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Zehnte Ordnung: Die Einhufer ( Solidungula).

Alle jetzt lebenden Einhufer bilden eine streng abgegrenzt Gruppe unter den Huftieren, ähneln sich auch untereinander so, daß man sie nur in einer einzigen Familie vereinigen kann. Einhufer und Pferd sind gleichbedeutend.

Die Pferde ( Equidae) kennzeichnen sich durch mittlere Größe, schöne Gestalt, verhältnismäßig kräftige Glieder und mageren, gestreckten Kopf mit großen, lebhaften Augen, mittelgroßen, zugespitzten, beweglichen Ohren und weitgeöffneten Nüstern. Der Hals ist stark, muskelkräftig, der Leib gerundet und fleischig, das Haarkleid weich und kurz, aber dicht anliegend, im Nacken und am Schwanze mähnig. Der eine ungespaltene und zierliche Huf an den Füßen genügt, um die Pferde von allen übrigen Huftieren zu unterscheiden. Alle drei Zahnarten in gleicher und beständiger Anzahl, sechs Schneidezähne, sechs lange, vierseitige Backenzähne mit gewundenen Schmelzfalten auf der Kaufläche und kleine, hakige, stumpfkegelförmige Eckzähne bilden das Gebiß. Am Gerippe fällt die Länge des Schädels auf, bei dem nur ein Drittel auf den Hirnkasten, zwei Drittel aber auf den Antlitzteil kommen. Die Brust wird von sechzehn Wirbeln umschlossen, der Lendenteil von acht, das Kreuzbein von fünf Wirbeln gebildet, während die Schwanzwirbel bis zu einundzwanzig ansteigen. Von den Verdauungswerkzeugen verdient die enge Speiseröhre, deren Mündung in den Magen mit einer Klappe versehen ist, besondere Beachtung. Der Magen selbst ist ein einfacher, ungeteilter, länglichrunder, ziemlich kleiner Sack.

Als ursprüngliches Verbreitungsfeld der Pferde, deren Resten wir zuerst in den Schichten der Tertiärzeit begegnen, hat man den größten Teil von Mittel- und Nordeuropa, Mittelasien und Afrika anzusehen. In Europa scheinen die wilden Pferde vor noch nicht allzulanger Zeit ausgestorben zu sein; in Asien und Afrika schweifen sie noch heutigen Tages herdenweise durch hochgelegene Steppen und Gebirge. Gras, Kräuter und andere Pflanzenstoffe überhaupt dienen ihnen zur Nahrung; in der Gefangenschaft haben sie gelernt, selbst tierische Stoffe zu genießen. Alle Pferde sind lebendige, muntere, bewegliche, kluge Tiere, ihre Bewegungen anmutig und stolz. Der gewöhnliche Gang der freilebenden Arten ist ein ziemlich scharfer Trab, ihr Lauf ein verhältnismäßig leichter Galopp. Friedlich und gutmütig gegen andere Tiere, die ihnen nichts zuleide tun, weichen sie den Menschen und den größeren Raubtieren mit ängstlicher Scheu aus, verteidigen sich aber im Notfalle durch Schlagen und Beißen mutig gegen ihre Feinde. Ihre Vermehrung ist gering. Die Stute wirft nach langer Tragzeit ein einziges Junge.

Mindestens zwei, wahrscheinlich drei Arten der Familie sind von den Menschen unterjocht worden. Keine Geschichte, keine Sage erzählt uns von der Zeit, in der sie zuerst zu Haustieren gewonnen wurden; nicht einmal über den Erdteil, in dem man die ersten Pferde zähmte, ist man im reinen. Vor allen anderen glaubt man mittelasiatischen Völkern den Erwerb des Pferdes danken zu dürfen; wir nehmen an, daß man dieses in China und Indien ungefähr zu derselben Zeit wie in Ägypten als Haustier verwendete, sind jedoch außerstande, solches zu beweisen; wir haben seine Reste in den aus der späteren Steinzeit stammenden Pfahlbauten der Schweiz gefunden, vermögen aber nicht, diese Zeit näher zu bestimmen.

 

Noch gegenwärtig schwärmen in den Steppen Südosteuropas Pferdeherden umher, die von einzelnen als die wilden Stammeltern unseres Haustieres, von andern als von diesem herstammende und wieder verwilderte Nachkömmlinge desselben betrachtet werden. Diese Pferde, die man Tarpane nennt, haben alle Eigenschaften echt wilder Tiere an sich und werden von Tataren und Kosaken als solche angesehen. Der Tarpan ist ein kleines Pferd mit dünnen, aber kräftigen, langfesseligen Beinen, ziemlich langem und dünnem Halse, verhältnismäßig dickem, rammsnasigem Kopfe, spitzigen, nach vorwärts geneigten Ohren und kleinen, lebhaften, feurigen, boshaften Augen, seine Behaarung im Sommer dicht, kurz, gewellt, namentlich am Hinterteil, wo sie fast gekräuselt genannt werden kann, im Winter dagegen dicht, stark und lang, zumal am Kinn, wo sie fast einen Bart bildet, die Mähne kurz, dicht, buschig und gekräuselt, der Schwanz mittellang. Ein gleichmäßiges Fahlbraun, Gelblichbraun oder Isabellgelb bildet die vorherrschende Färbung des Sommerkleides; im Winter werden die Haare heller, bisweilen sogar weiß; Mähne und die Schwanzhaare sehen gleichmäßig dunkel aus. Schecken und Rappen sind selten.

Genauere Nachrichten über den Tarpan danken wir Pallas, der (1774) Südostrußland bereiste. Er hält Tarpan und Pferd für gleichartig. »Ich fange immer mehr an zu mutmaßen,« sagt er, »daß die in der Jaikischen und Donischen Steppe sowie auch in der Baraba herumschweifenden wilden Pferde großenteils nichts anderes als Nachkömmlinge verwilderter kirgisischer und kalmückischer Pferde oder vordem hier umherziehenden Hirtenvölkern gehöriger Hengste sind, die teils einzelne Stuten, teils ganze Herden entführt und mit selbigen ihre Art fortgepflanzt haben.« Anderer Ansicht ist mein Freund Radde. Er hält ebenso wie die Bewohner jener Gebiete den Tarpan für ein echtes Wildpferd. »Es liegen«, so schreibt er mir, »uns aus den weiten Steppengebieten um Dnjepr und Don keine sicheren Nachrichten vom Verwildern der Pferde vor, und wir sind somit nicht berechtigt, derartige Rückschlüsse zu ziehen, die zur Aufhellung der Herkunft des Tarpans beitragen könnten. In ihm finden wir alle die Eigenschaften, die andere wilde Arten der Pferdefamilie besitzen. Wäre er nur ein durch Geschlechter verwildertes Pferd, so würde ihm wohl eine oder die andere der edleren Eigenschaften und Formen geblieben sein. Dies ist jedoch nicht der Fall, und deshalb erscheint es mir nicht unwahrscheinlich, daß wir im Tarpan es wirklich mit einer wilden Pferdeart zu tun haben, und zwar mit der einzigen, die dem gezüchteten Hauspferde tatsächlich nahesteht. Wichtig wäre es zu wissen, inwieweit die amerikanischen verwilderten Pferde, verglichen mit dem Tarpan, von dem spanischen Pferde in ihrer Körpergestaltung abweichen, beziehentlich, inwieweit sie dem Tarpan nahekommen. Hierdurch würden wir vielleicht in den Stand gesetzt werden, über diese Frage ein richtigeres Urteil zu gewinnen.«

Über die Lebensweise berichten Gmelin und andere etwa das Nachstehende. Man begegnet dem Tarpan immer in Herden, die mehrere hundert Stück zählen können. Gewöhnlich zerfällt die Hauptmenge wieder in kleinere, familienartige Gesellschaften, denen je ein Hengst vorsteht. Diese Herden bewohnen weite, offen- und hochgelegene Steppen und wandern von Ort zu Ort, gewöhnlich dem Winde entgegen. Sie sind außerordentlich aufmerksam und scheu, schauen mit hoch erhobenem Kopfe umher, sichern, spitzen das Gehör, öffnen die Nüstern und erkennen regelmäßig zu rechter Zeit noch die ihnen drohende Gefahr. Der Hengst ist der alleinige Beherrscher der Gesellschaft. Er sorgt für deren Sicherheit, duldet aber auch keine Unregelmäßigkeiten unter seinen Schutzbefohlenen. Junge Hengste werden von ihm vertrieben und dürfen, solange sie sich nicht selbst einige Stuten erschmeichelt oder erkämpft haben, nur in gewisser Entfernung der großen Herde folgen. Sobald dieser irgend etwas auffällt, beginnt der Hengst zu schnauben und die Ohren rasch zu bewegen, trabt mit hochgehaltenem Kopfe einer bestimmten Richtung zu, wiehert gellend, wenn er Gefahr merkt, und nun jagt die ganze Herde im tollsten Galopp davon. Manchmal verschwinden die Tiere wie durch Zauberschlag; sie haben sich in irgendeiner tiefen Einsenkung geborgen und warten nun ab, was da kommen soll. Vor Raubtieren fürchten sich die kampfesmutigen und kampflustigen Hengste nicht. Auf Wölfe gehen sie wiehernd los und schlagen sie mit den Vorderhufen zu Boden. Die Fabel, daß sie sich mit dem Kopfe im Mittelpunkte eines Kreises zusammenstellen und beständig mit den Hinterhufen ausschlagen sollen, ist längst widerlegt; wohl aber bilden die Hengste einen Kreis um die Stuten und Fohlen, wenn einer jener feigen Räuber sich naht. Unter sich kämpfen die Tarpanhengste mit Ingrimm, und zwar ebensogut durch Beißen wie durch Schlagen. Junge Hengste müssen sich ihre Gleichberechtigung immer durch hartnäckige Zweikämpfe erkaufen.

Die pferdezüchtenden Steppenbewohner fürchten die Tarpane noch mehr als die Wölfe, weil jene ihnen oft großen Schaden zufügen. Nach den von Gmelin gesammelten Nachrichten halten sie sich gern in der Nähe der großen Heuschober auf, die von den russischen Bauern oft in weiter Entfernung von den Ortschaften gestapelt werden, und »lassen es sich bei denselben so belieben, daß zwei imstande sind, einen in einer Nacht leer zu machen.« Gmelin meint, daß hieraus ihre Fettigkeit und kugelrunde Gestalt sich leicht erklären lasse. »Dies aber«, fährt er fort, »ist nicht der einzige Schaden, den sie anrichten. Der Tarpanhengst ist auf die russischen Stuten sehr erpicht, und wofern er einer habhaft werden kann, so wird er diese ihm so erwünschte Gelegenheit nicht aus den Händen lassen, sondern sie gewiß mit sich fortschleppen.«

Der Tarpan ist schwer zu zähmen; es scheint, als ob das Tier die Gefangenschaft nicht ertragen könne. Sein höchst lebendiges Wesen, seine Stärke und Wildheit spotten sogar der Künste der pferdekundigen Mongolen. Auch Fohlen erlangen nur einen geringen Grad von Zahmheit, bleiben vielmehr selbst bei der sorgfältigsten Behandlung wild und stutzig. Als Reitpferde sind solche Wildlinge nicht zu gebrauchen, sie lassen sich höchstens mit einem zahmen Pferde vor den Wagen spannen und machen auch hier dem mitarbeitenden Rosse und dem Lenker viel zu schaffen.

»Mein liebenswürdiger Freund Josef Schatiloff«, bemerkt Radde noch, »erhielt Ende der fünfziger Jahre einen lebenden Tarpan und sandte ihn an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften, von der er dem hochverdienten Akademiker von Brandt überantwortet wurde. Bei regelmäßiger Stallfütterung benahm sich der Tarpan ganz gut, sobald man an ihn keine weiteren Anforderungen stellte, als daß er sein Heu täglich fresse, war und blieb aber in allem übrigen ein tückisches, launenhaftes Tier, das starrsinnig und beharrlich bei jeder Gelegenheit zu schlagen und zu beißen versuchte und sich auch der sanftesten Behandlung unzugänglich zeigte.« Wegen des nicht unbedeutenden Schadens, den der Tarpan den freien Stutereien durch Wegführen der Pferde zufügt, hat man ihn mit Eifer und Leidenschaft gejagt. Infolgedessen ist der Tarpan heute in Südrußland vollkommen ausgerottet. Der Herausgeber.

 

»Die im Jahre 1535 gegründete Stadt Buenos Aires«, sagt Azara, »wurde später verlassen. Die ausziehenden Einwohner gaben sich gar nicht die Mühe, ihre sämtlichen Pferde zu sammeln. So blieben deren fünf bis sieben zurück und sich selbst überlassen. Als im Jahre 1580 dieselbe Stadt wieder in Besitz genommen und bewohnt wurde, fand man bereits eine Menge verwilderter Pferde, Nachkommen der wenigen ausgesetzten, als Wildlinge vor. Schon im Jahre 1596 wurde es jedem erlaubt, diese Pferde einzufangen und für sich zu gebrauchen. Dies ist der Ursprung der unzählbaren Pferdeherden, die sich im Süden des Rio de la Plata umhertreiben.« Die Cimarrones, wie diese Pferde genannt werden, leben jetzt in allen Teilen der Pampas in zahlreichen Herden, von denen manche ungefähr zwölftausend Stück zählen mögen. Jeder Hengst sammelt sich so viele Stuten, als er kann, bleibt aber mit ihnen in Gemeinschaft der übrigen Mitglieder der Herde. Einen besonderen Anführer hat diese nicht. Sie sind ebenso groß und stark wie die Hauspferde, aber nicht so schön, weil Kopf und Beine dicker, Hals und Ohren länger zu sein pflegen. Alle diese Pferde haben braune, selten schwarze Färbung.

Die Cimarrones belästigen und schaden, weil sie nicht nur unnützerweise gute Weide abfressen, sondern auch die Hauspferde entführen. Wenn sie letztere sehen, eilen sie in vollem Laufe herbei, begrüßen ihre Artgenossen freundlich mit Gewieher, schmeicheln ihnen und verleiben die Willfährigen ohne großen Widerstand ihren Gesellschaften ein. Reisende geraten nicht selten in Verlegenheit durch jene, ihren Reittieren gefährlichen Entführer. Deshalb ist stets jemand auf der Hut und verscheucht die Wildlinge. Sie erscheinen nicht in Schlachtlinie, sondern wie die Indianer, eines hinter dem andern, aber so dicht, daß die Reihe niemals unterbrochen wird. Zum Glück erscheinen sie nicht bei Nacht, sei es, weil sie nicht gut sehen, oder weil sie die zahmen Pferde nicht verspüren. Mit Verwunderung bemerkt man, daß die Wege, die sie überschreiten, oft auf mehrere Kilometer hin mit ihrem Mist bedeckt sind. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sie die Straßen aufsuchen, um ihre Notdurft zu verrichten. Und weil nun alle Pferde die Eigenheit haben, den Kot anderer ihrer Art zu beriechen und durch ihren eigenen zu vermehren, wachsen diese Miststätten zu förmlichen Bergen an.

Die Wilden in den Pampas essen das Fleisch der Cimarrones, namentlich das von Fohlen und Stuten herrührende. Sie fangen sich auch manche, um sie zu zähmen; die Spanier hingegen machen kaum Gebrauch von ihnen. Nur da, wo Holz mangelt, töten sie bisweilen eine fette Stute, um das Lagerfeuer mit dem Knochenfett des Tieres zu verstärken. Höchst selten fängt man einen Wildling, um ihn zu zähmen. Zu diesem Behufe bindet man ihn an einen Pfahl, läßt ihn drei Tage hungern und dursten und reitet ihn dann; doch muß man ihn vorher auch gleich verschneiden, weil nur die Wallache wirklich zahm werden. Um Cimarrones zu fangen, reitet man an eine Herde heran und schleudert die Wurfkugeln unter sie, gewöhnlich so, daß man die Beine des erwählten Tieres verwickelt und es so zu Fall bringt. Dann wird es gefesselt und an einer etwa zwanzig Meter langen, festen Schnur nach Hause geführt. Die Gutsbesitzer verfolgen die Wildlinge, wo sie nur können, weil sie sonst ihrer eigenen Pferde nicht sicher sind.

 

In Paraguay finden sich keine verwilderten Pferde, und zwar, wie Rengger vermutet, wegen einer in den Pampas von Buenos Aires fehlenden Schmeißfliege, die ihre Eier in den blutigen Nabel der Füllen legt und hierdurch tödliche Geschwüre verursacht. Auch ist in den Pampas das Futter reichlicher als in Paraguay. Der Zustand der Pferde des letzteren Landes unterscheidet sich aber nicht wesentlich von dem jener Wildlinge. Die Tiere, die man Mustangs nennt, werden so vernachlässigt, daß sie förmlich ausarten. Sie sind mittelhoch, haben einen großen Kopf, lange Ohren und dicke Gelenke; nur der Hals und der Rumpf sind ziemlich regelmäßig gebaut. Die Behaarung ist im Sommer kurz, im Winter lang. Mähne und Schwanz sind immer dünn und kurz. Nur in einzelnen Meiereien findet man noch Pferde, die an ihre edlen Ahnen erinnern. An Schnelligkeit und Gewandtheit stehen die einen wie die andern den andalusischen Pferden nicht im geringsten nach, und an Ausdauer übertreffen sie diese bei weitem. Rengger versichert, oft und selbst während der Hitze mit einem Pferde acht bis sechzehn Stunden fast in ununterbrochenem Galopp zurückgelegt zu haben, ohne daß hieraus irgendein Nachteil für das Tier erwachsen wäre.

siehe Bildunterschrift

Mustang

Die Pferde Südamerikas bringen das ganze Jahr unter freiem Himmel zu. Alle acht Tage treibt man sie einmal zusammen, damit sie sich nicht versprengen, untersucht ihre Wunden, reinigt sie, bestreicht sie mit Kuhmist und schneidet von Zeit zu Zeit, etwa alle drei Jahre, den Hengsten die Mähne und den Schwanz ab. An Veredelung denkt niemand. Die Weiden sind schlecht; eine einzige Grasart bedeckt den Boden. Im Frühjahr treibt dieses Gras stark hervor, verursacht aber dann den Pferden Durchfall und ermattet sie. Im Sommer und Herbst erholen sie sich wieder und werden auch wohl fett; aber ihre Wohlbeleibtheit verschwindet, sobald sie gebraucht werden. Der Winter ist die schlimmste Zeit für sie. Das Gras ist verwelkt; die Tiere müssen sich daher mit den dürren, durch den Regen ausgelaugten Halmen begnügen. Diese Nahrung erregt auch in ihnen das Bedürfnis nach Salz. Man sieht sie stundenlang an den Sulzen verweilen und hier die salzhaltige Tonerde belecken. Besser gefütterte und gut gehaltene Pferde gewinnen schon nach wenigen Monaten kurzes und glänzendes Haar, festes Fleisch und stolze Haltung.

siehe Bildunterschrift

Herde von Mustangs

»Gewöhnlich«, sagt Rengger, »leben die Pferde paarweise in einem bestimmten Gebiet, an das sie von Jugend auf gewöhnt worden sind. Jedem Hengst gibt man zwölf bis achtzehn Stuten, die er zusammenhält und gegen fremde Hengste verteidigt. Gesellt man ihm zu viele Stuten zu, so hütet er diese nicht mehr. Die Füllen leben mit ihren Müttern bis ins dritte oder vierte Jahr. Diese zeigen für jene, solange sie noch saugen, große Anhänglichkeit und verteidigen sie zuweilen sogar gegen den Jaguar. Einen eigenen Kampf haben sie nicht selten mit den Maultieren zu bestehen, bei denen sich zu Zeiten eine Art von Mutterliebe regt. Dann suchen diese durch List oder Gewalt Füllen zu entführen. Sie bieten ihnen wohl ihr milchleeres Euter zum Saugen dar; aber die armen Füllen gehen dabei natürlich zugrunde. Wenn die Pferde etwas über zwei oder drei Jahre alt sind, wählt man unter den jungen Hengsten einen aus, teilt ihm junge Stuten zu und gewöhnt ihn, mit denselben in einem besonderen Gebiete zu weiden. Die übrigen Hengste werden verschnitten und in eigenen Trupps vereinigt. Alle Pferde, die zu einer Truppe gehören, mischen sich nie unter andere und halten so fest zusammen, daß es schwer fällt, ein weidendes Pferd von den übrigen zu trennen. Werden sie miteinander vereinigt, z. B. beim Zusammentreiben aller Pferde einer Meierei, so finden sie sich nachher gleich wieder zusammen. Der Hengst ruft wiehernd seine Stuten herbei, die Wallache suchen sich gegenseitig auf, und jeder Trupp bezieht wieder seinen Weideplatz. Tausend und mehr Pferde brauchen keine Viertelstunde, um sich in Haufen von zehn bis dreißig Stück zu zerteilen. Ich glaube bemerkt zu haben, daß Pferde von gleicher Größe oder von der nämlichen Farbe sich leichter aneinander gewöhnen als verschiedene, und ebenso, daß die fremden, aus der Banda-Oriental und aus Entre-Rios eingeführten Pferde sich vorzugsweise zueinander und nicht zu inländischen gesellen. Die Tiere zeigen übrigens nicht allein für ihre Gefährten, sondern auch für ihre Weiden große Anhänglichkeit. Ich habe welche gesehen, die aus einer Entfernung von achtzig Stunden auf die altgewohnten Plätze zurückgekehrt waren. Um so sonderbarer ist die Erscheinung, daß zuweilen die Pferde ganzer Gegenden aufbrechen und entweder einzeln oder haufenweise davonrennen. Dies geschieht hauptsächlich, wenn nach anhaltender trockener Witterung plötzlich starker Regen fällt, und wahrscheinlich aus Furcht vor dem Hagel, der nicht selten das erste Gewitter begleitet.

Die Sinne dieser fast wildlebenden Tiere scheinen schärfer zu sein als die europäischer Pferde. Ihr Gehör ist äußerst fein; bei Nacht verraten sie durch Bewegung der Ohren, daß sie das leiseste, dem Reiter vollkommen unhörbare Geräusch vernommen haben. Ihr Gesicht ist, wie bei allen Pferden, ziemlich schwach; aber sie erlangen durch ihr Freileben große Übung, die Gegenstände aus bedeutender Entfernung zu unterscheiden. Vermittels ihres Geruches machen sie sich mit ihren Umgebungen bekannt. Sie beriechen alles, was ihnen fremd erscheint. Durch diesen Sinn lernen sie ihren Reiter, das Reitzeug, den Schuppen, wo sie gesattelt werden, usw. kennen, durch ihn wissen sie in sumpfigen Gegenden die bodenlosen Stellen auszumitteln, durch ihn finden sie in dunkler Nacht oder bei dichtem Nebel den Weg nach ihrem Wohnorte oder nach ihrer Weide. Gute Pferde beriechen ihren Reiter im Augenblicke, wann er aufsteigt, und ich habe solche gesehen, die denselben gar nicht aufsteigen ließen oder sich seiner Leitung widersetzten, wenn er nicht einen Poncho oder Mantel mit sich führte, wie ihn die Landleute, die die Pferde bändigen und zureiten, immer tragen. Falls sie durch den Anblick irgendeines Gegenstandes erschreckt werden, beruhigt man sie am leichtesten, wenn man denselben von ihnen beriechen läßt. Auf größere Entfernung hin wittern sie freilich nicht. Ich habe selten ein Pferd gesehen, das einen Jaguar auf fünfzig und noch weniger Schritte gewittert hätte. Sie machen daher in den bewohnten Gegenden von Paraguay die häufigste Beute dieses Raubtieres aus. Wenn in trockenen Jahren die Quellen, aus denen sie zu trinken gewohnt sind, versiegen, kommen sie eher vor Durst um, als daß sie andere aufsuchten, während das Hornvieh dem Wasser oft bis zehn Stunden weit nachgeht. Der Geschmack ist bei ihnen verschieden; einige gewöhnen sich leicht an Stallfutter und lernen allerlei Früchte und selbst getrocknetes Fleisch fressen, andere verhungern lieber, ehe sie außer dem gemeinen Grase andere Nahrung berühren. Das Gefühl ist durch ihr Leben unter freiem Himmel, durch die Qual, die Mücken und Bremsen ihnen zufügen, von Jugend auf sehr abgestumpft.

Das paraguanische Pferd ist gewöhnlich gutartig; es wird aber oft durch gewaltsame Behandlung bei der Bändigung verdorben. Wenn nämlich das Pferd ein Alter von vier bis fünf Jahren erreicht hat, wird es eingefangen, an einen Pfahl gebunden und trotz seines Widerstrebens gesattelt und gezäumt. Nun wird es vom Pfahle losgemacht; im nämlichen Augenblicke aber schwingt sich ein Pferdebändiger, der mit sehr großen und scharfen Sporen und einer starken Peitsche bewaffnet ist, auf seinen Rücken und tummelt das arme Geschöpf unter Sporenstreichen und Peitschenhieben so lange auf dem Felde herum, bis es sich vor Müdigkeit nicht mehr widersetzen kann und der Lenkung seines Reiters folgt. Man wiederholt diese Übungen von Zeit zu Zeit, und das Pferd heißt zahm, sobald es keinen Bocksprung mehr macht. Es ist erklärlich, daß bei einer solchen Behandlung sehr viele Pferde störrisch und bösartig werden, ausschlagen, Seitensprünge machen, sich bäumen bis zum Überschlagen, kurz, den Reiter abzuwerfen suchen; bei sanfter Behandlung dagegen wird das Pferd, selbst wenn man es früher gemißhandelt hatte, äußerst lenksam und zutunlich, läßt sich auf der Weide leicht fangen und unterzieht sich willig den stärksten Anstrengungen.

Bewunderungswürdig ist das Gedächtnis dieser Pferde. Einzelne, die nur einmal den Weg von Villa Real nach den Missionen gemacht hatten, kehrten aus den letzteren nach mehreren Monaten auf dem nämlichen, mehr als fünfzig Meilen langen Wege nach Villa Real zurück. Wenn in der Regenzeit des Herbstes alle Wege voller Wasser, voller Pfützen und bodenloser Stellen und alle Bäche angeschwollen sind, wird doch ein gutes Pferd, das diese Wege schon einige Male zurückgelegt hat, seinen Reiter nicht nur bei Tage, sondern auch bei Nacht sicher durch alle die oft gefährlichen Stellen tragen. Wenn es nicht angetrieben wird, geht es immer mit größter Bedächtigkeit zu Werke, und dies um so mehr, je weniger ihm die Gegend bekannt ist. In sumpfigen Stellen beriecht es bei jedem Schritte den Boden und untersucht ihn beständig mit den Vorderhufen. Diese Bedächtigkeit ist keineswegs Mangel an Mut; denn das paraguanische Pferd ist sehr beherzt und stürzt sich, wenn es von einem kräftigen Reiter gelenkt wird, ohne Zaudern in jede Gefahr. Es geht dem wütenden Stiere und selbst dem Jaguar entgegen, springt vom schroffen Ufer in die Flüsse und durchschneidet im vollen Laufe die Feuerlinie einer brennenden Steppe.

Im ganzen sind die Pferde wenigen Krankheiten unterworfen. Wenn sie gute Nahrung erhalten und nicht übermäßig angestrengt werden, erreichen sie ein ebenso hohes Alter wie die Pferde in Europa; da ihnen aber gewöhnlich weder gutes Futter noch gute Behandlung zuteil wird, kann man ein zwölfjähriges Pferd schon für alt ansehen. Die Bewohner Paraguays nützen übrigens die Pferde durchaus nicht in dem Grade wie wir. Sie halten sie hauptsächlich der Fortpflanzung wegen und machen eigentlich bloß von den Wallachen Gebrauch. Dennoch findet man nirgends mehr berittene Leute als in Paraguay. Das Pferd dient dazu, der angeborenen Trägheit seines Herrn zu fröhnen, indem dieser hundert kleine Verrichtungen, die er weit schneller zu Fuß vornehmen würde, seiner Bequemlichkeit wegen zu Pferde ausführt. Es ist ein gewöhnlicher Ausruf der Paraguaner: ›Was wäre der Mensch ohne das Pferd!‹

In den weiter nach Norden hin gelegenen Llanos sind die verwilderten Pferde meist zahlreicher als in den Pampas von Buenos Aires. Ihr Leben hat uns Alexander von Humboldt in seinen herrlichen »Ansichten der Natur« mit kurzen Worten meisterhaft geschildert. »Wenn im Sommer unter dem senkrechten Strahle der nie bewölkten Sonne die Grasdecke jener unermeßlichen Ebenen gänzlich verkohlt ist und in Staub zerfällt, klafft allmählich der Boden auf, als wäre er von mächtigen Erdstößen zerrissen. In dichte Staubwolken gehüllt und von Hunger und brennendem Durste geängstigt, schweifen die Pferde und Rinder umher, erstere mit langgestrecktem Halse, hoch gegen den Wind aufschnaubend, um durch die Feuchtigkeit des Luftstromes die Nähe einer noch nicht ganz verdampften Lache zu erraten. Bedächtiger und verschlagener suchen die Maultiere auf andere Art ihren Durst zu lindern. Eine kugelförmige und dabei vielrippige Pflanze, der Melonenkaktus, verschließt unter seiner stachligen Hülle ein wasserreiches Mark. Mit den Vorderfüßen schlägt das Maultier diese Stacheln seitwärts, um den kühlen Distelsaft zu trinken. Aber das Schöpfen aus dieser lebenden, pflanzlichen Quelle ist nicht immer gefahrlos; denn oft sieht man Tiere, die von den Kaktusstacheln an den Hufen gelähmt sind. Folgt endlich auf die brennende Hitze des Tages die Kühlung der gleichlangen Nacht, so können die Pferde und Rinder selbst dann nicht ruhen. Die blattnasigen Fledermäuse verfolgen sie während des Schlafes und hängen sich an ihren Rücken, um ihnen das Blut auszusaugen.

Tritt endlich nach längerer Dürre die wohltätige Regenzeit ein, so ändert sich die Szene. Kaum ist die Oberfläche der Erde benetzt, so überzieht sich die Steppe mit dem herrlichsten Grün. Pferde und Rinder weiden im frohen Genusse des Lebens. Im hoch aufschießenden Grase versteckt sich der Jaguar und erhascht manches Pferd, manches Füllen mit sicherem Sprunge. Bald schwellen die Flüsse an, und dieselben Tiere, die einen Teil des Jahres vor Durst verschmachteten, müssen nun als Amphibien leben. Die Mutterpferde ziehen sich mit den Füllen auf die höheren Bänke zurück, die lange inselförmig über den Seespiegel hervorragen. Mit jedem Tage verengert sich der trockene Raum. Aus Mangel an Weide schwimmen die zusammengedrängten Tiere stundenlang umher und nähren sich kärglich von der blühenden Grasrippe, die sich über dem braungefärbten, gärenden Wasser erhebt. Viele Füllen ertrinken, viele werden von den Krokodilen erhascht, mit dem Schwanze zerschmettert und verschlungen. Nicht selten bemerkt man Pferde, die die Spuren der Krokodile in großen Narben am Schenkel tragen. Auch unter den Fischen haben sie einen gefährlichen Feind. Die Sumpfwasser sind mit zahllosen elektrischen Aalen erfüllt. Diese merkwürdigen Fische sind mächtig genug, mit ihren gewaltigen Schlägen die größten Tiere zu töten, wenn sie ihre Batterien auf einmal in günstiger Richtung entladen. Die Steppenstraße am Uri Tucu mußte deswegen verlassen werden, weil sie sich in einer solchen Menge in einem Flüßchen aufgehäuft hatten, daß jährlich viele Pferde durch sie betäubt wurden und in der Furt ertranken.«

Einen ungleich gefährlicheren Feind tragen die Herden in sich selbst. Zuweilen ergreift sie ein ungeheuerer Schrecken. Hunderte und Tausende stürzen wie rasend dahin, lassen sich durch kein Hindernis aufhalten, rennen gegen Felsen an oder zerschellen sich in Abgründen. Den Menschen, der zufällig Zeuge von solch entsetzlichem Ereignis wird, erfaßt ein Grausen; selbst der kalte Indianer fühlt sein sonst so mutiges Herz furchterfüllt. Ein Dröhnen, das immer größere Stärke erlangt und schließlich den Donner, das Brausen des Sturmes oder das Toben der Brandung übertönt, verkündet und begleitet den Vorüberzug der auf Sturmesfittichen dahinjagenden, angstergriffenen Pferde. Sie erscheinen plötzlich im Lager, stürzen sich zwischen den Feuern hindurch, über die Zelte und Wagen weg, erfüllen die Lasttiere mit tödlichem Schrecken, reißen sie los und nehmen sie auf in ihren lebendigen Strom – für immer. So berichtet der Reisende Murray, der solchen Überfall erlebte und überlebte.

Weiter nach Norden hin vermehren die Indianer die Zahl der Feinde, die den Wildlingen das Leben verbittern. Sie fangen sie ein, um sie als Reittiere bei ihren Jagden zu benutzen, und quälen sie so, daß auch das mutigste Pferd nach kurzer Zeit unterliegen muß. Wie bei den Beduinen der Sahara wird auch bei den Indianern das Pferd oft die Ursache der blutigsten Kämpfe. Wer keine Pferde hat, sucht solche zu stehlen. Der Roßdiebstahl gilt bei den Rothäuten für ehrenvoll. Banden von Dieben folgen wandernden Stämmen oder Karawanen wochenlang, bis sie Gelegenheit finden, sämtliche Reittiere fortzutreiben. Auch der Häute und des Fleisches wegen werden die Pferde Amerikas eifrig verfolgt. Bei Las-Nocas schlachtet man, wie Darwin berichtet, wöchentlich eine große Anzahl Stuten bloß der Häute wegen. Im Kriege nehmen die Truppenabteilungen, die in die Ferne gesandt werden, als einzige Nahrung Herden von Pferden mit. Diese Tiere sind ihnen auch aus dem Grunde lieber als Rinder, weil sie dem Heere größere Beweglichkeit gestatten.

 

Der Kulan der Kirgisen, Dschiggetai, zu deutsch »Langohr«, der Mongolen insgemein, Kiang der Tibetaner ( Equus hemionus) wird von Pallas, seinem wissenschaftlichen Entdecker, beschrieben wie folgt: »Man kann diese Dschiggetai eigentlich weder Pferde noch Esel nennen. Sie sind in der ganzen Gestalt fast so ein Mittelding zwischen beiden wie die Maultiere, daher sie Messerschmied, der sie zuerst bemerkt hat, fruchtbare Maultiere nannte. Sie sind aber nichts weniger als Zwitter, sondern eine eigene Art, die viel Eigenes und eine weit schönere Gestalt als die gemeinen Maultiere haben. Der Dschiggetai hat gewisse Schönheiten, die ihn dem Esel weit vorzüglicher machen. Ein überaus leichter Körper, schlanke Glieder, wildes und flüchtiges Ansehen und schöne Farbe des Haares sind seine vorteilhaften Seiten. Auch die Ohren, die noch besser als beim Maultiere proportioniert und munter aufgerichtet sind, stehen ihm nicht übel, und man würde es noch übersehen können, daß der Kopf etwas schwer und die kleinen Hufe wie beim Esel gestaltet sind. Nur der gerade, eckige Rücken und der unansehnliche Kuhschweif, den er mit dem Esel gemein hat, verunstalten ihn. Seine Größe ist etwas über die kleine Art von Maultieren, fast einem Klepper gleich. Der Kopf ist etwas schwer gebildet, die Brust groß, unten eckig und etwas zusammengedrückt. Das Rückgrat ist nicht wie beim Pferde hohl ausgeschweift und rund, auch nicht so gerade und eckig wie beim Esel, sondern flach auswärts gebogen und stumpfeckig. Die Ohren sind länger als beim Pferde, aber kürzer als bei gemeinen Maultieren. Die Mähne ist kurz und straubig, vollkommen wie sie ein Esel hat, und so sind auch der Schweif und die Hufe. Die Brust und die Vorderschenkel sind schmal und bei weitem nicht so fleischig wie bei Pferden; auch das Hinterteil ist hager und die Gliederung überaus leicht und fein, dabei ziemlich hoch. Die Farbe des Dschiggetai ist licht gelbbraun; die Nase und Innenseite der Glieder sieht fahlgelblich aus; die Mähne und der Schweif sind schwärzlich, und längs des Rückgrates läuft ein zierlicher, aus dem braunschwarzen Riemen gebildeter Streifen, der im Kreuz etwas breiter, gegen den Schweif aber wieder ganz schmal wird.« Er bewohnt ganz Mittelasien, vom Ostabhange des südlichen Ural an bis zum Himalaja und der mongolisch-chinesischen Grenze, nach Westen hin aber bis zu den persischen Grenzgebirgen der aralo-kaspischen Steppen.

Bis in die neuere Zeit blieb die von Pallas gegebene Schilderung des Dschiggetai maßgebend für unsere Lebenskunde des Tieres; erst seit Beginn der fünfziger Jahre erhielten wir wertvolle Bereicherungen der ersten Mitteilung. Gehaltvolle Beiträge danken wir Hodgson, Adams, Hay, Eversmann, Radde, Sewerzoff und Przewalski; außerdem Apollon Rusinoff, der die Güte gehabt hat, zu Gunsten des »Tierlebens« von mir gestellte Fragen kundigen Kirgisen vorzulegen, die Antworten zu sammeln und, mit seinen Erfahrungen verschmolzen, mir zuzusenden. Ich versuche im nachstehenden, die verschiedenen Angaben zusammenzufassen, und gebe damit ein fast erschöpfendes Lebensbild der wahrscheinlichen Stammart des Pferdes.

Der Dschiggetai oder Kulan ist ein Kind der Steppe und belebt die verschiedenartigsten Teile oder Ausprägungen derselben. Obwohl mit Vorliebe in der Umgebung der Seen und Flüsse hausend, meidet er doch auch die dürren, wasserlosen und wüstenhaften Striche nicht, und ebensowenig scheut er sich vor Gebirgen, vorausgesetzt, daß auch ihrer die Steppe sich bemächtigt hat, mit anderen Worten, daß sie unbewaldet sind. Nicht die verdünnte Luft des Hochgebirges noch die im Sommer glühende Sonnenhitze, im Winter eisige Kälte der Tiefebenen, nicht die stechenden Schneestürme der Höhe noch die vom Winde aufgewirbelten heißen Sandwolken der Tiefe sind es, die dem wettergestählten Tiere Schranken setzen in der Steppe: es ist einzig und allein der Mensch, der sein Vorkommen und Auftreten wenn nicht bedingt, so doch beeinflußt. Wo inmitten ergiebiger Weiden Strecken sich breiten, die so arm, so öde, so wüstenhaft sind, daß selbst der Nomade sie meidet, da findet das ungebundene Freiheit verlangende Wildpferd sich sicher. Schon zu Pallas' Zeiten bemerkte man, nachdem die Grenzwachten angelegt worden waren, innerhalb der russischen Grenzen selten mehr ordentliche, von alten Hengsten geführte Herden, sondern nur verlaufene oder von den Tabunen abgejagte junge Hengste oder einzelne Stuten; heutzutage sind die flüchtigen Tiere noch weiter zurückgedrängt, keineswegs aber innerhalb der inzwischen hinausgeschobenen Grenzen des russischen Reiches ausgerottet worden. Hart an der Grenzscheide Europas kann man ihnen begegnen. Sie bevölkern noch gegenwärtig in namhafter Menge mehrere Gebiete von Akmolinsk: so einen längs des Flusses Tschu, zwischen den Grenzzeichen von Kaktau und der Furt Bisch-Kulan gelegenen Landstrich von fünfhundert Kilometer Länge und Breite, der im Nordosten von dem Flusse Utsch-Kon, im Westen von dem Gebirge Ulutau begrenzt wird; sie bewohnen ebenso einen schmalen Steppenstreifen zwischen dem Altaigebirge und dem Saisansee und finden sich von hier aus nach Osten und Süden hin auf allen geeigneten Stellen des südlichen Sibiriens und Turkestans, wenn auch nicht in so beträchtlicher Anzahl wie in den wüstenhaften Steppen der Mongolei und des nordwestlichen China oder auf den Gebirgen Tibets.

Wahrscheinlich verweilt der Kulan an keiner Stelle seines ausgedehnten Verbreitungsgebietes jahraus, jahrein auf derselben Örtlichkeit. Seine wetterwendische Heimat zwingt ihn zum Wandern. Mit Eintritt des Winters sammeln sich die einzelnen Genossenschaften zu größeren Trupps, vereinigen sich mit anderen bereits gescharten und schwellen nach und nach zu Herden an, die tausend und mehr Stück zählen können, um gemeinschaftlich nahrungversprechenden Gegenden zuzuwandern. Die genannten Sommerstände des Gebietes von Akmolinsk z. B. verlassen sie, in einem Jahre wie in dem andern, bereits im August, um der sogenannten Hungersteppe Bitpak zuzuwandern. Einen Monat später trifft man sie hier auf den alt gewohnten Winterständen, und zwar auch jetzt noch in so zahlreichen Herden, daß ihr dröhnender Hufschlag auf weithin vernommen wird und, wie man uns in Sibirien erzählte, mehr als einmal die Kosaken in den Grenzwachten unter die Waffen gerufen haben soll. Mit Beginn der Schneeschmelze treten sie die Rückwanderung an, und im April rücken sie wiederum auf den Sommerständen ein. So geschieht es mit größter Regelmäßigkeit in jedem Jahre, und im Westen ihres Verbreitungsgebietes wie im Osten. »Die bedeutendsten Wanderungen des Dschiggetai«, sagt Radde, »finden (in Ostsibirien) im Herbste statt, weil die unstete Lebensweise erst dann beginnen kann, wenn die Füllen vom letzten Sommer kräftig genug sind, die anhaltenden schnellen Märsche mitzumachen. Ende September trennen sich die jungen Hengste von den Herden, denen sie bis ins dritte oder vierte Jahr angehörten, und ziehen einzeln in die bergigen Steppen, um sich selbst eine Herde zu gründen. Dann ist der Dschiggetai am unbändigsten. Stundenlang steht der junge Hengst auf der höchsten Spitze eines steilen Gebirgsrückens, gegen den Wind gerichtet, und blickt weit hin über die niedrige Landschaft. Seine Nüstern sind weit geöffnet; sein Auge durchirrt die Öde. Kampfgierig wartet er eines Gegners; sobald er einen solchen gewahrt, sprengt er ihm in gestrecktem Galopp entgegen. Nun entbrennt ein blutiger Kampf um die Stuten. Der Angreifende jagt gehobenen Schweifes an dem Führer der Herde vorbei und schlägt im Laufe mit den Hinterfüßen nach ihm. Mehr und mehr erhebt sich die struppige Mähne; dann, nach wenigen Sätzen, hält er plötzlich an, wirft sich seitwärts und umkreist trabend in weitem Bogen die Herde, deren Führer er ins Auge gefaßt hat. Aber der alte, wachsame Hengst wartet geduldig, bis sein frecher Gegner ihm nahe genug kommt. Im geeigneten Augenblick wirft er sich rasch auf ihn, beißt und schlägt, und nicht selten büßen die Kämpfer ein Stück Fell oder die Hälfte des glatten Schweifes ein.« Alle von Radde erlegten Hengste bewiesen durch ihre zahlreichen Narben, wie kampflustig diese schnellen Pferde sind.

Die Anzahl der Stuten, die ein Hengst sich erkämpft, schwankt, je nach der Örtlichkeit und Gelegenheit, zwischen drei bis zwanzig und mehr, so daß ein Trupp aus sechs oder acht bis fünfzig Stück bestehen kann. Unter Umständen vereinigen sich auch im Sommer, jedoch immer nur ausnahmsweise, mehrere Trupps, und man kann dann mehrere hundert von Kulans gewahren, die zeitweilig gemeinschaftlich weiden und sich sodann wiederum in kleinere Herden zerteilen. Jedem einzelnen dieser Teile steht ein Hengst als unbedingter Beherrscher, Leiter und Führer vor. Je nach seinen Begabungen, seinem Alter und Mute, seiner Kampfeslust und Stärke ist die Anzahl der Stuten größer oder geringer. Ein Hengst ist zum Bestehen eines Trupps unbedingt erforderlich; wird er getötet, so zerstreuen sich die Stuten; wird er besiegt, so folgen sie anderen Bewerbern. Der in der Vollkraft stehende Hengst sammelt die meisten Stuten um sich, der junge, noch unerprobte, die wenigsten. Solange ein Hengst noch nicht mannbar ist, wird er in dem Trupp geduldet, sobald er sich zu fühlen beginnt, rücksichtslos vertrieben.

Geselligkeit ist ein Grundzug des Wesens unseres Wildpferdes und aller Einhufer überhaupt. Ebenso wie Zebra, Quagga und Dauw sich den Herden der afrikanischen Antilopen und der Strauße zugesellen, sieht man den Dschiggetai im Hochgebirge gemeinschaftlich mit verschiedenen Wildschafen, der Tibetantilope und dem Grunzochsen, in den Tiefebenen mit Kropf- und Saigaantilopen weiden. Auch mit versprengten Pferden hält er gute Gemeinschaft. Ich will unentschieden lassen, inwieweit Gemeinsamkeit der Bedürfnisse so verschiedenartige Tiere der Steppe verbindet, glaube aber in ihr einen wesentlichen Beweggrund der Geselligkeit des Kulan erblicken zu dürfen. Die Einhufern und Wiederkäuern gemeinschaftliche Weide übt sicher wesentlichen Einfluß auf ihr gegenseitiges Verhalten aus, die den einen wie den andern eigene Wachsamkeit vielleicht nicht geringeren. Eine Tierart fühlt sich sicherer in Gesellschaft der andern, und keine beeinträchtigt die mit ihr auf derselben Fläche weidenden Genossen. Denn die Wildpferde genießen andere Gräser und Kräuter als Antilopen, Wildschafe und Grunzochsen. Das liebste Futter der Kulane ist im Sommer wie im Winter Steppenwermut, von den Kirgisen Dsjusan genannt, oder eine strauchartige, stachelige Pflanze, Bajalysch geheißen, die namentlich in der Hungersteppe häufig vorkommt. Auf ihren Wanderungen müssen die sonst sehr wählerischen Tiere sich bequemen, auch andere in der Steppe wachsende Kräuter und Gräser abzuweiden, und im Winter oft längere Zeit mit Schößlingen von Tamarisken und andern Sträuchern sich begnügen, obschon solche Äsung ihnen so wenig zusagt und sie derartig von Kräften bringt, daß sie wandernden Gerippen gleichen. Bei spärlichem Futter weiden sie fast zu jeder Stunde des Tages, bei reichlicher Weide sind sie mit dem Aufnehmen ihrer Nahrung ebenfalls sehr lange beschäftigt; nach Sonnenuntergang pflegen sie der Ruhe, jedoch, wie die Kirgisen versichern, immer nur kurze Zeit. Über die Roß- und Fohlzeit des Kulan lauten die Angaben verschieden. Im Westen des Verbreitungsgebietes fällt erstere in die Zeit zwischen Mitte Mai und Mitte Juli, letztere ungefähr einen Monat früher; denn die Tragzeit stimmt mit der unseres Pferdes überein.

Wer jemals Kulane in ihrer Heimat und in vollster Freiheit sah, wird nicht anstehen, sie als hochbegabte Tiere zu bezeichnen. Bezaubert folgt das Auge ihren Bewegungen; entzückt und erstaunt zugleich versucht es, die unvergleichliche Behendigkeit der flüchtigen Tiere zu erfassen. »Das wundervollste Schauspiel«, sagt Hay, gewiß mit vollstem Rechte, vom Kiang, »ist es, zu sehen, mit welcher Schnelligkeit sie an den Bergen emporklimmen und wie gewandt sie abwärts steigen, ohne jemals zu straucheln.« Als ob sie mit ihren unerreichbaren und unversieglichen Kräften spielen wollten, so jagten die von uns verfolgten Kulane über die Hügel und durch die Täler der Steppe dahin. Die Pferde unserer Kirgisen fegten beinah den Boden mit ihrer Brust: sie berührten mit ihren leichten Hufen kaum die Erde und gewannen trotzdem so viel Vorsprung, als sie bedurften, um selbst unsern Geschossen zu entrinnen. Nur das junge Fohlen wurde unsern Kirgisen bald zur Beute; die alten Kulane spotteten deren Anstrengungen. Kein Reiter holt sie ein; sie wetteifern an Flüchtigkeit mit jeder Antilope, wie sie an Kletterfertigkeit kaum hinter der Gemse, dem Steinbock zurückstehen. Ihre Sinnesfähigkeiten sind nicht geringer als die Kräfte ihrer Glieder; ihre geistigen Begabungen entsprechen den übrigen. Die Kirgisen bezeichnen sie als Trotzköpfe und vergleichen mit ihnen Leute, die der Meinung anderer nicht beistimmen und auch dem von diesen für nützlich Erachteten sich widersetzen, tun aber den Tieren damit Unrecht. Trotz und Eigensinn bekunden die Kulane wohl nur in der Gefangenschaft. Selbstbewußtsein und Mut, Neugier und Dreistigkeit sind hervorstechende Eigenschaften ihres Wesens. Unverfolgt traben sie nur, anscheinend nachlässig, ihres Weges fort und peitschen mit dem stets beweglichen Schwanze lustig die Weichen; verfolgt fallen sie in einen ebenso leichten und zierlichen als fördernden Galopp; aber auch währenddem bleiben sie von Zeit zu Zeit stehen, stellen sich sämtlich in einer und derselben Richtung auf, sichern und stürmen dann, eine lange Reihe bildend, unbesorgt, gleichsam übermütig, mit derselben Eile weiter wie vorher. Gewöhnlich, aber nicht immer, entfliehen sie bei Annäherung des Menschen schon von weitem. Eines der Tiere steht, laut Hay, regelmäßig als Wache Diese Angaben werden auch von dem hervorragendsten Erforscher Innerasiens, von Sven Hedin, bestätigt, der in seinem Buche »Tsangpo Lamas Wallfahrt«. Bd. 2, Leipzig 1923, eine überaus lebendige Schilderung vom Leben der gewöhnlich »Wildesel« genannten Kulane gibt. »Wenn die fremde Karawane vorüberzieht, entsteht Unruhe bei den Tieren, und in einer Herde nach der andern gibt es Alarm. Kein entzückenderes Schauspiel als das, das sich nun überall entwickelt, kein herrlicherer Anblick als dieser ... Jede Herde hat ihren Führer, einen älteren, kräftigen Hengst. Mit flammenden Augen, gespitzten Ohren und weit aufgesperrten Nasenlöchern steht er auf der Windseite vor seiner Schar auf der Wacht. Er schnaubt und späht und warnt die Seinen; bei nahender Gefahr fährt er wie eine Spiralfeder in die Höhe und flieht in einer Staubwolke, seine Herde hinter ihm drein. Anfangs trägt er kein Bedenken, mit dem Wind zu fliehen; bald aber schwenkt er im Bogen ein, um gegen den Wind zu kommen. Nicht immer läuft er an der Spitze. Er umkreist die Seinen; bald ist er vorn, bald an den Seiten, bald hinten. Zuweilen bleibt er stehen und sieht sich um. Dann bleibt auch die Herde stehen, als gehorche sie einem Kommandoruf. Die lebhaften Tiere stehen nebeneinander in einer Linie, so, daß zum Beispiel der Nachbar rechts vom Letzten des linken Flügels um die Länge eines Halses und eines Kopfes vor dem Flügelmann steht – und so fort bis zum letzten Mann des rechten Flügels, der also am weitesten vorn steht.« Der Herausgeber. aus, meist in einer Entfernung von hundert bis zweihundert Meter von der Herde. Diese Wache nähert sich, wenn sie eine ihr drohende Gefahr bemerkt, gemächlich den Gefährten, rüttelt dieselben auf, setzt sich an die Spitze des Zuges und eilt nun mit den Genossen entweder im Trab oder im vollen Galopp davon. Der gescheuchte Kulan läuft immer gegen den Wind, erhebt, wenn er in vollster Flucht ist, seinen Kopf und streckt den dünnen Schwanz von sich. Nachdem die Herde so einige hundert Schritte zurückgelegt hat, stutzt sie in der geschilderten Weise, vergewissert sich über den Stand der Gefahr, stürzt wiederum vorwärts und flieht nunmehr weiter als das erstemal, bis sie endlich, ihr Gebaren in gleicher Weise wiederholend, dem Auge entschwindet. Zuweilen läßt eine Herde den Menschen bis auf wenige hundert Schritte an sich herankommen, manchmal wiederum entflieht sie schon aus größter Entfernung. Der Hengst hat nicht allein für den Zusammenhalt, sondern auch für die Sicherheit eines Trupps Sorge zu tragen und umkreist denselben beständig, gibt auch in der Regel das Zeichen zur Flucht. Bemerkt ein Mitglied der Herde einen ungewöhnlichen Gegenstand, beispielsweise einen sich nahenden Menschen, von fern, so springt der Hengst vor und sucht sich dem verdächtigen Wesen durch Umschweife so weit zu nähern, bis er sich über dasselbe klar geworden ist. Nicht selten trabt er geradenwegs dem herankommenden Jäger zu, wird bei solcher Gelegenheit auch wohl niedergeschossen. Unter Umständen folgt er längere Zeit dem Reiter. »Bei einer Gelegenheit«, bemerkt Hay, »liefen zwei Kiangs längere Zeit hinter einem Pony her, aus dem einer meiner Diener ritt, und näherten sich diesem so weit, daß er fürchtete, von ihnen angegriffen zu werden.« Ein so geartetes Tier entgeht leicht den Verfolgungen größerer Raubtiere. In den westasiatischen Steppen gibt es solche, die den Kulanen nachstellen, überhaupt nicht; denn die hier hausenden Wölfe wagen nicht, gesunde Wildpferde anzufallen, weil diese ihre kräftigen Hufe gegen Feinde trefflich zu gebrauchen wissen. Höchstens ermattete und erkrankte, abseits der Herde gehende Kulane dürften von den Wölfen angegriffen werden. Im südlichen und südöstlichen Teil des Verbreitungsgebietes tritt vielleicht der Tiger als Feind unserer Tiere auf; da die Steppen ihm jedoch nur hier und da entsprechende Aufenthaltsorte bieten und diese von den Kulanen gemieden werden, fügt wahrscheinlich auch er dem Bestande der letzteren erhebliche Verluste nicht zu. Als gefährlicherer Feind erweist sich der Mensch. Die eingeborenen Wanderhirten der Steppe jagen das Wildpferd mit Leidenschaft, um so mehr, als dieses alle Geschicklichkeit des Jägers herausfordert. In den Ebenen gelingt es zuweilen, einer Herde, auf die man geradenwegs zugeht, bis auf fünf- oder vierhundert Schritte nahe zu kommen und dann einen Schuß abzugeben; die Wirkung auch der trefflichsten Büchse bleibt jedoch unter solchen Umständen immer fraglich, weil der Kulan gegen Wunden sehr unempfindlich ist. Selten gelingt es, selbst auf einer bewegten Fläche, bis auf drei- oder zweihundert Schritte anzuschleichen; denn der weitsichtige Kulan hat den nahenden Jäger längst bemerkt, schöpft sofort Verdacht, wenn dieser, um gedeckt bis in Schußweite sich zu nähern, in ein Rinnsal oder eine langgestreckte Mulde hinabsteigt, wird unruhig und entflieht. Erreicht der Jäger aber wirklich ungesehen bis auf schußgerechte Nähe die Herde, so muß er sicher zielen, wenn er einen Kulan fällen will. Nur ein Blattschuß wirft das kräftige, lebenszähe Wild im Feuer nieder; weidwund oder mit zerschmettertem Beine entrinnt es noch in fast unbehinderter Eile, birgt sich endlich außer Sicht des Schützen in einer Bodensenkung, verendet hier und fällt dann den Wölfen, nicht aber dem Schützen zur Beute. Daher ziehen es Kirgisen wie Mongolen vor, dem Wildpferde an der erkundeten Tränke aufzulauern oder ihm, wenn dessen gefährlichster Feind, der Winter, mit dem Menschen sich verbündet, Schlingen zu legen. Nur im Osten Sibiriens betreibt man, laut Radde, die Jagd in anderer Weise. »Der Jäger zieht hier, um den scheuen Dschiggetai zu erlegen, am frühen Morgen, auf einem hellgelben Pferde sitzend, in das Gebirge. Über Berg und Tal reitet er langsam durch die Einöde, in der die Murmeltiere auf ihren Hügeln sich sonnen und die Adler hoch in den Lüften kreisen. Sobald er die Höhe eines Gebirges erreicht hat, blickt er in die Ferne, um zu sehen, ob nicht ein dunkler Flecken das ersehnte Wild ihm verrate. Wenn er es erspäht, reitet er rasch vorwärts. Der Weg ist lang; denn es darf nur in den Tälern und gegen den Wind geritten werden. Zu derjenigen Höhe, der der Dschiggetai am nächsten steht, kriecht der erfahrene Jäger mit der größten Vorsicht. Das Tier steht wie festgebannt; es blickt fest nach Norden hin. Bald ist das diesseitige scheidende Tal überschritten, und nun erst beginnt die eigentliche Jagd. Dem raschen Klepper werden die losen Schweifhaare oben zusammengebunden, damit sie nicht im Winde hin- und herfliegen; dann bringt man das Reittier auf die Höhe des Berges, wo es zu grasen beginnt. Der Jäger legt sich, etwa hundert Schritte von ihm entfernt, platt auf den Boden; seine in eine kurze Gabel gelegte Büchse ist zum Abfeuern bereit. Der Dschiggetai bemerkt das Pferd, hält es für eine Stute seines Geschlechts und stürmt im Galopp auf das Tier zu. Aber er wird stutzig, sobald er in die Nähe kommt; er hält an, er bleibt stehen. Jetzt ist der Augenblick zum Schusse gekommen. Der Jäger zielt am liebsten auf die Brust und erlegt nicht selten das Wild auf dem Platze; zuweilen aber bekommt der Dschiggetai fünf Kugeln, bevor er fällt. Öfters gelingt es auch, das Tier trotz seiner feinen Witterung zu beschleichen, wenn es an stürmischen Tagen an der Mündung eines Tales grast und langsam geht.«

Der Gewinn der Jagd ist nicht unbedeutend. Kirgisen und Tungusen schätzen das Wildbret des Kulan hoch. Erstere würdigen es dem Pferdefleische gleich; letztere erachten es als ausgezeichneten Leckerbissen. Die Haut des Kreuzes und der Schenkel, von den Kirgisen »Saur« genannt, wird an die Bucharen verkauft, um zu Saffian Verarbeitung zu finden, und willig mit zwei Rubel Silber und mehr bezahlt, die übrige Haut zu Riemen und Pferdekoppeln zerschnitten und verflochten. In der Haut des Schweifes mit der langen Quaste liegt nach dem tungusischen Volksglauben eine wunderbare Heilkraft verborgen: ein Stück davon auf Kohlen verbrannt, läßt kranke Tiere, die den aufsteigenden Rauch und Dampf einatmen, sicher gesunden.

Versuche, den Kulan zu zähmen, sind neuerdings in seinem Vaterlande selten und stets ohne vollständigen Erfolg angestellt worden. Einzelne Kirgisen haben, wie Rusinoff mir mitteilt, dann und wann Kulanfohlen gefangen, von Stuten bemuttern und großziehen lassen. Die Wildlinge gewöhnen sich bald an die ihnen zugewiesenen Ammen, besaugen sie mit derselben Befriedigung wie ihre Mütter, beweisen ihnen kindlichen Gehorsam und verlassen sie auch im reiferen Alter nicht, weiden frei unter den zahmen Herden und finden sich mit ihnen in der Nähe der Jurte ein, beugen ihren stolz getragenen Nacken jedoch nicht unter das Joch des Menschen, sondern bewahren ihre Selbständigkeit und, trotz der herzlichsten Pflege, unbesiegliches Mißtrauen, das sich bei jeder Gelegenheit äußert. Solange sie jung und hilfsbedürftig sind, erwecken sie die besten Hoffnungen. Das Kulanfohlen, das unsere Kirgisen fingen, war ein überaus liebenswürdiges Geschöpf. Mit kindischer Neugier schaute es Pferde und Reiter an, ließ sich, ohne Widerstand zu leisten, halftern, berühren, streicheln, schien die ihm gespendeten Liebkosungen sogar mit Behagen zu empfinden, fraß, was wir ihm bieten konnten, und trank die Kuhmilch, die wir ihm verschafften, benahm sich überhaupt nicht im geringsten anders als ein gleich altes Füllen und erregte in uns das lebhafteste Bedauern, ihm nicht die geeignete Pflege angedeihen lassen zu können. So, wie er, sollen sich alle benehmen. Allein dieses Betragen ändert sich, sobald das Tier seine Kraft zu fühlen beginnt. Zwei Kulans, die uns Rusinoff zeigte, waren ebenfalls wenige Tage nach ihrer Geburt gefangen und durch kirgisische Stuten bemuttert worden. Den ersten Sommer ihres Lebens hatten sie mit der Herde verbracht, der ihre Amme angehörte, den ersten Winter mit dieser ohne Beschwer in einem kalten Stalle überstanden. Nach sehr kurzer Zeit begannen sie Heu, Hafer und gebackenes Brot zu fressen, folgten gern dem Zurufe des Menschen, ließen sich durch ihnen vorgehaltene Leckerbissen herbeilocken, auch streicheln, liebten es aber nicht, wenn man ihren Rücken berührte, und ließen sich, nachdem sie genügend erstarkt waren, niemals von einem Reiter besteigen, sondern bissen und schlugen aus, gerieten schon, wenn man ihnen den Zaum auflegte, in heftigen Zorn. Sie ans Einspannen zu gewöhnen, war unmöglich. Mit jedem Jahre wurden sie wilder und bösartiger, so daß man schließlich alle Versuche, sie zu zähmen, aufgeben zu müssen glaubte.

In den Sagen und Erzählungen der Kirgisen spielt der Kulan eine wichtige Rolle. Eine der ersteren berichtet folgendes: Vor Zeiten lebte ein Kirgise, namens Karger-Bei, der ebenso reich als geizig war. Er starb endlich, ohne Erben zu hinterlassen. Aber auch auf andere kam nichts von seinem Besitztum, denn seine Herden wurden, seinem Volke zum warnenden Beispiel, verwandelt in Tiere der Wildnis, seine Schafe in Saigaantilopen, seine Pferde in Kulane. Seitdem bevölkern beide die Steppe. Auch die Sage bezeichnet also Pferd und Kulan als dasselbe Tier.

 

Eine Schilderung oder auch nur Aufzählung der fast zahllosen Rassen oder Stämme des Pferdes gehört nicht in den Rahmen unseres Werkes. Die eine wie die andere würde, selbst wenn ich die erforderlichen Kenntnisse zur Unterscheidung des Wahren und Falschen, Richtigen und Unrichtigen besäße, über die mir gestellte Aufgabe hinausgehen. Obenan unter allen Pferdestämmen steht noch heutigestags der Araber. Jahrtausendelange, verständnisvolle Zucht hat ihm allmählich Vollendung der Gestalt und eine Fülle trefflicher Eigenschaften verliehen. Nach arabischen Anforderungen muß das edle Pferd in sich vereinigen: ebenmäßigen Bau, kurze und bewegliche Ohren, schwere, aber doch zierliche Knochen, ein fleischloses Gesicht, Nüstern, »so weit, wie der Rachen des Löwen«, schöne, dunkle, vorspringende Augen, »an Ausdruck denen eines liebenden Weibes gleich«, einen gekrümmten und langen Hals, breite Brust und breites Kreuz, schmalen Rücken, runde Hinterschenkel, sehr lange wahre und sehr kurze falsche Rippen, einen zusammengeschnürten Leib, lange Oberschenkel, »wie die des Straußes es sind«, mit Muskeln, »wie das Kamel sie hat«, einen schwarzen, einfarbigen Huf, eine feine und spärliche Mähne und einen reich behaarten Schwanz, dick an der Wurzel und dünn gegen die Spitze hin. Es muß zeigen viererlei breit: die Stirn, die Brust, die Hüften und die Glieder, viererlei lang: den Hals, die Oberglieder, den Bauch und die Weichen, und viererlei kurz: das Kreuz, die Ohren, den Strahl und den Schwanz. Diese Eigenschaften beweisen, daß das Pferd von guter Rasse und schnell ist; denn es ähnelt dann in seinem Bau »dem Windhunde, der Taube und dem Kamel zugleich«. Die Stute muß besitzen: »den Mut und die Kopfbreite des Wildschweins, die Anmut, das Auge und das Maul der Gazelle, die Fröhlichkeit und Klugheit der Antilope, den gedrungenen Bau und die Schnelligkeit des Straußes und die Schwanzkürze der Viper«.

Ein Rassepferd kennt man aber auch noch an andern Zeichen. Es frißt bloß aus seinem Futterbeutel. Ihm gefallen die Bäume, das Grün, der Schatten, das laufende Wasser, und zwar in so hohem Grade, daß es beim Anblick dieser Gegenstände wiehert. Es trinkt nicht, bevor es das Wasser erregt hat, sei es mit dem Fuße oder sei es mit dem Maule. Seine Lippen sind stets geschlossen, die Augen und Ohren immer in Bewegung. Seinen Hals wirft es zur Rechten und zur Linken, als wollte es sprechen oder um etwas bitten.

In den Augen der Araber ist das Pferd das edelste aller geschaffenen Tiere, genießt daher fast dieselbe Achtung wie ein vornehmer, größere als ein geringer Mann. Bei einem Volk, das einen weiten Raum unsers Erdballes spärlich bevölkert, das ungleich weniger an der Scholle klebt als wir Abendländer, dessen Hauptbeschäftigung die Viehzucht ist, muß das Roß notwendigerweise zur höchsten Würdigung gelangen. Das Pferd ist dem Araber notwendig zu seinem Leben, zu seinem Bestehen; er vollbringt mit seiner Hilfe Wanderungen und Reisen, hütet auf ihm seine Herden, glänzt durch das Pferd in seinen Kämpfen, bei den Festen, bei den geselligen Vereinigungen; er lebt, liebt und stirbt auf seinem Rosse. Mit der Natur des Arabers, zumal des Beduinen, ist die Liebe zum Pferde unzertrennlich; er saugt die Achtung für dieses Tier schon mit der Muttermilch ein. Das edle Geschöpf ist der treueste Gefährte des Kriegers, der geachtetste Diener des Gewaltherrschers, der Liebling der Familie, und eben deshalb beobachtet es der Araber mit ängstlichem Fleiße, erlernt seine Sitten, seine Notwendigkeiten, besingt es in seinen Gedichten, erhebt es in seinen Liedern, findet in ihm den Stoff seiner angenehmsten Unterhaltung. »Als der Erschaffende das Roß erschaffen wollte,« verkündigen die Schriftgelehrten, »sagte er zum Winde: ›Von dir werde ich ein Wesen gebären lassen, bestimmt, meine Verehrer zu tragen. Dieses Wesen soll geliebt und geachtet sein von meinen Sklaven. Es soll gefürchtet werden von allen, die meinen Geboten nicht nachstreben.‹ Und er schuf das Pferd und rief ihm zu: ›Dich habe ich gemacht ohnegleichen. Alle Schätze der Erde liegen zwischen deinen Augen. Du wirst meine Feinde werfen unter deine Hufe, meine Freunde aber tragen auf deinem Rücken. Dieser soll der Sitz sein, von dem Gebete zu mir emporsteigen. Auf der ganzen Erde sollst du glücklich sein und vorgezogen werden allen übrigen Geschöpfen; denn dir soll die Liebe werden des Herrn der Erde. Du sollst fliegen ohne Flügel und siegen ohne Schwert!‹« Aus dieser Meinung entspringt der Aberglaube, daß das edle Pferd nur in den Händen der Araber glücklich sein könne; hierauf begründet sich die Weigerung, Rosse an Andersgläubige abzulassen. Abd el Kader bestrafte, als er noch auf der Höhe seiner Macht stand, alle Gläubigen mit dem Tode, von denen ihm gesagt worden war, daß sie eines ihrer Pferde an Christen verkauft hätten.

Alle Araber glauben, daß die edlen Pferde schon seit Jahrtausenden in gleicher Vollkommenheit sich erhalten haben, wachen daher ängstlich über der Zucht ihrer Rosse. Eigene Gebräuche sind herrschend unter ihnen geworden. So hat fast jeder Pferdebesitzer die Verpflichtung, dem, der bittend kommt, seinen Hengst zum Beschälen einer edlen Stute zu leihen, und deshalb veredelt sich der Bestand mehr und mehr. Hengste von guter Rasse werden sehr gesucht: die Stutenbesitzer durchreiten oft Hunderte von Meilen, um solche Hengste zum Beschälen zu erhalten. Als Gegengeschenk erhält der Hengstbesitzer eine gewisse Menge Gerste, ein Schaf, einen Schlauch voll Milch. Geld anzunehmen, gilt als schmachvoll; wer es tun wollte, würde sich dem Schimpf aussetzen, »Verkäufer der Liebe des Pferdes« genannt zu werden. Nur wenn man einem vornehmen Araber zumutet, seinen edlen Hengst zum Beschälen einer gemeinen Stute zu leihen, hat er das Recht, die Bitte abzuschlagen. Während der Trächtigkeit wird das Pferd sehr sorgfältig behandelt, jedoch nur in den letzten Wochen geschont. Während des Wurfes müssen Zeugen zugegen sein, um die Echtheit des Fohlens zu bestätigen. Das Fohlen wird mit besonderer Sorgfalt erzogen und von Jugend auf wie ein Glied der Familie gehalten. Daher kommt es vor, daß die arabischen Pferde zu Haustieren geworden sind und ohne alle Furcht im Zelte des Herrn oder der Kinderstube geduldet werden können. Ich selbst sah eine arabische Stute, die mit den Kindern ihres Herrn spielte, wie ein großer Hund mit Kindern zu spielen pflegt. Drei kleine Buben, von denen der eine noch nicht einmal ordentlich gehen konnte, unterhielten sich mit dem verständigen Tier und belästigten es so viel als möglich. Die Stute ließ sich alles gefallen, zeigte sich sogar höchst willfährig, um die eigensinnigen Wünsche der spielenden Kinder zu befriedigen.

Mit dem achtzehnten Monate beginnt die Erziehung des edlen Geschöpfes. Zuerst versucht sich ein Knabe im Reiten. Er führt das Pferd zur Tränke, zur Weide, reinigt es und sorgt überhaupt für alle seine Bedürfnisse. Beide lernen zu gleicher Zeit: der Knabe wird ein Reiter, das Fohlen ein Reittier. Niemals aber wird der junge Araber das ihm anvertraute Füllen übernehmen, niemals ihm Dinge zumuten, die es nicht leisten kann. Man überwacht jede Bewegung des Tieres, behandelt es mit Liebe und Zärtlichkeit, duldet aber niemals Widerstreben und Böswilligkeit. Erst wenn das Pferd sein zweites Lebensjahr überschritten hat, legt man ihm den Sattel auf. Das Gebiß wird anfangs mit Wolle umwickelt und diese manchmal mit Salzwasser besprengt, um das Tier leichter an das ihm unangenehme Eisen im Maule zu gewöhnen, der Sattel zuerst so leicht als möglich genommen. Nach Ablauf des dritten Jahres gewöhnt man es allgemach daran, alle seine Kräfte zu gebrauchen, läßt ihm aber durchaus nichts abgehen. Erst wenn es das siebente Jahr erreicht hat, sieht man es als erzogen an, und deshalb sagt das arabische Sprichwort: »Sieben Jahre für meinen Bruder, sieben Jahre für mich und sieben Jahre für meinen Feind.« Nirgends ist man von der Macht der Erziehung so durchdrungen wie in der Wüste. »Der Reiter bildet sein Pferd, wie der Ehemann sich sein Weib bildet«, sagen die Araber.

Die Leistungen eines gut erzogenen arabischen Rassepferdes sind außerordentlich. Es kommt vor, daß der Reiter mit seinem Pferde fünf, sechs Tage lang hintereinander täglich Strecken von siebzig bis hundert Kilometer zurücklegt. Wenn dem Tiere hierauf zwei Tage Ruhe gegönnt worden, ist es imstande, in derselben Zeit zum zweiten Male einen gleichen Weg zu machen. Gewöhnlich sind die Reisen, die die Araber unternehmen, nicht so lang, dafür aber durchreitet man in einem Tage noch größere Entfernungen, auch wenn das Pferd ziemlich schwer belastet ist. Nach der Ansicht der Araber muß ein gutes Pferd nicht bloß einen vollkommen erwachsenen Menschen tragen, sondern auch seine Waffen, seine Teppiche zum Ruhen und Schlafen, die Lebensmittel für sich selbst und für seinen Reiter, eine Fahne, auch wenn der Wind hinderlich sein sollte, und im Notfall muß es einen ganzen Tag lang im Zuge fortlaufen, ohne zu fressen oder zu trinken. »Ein Pferd«, schrieb Abd el Kader an General Daumas, »das gesund an allen seinen Gliedern ist und so viel Gerste bekommt, als es benötigt, kann alles tun, was sein Reiter verlangt; denn das Sprichwort sagt: ›Gib ihm Gerste und mißhandle es.‹ Gute Pferde trinken oft zwei Tage nicht, haben kaum genug zu fressen und müssen doch den Willen ihres Reiters ausführen. Dies ist die Macht der Gewöhnung; denn die Araber sagen, daß die Pferde wie der Mensch nur in der ersten Zeit ihres Lebens erzogen und gewöhnt werden. »Der Unterricht der Kinder bleibt wie die in Stein gehauene Schrift, der Unterricht, den das höhere Alter genießt, verschwindet wie das Nest des Vogels. Den Zweig des Baumes kann man biegen, den alten Stamm nimmermehr!« Vom ersten Jahre an unterrichten die Araber ihr Pferd, und schon im zweiten bereiten sie es. »In dem ersten Jahre des Lebens«, sagt das Sprichwort, »binde das Pferd an, damit ihm kein Unglück zustoße, im zweiten reite es, bis sein Rücken doppelte Breite gewonnen, im dritten Jahre binde es von neuem an, und wenn es dann nichts taugt, verkaufe es.«

Die Araber unterscheiden viele Rassen ihrer Pferde, und jede Gegend hat ihre besonderen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß das arabische Pferd nur da, wo es geboren, zu seiner vollsten Ausbildung gelangt, und eben deshalb stehen die Pferde der westlichen Sahara, so ausgezeichnet sie auch sein mögen, noch immer weit hinter denen zurück, die im glücklichen Arabien geboren und erzogen wurden. Nur hier findet man die echten » Kohheli« oder » Kohchlani«, zu deutsch: die Vollkommenen; jene Pferde, die unmittelbar von den Stuten des Propheten abstammen sollen. Wenn wir an der Richtigkeit des Stammbaumes gelinde Zweifel hegen dürfen, steht doch so viel fest, daß der bereits während seines Lebens hochgeehrte Prophet vortreffliche Pferde besessen haben mag, und daß also schon von diesem Vergleiche auf die Güte der betreffenden Pferde geschlossen werden kann. Ebenso sicher ist es, daß die Araber mit großer Sorgfalt die Reinhaltung ihrer Pferderassen überwachen.

Unter allen edlen Pferden achten die Araber diejenigen am höchsten, die in Nedschd, dem inneren Gelände der Arabischen Halbinsel, einem von schroffen Felsen durchzogenen Hochlande, gezüchtet werden. Der Stamm der Khadam hat den Ruhm, die besten Pferde zu besitzen. In Nedschd gibt es zwanzig Pferdefamilien vom ersten Rang, deren alte Abstammung erwiesen ist. Schon die Hengste der echten Kohheli werden mit hohen Preisen bezahlt, die Stuten sind kaum käuflich; ein Mann büßt seinen guten Ruf ein, wenn er gegen Gold oder Silber einen so kostbaren Schatz hinweggibt. Gerade im Hedjas gehört das Roß so recht eigentlich zur Familie, und diese widmet ihm ungleich mehr Sorgfalt als ihren Angehörigen selber. Wenn ein Krieger einen gefährlichen Zug vollführen will, wünscht die Familie nicht dem Manne, sondern dem Pferde das beste Glück, und wenn dieses nach einer Schlacht allein zum Zelte hereinkommt, ist der Schmerz über den im Gefecht gebliebenen Reiter bei weitem nicht so groß als die Freude über die Rettung des Rosses. Der Sohn oder ein naher Verwandter des Gefallenen besteigt das edle Tier, und ihm liegt die Verpflichtung ob, den Tod des Reiters zu rächen. Wenn ein Pferd in der Schlacht getötet oder geraubt worden ist und der Reiter allein zu Fuß zurückkommt, wartet seiner schlechter Empfang. Wehklagen will kein Ende nehmen, und die Trauer währt monatelang.

Aber ein solches Pferd ist auch nicht mit irgendeinem andern zu vergleichen. Der Araber mutet seinen Kräften sehr viel zu, behandelt es dafür jedoch mit einer Liebe ohnegleichen. Von Jugend auf vernimmt das Tier kein böses Wort, bekommt es keinen Schlag. Es wird mit der größten Geduld, mit der größten Zärtlichkeit erzogen und teilt mit seinem Herrn Freude und Leid, das Zelt, ja beinahe das Lager. Es bedarf keiner Peitsche, kaum eines Sporenstoßes, ein Wort seines Reiters genügt, um es anzutreiben. Mensch und Tier haben sich auf das innigste verbrüdert, und der eine wie das andere fühlen sich gedrückt, wenn der treue Gefährte fehlt. Mehr als einmal ist es vorgekommen, daß ein Pferd den Leichnam seines im Kampf gefallenen Reiters noch von der Walstatt bis zum Zelte trug, gleichsam als wisse es, daß es den gefallenen Mann nicht dem Hohn und Spott des Feindes preisgeben dürfe.

Ebenso groß wie die liebenswürdigen Eigenschaften des Wesens sind die Genügsamkeit und Anspruchslosigkeit des arabischen Pferdes. Es ist mit wenigem zufrieden und imstande, bei schmaler Kost noch die größten Anstrengungen zu ertragen. Kein Wunder, daß solch ein Tier von hundert Dichtern glühend besungen worden, daß es das ausschließliche Gespräch der Männer am Lagerfeuer, daß es der Stolz und das höchste Kleinod des Arabers ist!

Ergötzlich anzuhören sind die Lobeserhebungen, die einem hochedlen Pferde gespendet werden. »Sage mir nicht, daß dieses Tier mein Pferd ist, sage, daß es mein Sohn ist! Es läuft schneller als der Sturmwind, schneller noch, als der Blick über die Ebene schweift. Es ist rein wie das Gold. Sein Auge ist klar und so scharf, daß es ein Härchen im Dunkeln sieht. Die Gazelle erreicht es im Laufe. Zu dem Adler sagt es: Ich eile wie du dahin! Wenn es das Jauchzen der Mädchen vernimmt, wiehert es vor Freude, und an dem Pfeifen der Kugeln erhebt sich sein Herz. Aus der Hand der Frauen erbettelt es sich Almosen, den Feind schlägt es mit den Hufen ins Gesicht. Wenn es laufen kann nach Herzenslust, vergießt es Tränen aus seinen Augen. Ihm gilt es gleich, ob der Himmel rein ist, oder der Sturmwind das Licht der Sonne mit Staub verhüllt; denn es ist ein edles Roß, das das Wüten des Sturmes verachtet. In dieser Welt gibt es kein zweites, das ihm gleiche. Schnell wie eine Schwalbe eilt es dahin, so leicht ist es, daß es tanzen könnte auf der Brust deiner Geliebten, ohne sie zu belästigen. Sein Schritt ist so sanft, daß du im vollsten Lauf eine Tasse Kaffee auf seinem Rücken trinken kannst, ohne einen Tropfen zu verschütten. Es versteht alles wie ein Sohn Adams, nur daß ihm die Sprache fehlt.«

 

Als den Arabern ebenbürtige Pferdezüchter dürfen gegenwärtig die Engländer angesehen werden. Noch vor zwei Jahrhunderten züchteten die Spanier und Italiener bessere Pferde als die Briten; seitdem sind jene ebenso zurückgegangen, als diese vorgeschritten. Das Rennpferd ist Ergebnis des beharrlich fortgesetzten Strebens, ein Pferd zu erzielen, das alle übrigen an Schnelligkeit im Laufen überbieten sollte. Arabische, türkische und Berberpferde sind die nachweislichen Stammeltern dieses Tieres, das in den Augen der Engländer als das schönste aller Pferde gilt, nach Ansicht jedes Unbefangenen aber dem Araber an Schönheit nachsteht. Äußerst schlanke, an die Grenzen des Zerrbildlichen streifende Formen zeichnen es aus; Kopf und Hals sind kaum noch als ebenmäßig zu bezeichnen. Gleichwohl wird es, um zur Veredelung zu dienen, nach allen von Europäern bewohnten Ländern der Erde ausgeführt und nicht selten mit zweihunderttausend Mark und darüber bezahlt. Freilich kann solches Pferd, wenn es bei Rennen wiederholt als Sieger hervorgeht, seinem Besitzer auch erkleckliche Summen einbringen. Ein dreijähriges Vollblutpferd durchläuft beim Wettrennen ungefähr 850 Meter in der Minute. Jedes Vollblutpferd muß, um als solches zu gelten, im Gestütbuche Großbritanniens eingetragen worden sein, also seinen Stammbaum nachweisen können.

 

In unserm Vaterlande wird der Pferdezucht erst seit Anfang des vorigen Jahrhunderts die gebührende Aufmerksamkeit zuteil. Bis dahin begnügte man sich, Pferde zu erzielen, ohne auf deren Veredelung besondere Rücksicht zu nehmen. Ende des siebzehnten Jahrhunderts stand die Pferdezucht in Deutschland wahrscheinlich überall auf tieferer Stufe als im Mittelalter, das, wie bekannt, mit dem Morgenlande ungleich regere Verbindung unterhielt als die spätere Zeit. Von einer Landespferdezucht war nicht die Rede. In Preußen war es erst Friedrich Wilhelm I., der die Pferdezucht in richtige Bahnen lenkte. Zunächst um seinen eigenen Marstall mit guten Pferden zu versorgen, errichtete derselbe das Gestüt Trakehnen und legte damit den Grund zu einer vernunftgemäßen Veredelung des bis dahin arg vernachlässigten altpreußischen Pferdes. Durch vielfache Kreuzungen mit arabischen und englischen Vollblutpferden erzielte man nach und nach den Trakehner, ein dem Renner sehr nahestehendes, jedoch kräftigeres, im hohen Grade leistungsfähiges Tier, das man gegenwärtig wohl das deutsche Pferd nennen darf, zumal Trakehnen und seine Zweiganstalten den wesentlichsten Einfluß auf die Zucht und Veredelung aller altpreußischen Pferde geübt haben und noch fortwährend ausüben.

 

Nächst Preußen züchtet man gegenwärtig hauptsächlich noch in Württemberg, Hannover, Mecklenburg und Holstein gute und schöne Pferde zu allgemeinem Gebrauche, während man in Westfalen und den Rheinländern vielfach schweren und plumpen Tieren begegnet. Insbesondere ist es der Percheron, ein riesiges und sehr kräftiges Tier, genannt nach seiner ursprünglichen Heimat, der alten französischen Provinz Perche, der neuerdings mehr und mehr Verbreitung findet, da er sich zum Bewegen schwerer Lasten vorzüglich eignet.

Heutzutage ist das zahme Pferd fast über den ganzen Erdball verbreitet. Es fehlt nur in den kältesten Landstrichen und auf mehreren Inseln, wo der Mensch seiner noch nicht bedarf. In trockenen Gegenden gedeiht es, entschieden besser als in feuchten, sumpfigen, obwohl es schlechtere Gräser verzehrt als andere Haustiere. Man züchtet es in wilden, halbwilden und zahmen Gestüten. In den wilden Gestüten Rußlands werden die Herden das ganze Jahr hindurch sich selbst überlassen. Die dort geborenen Pferde sind sehr dauerhaft, kräftig und genügsam, erlangen aber niemals die Schönheit der unter Aufsicht des Menschen geborenen und erzogenen. Halbwilde Gestüte sind solche, in denen sich die Pferdeherden vom Frühjahr bis zum Herbst in den Wäldern und auf großen Weideplätzen herumtreiben, im Winter aber in Ställen gehalten und beaufsichtigt werden; zahme Gestüte endlich jene, wo die Pferdezucht unter strengster Aufsicht des Menschen getrieben wird. Die größten Gestüte befinden sich in Rußland, Polen und Ungarn.

Die Pferdezucht ist, entsprechend ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung, zu einer Wissenschaft geworden, der sich mehr und mehr tüchtige Kräfte zuwenden. Erste und hauptsächlichste Bedingung zum Gelingen der Bestrebungen ist sachverständige und geschickte Auswahl der Elterntiere, unter steter Rücksicht auf den besonderen Zweck, den man in der Nachkommenschaft verwirklicht sehen will. Denn Vorzüge wie Fehler oder Gebrechen der Eltern vererben sich auf die Kinder, und die wesentlichsten Erfolge der Züchtung beruhen vorzugsweise auf dieser erst spät erkannten Tatsache. Nächst der Vererbung beruhen die Erfolge der Züchtung in der naturgemäßen Aufzucht der Füllen; denn die von den Eltern ererbten Eigenschaften entwickeln sich nur unter den für diese Anlage günstigen Verhältnissen.

Die Paarungszeit des Pferdes fällt zwischen Ende März und Anfang Juni. Dreijährige Stuten sind fortpflanzungsfähig; den Hengst läßt man nicht gern vor dem vierten Jahre zur Paarung. Von seinem siebenten Jahr an genügt er für fünfzig bis hundert Stuten. Letztere werfen elf Monate nach der Begattung ein einziges Füllen, das sehend und behaart geboren wird und wenige Minuten nach der Geburt stehen und gehen kann. Man läßt es etwa fünf Monate saugen, sich tummeln und spielen und entwöhnt es von der Mutter, nachdem man es gelehrt hat, nach und nach allein zu fressen. Im ersten Jahr trägt es einen wolligen Pelz, eine kurze, aufrechtstehende, gekräuselte Mähne und ähnlichen Schweif, im zweiten Jahr werden die Haare glänzender, Mähne und Schweif länger und schlichter. Das spätere Alter erkennt man ziemlich richtig an den Schneidezähnen. Acht bis vierzehn Tage nach der Geburt erscheinen oben und unten die beiden mittelsten, die sogenannten Zangen; zwei oder drei Wochen später bricht zu jeder Seite der Zangen wieder ein Zahn aus, und nun sind die sogenannten Mittelzähne vollständig. Nach fünf bis sechs Monaten treten die äußeren Schneidezähne hervor, und damit sind die Milch- oder Füllenzähne, kurze, glatte, glänzende, milchweiße Gebilde, vollendet. Nach dem Ausfallen der Füllenzähne erhält das Roß die Pferdezähne. Im Alter von zweieinhalb Jahren werden die Zangen ausgestoßen und durch neue Zähne ersetzt; ein Jahr später wechseln die Mittelzähne, im nächsten Jahre die sogenannten Eckzähne oder besser die äußeren Schneidezähne. Mit ihnen brechen die wirklichen Eckzähne oder Haken durch, zum Zeichen, daß die Ausbildung des Tieres beendet ist. Vom fünften Jahre ab sieht der Beurteiler des Alters bei Pferden nach den Gruben, Kunden oder Bohnen in den Zähnen, linsengroßen, schwarzbraunen Höhlungen auf der Schneide der Zähne. Diese verwischen sich an der untern Kinnlade im Alter von fünf bis sechs Jahren, an den Mittelzähnen im siebenten, an den Eckzähnen im achten Jahr des Alters; dann kommen in gleicher Zeitfolge die Oberzähne daran, bis im elften bis zwölften Jahr sämtliche Gruben verschwunden sind. Mit zunehmendem Alter verändert sich auch allmählich die Gestalt der Zähne, sie werden um so schmäler, je älter sie sind. Bei manchen Pferden verwischen sich die Kunden niemals.

Das Pferd wechselt nur die kleinen, kurzen Haare, und zwar hauptsächlich im Frühjahre. Das längere Winterhaar fällt um diese Zeit so schnell aus, daß es schon in Zeit eines Monats der Hauptsache nach beendet ist. Nach und nach werden die Haare ersetzt, und von Anfang September oder Oktober an beginnen sie sich wieder merklich zu verlängern. Die Haare in der Mähne und im Schwanz bleiben unverändert.

Leider ist das edle Roß vielen Krankheiten unterworfen. Die wichtigsten sind der Spat, eine Geschwulst und spätere Verhärtung des Sprunggelenkes, die Druse, eine Anschwellung der Drüsen unter den Kinnladen, die Räude, ein trockener oder nasser Ausschlag, wobei die Haare ausgehen, der Rotz, eine starke Entzündung in der Nasenscheidewand, die furchtbar ansteckt, sich selbst auf Menschen überträgt, der rasende Koller, eine Gehirnentzündung, oder der Dummkoller, ein ähnliches Leiden, der graue und der schwarze Star und andere. In den Gedärmen und in der Nase wohnen die Larven von Biesfliegen, in den Nieren » Palisaden«, in den Augen Fadenwürmer, auf der Haut Lausfliegen und Milben.

Das Pferd kann ein Alter von vierzig Jahren erreichen, wird aber meist so schlecht behandelt, daß es oft schon mit zwanzig Jahren greisenhaft ist. Das Pferd, das der österreichische Feldmarschall Lacy im Türkenkriege ritt, wurde auf Befehl des Kaisers sorgfältig gepflegt und erreichte ein Alter von sechsundvierzig Jahren. Der Bischof von Metz besaß ein Pferd, das fünfzig Jahre alt und noch bis zu den letzten Tagen zu leichter Arbeit verwendet wurde. In England soll ein Pferd sogar das Alter von zweiundsechzig Jahren erreicht haben.

Über die Eigenschaften, Gewohnheiten, Sitten und Eigentümlichkeiten der Pferde, kurz, über das geistige Wesen will ich Scheitlin reden lassen. »Das Pferd«, sagt er, »hat Unterscheidungskraft für Nahrung, Wohnung, Raum, Zeit, Licht, Farbe, Gestaltung, für seine Familie, für Nachbarn, Freunde, Feinde, Mittiere, Menschen und Sachen. Es hat Wahrnehmungsgabe, innere Vorstellungskraft, Gedächtnis, Erinnerungsvermögen, Einbildungskraft, mannigfache Empfindungsfähigkeiten für eine große Anzahl von Zuständen des Leibes und der Seele. Es fühlt sich in allen Verhältnissen angenehm oder unangenehm, ist der Zufriedenheit mit seinem gegebenen Verhältnisse oder aber des Verlangens nach einem anderen, ja selbst der Leidenschaften, gemütlicher Liebe und gemütlichen Hasses fähig.

Viele Tiere sehen und hören besser als das Pferd. Dafür ist seine Wahrnehmungsgabe für nahe Gegenstände ganz außerordentlich, so daß es alle Gegenstände um sich her genau kennen lernt, womit dann erst noch ein vortreffliches Gedächtnis verbunden ist. Wir kennen die Erzeugnisse seiner Wahrnehmungsgabe, seinen Ort-, Stall-, Steg- und Wegsinn, seine Sicherheit, einen Pfad, wenn es ihn auch nur einmal gemacht hat, wiederzuerkennen. Es kennt den Weg viel besser als sein Führer. Reiter und Kutscher können ruhig schlafen und im tiefsten Dunkel dem Pferde die Wahl des Weges überlassen. Diese Wahl ist schon vielen betrunkenen Fuhrleuten aufs beste zustatten gekommen und hat schon Tausenden Leben und Habe gerettet. Wie schnell erkennt es den Gasthof wieder, in den es einmal eingekehrt ist, aber auch wie hartnäckig glaubt es wieder einkehren zu dürfen! Ist es einmal beim Gasthof vorüber, so läuft es wieder ganz willig. Es scheint nun sich selbst zu berichtigen und zu denken, sein Führer habe nicht unrecht; denn er wolle nun einmal da nicht einkehren. Doch erkennt es den Gasthof als solchen nicht am Schilde. Willig läuft es bei denen vorbei, in denen es noch nie gewesen. Seinen ehemaligen Herrn und Knecht erkennt es nach vielen Jahren noch sogleich wieder, läuft auf ihn zu, wiehert ihn an, leckt ihn und bezeigt eine gar innige Freude; es weiß nur nicht recht, wie es seine Freude äußern soll. Es merkt augenblicklich, ob ein anderer Mensch als der gewöhnliche auf seinem Rücken sitzt. Bisweilen schaut es rückwärts, sich darüber völlig ins reine zu setzen. Vollkommen erkennt es den Sinn der Worte des Wärters, und vollkommen gehorcht es denselben. Es tritt aus dem Stalle zum Brunnen, zum Wagen, läßt sich das Geschirr an- und auflegen, läuft dem Knecht wie ein Hund nach, geht von selbst wieder in den Stall. Einen neuen Knecht oder ein neues Nebenpferd schaut es sinnvoll an, in ganz anderer Weise als die Kuh das neue Tor. Alles Neue erregt es stark, ein neuer Wagen, eine neue Kutsche ist ihm wichtig. Wo etwas Neues, Auffallendes durch Größe, Form und Farbe zu sehen ist, trabt es herzu, schaut und schnauft es an.

Seine Wahrnehmungsgabe, sein Gedächtnis und seine Gutmütigkeit machen es möglich, ihm alle Künste des Elefanten, Esels und Hundes beizubringen. Es muß Rätsel lösen, Fragen beantworten, durch Bewegen mit dem Kopf ja und nein sagen, durch Schläge mit dem Fuß Zahlengrößen der Uhr usw. bezeichnen. Es sieht auf die Bewegung der Hände und Füße des Lehrers, versteht die Bedeutung der Schwingung der Peitsche und diejenige der Worte, so daß es schon ein kleines Wörterbuch in der Seele hat. Aufs Wort stellt es sich krank, steht es dumm mit ausgebreiteten Beinen und hängt es den Kopf, schwankt es traurig und matt, sinkt langsam, plump auf die Erde, liegt wie tot, läßt auf sich sitzen, die Beine auseinanderlegen, am Schwanze zerren, die Finger in die so sehr empfindlichen Ohren stecken usw., aber aufs hingeworfene Wort, es durch den Henker abholen zu lassen, springt es wieder auf und rüstet sich wieder munter und froh, es hat den Befehl völlig verstanden. Daß ihm der Spaß, den es oft wiederholen muß, gefalle, nimmt man nicht wahr; ihm kann nur Laufen und Springen behagen.

Das Pferd hat neben seinem Ortsgedächtnis auch Zeitsinn. Es lernt im Takt gehen, trotten, galoppen und tanzen. Es kennt auch Zeitunterschiede im großen, es weiß, ob es Morgen, Mittag oder Abendzeit ist. Es ermangelt selbst des Tonsinnes nicht. Wie der Krieger liebt es den Trompetenton. Es scharrt freudig mit dem Vorderfuße, wenn dieser Ton zum Laufen im Wettrennen und zur Schlacht ertönt, es kennt und versteht auch die Trommel und alle Töne, die mit seinem Mut und mit seiner Furcht in Verbindung stehen. Es kennt den Kanonendonner, hört ihn aber nicht gerne. Der Wolkendonner ist ihm ebenfalls nicht angenehm.

Das Pferd ist der Furcht sehr zugänglich und nähert sich auch darin dem Menschen. Es erschrickt über einen ungewohnten Ton, ein ungewohntes Ding, eine flatternde Fahne, ein Hemd, das zum Fenster herausweht. Sorgsam beschaut es den Boden, der Steine hat, sorglich tritt es in den Bach, den Fluß. Ein Pferd, das in eine Hausgrube gefallen und wieder heraufgezogen worden war, war sehr erschrocken; ein anderes, das in eine Kalkgrube gesprungen war, ließ sich willig binden und herausziehen, es wollte den Rettenden helfen. Auf schmalen Gebirgspfaden zittert es. Es weiß, daß es nur Fuß ist und sich an gar nichts anhalten kann. Den Blitz fürchtet es heftig. Im Gewitter schwitzt es vor Angst, erschlagen zu werden. Reißt eins aus, so kann das andere, unerschrockene es zurückhalten; gewöhnlich aber ergreift es der Schrecken ebenfalls, und beide rennen in immer steigender Furcht und Angst, rasen über und durch alles mögliche heim, in die Tenne, an eine Wand, wie toll. Wieviel Unglück veranlaßt und verursacht das sonst so verständige, gehorsame und gutwillige Tier, das dem Herrn, dem Knecht, der Frau, dem Mädchen, jedem, der es gut behandelt, gehorcht!

Die einzige wahre Lust des Pferdes ist zu rennen. Es ist von Natur ein Reisender; bar zur Lust rennen weidende Pferde in den russischen Steppen, reisen mit den Kutschen im Galopp viele Stunden, eine Tagereise weit, sicher, daß sie ihren langen Pfad wieder zurückfinden. Auf den Weiden tummeln sie sich munter, werfen vorn und hinten auf und treiben allerlei Mutwillen, rennen miteinander, beißen einander. Seine Rennlust in Verbindung mit seinem Adel oder seinem Stolz leisten im römischen Korso beinahe Unglaubliches. Auf ein gegebenes Zeichen sind die Pferde bereit, den Wettkampf zu beginnen: sie wiehern hell auf, sie stampfen vor Ungeduld. Dann stürzen sie sich auf die Bahn, und eins will das andere übereilen. Niemand sitzt auf ihnen, niemand sagt ihnen, um was es sich handelt, niemand feuert sie an; sie merken es von sich aus. Jedes feuert sich selbst an und wird von jedem angefeuert. Und das, das zuerst am Ziele ist, wird von den Menschen gelobt; es ist dafür empfindlich.

Der Hengst ist ein furchtbares Tier. Seine Stärke ist ungeheuer, sein Mut über alle Begriffe, sein Auge sprüht Feuer. Die Stute ist viel sanfter, gutmütiger, willfähriger, gehorsamer, lenksamer; darum wird sie auch den Hengsten oft vorgezogen. Der Trieb zur Begattung ist bei den Pferden heftiger als bei anderen Tieren; aus solcher Kraft entspringen eben große, stolze Kräfte. Der Wallach hat zwar durch Verschneidung viel verloren, ist aber durch sie nicht, wie der Stier, zum matten Ochsen, sondern nur ein milderes, gehorsameres Wesen geworden, hat bloß aufgehört, eine lodernde, verzehrende Flamme zu sein.

Das Pferd ist aller Erregung fähig. Es liebt und haßt, ist neidisch, rachsüchtig und launisch usw. Mit manchen Pferden verträgt es sich sehr gut, mit anderen schwer oder gar nicht.

Kein Pferd ist dem andern gleich. Bissig und böse, falsch und tückisch ist das eine, zutraulich und sanft das andere. Wunden fürchtet das Pferd nicht; Operationen unterwirft es sich mit viel Verstand und Willen. Mutvoll hält es in der Schlacht aus und hat sogar Lust im Streite; es wiehert hell auf. Wird es verwundet, so stöhnt es nur. Es stirbt in seinen Wunden heldenartig, still und ruhig; es merkt den Tod.

Wie verschieden ist das Schicksal der Pferde! Das Los der meisten ist, jung geliebt und mit Hafer genährt, alt ein Karrengaul und mit Riedgras und mit Prügeln gefüttert und verachtet zu werden. Vielen Rossen ist schon eine Träne nachgeweint und mit Recht ein marmornes Denkmal gebaut worden. Sie haben ihre Jugendzeit zum Mutwillen, ihre Jünglingszeit zum Stolzieren, ihre Manneszeit zum Arbeiten, ihr Alter, in dem sie träger, matter werden; sie blühen, reifen und verwelken!

*

Der Steppenesel ( Equus taeniopus) ähnelt in Größe und Ansehen seinem gezähmten Nachkömmlinge in Ägypten, in seinem Anstande und seinem Wesen aber den wildlebenden asiatischen Verwandten. Er ist groß, schlank und hübsch gebaut, bald aschgrau, bald isabellfarben, an der Unterseite heller, mit deutlich ausgesprochenem Schulterkreuz und einigen mehr oder weniger bemerkbaren Querstreifen an der Außenseite des Unterfußes. Die Mähne ist ziemlich schwach und kurz, die Quaste am Schwanze dagegen stark und lang. Dieses Tier findet sich wahrscheinlich in allen Steppenländern östlich vom Nil. Um den Atbara, den Hauptzufluß des göttlichen Stroms, ist er häufig, ebenso auch in den Barkaebenen; sein Verbreitungskreis reicht bis an die Küste des Roten Meeres. Hier lebt er unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie der Dschiggetai und Onager. Er ist ausnehmend scheu und vorsichtig. Alle im Süden und wahrscheinlich auch im Habesch benutzten zahmen Esel scheinen von dieser Art abzustammen; denn nach der Versicherung der Araber gleichen ihnen die Wildesel täuschend.

 

Mag es auch noch nicht bestimmt entschieden sein, welchem Wildesel wir unser nützliches Haustier verdanken, so steht doch so viel fest, daß der Steppenesel von alters her gezähmt und zur Veredelung der Eselzucht benutzt wurde. Die alten Römer gaben große Summen für diese Veredelung aus, die Perser und Araber tun es noch heute. Nur bei uns ist der zahme Esel ( Equus asinus) durch fortwährende Vernachlässigung zu einem wahren Krüppel herabgesunken.

Wenn man den Esel, der bei uns zulande zur Mühle trägt oder den Milchkarren zieht, mit seinen südländischen Brüdern vergleicht, könnte man versucht werden, beide als verschiedene Arten anzusehen, so gering ist die Ähnlichkeit zwischen ihnen. Der nordische Esel ist, wie allbekannt, ein träger, eigensinniger, oft störrischer Gesell, der allgemein, wenn auch mit Unrecht, als Sinnbild der Einfalt und Dummheit gilt, der südliche Esel dagegen, zumal der ägyptische, ein schönes, lebendiges, außerordentlich fleißiges und ausdauerndes Geschöpf, das in seinen Leistungen gar nicht weit hinter dem Pferde zurücksteht, ja es in mancher Hinsicht noch übertrifft. Ihn behandelt man aber auch mit weit größerer Sorgfalt als den unsrigen. In vielen Gegenden des Morgenlandes hält man die besten Rassen so rein wie die des edelsten Pferdes, füttert die Tiere sehr gut, plagt sie in der Jugend nicht zuviel und kann deshalb von den erwachsenen Dienste verlangen, die unser Esel gar nicht zu leisten imstande sein würde. Man hat vollkommen recht, viele Sorgfalt auf die Zucht des Esels zu verwenden; denn er ist dort Haustier im vollsten Sinne des Wortes, er findet sich im Palaste des Reichsten wie in der Hütte des Ärmsten und ist der unentbehrlichste Diener, den der Südländer kennt. Schon in Griechenland und Spanien trifft man sehr schöne Esel an, obgleich sie noch immer weit hinter den im Morgenlande und zumal in Persien und Ägypten gebräuchlichen zurückstehen. Der griechische und der spanische Esel kommen einem kleinen Maultiere an Größe gleich; ihr Haar ist glatt und weich, die Mähne ziemlich, die Schwanzquaste verhältnismäßig sehr lang; die Ohren sind lang, aber fein gebaut, die Augen glänzend. Große Ausdauer, ein leichter, fördernder Gang und ein sanfter Galopp stempeln diese Esel zu unübertrefflichen Reittieren. Manche Arten gehen einen natürlichen Paß, so z. B. die größten von allen, die ich je gesehen habe, die sogenannten spanischen Kohlenesel, die hauptsächlich benutzt werden, Kohlen von den Gebirgen herab nach dem Süden zu bringen. Neben dem großen Esel findet man auch in Griechenland und Spanien kleinere; sie sind aber ebenfalls viel feiner gebaut und weicher, zierlicher behaart als die unsrigen.

Noch weit schöner als diese trefflichen Tiere sind die arabischen Esel, zumal diejenigen, die in Jemen gezogen werden. Es gibt zwei Rassen, eine große, mutige, rasche, zum Reisen höchst geeignete, und eine kleinere, schwächere, die gewöhnlich zum Lasttragen benutzt wird. Ähnliche Rassen finden sich in Persien und Ägypten, wo man viel Geld für einen guten Esel ausgibt. Ein allen Anforderungen entsprechender Reitesel steht höher im Preise als ein mittelmäßiges Pferd, und es ist gar nicht selten, daß man bis fünfzehnhundert Mark unseres Geldes für ihn bezahlt. Die beste Rasse befindet sich nur in den Händen der Vornehmsten des Landes. Sie ist von der Größe eines gewöhnlichen Maultieres und diesem bis auf die langen Ohren täuschend ähnlich. Feiner Bau und schönes glattes, weiches Haar zeichnen sie besonders aus. Der gewöhnliche Esel, der sich in jedermanns Händen befindet, ist von Mittelgröße, aber dennoch von ausgezeichneter Güte. Er ist fleißig, äußerst genügsam und sehr ausdauernd. Während der Nacht bekommt er sein Hauptfutter, harte Bohnen, die er mit lautem Geräusche zermalmt, bei Tage empfängt er nur dann und wann ein Bündel frischen Klees oder eine Handvoll Bohnen.

»Etwas Nutzbareres und Braveres von einer Kreatur als dieser Esel«, sagt Bogumil Goltz, »ist nicht denkbar. Der größte Kerl wirft sich auf ein Exemplar, das oft nicht größer als ein Kalb von sechs Wochen ist, und setzt es in Galopp. Diese schwach gebauten Tiere gehen einen trefflichen Paß; woher sie aber die Kräfte nehmen, stundenlang einen ausgewachsenen Menschen selbst bei großer Hitze im Trabe und Galopp herumzuschleppen, das scheint mir fast über die Natur hinaus in die Eselmysterien zu gehen, die auch noch ihren Esel-Sue bekommen müssen, wenn Gerechtigkeit in der Weltgeschichte ist.«

In früheren Zeiten traf man halb verwilderte Esel auf einigen Inseln des griechischen Archipels und auf der Insel Sardinien an, und heutzutage findet man sie im südlichen Amerika. Solche der Zucht des Menschen entronnene Esel nehmen bald alle Sitten ihrer wilden Vorfahren an. Der Hengst bildet sich seine Herden, kämpft mit anderen auf Tod und Leben, ist scheu, wachsam, vorsichtig und läßt sich nicht so leicht dem Willen des Menschen wieder unterwerfen.

Durch Vorstehendes ist der Verbreitungskreis des Esels bereits angedeutet worden. Der östliche Teil Vorder- und Mittelasiens, das nördliche und östliche Afrika, Süd- und Mitteleuropa und endlich Südamerika sind die Landstriche, in denen er am besten gedeiht. Je trockener das Land, um so wohler befindet er sich. Feuchtigkeit und Kälte verträgt er weniger als das Pferd. Deshalb findet man in Persien, Syrien, Ägypten, in der Berberei und Südeuropa die schönsten, in dem regenreichen Mittelafrika oder in unseren doch schon an die Grenzen seines Verbreitungsgebietes heranreichenden Ländern aber die schlechtesten Esel. Eine gute Behandlung wird übrigens im Morgenlande nur den wertvollen Eseln zuteil, die übrigen führen fast ein ebenso trauriges Leben wie die unsrigen. Der Spanier z. B. putzt seinen Esel wohl mit allerlei Quasten und Rosetten, bunten Halsbändern, hübschen Satteldecken und dergleichen, behauptet auch, daß sein Grautier sich noch einmal so stolz trage, wenn es im Schmucke gehe, also an der Aufmerksamkeit seines Herrn sich gar sehr ergötze, behandelt seinen armen vierbeinigen Diener aber überaus schlecht, läßt ihn hungern, arbeiten und prügelt ihn dennoch auf das unbarmherzigste. Nicht anders ergeht es dem beklagenswerten Geschöpfe in den meisten Ländern Südamerikas. »Namentlich in Peru«, so schreibt mir Haßkarl, »ist der Esel das geplagteste Wesen der Welt und das allgemeine Lasttier. Er muß Steine und Holz zu den Hausbauten, Wasser zu den Haushaltungen und sonstige Lasten, kurz alles schleppen, was man nötig hat und infolge der Faulheit der Menschen nicht gern selbst tragen will. Dabei setzt sich der gewichtige Zambo oder Mischling von Eingeborenen und Negern noch dazu hinten auf und schlägt ohne Erbarmen auf das arme Tier los. Zwei Reiter auf einem Esel sind ebenfalls gar nichts Seltenes. Es gibt in Lima ein Sprichwort, das diese Stadt für den Himmel der Frauen und die Hölle der Esel erklärt. Niemals sieht man den Esel hier wie in Europa im trägen, langsamen Schritte, sondern stets im Laufe oder Tritte gehen. Nirgends hört man so oft wie hier das klägliche ›I-ah‹ und dazwischen das Fluchen und Treiben und das Klatschen der Peitsche, und noch jetzt fühle ich mich auf die Plazza major in Lima versetzt, wenn ich unerwartet Eselgeschrei vernehme.« Auch der gewöhnliche ägyptische Esel hat nicht etwa ein beneidenswertes Los. Er ist jedermanns Sklave und jedermanns Narr. Im ganzen Morgenlande fällt es niemandem ein, zu Fuß zu gehen; sogar der Bettler hat gewöhnlich seinen Esel: er reitet auf ihm bis zu dem Orte, wo er sich Almosen erbitten will, läßt den Esel, wie er sich ausdrückt, auf »Gottes Grund und Boden« weiden und reitet abends auf ihm wieder nach Hause.

Nirgends dürfte die Eselreiterei so im Schwunge sein wie in Ägypten. Hier sind die willigen Tiere in allen größeren Städten geradezu unentbehrlich zur Bequemlichkeit des Lebens. Man gebraucht sie, wie man unsere Lohnkutschen verwendet, und deshalb gilt es auch durchaus nicht für eine Schande, sich ihrer zu bedienen. Bei der Enge der Straßen jener Städte sind sie allein geeignet, die notwendigen Wege abzukürzen und zu erleichtern. Daher sieht man sie in Kairo z. B. überall in dem ununterbrochenen Menschenstrome, der sich durch die Straßen wälzt. Die Eseltreiber Kairos bilden einen eigenen Stand, eine förmliche Kaste, sie gehören zu der Stadt wie die Minaretts und die Palmen. Sie sind den Einheimischen wie den Fremden unentbehrlich; sie sind es, denen man jeden Tag zu danken hat, und die jeden Tag die Galle in Aufregung zu bringen wissen. Der Reisende begegnet ihnen, sobald er in Alexandrien seinen Fuß an die Küste setzt. Auf jedem belebten Platze stehen sie mit den Tieren von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Die Ankunft eines Dampfschiffes ist für sie ein Ereignis; denn es gilt jetzt, den in ihren Augen Unwissenden, bezüglich Dummen, zu erkämpfen. Der Fremde wird zunächst in drei bis vier Sprachen angeredet, und wehe ihm, wenn er englische Laute hören läßt. Sofort entsteht um den Geldmann eine Prügelei, bis der Reisende das Klügste tut, was er kann, nämlich auf gut Glück einen der Esel besteigt und sich von dem Jungen nach dem ersten besten Gasthause schaffen läßt. So stellen sie sich zuerst dar; aber erst wenn man der arabischen Sprache kundig ist und statt des Kauderwelsches von drei bis vier durch sie gemißhandelten Sprachen in ihrer Zunge mit ihnen reden kann, lernt man sie kennen.

»Sieh, Herr,« sagt der eine, »diesen Dampfwagen von einem Esel, wie ich ihn dir anbiete, und vergleiche mit ihm die übrigen, die die anderen Knaben dir anpreisen! Sie müssen unter dir zusammenbrechen; denn es sind erbärmliche Geschöpfe, und du bist ein starker Mann! Aber der meinige! Ihm ist es eine Kleinigkeit, mit dir wie eine Gazelle davonzulaufen.« »Das ist ein Kahiriner Esel«, sagt der andere; »sein Großvater war ein Gazellenbock und seine Ururmutter ein wildes Pferd. Ei, du Kahiriner, lauf und bestätige dem Herrn meine Worte! Mache deinen Eltern keine Schande, geh an im Namen Gottes, meine Gazelle, meine Schwalbe!«

Der dritte suchte beide womöglich noch zu überbieten, und in diesem Tone geht es fort, bis man endlich eines der Tiere bestiegen hat. Dieses wird nun durch unnachahmliches Zucken, Schlagen oder durch Stöße, Stiche und Schläge des an dem einen Ende zugespitzten Treibstockes in Galopp gebracht, und hinterher hetzt der Knabe, rufend, schreiend, anspornend, plaudernd, seine Lungen mißhandelnd wie den Esel vor ihm. »Sieh dich vor, Herr! Dein Rücken, dein Fuß, deine rechte Seite ist gefährdet! Nimm dich in acht, deine linke Seite, deinen Kopf! Passe auf! Ein Kamel, ein Maultier, ein Esel, ein Pferd! Bewahre dein Gesicht, deine Hand! Weiche aus, Freund; laß mich und meinen Herrn vorbei! Schmähe meinen Esel nicht, du Lump; der ist mehr wert, als dein Urgroßvater war. Verzeih', Gebieter, daß du gestoßen wurdest.« Diese und hundert andere Redensarten umsurren beständig das Ohr des Reitenden. So jagt man zwischen allen den Gefahr bringenden Tieren und Reitern, zwischen Straßenkarren, lasttragenden Kamelen, Wagen und Fußgängern durch, und der Esel verliert keinen Augenblick seine Lust, seine Willfährigkeit läßt sich kaum zügeln, sondern stürmt dahin in einem höchst angenehmen Galopp, bis das Ziel erreicht ist. Kairo ist die hohe Schule für alle Esel. Hier erst lernt man dieses vortreffliche Tier kennen, schätzen, achten, lieben.

Auf unsern Esel freilich sind Okens Worte vollkommen anzuwenden: »Der zahme Esel ist durch die lange Mißhandlung so heruntergekommen, daß er seinen Stammeltern gar nicht mehr gleicht. Er bleibt nicht bloß viel kleiner, sondern hat auch eine mattere, aschgraue Farbe und längere, schlaffere Ohren. Der Mut hat sich bei ihm in Widerspenstigkeit verwandelt, die Hurtigkeit in Langsamkeit, die Lebhaftigkeit in Trägheit, die Klugheit in Dummheit, die Liebe zur Freiheit in Geduld, der Mut in Ertragung der Prügel.«

Alle Sinne des zahmen Esels sind gut entwickelt. Obenan steht das Gehör, hierauf folgt das Gesicht und dann der Geruch. Seine geistigen Fähigkeiten sind, wie uns Scheitlin lehrte, nicht so gering, als man gewöhnlich annimmt. Er besitzt ein vortreffliches Gedächtnis und findet jeden Weg, den er einmal gegangen ist, wieder auf; er ist, so dumm er aussieht, manchmal doch recht schlau und listig, auch keineswegs beständig so gutmütig, als man meint. Zuweilen zeigt er sogar abscheuliche Tücke. Er bleibt plötzlich auf dem Wege stehen, läßt sich selbst durch Schläge nicht zwingen, wirft sich wohl auch mit der Ladung auf die Erde, beißt und schlägt. Auf seinen Reisen kann der Esel keinen seiner Sinne entbehren. Bindet man ihm die Augen zu, so bleibt er augenblicklich stehen, verhüllt oder verstopft man ihm das Ohr, nicht minder; erst wenn er im vollen Gebrauch seiner Sinne ist, geht er weiter. Nur seine Verliebtheit läßt ihn alles überwinden; wir konnten einen alten, blinden Esel, der bestimmt war, oben auf der Höhe eines spanischen Berges den Geiern zur Mahlzeit zu dienen, nur dadurch auf das Gebirge bringen, daß wir eine Eselin vor ihm herführten! Jetzt leitete ihn der Geruchssinn, und er folgte seiner Freundin mit großem Eifer nach.

Der Esel begnügt sich mit der schlechtesten Nahrung, mit dem kärglichsten Futter. Gras und Heu, das eine wohlerzogene Kuh mit Abscheu verratendem Schnauben liegen läßt und das Pferd unwillig verschmäht, sind ihm noch Leckerbissen; er nimmt selbst mit Disteln, dornigen Sträuchern und Kräutern vorlieb. Bloß in der Wahl des Getränkes ist er sorgsam; denn er rührt kein Wasser an, das trübe ist; salzig, brakig darf, rein muß es sein. In Wüsten hat man oft sehr große Not mit dem Esel, weil er, alles Durstes ungeachtet, nicht von dem trüben Schlauchwasser trinken will. Gleichwohl macht er auch hierin meist weniger Umstände als das in jeder Beziehung anspruchsvollere Pferd.

Bei uns fällt die Roßzeit des Esels in die letzten Frühlings- und ersten Sommermonate; im Süden ist er eigentlich das ganze Jahr hindurch brünstig. Der Hengst erklärt der Eselin mit dem ohrzerreißenden, wohlbekannten »I-a, I-a« seine Liebe und hängt den langgezogenen, fünf- bis zehnmal wiederholten Lauten noch ein ganzes Dutzend schnaubender Seufzer an. Solche Liebeswerbung ist unwiderstehlich; sie äußert selbst auf alle Nebenbuhler ihre Macht. Man muß nur in einem Lande gelebt haben, wo es viele Esel gibt, um dies zu erfahren. Sobald eine Eselin ihre Stimme hören läßt, – welch ein Aufruhr unter der gesamten Eselei! Der nächststehende Hengst fühlt sich überaus geschmeichelt, derjenige zu sein, der die für ihn so ansprechenden Töne sofort pflichtschuldigst beantworten darf, und brüllt aus Leibeskräften los. Ein zweiter, dritter, vierter, zehnter fällt ein, endlich brüllen alle, alle, alle, und man möchte taub oder halb verrückt werden über ihre Ausdauer. Ob dieses Mitschreien auf zartem Mitgefühl oder nur in der Lust am Schreien selbst beruht, wage ich nicht zu entscheiden; so viel aber ist sicher, daß ein Esel alle übrigen zum Brüllen anregen kann. Die vorhin beschriebenen Eselbuben Kairos, denen die Stimme ihrer Brottiere viel Vergnügen zu machen scheint, wecken das gesittete Ohren so fürchterlich rührende I-a einfach dadurch, daß sie die ersten Töne jenes unnachahmlichen, kurzgestoßenen »Ii, Ii, Ii«, das dem Hauptinhalte der Eselsrede vorausgeht, nachahmen; dann übernimmt schon einer der Esel die Mühe, die freudige Erregung weiter fortzupflanzen.

Etwa 290 Tage nach der Paarung wirft die Eselin ein (höchst selten auch zwei) vollkommen ausgebildetes, sehendes Junges, leckt es mit großer Zärtlichkeit ab und bietet ihm schon eine halbe Stunde nach seiner Geburt das Euter dar. Nach fünf bis sechs Monaten kann das Fohlen entwöhnt werden; aber es folgt noch lange seiner Mutter auf allen Wegen nach. Es verlangt auch in der zartesten Jugend keine besondere Wartung oder Pflege, sondern begnügt sich, wie seine Eltern tun, mit jeder Nahrung, die ihm gereicht wird. Gegen Witterungseinflüsse ist es wenig empfindlich, und daher erkrankt es auch nicht so leicht. Es ist ein überaus munteres, lebhaftes Tier, das seinen Mutwillen und die innere Fröhlichkeit seines Herzens durch die possierlichsten Sprünge und Bewegungen zu erkennen gibt. Jedem andern Esel geht es mit großer Freude entgegen, aber auch an den Menschen gewöhnt es sich. Wenn man es von der Mutter trennen will, gibt es auf beiden Seiten große Not. Mutter und Kind widersetzen sich und geben, wenn ihnen dies nicht hilft, ihren Schmerz und ihre Sehnsucht noch tagelang durch Schreien oder wenigstens durch lebhafte Unruhe zu erkennen. Bei Gefahr verteidigt die Alte ihr Kind mit Mut und gibt sich selbst lieber preis, achtet sogar Feuer und Wasser nicht, wenn es gilt, ihren Liebling zu schützen. Schon im zweiten Jahre ist der Esel erwachsen; aber erst im dritten erreicht er seine volle Kraft. Er kann, auch wenn er tüchtig arbeiten muß, ein ziemlich hohes Alter erlangen; man kennt Beispiele, daß Esel vierzig bis fünfzig Jahre alt wurden.

Schon seit alten Zeiten hat man Pferd und Esel miteinander gepaart und durch solche Kreuzung Bastarde erhalten, die man Maultiere ( Asinus mulus) nennt, wenn der Vater, Maulesel ( Asinus hinnus) aber, wenn die Mutter zum Eselgeschlecht zählte. Beide haben in ihrer Gestalt mehr von der Mutter als vom Vater, in ihrem Wesen aber mehr von diesem als von jener ererbt. Pferde und Esel kreuzen sich nicht freiwillig, und es bedarf deshalb die Maultierzucht immer der menschlichen Beihilfe. Gewöhnlich verbindet man der Stute, die durch einen Esel beschlagen werden soll, die Augen, damit sie den ihr aufgedrungenen Liebhaber nicht sehen kann; auch führt man ihr erst ein schönes Pferd vor und vertauscht dieses dann mit dem Esel. Mit dem Pferdehengste muß man dasselbe tun, was man mit der Stute tat. Weit leichter gelingt es, Pferd und Esel zur Paarung zu bringen, wenn man beide von Jugend auf aneinander gewöhnt, also zusammen aufgezogen hat. Hierdurch verlieren die Tiere einen guten Teil der natürlichen Abneigung. Wegen der größern Nutzbarkeit züchtet man fast ausschließlich Maultiere. Nur in Spanien und Habesch habe ich Maulesel gesehen; hier schien es gar keine Maultiere zu geben. Das Maultier vereinigt die Vorzüge seiner beiden Eltern in sich. Seine Genügsamkeit und Ausdauer, sein sanfter, sicherer Tritt sind Erbteile des Esels, seine Kraft und sein Mut ein Geschenk seiner Mutter. In allen Gebirgsländern hält man die Maultiere für unentbehrlich; in Südamerika sind sie dasselbe, was dem Araber die Kamele. Ein gutes Maultier trägt eine Last von drei Zentnern und legt mit ihr täglich drei bis vier Meilen zurück. Dabei bemerkt man selbst nach längerer Reise kaum eine Abnahme der Kräfte, auch wenn das Futter nur spärlich und so schlecht ist, daß ein Pferd es gar nicht genießen würde. In Brasilien ist, laut Tschudi, das Maultier für den Warenversand wie für den Reisenden von unbezahlbarem Werte. »Seine Stärke, Ausdauer, Klugheit und Sicherheit sind Eigenschaften, die ihm für diese Bestimmung einen großen Vorzug vor dem weit edleren Pferde geben. Es ist eine durchaus nicht zu gewagte Behauptung, daß ohne das Maultier die Stufe der Bildung und Gesittung in einem großen Teil Südamerikas eine weit niedrigere wäre, als sie heutzutage ist.« Der brasilische Maultiertreiber, Tropeiro genannt, bewerkstelligt mit seinen Maultiertruppen den Warenverkehr zwischen den verschiedenen Landesteilen. Er bringt aus den entferntesten Gegenden des Reiches die Erzeugnisse des Bodens und des Gewerbefleißes nach der Küste und führt von hier aus Gegenstände des täglichen Bedarfs und des Luxus zurück, ist der Vermittler des Handels und des Geldverkehrs und spielt daher im Staatshaushalt eine nicht unbedeutende Rolle. Er hat von der Pike auf gedient, ist schon als Knabe mit den Tropas oder Maultierzügen gegangen und vereinigt alle zu seinem schweren und mühseligen Geschäft erforderlichen Eigenschaften in sich: Mut, Entschlossenheit, Kraft, Gelenkigkeit, Geistesgegenwart, zähe Ausdauer und größte Genügsamkeit. Einige Acker und Weiden, einige Sklaven und seine Maultiere sind sein Besitztum, letztere sein Stolz. Er besorgt und pflegt sie, als wären sie Glieder seiner Familie, gibt jedem von ihnen einen eigenen Namen, kennt die guten und schlechten Eigenschaften eines jeden auf das genaueste, weiß bis auf das Pfund, wieviel jedes tragen kann, welches von ihnen er mit Vorsicht erfordernden Waren beladen darf und welches nicht usw. Zu seinen Maultieren wählt er sich die schönsten und besten Stücke, die er zu finden und zu bezahlen vermag, sorgt auch ebenso für gutes, zweckmäßiges Sattelzeug, wie er ihnen eine umsichtige und treffliche Pflege angedeihen läßt.

Jede Tropa wird in kleinere Abteilungen von je acht, in den südlichen Provinzen von je zehn bis zwölf Tieren zusammen- und unter Aufsicht eines Treibers gestellt. Diese Züge, die sich in gewissen, nicht allzu geringen Abständen folgen, gehen während der Reise reihenweise hintereinander; jedes einzelne Maultier nimmt dabei regelmäßig denselben Platz ein, und fast mit pünktlicher Genauigkeit tritt das folgende in die Fußstapfen des vorherschreitenden. Ein Leittier, Madrinha genannt, führt die ganze Tropa an. Es ist das schönste, kräftigste und erfahrenste Maultier von allen und auch äußerlich durch sein prächtiges Geschirr ausgezeichnet. Auf dem Kopfe trägt es einen roten oder bunten Panasch von Baumwolle, auf dem Stirnriemen ein großes silbernes Schild mit dem Namenszuge seines Eigners; an einem eigentümlichen Gestell sind eine Anzahl helltönender Glöcklein angebracht, die bei jeder Bewegung des Kopfes lustig klingen, und das ganze Leder des Kopfzeuges und Brustriemens, zuweilen auch des Hinterzeuges, ist mit großen oder kleinen silbernen Zieraten bedeckt. Das Tier ist sich seines Wertes bewußt und stolz auf seinen Platz. Alle übrigen Maultiere gewöhnen sich an die Glöckchen der Madrinha und folgen ihr in der Regel freiwillig nach.

Die Tropas machen sehr kurze Tagereisen; denn sie legen, je nach Witterung und Beschaffenheit des Weges, nur zwei, höchstens drei Meilen zurück, wozu sie vier bis sechs Stunden Zeit gebrauchen. Wenn die Tropa im Rancho, einem großen, leeren, auf einer Seite offenen Schuppen mit Pfählen zum Anbinden der Tiere, nach zurückgelegter Tagereise eintrifft, hat der dem Zuge vorauseilende Tropeiro bereits die erforderlichen Vorkehrungen zur Nachtherberge getroffen, namentlich aus einem benachbarten Verkaufsladen Futter herbeigeschafft. Die ankommenden Maultiere werden unverzüglich an die erwähnten Pfähle gebunden und entlastet, ihre Packsättel gelüftet und, nachdem jene sich abgekühlt haben, abgenommen, ihre Rücken genau untersucht, wunde Stellen heilkünstlerisch behandelt, fehlende Nägel in die Eisen geschlagen und sonstwie erforderliche Geschäfte besorgt. Unterdessen sind die Tiere ungeduldig geworden; denn sie haben das Geräusch gehört, das die Treiber verursachen, wenn sie Mais in die Futtersäcke schütten, sie wiehern, scharren, stampfen, beruhigen sich auch erst, wenn jedem sein Futtersack umgehangen worden ist. Und nun beginnen sie die harten Körner zu zermalmen und tun dies mit so viel Geräusch, als wenn eine Schrotmühle in Bewegung gesetzt worden wäre. Sobald sie die Mahlzeit beendet haben, werden ihnen Futtersäcke und Halfter abgenommen; hierauf wälzen sie sich zunächst, suchen sodann Wasser zum Trinken auf und werden endlich auf die Weide gebracht. Sorgsame Tropeiros lassen sie abends noch einmal zum Rancho treiben und geben ihnen noch etwas Mais zu fressen. Noch ehe der Morgen graut, werden sie auf der Weide gesammelt und oft erst nach langem Suchen und unter vieler Mühe zum Rancho zurückgebracht, gefüttert, beladen und in Bewegung gesetzt. Der Tropeiro reitet voraus, untersucht den Weg und weist den Tieren durch verschiedene Zeichen, auf die sie sehr sorgfältig achten, die einzuschlagende Richtung an; die Treiber begleiten die einzelnen Abteilungen und ermuntern, strafen, ordnen und regeln, wo es not tut. In dieser Weise geht es, falls nicht sehr heftiger Regen die Reise unterbricht, tagaus tagein, bis das oft zweihundert Meilen und darüber entfernte Ziel erreicht worden ist.

Noch in der neuesten Zeit ist wiederholt behauptet worden, daß Maultier oder Maulesel unfruchtbar seien. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Schon seit den ältesten Zeiten sind Beispiele bekannt, daß die Blendlinge zwischen Esel und Pferd wiederum Junge erzeugten; weil man aber solch ein ungewöhnliches Geschehnis als ein Hexenwerk oder ein unheildrohendes Ereignis betrachtete, sind solche Fälle oft verschwiegen worden. Der erste bekannte Fall ereignete sich in Rom im Jahre 1527; später erfuhr man von zwei Fällen in San Domingo. In Valencia in Spanien wurde im Jahre 1762 eine schöne braune Maultierstute mit einem prächtigen grauen Andalusier gekreuzt und warf nach der üblichen Tragzeit im folgenden Jahre ein sehr schönes fuchsrotes Fohlen mit schwarzer Mähne, das alle Eigenschaften der guten, reinen Pferderasse zeigte, außerordentlich lebhaft und bereits im Alter von 2½ Jahren zum Reiten geeignet war. Dieselbe Stute warf je zwei Jahre später ein zweites, drittes, viertes und fünftes Fohlen, die sämtlich von demselben Hengst erzeugt wurden und alle von gleicher Schönheit wie das erste waren. Auch in Öttingen warf eine Maultierstute im Jahre 1759 ein männliches, von einem Pferdehengst erzeugtes Fohlen, das sich nur durch die etwas langen Ohren auszeichnete, sonst aber einem jungen Pferde vollkommen glich. Ein anderes von Pferd und Maultierstute erzeugtes Fohlen wurde in Schottland geworfen, aber von den biederen Landleuten, die das Tier für ein Ungeheuer erklärten, sofort getötet. Aus der neueren Zeit liegen ebenfalls mehrere Beobachtungen vor, die die Fortpflanzungsfähigkeit des Maultieres außer Zweifel stellen.

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Ein alter lateinischer Schriftsteller erzählt, daß Caracalla im Jahre 211 unserer Zeitrechnung in Rom neben Tiger, Elefant und Nashorn auch einen Hippotigris auftreten ließ und eigenhändig tötete. Daß jener Schriftsteller mit der Bezeichnung »Tigerpferd« nur eine Art der afrikanischen gestreiften Wildpferde meinen konnte, dürfte schwerlich bezweifelt werden, und der Engländer H. Smith hat somit recht, wenn er jenen Namen zur Bezeichnung einer Sippe oder richtiger einer Gruppe der Pferdefamilie anwendet.

Die Tigerpferde ähneln, was ihre Gestalt anlangt, ebensosehr den Rossen wie den Eseln. Ihr Leib ist gedrungen, der Hals stark, der Kopf ein Mittelding zwischen Pferde- und Eselkopf, die Ohren sind ziemlich lang, aber dabei breit, die Haare der aufrechtstehenden Mähne nicht so hart und dick wie beim Pferde, aber doch weniger weich und minder biegsam als beim Esel; der Schwanz ist gegen das Ende hin lang behaart. Alle bekannten Arten haben ein buntes, lebhaft gefärbtes und gestreiftes Fell. Die südliche Hälfte Afrikas ist ihre Heimat, über den Gleicher herüber geht vielleicht nur eine Art. Sie leben auf den Gebirgen und in den Ebenen; doch scheint jede Art ein besonderes Gebiet zu bevorzugen.

 

Das Tigerpferd oder der Dauw ( Equus Burchellii), Nach L. Heck ist der Dauw eine Unterart des Quaggazebra. Herausgeber. unzweifelhaft das edelste seiner Sippschaft, weil in Gestalt am meisten dem Pferde ähnelnd, ist über zwei Meter lang, am Widerrist 1,3 Meter hoch, besitzt einen runden Leib mit sehr gewölbtem Nacken, starke Füße und eine aufrechtstehende, kammartige, 13 Zentimeter hohe Mähne, einen pferdeartigen, fast bis zur Wurzel behaarten, ziemlich langen Schwanz und schmale, mittellange Ohren. Das weiche, glatt anliegende Haar ist oben isabellfarben, unten weiß. Vierzehn schmale schwarze Streifen entspringen an den Nasenlöchern; sieben von ihnen wenden sich auswärts und vereinigen sich mit ebenso vielen, von oben herabkommenden; die übrigen stehen schief längs der Wangen und verbinden sich mit denen des Unterkiefers; einer umringt das Auge. Längs der Mitte des Rückens verläuft ein schwarzer, weiß eingefaßter Streifen, über den Hals hinweg ziehen sich zehn breite schwarze, manchmal geteilte Binden, zwischen denen sich schmale braune einschieben; die letzte Binde spaltet sich nach unten und nimmt drei oder vier andere auf. Die Binden umringen den ganzen Leib, nicht aber auch die Beine; denn diese sind einfarbig weiß.

siehe Bildunterschrift

Grevy- oder Riesenzebra (Equus Grevyi)

Das Zebra oder Bergpferd ( Equus Zebra) Eine dem Bergpferd nahestehende, ebenfalls mehr eselähnliche Art ist das Grevy-Zebra (E. Grevyi), von dem das auf unserer Abbildung dargestellte Riesenzebra wieder eine Sonderform ist. Die Variabilität der Zebraarten ist überhaupt sehr groß. Man vergleiche auch das auf unserer zweiten Zebraabbildung dargestellte Kaoks-Zebra. Herausgeber. endlich, das etwa die gleiche Größe hat, ist am ganzen Leibe gestreift und hierdurch leicht von dem Dauw zu unterscheiden. Bei genauerer Untersuchung ergeben sich übrigens noch andere Kennzeichen. Es hat in seinem Leibesbau weniger Ähnlichkeit mit dem Pferde als vielmehr mit dem Esel, und zwar vorzugsweise mit dem Dschiggetai. Der auf schlanken, gut gebauten Beinen ruhende Leib ist voll und kräftig, der Hals gebogen, der Kopf kurz, die Schnauze wulstig, der Schwanz mittellang, seiner größten Länge nach kurz und nur gegen das Ende hin lang behaart, also dem Eselschwanze ähnlich, die Mähne dicht, aber sehr kurz. Auf weißem oder hellgelblichem Grunde verlaufen von der Schnauze an bis zu den Hufen Querbänder von glänzend schwarzer oder rotbrauner Färbung; nur die Hinterseite des Bauches und die Innenseite der Oberbeine sind nicht gebändert. Der dunkelbraunschwarze Längsstreifen auf dem Rücken ist ebenfalls vorhanden, und längs des Unterleibes verläuft ein zweiter.

Heimat und Aufenthaltsorte der sich so nahe verwandten Tiere sind verschieden. Das Tigerpferd findet sich in den Ebenen Südafrikas, nach Norden hin wahrscheinlich bis in die Steppen zwischen dem Gleicher und dem zehnten oder zwölften Grade nördlicher Breite; das Zebra dagegen lebt ausschließlich in Gebirgsgegenden des südlichen und östlichen Afrika vom Kap bis Abessinien hin.

Die Zebras halten in ziemlich starken Herden zusammen. Die Reisenden sahen sie zu zehn, zwanzig, dreißig Stück vereinigt; einzelne Beobachter sprechen auch von Gesellschaften, die hunderte zählen. Immer sieht man jede einzelne Art für sich allein. Zwischen den Quaggaherden findet man fast regelmäßig Spring- und Buntböcke, Gnus und Strauße. Zumal die letzteren sollen die beständigen Begleiter der Wildpferde sein, jedenfalls deshalb, weil diese aus der Wachsamkeit und Vorsicht jener Riesenvögel den besten Vorteil zu ziehen wissen. Nach Harris vereinigt sich der Dauw ebenso regelmäßig mit dem Gnu; es scheint fast, als ob eins der genannten Tiere ohne das andere sich nicht behaglich fühle. Derartige Freundschaften gewisser Tiere mit scheueren, klügeren sind nichts Seltenes. Die wachsamsten Mitglieder solcher gemischten Gesellschaften geben dann immer den Ton an; solange sie sich ruhig verhalten, bekümmert sich das ganze übrige Heer um nichts anderes als um ihre Ernährung oder ihren Zeitvertreib; sobald jene stutzig werden, erregen sie die Aufmerksamkeit der Gesamtheit, und wenn sie die Flucht ergreifen, folgen alle ihnen nach. Gewöhnlich laufen die alten und jungen Tigerpferde miteinander, zuweilen aber, wahrscheinlich zur Zeit der Paarung, halten sich alte und junge getrennt.

siehe Bildunterschrift

Kaoko-Zebra (Hippotigris kaokensis)

Alle Tigerpferde sind ungemein schnelle, flüchtige, wachsame und scheue Tiere. Sie jagen mit Windeseile dahin, über die Ebene sowohl wie über die Berge. Harris schildert ihr Auftreten und Gebaren in malerischer Weise. »Schwerlich kann man sich ein schöneres Geschöpf denken, als dieses prachtvoll gezeichnete, kräftige, wilde, schnelle Kind der Steppe es ist, und sicherlich vermag man kaum eine Vorstellung von dem Eindruck zu gewinnen, den diese ebenso schönen wie lebhaften Tiere hervorrufen, wenn sie im Vollgefühle ihrer Freiheit den heimischen Boden stampfen oder vor dem berittenen Verfolger in geschlossener Reihe dahinjagen. Auf weithin vor dem Auge des Jägers erstreckt sich die sandige Ebene, und bloß hier und da wird deren rotschimmernder Grundton durch dunkle Flecken sonnenverbrannten Grases unterbrochen, spärlich nur beschattet durch einzelne Bestände federblätteriger Mimosen und in weitester Ferne begrenzt durch die scharfen Linien im klaren Dufte schwimmender Berge. Inmitten solcher Landschaft erhebt sich eine dichte Staubwolke und steigt, von keinem Lufthauche beirrt, wie eine Rauchsäule zum klaren, blauen Himmel auf. Einige Geier kreisen über ihr. Näher und näher rollt sie heran. Endlich werden dunkle, lebende Wesen, die sich in ihr tanzend zu bewegen scheinen, von Zeit zu Zeit, immer nur auf Augenblicke, sichtbar. Vom Dunkel sich lösend, erglänzen prachtvoll und seltsam gefärbte und gezeichnete Tiere im Strahle der Sonne, und heransprengt, den Bauch auf der Erde, unter dröhnenden Hufschlägen, als ob ein Reiterregiment vorübereile, ein Trupp Tigerpferde, der Vortrupp einer geschlossenen, in gedrängter Reihe dahinstürmenden Herde. In ungeordneter Eile jagen sie dahin, Hälse und Schweife gehoben, Nacken an Nacken mit ihren absonderlichen, steifigen, wiederkäuenden Genossen. Jetzt schwenkt und hält der Trupp einen Augenblick, um zu sichern. Langsamen Ganges, die Nüstern geweitet, die Mähne gesträubt, mit dem Schweife die Flanken peitschend, tritt ein kräftiger Hengst einige Schritte vor, erkennt den Jäger, schnaubt heftig und springt zu der Herde zurück, und dahin eilt diese von neuem, wiehernd und die gestreiften Köpfe schüttelnd. Ein anderer Halt und neues Sichern. Die kleinen Pferdeohren böswillig nach hinten gelegt, verläßt jetzt eine flüchtige Stute die Reihe, naht, nicht ohne vorher noch ihre behenden Hufe gegen die Rippen eines ihrer Bewunderer zu werfen, dessen Mutwillen ihn verleitet hatte, eine verlockende Gelegenheit wahrzunehmen und ihr einen Liebesbiß beizubringen. Und mit frohlockendem Wiehern und siegestrunkenem und gefallsüchtigem Aufwerfen ihres Hauptes, frei und fessellos wie der Wind, sprengt sie weiter, gefolgt von ihrem keineswegs abgeschreckten Liebhaber, bis der aufwirbelnde Staub beide wieder umhüllt und dem Auge entzieht.«

In der Nahrung sind die Tigerpferde nicht besonders wählerisch; doch besitzen sie nicht die Anspruchslosigkeit der Esel. Ihre Heimat bietet ihnen genug zu ihrem Unterhalte, und wenn die Nahrung an einem Orte ausgeht, suchen sie andere günstige Stellen auf. So unternehmen sie, wie die übrigen in Herden lebenden Tiere Südafrikas, zeitweilige Wanderungen, wenn die Trockenheit in jenen wüstenartigen Strecken, die ihren bevorzugten Aufenthalt ausmachen, alles Grün vernichtet hat. Man hat mehrfach beobachtet, daß sie dann mit verschiedenen Antilopen das bebaute Land besuchen und, plündernd und raubend, den Ansiedlern lästig werden. Mit der beginnenden Regenzeit verlassen sie jedoch freiwillig die bewohnten Gegenden, in denen sie so viele Verfolgungen oder wenigstens Störungen erleiden müssen, und wenden sich wieder ihren alten Weideplätzen zu.

Die Stimme der Tigerpferde ist ebenso verschieden von dem Wiehern des Pferdes wie von dem Röhren des Esels. Nach der Cuvierschen Beschreibung läßt das Tigerpferd kurze Laute vernehmen, die wie »Ju, ju, ju« klingen und selten mehr als dreimal nacheinander ausgestoßen werden; über das Geschrei des Zebras finde ich keine Angabe, habe das Tier auch niemals schreien oder wiehern gehört. Im Vergleiche zu dem Pferde und dem Esel, muß man die Tigerpferde als schweigsame Geschöpfe bezeichnen, so wenig dies auch mit ihrer sonstigen Erregbarkeit in Einklang zu bringen ist.

Alle Sinne der Tigerpferde sind scharf. Dem Ohre entgeht nicht das geringste Geräusch, das Auge läßt sich nur äußerst selten täuschen. In ihrem geistigen Wesen stehen sich sämtliche Arten ziemlich gleich. Ein unbegrenzter Hang zur Freiheit, eine gewisse Wildheit, ja selbst Tücke, und ein hoher Mut ist allen gemein. Tapfer wehren sie sich mit Ausschlagen und Beißen gegen die Angriffe der Raubtiere. Die Hyänen lassen sie wohlweislich in Ruhe. Vielleicht gelingt es nur dem gewaltigen Löwen, sich eines Tigerpferdes zu bemächtigen; der freche Leopard stürzt sich wohl nur auf schwächere, weil erwachsene ihn durch Wälzen auf dem Boden abschütteln und durch Ausschlagen und Beißen vertreiben dürften. Der schlimmste Feind ist auch für die Tigerpferde der Mensch. Die Schwierigkeit der Jagd und das schöne Fell der Tiere, das vielfach Verwendung findet, spornt die Europäer zur Verfolgung des im ganzen sehr unschädlichen Wildes an. Manche Ansiedler im Vorgebirge der Guten Hoffnung jagen sie mit Leidenschaft, aber auch die Abessinier scheinen ihnen eifrig nachzustellen, weil die Vornehmen den Hals ihrer Pferde gern mit Fransen schmücken, die aus der bunten Mähne jener wilden Verwandten des Rosses zusammengesetzt sind. Die Europäer erlegen die Tigerpferde mit der Kugel, die Eingeborenen mit dem Wurfspeer; häufiger aber werden die schmucken Tiere in Fallgruben gefangen und nachher mit leichter Mühe getötet oder für die Gefangenschaft bestimmt. Für die eingebornen Bewohner des Innern haben nur die getöteten Tigerpferde Wert, da sie das von den Europäern verschmähte Fleisch als Leckerei betrachten und es, laut Harris, zuweilen selbst dem Löwen abjagen. Ihren »gezähmten« Buschmans zu Gefallen nehmen wohl auch die Ansiedler das Fleisch eines erlegten Tigerpferdes mit sich heim, während sie sonst nur das Fell benutzen.

Mit Unrecht haben die Tigerpferde für unzähmbar gegolten. Die richtige Hand hat sich nicht genügend mit den herrlichen Tieren beschäftigt, der rechte Ernst, Erfolge zu erzielen, bisher noch gefehlt. Einzelne Versuche gelangen, andere schlugen fehl. In der Ansiedlung am Kap sieht man nicht allzu selten Tigerpferde unter den Zugpferden, und in England hatte Sheriff Parkins ein Paar dieser schönen Tiere so weit gebracht, daß er sie vor einen leichten Wagen spannen und mit ihnen ganz wie mit Pferden umherfahren konnte. Andere Mitteilungen stehen dem entgegen. Cuvier erzählt von einem gefangenen Quagga, das sich bisweilen nahekommen und selbst streicheln ließ, aber ehe man sich's versah, wütend ausschlug und seinen Pfleger mit Bissen bedrohte. Wenn man es aus einem Pferch in den andern führen wollte, wurde es wütend, fiel auf die Knie und zerbiß mit den Zähnen alles, was es erreichen konnte. Sparrman berichtet von dem ersten Versuche, die ein reicher Ansiedler am Kap mit Tigerpferden anstellte. Der Mann hatte einige jung eingefangene Zebras aufziehen lassen und schien mit ihrem Verhalten zufrieden zu sein. Eines Tages kam er auf den Gedanken, die hübschen Haustiere vor seinen Wagen zu spannen. Er selbst nahm die Zügel und fuhr mit den Rennern davon. Die Fahrt mußte sehr rasch gegangen sein, denn nach geraumer Zeit befand sich der glückliche Zebrabesitzer in dem gewohnten Stalle seiner Tiere wieder, seinen Wagen zerschellt neben sich. Ein anderes junges Zebra war in seiner Jugend sorgfältig gewartet, später aber wieder vernachlässigt worden, und so änderte sich denn auch seine frühere Sanftmut und Gelehrigkeit in Falschheit um. Dennoch wollte es ein kühner Reiter versuchen, dieses Tier zu bändigen. Kaum hatte er sich auf den Rücken desselben geschwungen, so schlug es mit großem Ungestüm mit den Hinterbeinen aus, stürzte zusammen und blieb mit dem Reiter auf dem Boden liegen. Plötzlich raffte es sich wieder auf, sprang von einem hohen Flußufer ins Wasser und schüttelte in ihm den Reiter ab; doch dieser hielt sich am Zügel fest und wurde von dem Zebra, das dem Ufer zuschwamm, wieder glücklich auf das feste Land gezogen. Hier aber empfing er eine Belehrung von den Ansichten seines Reittieres, die er höchstwahrscheinlich nie vergessen hat. Das Zebra wandte sich plötzlich um, fuhr mit dem Kopfe nach dem Gesichte seines Bändigers und biß ihm ein Ohr ab.

Alle Tigerpferde ertragen die Gefangenschaft in Europa ohne Beschwerde. Wenn sie ihr gutes Futter erhalten, befinden sie sich wohl, und wenn man sie gut behandelt, pflanzen sie sich auch in engerer Gefangenschaft fort. Weinland hat in der früher von ihm herausgegebenen Zeitschrift »Der zoologische Garten« eine Zusammenstellung der Tiere gegeben, die in der Gefangenschaft Nachkommen erzeugten. Aus dieser Aufstellung ersehen wir, daß die Tigerpferde nicht allein mit ihresgleichen, sondern auch mit anderen Einhufern sich fruchtbar vermischen. Schon Buffon erklärte solche Kreuzungen für möglich; die von ihm angestellten Versuche blieben aber erfolglos. Lord Clive wiederholte sie und war glücklicher: er hatte die Zebrastute mit einem zebraartig angemalten Eselhengste zusammengebracht. Später erhielt man in Paris ohne alle derartige Vorbereitung von einem spanischen Esel und einer Zebrastute einen wohlgebildeten Blendling, der leider dem Vater mehr ähnelte als der Mutter und sich zudem höchst ungelehrig erwies. In Italien kreuzten sich Esel und Zebra im Jahre 1801, in Schönbrunn beide Tiere zweimal in den vierziger Jahren; leider blieben diese Bastarde nicht lange am Leben. Später dehnte man die Kreuzungen noch weiter aus, und so hat man bis jetzt schon viele Blendlinge erhalten.

Es unterliegt nach diesen Versuchen, die wir doch als sehr anfängliche bezeichnen müssen, gar keinem Zweifel mehr, daß alle Einhufer sich fruchtbar untereinander vermischen können, und daß die erzeugten Blendlinge wiederum der Fortpflanzung fähig sind.


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