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Elfte Ordnung. Die Zahnschnäbler ( Lamellirostres)

Schwäne. Gänse. Enten. Säger

Die erste Ordnung der Schwimmvögel (Natatores) bilden die Zahn-, Sieb- oder Hautschnäbler ( Lamellirostres). Bei ihnen sind die verschiedenen Begabungen der schwimmenden Vögel einhellig entwickelt; ihre Bewegungsfähigkeit ist die mannigfaltigste, ihre Stimme die wohllautendste; ihre Sinne sind gleichmäßig, ihre geistigen Fähigkeiten unter den Verwandten am höchsten ausgebildet.

Wer eine Ente betrachtet, sieht das Urbild eines Zahnschnäblers vor sich. Als wichtigstes Kennzeichen erscheint uns der Schnabel, das Sieb der Zahnschnäbler, das sie befähigt, ihre Nahrung in einer ihnen eigentümlichen Weise zu erbeuten. Dieser Schnabel ist selten länger als der Kopf, gewöhnlich gerade, breit, auf der oberen Seite flach gewölbt, vorn in einen breiten Nagel übergehend, seitlich mit blätterartigen Hornzähnen besetzt, die in die der unteren Kinnlade eingreifen, mit Ausnahme der harten Ränder von einer weichen Haut überkleidet, in der sich Zweige vom fünften Nervenpaare verteilen, und dementsprechend in hohem Grade tastfähig. Er wird durch die große, fleischige, feinfühlende Zunge, die nur an ihren Rändern verhornt und hier sich franst und zähnelt, noch bedeutend vervollkommnet und zu einem vortrefflichen Seiher ausgebildet, der ermöglicht, auch den kleinsten Nahrungsbissen von umgebenden ungenießbaren Stoffen abzuscheiden. Der Leib ist kräftig, aber etwas langgestreckt, der Hals mittel- oder sehr lang und schlank, der Kopf verhältnismäßig groß, hoch und schmal, der Fuß mittelhoch oder selbst niedrig, vier-, ausnahmsweise auch nur dreizehig, vorn schwimmhäutig, die Flügel mittellang, jedoch ziemlich spitzig, der Schwanz gerade abgeschnitten oder zugerundet, auch wohl keilförmig zugespitzt, das Gefieder stets sehr reich, dicht und glatt anliegend, auch durch eine reiche Bedaunung sehr ausgezeichnet, seine Färbung eigentlich keine prachtvolle, aber doch meist höchst ansprechende, nach Geschlecht und Alter oft, obschon nicht immer verschiedene.

Zahnschnäbler finden sich, mit alleiniger Ausnahme des Festlandes am Südpole, in allen Erdteilen; sie bewohnen aber die warmen und die gemäßigten Zonen der Erde in ungleich größerer Menge als die kalten. Diejenigen, die hier leben, treten allwinterlich eine Wanderung an, die einzelne bis in die gemäßigte Zone, andere bis in die Äquatorländer führt, jene, die in wärmeren Gegenden wohnen, streichen wenigstens. Zur Brutzeit suchen viele, die sich außerdem im Meere aufhalten, süße Gewässer auf; andere ziehen sich bis zum Ausschlüpfen der Jungen in den Wald oder in Einöden zurück.

Die Begabungen der Mitglieder unserer Ordnung sind zwar verschiedenartig, aber doch sehr übereinstimmend entwickelt. Es gibt unter ihnen einige, die wegen ihrer weit hinten am Leibe eingelenkten Beine nur langsam und watschelnd gehen, aber keinen einzigen, der, wie gewisse Taucher, zum Kriechen verdammt wurde; andererseits gehören viele Zahnschnäbler zu den flinken Gängern, bewegen sich auch ohne ersichtliche Anstrengung stundenlang gehend; einige sind selbst im Gezweige der Bäume noch heimisch. Das Schwimmen üben alle mit ebensoviel Geschick als Ausdauer, kaum ein einziger mit Unlust oder nur im Notfalle; die meisten tauchen auch mehr oder weniger leicht in größere oder geringere Tiefen hinab; einzelne stehen den vollendetsten Schwimmkünstlern kaum nach. Alle Arten, die tauchen, tun dies nur von der Oberfläche des Wassers aus; sie sind Sprung-, nicht aber Stoßtaucher. Fast alle erheben sich nicht ohne einen beträchtlichen Aufwand von Kraft vom Wasser oder festen Boden und werfen sich hart nach unten hernieder, so daß einzelne es gar nicht wagen dürfen, sich auf den Erdboden niederzulassen, vielmehr stets auf das nachgiebige Wasser stürzen müssen; wenn sie aber erst einmal eine gewisse Höhe erreicht haben, fliegen sie rasch dahin und durchmessen weite Strecken in einem Zuge, obwohl sie ihre Flügel unablässig bewegen müssen. Unter den Sinnen ist neben dem des Gesichts und Gehörs auch der Tastsinn sehr ausgebildet, wie schon die äußere Untersuchung des weichhäutigen Schnabels erkennen läßt. Wer die Gans, eine alte Redensart gedankenlos nachsprechend, ein dummes Geschöpf nennt, hat sie nie beobachtet; jeder Jäger, der versuchte, Wildgänse zu überlisten, wird anderer Ansicht sein. Schwäne, Gänse, Enten und Säger gehören zu den vorsichtigsten aller Vögel und fügen sich rasch in veränderte Umstände, eignen sich deshalb auch in besonderem Grade zu Haustieren. In ihrem Wesen spricht sich im allgemeinen eine gewisse Gutmütigkeit und Verträglichkeit, auch Hang zur Geselligkeit aus; doch lieben die meisten Zahnschnäbler nur den Umgang mit ihresgleichen. Rühmenswert ist der Mut, mit dem die Weibchen bei Gefahr für ihre Kinder einstehen, wie sie denn überhaupt nicht zu den furchtsamen Vögeln gezählt werden dürfen.

Tierische und pflanzliche Stoffe bilden die Nahrung der Zahnschnäbler. Wirkliche Raubtiere, also solche, die pflanzliche Stoffe gänzlich verschmähen, sind nur wenige von ihnen, ausschließliche Pflanzenfresser ebenso wenige. Die Säger enthalten sich ungezwungen aller pflanzlichen Nahrung und nehmen solche nur zufällig mit auf; die Gänse fressen in ihrer Jugend sehr gern verschiedenes Kleingetier, verschmähen dieses aber im späteren Alter; sie werden, d.+h. rupfen und schneiden mit ihrem hartzahnigen Schnabel Pflanzenteile ab, entschälen oder zerstückeln solche, graben aus und nehmen auf; die Tauchenten lesen hauptsächlich vom Grunde des Wassers ab, fressen aber fast nur Tiere; alle übrigen gewinnen die Hauptmasse ihrer Mahlzeiten schnatternd, indem sie ihren Seihschnabel in flüssigen Schlamm oder zwischen schwimmende Pflanzenteile einführen und abwechselnd öffnen und schließen, zunächst alle festeren Bestandteile von den flüssigen abseihen und nunmehr mit Hilfe der Zunge das Genießbare von dem Ungenießbaren scheiden.

Bei den Zahnschnäblern fällt die Sorge der Bebrütung und der Erziehung der Jungen der Mutter anheim, und der nach der Paarung seinem Vergnügen lebende Vater vergißt auch leicht der letzteren; andere hingegen widmen sich gemeinschaftlich, wenn auch nicht dem Brutgeschäfte, so doch der Pflege ihrer Kinder und versehen, während das Weibchen brütet, das Amt des Wächters. Das Nest wird bald auf festeren Stellen des Sumpfes, bald auf trockenem Boden, bald in Baum-, Erd- und Felshöhlen angelegt, aus verschiedenartigen Stoffen, gewöhnlich kunstlos und roh, zusammengeschichtet, innen aber sehr regelmäßig mit den Daunen der Mutter ausgekleidet. Die Eier sind rundlich oder länglichrund, glattschalig und stets einfarbig; die Jungen kommen in einem dichten Daunenkleide aus dem Ei, entlaufen, nachdem sie abgetrocknet, dem Neste, wachsen rasch und vertauschen ihr Jugendkleid meist noch im ersten Jahre ihres Alters mit dem der Eltern oder erhalten das letztere doch im zweiten, höchstens dritten Jahre ihres Lebens. Viele tragen zwei verschiedene Kleider im Laufe des Jahres.

Eine Unzahl von Feinden stellt den Zahnschnäblern nach. Der Mensch verfolgt alle Arten, die einen des schmackhaften Wildbrets, die andern der brauchbaren Federn halber, raubt ihnen die Eier und plündert die Nester nach Daunen aus. Sehr wenige hat er sich zu Haustieren gewonnen und gezähmt, obgleich gerade diese Ordnung in dieser Hinsicht vielversprechend ist.

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Die Zahnschnäbler bilden nur eine einzige, über den ganzen Erdball verbreitete Familie, die der Entvögel ( Anatidae). In ihr wird man, auch wenn man absieht von dem Ruhme, den Dichtung und Sage den Schwänen verliehen, diesen stolzen und majestätischen Vögeln die erste Stelle unter allen Verwandten zugestehen müssen und den Rang einer Unterfamilie ( Cygninae) zusprechen dürfen.

Mit Ausnahme der Äquatorländer bewohnen die Schwäne alle Zonen der Erde, am häufigsten die gemäßigten und kalten der Nordhälfte. Das Verbreitungsgebiet jeder Art ist ein sehr ausgedehntes, und die regelmäßigen Reisen der Schwäne erstrecken sich auf weite Entfernungen. Alle Arten wandern, nicht aber unter allen Umständen; denn einzelne verweilen nicht selten während des Winters im Lande oder streichen hier wenigstens nur innerhalb eines kleinen Gebietes auf und nieder. Süßwasserseen und wasserreiche Sümpfe bilden ihre Wohnsitze, Gewässer aller Art ihren Aufenthalt. Ihr Nest legen sie regelmäßig im Binnenlands an; nach der Brutzeit dagegen halten sie sich im Meer auf. Sie sind nur bei Tage tätig und benutzen die Nacht nicht einmal zu ihrer Wanderung. Von einigen Arten vernimmt man selten einen Laut, in der Regel einen trompetenähnlichen Ton, der dem des Kranichs einigermaßen ähnelt, gewöhnlich aber nur ein starkes Zischen oder ein dumpfes Gemurmel; andere Arten hingegen besitzen eine starke und kräftige, auch einigermaßen abwechselnde Stimme, die, wenn sie von fern vernommen wird, wohllautend in das Ohr klingt. Nur die Schwäne einer und derselben Art bilden größere Gesellschaften, die dann unter sich keinen andern Vogel dulden und auch den Verwandten sich nicht anschließen; selbst der verirrte Schwan treibt sich lieber einsam umher, als daß er sich mit andern Schwimmvögeln vereinigt. Um die Braut streiten die Männer heftig. Dagegen hängen die Gatten eines Paares einander mit treuer Liebe an, und eine einmal geschlossene Ehe gilt für das ganze Leben. Ebenso zärtlich zeigen sich die Eltern ihrer Brut gegenüber; denn wenn auch das Männchen sich nicht am Ausbrüten der Eier selbst beteiligt, so behält es doch das Weibchen fortwährend unter treuer Obhut und bleibt beständig in seiner Nähe, jeder Gefahr gewärtig, oder begibt sich zu ihm auf das Nest. Bei Erbauung des Nestes, die das Weibchen besorgt, hilft es wenigstens durch Zuführung der Niststoffe, die es im Schnabel herbeischleppt oder von fern her haufenweise herbeiflößt. Das Nest selbst ist ein sehr großer, kunstloser Bau, der aus allerlei Wasserpflanzen gegründet und mit trockenem Schilfe und dergleichen vollendet und ausgekleidet wird. Wo kleine, sichere Inselchen sich finden, benutzt das Weibchen diese zur Anlage des Nestes; außerdem schleppt es Pflanzen herbei, bis es einen Haufen gebildet hat, der schwimmend beide Gatten tragen kann. Sechs bis acht starkschalige Eier von schmutzig weißer oder schmutzig blaßgrüner Färbung bilden das Gelege; aus ihnen schlüpfen nach fünf- bis sechswöchiger Bebrütung die Jungen, höchst zierliche, in ein dichtes Daunenkleid gehüllte Küchlein, die, nachdem sie ungefähr einen Tag lang noch im Nest durchwärmt und abgetrocknet wurden, auf das Wasser geführt, zum Aufsuchen der Nahrung angeleitet, oft von der Mutter auf den Rücken, nachts unter die Flügel genommen, bei Gefahr mutig beschützt und überhaupt mit wärmster Zärtlichkeit behandelt werden, bis sie vollständig ausgefiedert sind und aller Pflege und Leitung entbehren können. Nunmehr trennen sie sich von den Eltern für das ganze Leben; denn wenn sie im nächsten Jahre wieder auf dem Brutplatze erscheinen sollten, steht ihnen von seiten der Alten diese Behandlung bevor, wie allen andern, die es wagen sollten, das von einem Paare gewählte Gebiet zu betreten.

Pflanzenstoffe, die im Wasser oder im Sumpf wachsen, Wurzeln, Blätter und Sämereien derselben, Kerbtiere und deren Larven, Würmer, Muscheln, kleine Lurche und Fische bilden die Nahrung der Schwäne. Diese erwerben sie sich durch Gründeln, indem sie den langen Hals in die Tiefe des Wassers hinabsenken, hier Pflanzen sich pflücken oder den Schlamm durchschnattern und alles Genießbare abseihen. In tieferen Wässern können sie nur da, wo kleinere Tiere in unendlicher Menge die oberen Schichten bevölkern, zeitweilig sich erhalten. Gefangene gewöhnen sich an die verschiedensten Nahrungsmittel, ziehen aber auch jetzt Pflanzenstoffe den tierischen entschieden vor.

Die Seeadler und die großen Edeladler vergreifen sich zuweilen an alten, öfter an jungen Schwänen; im übrigen haben die stolzen und wehrfähigen Vögel vom Raubzeuge wenig zu leiden. Der Mensch verfolgt sie des Wildbrets und der Federn, insbesondere der Daunen wegen. Jung eingefangene Schwäne lassen sich bei einigermaßen sorgfältiger Behandlung leicht groß ziehen und werden dann ebenso zahm wie diejenigen, die in der Gefangenschaft gezüchtet wurden. Einzelne gewinnen warme Anhänglichkeit an ihren Pfleger; ihre Liebkosungen pflegen jedoch so stürmischer Art zu sein, daß man sich immerhin vorsehen muß, wenn man sich näher mit ihnen beschäftigen will.

 

Der zahme Schwan unserer Weiher ist der Höckerschwan ( Cygnus olor), der noch heutigentags im Norden unseresVaterlandes oder in Nordeuropa überhaupt und in Ostsibirien als wilder Vogel lebt. Wenn man den lang gestreckten Leib, den langen, schlanken Hals und den kopflangen, rot gefärbten, durch einen schwarzen Höcker ausgezeichneten Schnabel als Hauptmerkmale festhält, wird man ihn mit keiner andern Art verwechseln können.

Sein Gefieder ist reinweiß, das der Jungen grau oder weiß. Das Auge ist braun, der Schnabel rot, die Zügel und der Höcker schwarz, der Fuß bräunlich oder reinschwarz. Die Länge beträgt einhundertachtzig, die Breite zweihundertsechzig, die Fittichlänge siebzig, die Schwanzlänge achtzehn Zentimeter. Das Weibchen ist etwas kleiner.

Von dem Höckerschwan unterscheidet sich der Singschwan ( Cygnus musicus) durch gedrungene Gestalt, etwas kürzeren und dickeren Hals und den höckerlosen, obwohl am Grunde ebenfalls aufgetriebenen, hier gelben, an der Spitze schwarzen Schnabel.

Die dritte Schwanenart, die in Europa und Nordasien lebt, der Zwergschwan ( Cygnus minor), unterscheidet sich hauptsächlich durch die geringe Größe, den dünnen Hals, den an der Wurzel sehr hohen Schnabel und den aus achtzehn Steuerfedern gebildeten Schwanz vom Singschwan.

Nach vorstehenden Mitteilungen darf ich mich auf eine Lebensschilderung des Singschwanes beschränken. Er ist im Norden Europas nicht selten und findet sich ebenso in ganz Nord- und Mittelasien bis zur Beringsstraße. Aus seinen Wanderungen berührt er allwinterlich Nordafrika, und zwar Ägypten ebensowohl wie den Nordwesten dieses Erdteils, also die Seen von Marokko, Algerien und Tunis. In Spanien kommt er selten, jedoch mindestens ebenso häufig vor wie seine Verwandten. Nach Osten hin tritt er in größerer Anzahl auf; so findet er sich im mittleren Rußland auf allen geeigneten Seen in namhafter und während des Winters um die Mündungen der südrussischen Ströme oder an den salzigen Seen Südeuropas oder Mittelsibiriens in erheblicher Menge. Von Island aus wandern wenige der dort brütenden Schwäne weg, weil die Meeresbuchten durch den Golfstrom und auch manche Binnengewässer durch die vielen heißen Quellen eisfrei erhalten werden; aus Rußland hingegen verschwinden alle, noch ehe die Eisdecke an ihrem Nahrungserwerb sie hindert. Die von hier stammenden erscheinen sodann auf der Ost- und Nordsee oder dem Schwarzen Meere oder reisen flugweise noch weiter nach Südwesten hinab. An der Ostseeküste treffen sie schon im Oktober ein; das mittlere Deutschland durchreisen sie im November und Dezember auf dem Hinzuge und im Februar oder März auf dem Rückzüge.

An Anmut und Zierlichkeit steht der Singschwan seinem erstbeschriebenen Verwandten entschieden nach. Er legt seinen Hals selten in so gefällige Windungen wie letzterer, sondern streckt ihn steiler und mehr gerade empor, gewährt jedoch schwimmend immerhin ein sehr schönes Bild. Dagegen unterscheidet er sich sehr zu seinem Vorteil durch die lauttönende und verhältnismäßig wohlklingende Stimme, die man übrigens von fernher vernehmen muß, wenn man sie, wie die Isländer, mit Posaunentönen und Geigenlauten vergleichen will. Naumann übersetzt den gewöhnlichen Schrei sehr richtig durch die Silben »Killklii« oder den sanften Laut durch »Ang«. Diese beiden Töne haben in der Nähe wenig Angenehmes, klingen vielmehr rauh und etwas gellend ins Ohr; es mag aber sein, daß sie wohlklingender werden, wenn man sie von fernher vernimmt und sich eine größere Gesellschaft von Singschwänen gleichzeitig hören läßt. »Seine Stimme«, sagt Pallas, »hat einen lieblichen Klang, wie den von Silberglocken; er singt auch im Fluge und wird weithin gehört, und das, was man vom Gesange des sterbenden erzählt hat, ist keine Fabel; denn die letzten Atemzüge des tödlich verwundeten Singschwanes bringen seinen Gesang hervor.« »Den Namen muscius«, meint Faber, »verdient er zu behalten. Wenn er nämlich in kleinen Scharen hoch in der Luft einherzieht, so läßt er seine wohlklingende, melancholische Stimme wie fernher tönende Posaunen vernehmen.« Ausführlicher spricht sich Schilling aus. »Der Singschwan entzückt den Beobachter nicht bloß durch seine schöne Gestalt, das aufmerksame, kluge Wesen, das sich bei ihm im Vergleich mit dem stummen Schwan sehr vorteilhaft in seiner Kopfbewegung und Haltung ausdrückt, sondern auch durch die lauten, verschiedenen, reinen Töne seiner Stimme, die er bei jeder Veranlassung als Lockton, Warnungsruf und, wenn er in Scharen vereinigt ist, wie es scheint, im Wettstreit und zu seiner eigenen Unterhaltung fortwährend hören läßt. Wenn bei starkem Frostwetter die Gewässer der See außerhalb der Strömungen nach allen Seiten mit Eis bedeckt und die Lieblingsstellen des Singschwanes, die Untiefen, ihm dadurch verschlossen sind, diese stattlichen Vögel zu Hunderten in dem noch offenen Wasser der Strömung versammelt liegen und gleichsam durch ihr melancholisches Geschrei ihr Mißgeschick beklagen, daß sie aus der Tiefe das nötige Futter nicht zu erlangen vermögen, dann habe ich die langen Winterabende und ganze Nächte hindurch diese vielstimmigen Klagetöne in stundenweiter Ferne vielmals vernommen. Bald möchte man das singende Rufen mit Glockenlauten, bald mit Tönen von Blaswerkzeugen vergleichen; allein sie sind beiden nicht gleich, sondern übertreffen sie in mancher Hinsicht, eben weil sie von lebenden Wesen herrühren und unsern Sinnen näher verwandt sind als die Klänge des toten Metalls. Dieser eigentümliche Gesang verwirklicht in Wahrheit die für Dichtung gehaltene Sage vom Schwanengesang, und er ist oftmals auch in der Tat der Grabgesang dieser schönen Tiere; denn da diese in dem tiefen Wasser ihre Nahrung nicht zu ergründen vermögen, so werden sie vom Hunger derart ermattet, daß sie zum Weiterziehen nach milderen Gegenden die Kraft nicht mehr besitzen und dann oft, auf dem Eise angefroren und verhungert, dem Tode nahe oder bereits tot gefunden werden. Aber bis an ihr Ende lassen sie ihre klagenden und doch hellen Laute hören.« Nach diesen Angaben läßt sich die Sage vom Schwanengesang auf ihr rechtes Maß zurückführen. Sie wurzelt auf tatsächlich vorhandenem Grunde, ist aber durch die Dichtung zum Märchen umgestaltet worden. Eigentliche Lieder hat auch der sterbende Schwan nicht mehr; aber sein letztes Aufröcheln ist klangvoll wie jeder Ton, den er von sich gibt.

Unter seinen Verwandten ist der Singschwan vielleicht der heftigste und zanksüchtigste; wenigstens habe ich beobachtet, daß diejenigen, die ich mit Höckerschwänen auf einem Weiher zusammenbrachte, letztere regelmäßig vertrieben, d. h. nach länger währenden Kämpfen in die Flucht schlugen. Den Nachstellungen des Jägers weiß er sich mit vielem Geschick zu entziehen; seine Jagd ist demgemäß unter allen Umständen sehr schwierig. Jung aufgezogene werden sehr zahm. Ein Männchen, das ich pflegte, lernte mich bald von allen übrigen Menschen unterscheiden, antwortete mir, wenn ich es anrief, und kam zu mir heran, wenn ich dies wünschte, gleichviel, ob es sich in der Nähe befand oder erst den ziemlich breiten Weiher durchschwimmen mußte. Gleichwohl durfte ich es nicht wagen, das uns trennende Gitter zu überschreiten; denn dann wurde ich regelmäßig mit so lebhaften Flügelschlägen begrüßt, daß ich eher eine Bestrafung als eine Liebkosung empfing. Hielt ich mich im Innern des Geheges in angemessener Entfernung von meinem Pflegling, so folgte mir dieser überall wie ein Hund auf dem Fuße nach. Seines Gesanges wegen hält man ihn in Rußland und achtet dagegen den Höckerschwan wenig.

In den Sümpfen Finnlands, des nördlichen Rußland und des mittleren Sibirien, auch wohl Nordamerikas und Islands, nistet der Singschwan in ziemlicher Anzahl. In Deutschland nistet zuweilen auch wohl ein Pärchen, immer aber als Ausnahme. Jedes Paar grenzt sich, wenn es nicht einen kleineren See für sich allein haben kann, ein bestimmtes Gebiet ab, gestattet keinem andern, dasselbe zu betreten, und kämpft mit jedem, der dies wagen sollte, bis auf das äußerste. Das große, bald auf Inselchen feststehende, bald schwimmende Nest wird namentlich von Binsen und andern Wasserpflanzen, also auch von Rohr, Schilf und dergleichen, gebaut und seine Mulde leicht mit Daunen ausgefüttert. Ende April oder Anfang Mai legt die Schwanin ihre fünf bis sieben, etwa einhundertfünfzehn Millimeter langen, fünfundsiebzig Millimeter dicken, gelblichweißen, grünlichen oder bräunlichgelben Eier; in den ersten Tagen des Juli begegnet man den ausgeschlüpften Jungen. Das zärtliche Männchen sitzt, laut Faber, oft neben dem brütenden Weibchen auf dem breiten Neste, ohne jedoch die Eier zu Wärmen. Mitte Oktober sieht man die Eltern mit den erwachsenen Jungen schwimmen.

Alle nördlichen Völkerschaften stellen den Schwänen eifrig nach. Eine schlimme Zeit tritt für diese ein, wenn sie sich in voller Mauser befinden und den größten Teil ihrer Schwungfedern verloren haben. Dann schlägt man sie vom Boot aus mit Stöcken tot. Alte und Junge sind um diese Zeit sehr fett, und namentlich die letzteren geben einen vortrefflichen Braten.

 

Unter den ausländischen Arten der Unterfamilie steht der Schwarzhalsschwan ( Cygnus nigricollis)an Schönheit obenan. Sein Gefieder ist weiß; der Kopf, mit Ausnahme eines weißen Brauenstreifens, und der Hals bis zur Mitte hinab sind schwarz. Das Auge ist braun, der Schnabel bleigrau, an der Spitze gelb, der Höcker und die nackte Zügelstelle blutrot, der Fuß blaßrot. Die Länge beträgt etwa einhundert, die Fittichlänge vierzig, die Schwanzlänge zwanzig Zentimeter.

Der Verbreitungskreis beschränkt sich auf die Südspitze von Amerika, vom Süden Perus an bis zu den Falklandsinseln, und von hier aus der Ostküste entlang bis nach Santos in Brasilien. Der Aufenthalt wechselt je nach der Jahreszeit. In seinem Wesen und seinen Gewohnheiten unterscheidet er sich, soviel wir bis jetzt wissen, wenig von den nordischen Verwandten; seine Haltung ist jedoch eine minder zierliche als die des Höckerschwanes; er trägt den Hals im Schwimmen und im Gehen mehr gerade und erinnert dadurch einigermaßen an die Gänse.

Eine dem Höckerschwan an Schönheit der Gestalt und Anmut der Bewegungen nicht nachstehende Art ist der Trauerschwan oder Schwarzschwan ( Cygnus atratus). Die Färbung des Kleingefieders, ein fast einfarbiges Bräunlichschwarz, das nur an den Rändern der Federn in Schwarzgrau übergeht und auf der Unterseite etwas lichter wird, sticht von dem blendenden Weiß aller Handschwingen und des größten Teils der Armschwingen Prachtvoll ab. In der Größe steht der Vogel hinter dem Höckerschwan etwas zurück.

Der Schwarzschwan wird gegenwärtig noch in allen Seen und Flüssen Südaustraliens und Tasmaniens gefunden. In den weniger besuchten Gegenden des Innern kommt er noch jetzt in erstaunlicher Menge vor, ist dort auch noch so wenig scheu, daß man ohne Mühe so viele erlegen kann, wie man will. In seinem Wesen und Betragen hat der Trauerschwan mit dem stummen Verwandten viele Ähnlichkeit, doch ist er lauter, d.+h. schreilustiger; zumal gegen die Paarungszeit hin läßt er seine sonderbare Stimme oft vernehmen. Letztere erinnert einigermaßen an dumpfe Trompetentöne. Für unsere Weiher eignet sich der Trauerschwan ebensogut wie irgendein anderes Mitglied seiner Familie. Die Strenge unseres Winters ficht ihn wenig an, und seine Anforderungen an die Nahrung sind gering. Alljährlich pflanzt er sich in der Gefangenschaft fort.

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Die Gänse ( Anserinae), eine über die ganze Erde verbreitete Unterfamilie, unterscheiden sich von den Schwänen durch gedrungenen Leib, kurzen Hals, kürzeren Schnabel und höhere, mehr in der Mitte des Leibes eingelenkte Beine. Jeder Erdteil besitzt ihm eigentümliche Gänsearten. Sie leben weniger als die übrigen Zahnschnäbler im Wasser, bringen vielmehr einen Teil ihres Lebens auf dem Festlande und selbst auf Bäumen zu. Sie gehen vortrefflich, schwimmen zwar minder gut und rasch als die Enten und die Schwäne, aber doch immerhin noch gewandt und schnell genug, tauchen in der Jugend oder bei Gefahr in beträchtliche Tiefen hinab und fliegen leicht und schön, weite Strecken in einem Zuge durchmessend, regelmäßig in Keilordnung, unter sausendem Geräusch. Im Gehen tragen sie den Leib vorn etwas erhoben, den Hals aufgerichtet, gerade oder sanft gebogen, setzen einen Fuß in rascher Folge vor den andern, ohne dabei zu watscheln, und können nötigenfalls so schnell laufen, daß ein Mensch sie kaum einholen kann. Im Schwimmen senken sie den Vorderteil des Leibes tief in das Wasser, während der Schwanz hoch über demselben zu stehen kommt; beim Gründeln kippen sie sich vornüber und versenken den Vorderleib bis zur Oberbrust; beim Tauchen stürzen sie sich mit einem Stoß in die Tiefe. Mehrere Arten stoßen brummende, andere gackernde, einzelne endlich sehr klangvolle und auf weithin hörbare Töne aus; im Zorn zischen die meisten.

Weshalb man die Gänse als dumm verschrien hat, ist schwer zu sagen, da jede Beobachtung das Gegenteil lehrt. Alle Arten gehören zu den vorsichtigen und wachsamen Vögeln. Sie mißtrauen jedem Menschen, unterscheiden den Jäger sicher vom Landmann oder Hirten, kennen überhaupt alle ihnen gefährlichen Leute genau und treffen verschiedene Vorsichtsmaßregeln zu ihrer Sicherheit. Gefangen genommen, fügen sie sich bald in die veränderten Verhältnisse und werden bereits nach kurzer Zeit sehr zahm. Eine gewisse Zanklust läßt sich bei einigen nicht in Abrede stellen; die Mehrzahl aber ist höchst gesellig. Während der Paarungszeit geht es ohne Kampf zwischen den Männchen nicht ab; wenn aber jeder einzelne sich ein Weibchen erworben, tritt Frieden ein, und die verschiedenen Paare brüten nebeneinander, ohne sich gegenseitig zu behelligen. Das Männchen beweist seinem Weibchen gegenüber unwandelbare Treue, hilft zwar nicht brüten, dient aber später den Jungen zum Führer und der ganzen Familie als Wächter. Die meisten Arten versammeln sich im Frühling ihrer betreffenden Heimat an sicheren, selten betretenen Orten, in ausgedehnten, pflanzenreichen Sümpfen z.+B., und erbauen hier einzeln auf kleinen Inseln oder Schilfkufen große, kunstlose Nester aus Pflanzenstoffen verschiedener Art, die innen mit Daunen ausgekleidet werden; einzelne wählen Bäume, und zwar Höhlungen ebensowohl wie Astgabeln, zur Anlage der Nester, benutzen in letzterem Falle auch einen Raubvogel- oder ähnlichen Horst und richten ihn in der ihnen passend erscheinenden Weise her. Das Gelege enthält sechs bis zwölf eigestaltige, starkschalige, mehr oder weniger glanzlose, einfarbige Eier. Nach etwa vierwöchiger Bebrütung entschlüpfen die in ein weiches, schönes, grauliches Daunenkleid gehüllten Jungen und springen, wenn sie auf Bäumen geboren wurden, von oben herab auf den Boden. Sie laufen vom ersten Tage ihres Lebens an rasch und gewandt, wissen sich ebenso im Wasser zu benehmen und beginnen nun, unter Führung der Alten ihre Nahrung zu suchen. Ihr Wachstum fördert so rasch, daß sie bereits nach ungefähr zwei Monaten, wenn auch nicht die volle Schönheit und Größe der Alten erreicht haben, so doch ihnen ähneln und selbständig geworden sind; demungeachtet verweilen sie noch lange in Gesellschaft ihrer Eltern und bilden mit diesen eine enggeschlossene Familie.

Alle Gänse sind vorzugsweise Pflanzenfresser. Sie weiden mit Hilfe ihres harten, scharfschneidigen Schnabels Gräser und Getreidearten, Kohl und andere Kräuter vom Boden ab, schälen junge Bäumchen, pflücken sich Blätter, Beerentrauben, Schoten oder Ähren, enthülsen die letzteren rasch und geschickt, um zum Kern zu gelangen, gründeln in seichten Gewässern ebenfalls nach Pflanzenstoffen und verschmähen keinen Teil einer ihnen zusagenden Pflanze. Einzelne Arten nehmen auch Kerbtiere, Muscheln und kleine Wirbeltiere zu sich. Da, wo sie massenhaft auftreten, können jene Schaden anrichten, nutzen aber auch wieder durch vortreffliches Wildbret und reiches Federkleid. Allen Arten wird eifrig nachgestellt, insbesondere während der Mauserzeit, die auch viele von ihnen einige Wochen lang flugunfähig macht.

Wenn man bedenkt, daß die meisten Gänsearten sich selbst dann noch zähmen lassen und zur Fortpflanzung schreiten, wenn man sie alt einfing, muß es uns wundernehmen, daß bisher nur wenige Arten zu Haustieren gemacht wurden, und daß von diesen nur zwei Arten weitere Verbreitung gefunden haben. Gerade auf diese Vögel sollte man sein Augenmerk richten; denn jede einzelne Gansart belohnt die auf sie verwendete Mühe reichlich.

Die Grau- oder Wildgans ( Anser cinereus), der wir unsere Hausgans verdanken, ist auf dem Rücken bräunlichgrau, auf der Unterseite gelblichgrau, infolge einzelner schwarzer Federn spärlich und unregelmäßig gefleckt; die kleinen Flügeldeckfedern sind rein aschgrau, die Bürzel-, Bauch- und Unterschwanzdeckfedern weiß gefärbt, alle übrigen der Oberseite fahlgrau, die der Brust- und Bauchseiten vor dem hell fahlgrauen Spitzensaume dunkel fahlgrau, die Schwingen und Steuerfedern schwarzgrau, weiß geschaftet, letztere auch weiß an der Spitze. Das Auge ist lichtbraun, der Schnabel an der Wurzel blaß fleischrot, am Spitzennagel wachsgelb, der Fuß blaß fleischrot. Die Länge beträgt achtundneunzig, die Breite einhundertsiebzig, die Fittichlänge siebenundvierzig, die Schwanzlänge sechzehn Zentimeter.

Die Graugans ist die einzige von den bei uns vorkommenden Arten, die in Deutschland brütet; denn sie gehört mehr den gemäßigten Strichen als dem hohen Norden an. In Lappland habe ich sie allerdings noch unter dem siebzigsten, am unteren Ob noch unter dem neunundsechzigsten Grade nördlicher Breite, hier wie dort aber wahrscheinlich an der nördlichen Grenze ihres Verbreitungsgebietes bemerkt. Von Norwegen an erstreckt sich letzteres in östlicher Richtung durch ganz Europa und Asien bis zum äußersten Osten dieses Erdteils; nach Süden hin bildet ungefähr der fünfundvierzigste Grad die Grenze des Brutkreises. Gelegentlich ihres Zuges besucht sie alle Länder Südeuropas und ebenso Nordchina und Nordindien, streicht auch zuweilen bis in die Mitte des letzteren Landes und anderseits vielleicht bis nach Nordwestafrika hinab; doch ist sie in den südlicheren Teilen ihres Zuggebietes allerorten seltener als die verwandten Arten, obwohl diese während des Sommers den höheren Norden bewohnen. In Deutschland erscheint sie zu Ende des Februar oder Anfang März, also schon vor der eigentlichen Schneeschmelze, in Familien oder kleinen Gesellschaften, verkündet durch fröhliches Schreien ihre Ankunft, läßt sich am Brutort nieder und beweist hier durch ihr Betragen, daß sie bereits heimisch ist, wenn sie ankommt. Sobald Ende Juli die Mauser vollendet ist, denkt sie an die Abreise, zieht aber, anfänglich wenigstens, sehr gemächlich ihres Weges dahin, gleichsam nur, um der nach ihr erscheinenden Saatgans Platz zu machen. Auf der Reise selbst vereinigt sie sich selten zu zahlreicheren Scharen; in den meisten Fällen halten sich nur die Eltern mit ihren erwachsenen Kindern zusammen.

In früheren Jahren brüteten die Graugänse an allen größeren stehenden Gewässern unseres Vaterlandes; gegenwärtig trifft man noch einzelne Paare in den ausgedehnten Brüchen Nord- und Ostdeutschlands, die meisten wohl in Holstein, Pommern und Ostpreußen an. Sümpfe, die hier und da mit ausgedehnten Wasserflächen abwechseln oder solche umschließen, einen moorigen Boden haben und schwer zugängliche, mit Gras, Rohr und Gesträuch bewachsene Inseln umgeben, werden bevorzugt. Aus jenen Inseln versammeln sich bei ihrer Ankunft die Paare, um auszuruhen, und auf ihnen findet man später die Nester.

Die Nachkommen der Graugans, unsere Hausgänse, haben wenig von dem Wesen und den Eigentümlichkeiten ihrer Stammeltern verloren; letztere tragen sich aber, wie alle wilden Tiere, stolzer, bewegen sich rascher und machen so einen etwas verschiedenen Eindruck aus den Beobachter. Sie gehen sehr rasch und zierlich, viel leichter und behender als die Hausgans, schwimmen gut, tauchen bei großer Gefahr in gewisse Tiefen, benehmen sich jedoch auf dem Wasser minder gewandt als auf dem Lande. Der Flug ist recht gut, zwar nicht so leicht und schön wie der verwandter Arten, aber doch ausdauernd und immerhin rasch genug. Beim Aufstehen verursacht der heftige Flügelschlag ein polterndes Getöse, beim Niederlassen vernimmt man ein ähnliches Geräusch, zu dem sich das Rauschen des Wassers gesellt, wenn die Gans auf dessen Spiegel sich niederläßt. Wenn ein Paar kürzere Entfernungen durchmessen will, erhebt es sich selten in bedeutendere Höhen, wie es sonst regelmäßig geschieht; das Weibchen pflegt dann dem Männchen vorauszufliegen, während letzteres bei der Wanderung ebensogut wie jenes die Spitze der Keilordnung einnimmt. Die Lockstimme ist ein lautes »Gahkahkakgak«, das oft rasch nacheinander wiederholt wird und, wenn sich die Geschlechter gegenseitig antworten, in »Gihkgack« übergeht; die Unterhaltungslaute klingen wie »Tattattattattat«, die Ausrufe hoher Freude wie »Täng«; im Schreck hört man das langgezogene »Kähkahkak, kahkak, kakakakahkak«; im Zorne zischen beide: alles genau ebenso, wie wir es von der Hausgans zu hören gewohnt sind. Vorsichtig und mißtrauisch zeigt sie sich stets; nur am Brutplatze hält sie bei Ankunft eines Menschen länger aus als sonst, und die Liebe zur Brut läßt sie selbst augenscheinliche Gefahren vergessen; in der Regel aber unterscheidet sie den Schützen doch sehr wohl von dem Hirten oder Bauern, oder den gefährlichen Mann von dem ungefährlichen Weibe. Eigentlich gesellig kann man sie nicht nennen. So wenig nun die Graugans mit fremdem Geflügel sich befaßt, so treu halten die Familien zusammen. Bis zum Frühjahr trennen diese sich nicht, wandern zuweilen noch auf dem Rückzuge zusammen und vereinzelnen sich erst, wenn die Alten von neuem zur Brut schreiten. Sogleich nach der Ankunft im Frühjahr wählen sich die verbundenen Paare passende Stellen zur Anlage ihres Nestes oder beginnen die zweijährigen Jungen ihre Werbungen um die Gattin, während die noch nicht fortpflanzungsfähigen gesellschaftlich sich an andern Stellen des Sumpfes umhertreiben. Ein Paar brütet in nicht allzugroßer Entfernung von dem andern, behält aber doch ein gewisses Gebiet inne und duldet keine Überschreitung desselben. Der Gansert umgeht die Gans in stolzer Haltung, schreit, nickt mit dem Kopfe, folgt ihr überall auf dem Fuße nach, scheint eifersüchtig ihre Schritte zu bewachen, bekämpft mutig jedes unbeweibte Männchen, das eine Tändelei mit der rechtmäßigen Gattin versucht, und ist sorgsam für die Sicherheit derselben bedacht. Zwei Gegner packen sich mit den Schnäbeln an den Hälsen und schlagen mit den Flügeln so heftig aufeinander los, daß man den Schall auf weithin vernimmt. Nachdem die Paarung wiederholt vollzogen worden, beschäftigt sich die Gans, für deren Sicherung der sie auf Schritt und Tritt begleitende, nicht aber auch ihr helfende Gansert Sorge trägt, eifrig mit dem Herbeitragen verschiedener Neststoffe. Zuerst werden die zunächstliegenden zusammengelesen, später zum oberen Ausbau andere sorgsam gewählt und oft von fernher zugetragen. Dicke Stengel, Halme, Blätter von Schilf, Rohr, Binsen usw. bilden den unordentlich und locker geschichteten Unterbau, feinere Stoffe und eine dicke Daunenlage die Auskleidung der Mulde. Ältere Weibchen legen sieben bis vierzehn, jüngere fünf bis sechs etwa neun Zentimeter lange, sechs Zentimeter dicke, denen der Hausgans gleichende, glattschalige, glanzlose, etwas grobkörnige Eier von grünlichweißer oder trübgelblicher Färbung. In den Nestern älterer Paare findet man bereits Anfang März das erste Ei und um die Mitte des Monats, spätestens zu Ende desselben, die Mutter brütend. Sowie sie sich dazu anschickt, rupft sie sich alle Daunen aus, bekleidet mit ihnen den inneren Rand des Nestes und bedeckt auch, sooft sie sich entfernt, sorgsam die Eier. Am achtundzwanzigsten Tage der Bebrütung entschlüpfen die Jungen, werden noch etwa einen Tag lang im Nest festgehalten, dann auf das Wasser geführt und zum Futtersuchen angeleitet. Teichlinsen, Wassergräser und dergleichen bilden ihre erste Nahrung; später werden Wiesen und Felder besucht. Abends kehren alt und jung noch zum Nest zurück; nach ungefähr zwei Wochen wird dieses für die inzwischen heranwachsenden Jungen zu klein, und letztere nehmen nun hier oder da, dicht neben der Mutter hingekauert, ihre Schlafstelle ein. Die Wachsamkeit des Ganserts steigert sich, nachdem die Jungen ausgeschlüpft sind. Die Mutter geht oder schwimmt der Familie voran, die zusammengedrängten Jungen folgen, der Vater deckt gewissermaßen den Rückzug. Bei Gefahr gibt er zuerst das Zeichen zur Flucht. Je mehr die Jungen herangewachsen, um so weniger ängstlich besorgt um sie zeigt sich der Familienvater. Sobald die Mauser beginnt, die bei ihm stets ein bis zwei Wochen früher als bei seiner Gattin eintritt, entzieht er sich der Familie und verbirgt sich später, wenn er nicht fliegen kann, im Schilf. Wenn auch die Familienmutter in diese Verlegenheit kommt, sind die Jungen bereits flugbar und fähig, den Führer entbehren zu können.

Jung eingefangene Graugänse werden bald zahm; selbst alte, die in die Gewalt des Menschen geraten, gewöhnen sich an den Verlust ihrer Freiheit und erkennen in dem Menschen einen ihnen wohlwollenden Pfleger. Doch verleugnen auch solche, die man durch Hausgänse erbrüten und erziehen ließ, ihr Wesen nie. Sobald sie sich erwachsen fühlen, regt sich in ihnen das Gefühl der Freiheit; sie beginnen zu fliegen und ziehen, wenn man sie nicht gewaltsam zurückhält, im Herbst mit andern Wildgänsen nach Süden. Zuweilen geschieht es, daß einzelne zurückkommen, das Gehöft, in dem sie groß wurden, wieder aufsuchen; sie aber gehören doch zu den Ausnahmen. Von vier im Hause erbrüteten und erwachsenen Wildgänsen, die Boje beobachtete, entzogen sich nach und nach drei der Obhut ihrer Pfleger, eine kehrte im nächsten Frühling und in der Folge dreizehn Jahre lang im Frühjahr zu dem Gut zurück, auf dem man sie aufgezogen hatte, bis sie endlich ausblieb, also wohl ihren Tod gefunden haben mußte.

Alte Graugänse fallen den größeren Adlern und Edelfalken nicht selten, Füchsen und Wölfen zuweilen zur Beute. Vor dem Menschen nehmen sie sich stets sehr in acht, und ihre Jagd erfordert deshalb einen ausgelernten Jäger. Stellt man sich unter ihren Flugstraßen, die sie regelmäßig einhalten, verdeckt an, im Röhricht z.+B., so erlegt man sie leicht. Das Wildbret der alten Wildgänse ist hart und zähe, das der jungen dagegen außerordentlich schmackhaft, ehrbare Jagd also in jeder Hinsicht gerechtfertigt. Die Federn werden hochgeschätzt und wohl mit Recht für besser gehalten als die der Hausgans; namentlich die Daunen gelten als vorzüglich.

 

Drei naheverwandte Wildgänse, die Saat-, Acker- und Rotfußgans, sind vielfach verkannt, miteinander verwechselt oder verschmolzen worden, unterscheiden sich jedoch im Leben so bestimmt, daß ihre Artselbständigkeit nicht bezweifelt werden kann.

Bei der Saatgans ( Anser segetum) sind Kopf und Hals erdbraun, Stirnrand und seitliche Schnabelwurzelgegend durch drei getrennte, schmal halbmondförmige weiße Streifen geziert, Mantel, Schultern und kleine Oberflügeldeckfedern tiefbraun, durch schmale, hell fahlbräunliche Federsäume streifig gezeichnet, Unterrücken und Bürzel einfarbig schwarzgraubraun, Kropf, Brust und Seiten, mehr und mehr nach unten dunkelnd, tief- oder schwarzbraun und silberweiß geschuppt, die obersten Tragfedern innen breit weiß gesäumt, Bauch und Schwanzdecken weiß. Das Auge ist duukelnußbraun, der Schnabel schwarz, hinter dem Nagel, einen beide Laden umfassenden breiten Ring bildend, hellgelbrot, der Fuß orangefarben. Die Länge beträgt durchschnittlich sechsundachtzig, die Breite einhundertachtzig, die Fittichlänge achtundvierzig, die Schwanzlänge vierzehn Zentimeter.

Die Ackergans ( Anser arvensis) unterscheidet sich von der Saatgans, der sie in allen Kleidern ähnelt, durch bedeutendere Größe, jedoch zierlichere Gestalt, den verhältnismäßig längeren und gestreckteren, an der Wurzel sehr hohen und breiten, an der Spitze abgeflachten und orangeroten Schnabel.

Die Rotfußgans endlich ( Anser obscurus) unterscheidet sich von der ihr ähnlichen Saatgans durch ihre merklich geringere Größe, den auffallend kurzen, plumpen und dicken Schnabel, dessen Ringband kaum größere Ausdehnung als bei der Saatgans und blaß rosenrote Färbung hat, die kleinen, ebenfalls rosenrot gefärbten Füße, die kurzen Fittiche und das sehr dunkle, auf dem Oberkopf schwarzbraune, am Halse rötlichbraune, aus der Oberseite wie an den Weichen matt schwarzgraue, hellgrau umrandete Gefieder.

Keine von diesen drei Gänsen nistet in Deutschland, ihr Brutgebiet ist vielmehr im hohen Norden der Alten Welt zu suchen. Für die Saatgans sind Island, Lappland und von hier ab die Tundren Europas und Asiens bekannte Brutgebiete; die Ackergans nistet, nach Nordvis Befund, ebenfalls in Lappland; von der Rotfußgans wissen wir, daß sie im Sommer auf Spitzbergen lebt. Auf dem Zuge durchwandern Saat- und Ackergans unser Vaterland in jedem Herbst und Frühling, wogegen die Rotfußgans hier bei weitem seltener, dafür aber in Norwegen, Großbritannien, Holland, Belgien und Frankreich regelmäßig beobachtet und wohl auch alljährlich erbeutet wird. Die Saatgans erscheint bei uns zulande in unzählbaren Scharen bereits Mitte September, verweilt hier, wenn die Witterung es gestattet, während des ganzen Winters, zieht bei Schneefall und eintretender Kälte weiter, bis auf die drei südlichen Halbinseln Europas, selbst bis Nordwestafrika, kehrt jedoch, sobald sie irgend kann, wieder nach nördlicheren Ländern zurück, bleibt meist bis Mitte, auch wohl bis Anfang Mai unterwegs oder in Deutschland und bricht nunmehr erst nach ihren Brutplätzen auf. Die Ackergans erscheint stets um einen Monat später, etwa Ende Oktober, verläßt uns im Winter seltener als jene und tritt schon um einen Monat früher den Heimweg an. Die Rotfußgans kommt und geht mit ihr, nicht mit jener, zieht ebenfalls ohne Not nicht weit nach Süden und überwintert in Großbritannien wie in Holland regelmäßig. Jede Art hält sich während ihrer Reise gesondert, schließt sich vielleicht einer Verwandten an, mischt sich aber nicht unter deren Flüge.

Wesen und Betragen aller Feldgänse, wie wir die Gruppe nennen mögen, ähneln sich so, daß ich mich auf eine kurze Schilderung des Auftretens und Gebarens der Saatgans beschränken darf. Während ihres Aufenthaltes in der Winterherberge bildet diese stets sehr zahlreiche Gesellschaften, die zu gewissen Tageszeiten aus bestimmten Stellen sich versammeln, zu bestimmten Zeiten zur Weide fliegen und zu bestimmten Zeiten zurückkehren. Mit besonderer Vorliebe nehmen sie aus unbewohnten, kahlen, von seichtem Wasser umgebenen und vom Ufer aus nicht zu beschießenden Strom- oder Seeinseln und, in Ermangelung solcher gesicherten Schlafplätze, an einem ähnlich beschaffenen Seeufer ihren Stand oder wählen einen schwer zugänglichen Sumpf oder seichten Bruch zu gleichem Zweck. Fehlen einer Gegend auch Sümpfe und Brüche, so entschließen sie sich wohl oder übel, die freie Wasserfläche eines größeren Teiches oder Sees zu benutzen. Von dem Sammel-, Ruhe- und Schlafplatz aus fliegen sie mit Tagesgrauen, nie ohne Geschrei und Lärm, auch stets bestimmte Zugstraßen einhaltend, nach den Feldern hinaus, um dort zu äsen. Hinsichtlich ihrer sonstigen Lebensweise, der Feinde, der Jagd und Nutzung gilt dasselbe, was bei Schilderung der Graugans bemerkt wurde.

 

Ebenso wie die Feldgänse bewohnen und durchwandern auch die Bläßgänse Europa. Die Bläß- oder Lachgans ( Anser albitrons) kennzeichnet sich durch breite, bis auf den Vorderscheitel reichende weiße Schnabelumrandung, sehr dicht stehende schwarze Flecke auf der Brust und rein aschgraue Ober- und Unterflügel. Ihre Länge beträgt etwa siebzig, die Breite einhundertundfünfzig, die Fittichlänge vierundvierzig, die Schwanzlänge zwölf Zentimeter. Die Flügelspitzen reichen bis an das Schwanzende.

Wie bei den Feldgänsen läßt sich auch die Heimat der Bläßgänse zurzeit noch nicht mit Sicherheit angeben. Man hat sie in allen Tundren rings um den Nordpol gefunden. In Deutschland erscheinen sie ziemlich regelmäßig auf dem Durchzuge nach Süden im Oktober, gesellen sich den Saatgänsen, ohne sich unter sie zu mischen, und besuchen dieselben Örtlichkeiten wie letztere. Die Nordeuropa entstammenden Bläßgänse reisen bis Ägypten, die in Nordasien geborenen bis Südpersien und Indien. Im März und April kehren alle heimwärts. Im Betragen unterscheiden sich die Bläßgänse am wenigsten von den Feldgänsen. Sie gehen, schwimmen und fliegen wie diese, haben aber eine gänzlich verschiedene, ungefähr wie »Klikklik« oder »Kläkkläk, Kling« und »Kläng« lautende Stimme. Gefangene betragen sich ganz so wie Feldgänse, werden ebenso zahm und bleiben ebenso mißtrauisch. Auch die Nahrung beider Arten ist dieselbe, und selbst das Brutgeschäft unterscheidet sich nicht wesentlich von dem jener Verwandten. Die Eier ähneln denen der Feldgänse, sind aber merklich kleiner, nur etwa achtzig Millimeter lang und dreiundfünfzig Millimeter dick.

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Eine nur auf die eigenartige Färbung begründete Art vertritt die Schneegans ( Anser hyperboreus). Der alte Vogel ist bis auf die ersten zehn Schwingen schneeweiß; letztere sind schwarz. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel blaß schmutzigrot, an den Rändern schwärzlich, der Fuß blaß schmutzigkarminrot. Die Länge beträgt sechsundachtzig, die Breite einhundertundsechzig, die Fittichlänge fünfundvierzig, die Schwanzlänge sechzehn Zentimeter. Die Heimat der Schneegans ist der hohe Norden Amerikas; sie verbreitet sich aber auch über Nordostasien und verirrt sich zuweilen nach Europa, zählt sogar zu denjenigen Vögeln, die als deutsche aufgeführt werden. Doch ist ihr Vorkommen auf der Osthälfte der Erde immerhin ein seltenes; denn ihr Nistgebiet beschränkt sich auf die Küstenländer von der Hudsonsbai an bis zu den Aleuten, und ihre Wanderungen geschehen mehr in südöstlicher als in südwestlicher Richtung. Allerdings bemerkt man sie in jedem Winter im nördlichen China und Japan, einzeln auch in Westsibirien und selbst in Rußland; die Hauptmasse aber wandert durch Nordamerika und nimmt in den südlicheren Teilen der Vereinigten Staaten oder in Mittelamerika Herberge.

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Die Meergänse ( Branta) sind verhältnismäßig klein, gedrungen gebaut, aber doch zierlich gestaltet. In Deutschland kommen zwei Arten dieser Sippe vor, am häufigsten die Ringelgans ( Branta bernicla). Vorderkopf, Hals, Schwingen und Steuerfedern sind schwarz, die Federn des Rückens, der Brust und des Oberbauches dunkelgrau, etwas lichter gerandet, die Bauchseiten, die Steißgegend und die Oberschwanzdeckfedern weiß. An jeder Seite des Halses steht ein halbmondförmiger weißer Querfleck, und die Federn sind hier seicht gerieft. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel rötlich-, der Fuß dunkelschwarz. Die Länge beträgt zweiundsechzig, die Breite einhundertvierundzwanzig, die Fittichlänge sechsunddreißig, die Schwanzlänge elf Zentimeter. Die Nonnengans, See- oder Nordgans ( Branta leucopsis), ist ein wenig größer als die Ringelgans. Stirne und Kopfseiten, Oberschwanzdecken, Brust, Bauch und Steißgegend sind weiß, die Weichenfedern schwach dunkel quergebändert, Hinterkopf, Hals, ein schmaler Zügelstreifen bis zum Auge, Nacken, Ober- und Mittelrücken glänzend und tiefschwarz, die Federn des Oberrückens braun gesäumt, die Mantelfedern aschgrau, weiß umrandet, die Schwingen schwarzbraun, außen bis gegen die Spitze hin blaugrau gekantet, Oberflügeldeck- und Schulterfedern dunkel aschgrau, die Schwanzfedern schwarz.

siehe Bildunterschrift

Ringelgänse ( Bernicla monacha)

Der hohe Norden der Alten und Neuen Welt ist die Heimat der Ringelgans. Auf Island brüten nur wenige, auf Spitzbergen sehr viele Ringelgänse; mehr nach Osten hin begegnet man ihnen im hohen Sommer an allen Küsten des Eismeeres, ebenso in der Hudsonsbai und in den benachbarten Gewässern in Menge. Von dieser unfreundlichen Heimat aus treten sie alljährlich Wanderungen an, die sie an unsere Küsten, zuweilen auch in südlichere Gegenden führen. Ende Oktober oder spätestens Anfang November bevölkern sie alle flachen Gestade der Ost- und Nordsee zu Tausenden. Soweit das Auge reicht, sieht man die Watten oder die Sandbänke, die von der Ebbe bloßgelegt werden, bedeckt von diesen Gänsen; ihr Geschrei übertönt das Rollen der Brandung; ihre Massen gleichen, von fern gesehen, wenn sie auffliegen, einem dichten, weit verbreiteten Rauche und lassen jede Schätzung als unzulässig erscheinen. Die Nonnengans teilt mit der Verwandten dieselbe Heimat, scheint aber nur lückenhaft aufzutreten. Im Herbst findet sie sich an den Küsten Südgrönlands, Islands, Großbritanniens, Jütlands, Norddeutschlands, Hollands, Belgiens und Frankreichs ein, verbringt an allen geeigneten Stellen der genannten Länder auch den Winter, tritt hier und da kaum minder zahlreich auf als die Ringelgans und kehrt im Frühjahr auf ihre Brutplätze zurück.

Die Ringelgans, auf deren Lebensschilderung ich mich beschränken muß, ist, ebenso wie ihre Verwandten, ein Küstenvogel, der das Meer selten aus den Augen verliert und nur ausnahmsweise, größeren Strömen folgend, das Binnenland besucht. Vor den meisten ihrer mehr im letzteren heimischen Verwandten zeichnet sie sich aus durch Zierlichkeit und Geselligkeit. Sie geht auf festem wie auf schlammigem Boden gleich gut, schwimmt leicht und schön, taucht vortrefflich, jedenfalls besser, fliegt auch leichter und gewandter als alle übrigen Gänse, nimmt aber nicht so regelmäßig wie diese im Fluge die Keilordnung an, sondern zieht meist in wirren Haufen durch die Luft. Beim Aufstehen größerer Scharen vernimmt man ein Gepolter, das fernem Donner gleicht, bei geradem Fluge in höheren Luftschichten ein deutlich hörbares Sausen, das schärfer als das der größeren Gänse, aber dumpfer als das der Enten klingt. Die Stimme ist sehr einfach; der Lockton besteht aus einem schwer wiederzugebenden Rufe, der etwa wie »Knäng« klingt; der Unterhaltungslaut ist ein rauhes und heiseres »Kroch«, der Ausdruck des Zornes, wie gewöhnlich, ein leises Zischen. Nach Art ihrer Verwandten lebt sie nur mit ihresgleichen gesellig und hält sich, wenn sie gezwungen mit andern vereinigt wird, stets in geschlossenen Haufen. Dem Menschen gegenüber bekundet sie sich als ein Kind des hohen Nordens, das selten von dem Erzfeinde der Tiere heimgesucht wird. Sie ist weit weniger scheu als die übrigen Gänse und wird erst nach längerer Verfolgung vorsichtig. In der Gefangenschaft beträgt sie sich anfänglich sehr schüchtern, fügt sich aber bald in die veränderten Verhältnisse und gewinnt nach und nach zu ihrem Pfleger warme Zuneigung, kommt auf dessen Ruf herbei, bettelt um Futter und kann, wenn man sich mit ihr abgibt, dahin gebracht werden, daß sie wie ein Hund auf dem Fuße folgt.

Hinsichtlich der Nahrung unterscheiden sich die Meergänse insofern von den unserigen, daß sie neben Gras und Seepflanzen auch Weichtiere fressen. Im hohen Norden werden sie wahrscheinlich alle dort wachsenden Pflanzen weiden; bei uns bevorzugen sie frisches Wiesengras ähnlichen Stoffe. Gefangene gewöhnen sich an Körnerfutter, müssen aber, wenn sie sich länger erhalten sollen, auch andere Pflanzenstoffe, namentlich Grünzeug verschiedener Art, mit erhalten.

Schon die älteren Seefahrer erwähnen, daß die Ringelgänse häufig auf Spitzbergen nisten; Walfisch- und Nordpolfahrer fanden ihre Brutstätten auf allen Eilanden des höchsten Nordens, die sie betraten. »Diese häufigsten Gänse Spitzbergens«, sagt Malmgren, »brüten sehr zahlreich auf der West- und Nordküste der Insel, ebensowohl auf dem Festlande als auf den Schären, vorzugsweise auf solchen, wo Eidergänse in größeren Mengen nisten. Das aus Wasserpflanzen und deren Blättern sehr unkünstlich zusammengebaute Nest wird oft dicht neben dem der Eiderente angelegt und von dieser häufig beraubt. Das Gelege, das erst im Juli vollzählig zu sein pflegt, enthält vier bis acht dünnschalige, glanzlose Eier von etwa zweiundsiebzig Millimeter Längs-, siebenundvierzig Millimeter Querdurchmesser und trübgrünlich- oder gelblichweißer Färbung. Beide Gatten eines Paares gefallen sich vor der Brutzeit in gaukelnden Flugkünsten, die sie in sehr bedeutender Höhe auszuführen pflegen, und das Männchen macht dem Weibchen in ausdrucksvoller Weise den Hof. Am Neste sind beide nicht im geringsten scheu; der Gansert verteidigt Gattin und Brut gegen jeden nahenden Feind, geht sogar zischend auf den Menschen los, der diese oder jene gefährdet. Führt das Paar Junge, so erhöht sich der Mut beider Eltern noch wesentlich. Gegen Ende Juli tritt die Mauser ein und macht die Alten ebenso flugunfähig wie die Jungen.«

Im hohen Norden stellen Eskimo und Walfischfahrer auch der Ringelgans nach; an den südlichen Küsten wird sie im Herbst und Frühling zu Tausenden erlegt, in Holland mit Hilfe ausgestellter Lockgänse in noch größerer Anzahl gefangen. Ihr Wildbret gilt als wohlschmeckend, hat jedoch oft einen ranzigen Beigeschmack, der nicht jedermann behagen will. Da derselbe von der Muschelnahrung herrührt, pflegt man in Holland die eingefangenen Meergänse einige Zeit lang mit Getreide zu füttern, zu mästen und dann erst zu schlachten.

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Verschiedenheit des Schnabelbaues und der Färbung des Gefieders trennen die Höhlengänse ( Tadorna), die in Deutschland durch die Brandgans oder Brandente( Tadorna cornuta) vertreten werden, von den andern Gänsen. Sie bilden ein zwischen den Gänsen und Enten stehendes Mittel- und Bindeglied beider Unterfamilien. Ihr Schnabel ist vorn breiter als bei letzteren, auch durch einen während der Paarungszeit anschwellenden Höcker am Schnabelgrunde des Männchens ausgezeichnet, das Gefieder bunter als bei den Verwandten. Kopf und Hals der genannten Art sind glänzenddunkelgrün, zwei große Flecke auf den Schultern schwarz, ein nach vorn sich verbreiterndes Halsband, der Mittelrücken, die Flügeldeckfedern, die Seiten und die Schwanzfedern bis gegen die schwarzen Spitzen hin blendendweiß, ein breites Brustband und einige der Oberarmschwingen schön zimmetrot, die Mittelbrust und der Bauch grauschwarz, die Unterschwanzdeckfedern gelblich, die Schwingen schwarzgrau, die Federn, die den Spiegel bilden, metallischgrün. Das Auge ist dunkelnußbraun, der Schnabel karminrot, der Fuß fleischfarben. Die Länge beträgt dreiundsechzig, die Breite einhundertzehn, die Fittichlänge sechsunddreißig, die Schwanzlänge zwölf Zentimeter.

An den Küsten der Nord- und Ostsee zählt die Brandgans zu den häufigsten Arten ihrer Unterfamilie. Nach Norden hin verbreitet sie sich ungefähr bis zum mittleren Schweden, nach Süden hin bis Nordafrika, woselbst sie auf allen Seen häufig und während des Winters zuweilen in unschätzbaren Mengen vorkommt. Außerdem hat man sie an den Küsten Chinas und Japans beobachtet und ebenso an allen größeren Seen Sibiriens oder Mittelasiens überhaupt angetroffen. Da sie salziges Wasser dem süßen bevorzugt, begegnet man ihr am häufigsten auf der See selbst oder doch nur auf größeren Seen mit brackigem Wasser. Auf den schleswigschen, jütländischen und dänischen Inseln, wo sie als halber Hausvogel gehegt und gepflegt wird, trägt sie zur Belebung der Gegend wesentlich bei und ruft mit Recht das Entzücken der Fremden wach, wenn sie sich, wie Naumann schildert, »meist Paar bei Paar höchst malerisch, auf einer grünen Fläche ohne Baum, einem kleinen Tale zwischen den nackten Sanddünen verteilt«. Die Stimme hat mit der anderer Gänse wenig Ähnlichkeit; der Lockton des Weibchens ist ein Entenquaken, der des Männchens ein tiefes »Korr«, der Paarungslaut ein schwer wiederzugebendes singendes Pfeifen, das Naumann durch die Silben »Tiuioiaiuiei« usw. auszudrücken versucht. Auch die Brandgans ist scheu und vorsichtig, lernt aber bald erkennen, ob ein Mensch ihr freundlich zugetan ist oder nicht, und zeigt sich, wenn sie sich seines Schutzes versichert hat, so zutunlich, daß sie ihm eben nur aus dem Wege geht, nimmt auch die für sie hergerichteten Nisthöhlen ohne Bedenken in Besitz, wogegen sie da, wo sie Gefahr zu befürchten hat, den Schützen stets mit größter Umsicht ausweicht. Mit andern ihrer Art lebt sie bis zu einem gewissen Grade selbst während der Brutzeit gesellig; um fremdartige Verwandte kümmert auch sie sich wenig. Ihre Nahrung besteht vorzugsweise ebenfalls aus Pflanzenstoffen, insbesondere aus den zarten Teilen der Seegewächse oder anderer Kräuter, die im salzigen Wasser überhaupt wachsen, aus Sämereien, verschiedenen Gras- und Binsenarten, Getreidekörnern und dergleichen; tierische Stoffe sind jedoch zu ihrem Wohlbefinden unumgänglich notwendige Bedingung. Während ihres Freilebens stellt sie kleinen Fischen, Weich- und Kerbtieren eifrig nach; in der Gefangenschaft stürzt sie sich gierig auf die ihr vorgeworfenen Fische, Krabben und dergleichen, frißt auch gern rohes Fleisch. Sie erbeutet ihre Nahrung weniger schwimmend als laufend, erscheint mit zurücktretender Ebbe auf den Watten, läuft wie ein Strandvogel an deren Rande umher und fischt die Wassertümpel sorgfältig aus. In den Morgenstunden besucht sie das benachbarte Festland und liest hier Regenwürmer und Kerbtiere auf, durchstöbert auch wohl sumpfige Stellen oder fliegt selbst auf die Felder hinaus.

Sie brütet ebenso wie die Fuchsgans nur in Höhlen. »Wer Veranlassung hat, in der Nähe der Meeresküste zu reisen«, sagt Bodinus, »wird sich nicht wenig Wundern, wenn er, oft drei Kilometer und weiter von der See entfernt, diesen schönen Vogel in Begleitung seines Weibchens, manchmal auch mehrere Pärchen, auf einem freien Hügel oder einem freien Platze im Walde und dann plötzlich verschwinden sieht. Würde er sich an den bemerkten Platz begeben, so könnte er wahrnehmen, daß unser glänzender Wasservogel in den Schoß der Erde hinabgestiegen ist, nicht etwa deshalb, um sich über die Beschaffenheit der dort befindlichen Fuchs-, Dachs- und Kaninchenbaue zu vergewissern, um, wenn jene Vierfüßler etwa ausgezogen sind, sich deren Wohnung anzueignen, nein, um neben ihnen seine Häuslichkeit einzurichten. Unleugbare, durch die erprobtesten Schriftsteller beobachtete und nachgewiesene Tatsache ist es, daß Fuchs und Berggans denselben Bau bewohnen, daß der erstere, der sonst kein Geflügel verschont, an letzterer nicht leicht sich vergreift.« So ganz sicher ist dies freilich nach meiner Beobachtung nicht; denn ich selbst habe neben einem bewohnten Fuchsbaue Flügel und Federn einer Berggans gefunden, wenngleich damit nicht bewiesen ist, daß der Fuchs der Mörder gewesen sei, da der Bau in einem von Habichten bewohnten Walde sich befand, also einer der letzteren die Gans an diesem verdächtigen Platze verspeist haben konnte. Fragt man, warum der mörderische Fuchs, der fast kein Tier verschont, das er überwältigen kann, bei unserer Gans eine Ausnahme macht, so glaube ich antworten zu können, daß der außerordentliche Mut, den diese besitzt, ihm Achtung einflößt.

Auf Sylt legt man künstliche Bauten an, indem man auf niedrigen, mit Rasen überkleideten Dünenhügeln wagrechte Röhren bildet, die sich im Mittelpunkte des Hügels netzartig durchkreuzen und so zur Anlage der Nester dienen. Jede Niststelle wird mit einem aus Rasen bestehenden, genau schließenden Deckel versehen, der sich abheben läßt und Untersuchung des Nestes gestattet, die Niststelle selbst mit trockenem Geniste und Moose belegt, damit die ankommenden Vögel die ihnen nötigen Stoffe gleich vorfinden mögen. Diese Baue werden von den Brandgänsen regelmäßig bezogen, auch wenn sie sich in unmittelbarer Nähe von Gebäuden befinden sollten; ja, die Vögel gewöhnen sich nach und nach so an die Besitzer, daß sie sich, wenn sie brüten, unglaublich viel gefallen lassen. Stört man das Weibchen nicht, so legt es sieben bis zwölf große, etwa siebzig Millimeter lange und fünfzig Millimeter dicke, weiße, glatt- und festschalige Eier und beginnt dann eifrig zu brüten. Nimmt man ihm, wie es auf Sylt geschieht, die Eier weg, so zwingt man es, daß es zwanzig bis dreißig legt. Nach und nach umgibt es das Gelege mit Daunen, deckt auch beim Weggehen stets das Nest mit denselben sorgfältig zu. Es liebt die Eier sehr und weicht nicht vom Nest, bis man es fast greifen kann. Die, die in den künstlichen Entenbauen auf Sylt brüten, sind so zahm, daß sie beim behutsamen Aufheben des erwähnten Deckels sitzenbleiben und erst seitwärts in eine Nebenhöhle schlüpfen, wenn man sie berührt. Bei Besichtigung der Baue pflegt man vorher den einzigen Ausgang zu verstopfen, damit die Gänse nicht herauspoltern und scheu werden. Nach beendeter Musterung der Nester öffnet man die Hauptröhre wieder; dann aber kommt keine der Brutgänse zum Vorschein; jede begibt sich vielmehr wieder auf ihr Nest. Die, die eine kurze, hinten geschlossene Höhle bewohnen, lassen sich auf den Eiern leicht ergreifen, verteidigen sich dabei aber mit dem Schnabel and fauchen dazu wie eine Katze oder stoßen, mehr vor Wut als aus Angst, schäkernde Töne aus. Nach vollendeter Brutzeit, die sechsundzwanzig Tage währt, führt die Mutter ihre Jungen dem nächsten Meere zu, verweilt unterwegs aber gern einige Tage auf am Wege liegenden süßen Gewässern. Die wandernde Schar kann man leicht erhaschen, während dies fast ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn die Familie bereits tieferes Wasser erreicht hat; denn die Jungen tauchen vom ersten Tage ihres Lebens an vortrefflich. Übrigens versucht die Mutter, ihre Kinder nach besten Kräften zu verteidigen, indem sie entweder dem Feinde kühn zu Leibe geht oder ihn durch Verstellung zu täuschen sucht.

Für die Bewohner von Sylt und andern Inseln der Nordsee ist die Brandgans nicht ganz ohne Bedeutung. Die Eier, die man nach und nach dem Nest entnimmt, werden, obgleich ihr Geschmack nicht jedermann behagt, geschätzt, und die Daunen, die man nach vollendeter Brutzeit aus den Nestern holt, stehen denen der Eiderenten kaum nach und übertreffen sie noch an Sauberkeit. Das Wildbret der alten Vögel wird nicht gerühmt, weil es einen ranzigen oder tranigen Geschmack und widerlichen Geruch hat.

 

Die Schwimmenten ( Anatinae) unterscheiden sich von den Gänsen hauptsächlich durch die niederen Füße und von den Schwänen durch den kürzeren Hals. Ihr Leib ist kurz, breit oder von oben nach unten zusammengedrückt, der Hals kurz oder höchstens mittellang, der Kopf dick, der Schnabel an Länge dem Kopfe gleich oder etwas kürzer, seiner ganzen Länge nach gleich breit oder vorn etwas breiter als hinten, an der Wurzel mehr oder weniger hoch, zuweilen auch knollig aufgetrieben, aus der Oberfirste gewölbt, an den Rändern so übergebogen, daß der Unterschnabel größtenteils in dem oberen aufgenommen wird, die Bezahnung deutlich und scharf, der Fuß weit nach hinten gestellt, niedrig, bis zur Ferse befiedert, der Lauf schwach, seitlich zusammengedrückt, seine Mittelzehe länger als der Lauf, die Behäutung groß und vollkommen, die Hinterzehe stets vorhanden, die Bekrallung schwach, der Flügel mittelgroß, schmal und spitzig, in ihm die zweite Schwinge regelmäßig die längste, der Afterflügel gewöhnlich sehr entwickelt, auch wohl durch eigentümlich gebildete Federn verziert, der aus vierzehn bis zwanzig Federn zusammengesetzte Schwanz kurz, breit, am Ende zugerundet oder zugespitzt, das Kleingefieder sehr dicht und glatt, die Bedaunung reichlich, die Färbung nach Geschlecht, Jahreszeit und Alter sehr verschieden, beim Männchen mehr oder weniger prächtig, beim Weibchen einfach und unscheinbar.

Auch die Schwimmenten verbreiten sich über die ganze Erde, treten aber in den heißen und gemäßigten Zonen zahlreicher an Arten auf als in den kalten. Sie bewohnen das Meer und die süßen Gewässer bis hoch in das Gebirge hinauf, wandern, falls der Winter sie dazu zwingt, nach wärmeren Gegenden, einzelne Arten sehr weit, und sammeln sich während ihres Zuges zu ungeheuren Scharen. Einige Arten gehen fast ebenso gut wie die Gänse, andere watscheln schwerfällig dahin; alle bekunden ihre Meisterschaft im Schwimmen, tauchen aber nur ausnahmsweise und niemals mit besonderer Fertigkeit; alle fliegen auch gut, mit rasch aufeinanderfolgenden, fast schwirrenden Schlägen, unter pfeifendem, rauschendem oder klingendem Getöne, erheben sich ebenso leicht vom Wasser wie vom festen Lande und streichen entweder niedrig über dem Boden oder der Wasserfläche fort, oder steigen bis zu mehreren hundert Metern empor. Die Stimme ist bei einzelnen wohllautend und hell, schmetternd, oder pfeifend, bei andern quakend oder knarrend, beim Männchen regelmäßig anders als beim Weibchen; im Zorne zischen einzelne, doch nicht nach Art der Gänse, sondern dumpf fauchend; in der Jugend stoßen sie ein schwaches Piepen aus. Die Sinne scheinen vortrefflich und ziemlich gleichmäßig entwickelt zu sein. Sie sind scheu und mißtrauisch, fügen sich aber doch bald in veränderte Verhältnisse, richten ihr Benehmen nach dem Ergebnisse ihrer Wahrnehmungen ein und lassen sich dementsprechend leicht zähmen und zu förmlichen Haustieren gewinnen. Ihre Nahrung, die sie namentlich in den Dämmer- und Nachtstunden zu erbeuten suchen, ist gemischter Art. Zarte Spitzenblätter, Wurzelknollen und Sämereien der verschiedensten Art, Sumpf- und Wasserpflanzen, Gräser- und Getreidearten, Kerbtiere, Würmer, Weichtiere, Lurche, Fische, Fleisch von größeren Wirbeltieren, selbst Aas werden gern verzehrt, Muschelschalen und Sand oder kleine Kiesel zu besserer Verdauung mit ausgenommen.

Sämtliche Enten leben zwar in Einehigkeit; ihre Begattungslust ist aber so lebhaft, daß sie nicht selten die Grenzen der geschlossenen Ehe überschreiten, sowie auch leichter als die meisten übrigen Schwimmvögel Mischlingsehen eingehen. Die Weibchen legen ihre Nester gern in großer Nähe nebeneinander an; einige Arten bilden förmliche Brutgesellschaften. Ein Nistplatz, der das Nest versteckt, wird andern vorgezogen, viele Nester aber auch auf freiem Boden errichtet. Mehrere Arten nisten in Höhlen unter der Erde oder in Felsenklüften, andere in Baumlöchern, andere auf Bäumen selbst, indem sie zur Unterlage ihres Nestes das eines Landvogels benutzen; die übrigen bilden auf dem Boden aus verschiedenen Pflanzenstoffen eine tiefe Mulde, deren Napf beim Brüten mit den eigenen Daunen weich ausgefüttert wird. Das Gelege besteht aus einer größeren Anzahl von Eiern, selten unter sechs und zuweilen bis zu sechzehn Stück; die Brutzeit schwankt zwischen einundzwanzig und vierundzwanzig Tagen. Wenn mehrere Entenweibchen nebeneinander nisten, pflegen sie sich gegenseitig um ihre Eier zu bestehlen; denn ihre Brutlust und Kinderliebe ist ebenso groß wie der Begattungstrieb der Männchen. Letztere nehmen am Brüten keinen Anteil, schlagen sich, nachdem ihre Gattinnen zu brüten begonnen haben, in abgesonderte Schwärme zusammen, gehen auch wohl noch mit andern Weibchen engere Verbindungen ein. Die Jungen werden, nachdem sie abgetrocknet, von der Mutter sobald wie möglich dem Wasser zugeführt und mit warmer Liebe geführt und geleitet. Sie sind vom ersten Tage ihres Lebens an höchst geschickte, bewegungsfähige Geschöpfe, laufen vortrefflich, schwimmen und tauchen gewandt, fangen eifrig Kerbtiere, fressen viel, wachsen heran und legen sofort, nachdem sie ihr erstes Federkleid erhalten haben, das zweite an. Nachdem sie dieses erhalten, vereinigt sich die Familie wiederum mit dem Vater oder doch wenigstens mit einem Entenmännchen.

Vom Adler an bis zum Habicht- oder Sperberweibchen herab stellen alle schnellfliegenden Räuber den alten, Füchse, Marder, Wiesel, Ratten, Raben, Krähen, Raubmöwen den jungen Enten nach: unerwartetes Anschwellen der Gewässer oder andere Naturereignisse zerstören außerdem viele Bruten. In bebauten Ländern nimmt ihre Anzahl von Jahr zu Jahr stärker ab, weniger infolge der Nachstellungen als deshalb, weil die geeigneten Nahrungs- und Nistplätze mehr und mehr trockengelegt werden. Aber auch diejenigen Arten, die im höheren Norden brüten, verringern sich stetig, obgleich hier der Mensch nicht überall die natürlichen Feinde vermehrt und die Beschaffenheit des Landes nicht wesentlich sich verändert. Diese Verminderung ist zu beklagen; denn alle Enten verursachen keinen nennenswerten Schaden, bringen aber durch ihr treffliches Fleisch, ihre Federn und Daunen nicht unerheblichen Nutzen.

 

Unter ihren Sippschaftsgenossen spreche ich der Pfeifente, Bläß- und Speckente ( Anas penelope), die meiste Verwandtschaft mit den Gänsen zu. Stirn- und Scheitelmitte sind ockergelb, der übrige Kopf, bis auf ein kleines dreieckiges, schwarzes, goldgrün scheinendes Fleckchen hinter dem Auge, und der Hals rostrot, Kinn und Kehle schwärzlich, die Kropfteile zart graulich rosenrot, Mantel, Rücken, Brust- und Bauchseiten auf aschgrauem Grunde fein schwarz, Bürzel und Oberschwanzdecken auf schwarzgrauem Grunde undeutlich grau quergewellt, die kleinen Oberflügeldeckfedern die oberen Schwanzdecken an den Seiten und am Ende, Brust- und Bauchmitte sowie der Steiß weiß, die Unterschwanzdeckfedern dunkelschwarz, die Handschwingen graubraun, heller gesäumt, die vorderen Armschwingen schwarz, außen schimmernd grün, die hinteren, verlängerten sammetschwarz, innen grau, außen breit weiß gesäumt, die grünen Spiegelfedern vorn und hinten schwarz eingefaßt, die Schwanzfedern dunkel aschgrau. Die Länge beträgt vierundfünfzig, die Breite neunzig, die Fittichlänge dreißig, die Schwanzlänge zehn Zentimeter.

Wie viele andere Enten im Norden heimisch, verbreitet sich die Pfeifente über das ganze Gebiet der Tundra und kommt demgemäß ebensowohl in Europa und Asien wie in Amerika vor. Auf ihrem Zuge durchfliegt sie ganz Europa und Asien, dringt aber nicht in das Innere Afrikas ein, sondern überwintert in den Mittelmeerländern. Bei uns zulande erscheint sie zu Anfang Oktober, verweilt, solange die Gewässer offen bleiben, und zieht im März und April wieder nordwärts. Auch sie nimmt während ihrer Reise in seichten Meeresbuchten und Brackwässern vorübergehend Aufenthalt, bevorzugt aber Süßgewässer mehr als jede andere Schwimmente und lebt während des Sommers nur an diesen.

Obwohl in Sein und Wesen eine echte Ente, unterscheidet sie sich von ihren Verwandten doch wesentlich durch ihren leichten, raschen, gänseartigen, kaum watschelnden Gang, der auf Kosten ihrer Schwimmfertigkeit entwickelt zu sein scheint. Auch ihr Flug ist ungemein rasch, fördernd und fast geräuschlos, trotzdem jedoch dabei aller unter Enten üblichen Wendungen und Schwenkungen fähig. Die bezeichnende Stimme, der sie ihren Namen dankt, besteht zumeist aus hohen, den Silben »Wiwü, wübibü, wübwiü« vergleichbaren, von fern gehört, nicht unangenehm klingenden Lauten, zwischen die schnarchende eingeflochten werden. Erstere, offenbar nur der Unterhaltung dienend, wie letztere sind beiden Geschlechtern gemein; von dem Männchen vernimmt man außerdem ein kurzes, meckerndes Quaken. Das Auftreten hat etwas Gefälliges, das Wesen etwas Anmutendes. Grundzug des letzteren ist Geselligkeit und Friedfertigkeit; erstere zeigt sich auch am Brutorte.

Keine einzige mir bekannte Ente ist in gleichem Grade Pflanzenfresser wie die Pfeifente. Sie frißt zwar ebenfalls kleine Fische, Lurche, Kerb- und Weichtiere, Würmer usw., weit lieber aber allerlei Pflanzenschossen, Körner und Sämereien, weidet wie eine Gans auf Rasen- und Saatflächen, äst in Teichen und Brüchen hauptsächlich von allerlei Sumpf- und Wasserpflanzen, besucht, grüner Blattspitzen und der Körner halber, selbst Stoppelfelder und nährt sich nur dann ausschließlich von tierischen Stoffen, wenn sie nicht anders kann.

Hier und da oder dann und wann brütet ein Pfeifentenpaar auch in Deutschland, regelmäßig aber nur im Norden ihres Verbreitungsgebietes, in Europa etwa von Südschweden oder Livland an nordwärts. Das Nest steht in der Regel auf dem Boden, unter niedrigem Gebüsch oder im Binsicht, manchmal ziemlich weit vom Wasser entfernt, und ist entweder eine in das Moos gegrabene Vertiefung oder ein liederlich zusammengeschichteter Haufen, innen aber stets reich mit Daunen ausgekleidet. Neun bis zwölf etwa vierundfünfzig Millimeter lange, einundvierzig Millimeter dicke, fest- und glattschalige, feinkörnige Eier von gelblichweißer Färbung bilden das Gelege, werden binnen vierundzwanzig Tagen vom Weibchen gezeitigt, die Jungen aber sofort nach dem Abtrocknen dem Wasser zugeführt und in üblicher Weise, ohne Mithilfe des Männchens, erzogen.

Gefangene Spießenten, eine Zierde des gehegten Weihers, halten sich sehr gut, pflanzen sich auch unter Obhut des Menschen fort; erjagte stehen ihres vorzüglichen Wildbrets halber bei allen Feinschmeckern hoch in Ansehen; auch Federn und Daunen werden geschätzt.

 

Unter allen Enten ist für uns die Stockente, Wild- und Moosente ( Anas boschas), die wichtigste, weil von ihr unsere Hausente herstammt. Die männliche Stockente hat grünen Kopf und Oberhals, braune Vorderbrust, hoch- oder graubraunen, dunkler gemischten, auf den Schultern grauweiß, braun und schwärzlich gewässerten Oberrücken, graue Oberflügel, prachtvoll blauen, beiderseitig weiß gesäumten Spiegel, schwarzgrünen Unterrücken und Bürzel und auf grauweißem Grunde sehr zart schwärzlich gewässerte Unterteile; ein schmales, weißes Halsband trennt das Grün des Halses von dem Kastanienbraun der Vorderbrust? die Oberschwanzdeckfedern, deren mittlere sich aufwärts krümmen, sind schwarzgrün, die Unterdeckfedern samtschwarz, die Schwingen dunkelgrau. Das Auge ist hellbraun, der Schnabel grüngelb, der Fuß blaßrot. Im Herbst ähnelt das Kleid des Männchens dem des Weibchens, das auf Kopf und Hals fahlgrau, dunkler gepunktet, auf dem Oberkopf schwarzbraun, auf dem Rücken braun, lichter schwarzbraun, grau, braun und rostgelbbraun bespritzt und heller gerandet, auf dem Unterhalse und Kropfe auf hell kastanienbraunem Grunde mit schwarzen Mondflecken, auf dem übrigen Unterkörper durch braune Flecke gezeichnet ist. Die Länge beträgt dreiundsechzig, die Breite einhundertvier, die Fittichlänge dreißig, die Schwanzlänge neun Zentimeter. Das Weibchen ist kleiner. Hier und da gesellt sich zu dieser bekanntesten Art der Unterfamilie die ihr gleichgestaltete, durch den verhältnismäßig kleineren und schmaleren, mit längeren Zähnchen ausgerüsteten Schnabel unterschiedene Schnatterente und Mittelente ( Anas strepera).

Das Verbreitungsgebiet der Stockente umfaßt ganz Europa und Asien, Amerika bis Mexiko und Nordafrika; das der Schnatterente ist kaum minder ausgedehnt. Erstere, deren Lebensweise im wesentlichen auch die der Schnatterente ist, zieht im Norden regelmäßig, wandert auch in unsern Breiten noch, bleibt aber schon in Süddeutschland oft auch im Winter innerhalb ihres Brutgebietes wohnen. In den Monaten Oktober und November versammeln sich die Stockenten zu großen Scharen und brechen nach südlicheren Gegenden auf. Die meisten gehen bis Italien, Griechenland und Spanien, wenige nur bis Nordafrika oder in die diesem Teil der Erde entsprechende Breite Südasiens hinab. Schon im Februar oder spätestens im März beginnt der Rückzug. In der Heimat wie in der Fremde nimmt die Stockente am liebsten auf schilf- oder riedbedeckten Seen, Teichen und Brüchen ihren Aufenthalt. Gewässer, die hier und da von Pflanzen frei, im übrigen von Gebüsch und Sumpfpflanzen aller Art bewachsen sind, sagen ihr besonders zu; von ihnen aus fliegt sie ab und zu auf kleinere Teiche, Lachen, Wassergräben oder Felder hinaus. Auf freiem Wasser zeigt sie sich verhältnismäßig wenig, schwimmt vielmehr sobald als möglich dem Pflanzendickicht zu und untersucht nun gründelnd und watend den Schlamm.

Die Stockente gehört zu den gefräßigsten Vögeln, die wir kennen, verzehrt die zarten Blätter oder Spitzen der Grasarten und der verschiedensten Sumpfgewächse, deren Knospen, Keime und reife Sämereien, Getreidekörner, Knollenfrüchte, jagt aber auch eifrig auf alle Tiere vom Wurm an bis zum Fisch und Lurch, scheint an einem unersättlichen Heißhunger zu leiden und frißt, um ihn zu stillen, solange sie wach ist und etwas findet.

Wesen, Sitten und Gewohnheiten ähneln dem Gebaren ihrer Nachkommen, der Hausente. Sie geht, schwimmt, taucht und fliegt in ähnlicher Weise, obschon besser als die Hausente, hat genau dieselbe Stimme, das weitschallende »Quak« des Weibchens und das dumpfe »Quäk« des Männchens, das unterhaltende »Weck weck« oder das lockende »Wack wack«, das Furcht ausdrückende »Rätsch« oder »Räb räb«, kurz alle die Laute, die man von der Hausente vernimmt. Ihre Sinne sind scharf, sie bekundet stets Vorsicht und wird auch, wenn sie Verfolgungen erfährt, bald ungemein scheu. Höchst gesellig, im allgemeinen auch verträglich, mischt sie sich gern unter Verwandte, hält überhaupt mit allen Vögeln Gemeinschaft, die ihrerseits solche leiden mögen. Auch die Nähe des Menschen meidet sie nicht immer, siedelt sich vielmehr oft auf Teichen an, die unter dem Schutze der Bevölkerung stehen, beispielsweise auf solchen in Anlagen oder größeren Gärten, zeigt sich hier bald höchst zutraulich, läßt es sich ebenso gern gefallen, wenn ihrer Gefräßigkeit abseiten des Menschen Vorschub geleistet und sie regelmäßig gefüttert wird, brütet und erzieht ihre Jungen hier und benimmt sich schließlich fast wie ein Hausvogel. Trotzdem bewahrt sie sich eine gewisse Selbständigkeit und wird nicht zur Hausente, sondern übererbt auch ihren Jungen immer den Hang zur Freiheit und Ungebundenheit. Wirklich zähmen läßt sie sich nur dann, wenn man sie von Jugend auf mit Hausenten zusammenhält und ganz wie diese behandelt. Sie paart sich leicht mit letzteren, und die aus solchen Ehen hervorgehenden Nachkommen werden ebenso zahm wie die eigentlichen Hausenten selbst.

Bald nach ihrer Ankunft trennen sich die Gesellschaften in Paare, und diese hängen mit vieler Liebe aneinander, obwohl heftige Brunst sie leicht zu Überschreitungen der Grenzen einer geschlossenen Ehe verleitet. Nach erfolgter Begattung, die fast immer auf dem Wasser vollzogen, durch Entfaltung eigentümlicher Schwimmkünste eingeleitet und mit vielem Geschrei begleitet wird, wählt sich die Ente einen passenden Platz zur Anlage des Nestes. Zu diesem Zweck sucht sie eine ruhige, trockene Stelle unter Gebüsch oder anderen Pflanzen auf, nimmt jedoch ebenso Besitz von bereits vorhandenen, auf Bäumen stehenden Raubtierhorsten oder Krähennestern. Trockene Stengel, Blätter und andere Pflanzenstoffe, die locker übereinander gehäuft, in der Mulde ausgerundet, später aber mit Daunen ausgekleidet werden, bilden den einfachen Bau. Das Gelege besteht aus acht bis sechzehn länglichen, hart- und glattschaligen, grauweißen Eiern, die von denen der Hausente nicht unterschieden werden können. Die Dauer der Brutzeit währt vierundzwanzig bis achtundzwanzig Tage. Das Weibchen brütet mit Hingebung, bedeckt beim Weggehen die Eier stets vorsichtig mit Daunen, die es sich ausrupft, schleicht möglichst gedeckt im Grase davon und nähert sich, zurückkehrend, erst, nachdem es sich von der Gefahrlosigkeit vollkommen überzeugt hat. Die Jungen werden nach dem Ausschlüpfen noch einen Tag lang im Nest erwärmt und sodann dem Wasser zugeführt. Wurden sie in einem hoch angelegten Neste groß, so springen sie, bevor sie ihren ersten Ausgang antreten, einfach von oben herab auf den Boden, ohne durch den Sturz zu leiden. Ihre erste Jugendzeit verleben sie möglichst versteckt zwischen dichtstehendem Riedgras, Schilf und anderen Wasserpflanzen, und erst wenn sie anfangen, ihre Flugwerkzeuge zu Proben, zeigen sie sich ab und zu auf freierem Wasser. Ihre Mutter wendet die größte Sorgfalt an, um sie den Blicken der Menschen oder anderer Feinde zu entziehen, sucht nötigenfalls durch Verstellungskünste die Gefahr auf sich selbst zu lenken, tritt auch, wenn sie die Schar von schwächeren Feinden angegriffen sieht, denselben mutig entgegen und schlägt sie häufig in die Flucht. Die Jungen hängen mit warmer Liebe an ihr, beachten jede Warnung, jeden Lockton, verkriechen sich, sobald die Alte ihnen dies befiehlt, zwischen deckenden Pflanzen oder Bodenerhöhungen und verweilen, bis jene wieder zu ihnen zurückkehrt, in der einmal angenommenen Lage, ohne sich zu regen, sind aber im Nu wieder auf den Beinen und beisammen, wenn die Mutter erscheint. Ihr Wachstum fördert ungemein rasch; nach etwa sechs Wochen fliegen sie bereits.

Alle Sorge und Angst der Mutter läßt den Vater unbekümmert. Sobald die Ente zu brüten beginnt, verläßt er sie, sucht unter Umständen noch ein Liebesverhältnis mit anderen Entenweibchen anzuknüpfen und vereinigt sich, wenn ihm dies nicht mehr gelingen will, mit seinesgleichen zu Gesellschaften, die sich nunmehr ungezwungen auf verschiedenen Gewässern umhertreiben. Noch ehe die Jungen dem Ei entschlüpft sind, beginnt bereits die Mauser, die sein Prachtkleid ins unscheinbare Sommerkleid verwandelt. Letzteres wird kaum vier Monate getragen und geht dann durch Mauser und Verfärbung ins Hochzeitkleid über. Um diese Zeit tritt auch die Mauser bei den Jungen ein, und nunmehr vereinigen sich beide Geschlechter und alt und jung wieder, um fortan gesellig den Herbst zu verbringen und später der Winterherberge zuzuwandern.

Manche alte Stockente fällt dem Fuchs oder dem Fischotter, manche junge dem Iltis und dem Nörz zur Beute; die Eier und zarten Jungen werden von Wasserratten weggeschleppt oder durch Rohrweihe und Milane gefährdet; als die schlimmsten Feinde aber müssen wohl die großen Edelfalken gelten, die sich zeitweilig fast nur von Enten ernähren. Angesichts eines solchen Gegners suchen sich letztere soviel als möglich durch Tauchen zu retten, ziehen auch wohl den Räuber, der sie ergriff, gelegentlich mit in die Tiefe hinab und ermatten ihn dadurch so, daß er die Jagd aufgeben muß. Habicht und Adler, insbesondere Seeadler, betreiben die Entenjagd nicht minder eifrig und meist mit Glück, obgleich die Enten auch gegen sie Mittel zur Abwehr anwenden. Seyffertitz beobachtete einst innerhalb weniger Stunden die verschiedenen Verteidigungsarten der Enten gegen Raubvögel. Als diese einen langsam herbeifliegenden Seeadler gewahrten, erhoben sie sich in die Luft und strichen über dem Wasser hin und her, weil sie wohl wußten, daß er nicht imstande sei, sie im Fluge zu fangen. Nachdem er die Jagd aufgegeben, fielen sie wieder ein und suchten ihre Nahrung wie vorher. Da zeigte sich ein Wanderfalk; jetzt aber flogen sie nicht auf, sondern tauchten unablässig, bis auch dieser Feind das Vergebliche seiner Bemühungen einsah. Später erschien nun ein Habicht, der im Fliegen wie im Sitzen gleich geschickt zu fangen weiß. Die Enten zogen sich sofort eng zusammen, warfen mit den Flügeln beständig Wasser in die Höhe und bildeten so einen undurchsichtigen Staubregen; der Habicht durchflog diesen Regen, wurde aber doch so verwirrt, daß er ebenfalls von seiner Jagd ablassen mußte.

Das Wildbret der Stockente ist so vorzüglich, daß man ihre Jagd allerorten eifrig betreibt. Alle üblichen oder erdenklichen Jagd- und Fangarten werden angewendet, um sich ihrer zu bemächtigen, sie auch zu vielen Tausenden erbeutet. Die Märkte aller Städte Italiens, Griechenlands und Spaniens oder Ägyptens sind während des Winters mit Enten insgemein und insbesondere auch mit Stockenten geradezu überfüllt.

Wirklich nennenswerten Schäden verursachen auch die Stockenten nicht. Sie fressen allerdings Fische, sind jedoch nur imstande, kleine hinabzuschlingen und diese bloß in seichten Gewässern zu fangen, so daß dieser Nahrungsverbrauch eben nicht ins Gewicht fällt und durch den Nutzen, den Wildbret und Federn gewähren, aufgehoben werden dürfte.

 

Kriechenten nennt man die kleinsten, etwa taubengroßen Arten der Unterfamilie. Unter den deutschen Arten verdient die Knäkente ( Anas querquedula) die erste Stelle. Scheitel und Hinterhals sind schwarzbraun, Stirn, Kopf- und Halsseiten, von den ersterwähnten Teilen durch einen breiten, weißen Augenstreifen getrennt, auf braunrotem Grunde fein weiß gestrichelt, Kinn und Kehle schwarz, Unterhals, Mantel, Rücken, Kropf und Oberbrust auf oberseits dunkler, unterseits heller braungelbem Grunde durch dunkelbraune Bogenbänder und Tüpfel geziert, die Seitenfedern auf weißem Grunde zart schwarz quergewellt, die Steiß- und Unterschwanzdeckfedern rostgelblich, dunkler gepunktet, alle übrigen Unterteile weiß, die weißgeschafteten Handschwingen graubraun, an der Spitze dunkelbraun, die hinteren graulicher, die Armschwingen, die den Spiegel darstellen, grauschwarz, außen stahlgrünlich glänzend, am Ende weiß gesäumt, die langen Schulterfedern bläulich grauschwarz, breit weiß gesäumt, die Oberflügeldeckfedern licht graublau, die Schwanzfedern dunkel aschgrau, seitlich, nach außen hin mehr und mehr zunehmend, weißlich gerandet. Das Auge ist hellbraun, der Schnabel grünlichschwarz, der Fuß rötlich aschgrau. Dem düsteren, anderer Schwimmenten ähnlichen Sommerkleide mangeln die schöne Kopf- und Halsfärbung und die verlängerten Schulterfedern. Das Weibchen trägt ein dem männlichen Sommerkleide ähnelndes Kleid; seine Flügeldeckfedern sind jedoch nicht bläulich-, sondern dunkel bräunlichgrau. Die Länge beträgt achtunddreißig, die Breite zweiundsechzig, die Fittichlänge zwanzig, die Schwanzlänge acht Zentimeter. Ganz Mitteleuropa und Mittelasien sind das Brutgebiet der Knäkente; nach Norden hin reicht dasselbe höchstens bis Südschweden. Auf dem Zuge besucht sie alle Länder Südeuropas, den größten Teil Mittelasiens und Afrika, im Osten des letztgenannten Erdteils bis zum zehnten Grade nördlicher Breite vordringend.

Viel seltener als sie brütet in Deutschland die Krikente ( Anas crecca). Sie ist kleiner als jene. Kopf und Oberhals sind, bis auf einen breiten, im Genick zusammenfließenden, prachtvoll blaugrünen, ober- und unterseits schmal weiß eingefaßten Zügelstreifen und den vom vorderen Augenwinkel nach der Schnabelwurzelseite sich fortsetzenden weißen Saumstreifen, lebhaft zimtrot, Hinterhals, Mantel und Brustseiten auf aschgrauem Grunde schwarz quergewellt, Vorderhals, Kropfgegend und Oberbrust auf licht rötlichgelbem Grunde spärlich schwarz gefleckt, die seitlichen Unterbauch- und die mittleren Unterschwanzdeckfedern schwarz, letztere seitlich lichtbräunlich, alle übrigen Unterteile weiß, die Handschwingen dunkel braungrau, die den Spiegel bildenden Armschwingen innen braungrau, die ersten vier außen samtschwarz, die übrigen, gegen die Spitze hin zunehmend, goldgrün, die Schwanzfedern graulich braunschwarz, weiß gekantet. Das Sommerkleid unterscheidet sich durch graue Oberflügeldecken und den lebhaft gefärbten Spiegel, das Kleid des Weibchens durch letzteren von den entsprechenden Kleidern der Knäkente. Eigentlich in der Tundra heimisch, verbreitet sich die Krikente über alle drei nördlichen Erdteile, durchstreift während des Winters, im September und Oktober erscheinend, im März und April heimkehrend, ganz Europa und Asien, ebenso einen Teil Nordamerikas und besucht in Menge Nordafrika.

Ihr am nächsten verwandt ist die Zierente ( Anas formosa). Scheitel, Oberkopf, Hinterhals, ein schmaler, senkrecht vom Auge abfallender, weiß gesäumter Streifen, Kinn und Kehle sind schwarz, ein breiter, vom Auge beginnender Zügelstreifen schimmernd grünschwarz, die noch nicht genannten Kopf- und Halsseiten sowie der Vorderhals gelblichweiß, alle übrigen Teile den entsprechenden der Krikente ähnlich, aber weit lebhafter gefärbt. Nordostasien, Ostsibirien, Kamtschatka und China sind die Heimat dieser schönen Ente, die sich zweimal nach Frankreich verflog.

Die Knäkente gibt uns ein in den wesentlichen Zügen richtiges Bild aller Kriechenten. Sie erscheint, aus ihrer in den Mittelmeerländern gelegenen Winterherberge kommend und des Nachts wandernd, Ende März und im April am Brutplatz und verweilt hier bis zum Oktober oder November, beginnt jedoch bereits nach vollendeter Brutzeit, im August, umherzustreichen. Zu ihrem Aufenthalts- und Brutort wählt sie mit Vorliebe solche Süßgewässer, die großenteils mit dichtstehenden Wasserpflanzen, Schilf, Ried und Binsicht, bewachsen sind oder begrenzt werden, seichte, mit schwimmenden Gewächsen bedeckte Buchten haben und nach dem Lande zu in versumpfte Wiesen übergehen, ebenso Brüche und Sümpfe verschiedener Art, besonders gern im Walde versteckte, von hohen oder niedrigen Bäumen überschattete Stauwässer oder durch die Frühlingsregen gefüllte Teiche, Lachen und Kuhlen. Von ihnen aus besucht sie des Nachts alle übrigen, auch die kleinsten Wasserbecken, vorausgesetzt, daß diese seicht, schlammig und pflanzenreich sind. Hier, immer gedeckt und verborgen, treibt sie ihr Tage- und mehr noch Nachtwerk eher nach Art einer Sumpfschnepfe als einer anderen Ente, so wenig sie auch letztere verleugnet. Äußerst lebendig, regsam, behend und gewandt durchschwimmt, durchläuft, durchwatet, durchkriecht sie ihr Wohngebiet, tagsüber selten auf freien Blänken sich zeigend, vielmehr zwischen schwimmenden oder im Wasser stehenden Pflanzen herumstöbernd, dabei den schmälsten Gräben folgend oder selbst zwischen Ried, Binsicht und Wiesengras Wege sich bahnend. Sie geht recht gut, kriecht durch die ebengenannten Pflanzen mit ebensoviel Geschick wie Schnelligkeit, schwimmt leicht, gründelt und taucht meisterlich und fliegt, obschon fast vollständig lautlos, doch pfeilschnell, gerade wie verschlungene Linien mit gleicher Fertigkeit beschreibend und alle einer Ente überhaupt möglichen Flugkünste übend. Ihre Stimme ist ein schwaches, hohes Quaken, der Silbe »Quäk« oder »Knääk« vergleichbar, der Paarungsruf des Männchens ein schnarrendes »Klerrreh«, der Ausdruck der Erregung ein schnell aufeinanderfolgendes »Jäk jäk jäk«. In ihrem Wesen unterscheidet sie sich mehr scheinbar als tatsächlich von andern Enten. Sie ist höchst gesellig, verkehrt aber doch nur mit ihresgleichen wirklich innig. Das verbundene Paar überhäuft sich mit Zärtlichkeiten; aber das Weibchen zeigt sich ebenso wählerisch wie das Männchen treulos, so daß wohl auch bei dieser Ente kaum ein Ehebund für das ganze Leben stattfinden dürfte. Hinsichtlich der Nahrung unterscheidet sich die Knäkente insofern von anderen Arten, als sie neben tierischen Stoffen aller Art und weichen Pflanzenschößlingen viele Sämereien, insbesondere solche des Schwadengrases und anderer auf feuchtem Grunde gedeihenden Grasarten, verzehrt.

Am Brutplatze erscheint die Knäkente meist schon gepaart und beginnt sogleich mit dem Nestbau. Der Paarung gehen zärtliche Liebeleien voraus, bis die förmlich unterwürfige Hingebung des Enterichs die Sprödigkeit des Weibchens besiegt. Dieses sucht inzwischen nach einem geeigneten, möglichst versteckten Plätzchen für sein Nest, ohne hinsichtlich des Standortes an einer bestimmten Regel oder Gewohnheit festzuhalten, entscheidet sich zuletzt ebenso gut für eine Stelle im oder unmittelbar am Gewässer wie für eine kilometerweit von demselben entfernte, schichtet aus trockenen, in nächster Nähe zusammengelesenen Pflanzenteilen den Unterbau zusammen, kleidet die Mulde wie üblich mit Daunen aus und beginnt nun, Ende April oder Anfang Mai zu legen. Der Satz besteht aus neun bis zwölf, zuweilen auch mehr, kleinen, etwa sechsundvierzig Millimeter langen, zweiunddreißig Millimeter dicken, länglich eigestaltigen, feinschaligen, braungelblichweißen Eiern; die Brutzeit währt etwa drei Wochen. Während das Weibchen mit größter Hingebung und Außerachtsetzung von Gefahr brütet, entfremdet sich das Männchen mehr und mehr dem Weibchen wie der werdenden und heranwachsenden Familie, überläßt es ganz der Gattin, die kleinen, reizenden, wachtelartig behenden, vom ersten Lebenstage an versteckenspielenden Jungen zu pflegen, leiten, erziehen, kurz, zu bemuttern, treibt sich inzwischen mit seinesgleichen umher, liebelt mit allen Weibchen, die es sieht, obgleich es meist nur Abweisung erfährt, und findet sich erst im August, wenn seine Kinder erwachsen sind, wiederum bei der Familie ein.

Dieselben Feinde, die andere Enten bedrohen, gefährden auch die Knäkente, deren köstliches Wildbret wohl nicht bloß unter uns Menschen gebührende Würdigung findet. Gefangen gehalten wird sie gern, weil sie trefflich ausdauert, sich bald an ihren Pfleger anschließt und durch ihre Zierlichkeit und Lebhaftigkeit viel Vergnügen gewährt, auch in Gefangenschaft brütet.

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In meinen Augen verdient den Preis der Schönheit die Brautente oder Karolinenente ( Aix sponsa), ein über ganz Nordamerika verbreiteter und dort häufiger Vogel, der gegenwärtig auf unsern Weihern fast eingebürgert ist. Sie vertritt die Sippe der Schmuckenten ( Aix). Das Gefieder des Oberkopfes und die Wangengegend zwischen Auge und Schnabel sind glänzend dunkelgrün, die Kopfseiten und ein großer Fleck an der Halsseite purpurgrün mit bläulichem Schimmer, die Schopffedern goldgrün, durch zwei schmale, weiße Streifen, von denen der eine über, der andere von dem Auge aus nach hinten läuft, besonders verziert, die Seiten des Oberhalses und der Oberbrust auf lebhaft kastanienbraunem Grunde wie mit zarten, weißen Tropfen bespritzt, die Schulterfedern, Handschwingen und Steuerfedern grünpurpurblau und samtschwarz schillernd, die Zwischenschulterfedern, der hintere Teil des Rückens und die Oberschwanzdeckfedern schwarzgrün, einige von den seitlich verlängerten, schmalen Deckfedern des Schwanzes rötlich orangefarben, die Unterschwanzdeckfedern braun, Kinn und Kehle, ein Band um den Oberhals, die Brustmitte und der Bauch weiß, die Seiten auf gelblichgrauem Grunde fein und zierlich schwarz gewellt. Das Auge ist hochrot, der Schnabel weißlich, in der Mitte gelblich, an der Wurzel dunkel bräunlichrot, an der Spitze schwarz, der Fuß rötlichgelb. Die Länge beträgt fünfundvierzig, die Breite zweiundsiebzig, die Fittichlänge zweiundzwanzig, die Schwanzlänge zehn Zentimeter. Das etwas kleinere Weibchen trägt keine Kopfhaube.

Mit der schönen Gestalt und dem prachtvollen Kleide der Brautente steht ihr anmutiges Betragen im Einklang. Sie vereinigt alle Eigenschaften in sich, die einem Schwimmvogel unsere wohlwollende Zuneigung erwerben können. In ihren Bewegungen ähnelt sie der Krik- oder Knäkente, übertrifft diese aber noch dadurch, daß sie regelmäßig bäumt. Sie geht trotz der weit nach hinten stehenden Füße rasch, mindestens ebenso gewandt wie unsere Wildente, bewegt dabei beständig wippend den Schwanz, schwimmt gut, fliegt laut Audubon mit der Leichtigkeit einer Wandertaube zwischen den Baumzweigen dahin und stürzt sich zuweilen gegen Abend blitzschnell durch die Wipfel. Im Notfall taucht sie, ja, sie übt diese Fertigkeit schon dann aus, wenn sie sich spielend mit dem Weibchen oder eifersüchtig mit einem anderen Männchen jagt. Die Stimme ist ein äußerst wohllautendes, sanftes, langgezogenes, leises »Pi, piii«, der Warnungslaut des Männchens ein nicht minder klangvolles »Huik, huik«. Sie scheut die Nähe des Menschen weniger als unsere Stockente, läßt sich insbesondere von ihrem gewohnten Brutplatz kaum vertreiben, auch dann nicht, wenn in dessen unmittelbarer Nähe Gebäude errichtet werden, wird aber doch, wenn sie Verfolgungen erfährt, bald vorsichtig und zuletzt überaus scheu, gebraucht auch alle unter ihren Familienmitgliedern üblichen Listen, um sich zu sichern. An die Gefangenschaft gewöhnt sie sich schneller als irgendeine andere mir bekannte Ente; selbst die alt eingefangenen lernen sich bald in die veränderten Verhältnisse fügen, in ihrem Wärter den wohlwollenden Pfleger erkennen, lassen sich nach kurzer Haft bereits herbeilocken und können eher als andere zum Aus- und Einfliegen gewöhnt werden, pflanzen sich auch regelmäßig in der Gefangenschaft fort, sobald ihnen nur eine passende Gelegenheit geboten wird. In der Freiheit nährt sie sich von Körnern und Sämereien, zarten Spitzen verschiedener Wasserpflanzen und Getreidearten, Würmern, Schnecken und Kerbtieren, nimmt auch kleine Lurche und andere Wirbeltiere auf; in der Gefangenschaft begnügt sie sich mit Körner- und Fischfutter, lernt aber nach und nach alles fressen, was der Mensch genießt.

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Die Sippe der Pfeilschwanzenten ( Dafila), deren Merkmale in dem sehr schlanken Leibe und dünnen, ungewöhnlich langen Halse, gestreckten Kopfe, fast kopflangen, sehr schmalen, flach gewölbten Schnabel und dem scharf zugespitzten, aus sechzehn Federn bestehenden Schwänze liegen, vertritt die Spießente ( Dafila acuta). Kopf, Kinn und Kehle sind purpurbraun, Hinterhalsmitte und Nacken grünglänzendschwarz, weiter nach unten grau, Mantel und Seiten, Unterrücken und Bürzel auf aschgrauem Grunde äußerst zart schwarz quergewellt, ein nach unten sich verbreiternder Seitenhalsstreifen, Brust- und Bauchmitte reinweiß, Steiß- und Unterschwanzfedern samtschwarz, die Handschwingen dunkel braungrau, die Armschwingen grau, außen stahlgrün, kupfer- und purpurrot schimmernd, einen oberseits bräunlichgolden, unterseits schwarz eingefaßten, weiß besäumten, schimmernd grünen Spiegel darstellend, die Oberarmfedern grau, außen samtschwarz, die lanzettförmigen Schulterfedern weiß, breit samtschwarz längs des Schaftes, an der Wurzel grau, die kleinen Oberflügeldeckfedern schmutzig aschgrau, die beiden mittleren, spießartig verlängerten, die übrigen weit überragenden Steuerfedern tiefschwarz, die übrigen nach außen hin durch Schwarz-, Tief- und Aschgrau allmählich bis zum Weiß. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel bläulich, der Fuß grau. Dem Sommerkleide fehlen die purpurbraune Kopfhaube und die Halszeichnung. Das Weibchen entbehrt des schimmernden Spiegels und ist viel lichter als das Männchen im Sommerkleide. Die Länge beträgt vierundsechzig, die Breite sechsundneunzig, die Fittichlänge neunundzwanzig, die Schwanzlänge, der vorragenden Spieße halber, zweiundzwanzig Zentimeter.

Alle Länder innerhalb eines breiten, rings um den Nordpol sich ziehenden, etwa zwischen dem fünfzigsten Grade und den Küsten des Eismeeres gelegenen Gürtels der Erde bilden das Brut-, das ganze übrige Europa und Asien, Nord- und Mittelafrika sowie Nord- und Mittelamerika das Wandergebiet der Spießente. Im gemäßigten Gürtel weit seltener nistend als die Stockente, tritt sie als Brutvogel in um so größerer Häufigkeit im höheren und im hohen Norden auf, erscheint, von hier aus kommend und dahin zurückkehrend, im Oktober und November, März und April in zahlreichen Scharen bei uns, noch häufiger in den westeuropäischen Küstenländern. Ihre Aufenthaltsorte sind annähernd dieselben, die auch die Stockente erwählt; doch meidet sie, die ebenfalls als Kind der Tundra bezeichnet werden darf, in Waldungen versteckte oder buschreiche Gewässer und bevorzugt ausgedehnte, mit Sumpf- und Wasserpflanzen aller Art bestandene und bedeckte Seen, Brüche und Sümpfe jeder anderen Örtlichkeit.

Entsprechend ihrer gestreckten Gestalt erinnert die Spießente in ihrer Haltung wie im Gehen und Schwimmen vielfach an die Schwäne, so wenig sie auch ihr Entengepräge verleugnet. Sie geht watschelnd, schwimmt leicht, taucht geschickt, auch gern, und fliegt, den langen Hals gerade vorgestreckt, unter leise zischelndem Geräusch, mit kurzen, ungemein rasch aufeinanderfolgenden Flügelschlägen sehr schnell, behend und gewandt, beim Durchmessen weiterer Strecken in Keilordnung hoch in der Luft und geraden Wegs dahin, schwenkt sich aber auch leicht und geschickt, dreht und wendet sich nach Belieben und bewegt außerdem nebenbei Kopf und Hals in schlängelnden Windungen, wie keine andere Ente tut. Ihre Stimme, ein eintöniges, hochliegendes, quakendes »Kröck«, nimmt im Schnabel des Männchens während der Liebeszeit einen eigenen Wohllaut an und klingt dann wie »Klück« oder, wenn der Entvogel in Feuer gerät, wie »Aanklück äre«, wogegen der Ausdruck des Zornes ein zischendes Fauchen ist. Betragen und Gebaren bieten übrigens nichts Besonderes, ebensowenig wie die Nahrung von der ihrer Verwandtschaft verschieden ist. Das einfache Nest enthält gegen Ende April das volle Gelege, acht bis zehn, etwa fünfundfünfzig Millimeter lange, zweiundvierzig Millimeter breite, denen der Stockente gleichende Eier.

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Eine der buntesten und auffallendsten Enten unseres Vaterlandes ist die Löffelente ( Spatula clypeata), Vertreterin einer gleichnamigen Sippe ( Spatula), die sich durch ihren großen, hinten schmalen, vorn sehr erweiterten und stark gewölbten, weichen, sein gezahnten Schnabel auszeichnet. Kopf und Oberhals sind dunkelgrün, der Hinterhals unten, der Oberrücken und die kurzen Schulterfedern hellgrau gesäumt, Unterhals, Kropf und oberste Flügeldeckfedern weiß, die übrigen lichtblau, die vorn durch einen breiten, weißen Streifen abgegrenzten Spiegelfedern schimmernd metallgrün, Unterrücken und Bürzel schwarzgrün, Brust und Bauch kastanienbraun, die Unterschwanzdeckfedern schwarz, die Schwingen braungrau, die mittleren Steuerfedern braun, weißlich gekantet, die seitlichen, mehr und mehr zunehmend, weiß. Das Auge ist goldgelb, der Schnabel schwarz, der Fuß rotgelb. Die Länge beträgt fünfzig, die Breite achtzig, die Fittichlänge vierundzwanzig, die Schwanzlänge acht Zentimeter.

Der gemäßigte Gürtel der Erde ist die Heimat der Löffelente; im hohen Norden kommt sie seltener vor. Europa bewohnt sie vom südlichen Norwegen an allerorten; in Amerika findet man sie von Kanada an in sämtlichen Vereinigten Staaten. Von hier aus wandert sie während des Winters bis Mexiko, von Europa aus bis Nord- und Mittelafrika, von Asien aus bis Südchina, Indien und Australien. Sie gehört in Ostpreußen, Polen, Dänemark und Holland zu den gewöhnlichen Erscheinungen, findet sich in Mitteldeutschland hier und da und tritt im Winter massenhaft in ganz Südeuropa auf. Bei uns zulande erscheint sie Ende März oder Anfang April, und schon gegen Ende August bricht sie allgemach zu ihrer Reise nach Süden wieder auf. Auch sie zieht süßes Wasser dem Meere vor, findet sich aber doch recht gern auf seichten Stellen desselben ein und treibt sich hier, eher nach Art der Strandvögel als nach Art anderer Enten, auf schlammigen Watten, sandigen, flachen Küsten und in den bei der rücktretenden Ebbe gefüllt bleibenden Lachen umher.

Von den übrigen deutschen Enten unterscheidet sie sich durch ihr prachtvolles und auffallendes Gefieder schon aus weiter Ferne, nicht aber wesentlich durch ihre Sitten und Gewohnheiten. Sie geht wie die übrigen Schwimmenten ziemlich gut und gern, schwimmt leicht und schön, gründelt oft, taucht aber nur im Notfall, fliegt rasch und behend, wenn auch nicht so schnell wie die kleineren Arten, und verursacht fliegend wenig Geräusch. Ihre Stimme klingt quakend, die des Männchens ungefähr »Woak«, die des Weibchens tiefer »Wak«. Sie gehört unter die zutraulichsten oder am wenigsten scheuen Arten ihrer Familie, läßt sich leicht beschleichen, wird aber schließlich, wenn sie sich verfolgt sieht, doch auch vorsichtig und scheu. Zu größeren Gesellschaften vereinigt sie sich selten oder nie.

Die Nahrung der Löffelente ist uns noch nicht genügend bekannt. Wir wissen, daß sie sich von allerlei Kleingewürm, Kerbtieren und Kerbtierlarven, Fisch- und Froschlaich, kleinerer Fischbrut, Süßwasserschnecken nährt und auch zarte Pflanzenstoffe nicht verschmäht; aber wir erfahren an den gefangenen, daß sie sich schwerer halten als alle übrigen Enten und oft auch bei dem reichlichsten Futter verkümmern und zugrunde gehen, ohne daß wir bis jetzt ergründen konnten, welcher Nahrungsstoff ihnen durch die Gefangenschaft entzogen wird. Mehr als andere Enten sind sie während der Nacht mit Aufsuchen ihrer Nahrung beschäftigt. Bei Tage ruhen sie gern auf sandigen Stellen des Ufers, entweder auf einem Bein stehend oder auf dem Bauche liegend, schlafen auch hauptsächlich in den Mittagsstunden; mit Eintritt der Dämmerung aber werden sie rege.

In Süd- und Mitteldeutschland zählt die Löffelente unter die selteneren Brutvögel; im Norden unseres Vaterlandes nistet sie öfter, wenn auch nicht so häufig wie in Holland. Sie wählt zu diesem Zweck große, freie Brüche, setzt sich auf ihnen sofort nach ihrer Ankunft fest und beginnt nun bald die Vorbereitungen zum Nestbau. »Auf den freieren und tieferen Stellen des Wassers«, sagt Naumann, »sieht man die sehr verliebten Männchen um die Weibchen buhlen und sich dabei tüchtig herumzausen, weil sich gewöhnlich mehrere um eine Geliebte bewerben, diese dann oft die Flucht ergreift, nun hoch durch die Luft von sämtlichen Bewerbern verfolgt und so lange umhergejagt wird, bis sie sich dem einen ergibt und sich mit ihm absondert, was aber erst geschieht, wenn sie, müde gejagt, sich wieder auf das Wasser gestürzt hat.« Das Nest steht auf einer mit Wasser oder Morast umgebenen Schilf- oder Seggenkufe, im Schilf eines Grabenufers, unter Strauchwerk usw. näher oder weiter vom Wasser entfernt, manchmal sogar auf anstoßenden Feldern im Getreide, stets möglichst gut versteckt, wird aus trockenen Schilf-, Binsen-, Gras- und anderen Pflanzenteilen schlecht zusammengeschichtet, tief ausgemüldet und später ebenfalls mit Daunen versehen. Sieben bis zwölf Stück eiförmige, feinkörnige, glattschalige, glanzlose, trüb rostgelbliche oder grünlichweiße Eier von etwa einundfünfzig Millimeter Längs- und siebenunddreißig Millimeter Querdurchmesser bilden das Gelege. Die Mutter brütet mit warmer Hingebung, kann aber Störungen beim Brüten nicht vertragen und verläßt im Anfang der Brutzeit, wenn sie gewaltsam Vertrieben wurde, die Eier regelmäßig. Das Wachstum der Jungen ist in ungefähr vier Wochen vollendet. Ihr Wildbret ist ausgezeichnet, aber auch das der alten Vögel recht gut.

 

Der erste Rang unter allen Tauchenten, die eine gleichnamige Unterfamilie ( Platypodinae) bilden, gebührt den Eidervögeln ( Somateria). Abgesehen von ihrer bedeutenden Größe, kennzeichnen sie sich durch ihren sehr gestreckten, langen, mit der Firste weit ins Stirngefieder hineinragenden, bei einzelnen Arten knollig aufgetriebenen, lebhaft gefärbten Schnabel, dessen großer Nagel den ganzen Vorderrand des Oberkiefers einnimmt. Die Eiderente oder der Eidervogel ( Somateria mollissima) ist aus dem Oberkopf, dem Hals und Rücken, einschließlich der Oberflügeldeckfedern, weiß, auf der Vorderbrust rötlich überlaufen, auf der Stirn und in der Schläfengegend, auf dem Unterrücken und Bauch schwarz, auf den Wangen meergrün; die Schwingen und Steuerfedern sehen bräunlichschwarz aus, die Federn, die den Spiegel bilden, sind tief samtschwarz. Das Auge ist rötlichbraun, der Schnabel grünlichgelb, der Fuß ölgrün. Die Länge beträgt dreiundsechzig, die Breite zweiundfünfzig, die Fittichlänge neunundzwanzig, die Schwanzlänge neun Zentimeter. Das kleinere Weibchen ist rostfarben, am Kopf und Hals mit braunen Längsflecken, übrigens mit schwarzen, halbmondähnlichen Querflecken gezeichnet, sein Spiegel braun, weiß eingefaßt, die Unterseite tiefbraun.

Die Eiderente bewohnt den Norden der ganzen Erde, von den jütländischen Inseln an bis nach Spitzbergen hinauf und von der Westküste Europas an alle nördlichen Gestade der Erde bis Grönland und Island. Zuweilen, jedoch stets nur als Irrling, erscheint sie auch im Innern Deutschlands. Ihre südlichsten Brutplätze liegen auf der Insel Sylt und den kleinen dänischen Inseln unter demselben Breitengrade; von hier aus nach Norden hin scheint sie immer häufiger zu werden. Schon in Mittelnorwegen lebt sie zu Tausenden, gehegt und gepflegt von den Küstenbewohnern, geschützt durch besondere, leider nicht überall geachtete Gesetze; auf Island und in Grönland ist sie ebenfalls massenhaft ansässig.

In den südlicheren Gegenden und Ländern ihres Verbreitungsgebietes wandert die Eiderente nicht; denn in der Nordsee hält ihr der Golfstrom das Meer fast überall offen. Selbst in der Ostsee bleiben ihr gewöhnlich ebenfalls Stellen, die nicht zufrieren, als Zufluchtsorte während des Winters; doch muß sie von hier aus, wenn der Winter sehr streng wird, sich zu Streifzügen entschließen, die sie dann nach der Nordsee oder selbst bis ins Atlantische Meer hinausführen. In Grönland tritt sie in den Monaten September und Oktober einen regelmäßigen Zug an, sammelt sich während desselben an nahrungsreichen Stellen in ungeheurer Menge und bedeckt das Meer im buchstäblichen Sinne des Wortes auf Geviertkilometer hin. Vom April an kehrt sie, regelmäßig ebenfalls zu großen Massen vereinigt, nach dem Norden zurück.

Die Eiderente ist ein Meervogel im vollen Sinne des Wortes. Auf dem Lande bewegt sie sich, schwerfällig watschelnd, nur mit Mühe, stolpert und fällt auch oft zu Boden nieder. Der Flug ermüdet sie bald, erfordert beständige und sehr rasche Schläge der verhältnismäßig doch kleinen Flügel und geht auch meist in geringer Höhe und gerade über dem Wasser hin. Erst wenn sie sich in diesem befindet, zeigt sie ihre eigentliche Bewegungsfähigkeit. Sie schwimmt mit minder tief eingesenktem Leibe als andere Tauchenten, aber rascher als jede andere bekannte Art, taucht auch in viel bedeutendere Tiefen hinab. Die Stimme des Männchens ist ein nicht eben lautes, aber sehr klangvolles, wenn auch brummendes »Ahu, ahu, ahua«, die des Weibchens ein eigentümliches, oft wiederholtes »Korr, korr, korrerr«. An Sinnesschärfe steht sie hinter keiner anderen Art ihrer Familie zurück. Sie ist, wenn sie sich auf dem Meere befindet, sehr vorsichtig und läßt selbst das bekannte Fischerboot selten so nahe an sich herankommen, daß man von ihm aus einen wirksamen Schuß abgeben könnte; aber sie merkt es bald, wenn man ihr wohlwill, und beträgt sich dann zuweilen, obschon nur während der Brutzeit, wie ein wirkliches Haustier.

Alle Eidervögel brüten erst ziemlich spät im Jahre, nicht vor Ausgang Mai, gewöhnlich erst im Juni und Juli. Zu diesem Zweck versammeln sie sich um kleine Inseln, die ihnen leichtes Landen gestatten. Die Paare trennen sich von dem großen Haufen, und Männchen und Weibchen watscheln nun auf das Land hinaus, um eine passende Niststelle zu suchen. Bedingung derselben ist geschützte Lage. Dementsprechend werden Inseln, die teilweise mit niederem Gestrüppe bewachsen sind, allen übrigen vorgezogen. Da, wo der Mensch sich um das Brutgeschäft kümmert, trifft er zum Empfange der nützlichen Gäste Vorkehrungen, indem er alte Kisten am Strande aufstellt, Steine mit Brettern oder Reisig überdeckt und anderweitige Versteckplätze vorrichtet. So scheu der Eidervogel früher war, so zutraulich zeigt er sich jetzt. Er hält sich des Schutzes abseiten des Menschen im voraus versichert und läßt sich durch dessen Treiben in keiner Weise behelligen oder stören. Bis unmittelbar an das einsame Gehöft des Küstenbewohners, bis in dieses selbst, ja bis ins Innere der Hütte watschelt er, um sich einen passenden Platz zum Neste aufzusuchen, und gar nicht selten geschieht es, daß einzelne Eidervögelweibchen in Kammern und Ställen, Backöfen und ähnlichen Orten brüten, ja der Hausfrau förmlich lästig werden. Anfänglich begleitet das Männchen sein Weibchen regelmäßig bei allen diesen Fußwanderungen, erscheint mit ihm des Morgens am Lande, fliegt gegen Mittag nach den Fjorden hinaus, schwimmt dem hohen Meere zu, kehrt am Abend zurück, tritt am nächsten Morgen eine ähnliche Wanderung an und hält, während das Weibchen legt, Wache beim Neste; wenn aber das Gelege vollständig geworden ist, verläßt es Nest und Weibchen und fliegt nun auf das Meer hinaus, um hier mit andern Männchen sich zu vereinigen. Um einzelne Schären Norwegens sieht man diese Strohwitwer massenhaft geschart, gleichsam einen Blumenkranz um das Eiland bildend. Das Nest besteht nur aus denjenigen Stoffen, die sich in nächster Nähe finden, und wird höchst liederlich zusammengeschichtet, bald von feinem Reisige, bald von Seetang, bald von Gras oder Strohabfällen und dergleichen. Um so dichter und reicher ist die innere Daunenausfütterung, der kostbare Zoll, den die brütenden Eidervögel dem sie freundlich schützenden Menschen zurücklassen. Das Gelege besteht in der Regel aus sechs bis acht rein eiförmigen, etwa fünfundachtzig Millimeter langen, sechzig Millimeter dicken, glattschaligen, schmutzig- oder graugrünen Eiern. Schon nach wenigen Tagen sitzt die brütende Alte sehr fest auf dem Neste, und da, wo sie an den Menschen gewöhnt ist, weicht sie beim Kommen desselben nicht von der Stelle, sondern drückt nur den Kopf zu Boden und breitet die Flügel ein wenig, um sich unkenntlich zu machen. Die Färbung ihres Gefieders stimmt gewöhnlich mit der des umgebenden Bodens so vollständig überein, daß es dem Ungeübten wirklich schwer wird, den Vogel zu unterscheiden und zu entdecken. Anfangs bin ich sehr oft getäuscht und in Verwunderung gesetzt worden, wenn ich plötzlich einen gelinden Biß am Fuße fühlte, den mir ein auf dem Neste sitzendes, von mir übersehenes Eiderentenweibchen beigebracht hatte. Diejenigen, die in der Nähe der Wohnungen brüten, erlauben dem Beobachter, sie vom Nest aufzuheben, die Eier zu betrachten und sie wieder auf diese zu setzen, ohne daß sie ans Wegfliegen denken. Ich habe mir das Vergnügen bereitet, mich längere Zeit neben sie hinzusetzen, sie zu streicheln, meine Hand zwischen ihren Leib und die Eier zu stecken, und doch sehr viele nicht vom Nest aufgescheucht. Einzelne bissen wie spielend nach meinem Finger, andere gaben gar kein Zeichen des Mißbehagens von sich. Solche, die ich vom Nest gehoben und in einer gewissen Entfernung auf den Boden niedergesetzt hatte, watschelten, als ob nichts geschehen wäre, dem Nest zu, ordneten die Daunen und setzten sich in meiner Gegenwart wiederum zum Brüten nieder. Ungestört, verläßt die Mutter gewöhnlich in den Morgenstunden das Nest; vorher aber bedeckt sie das Gelege höchst sorgfältig mit den Daunen, um jeden schädlichen Einfluß der Witterung abzuhalten. Hierauf fliegt sie so eilig als möglich dem Meere zu, taucht emsig ungefähr eine halbe Stunde lang nach Nahrung, füllt sich in dieser Zeit den Kropf bis zum Bersten mit Muscheln an und kehrt wieder zum Nest zurück. Die Männchen sind immer scheuer, auch wenn sie im Anfang der Brutzeit mit dem Weibchen aufs Land gehen und am Nest Wache halten. Nähert man sich ihnen, so geraten sie in heftige Bewegung, erheben und senken den Kopf, rufen dem Weibchen zu, stehen dann polternd auf und fliegen in das Meer hinaus, von dort aus ängstlich den Störenfried beobachtend. Nach fünfundzwanzig- bis sechsundzwanzigtägiger Bebrütung entschlüpfen die Jungen, allerliebste Geschöpfe, die in ein reiches und ziemlich buntes Daunengewand gekleidet sind, vom ersten Tage ihres Lebens an fertig schwimmen und tauchen, auch ziemlich gut, jedenfalls besser als die Mutter laufen. Diese führt sie, sobald sie halbwegs trocken geworden sind, dem Meer zu und verläßt es mit ihnen nunmehr bloß dann noch, wenn die Jungen müde geworden und sich bei heftigem Wogenschlage nicht auf ihrem eigenen Rücken ausruhen können. Wenn die Brutstätte weit vom Meer liegt, währt die Wanderung der Familie ziemlich lange Zeit, und der besorgte Besitzer pflegt dann gewöhnlich helfend einzuschreiten, indem er die eben ausgeschlüpfte Brut in einen Korb packt und im Gefolge der hinter ihm drein watschelnden Alten mit jener der See zuwandelt. Sehr oft vereinigen sich mehrere Mütter mit ihren Kindern und gewähren dann dem Beobachter ein höchst wechselvolles, unterhaltendes Schauspiel. Sieht sich die Mutter von einem Boote verfolgt, so rudert sie anfangs aus allen Kräften, um dem Schützen zu entrinnen, läßt dabei das Boot bis auf wenige Schritte an sich herankommen und entschließt sich nur im äußersten Notfall zum Auffliegen; wird sie von den Kleinen abgeschnitten, so eilen diese dem Lande zu, klettern und holpern auf die Küste hinauf, rennen behend hin und her und haben sich im Nu zwischen Steinen oder Bodenerhöhungen so geschickt verborgen, daß sie das ungeübte Auge wohl täuschen können. Geht die Gefahr glücklich vorüber, so sieht man sie nach einiger Zeit sich erheben, dem Meer zueilen und in gerader Linie vom Lande sich entfernen, der besorgten Mutter oder einem andern alten Weibchen zuschwimmend. Wenn die Alte getötet wird, solange die Jungen noch der mütterlichen Hilfe nicht entbehren können, schließen sich diese einer andern Kinderschar an, und deren gutmütige Erzeugerin nimmt sie auch ohne weiteres auf und führt und pflegt sie, als ob es die eigenen Kinder wären. Der Trieb zu bemuttern ist überhaupt bei den Eidervögeln sehr ausgeprägt; schon die nebeneinander brütenden Weibchen bestehlen sich gegenseitig um die Eier und teilen sich später, wenn sie sich vereinigten, ohne Widerspruch zu erfahren, in Pflege und Erziehung der Kleinen. Letztere wachsen schnell heran, werden bereits im Verlauf der ersten Wochen so selbständig, daß sie alle Pflege entbehren können, bleiben aber dennoch bis zum nächsten Frühjahr in Gesellschaft ihrer Eltern und im zweiten Jahre ihres Lebens soviel als möglich in Gesellschaft der alten Männchen.

In der ersten Jugend fressen die Eiderenten kleine Krebsarten und Weichtierchen; später halten sie sich fast ausschließlich an Muscheln, ohne jedoch kleine Fische und andere Meertiere zu verschmähen.

Obgleich die Eidervögel den größten Reichtum der hochnordischen Länder bilden, werden sie doch keineswegs in vernünftiger Weise gehegt und gepflegt. Verständige Eigentümer der »Eiderholme« oder Brutplätze nehmen den brütenden Vögeln, während sie legen, einige Eier weg und zwingen sie dadurch, mehr von diesen zu erzeugen, als sie sonst tun würden. Nunmehr aber warten sie, bis die Brutzeit vorüber ist, und sammeln dann erst die Daunen auf. So verfährt man im südlichen Norwegen, anders in Lappland, auf Island, Spitzbergen und Grönland. Hier schont man weder Vögel noch Eier. Trotz des schlechten Fleisches der älteren Eidervögel treibt man ihre Jagd jahraus jahrein und tötet Tausende, und trotz des ersichtlichen Vorteils, die vor allen Dingen Hegung der brütenden Eiderenten gewährt, nimmt man ihnen Eier und Daunen weg, wo man sie findet. Auf Spitzbergen haben sich die Folgen dieses unsinnigen Verfahrens bereits sehr bemerklich gemacht; denn während man die Ausbeutung früher nach Tausenden von Kilogrammen berechnen konnte, muß man jetzt mit Hunderten zufrieden sein. In Grönland hat sich die Verminderung noch nicht so bemerklich gemacht; es werden von dort aus, laut Holboell, alljährlich noch mehrere tausend Kilogramm versandt. »Die größte Menge unreiner Daunen, die von Südgrönland aus in einem Jahr abgesendet wurde, betrug 2005 Kilogramm; Nordgrönland liefert ungefähr halb soviel. Man rechnet die Daunen von zwölf Nestern auf ein Pfund; es wurden also 104520 Vögel ihrer Daunen und zugleich, wenigstens zum größten Teil, auch ihrer Eier beraubt.« Der Gewinn, den ein reich besetzter Eiderholm liefern kann, ist keineswegs unbedeutend und würde sich noch beträchtlich steigern, wollte man sich entschließen, die Daunen erst, nachdem die Jungen dem Nest entlaufen sind, aufzunehmen.

Kolkraben und Raubmöwen stellen Eiern und Jungen, Jagdfalken und Eisfüchse diesen und den Alten nach; der Mensch wendet zur Jagd das Feuergewehr und geschickt aufgestellte Netze an. Für die Gefangenschaft eignen sich die Eidervögel ebensowenig wie alle anderen Meertauchenten; sie verkümmern auch bei der besten Pflege, selbst wenn man ihnen ihre Hauptnahrung, die Muscheln, in genügender Menge vorwirft.

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Trauerenten ( Oedemia) nennt man einige große Tauchenten von dunkler Färbung. Die Trauerente oder Mohrenente ( Oedemia nigra) ist einfarbig glänzendschwarz, das Auge dunkelbraun, der Schnabel, mit Ausnahme eines breiten orangeroten Sattels um die Nasenlöcher, blauschwarz, der Fuß schwärzlich olivengrün. Weibchen und Junge sind, bis auf die graulichweißen Kopfseiten, Kinn und Kehle, Brust- und Bauchmitte, dunkelbraun. Die Länge beträgt zweiundfünfzig, die Breite zweiundneunzig, die Fittichlänge fünfundzwanzig, die Schwanzlänge neun Zentimeter.

Die Sammetente ( Oedemia fusca) ist ebenfalls kohlschwarz, ein Fleck unter dem Auge und der Spiegel aber weiß, der Schnabel hochgelbrot, am Rande und an der Wurzel schwarz, der Fuß blaß fleischrot, auf den Gelenken schwarz gebändert, das Auge perlweiß. Die Länge beträgt fünfundfünfzig, die Breite einhundert, die Fittichlänge dreißig, die Schwanzlänge neun Zentimeter.

Alle Trauerenten sind im Norden der Erde heimisch und brüten nicht oder wenigstens nur ausnahmsweise diesseits des kalten Gürtels. Trauer- und Sammetente, Kinder der Tundra, bewohnen gemeinschaftlich fast dasselbe Gebiet, vom nördlichen Skandinavien an nach Osten hin bis Amerika so ziemlich alle nordischen und hochnordischen Länder, vielleicht mit Ausnahme dieser und jener Insel. In Nordrußland und Nordsibirien sind beide Arten gemein. Gelegentlich ihres Zuges erscheinen sie an unseren Küsten, streifen auch wohl weiter nach Süden hinab und kommen sogar, obschon selten, in Spanien und Griechenland vor. Im Binnenlande zeigen sie sich nicht oft, gewöhnlich erst spät im Jahr, um Mitte November oder zu Anfang Dezember, verweilen hier auch, solange die offenen Gewässer es gestatten, und kehren früher als die übrigen Enten wieder nach dem Norden zurück. Da, wo der Golfstrom das Meer offen erhält, sieht man sie während des ganzen Winters, meist zu Schwärmen geschart, in den stilleren Fjorden und Buchten sich aufhalten, wogegen sie während der Brutzeit größere oder kleinere, immer aber freie Süßgewässer der Tundren beziehen.

Alle Trauerenten gehen und fliegen schwerfällig, tauchen aber meisterhaft. Ihre Stimme ist ein tiefes, rauhes »Krah, krah«, das zuweilen abgekürzt und wiederholt ausgestoßen wird. Sie leben nur für sich, ohne sich um andere Enten oder andere Vögel überhaupt zu kümmern, sind auch am Brutplatz sehr vorsichtig und halten sich stets soviel wie möglich inmitten der Gewässer auf.

Weichtiere, insbesondere Muscheln, bilden die Hauptnahrung der Trauerenten. Auf ihren Brutteichen mögen sie auch Kerbtiere und Würmer, gelegentlich vielleicht noch kleine Fische fangen; jene Tiere bleiben aber die bevorzugten, und deshalb fliegen sie, wenn sie brüten, stets auf das Meer hinaus, um hier zu fischen. Daß sie Pflanzenstoffe nicht gänzlich verschmähen, ist durch Beobachtungen festgestellt worden.

Schon auf den Gebirgsseen des südlichen Norwegen nisten Sammet- und Trauerente ziemlich regelmäßig? weiter oben im Norden vermißt man sie kaum auf irgendeinem der größeren Gewässer dieser Art. Um Mitte Juni findet man im Gebüsch, hohen Grase, Binsichte usw., ihr aus groben Stengeln, Halmen und Blättern lose zusammengeschichtetes und später mit den Daunen des Weibchens ausgekleidetes Nest. Die acht bis zehn Eier, die das Gelege bilden, sind etwa fünfundsechzig Millimeter lang, achtundfünfzig Millimeter dick, länglicheirund, glatt und glänzend, frisch von zart rotgelbweißer Färbung. Die Jungen tauchen vom ersten Tage ihres Lebens an, verweilen aber im Brutteiche, bis sie vollständig fliegen gelernt haben, kehren anfänglich auch oft noch zu diesem zurück, nachdem sie bereits das Meer bezogen, machen sich später auf diesem heimisch und verlassen da, wo der Winter sie zwingt, die Brutgegend gegen Ende Oktober gänzlich.

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Die Moorenten ( Aythia) kennzeichnen sich durch mittellangen, am Grunde nicht aufgeschwollenen Schnabel. Als bekannteste Art der Gruppe gilt bei uns zulande die Tafelente ( Aythia ferina). Sie ist auf Kopf und Vorderhals schön braunrot, aus der Vorderbrust schwarz, auf dem Rücken und in den Weichen blaß aschgrau, sehr zart schwarz quergewellt, in der Steißgegend schwarz, auf der Unterseite grauweiß; die Flügeldeckfedern sind aschgrau, diejenigen, die den Spiegel bilden, lichtgrau, die Schwingen und Steuerfedern grau. Die Länge beträgt fünfundfünfzig, die Breite achtundsiebzig, die Fittichlänge fünfundzwanzig, die Schwanzlänge sieben Zentimeter.

Minder häufig als sie tritt in manchen Gegenden Deutschlands die Moorente ( Aythia nyroca) auf. Der Kopf, der Hals, bis auf ein schmales dunkles Ringband, sowie die Brust sind lebhaft kastanienbraun, die Oberteile schwarzgraubraun, ein dreieckiger Fleck am Kinn und die Brust- und Bauchmitte weiß, die Seiten rötlichbraun, die Handschwingen außen dunkelbraun, innen weiß, mit breitem dunklen Endbande, die hinteren Handschwingen auch außen weiß, die den Spiegel bildenden Armschwingen weiß, vor dem Ende durch ein breites dunkelbraunes Querband geziert, die Schwanzfedern schwarzbraun. Die Länge beträgt dreiundvierzig, die Breite siebenundsechzig, die Fittichlänge achtzehn, die Schwanzlänge sechs Zentimeter.

Die dritte Art der Sippe, die erweislich, wenn auch nur auf sehr wenigen Süßgewässern Deutschlands brütet, ist die Kolbenente ( Aythia rufina). Der Kopf, dessen Scheitelfedern verlängert sind und eine buschige, helmraupenartige Haube bilden, Seiten- und Vorderhals sind lebhaft rostrot, die mittleren Scheitelfedern lichter, rostgelb, die Mitte des Hinterhalses, Nacken, Kropf, Oberbrust, Bauchmitte, Steiß und Bürzel schwarz, nach unten hin in Braunschwarz übergehend, Schultern und Brustseiten weiß, letztere an den Tragfedern hellbraun eingefaßt, Mantel- und Schulterfedern gelblich graubraun, die oberen Flügeldeckfedern braungrau, die Handschwingen dunkelbraun, auf der Innenfahne, nach hinten mehr und mehr zunehmend, rötlichweiß, die letzten Schwingen, mit Ausnahme der schwarzbraunen Spitze, weiß, die Armschwingen, die den Spiegel bilden, bis auf einen grauen Querstreifen vor der Spitze, weiß, rötlich überlaufen, die Oberarmschwingen bräunlich aschgrau, die Unterflügeldecken weiß, die Schwanzfedern dunkel aschgrau, am Ende bräunlichweiß gekantet. Die Länge beträgt sechzig, die Breite achtundneunzig, die Fittichlänge dreißig, die Schwanzlänge acht Zentimeter. Außer den vorstehend beschriebenen Arten besuchen Deutschland regelmäßig zwei im Norden brütende Verwandte, die Bergente ( Aythia marila) und die Reiherente ( Aythia cristata).

Vom Polarkreise an bis gegen den Wendekreis hin und von China an bis Westeuropa hat man die Tafelente an entsprechenden Orten überall gefunden. Im hohen Norden scheint sie nicht vorzukommen, und die südlichen Teile ihres Verbreitungskreises besucht sie nur während ihres Zuges; denn sie gehört eigentlich dem Norden der gemäßigten Zone an und findet schon im Süden Europas die ihr zusagende Winterherberge. In Deutschland ist sie nirgends selten, in den wasserreichen Ebenen des Nordens hier und da sogar ein sehr häufiger Brutvogel. Sie erscheint im März und verläßt die Heimat im Oktober und November wieder, bringt aber den Winter bei gelinder Witterung einzeln auch in unserm Vaterlande zu. Während des Sommers bezieht sie Süßwasserseen, große Teiche oder auch Brüche, die freie Wasserflächen von einiger Tiefe haben, und besucht von ihnen aus kleinere Gewässer der Nachbarschaft. Die Moorente teilt mit der Verwandten annähernd denselben Verbreitungskreis, bewohnt Mittel- und Südeuropa sowie Nordasien und wandert im Winter bis Nordafrika und Indien. In Norddeutschland brütet sie häufig, in Ungarn ist sie gemein, beschränkt jedoch hier wie da ihren Aufenthaltsort auf bruchartige Gewässer. Die Kolbenente bewohnt Südeuropa und Turkestan, die Mongolei, wahrscheinlich alle geeigneten Gewässer der Aralokaspischen Niederung und wandert im Winter bis Nordafrika und Indien. Berg- und Reiherente sind Bewohner der Tundra und ziehen im Winter bis Nordafrika und Indien.

Innerhalb ihrer Familie gehört die Tafelente, auf deren Lebensschilderung ich mich beschränken muß, zu den beweglichsten Arten. Sie geht schwerfällig, betritt das Land auch nur ungern, höchstens um sich auf sicheren Sandbänken auszuruhen oder eine an den Strand geworfene Pflanzenmasse zu durchstöbern, und verrichtet sonst alle ihre Geschäfte auf dem Wasser. Im Schwimmen senkt sie sich etwas weniger tief ein als ihre Verwandten, durchfurcht die Wellen aber mit derselben Gewandtheit wie diese und ist blitzschnell in der Tiefe verschwunden. Der Flug geschieht unter heftigem Flügelschlag, verursacht vernehmliches Rauschen und fördert nicht gerade schnell. Die Stimme ist ein tiefer, schnarchender Laut, der durch die Silbe »Charr« oder »Cherr« ungefähr wiedergegeben werden kann und während der Paarungszeit von einem eigentümlichen Getöne, das Naumann »Quätschen« nennt, begleitet. Im Vergleich zu den Schwimmenten ist die Tafelente wie ihre Verwandten wenig scheu, zuweilen sogar sehr zutraulich; doch macht auch sie Verfolgung vorsichtig.

Während des Sommers nährt sich diese Tauchente vorzugsweise von Pflanzenstoffen: Wurzelknollen, Keimen, zarten Blätterspitzen, Blüten und Samen der verschiedenen Wasserpflanzen. Nebenbei fängt sie Kerbtiere oder Fischchen, liest Muscheln auf, kurz, sucht ihren Tisch so vielseitig als möglich zu beschicken; während des Zuges geht sie mehr zu tierischer Nahrung über, und dann nimmt ihr sonst köstliches Wildbret einen unangenehm tranigen Geschmack an.

Sie brütet erst spät im Jahre, selten vor Mitte Mai, weil sie ihr Nest am liebsten in dem Seggen oder Rohre ihres Brutgewässers anlegt. Letzteres ist stets ein Binnensee oder Teich, der wenigstens am Rande mit Schilf, Rohr oder Riedgras bestanden ist. Zuweilen legt sie ihr Nest in der Nähe bewohnter Orte an, manchmal auf sehr kleinen Teichen, führt aber dann die Jungen bald einem größeren Gewässer zu. Nach ihrer Ankunft im Frühjahre verweilen die Paare längere Zeit unter verschiedenen anderen Enten, scheinbar ohne an Fortpflanzung zu denken; Ende April werden sie unruhig und lebhaft: die Männchen lassen ihren Paarungsruf hören, die Paare trennen sich, und die Liebesbewerbungen beginnen. Das Nest wird aus trockenem Schilfe, Rohrhalmen und Grasblättern zusammengebaut, ziemlich dicht geflochten, in der Mitte tief ausgemuldet und später reichlich mit Daunen ausgekleidet. Acht bis zehn, ausnahmsweise mehr, wenn das erste Gelege gestört wurde, weniger, verhältnismäßig große, rundliche, etwa vierundsechzig Millimeter lange, zweiundvierzig Millimeter dicke, feinkörnige, glanzlose, graue oder ölgrünliche Eier bilden das Gelege. Solange das Weibchen noch legt, hält das Männchen treu zu ihm, übernimmt auch wohl das Amt des Wächters, während jenes auf dem Neste verweilt, und zeigt jede Annäherung der Gefahr warnend an; wenn aber das Weibchen einmal brütet, zieht es sich zurück und vereinigt sich mit anderen Männchen, ohne sich um die Gattin fernerhin zu kümmern. Letztere setzt ihr Leben ohne Bedenken für die Brut ein und verläßt die Eier, wenn sie erst einige Tage gebrütet hat, niemals. Nach zweiundzwanzig- bis dreiundzwanzigtägiger Bebrütung entschlüpfen die Jungen, werden noch im Laufe desselben Tages auf das Wasser geführt, schwimmen und tauchen hier ohne jeglichen Unterricht sofort außerordentlich fertig, entfernen sich aber anfangs nicht aus der Nähe der deckenden Pflanzen. Durch Einknicken mehrerer nebeneinander stehenden Rohrstengel und Schilfblätter, die auch wohl mit Wasserkräutern belegt werden, schafft ihnen die Mutter besondere Ruheplätze und Schlafstellen, auf denen sie häufig sitzen, um sich zu sonnen, zu putzen und auszuruhen. Bei Verfolgung suchen sie sich durch oftmaliges Untertauchen zu retten. Sie wachsen schnell heran, lernen aber erst fliegen, wenn sie ihre volle Größe erreicht haben. Nunmehr vereinigen sie sich wieder mit den alten Männchen und bilden bis zum Herbste zahlreichere Gesellschaften.

Neben den Raubvögeln und den Krähen, Elstern usw., die wenigstens den Eiern gefährlich werden, stellt auch der Mensch der Tafelente des höchst schmackhaften Wildbretes halber nach.

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Allwinterlich besucht unser Vaterland die Schellente ( Clangula glaucion), Vertreterin einer gleichnamigen Sippe ( Clangula). Kopf und Oberhals sind schwarz, metallisch schimmernd, Mantel und Rücken, die kleinen oberen Flügeldeckfedern und der Flügelbug samtschwarz, ein eirunder Fleck auf der Wange, dicht an der Schnabelwurzel, und alle übrigen Teile weiß, die Weichenfedern dunkel schwarzgrau quergefleckt, die Hand- und ersten Armschwingen schwarz, die übrigen Armschwingen, die einen breiten Spiegel bilden, weiß, die weißen Schulterfedern außen schwarz gerandet, die Schwanzfedern graulichschwarz. Der Schnabel hat tief blauschwarze, der Fuß rötlichgelbe Färbung. Dem Weibchen fehlt der Wangenfleck. Die Länge beträgt etwa fünfzig, die Breite fünfundsiebzig, die Fittichlänge dreiundzwanzig, die Schwanzlänge acht Zentimeter. Ihr Brutgebiet, die Tundra beider Welten, allherbstlich verlassend, durchstreift die Schellente im Winter ganz Europa und Nordamerika sowie den größten Teil Asiens und dehnt ihre Wanderungen bis Nordafrika aus.

Die Schellente erscheint bei uns zulande frühestens in den letzten Tagen des Oktober, nimmt auf tieferen Gewässern jeder Art und in allen Lagen, in der Ebene wie im Gebirge, am liebsten aber doch auf freien Landseen und Flüssen Herberge, verläßt sie erst, wenn auch die letzten Wuhnen ihre winterliche Eisdecke erhalten haben, zieht sich dann auf das Meer zurück oder streicht weiter nach Süden hinab, findet sich unmittelbar nach der Eisschmelze wieder ein und tritt im März, spätestens im April, den Rückzug an. Einzelne Paare erwählen schon in Norddeutschland ein geeignetes Gewässer, um hier zu brüten; die große Mehrzahl aber nistet in der Tundra.

Eigenschaften und Wesen der Schellente stimmen in ihren Hauptzügen mit denen der verwandten Arten überein. Sie geht schwerfällig, fliegt ziemlich schnell, aber nicht eben gewandt, mit hastigen Flügelschlägen und unter weit hörbarem, klingendem oder schallendem Getöne, das ihr zu dem passenden Namen verholfen hat, schwimmt und taucht auch mit vollendeter Meisterschaft. Ihre tief knarrende Stimme läßt sie nicht eben oft vernehmen; nur in der Paarungszeit ist sie etwas lauter als sonst und gibt dann auch quakende Laute zum besten. Gesellig und friedfertig wie die meisten Tauchenten, hält sie doch selten mit Verwandten engere Gemeinschaft, lebt vielmehr für sich und duldet höchstens, daß andere Arten zu ihr stoßen. Den Menschen betrachtet sie überall mit Mißtrauen.

Dank ihrer Schwimm- und Tauchfertigkeit leidet die Schellente selten Mangel. Sie frißt Wasserschnecken, Muscheln, kleine Fische, Krebse und Wasserkerfe, auch wohl Frösche und Wasserspitzmäuse, nebenbei ebenso Pflanzenstoffe verschiedener Art, holt sich ihre Nahrung stets vom Grunde, oft aus sehr beträchtlicher Tiefe herauf, ist daher, vom Morgen bis zum Abend, mit dem Aufsuchen derselben beschäftigt, fast fortwährend in regster Tätigkeit und schwärmt auch noch in den Abend- und ersten Nachtstunden weit umher.

Zum Nisten wählt unsere Ente tiefere Gewässer mit weiten, freien Blänken, deren Ränder teilweise mit Röhricht und Gebüsch bestanden sind. Das Nest, ein sehr dürftiger, gänzlich kunstloser, aus trockenem Schilfe und Binsen, Rohrblättern und Gräsern zusammengefügter, jedoch dicht mit Daunen ausgekleideter Bau, steht im Röhrichte oder Schilfe, auf Kaupen in Binsen- und Seggenbüschen, unter Gebüsch, selbst auf den Köpfen alter Weiden, und enthält bereits zu Ende April, in der Tundra etwas später, zehn bis zwölf, zuweilen vierzehn bis neunzehn etwa sechzig Millimeter lange, vierzig Millimeter dicke, eigestaltige, fest- und glattschalige, feinkörnige, schmutziggrüne Eier. Das Weibchen brütet ohne jede Hilfe des Männchens, betätigt dabei alle seinem Geschlechte eigene Hingebung, zeitigt die Eier binnen zweiundzwanzig Tagen, führt sodann die vom ersten Tage ihres Lebens an überaus gewandten, schwimm- und tauchfähigen Küchlein auf freies Wasser, ernährt, unterrichtet, erzieht sie, gibt sich ihrethalben rücksichtslos jeder Gefahr preis und beginnt, nachdem die rasch heranwachsenden Jungen flugfähig geworden, mit ihnen umherzuschwärmen.

Rohrweihe, Raben und Möwen rauben die Eier, größere Fische die Küchlein der Schellente; ihr selbst stellen wenige Raubtiere und nur im Norden oder in unsern Strandgegenden die Menschen nach, da ihr Wildbret für jeden nicht gänzlich abgehärteten Gaumen vollkommen ungenießbar ist.

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Die Eisente ( Harelda glacialis) ist die bekannteste Art einer gleichnamigen Sippe ( Harelda). Oberkopf, Hinter- und Vorderhals, Nacken und Kropf, Schultern, Bauch, Seiten und Steiß sind weiß, Halsseiten, Rücken, Oberflügel und die ganze Brust tiefbraun, Unterrücken und Bürzel schwarz, die Schwingen lichtbraun, die Armschwingen am Ende rötlichbraun gerandet, wodurch ein wenig hervortretender Spiegel gebildet wird, die mittleren, sehr verlängerten, spießartig gestalteten Schwanzfedern schwarz, die übrigen, nach außen hin zunehmend, an der Außenfahne weiß, die äußersten nur noch längs des Schaftes grau. Die Länge beträgt, der bis dreißig Zentimeter langen mittleren Schwanzfedern halber, über sechzig, die Breite siebzig, die Fittichlänge zweiundzwanzig Zentimeter.

Noch bunter als die Eis- ist die verwandte Kragenente ( Harelda histrionica). Von dem vorherrschend schieferfarbenen, auf dem Bauche in Fahlbraun übergehenden, in der Steißgegend schwarzen Gefieder stechen unschön ab ein Wangenfleck, ein schmaler Schläfenstreifen, ein kleiner rundlicher Fleck hinter dem Ohre, ein Seitenhalsstreifen, ein Halsband, ein halbmondförmiger, nach vorn geöffneter Schlüsselbein-, ein langer Schulterfleck, die Außenfahne der Oberarmschwingen, mehrere kleine, rundliche Flecke auf dem Oberflügeldeckgefieder, die Enden der größten Oberflügeldeckfedern und ein kleiner Weichenfleck, die sämtlich weiß sind, sowie ein schmaler Augenbrauenstreifen und die Seiten, die einen länglichrunden Fleck bilden und wie jener hellkastanienbraune Färbung haben; die Handschwingen sind schwärzlich, die den Spiegel bildenden Armschwingen außen purpurglänzend, die Steuerfedern düsterschwarz. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel blau, der Fuß braun. Die Länge beträgt fünfundvierzig, die Breite achtzig, die Fittichlänge zwanzig, die Schwanzlänge sieben Zentimeter.

Beide Eisentenarten gehören ebenfalls der Tundra an und bewohnen daher den Norden beider Welten; die Kragenente tritt jedoch in Amerika viel häufiger auf als im Osten ihres Verbreitungsgebietes und kommt in Europa regelmäßig und zahlreich nur auf Island vor. Von hier aus besucht sie dann und wann unsere deutschen Küsten, wogegen die Eisente hier zu den gemeinsten Wintergästen zählt, in unschätzbarer Menge die Ost- und Nordsee bevölkert, auch in die Strom- und Flußmündungen eindringt und zuweilen, den Flüssen entgegenwandernd, bis tief ins Binnenland sich verirrt. Sie erscheint bei uns zulande bereits im Oktober und verweilt bis gegen Ende April in der Winterherberge, da sie ihre Brutgewässer in der Tundra, denen sie von uns aus geradenwegs zufliegt, vor Anfang Mai ohnehin nicht beziehen kann. Während ihrer Reise, wie im Winter, verläßt sie die See eigentlich nur in Ausnahmefällen, hält sich auch stets in sehr zahlreichen, obschon lose verbundenen Scharen zusammen; während der Brutzeit dagegen bewohnt sie paarweise die kleinen teichartigen, kahlen oder doch nur spärlich mit Riedgras umrandeten Wasserbecken der Tundra und, da es ihr hier an solchen Gewässern nicht fehlt, immer nur einen See allein oder doch nicht in Gemeinschaft mit ihresgleichen. Obwohl in ihrem Wesen und Gebaren mit anderen Tauchenten übereinstimmend, zeichnet sie sich doch durch ihre äußerst klangvolle, weitschallende Stimme sehr zu ihrem Vorteile aus. Im Winter vernimmt man allerdings selten andere als quakende, wie »Wak, wak« klingende Laute; mit Beginn der Paarungszeit aber ruft das Männchen laut und volltönend »Ang, au, ang, lig auau auu lik« usw., nicht selten in gesangartiger Weise, und belebt dann die stillen Gewässer der Tundra auf das ansprechendste.

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Von den bisher genannten Zahnschnäblern unterscheiden sich die Säger ( Merginae) durch sehr gestreckten Leib, mittellangen, aber dünnen Hals, großen, gewöhnlich durch Busch oder Haube geschmückten Kopf, langen geraden oder ein wenig aufwärts gebogenen, schlanken, schmalen, fast walzenförmigen, scharfrandigen, mit starken Zähnen besetzten und mit einem kräftigen Haken versehenen Schnabel, weit hinten eingelenkte, niedrige, großzehige Füße, deren hintere Zehe wie bei den Tauchenten einen breiten Hautlappen trägt, mittellange, sehr spitzige Flügel, unter deren Schwingen die erste und zweite die längsten sind, kurzen, breiten, abgerundeten, aus sechzehn bis achtzehn Federn bestehenden Schwanz und weiches, dichtes, schön gefärbtes Kleingefieder, das nach Geschlecht und Alter wie nach der Jahreszeit ändert.

Die Säger gehen, mit wenig aufgerichtetem Vorderkörper watschelnd und wackelnd, schwimmen vorzüglich, tauchen mit größter Leichtigkeit und können lange unter dem Wasser verweilen, haben leichten, schnellen, entenartigen Flug, nehmen, auch wenn sie gemeinsam durch die Luft ziehen, eine gewisse Ordnung an, erheben sich unter Geräusch und mit Hilfe ihrer Beine ziemlich leicht vom Wasser und stürzen sich schief auf dasselbe herab, nach dem Einfallen entweder sofort untertauchend oder durch die vorgestreckten Ruder sich aufhaltend. Ihre Stimme ist ein merkwürdiges Schnarren. Sie sind vorsichtig und scheu, andern ihrer Art bis zu einem gewissen Grad zugetan, aber neidisch und deshalb oft streit- und rauflustig. Um andere Vögel bekümmern sie sich in der Regel nicht.

Alle bekannten Säger gehören dem Norden der Erde an. Strenge Kälte vertreibt sie aus ihrer Heimat und zwingt sie zu Wanderungen, die sie ziemlich regelmäßig bis nach Norddeutschland, seltener bis nach dem Süden Europas führen. Je nach der Örtlichkeit, die sie bewohnen, sind sie Zug-, Wander- oder Strichvögel; keine Art wandert weiter, als sie muß. Sie verschmähen Pflanzennahrung zwar nicht gänzlich, nehmen aber doch nur im Notfalle zu solcher ihre Zuflucht. Ihr eigentliches Futter sind Fische und andere Wassertiere, beispielsweise kleine Lurche, Krebse und Kerbtiere. Die Fische erbeuten sie durch schnelles Nachjagen unter Wasser, ganz so, wie Taucher solche erlangen. Sie sind äußerst gefräßig und können demgemäß in bebauten Gegenden den Fischereien höchst empfindlichen Schaden zufügen.

Ihre Fortpflanzung stimmt mit der anderer Entvögel überein. Sie brüten auf dem Boden unter dem Gestrüppe oder Gesträuche, in Ried- und Baumhöhlen oder auf passenden Baumzweigen, auch wohl selbst in den Nestern anderer Vögel. Ihr kunstloses Nest wird von trockenem Schilfe, Laube, Moose, Binsen und dergleichen aufgeschichtet und wie bei den Enten mit Daunen ausgekleidet. Das Gelege enthält sieben bis vierzehn ungefleckte, grau grünlichweiße Eier. Nur das Weibchen brütet, und zwar ungefähr zweiundzwanzig bis vierundzwanzig Tage lang; das Männchen hält sich währenddem in der Nähe der Gattin auf, erscheint auch anfangs noch bei den Jungen, verläßt diese aber bald und schlägt sich mit anderen seines Geschlechtes in Flüge zusammen.

Den kleineren Arten stellen alle unsere Edelfalken und der Habicht nach; der Brut wird das gesamte Raubzeug, das in Frage kommen kann, gefährlich. Der Mensch verfolgt sie nicht regelmäßig, weil das Wildbret schlecht und tranig schmeckt, nimmt ihnen jedoch oft die Eier weg und verwendet auch wohl die Daunen und Federn.

 

Der Zwergsäger, Möwen-, Eis- oder Elstertaucher ( Mergus albellus), hat Ähnlichkeit mit gewissen Tauchenten, insbesondere mit der Schellente. Das Hochzeitskleid des Männchens ist reinweiß; eine Stelle zwischen dem Auge und dem Schnabel und ein Band im Nacken sind schwarzgrün, der Rücken und der größte Teil des Flügels, zwei schmale Binden an der Schulter und eine Längsbinde über dem Flügel schwarz, die Seiten bläulichgrau und schwarz quergewellt, die Schwingen schwarzbraun, die Steuerfedern grau. Das Auge ist bläulichgrau, der Schnabel wie der Fuß graublau. Die Länge beträgt fünfzig, die Breite fünfundsiebzig, die Fittichlänge einundzwanzig, die Schwanzlänge acht Zentimeter.

Nordasien muß als die wahre Heimat des Zwergsägers bezeichnet werden; von hier aus erstreckt sich sein Verbreitungskreis in westlicher Richtung bis Nordeuropa, in östlicher bis Amerika. Der Winter treibt ihn von seinem Nistgebiete aus in südlichere Gegenden. Bei strengem Winter trifft er bei uns bereits im November, in der Regel aber nicht vor Mitte Dezember ein und verläßt uns, dem Norden zuwandernd, bereits im Februar und März wieder, soll sich jedoch auf einigen Schweizer Seen zuweilen bis zum Mai umhertreiben. Man sieht ihn fast nur auf süßen Gewässern, ausnahmsweise vielleicht auch auf stillen Meeresbuchten, namentlich solchen, in die Flüsse einmünden, dann aber immer bloß auf kurze Zeit. Abweichend von den Tauchenten zieht er, wie seine Familienverwandten überhaupt, fließendes Wasser dem stehenden vor, wandert also den Flüssen nach und besucht bloß von diesen aus die Seen und Teiche, die noch offenes Wasser haben.

Im Gehen trägt er sich wagerecht, den Hals eingezogen, und bewegt sich wankend, aber doch besser als die Verwandten; schwimmend senkt er seinen Leib ungefähr bis zur Hälfte seiner Höhe in das Wasser ein; vor dem Tauchen erhebt er sich mit einem Sprunge bis über die Oberfläche des Wassers, verschwindet unmittelbar darauf unter ihr, streckt den Hals lang aus, rudert kräftig, mit beiden Beinen abwechselnd, und bewegt sich in jeder Höhe über dem Grunde mit wahrhaft erstaunlicher Schnelligkeit und Gewandtheit, eher einem Raubfische als einem Vogel gleich, hält sehr lange unter Wasser aus und kommt meist fern von der Stelle des Untertauchens wieder zum Vorscheine. Der Flug ähnelt dem kleiner Entenarten, ist ebenso schnell und geschickt, verursacht ein kaum bemerkbares Geräusch und geht in gerade Linie fort, bei kurzen Entfernungen meist niedrig über dem Wasser oder dem Boden hin. Nur wenn der Vogel auf letzterem ausruht, zeigt er sich träge, sonst stets außerordentlich lebhaft, auch bei der heftigsten Kälte rege und munter. Eigentümlich ist seine Zuneigung zu der Schellente. Höchst selten sieht man die bei uns ankommenden Zwergsäger ohne diese Begleitung. Das gegenseitige Freundschaftsverhältnis währt selbst in der Gefangenschaft fort; ja, es ist in unseren Tiergärten vorgekommen, daß herumschwärmende Zwergsäger freiwillig auf Teichen sich einfanden, auf denen sie Schellenten bemerkt hatten.

Die Nahrung besteht hauptsächlich in kleinen Fischen, nebenbei in Krebsen und Kerbtieren; die gefangenen fressen jedoch auch gewisse Pflanzenstoffe, insbesondere Brot, recht gern. Im Fischen stehen sie ihren größeren Verwandten nicht nach. Über die Fortpflanzung ist noch wenig bekannt. Man weiß, daß der Zwergsäger im Norden Rußlands in Menge nistet, am Ufer oder auf kleinen Inselchen, auch wohl in hohlen Baumstämmen ein Nest aus trockenem Geniste und Gräsern errichtet, dasselbe mit den eigenen Daunen auskleidet und acht bis zwölf schmutzigweißliche oder grünlichbräunliche Eier legt, kennt aber weder die Dauer der Brutzeit, noch die Entwicklungsgeschichte der Jungen. Eier, die Wollen erhielt, sind durchschnittlich fünfzig Millimeter lang und vierzig Millimeter dick.

 

Der Gänsesäger ( Mergus merganser) unterscheidet sich von dem Zwergsäger hauptsächlich durch den langen, seitlich zusammengedrückten Schnabel. Im Hochzeitskleide sind Kopf und Oberhals schwarzgrün, der Oberrücken, die Schultern, der Flügelrand und die vorderen Schulterfedern schwarz, die ganze Unterseite und die Oberflügeldeckfedern schön gelbrot, die Federn des Spiegels weiß, die Schwingen schwärzlich, die Unterrückendeckfedern grau, fein schwarz gewellt, die Schwingen schwarz, die Steuerfedern grau. Das Auge ist rotgelb, der Schnabel korallrot, der Fuß blaßrot. Die Länge beträgt achtzig, die Breite einhundertzehn, die Fittichlänge dreißig, die Schwanzlänge acht Zentimeter. Der Gänsesäger bewohnt den Norden Europas, Asiens und Amerikas, scheint auch in jedem der drei Erdteile ungefähr gleich häufig zu fein. Als Heimatgebiet darf man den Gürtel zwischen dem zweiundfünfzigsten und achtundsechzigsten Breitengrade annehmen. Auf dem Zuge, den er mit größerer Regelmäßigkeit als die übrigen Arten ausführt, hat man ihn einerseits in allen südlicher gelegenen Staaten Europas oder in Nordindien und Südchina, anderseits fast überall in den Vereinigten Staaten beobachtet. Einige Paare brüten im Norden Deutschlands; die größere Anzahl von denen, die bei uns gesehen werden, erscheint gegen Ende November vom Norden her und zieht bereits im Februar wieder dahin zurück.

Zu derselben Gruppe zählt der Mittelsäger, der auch Sägeschnäbler oder Taucherkiebitz heißt ( Mergus serrator), Kopf und Oberhals, deren verlängerte Federn einen Schopf bilden, sind samtschwarz, metallischgrün glänzend und schimmernd, Mittelhals und Steiß sowie die mittleren und großen, am Ende schwarzen Oberdeckfedern der Flügel weiß, die kleinen Flügeldeckfedern graulichbraun, ein schmaler Mittellängsstreifen am Hinterhalse, Rücken, Schulter- und letzte Armschwingen schwarz, Unterrücken, Bürzel, Oberschwanzdeckgefieder und Seiten auf weißem Grunde fein schwarz gewellt, Kropf- und Halsseitenfedern graubraun, fein schwarz gewellt, dunkelbraun geschaftet und weiß umrandet, seitliche Oberbrustfedern weiß, breit grünlichschwarz gekantet, Unterteile weiß, zart rötlich überhaucht, Handschwingen dunkel braungrau, innen lichter, Armschwingen weiß, außen am Ende schwarz gerandet, Schwanzfedern düster graulichbraun, lichter gesäumt. Das Auge hat rotbraunen, karminrot umrandeten Stern, der Schnabel dunkel-, der Fuß lackrote Färbung. Die Länge beträgt sechzig, die Breite fünfundachtzig, die Fittichlänge fünfundzwanzig, die Schwanzlänge elf Zentimeter. Der hohe Norden beider Welten bildet die Heimat, ganz Europa, Mittelasien bis zur Breite Südchinas und die südlichen Vereinigten Staaten umfassen das Wandergebiet dieser Art.

Mit Ausnahme der Mittagsstunden, die der Gänsesäger gern auf einer sandigen Stelle des Ufers ruhend verbringt, sieht man ihn fast beständig auf dem Wasser, seinem eigentlichen Wohngebiete. Auf dem Lande watschelt er schwerfällig, und durch die Luft fliegt er zwar ziemlich rasch, aber doch nur mit Anstrengung, während er auf und unter dem Wasser mit gleicher Leichtigkeit sich bewegt. Bei ruhigem Schwimmen rudert er mit kräftigen, jedoch langsam sich folgenden Stößen seiner breiten Füße gleichmäßig und ziemlich rasch seines Weges fort; wenn er aber einen andern seiner Art, der eben Beute gemacht hat und diese verschlingen will, neidisch verfolgt, jagt er so heftig auf der Oberfläche des Wassers fort, daß er jeden andern mir bekannten Schwimmvogel überbietet und ein starkes Rauschen der Wellen hervorbringt. Sein Eintauchen ins Wasser geschieht mit größter Leichtigkeit, fast ohne Geräusch, und sein Schwimmen zwischen der Oberfläche und dem Grunde des Gewässers so schnell, daß man eher einen Fisch als einen Vogel dahinschießen zu sehen wähnt. Zuweilen bleibt er gegen zwei Minuten unter Wasser, gewöhnlich etwas über eine Minute. In dieser Zeit hat er fischend, also unter Umständen Kreuz- und Querzüge ausführend, meistens gegen hundert Schritt zurückgelegt. Seine Stimme ist ein sonderbares Knarren, das meiner Ansicht nach am besten mit dem Getöne einer Mundtrommel verglichen werden mag. Die einzelnen Laute klingen wie »Karr« und »Korr«, werden aber in so sonderbarer Weise verschmolzen und, wenn ihrer viele sind, zu einem so eigentümlichen Zusammenklingen verbunden, daß man immer und immer wieder an jenes einfache Werkzeug erinnert wird. Abweichend von seinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen seiner Art Gemeinschaft. Auf dem Zuge oder in den Tiergärten sieht man die Gänsesäger stets zusammen, erfährt aber bald, daß an ein wirkliches freundschaftliches Verhältnis unter ihnen nicht gedacht werden darf, daß namentlich ihr neidisches Wesen bei jeder Veranlassung sich bekundet. Der Gänsejäger frißt nur Fische, und nur ausnahmsweise nimmt er nebenbei Kerfe oder Gewürm auf.

In Deutschland nistet hier und da ein Pärchen unseres Vogels, am häufigsten wohl in den Seen der nördlichsten Teile unseres Vaterlandes, beispielsweise in Pommern, Mecklenburg und Holstein. Auf den dänischen Inseln brütet er schon regelmäßig, und von hier aus nach Norden hin auf allen ihm zusagenden Gewässern. Die Paare finden sich bereits in der Winterherberge zusammen und erscheinen gemeinschaftlich auf dem Brutplatze, schreiten im Norden aber erst Anfang Juni zur Fortpflanzung. Das Nest wird oft in einer Vertiefung des Bodens zwischen Gestein oder unter Gesträuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel- oder Krähenhorsten und gar nicht selten auch in Baumhöhlungen angelegt. Das Nest ist ein mehr oder weniger kunstloser Bau aus Reisig, Gestängel, Gehälm, Blättern, Flechten usw., wird aber immer warm und weich mit Daunen ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; sie sind etwa achtundsechzig Millimeter lang, siebenundvierzig Millimeter dick, rein eiförmig oder etwas gestreckt, fest- und starkschalig, feinkörnig, wenig glänzend und schwach grünlichbraungrau oder schmutzig ölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausgeschlüpften Jungen fast allein zu leiten. Letztere springen, wenn sie in der Höhe groß werden, ebenso gut wie die Enten und Gänse einfach aus ihrer Höhe herab und werden durch ihr reiches Daunenkleid vor den Folgen des Sturzes bewahrt. In den ersten Tagen ihres Lebens nähren sie sich nur von Kerbtieren, die sie von der Oberfläche des Wassers wegnehmen; vom dritten Tage an beginnen sie zu tauchen, und wenn sie acht Tage alt geworden sind, können sie bereits Fische fangen. Sie wachsen sehr schnell und machen sich auch bald selbständig. Anfangs sammeln sie sich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; später bilden sie, ohne sich um diese zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem sie sich möglichst dicht aneinander schmiegen und so sich gegenseitig erwärmen.

Von den Nachstellungen der Feinde, die die kleineren Zahnschnäbler und Schwimmvögel insgemein bedrohen, haben die starken und gewandten Gänsesäger wenig zu leiden; auch dem Menschen entgehen sie in den meisten Fällen. Eigentliche Jagden werden übrigens auch aus dem Grunde nicht abgehalten, weil das Wildbret uns wenigstens ungenießbar erscheint und man die Federn nicht in der Weise nutzt, in der sie wohl benutzt werden könnten.


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