis 8,75 Millimeter lange aufzuweisen, während die heimatlichen zu den kleinen zählen. Sie überwintern meist im vollkommenen Zustande, doch auch als Larve, und beginnen vom ersten Frühjahre an ihren Unfug in Gärten und auf Feldern, der dann besonders fühlbar wird, wenn sie sich an die jungen Pflänzchen halten (Raps, Levkojen, Kohlarten usw.). Ihr alter wissenschaftlicher Name Altica oder Haltica ist jetzt nur noch wenigen Arten verblieben und durch so und so viele neue ersetzt worden, je nachdem der Körper eiförmig oder halbkugelig ( Sphaeroderma und Mniophila), die Hinterfüße an der Spitze der Schiene oder inmitten einer Längsrinne vor ihr eingefügt sind ( Psylliodes), die Schienen in einen einfachen oder gabelig geteilten Enddorn auslaufen ( Dibolia), und je nach andern Unterschieden, die hauptsächlich von der Bildung der Beine entlehnt sind. In Deutschland leben in runder Zahl hundert Arten, von denen viele sich nur an eine Pflanze halten, die meisten jedoch auch anderswo angetroffen werden, als man ihrem Beinamen nach vermuten sollte, weil sie keine Kostverächter sind und mindestens nahe verwandte Gewächse mit ihrem Besuche nicht nur beehren, sondern sich auch zur Tafel bei ihnen laden.

So lebt der Raps-Erdfloh ( Psylliodes chrysocephala) nicht bloß an der Pflanze, die ihm den deutschen Namen gab, und an der seine Larve bedeutende Verwüstungen anrichten kann, sondern an sehr verschiedenen andern Gewächsen. Ich beobachtete seine Lebensweise an den Winter-Ölsaaten und will sie in der Kürze erzählen. Im ersten Frühjahre, wenn die überwinterten Pflanzen beginnen, neue Lebenszeichen von sich zu geben, bemerkt man einzelne oder zahlreiche unter ihnen, deren noch kurzer Stengel mit seinen Blättern gebräunt, statt grün, oder da, wo der Hauptstengel ganz fehlt und durch kümmerliche Nebentriebe ersetzt wird, die Blätterrosette gleichfalls braun gefärbt erscheint. Bei näherer Untersuchung finden sich dort im Stengel, hier im Innern des Wurzelstockes 2 bis 6 und mehr Millimeter lange Larven. Viele Wochen später, wenn die Hauptblüte vorüber und die Schoten so angesetzt haben, daß sie eine reichliche Ernte versprechen, trifft man dieselben Larven immer noch, aber größer und höher oben, am sichersten in umgeknickten Stengeln, deren Zahl sich mitunter so mehrt, daß die Felder den traurigen Anblick bieten, als wenn Menschen oder Vieh rücksichtslos darin umhergelaufen wären. In dergleichen Stengeln haben die Larven nach und nach das Mark verzehrt und sie widerstandslos gegen den Wind gemacht. Stellenweise, besonders unter den Ästen, bemerkt man auch Löcher, aus denen sich die zur Verpuppung reifen herausgefressen haben.

Die in Rede stehende Larve ist schmutzigweiß, schwach niedergedrückt, sechsbeinig; der hornige Kopf, das hornige Nackenschild und das schräg abgedachte, am Hinterrande gerundete, vor ihm mit zwei Dornspitzen bewehrte Afterglied sind gebräunt, und eine lichtere braune Farbe führen auch die Hornfleckchen, die reihenweise über die dazwischen liegenden Körperglieder gehen. Am Kopfe unterscheidet man deutlich kurze, kegelförmige Fühler, je ein Auge hinter ihnen und drei Zähne an der Spitze der kräftigen Kinnbacken. Erwachsen hat die Larve eine durchschnittliche Länge von 7 Millimeter, verläßt den Stengel und verwandelt sich in der Erde, ohne zu spinnen. Ungefähr von Mitte Mai an zeigt sich der Käfer, der, wie bereits erwähnt, an den verschiedensten, nicht bloß kohlartigen oder schotenfrüchtigen Pflanzen angetroffen wird. Zur weiteren Charakteristik sei hinzugefügt, daß am schwarzblau oder schwarzgrün glänzenden Körper die Vorderhälfte des Kopfes, selten die ganze Fläche desselben, die Wurzel der Fühler und die Beine mit Ausnahme der Hinterschenkel, die der Vorder- und Mittelbeine in der Regel etwas dunkler als die zugehörigen Schienen, rotgelb gefärbt sind. Die Stirn ist glatt, ohne Eindrücke, das Halsschild sehr fein und seicht punktiert, die Flügeldecken dagegen deutlich punktstreifig. Wenn die Wintersaat der Ölfrüchte aufgegangen ist, stellen sich die Käfer ein, um zu fressen und an die Blätter die Eier einzeln abzulegen, was wochenlang fortgesetzt wird; denn die nach der Überwinterung in so verschiedenen Größen angetroffenen Larven beweisen die großen Zwischenräume zwischen ihren Geburtstagen. Nach etwa vierzehn Tagen wird die Larve geboren, frißt sich in die Mittelrippe und arbeitet sich von da weiter in das Herz der jungen Pflanze. Der Käfer hatte seine Bestimmung erfüllt und starb vor Winters, ich fand von dieser Art nie einen in den gewöhnlichen Schlupfwinkeln für die kleinen winterlichen Schläfer.

Der Kohl-Erdfloh ( Haltica oleracea) richtet seine Lebensökonomie anders ein. Er überwintert, paart sich im Frühjahr, und die Weibchen legen ihre Eier an die verschiedensten Pflanzen, an denen die Larve nachher äußerlich lebt. Ich fand sie beispielsweise in Menge an dem schmalblättrigen Weidenröschen ( Epilobium angustifolium). Sie ist graubraun von Farbe und igelborstig. Am glänzend schwarzen Kopfe erkennt man die kegelförmigen Fühler, je ein einfaches Auge hinter denselben. Die Mundteile stimmen mit denen der vorigen. Auf sämtlichen Ringen stehen je zwei Reihen erhabener Warzen, von denen jede mit einem Borstenhaare versehen ist. Auf diese Weise stellt sich der Rücken, wenn man ihn von der Seite sieht, regelmäßig gezackt dar, indem jedes Glied zwei Zacken liefert. Das letzte unterscheidet sich in seiner Bildung von den übrigen insofern, als ihm vermöge seiner Kleinheit nur eine Warzenreihe zukommt und sich sein Fuß etwas lappig zu zwei Nachschiebern erweitert, wie sie die Schmetterlingsraupen haben. Erwachsen ist sie etwa 6 Millimeter lang. Am 21. Juli sammelte ich deren mehrere in diesem Zustande ein und erhielt am 10. August die ersten Käfer; die Verwandlung erfolgt in der Erde in einem weichen Gehäuse. Ein Zeitraum von sechs Wochen reicht aus, um alle Stände bis zu der Entwicklung des Käfers gedeihen zu lassen, falls nicht Kälte und zu große Feuchtigkeit hinderlich sind, und zwei Bruten im Jahre dürften immer zustande kommen. Der Kohlerdfloh ist länglich eiförmig, reichlich 4 Millimeter lang, durchaus dunkel olivengrün, mehr oder weniger blau schillernd, nur die Fußglieder und Fühler sind schwärzlich. Die Oberseite ist sehr fein und dicht punktiert, das Halsschild vor seinem Hinterrande seicht quer eingedrückt und daselbst am breitesten, aber noch nicht so breit wie die deutlicher und unregelmäßig punktierten, hinten gemeinsam abgerundeten Flügeldecken.

Der Eichenerdfloh ( Haltica crucae) ist dem vorigen außerordentlich ähnlich und häufig mit ihm verwechselt worden; er unterscheidet sich von ihm hauptsächlich nur durch das an den Seiten leistenartig aufgeworfene Halsschild, etwas kräftigeren Körperbau und durch die andere Futterpflanze, indem er und seine Larve das ganze Jahr über an Eichen leben, deren Blätter nach und nach skelettierend, so daß die Eichenbüsche und Stangenhölzer im Sommer durch das Verschwinden sämtlichen Blattgrüns einen überaus traurigen Anblick gewähren, wenn, wie mehrere Jahre hindurch in unserer benachbarten Heide, dieser kleine Springer in den Eichenbeständen massenhaft haust. Mit dem Erwachen alles Lebens aus dem Winterschlaf steigt der Käfer trägen Schrittes, noch wenig Spannkraft in den Springmuskeln verratend, aus seinem feuchten Winterlager vom Boden an den Eichenbüschen und Eichenstangen empor und benagt mehr oberflächlich und spielend die kaum schwellenden Knospen. Erst wenn die grünen Blätter sichtbar sind, sitzt er weidend auf ihnen, und das Männchen auf einem Weibchen. Wenige Wochen später nehmen die Käfer merklich ab, die Löcher im jungen Laube aber merklich zu; denn statt jener, der nun heimgegangenen, bedürfen ihre Larven reichlicherer Kost. Dieselben sind gleichfalls igelstachlig, aber weniger kantig auf dem Rücken und weniger eingeschnitten in den Seiten als die vorigen, weil hier die glänzend schwarzen, den Körper bedeckenden Warzen weniger zahlreich und etwas kleiner sind; auch erscheinen die Larven des Eichenerdflohs reiner schwarz als die vorigen. Im Juni und Juli trifft man sie meist in Mehrzahl auf einem Blatte, dann aber verlassen sie ihre Weideplätze, um an der Erde unter Laub, aber auch in den wagerechten Rindenrissen alter Stämme während des August die Puppenruhe zu halten. So lange die Käfer die Eichenbüsche und etwa das Stangenholz in der oben erwähnten »Heide« bewohnten, war es wegen der Bodenbeschaffenheit nicht wohl möglich, ihre Puppen aufzusuchen; nachdem sie aber, mit jedem Jahre sich weiter ausbreitend, auch die alten Bäume am Rande bewohnten, konnte man die dottergelben Püppchen zu dreien und vieren beieinander in den wagerechten Rindenrissen der zerklüfteten Stämme jener liegen sehen. Seitdem haben sich die Käfer merklich vermindert, ohne daß gegen sie etwas unternommen worden ist. Die den Puppen im September entschlüpften Erdflöhe treiben sich, solange es die Witterung erlaubt, auf dem von ihren Larven schwer heimgesuchten Laube umher, vermehren dessen Löcher noch und sitzen zuletzt, immer träger werdend, oft zu zehn und zwölf dicht gedrängt beieinander, bis sie schließlich in den Winterquartieren am Boden verschwinden. Sonach scheint eine Brut im Jahre die Regel zu sein, doch will ich nicht in Abrede stellen, daß an besonders sonnigen Stellen und bei günstigen Witterungsverhältnissen während eines Jahres auch deren zwei möglich sind.

Der gelbstreifige Erdfloh ( Phylotreta nemorum), dessen Larve in den Blättern von Kreuzblümlern minierend lebt, der bogige Erdfloh ( Ph. flexuosa) und noch einige gelb gezeichnete Arten gehören zu unsern gemeinsten und buntesten, die aber alle hinsichtlich der Körpergröße und Farbenmannigfaltigkeit weit hinter den zahlreichen Arten des heißen Amerika zurückbleiben. Trotz ihrer Kleinheit fügen sie den Landwirten oft empfindlichen Schaden zu und bleiben bei ihrer großen Beweglichkeit unempfindlich gegen alle Verfolgung, wenn nur Wärme, verbunden mit mäßiger Feuchtigkeit, ihre Entwicklung begünstigt. In Südafrika lebt der Pfeilgiftkäfer ( Diamphidia simplex Pér.), auch eine Haltizine. Seine Larven enthalten ein furchtbares, offenbar aus ihren Nährpflanzen – denn die andern bekannten Haltizinen sind ungiftig – stammendes Gift, das die Buschmänner und Kaffern für ihre Waffen verwerten. Hrsgbr.

 

Die Reihe der Blattkäfer abschließend, gedenken wir noch der in vielen Beziehungen höchst eigentümlichen Schildkäfer ( Cassida). Die ovalen Kerfe lassen sich leicht an dem vorn gerundeten, den Kopf vollkommen deckenden Halsschilde erkennen; dasselbe, eng den Flügeldecken sich anschließend, bildet mit ihnen zusammen eine Art Schild, das den Körper ringsum überragt und ihn von oben her vollständig verbirgt. Grasgrün, gelblich oder rötlichgrau pflegt seine Farbe zu sein, und bisweilen ziehen gold- oder silberglänzende Streifen über den Rücken, solange der Käfer lebt, verlieren sich aber nach seinem Tode durch Trockenwerden der Feuchtigkeitsquelle. Die fünf letzten Fühlerglieder verdicken sich zu einer Keule. Die zahlreichen Arten kommen in Europa, einige wenige in Afrika vor, und ihre breitgedrückten, seitlich dornig bewehrten, hinten mit einer Schwanzgabel versehenen Larven leben frei auf Blättern krautartiger Gewächse und verpuppen sich auch an denselben. Sie alle überwintern im vollkommenen Zustande und sorgen mit Beginn des Frühjahrs für ihre Brut, die sich ziemlich schnell entwickelt und daher möglichenfalls zweimal im Jahre erscheint.

Der nebelige Schildkäfer ( Cassida nebulosa) gehört zu den gemeinsten Arten und läßt sich an folgenden Merkmalen erkennen: die Hinterecken des Halsschildes sind breit abgerundet, die Flügeldecken regelmäßig punktstreifig, in den Zwischenräumen kielartig erhöht und stark hervortretend an den Schultern. Die Oberseite vollkommen ausgefärbter Käfer ist rostbraun, rötlich kupferglänzend und unregelmäßig schwarzfleckig auf den Flügeldecken, Stücke von bleichgrüner Färbung und zwei weiß glänzenden, mehr oder weniger zusammenfließenden Flecken am Grunde des Halsschildes beweisen ihr jugendliches Alter, da Sonnenschein und, wenn dieser mangelt, eine Zeit von drei bis vier Wochen zu ihrer vollständigen Ausfärbung nötig ist. Kopf und Beine, welche letztere von der Rückenseite aus ebenfalls unsichtbar bleiben, sind rostgelb, die Schenkel in der Regel und die keulenförmigen Fühler mit Ausschluß ihrer rostgelben Wurzel schwarz; ebenso sind Brust und Bauch schwarz, an letzterem ein breiter Saum rostgelb. Von den drei noch übrigen in Form und Oberfläche der Flügeldecken sehr ähnlich gebildeten Arten ( Cassida berolinensis, obsoleta ferruginea) unterscheidet sich die unsrige durch andere Färbung und auf den ersten Blick durch die schwarzen Flecke auf den Flügeldecken. Die Larve, wie der Käfer flachgedrückt, hat einen sehr gestreckt eiförmigen Umriß, spitzt sich nach hinten zu und läuft in zwei Schwanzborsten aus, die sie durch Krümmung nach vorn in der Regel über dem Rücken trägt. Sie besteht außer dem kleinen, fast kubischen, nur beim Kriechen von oben sichtbaren Kopf aus elf Gliedern, deren drei vorderste sechs kurze, hakenförmige Füße tragen, der kegelförmig vortretende After bildet ein zwölftes Glied. Der Vorderbrustring entsendet jederseits vier mit sehr feinen Seitenästchen versehene Dornen, deren beide vordere einander genähert und nach vorn, auch etwas nach oben gerichtet sind. Die beiden folgenden Brustringe haben zwei dergleichen geradeaus stehende Dornen, alle übrigen je einen nach hinten gerichteten. Außerdem bemerkt man noch einwärts von der Wurzel des hintersten Seitendorns am ersten und derer vom vierten bis elften Leibesringe kurze, aufgerichtete Röhrchen, in deren Spitze sich die Luftlöcher öffnen. Jedes Glied vom vierten Leibesringe an erscheint durch eine Querfurche wie geteilt. Jene bereits erwähnten Schwanzborsten bilden den Träger der bräunlichen Auswürfe, die nach und nach in schmalen Flocken über dem Rücken liegen, ohne ihn zu berühren. Die Larve sieht gelblichgrün aus, der Kopf trüber, die Seitendornen heller, mehr weiß, die Luftlochröhren weiß, und über den Rücken laufen nebeneinander zwei weiße, sich nach vorn und hinten etwas verschmälernde und die äußeren Körperenden nicht erreichende Längsstreifen. Die Puppe sitzt mit der Hinterleibsspitze in der abgestreiften Larvenhaut und erscheint darum hinten gleichfalls seitlich bedornt, ist einem Blatte der Futterpflanze angeheftet und ihm mit der Gesichtsseite zugekehrt. In der ersten Hälfte des Juni kann man alle drei Stände nebeneinander auf Melden antreffen, die Schutthaufen und Ackerboden lieben, wie Chenopodium album, Atriplex nitens; sie haben aber auch schon manchmal, gleich den schwarzen Aaskäfern, die jungen Runkelrübenpflänzchen als Weideplätze ausgewählt und dieselben durch Wegnahme der Blätter vollständig getötet.

Das Weibchen legt seine zahlreichen Eier an die Rückseite der Blätter, die Larven bewohnen diese daher in größeren oder kleineren Gesellschaften, nagen Löcher, fressen später aber auch vom Rande her. Unter mehrmaligen Häutungen werden sie schnell groß, wenn Wärme sie begünstigt, langsamer bei rauhem, regnerischem Wetter. Dann heften sie sich da, wo sie zuletzt fraßen, mit dem Hinterleibe fest, verpuppen sich, und in acht Tagen kommt der Käfer zum Vorschein, der im Sonnenschein gern umherfliegt. Die Schildkäfer halten sich mehr, gleich den übrigen Blattkäfern, an bestimmte Futterpflanzen und scheinen ihr Augenmerk mit Vorliebe auf die Korbblütler gerichtet zu haben.

Asien, besonders aber Amerika ernährt noch andere, schöner gefärbte, prächtig glänzende Schildkäfer, von denen die mit glasigen, metallisch gefleckten Flügeldecken, der Gattung Coptocycla angehörig, unsern heimischen entsprechen, die größeren dagegen keine ähnlichen Formen in Europa aufzuweisen haben. Vor nun bereits fünfundzwanzig Jahren beschrieb Boheman ungefähr eintausenddreihundert Arten. In Südamerika kommt vor Mesomphalia conspersa Germar ( stigmatica Dej.). Er ist ein sonderbarer Schildkäfer, dessen Flügeldecken sich vorn in einen spitzen Höcker erheben. Auf der Oberseite erscheint er metallisch matt schwarzgrün, in den runden Vertiefungen samtschwarz, dagegen auf den sechs größeren Flecken durch filzige Behaarung braungelb. Eine ähnliche, goldgrüne Art ( Desmonota variolosa) wird in Gold gefaßt und als Busennadel verwertet.

siehe Bildunterschrift

Marienkäferchen ( Coccinellidae)

Die Kugelkäfer, Marienkäferchen ( Coccinellidae), bilden die letzte Käferfamilie, ausgezeichnet durch die geringste Anzahl der Fußglieder, deren wenigstens an den Hinterbeinen nur drei vorhanden sind, weshalb sie auch in einer nur die Fußglieder ins Auge fassenden Anordnung Dreizeher ( Trimera) genannt worden sind.

Zu der Zeit, wenn sich die Natur zu ihrem allgemeinen Winterschlafe anschickt, an Baum und Strauch die noch vorhandenen Blätter durch ihre Färbung sich als tote Werkzeuge zu erkennen geben und die kleinen und kleinsten Wesen sich beeilen, eine gute Schlafstelle zu bekommen, findet man schwerlich ein etwas zusammengerolltes, trockenes Blatt, in dessen Höhlung nicht wenigstens drei, vier, fünf rote Käferchen mit schwarzen Rückenpunkten oder schwarze mit hellen Fleckchen säßen, in der Erwartung, mit jenen herunterzufallen und unter dem nachfolgenden Laube begraben zu werden. Gedrängt sitzen andere an den äußersten Spitzen der jungen Kiefern, zwischen die Nadeln geklemmt, oder hinter losgerissenen Rindenstücken einer alten Eiche aufmarschiert, oder versammelt unter einer Graskaupe an dem nach Morgen gelegenen Hange eines Grabens; in der letzten Weise findet man besonders die kleine holzfarbene Micraspis duodecimpunotata, deren schwarznähtige Flügeldecken zahlreiche schwarze Fleckchen besäen; die ovalen Tierchen liegen gedrängt nebeneinander, wie ein Häuflein Samenkerne. Wir sehen sie jetzt sich so massenhaft in ihren Verstecken für den Winter sammeln; einzeln begegnen sie uns während desselben in unsern Zimmern, und den ganzen Sommer hindurch überall im Freien, aber stets am zahlreichsten da, wo Blattläuse, jene grünen oder schwarzen kleinen Ungetüme, hausen und die Pflanzen aussaugen; denn von ihnen ernähren sie sich fast alle, erfolgreicher noch ihre gefräßigen Larven. Die dem Volksmunde geläufigen Namen für sie, wie Sonnenkäfer, Herrgotts-Kühlein, Sonnenkälbchen, Gottesschäflein, Marienwürmchen, lady-birds, vaches à Dieu und andere, beweisen ihre Volkstümlichkeit, und ihre oben erwähnte Liebhaberei fordert in dankbarer Erinnerung an ihre Nützlichkeit zu ihrer möglichsten Pflege auf. Obschon der halbeiförmige oder halbkugelige, vollkommen geschlossene Körper die Marienkäferchen kaum verkennen läßt, so haben wir uns doch auch nach den andern Merkmalen der ganzen Familie umzusehen. Der kurze Kopf ragt wenig aus dem Halsschilde hervor, und sein Schild setzt sich nicht deutlich von der Stirn ab; die kurzen, schwach keulenförmigen Fühler sind vor den Augen, unter dem Seitenrande des Kopfes, eingelenkt und meist versteckt, weil sie hinter den Seitenrand des glatten, nicht gefurchten Halsschildes zurückgeschlagen werden können. Die Kiefertaster enden keilförmig, weshalb die Familie von Mulsant als die der Securipalpen bezeichnet worden ist. Die Hüftblätter der Mittelbrust sind dreieckig, die queren und walzigen Vorderhüften bewegen sich in hinten geschlossenen Pfannen, die Mittel- und Hinterschenkel lassen sich in Gruben zurückziehen und ebenso ihre Schienen in eine Furche der Schenkel; die Fußklauen sind meist gezähnt oder an der Spitze gespalten. Der Hinterleib zeigt fünf freie Ringe, deren vorderster sich zwischen die Hinterhüften bald schmäler, bald breiter gegen die Hinterbrust fortsetzt und in seinem fein leistenartigen Rande gute Merkmale abgibt für die zahlreichen Gattungen, in welche die ursprüngliche ( Coccinella) zerlegt worden ist.

Die gestreckten, oft stark bewarzten Larven gleichen in ihrer äußeren Erscheinung, durch die dreigliedrigen Fühler, drei bis vier Augen jederseits, durch die infolge der langen Schenkel und Schienen breit vom Körper abstehenden Beine sehr den Larven der Chrysomelen. Ihre gewandteren, durch die andere Lebensweise bedingten Bewegungen und die buntere Färbung unterscheiden sie jedoch leicht von jenen, ohne daß man nötig hätte, sie erst mit der Lupe zu betrachten. Die Coccinellen verbreiten sich in ungefähr tausend Arten über die ganze Erde, erweisen sich, wie bereits erwähnt, als Blattlausfresser sehr nützlich, Sie haben in Kalifornien und Hawai, nachdem man sie dort eingeführt hatte, mehrfach ehemals blühende und durch Schildlausepidemien zerstörte Kulturen vor dem Untergang gerettet. Hrsgbr. nur die meist behaarten Arten zweier Gattungen ( Epilachna, Lasia) hat man neuerdings samt ihren Larven als Pflanzenfresser kennengelernt. Noch mag von ihnen bemerkt sein, daß sie bei der Berührung mit den Fingern Fühler und Beine einziehen und einen gelben, übelriechenden Saft aus den Körperseiten ausgehen lassen, sicher ein Schutzmittel für sie, wie für die übrigen sonst wehrlosen Kerfe, denen die Natur ein gleiches Vermögen auf den kurzen Lebensweg mitgegeben hat.

Bei der Gattung Coccinella, ist der halbkugelige oder halbeiförmige Körper nackt, die dichte Keule der elfgliedrigen Fühler abgestutzt, das Schildchen deutlich, das zweite Fußglied herzförmig, das dritte versteckt; die Klauen spalten sich entweder in der Mitte, oder sie tragen einen dreieckigen Zahn am Grunde. Der Siebenpunkt, siebenpunktierte Marienkäfer ( Coccinella septempunctata) gehört zu den größten und gemeinsten heimischen Arten. Von der schwarzen Grundfarbe weichen ab zwei weißgelbe Stirnflecke und die weißgelben Ecken des Halsschildes, die mennigroten, vorn weißlichen Flügeldecken, auf denen zusammen sieben runde schwarze Flecke stehen. Er kommt im ersten Frühling mit der allgemeinen Auferstehung aus seinem Winterlager, paart sich, und schon Ende Mai kann man fast erwachsene Larven sehen, im Juni und Juli wird die Gesellschaft zahlreicher. Die in der frühesten Jugend durchaus schwarzen Lärvchen halten sich anfangs zusammen und tummeln sich in der Nähe der eingeschrumpften Eihäute, zerstreuen sich auch später nicht weit voneinander. Die sorgsame Mutter hatte sie da untergebracht, wo sie in den Blattlauskolonien reichlich Nahrung finden; mit Hilfe dieser wachsen sie schnell heran, häuten sich mehrere Male und bekommen allmählich eine bläulich schiefergraue Färbung; die Seiten des ersten, vierten und siebenten Gliedes und eine Längsreihe zarter Rückenpunkte sehen rot aus. Zur Verwandlung heftet sich die Larve mit ihrer Schwanzspitze fest, krümmt sich nach vorn, zieht den Kopf ein, verliert die Haare, und schließlich reißt die Haut im Rücken, die Puppe windet sich heraus, sitzt aber auf der zurückgeschobenen Larvenhülle wie auf einem Polster. Von Farbe ist sie rot und schwarz. Wenn man sie durch Berührung in ihrer Ruhe stört, so hebt sie den Vorderteil ihres Körpers und läßt ihn wieder fallen, oft so taktmäßig, wie der Hammer einer schlagenden Uhr. Nach ungefähr acht Tagen schlüpft der Siebenpunkt aus, an dem einer oder der andere schwarze Punkt ausnahmsweise auch wegbleibt. Da man im Juli zwischen Larven und Käfern an der Rückseite der Blätter die schmutziggelben Eier zu zehn bis zwölf beieinander findet, so dürften zwei Bruten im Jahre nach dem Voraufgehenden die Regel sein, eine dritte unter günstigen Umständen (reiche Kost und Wärme) nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegen. Viele Marienkäferchen zeigen große Unbeständigkeit in ihrer Rückenfärbung, besonders dann, wenn die schwarze mit einer hellen Farbe abwechselt. Coccinella impustulata, z. B. erscheint auf ihrer Rückenseite auf schmutziggelbem Grund schwarz gezeichnet; es können aber bei derselben Art die manchmal noch schwächeren schwarzen Zeichnungen in dem Maße zunehmen, daß das Gelb als Zeichnung auf schwarzem Grunde auftritt, ja, es kann vollständig schwinden. Eine andere Art ( Coccinella dispar) übertrifft alle an Veränderlichkeit, ohne die äußersten Grenzen ihrer Verschiedenheit an das Geschlecht zu knüpfen, wie man fälschlich annahm. Einmal hat sie rote Flügeldecken mit je einem schwarzen Mittelflecke und ein schwarzes, seitlich gelb gerändertes Halsschild; ein andermal ist sie schwarz auf den Flügeldecken mit einem roten Hakenflecke an den Schultern und einem runden Flecke in der Nähe der Nahtmitte gezeichnet, der weiteren Abänderungen nicht zu gedenken. Bevor diese Abweichungen als solche erkannt waren, stellte man eine größere Menge Arten auf als neuerdings.

Die glänzend schwarzen, meist rot gefleckten Chilocorus-Arten haben einen runden, stark gewölbten Körper, kurze, nur neungliedrige, in eine spindelförmige Keule auslaufende Fühler, ein tief ausgerandetes Kopfschild, breite, am Grunde unten zahnartig erweiterte Schienen und an der Wurzel breit gezahnte Klauen; sie beschränken sich vorzugsweise in ihrem Aufenthalt auf Waldbäume, wo man sie an den Stämmen umherkriechen und auch die der Hauptsache nach versteckten Puppen aus der Längsspalte der letzten Larvenhaut nur hervorschimmern sieht. Der 3,37 Millimeter messende, glänzend schwarze Chilocorus bipustulatus färbt Kopf, Seitenbänder des Bauches, Knie und eine schmale, abgekürzte, wie aus Flecken zusammengesetzte Querbinde mitten durch die Flügeldecken blutrot. – Infolge bedeutender Kleinheit, düsterer Färbung und des Aufenthaltes oben auf den Waldbäumen oder an andern unzulänglichen Stellen verbergen sich noch hundert andere Familiengenossen unsern Blicken und sind mit tausend und abertausend andern Käfern für alle Nichtsammler überhaupt nicht auf der Welt.


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