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Haushunde.

» Durch den Verstand des Hundes besteht die Welt«. So steht im Vendidad, dem ältesten und echtesten Teile des Zend-Avesta, eines der ältesten Bücher der Menschheit.

Für die erste Bildungsstufe des Menschengeschlechts waren und sind noch heute diese Worte eine goldene Wahrheit. Der wilde, rohe, ungesittete Mensch ist undenkbar ohne den Hund, der gebildete, gesittete Bewohner des angebautesten Teiles der Erde kaum minder. Mensch und Hund ergänzen sich hundert- und tausendfach; Mensch und der Hund sind die treuesten aller Genossen. Kein einziges Tier der ganzen Erde ist der vollsten und ungeteiltesten Achtung, der Freundschaft und Liebe des Menschen würdiger als der Hund. Er ist ein Teil des Menschen selbst, zu dessen Gedeihen, zu dessen Wohlfahrt unentbehrlich.

»Der Hund«, sagt Friedrich Cuvier, »ist die merkwürdigste, vollendetste und nützlichste Eroberung, die der Mensch jemals gemacht hat. Die ganze Art ist unser Eigentum geworden; jedes Einzelwesen derselben gehört dem Menschen, seinem Herrn, gänzlich an, richtet sich nach seinen Gebräuchen, kennt und verteidigt dessen Eigentum und bleibt ihm ergeben bis zum Tode. Und alles dieses entspringt weder aus Not noch aus Furcht, sondern aus reiner Liebe und Anhänglichkeit. Die Schnelligkeit, die Stärke des Geruchs haben für den Menschen aus ihm einen mächtigen Gehilfen gemacht, und vielleicht ist er sogar notwendig zum Bestande der Gesellschaft des Menschenvereins. Der Hund ist das einzige Tier, das dem Menschen über den ganzen Erdboden gefolgt ist.«

Der Hund ist wohl würdig, daß ich ihn ausführlich behandle, und trotz seiner scheinbaren Allbekanntschaft hier sehr mit Lust und Liebe seiner gedenke. Jedermann glaubt ihn zu kennen, gründlich und hinlänglich zu kennen, und nur der Naturforscher gesteht zu, daß er, trotz aller Nachforschungen und Vergleichungen, eigentlich noch äußerst wenig und kaum irgend etwas Sicheres über den Hund weiß.

Der Hund hat sich mit dem Menschen über die ganze Erde verbreitet. Soweit sich das Menschengeschlecht ausgedehnt hat, findet man auch ihn, und selbst die armseligsten, ungesittetsten und ungebildetsten Völker haben ihn zu ihrem Genossen, Freunde und Verteidiger. Aber in keinem Lande der Erde wird er noch wild, überall vielmehr nur gezähmt, in Gesellschaft des Menschen, höchstens verwildert gefunden. Weder die dunkelste Sage noch die sorgfältigste Forschung hat uns bisher über seine Vorfahren genügenden Aufschluß gegeben: über die Abstammung des wichtigsten aller Haustiere liegt ein scheinbar undurchdringliches Dunkel. Es gibt kein anderes Tier weiter, über das so viele Mutmaßungen, so viele Annahmen herrschen wie über den Hund. Nach der Ansicht der einen gehören die Hunde der ganzen Erde nur zu einer einzigen Art, die andern nehmen mehrere Stammeltern an; die ersteren betrachten alle Hunde als Abkömmlinge vom Wolf, vom Schakal, vom Dingo, vom Dole und Buansu; die andern glauben, daß er ein Erzeugnis mehrfacher Kreuzungen zwischen diesen oder jenen der genannten, ein Blendling verschiedener wilder Hunde sei.

»Will man den Haushund«, sagt Blasius, »als Art von den übrigen Wölfen trennen, so gibt es noch jetzt keine besseren Merkmale, als der links gekrümmte Schwanz, wie es Linné angibt.

Das naturgeschichtliche Schicksal des Hundes gleicht dem des Menschen. Daß der Hund sich dem Herrn der Erde ganz unterworfen und angeeignet hat, ist von Folgen gewesen, wie wir ihresgleichen in der Tierwelt nicht finden. Das Vorhandensein des Hundes ist mit dem des Menschen so eng verschmolzen; der Hund hat sich, wie der Mensch, den mannigfaltigsten und gegensätzlichsten Natureinflüssen in einem solchen Maße unterwerfen müssen, um den ganzen Erdkreis erobern und beherrschen zu helfen, daß von seinem ursprünglichen Naturzustande wie von dem des Menschen nur willkürliche Vermutungen uns Kunde geben können. Doch gilt dies bloß von seinen leiblichen Eigentümlichkeiten, über sein geistiges Wesen können die Stimmen nicht geteilt sein.

Der Hund ist nach seinem Gerippe, nach Schädel und nach Gebiß ein Wolf; doch ist es weder nach Schädel noch nach Gebiß möglich, ihn mit irgendeiner wild vorkommenden Wolfsart zu verewigen, noch von den bekannten Wolfsarten scharf zu trennen. Unsere europäischen Hunde schwanken in ihren Schädeleigentümlichkeiten zwischen denen des Wolfes und des Schakals, doch so, daß sich die Eigentümlichkeiten mannigfaltigst kreuzen, verbinden und abändern. Doch wenn auch der Schädel Ähnlichkeit mit dem des Wolfes und Schakals hat, sogar entfernt an den des Fuchses erinnert, hält er doch immer etwas Eigentümliches fest. Die Stirn tritt in der Regel etwas stärker über dem Scheitel und dem Nasenrücken hervor als beim Wolf und Schakal; doch darin zeigen sich erst recht gegensätzliche Abweichungen bei den verschiedenen Hunderassen. Es versteht sich, daß in diesen Eigentümlichkeiten nur Schädel von ungefähr gleichem Alter miteinander erfolgreich verglichen werden können.

Die Amerikaner haben Hunde gehabt, ehe durch die Spanier der europäische Hund nach Amerika gebracht wurde. In Mexiko fanden die Spanier stumme Hunde vor. Humboldt führt an, daß von den Indianern von Jauja und Huanca, ehe sie der Inka Pachacutec zum Sonnendienste bekehrte, die Hunde göttlich verehrt wurden. Ihre Priester bliesen auf skelettierten Hundeköpfen, und Hundeschädel und Hundemumien fanden sich in den peruanischen Grabmälern der ältesten Zeit. Tschudi hat diese Schädel untersucht, hält sie für verschieden von denen der europäischen Hunde und glaubt, daß sie von einer eigenen Art herrühren, die er Canis Ingae nennt; auch werden die einheimischen Hunde im Peruanischen mit dem Namen Runa-allco bezeichnet, um sie von den europäischen, die verwildert in Südamerika vorkommen, zu unterscheiden. Diese Hunde sollen besonders gegen Europäer feindlich gesinnt sein.

Merkwürdig ist es, daß da, wo keine Vertreter der Wölfe wild vorkommen, auch der Haushund gefehlt zu haben scheint, obwohl, soweit die Geschichte des Menschen in der Vorzeit und seine Verbreitung über den Erdkreis reicht, der Hund dem Menschen durchgängig als Gesellschafter treu gefolgt ist. Ritter macht daraus aufmerksam, daß, wie Grawford bezeugt, in allen Gleicherländern ostwärts von Bengalen, in Hinterindien und seinen umliegenden Inseln nicht einmal irgendeine Art der ganzen Hundefamilie aufgefunden worden ist. Es scheint demnach, daß, ungeachtet der Einwirkung des Menschen, die Verbreitung der Hunde mit den wilden Wolfsarten in einem genaueren Zusammenhange steht.

Wenn es schon auffallend erscheint, daß die eingeborenen Hundearten sich in dem Schädelbau den wilden Wolfsarten nähern, so ist es noch auffallender, daß sie auch im Äußeren wieder den wilden Formen naherücken, wenn sie in den Zustand der Verwilderung übergegangen sind. Das gilt nicht allein von der Färbung, sondern auch von der Form des Tieres, den aufrechtstehenden, spitzen Ohren, der Behaarung und dergleichen. Schon Olivier bemerkte, daß die Hunde in der Umgebung von Konstantinopel schakalähnlich sind. Im südlichen und östlichen Rußland gibt es zahllose, halbverwilderte, in ganzen Gesellschaften umherlaufende Hunde, die dem Schakal in Farbe und Gestalt des Körpers und der Ohren häufig täuschend ähnlich sind. Die Beobachtung von Pallas, daß die Hunde mit dem Schakal in entschiedener Freundschaft leben, ist bei diesen äußeren Ähnlichkeiten leicht zu begreifen.

Es ist bekannt, daß vom Hund und Wolf Bastarde in jeder Art der Kreuzung nachgewiesen sind. Bastarde zwischen Hund und Schakal sind nach Naturbeobachtungen keine Seltenheit. Pallas erwähnt sogar, daß unter den Russen Bastarde von Hund und Fuchs als eine bekannte Sache angenommen werden; doch gründet er diese Behauptung offenbar nicht auf eigene Beobachtungen.

Fragt man sich nun nach diesen Andeutungen, ob der Hund eine Art, eine selbständige und getrennte Art ist, wie der Wolf, Schakal und Fuchs, so hält es schwer, die Frage zu bejahen. Kein einziges wildes Tier zeigt solche Abweichungen im Schädel, im ganzen Körperbau, in den Verhältnissen der absoluten Größe. Aber auch die Haustiere, bei denen wir annehmen müssen, daß die Art an und für sich noch unverfälscht erhalten, nur durch Zähmung und Kultur verändert ist, wie Pferd, Esel, Rind, Ziege, Schwein, haben solche Gegensätze nicht aufzuweisen, und noch weniger läßt sich sagen, daß mehrere Arten unter dieser großen Mannigfaltigkeit von Formen enthalten wären. Ebenso willkürlich, wie die Aufstellung verschiedener Menschenarten, würde es bleiben, mehrere Hundearten unterscheiden zu wollen. Es liegt offenbar hier eine Tatsache vor, die mit den sonst in der Natur und Kultur beobachteten nicht gleichlaufend ist.

Daß in dem Sinne, wie beim Pferde und bei der Ziege, von einer Stammart des Hundes nicht die Rede sein kann, wird aus allem wohl klar. Nach folgerichtigem Schluß ist kein Tier im wilden Zustand wahrscheinlich, das gezähmt eine solche Mannigfaltigkeit der Formen hervorbringen könnte. Aber auch von allem Unwesentlichen, der Kultur Unterworfenen abgesehen, gibt es in der Natur kein Tier, das ganz mit dem Hund übereinstimmt. Und doch ist es nicht wahrscheinlich, daß der Stamm eines solchen Tieres über die ganze Erdoberfläche hätte aussterben können. Es wird jetzt nicht einmal möglich sein, die in verschiedenen Gegenden der Erdoberfläche verwildert vorkommenden Hunde, es würde in früheren Zeiten noch viel schwerer geworden sein, die ursprünglich wilden Stämme an allen Orten auszurotten. Es ist ebenso nicht wahrscheinlich, daß eine solche Stammart bis jetzt unbeachtet und unentdeckt geblieben wäre.

Und so bleibt darin, solange man diese Fragpunkte auf dem Gebiet der Naturforschung erhalten will, kaum ein anderer Ausweg, als sich zu der Ansicht zu bekennen, der Pallas huldigt: daß in der Zähmung und Vermischung der in verschiedenen Ländern ursprünglichen Wolfsarten der Ursprung des Haushundes zu suchen sei. Diese Ansicht ist natürlich wie jede andere über diesen Punkt nur eine Annahme, aber es wird, wenn sie in der Natur begründet ist, möglich sein, sie durch unmittelbare Vergleichung der Hunde- und Wolfsschädel bis zur vollen Überzeugung zu erheben. Man hat keine Veranlassung mehr, in solcher Auffassung durch die Lehren und Annahmen von Buffon sich beirren zu lassen. Daß sich gleichzeitig die unbeschränkte Kreuzung der Hundearten unter sich und des Hundes mit Wolf und Schakal am besten mit dieser Ansicht verträgt, liegt auf der Hand. Daß auch die große Mannigfaltigkeit der Hunde in Gestalt und Größe allein dadurch eine Analogie erhielt, z. B. in den verschiedenartigen, zwitterhaften Pflanzen, sogar im Tierreiche unter den Hühnern, ist auch nicht ohne Gewicht. Ebenso ist die große Verwandtschaft der verwilderten Hunde in Gestalt und Farbe mit dem Schakal und der Annäherung und Freundschaft beider von großer Bedeutung. Auch die verwilderten Pferde nähern sich ursprünglich den wilden wieder. Ziegen, die sich von Geschlecht zu Geschlecht den größten Teil des Jahres frei im Gebirge umhertreiben, wie in Dalmatien und manchen Gegenden Italiens geschieht, gleichen sehr der wilden Bezoarziege; bunte Kaninchen, die im Freien ausgesetzt werden, haben im Verlaufe von einigen Jahren Junge, die von wilden nicht zu unterscheiden und vollkommen wild sind.

Daß im ganzen der Schakal in dieser Angelegenheit am meisten beteiligt sein muß, scheint mir aus der Bildung des Hundeschädels hervorzugehen, und es mag schließlich wohl nicht von bloß zufälliger Bedeutung sein, daß die alten Bildungsländer der Menschheit von Indien bis zum Mittelländischen Meere mit der Heimat des Schakals fast gänzlich übereinstimmen.«

Darwin gelangt zu derselben Annahme wie Blasius. »Einige Tierkundige«, sagt er, »glauben, daß alle gezähmten Spielarten des Hundes vom Wolfe oder dem Schakal oder einer unbekannten und ausgestorbenen Art abstammen; andere wiederum meinen, daß sie ebensowohl von mehreren ausgestorbenen wie jetzt lebenden Arten, die sich mehr oder weniger miteinander vermischt haben, herrühren. Wahrscheinlich werden wir niemals imstande sein, ihren Ursprung mit Sicherheit zu bestimmen. Die Vorweltskunde wirft nicht viel Licht auf diese Frage. Einerseits hängt dies von der großen Ähnlichkeit der Schädel der ausgestorbenen und lebenden Wölfe und Schakale, anderseits von der großen Unähnlichkeit der Schädel der verschiedenen Rassen gezähmter Hunde ab. Man scheint auch in den neuen Tertiärlagern Überreste gefunden zu haben, die mehr einem großen Hunde als einem Wolfe angehört haben dürften. Dies unterstützt die Ansicht Blainvilles, daß unsere Hunde die Nachkommen einer einzigen ausgestorbenen Art sind. Einige gehen soweit, zu behaupten, daß jede Hauptrasse ihren wilden Stammvater gehabt haben müsse, diese letztere Ansicht ist jedoch außerordentlich unwahrscheinlich; denn sie läßt der Abänderung keinen Spielraum, das fast mißgebildete Gepräge einiger Zuchten unberücksichtigt und nimmt beinahe mit Notwendigkeit an, daß eine große Anzahl von Arten seit der Zeit, in der der Mensch den Hund zähmte, ausgestorben sind: lebte doch noch im Jahre 1710 der Wolf auf einer so kleinen Insel wie Irland ist.

Die Gründe, die verschiedene Schriftsteller zu der Annahme geführt haben, daß unsere Hunde von mehr als einer wilden Art abstammen, sind erstens die großen Verschiedenheiten zwischen den Rassen und zweitens die Tatsache, daß in den ältesten bekannten geschichtlichen Zeiten mehrere Hunderassen lebten, die einander sehr unähnlich, jetzt lebenden aber sehr ähnlich sind oder mit diesen zusammenfallen.

Der wichtigste Beweisgrund zugunsten der Ansicht, daß die verschiedenen Rassen des Hundes von bestimmten wilden Stämmen herrühren, ist die Ähnlichkeit, die dieselben in verschiedenen Gegenden mit den hier noch wild lebenden Arten besitzen. Zwar muß man zugeben, daß die Vergleichung zwischen den wilden und gezähmten Hunden nur in wenigen Fällen mit hinreichender Genauigkeit gemacht worden ist; doch hat man auch von vornherein keine Schwierigkeit anzunehmen, verschiedene Hundearten seien gezähmt worden. Glieder der Hundefamilie bewohnen fast die ganze Erde, und mehrere Arten stimmen in Bau und Lebensart mit unsern verschiedenen gezähmten Hunden ziemlich überein. Wilde halten und zähmen Tiere aller Art, gesellig lebende Tiere wie die Hunde selbstverständlich am leichtesten. In einer früheren Zeit, in der der Mensch zuerst das Land betrat, hatten die dort lebenden Tiere keine angeborene oder ererbte Furcht vor ihm und ließen sich folglich wahrscheinlich bei weitem leichter als jetzt zähmen. Als die Falklandinseln zuerst von Menschen besucht wurden, kam der große Falklandswolf (Canis antarcticus) ohne Furcht zu Byrons Matrosen, die die Neugier für Wildheit hielten und flohen. Selbst in der Neuzeit kann ein Mensch, der in der einen Hand ein Stück Fleisch, in der andern ein Messer hält, gedachte Wölfe noch zuweilen erstechen. Auf den Schildkröteninseln stieß ich mit der Spitze meiner Flinte Falken von einem Zweige herunter und hielt einen Eimer Wasser andern Vögeln hin, die sich darauf setzten und tranken. Von großer Bedeutung ist ferner, daß verschiedene Arten von Hunden keinen Widerwillen haben oder Schwierigkeiten darbieten, in Gefangenschaft sich fortzupflanzen. Gerade die Unfähigkeit aber, in der Gefangenschaft sich fortzupflanzen, ist eines der bedeutsamsten Hindernisse für die Zähmung. Die Wilden legen Hunden außerordentlichen Wert bei, und selbst halbgezähmte Tiere sind ihnen von großem Nutzen. Indianer Nordamerikas kreuzen ihre halbwilden Hunde mit Wölfen, um sie zwar noch wilder als vorher, aber auch kühner zu machen. Die Wilden von Guiana fangen die Jungen von zwei wilden Hundearten, um sie einigermaßen zu zähmen und zu benutzen, wie es die Eingeborenen Australiens mit denen des verwilderten Dingo tun. King teilte mir mit, daß er einmal einen jungen wilden Dingo abrichtete, Rindvieh zu hüten und das Tier sehr nützlich fand. Aus diesen verschiedenen Angaben geht hervor, daß man dreist annehmen darf, der Mensch habe in verschiedenen Ländern verschiedene Arten von Hunden gezähmt. Es würde sogar eine eigentümliche Erscheinung sein, wenn auf der ganzen Erde nur eine einzige Art gezähmt worden wäre.

Gehen wir nun auf Einzelheiten ein. Der genau beobachtende und scharfsinnige Richardson bemerkt, daß die Ähnlichkeit zwischen den Wechsel- oder Falbwölfen und den Haushunden der Indianer ungemein groß sei, und nur die Größe und Stärke des Wolfes der einzige Unterschied zu sein scheine. ›Mehr als einmal‹, sagte er, ›habe ich ein Rudel Wölfe für die Hunde eines Trupps Indianer gehalten; denn auch das Geheul der Tiere beider Arten wird so genau mit denselben Lauten hervorgebracht, daß selbst das geübte Ohr der Indianer sich zuweilen täuschen läßt.‹ Richardson fügt hinzu, daß die nördlicheren Eskimohunde nicht bloß dem grauen Wolfe des Polarkreises in Form und Farbe außerordentlich ähneln, sondern ihnen auch in der Größe beinahe gleichen. Kane hat in dem Gespann seiner Schlittenhunde öfter das schräge Auge, ein Merkmal, aus das einige Tierkundige viel Gewicht legen, den herabhängenden Schwanz und den scheuen Blick des Wolfes gesehen. Nach Hayes weichen die Eskimohunde wenig von den Wölfen ab, sind keiner Anhänglichkeit an den Menschen fähig und so wild, daß sie bei argem Hunger selbst ihren Herrn anfallen. Sie verwildern leicht, und ihre Verwandtschaft mit den Wölfen ist eine so innige, daß sie sich oft mit ihnen kreuzen; auch nehmen die Indianer junge Wölfe, um die Zucht ihrer Hunde zu verbessern. Solche Falbwölfe können zuweilen, wenn auch selten, gezähmt werden. Vor dem zweiten oder dritten Geschlecht geschieht dies nie. Hayes meint von diesen Hunden, daß sie ohne Zweifel verbesserte Wölfe seien. Jedenfalls bekunden die angeführten Tatsachen, daß Eskimohunde und Wölfe sich fruchtbar kreuzen müssen; denn sonst würde man letztere nicht brauchen können, um die Zucht zu verbessern. Der Hund der Hasenindianer, der in vieler Beziehung vom Eskimohunde abweicht, steht nach Richardson in derselben Beziehung zum Heul- oder Prairiewolfe wie der Eskimohund zum Falbwolfe, so daß gedachter Forscher keine ausgesprochene Verschiedenheit zwischen ihnen auffinden konnte. Die von beiden genannten Stämmen herrührenden Hunde kreuzen sich untereinander ebensowohl wie mit den wilden Wölfen oder mit europäischen Hunden; der schwarze Wolfshund der Indianer in Florida weicht, laut Bertram, von den Wölfen dieses Landes nur dadurch ab, daß er bellt. Im südlichen Teile des neuen Festlandes fand Kolumbus zwei Hundearten in Westindien, und Fernandez beschreibt ihrer drei in Mexiko. Einige dieser eingeborenen Hunde waren stumm, d. h. bellten nicht. Seit der Zeit Buffons weiß man, daß die Eingeborenen von Guiana ihre Hunde mit einer wilden Art, wie es scheint dem Maikong oder Karasissi, kreuzen. Schomburgk, der diese Länder sorgfältig durchforscht hat, schreibt mir darüber: ›Arawaak-Jndianer, die in der Nähe der Küste wohnen, haben mir wiederholt erzählt, daß sie ihre Hunde zur Verbesserung der Zucht mit einem der wilden Arten kreuzen, und einzelne Hunde sind mir gezeigt worden, die sicher dem Maikong viel mehr glichen als der gewöhnlichen Rasse. Selten aber halten die Indianer letztere für häusliche Zwecke.

Auch der Ai, eine andere Art Wildhund, wahrscheinlich Canis silvestris, wird von den Arekuas jetzt nicht viel zum Jagen benutzt. Die Hunde der Taruma-Jndianer sind ganz verschieden und gleichen Buffons Windspielen von St. Domingo. Es scheint also, daß die Eingeborenen von Guiana zwei wilde Hunde zum Teil gezähmt haben und ihre Haushunde noch mit ihnen kreuzen. Beide Arten gehören einer von den nordamerikanischen und europäischen Wölfen verschiedenen Gruppe an. Rengger begründete die Ansicht, daß man nur haarlose Hunde zähmte, als Amerika zuerst von Europäern besucht wurde, und einige dieser Hunde von denen Tschudi sagt, daß sie in den Kordilleren von der Kälte leiden, sind noch stumm. Gleichwohl ist dieser nackte Hund gänzlich von dem verschieden, den Tschudi unter dem Namen Inkahund beschreibt, und von dem er anführt, daß er ebensowohl Kälte ertrage als auch belle. Man weiß nicht, ob diese zwei verschiedenen Hunderassen Abkömmlinge eingeborener Arten sind und könnte annehmen, daß der ursprünglich einwandernde Mensch vom asiatischen Festlande Hunde mitbrachte, die nicht bellen konnten; diese Ansicht scheint jedoch aus dem Grunde unwahrscheinlich, als die Eingeborenen auf dem Wege ihrer Einwanderung vom Norden her wenigstens zwei nordamerikanische Wildhunde zähmten.

Wenden wir uns zur alten Welt zurück, so finden wir, daß mehrere europäische Hunde sehr dem Wolfe ähneln, so der Schäferhund der ungarischen Ebene in so hohem Grade, daß ein Ungar nach Pagets Erzählung einen Wolf für einen seiner eigenen Hunde halten konnte. Die Schäferhunde in Italien müssen früher den Wölfen sehr ähnlich gewesen sein, denn Columella gibt den Rat, weiße Hunde zu halten, und fügt hinzu: ›Pastor album probat, ne pro lupe canem feriat.‹ Daß sich Hunde und Wölfe von selbst kreuzen, wird von den Alten oft erzählt, von Plinius sogar behauptet, die Gallier hätten ihre Hündinnen in den Wäldern angebunden, damit sie sich mit Wölfen kreuzen.

Der europäische Wolf weicht in geringem Grade von dem nordamerikanischen ab und wird von vielen Tierkundigen für eine verschiedene Art gehalten, ebenso der Wolf Indiens, und hier finden wir wieder eine ausgesprochene Ähnlichkeit zwischen den Pariahunden gewisser Gegenden von Indien und diesem indischen Wolfe. In bezug auf die Schakale sagt Isidore Geoffroy St. Hilaire, daß man nicht einen beständigen Unterschied zwischen ihrem Bau und dem der kleineren Hunderassen aufweisen könnte. Diese wie jene stimmen auch in ihrer Lebensweise innig überein. Ehrenberg führt an, daß die Haushunde Unterägyptens und gewisse einbalsamierte Hunde im Schakalwolfe ihr Vorbild hätten, wie andererseits Haushunde Nubiens und andere als Mumien vorhandene Rassen mit dem Schakal eng verwandt sind. Pallas behauptet, daß Schakal und Haushund im Morgenlande zuweilen sich kreuzen. Ein hierauf bezüglicher Fall ist auch aus Algerien bekannt geworden. Die Haushunde an der Küste von Guinea sind fuchsartige Tiere und stumm. An der Ostküste von Afrika, zwischen dem 4. und 6. Grade nördlicher Breite, und ungefähr zehn Tagereisen nach dem Innern, wird, wie Erhardt mitteilt, ein halbgezähmter Hund gehalten, der nach Behauptung der Eingeborenen von einem ähnlichen wilden Tiere abstammt. Lichtenstein sagt, daß die Hunde der Buschmänner eine auffallende Ähnlichkeit, selbst in der Färbung mit dem Schabrackenschakal darbieten; Layard dagegen teilt mir mit, daß er einen Kaffernhund gesehen habe, der einem Eskimohunde sehr ähnlich war. In Australien findet sich der Dingo ebensowohl gezähmt als wild, und wenn er auch ursprünglich von Menschen eingeführt worden sein mag, darf er doch als eine einheimische Form angesehen werden; denn seine Überbleibsel sind mit denen eines ausgestorbenen Tieres in einem ähnlichen Zustande von Erhaltung gefunden worden, so daß seine Einführung sehr alt sein muß. Diese Ähnlichkeit der halbgezähmten Hunde verschiedener Länder mit denen in ihnen noch lebenden wilden Arten, nach der Leichtigkeit, mit der beide oft noch gekreuzt werden können, der Wert, den Wilde selbst halbgezähmten Tieren beilegen und andere bereits erwähnte Umstände, die ihre Zähmung begünstigen, machen es sehr wahrscheinlich, daß die gezähmten Hunde der Erde von zwei Wolfsarten, dem Wolfe und dem Heulwolfe, zwei oder drei andern zweifelhaften Arten von Wölfen, dem europäischen, indischen und nordamerikanischen Wolfe nämlich, ferner von wenigstens einer oder zwei südamerikanischen Hundearten, dann mehreren Schakalarten und vielleicht von einer oder mehreren ausgestorbenen Arten abstammen. Diejenigen Schriftsteller, die der Einwirkung des Klimas großen Einfluß zuschreiben, können hiernach die Ähnlichkeit gezähmter mit eingeborenen Tieren derselben Länder erklären. Ich kenne aber keine Tatsachen, die den Glauben an eine so mächtige Einwirkung des Klimas unterstützen.

Bedeutungsvoll gegenüber der Ansicht, daß unsere Hunde von Wölfen, Schakalen und südamerikanischen Hunden abstammen, ist die Erfahrung, daß Wildlinge in gezähmtem Zustande bis zu einem gewissen Grade unfruchtbar sein sollen, während alle Haushunde, soweit es überhaupt bekannt ist, gegenseitig untereinander fruchtbar sind. Doch hat bereits Broca mit Recht bemerkt, daß die Fruchtbarkeit aufeinanderfolgender Geschlechter verbastardierter Hunde niemals mit der Sorgfalt untersucht worden ist, die man bei der Kreuzung von Arten für unentbehrlich hält. Tatsachen berechtigen zu dem Schlusse, daß die geschlechtlichen Empfindungen und das Erziehungsvermögen unter verschiedenen Hunderassen bei der Kreuzung verschieden sind. So liebt der mexikanische Alco offenbar Hunde anderer Art nicht; der haarlose Hund von Paraguay vermischt sich, laut Rengger, weniger mit europäischen Rassen als diese untereinander; der deutsche Spitzhund soll den Fuchs leichter zulassen als andere Rassen es tun; weibliche Dingos locken Füchse an usw. Diese Angaben würden, falls man sich auf sie verlassen kann, für einen gewissen Grad von Verschiedenheit in den geschlechtlichen Neigungen der Hunderassen sprechen. Doch tritt ihnen die Tatsache entgegen, daß unsere gezähmten, im äußeren Bau soweit voneinander verschiedenen Hunde untereinander viel fruchtbarer sind, als wir von ihren angenommenen Stammeltern es wissen. Pallas nimmt an, eine längere Dauer der Zähmung beseitige diese Unfruchtbarkeit, und wenn man auch zur Unterstützung gedachter Annahme keine bestimmten Tatsachen anführen kann, scheinen unsere Erfahrungen über die Hunde so stark zugunsten der Ansicht zu sprechen, daß unsere gezähmten Hunde von mehreren wilden Stämmen herrühren, und ich bin deshalb geneigt, die Wahrheit jener Annahme zuzugeben. Hiermit im Zusammenhange steht, daß unsere gezähmten Hunde nicht vollkommen fruchtbar mit ihren angenommenen Stammarten sind; doch sind Versuche in dieser Richtung noch nicht ordentlich angestellt worden. Man sollte den ungarischen Hund, der dem äußeren Ansehen nach dem Wolfe so sehr gleicht, mit diesem, die Pariahunde Indiens mit indischen Wölfen und Schakalen kreuzen und ebenso in andern Fällen verfahren. Daß die Unfruchtbarkeit zwischen gewissen Hunderassen und Wölfen und andern Wildhunden nur gering ist, beweisen die Wilden, die sich die Mühe geben, sie zu kreuzen. Buffon erhielt aufeinanderfolgende vier Geschlechter von Wölfen und Hunden, und die Blendlinge waren untereinander vollkommen fruchtbar: Flourens dagegen fand nach zahlreichen Versuchen, daß die Blendlinge zwischen Wolf und Hund miteinander gekreuzt im dritten Geschlechte und die von Schakal und Hund im vierten Geschlechte unfruchtbar wurden. Freilich aber befanden sich diese Tiere in enger Gefangenschaft, die viele wilde Tiere bis zu einem gewissen Grade oder selbst völlig unfruchtbar macht. Dingos, die sich in Australien ohne weiteres mit unsern eingeführten Hunden fortpflanzen, zeugten trotz wiederholter Kreuzungen mit Hunden im Pariser Pflanzengarten keine Blendlinge. Bei den von Flourens angestellten Versuchen wurden die Blendlinge wohl auf drei oder vier Geschlechter hindurch in engster Inzucht miteinander gekreuzt, ein Umstand, der fast sicher die Neigung zur Unfruchtbarkeit vermehrt haben wird, wenn auch das Ergebnis sich kaum erkennen läßt. Vor mehreren Jahren sah ich im Londoner Tiergarten den weiblichen Blendling eines englischen Hundes und eines Schakals, der selbst im ersten Geschlecht so unfruchtbar war, daß er nicht einmal die Brunstzeit regelmäßig einhielt. Doch war dieser Fall gegenüber den zahlreichen Beispielen fruchtbarer Bastarde von beiden Tieren sicher eine Ausnahme. Bei allen Versuchen über die Kreuzung von Tieren gibt es noch so viele Ursachen zum Zweifel, daß es außerordentlich schwierig ist, zu irgendeinem bestimmten Schlusse zu gelangen. Indes scheint doch hervorzugehen, daß diejenigen, die unsere Hunde für die Nachkommen mehrerer Arten halten, nicht bloß zugeben müssen, deren Nachkommen verlören bei lange währender Züchtung alle Neigung zur Unfruchtbarkeit bei einer gegenseitigen Kreuzung, sondern auch, daß zwischen gewissen Rassen von Hunden und einigen ihrer angenommenen Stammeltern ein gewisser Grad von Unfruchtbarkeit erhalten geblieben oder möglicherweise selbst erlangt worden ist.

Trotz der zuletzt erörterten Schwierigkeiten in bezug auf die Fruchtbarkeit neigt sich doch die Mehrheit der Beweise entschieden zugunsten des mehrfachen Ursprunges unseres Hundes, zumal wenn wir bedenken, wie unwahrscheinlich es ist, daß der Mensch über die ganze Erde von einer so weit verbreiteten, so leicht zähmbaren und so nützlichen Gruppe, wie die Hunde es sind, nur eine Art an sich gewöhnt haben sollte, und wenn wir ferner das außerordentliche Alter der verschiedenen Rassen sowie besonders noch die überraschende Ähnlichkeit bedenken, die ebensowohl im äußeren Bau wie in der Lebensweise zwischen den gezähmten Hunden verschiedener Länder und den dieselben Länder noch bewohnenden Arten von Wildhunden bestehen.«

So wäre denn der Haushund nichts anderes als ein Kunsterzeugnis des Menschen. Erwiesen ist diese Annahme freilich nicht; der Schädel insbesondere gibt uns keinen Anhalt dafür. Abgesehen von der Größe stimmen alle Schädel der verschiedenen Hunderassen in den wesentlichen Verhältnissen untereinander überein, so daß man, laut mündlichen Mitteilungen Hensels, streng genommen nur den verkürzten, um nicht zu sagen mistgebildeten Schädel der Bulldogge von dem des Windhundes mit Bestimmtheit unterscheiden kann, jeder Hundeschädel ähnelt dem wildlebenden Verwandten mehr oder weniger, ohne einem einzigen vollkommen zu gleichen. So läßt uns also auch Knochenlehre und Zergliederungskunst bei Entscheidung der heiklen Frage im Stiche. Erst durch sorgfältig überwachte Kreuzungen mit Vorbedacht ausgewählter Wildhundarten und Haushundrassen und deren Abkömmlingen können uns der Lösung der Abstammungsfrage unseres wichtigsten Haustieres näherführen.

 

Ein lehrreiches Beispiel zugunsten der oben mitgeteilten Angabe, daß Haushunde vollständig verwildern können, ist der Dingo oder Warragal (Canis Dingo), der sogenannte Wildhund Neuhollands, den, in Anbetracht seiner Lebensweise, auch ich früher für eine der ursprünglichen Arten wilder Hunde gehalten habe, gegenwärtig aber, nachdem ich verschiedene Stücke der fraglichen Art gesehen, nur für einen verwilderten Schäferhund erklären kann. Die Tatsache, das der Dingo das einzige eigentliche Raubtier Australiens, also kein Beuteltier ist. hat diese Ansicht nicht hervorgerufen, sondern höchstens unterstützen können. Gegengründe von einiger Erheblichkeit liegen nach den bereits mitgeteilten nicht vor. Das Wie und Wann der Verwilderung läßt sich freilich nicht bestimmen, erscheint aber auch ziemlich gleichgültig für die Entscheidung der Frage, gegenüber dem allgemeinen Gepräge des Tieres, dem Habitus, wie die Tierkundigen sagen. Dieses Gepräge aber ist das eines Haushundes, nicht eines Wildhundes.

Der Dingo erreicht ungefähr die Größe eines mittleren Schäferhundes. Seine Gestalt ist gedrungen, der Kopf groß und plump, stumpfnasig und abgestutzt, das aufrechtstehende Ohr an der Wurzel breit, an der Spitze abgerundet, der Schwanz, der bis über die Ferse herabreicht, buschig, die Gliederung stämmig, da die Beine nur eine geringe Höhe haben, das Fell ziemlich gleichmäßig, weder allzu dicht noch auch dünn und an keinem Teile des Leibes verlängert. Bei den meisten Stücken, die ich gesehen habe, spielt die Färbung von einem unbestimmten blaßgelblichen Rot mehr oder weniger ins Graue, auch wohl ins Schwärzliche. Kinn, Kehle, Unterseite und Schwanz pflegen heller, die Haare der Oberseite meist dunkler zu sein, weil die an der Wurzel lichteren Haare dunklere Spitzen zeigen. Obgleich gedachte Färbung vorherrscht, kommen doch z. B. auch schwarz gefärbte Dingos vor, einzelne haben weiße Pfoten usw.

Noch heutigen Tages findet sich der Dingo fast in allen dichteren Wäldern Australiens, in den mit Buschwerk ausgekleideten Schluchten, in den Hainen der parkähnlichen Steppen und in letzteren selbst. Er reicht über das ganze Festland und ist überall ziemlich häufig. Man hält ihn, und wohl mit Recht, für den schlimmsten Feind, den die herdenzüchtenden Ansiedler überhaupt besitzen, und hat, um seinen Räubereien zu steuern, schon mehrmals Kriegszüge gegen ihn unternommen.

In seiner Lebensweise und in seinem Betragen ähnelt der Dingo mehr unserem Fuchse als dem Wolfe. Wie dieser liegt er da, wo es unsicher ist, den ganzen Tag in seinem Schlupfwinkel verborgen und streift dann erst zur Nachtzeit umher, räuberisch fast alle australischen Bodentiere bedrohend. An den Fuchs erinnert er auch dadurch, daß er nur selten in großen Gesellschaften jagt. Gewöhnlich sieht man Trupps von fünf bis sechs Stück, meist eine Mutter mit ihren Kindern; doch komme es vor, daß sich bei einem Aase viele Dingos versammeln: manche Ansiedler wollen bei solchen Gelegenheiten schon ihrer achtzig bis hundert vereinigt gesehen haben. Man behauptet, daß die Familien sehr treu zusammenhalten, ein eigenes Gebiet haben und niemals in das einer anderen Meute eintreten, aber ebensowenig leiden, daß diese ihre Grenzen überschreitet.

Ehe die Ansiedler regelrecht gegen diesen Erzfeind ihrer Herden zu Felde zogen, verloren sie durch ihn erstaunlich viele Schafe. Man versichert, daß in einer einzigen Schäferei binnen drei Monaten nicht weniger als zwölfhundert Stück Schafe und Lämmer von den Dingos geraubt wurden. Größer noch als die Verluste, die ein Einfall des Raubtieres unmittelbar zur Folge hat, sind die mittelbaren, weil die Schafe beim Erscheinen des Räubers wie unsinnig davonrennen, blind in die Steppe hinausjagen und dann entweder anderen Dingos oder dem Durste zum Opfer fallen. Außer den Schafen frißt der » Wildhund« Kängurus aller Art und andere größere und kleinere Buschtiere. Er greift jedes lebende, eingeborene Tier Australiens mit unbeschreiblicher Gier und Wut an, fürchtet sich überhaupt nur vor Haushunden. Hirten- oder Jagdhunde und Dingos leben in ewiger Feindschaft und verfolgen sich gegenseitig mit wirklich beispiellosem Hasse. Wenn mehrere Haushunde einen Dingo sehen, fallen sie über ihn her und reißen ihn in Stücke; das Umgekehrte ist der Fall, wenn ein verirrter Haushund von Dingos gefunden wird. Doch kommt es vor, daß sich zur Paarungszeit eine Dingohündin zu den Schäferhunden gesellt und mit diesen sich verträgt. »Als ich eines Morgens aus meinem Zelte trat«, sagt › ein alter Buschmann‹ in seinen ›Forschergängen durch den Wald‹, »sah ich eine Dingohündin mit unseren Hunden spielen. Sobald sie mich wahrnahm, ging sie davon. Einer unserer Hunde folgte ihr aber, blieb drei Tage aus, und kam sodann zurück, an allen Gliedern zerrissen, wahrscheinlich weil er die Eifersucht der berechtigteren Liebhaber erregt haben mochte.«

Nicht selten kreuzt sich der Dingo mit zahmen Hündinnen. Diese bringen infolgedessen ein Gewölfe, das größer und wilder zu sein pflegt als alle übrigen Haushunde. Die Dingohündin wölft sechs bis acht Junge, gewöhnlich in einer Höhle oder unter Baumwurzeln. Bei Gefahr schafft sie ihre Jungen in Sicherheit. Ein Gewölfe von Dingos wurde einst in einer Felsenspalte aufgefunden; da aber die Mutter nicht zugegen war, merkte sich der Entdecker den Ort, in der Absicht, bald zurückzukehren, um der ganzen Familie auf einmal den Garaus zu machen. Als er nach einiger Zeit zurückkam, fand er zu seinem großen Arger die Höhle verlassen; die Alte mochte die Spur des fremden Besuchers gewittert und somit den Besuch unschädlich gemacht haben. An Dingos, die in der Gefangenschaft wölften, beobachtete man, daß Mutter und Junge sich ganz nach Art des Haushundes betragen. Im Breslauer Tiergarten, woselbst eine Dingohündin fünf Junge warf, von denen drei gediehen und groß und zahm wurden, durfte man die Alten in demselben Käfige lassen, da der Dingohund niemals Miene machte, der säugenden Hündin beschwerlich zu fallen. Von den Jungen hatten vier Stück ganz die Färbung der Eltern, während das fünfte schwarz aussah.

Vor dem Menschen nimmt der Dingo regelmäßig Reißaus, wenn dazu noch Zeit ist. Er zeigt auf der Flucht alle List und Schlauheit des Fuchses und versteht es meisterhaft, jede Gelegenheit zu benutzen; wird er aber von seinen Feinden hart verfolgt, und glaubt er nicht mehr entrinnen zu können, so dreht er sich mit einer wilden Wut um und wehrt sich mit der Raserei der Verzweiflung; doch sucht er auch dann noch immer sobald als möglich davonzukommen.

Gegenwärtig gelten alle Mittel, um den Dingo auszurotten. Jedermanns Hand ist über ihm. Man schießt ihn, fängt ihn in Fallen und vergiftet ihn mit Strychnin. Ein kleines Stück Fleisch, in das eine Messerspitze dieses fürchterlichen Giftes gebracht worden ist, hängt man an einem Busche auf, so daß es ein Paar Fuß über der Erde schwebt; später findet man regelmäßig in nächster Nähe den armen Schelm, der seine Freßlust so schwer büßen mußte. Mit dem Gewehre erlegt man ihn nur zufällig; er ist zu scheu und listig, als daß er öfters vor das Rohr kommen sollte, und weiß auch auf Treibjagden trefflich sich durchzustehlen.

 

Gehen wir von den verwilderten Hunden zu denen über, die zwar herrenlos sind, immer aber noch in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnisse zu dem Menschen stehen. Die Engländer haben ihnen den Namen Pariahunde beigelegt, und diese Bezeichnung verdient von uns angenommen zu werden; denn Parias, elende, verkommene, aus der besseren Gesellschaft verstoßene Tiere sind sie, die armen Schelme, trotz der Freiheit, zu tun und zu lassen, was ihnen beliebt, Parias, die dankbar die Hand lecken, die ihnen das Joch der Sklaverei auflegt, die glücklich zu sein scheinen, wenn der Mensch sie würdigt, ihm Gesellschaft zu leisten und ihm zu dienen.

Schon im Süden Europas leben die Hunde auf ganz anderem Fuße als bei uns zu Lande. In der Türkei, in Griechenland und in Südrußland umlagern Massen von herrenlosen Hunden die Städte und Dörfer, kommen wohl auch bis in das Innere der Straßen herein, betreten aber niemals einen Hof und würden auch von den Haushunden sofort vertrieben werden. Sie nähren sich hauptsächlich von Aas oder jagen bei Gelegenheit wohl auch auf eigene Faust kleinere Tiere, namentlich Mäuse und dergleichen. Auch die Hunde der südspanischen Bauern werden nur sehr wenig zu Hause gefüttert, streifen zur Nachtzeit weit und breit umher und suchen sich selbst ihre Nahrung. Auf den Kanaren ist es nach Bolle noch neuerdings vorgekommen, daß einzelne Hunde verwilderten und unter den Schafherden bedeutenden Schaden anrichteten. So selbständig werden die verwilderten Hunde des Morgenlandes nicht; aber sie müssen durchaus für sich selbst sorgen und werden von keinem Menschen irgendwie unterstützt. Ich habe diese Tiere vielfach in Ägypten beobachtet und will in möglichster Kürze mitteilen, was mir von ihrem Leben besonders merkwürdig erschien.

Alle ägyptischen Städte stehen zum Teil auf den Trümmern der alten Ortschaften, also gewissermaßen auf Schutthaufen. Wahre Berge von Schutt umgeben auch die meisten und die größeren, wie Alexandrien oder Kairo, in sehr bedeutender Ausdehnung. Diese Berge nun sind es, die den verwilderten Hunden hauptsächlich zum Aufenthalte dienen. Die Tiere selbst gehören einer einzigen Rasse an. Sie kommen in der Größe mit einem Schäferhunde überein, sind von plumper Gestalt und haben einen widerwärtigen Gesichtsausdruck; ihre lange und ziemlich buschige Rute wird in den meisten Fällen hängend getragen. Die Färbung ihres rauhen, struppigen Pelzes ist ein schmutziges, rötliches Braun, das mehr oder weniger in das Graue oder in das Gelbe ziehen kann. Andersfarbige, namentlich schwarze und lichtgelbe kommen vor, sind aber immer ziemlich selten.

Sie leben in vollkommenster Selbständigkeit an den genannten Orten, bringen dort den größten Teil des Tages schlafend zu und streifen bei Nacht umher. Jeder besitzt seine Löcher, und zwar sind diese mit eigentümlicher Vorsorge angelegt. Jedenfalls hat jeder einzelne Hund zwei Löcher, von denen eins nach Morgen, das andere nach Abend liegt; streichen die Berge aber so, daß sie dem Nordwinde auf beiden Seiten ausgesetzt sind, so graben sich die Tiere auch noch auf der Südseite ein besonderes Loch, das sie jedoch bloß dann beziehen, wenn ihnen der kalte Wind in ihrem Morgen- oder Abendloche lästig wird. Morgens bis gegen zehn Uhr findet man sie regelmäßig in dem nach Osten hin gelegenen Loche; sie erwarten dort nach der Kühle des Morgens die ersten Strahlen der Sonne, um sich wieder zu erwärmen. Nach und nach aber werden diese Strahlen ihnen zu heiß, und deshalb suchen sie jetzt Schatten auf. Einer nach dem anderen erhebt sich, klettert über den Berg weg und schleicht sich nach dem auf der Westseite gelegenen Loche, in dem er seinen Schlaf fortsetzt. Fallen nun die Sonnenstrahlen nachmittags auch in diese Höhlung, so geht der Hund wieder zurück nach dem ersten Loche, und dort bleibt er bis zum Sonnenuntergang liegen.

Um diese Zeit wird es in den Bergen lebendig. Es bilden sich größere und kleinere Gruppen, ja selbst Meuten. Man hört Gebell, Geheul, Gezänk, je nachdem die Tiere gestimmt sind. Ein größeres Aas versammelt sie immer in zahlreicher Menge, ein toter Esel oder ein verendetes Maultier wird von der hungrigen Meute in einer einzigen Nacht bis auf die größten Knochen verzehrt. Sind sie sehr hungrig, so kommen sie auch bei Tage zum Aase, namentlich wenn dort ihre unangenehmsten Gegner, die Geier, sich einfinden sollten, durch die sie Beeinträchtigung im Gewerbe fürchten. Sie sind im höchsten Grade brotneidisch und bestehen deshalb mit allen unberufenen Gästen heftige Kämpfe. Die Geier aber lassen sich so leicht nicht vertreiben und leisten ihnen unter allen Aasfressern den entschiedensten und mutigsten Widerstand; deshalb haben sie von ihnen das meiste zu leiden. Aas bleibt unter allen Umständen der Hauptteil ihrer Nahrung; doch steht man sie auch katzenartig vor den Löchern der Rennmäuse lauern und schakal- oder fuchsartig diesen oder jenen Vogel beschleichen. Wenn ihre Aastafel einmal nicht gespickt ist, machen sie weite Wanderungen, kommen dann in das Innere der Städte herein und streifen in den Straßen umher. Dort sind sie, weil sie allen Unrat wegfressen, geduldete, wenn auch nicht gern gesehene Gäste, und gegenwärtig kommt es wohl nur sehr selten vor, daß einzelne gläubige Mohammedaner sie, wie vormals geschehen sein soll, in ihren Vermächtnissen bedenken und für ihre Erhaltung gewissermaßen Sorge tragen.

Die Paarungszeit fällt in dieselben Monate wie bei den übrigen Hunden, einmal in das Frühjahr, das andere Mal in den Herbst. Die Hündin wölft in eines ihrer Löcher, gräbt es aber etwas tiefer aus und bildet daraus einen förmlichen Bau, in dem man das ganze Gewölfe nach einiger Zeit lustig mit der Alten spielen sieht. Nicht selten kommt es vor, daß eine solche Hündin, wenn die Wölfzeit kommt, sich in das Innere der Städte begibt und dort, mitten in der Straße oder wenigstens in einem nur einigermaßen geschützten Winkel derselben sich eine Grube gräbt, in der sie dann ihre Nachkommenschaft zur Welt bringt. Es scheint fast, als ob sie wisse, daß sie auf die Mildtätigkeit und Barmherzigkeit der mohammedanischen Bevölkerung zählen dürfe, und wirklich rührend ist es, zu sehen, wie die gastfreien Leute einer solchen Hundewöchnerin sich annehmen. Ich habe mehr als einmal beobachtet, daß vornehme Türken oder Araber, die durch solche Straßen ritten, in denen Hündinnen mit ihren Jungen lagen, sorgfältig mit ihrem Pferde auf die Seite lenkten, damit dieses ja nicht die junge Brut beschädige. Wohl selten geht ein Ägypter vorüber, ohne der Hundemutter einen Bissen Brot, gekochte Bohnen, einen alten Knochen und dergleichen zuzuwerfen. Die Mohammedaner halten es für eine Sünde, ein Tier unnötigerweise zu töten oder zu beleidigen; aber die Barmherzigkeit geht zuweilen auch zu weit. Man findet nämlich oft räudige und kranke Hunde im größten Elende auf der Straße liegen, ohne daß eine mitleidige Hand sich fände, ihrem traurigen Dasein ein Ende zu machen. So sah ich in einer Stadt Oberägyptens einen Hund in der Straße liegen und sich herumquälen, dem durch einen unglücklichen Zufall beide Hinterbeine derart zerschmettert waren, daß er sie nicht mehr gebrauchen konnte und sie, wenn er sich mit den Vorderbeinen mühsam weiterbewegte, hintennach schleifen mußte. Ganz unzweifelhaft hatten alle Bewohner des Ortes dieses unglückliche, erbärmliche Tier schon Monate lang täglich gesehen, niemandem aber war es eingefallen, ihm einen Gnadenstoß zu geben. Ich zog eine Pistole und schoß ihm eine Kugel durch den Kopf, mußte mich jedoch ordentlich gegen die Leute verteidigen wegen meiner Tat.

Fängt man sich junge Hunde und hält sie lange Zeit in der Gefangenschaft, so werden sie vollständig zu Haushunden und sind dann als wachsame und treue Tiere sehr geschätzt. Bei weitem der größte Teil der jungen Straßenhunde aber findet keinen Herrn und begibt sich, nachdem er halb erwachsen ist, mit der Alten ins Freie und lebt dort genau in derselben Weise wie seine Vorfahren.

Innerhalb ihrer eigentlichen Wohnkreise sind die verwilderten Hunde ziemlich scheu und vorsichtig, und namentlich vor dem fremdartig Gekleideten weichen sie jederzeit aus, sobald sich dieser ihnen nähert. Beleidigt man einen, so erhebt sich ein wahrer Aufruhr. Aus jedem Loche schaut ein Kopf heraus, und nach wenigen Minuten sind die Gipfel der Hügel mit Hunden bedeckt, die ein ununterbrochenes Gebell ausstoßen. Ich habe mehrmals auf solche Hunde förmlich Jagd gemacht, teils um sie zu beobachten, teils um ihr Fleisch zu verwenden, d. h. um es entweder als Köder für die Geier auszuwerfen, oder um es meinen gefangenen Geiern und Hyänen zu verfüttern. Bei diesen Jagden habe ich mich von dem Zusammenleben und Zusammenhalten der Tiere hinreichend überzeugen können und dabei auch unter anderm die Beobachtung gemacht, daß sie mich schon nach kurzer Zeit vollständig kennen und fürchten gelernt hatten. In Chartum z. B. war es mir zuletzt unmöglich, solche herrenlose Hunde mit der Büchse zu erlegen, weil sie mich nicht mehr auf vierhundert Schritte an sich herankommen ließen. Sie sind überhaupt dem Fremden sehr abhold und kläffen ihn an, sobald er sich zeigt; aber sie ziehen sich augenblicklich zurück, wenn man sich gegen sie kehrt. Gleichwohl kommt nicht selten eine starke Anzahl auf einen los, und dann ist es jedenfalls gut, dem naseweisesten Gesellen eine Kugel vor den Kopf zu schießen. Mit den Mohammedanern oder morgenländisch gekleideten Leuten leben sie in guter Freundschaft; sie fürchten dieselben nicht im geringsten und kommen oft so nahe an sie heran, als ob sie gezähmt wären; mit den Haushunden dagegen liegen sie beständig im Streite, und wenn ein einzelner Hund aus der Stadt in ihr Gebiet kommt, wird er gewöhnlich so gebissen, daß er sich kaum mehr rühren kann. Auch die Hunde eines Berges verkehren nicht friedlich mit denen eines andern, sondern geraten augenblicklich mit allen in Streit, die nicht unter ihnen groß geworden und sich sozusagen mit ihnen zusammengebissen haben.

Manchmal vermehren sich die verwilderten Hunde in das Unglaubliche und werden zur wirklichen Landplage. Mohammed Aali ließ einmal, um dieser Pest zu steuern, ein Schiff förmlich mit Hunden befrachten und diese dann auf hoher See über Bord werfen, um sie sicher zu ertränken. Zum größten Glück sind sie der Wasserscheu nur äußerst selten ausgesetzt, ja man kennt wirklich kaum Beispiele, daß jemand von einem tollen Hunde gebissen worden wäre. Die verwilderten Hunde gelten den Mohammedanern, wie alle Tiere, die Aas fressen, für unrein in Glaubenssachen, und es ist deshalb dem Gläubigen verwehrt, sich näher mit ihnen zu befassen. Wird ein solches Tier aber gezähmt, so ändert sich die Sache: dann gilt bloß seine beständig feuchte Nase noch für unrein.

In Konstantinopel soll das Verhältnis des Menschen zu den Hunden ein ganz ähnliches sein. »Unzertrennlich von den Gassen der Hauptstadt«, sagt Hackländer, »ist der Gedanke an ihre beständigen Bewohner, die herrenlosen Hunde, die man in zahlloser Menge auf ihnen erblickt. Gewöhnlich macht man sich von Dingen von denen man oft liest, eine große Vorstellung und findet sich getäuscht. Nicht so bei diesen Hunden. Obgleich alle Reisenden darüber einig sind, sie als eine Plage der Menschen darzustellen, so sind doch die meisten bei der Beschreibung dieses Unwesens zu gelinde verfahren.

Diese Tiere sind von einer ganz eigenen Rasse. Sie kommen in der äußeren Gestalt wohl am meisten unsern Schäferhunden nahe, doch haben sie keine gekrümmte Rute und kurze Haare von schmutziggelber Farbe. Wenn sie faul und träge umherschleichen oder in der Sonne liegen, muß man gestehen, daß kein Tier frecher, ich möchte sagen, pöbelhafter aussieht. Alle Gassen, alle Plätze sind mit ihnen bedeckt; sie stehen entweder an den Häusern gereiht und warten auf einen Bissen, der ihnen zufällig zugeworfen wird, oder sie liegen mitten in der Straße, und der Türke, der sich äußerst in acht nimmt, einem lebenden Geschöpfe etwas zuleide zu tun, geht ihnen aus dem Wege. Auch habe ich nie gesehen, daß ein Muselmann eines dieser Tiere getreten oder geschlagen hätte. Vielmehr wirft der Handwerker ihnen aus seinem Laden die Überreste seiner Mahlzeit zu. Nur die türkischen Kaikschi und die Matrosen der Marine haben nicht diese Zartheit, weshalb mancher Hund im Goldenen Horn sein Leben endet.

Jede Gasse hat ihre eigenen Hunde, die sie nicht verlassen, wie in unsern großen Städten die Bettler ihre gewissen Standorte haben, und wehe dem Hunde, der es wagt, ein fremdes Gebiet zu besuchen. Oft habe ich gesehen, wie über einen solchen Unglücklichen alle andern herfielen und ihn, wußte er sich nicht durch schleunige Flucht zu retten, förmlich zerrissen. Ich möchte sie mit den Straßenjungen in gesitteten Ländern vergleichen; wie diese, wissen sie ganz gut den Fremden vom Einheimischen zu unterscheiden. Wir brauchten nur in einer Ecke des Bazars etwas Eßbares zu kaufen, so folgten uns alle Hunde, an denen wir vorbeikamen, und verließen uns erst wieder, wenn wir in eine andere Gasse traten, wo uns eine neue ähnliche Begleitung zuteil wurde. Sultan Mahmud ließ vor mehreren Jahren einige Tausend dieser Hunde auf einen bei den Prinzeninseln liegenden kahlen Fels bringen, wo sie einander auffraßen. Diese Verminderung hat aber nichts genützt; denn die Fruchtbarkeit dieser Geschöpfe ist großartig; fast bei jedem Schritte findet man auf der Straße runde Löcher in den Kot gemacht, worin eine kleine Hundefamilie liegt, die hungernd den Zeitpunkt erwartet, wo sie selbständig wird, um gleich ihren Vorfahren die Gassen Stambuls unangenehm und unsicher zu machen.«

Am Asowschen Meere lebt der Hund, nach Schlatters Bericht, unter ähnlichen Verhältnissen wie in Ägypten und der Türkei. Er genießt bei den nogaischen Tataren geringere Wertschätzung als die Katze, die das Recht hat, im Hause zu wohnen, an allem herumzunaschen, aus einer Schüssel mit den Kindern und Erwachsenen zu essen und wohl auch auf einer Matratze mit dem Menschen zu schlafen. Sie wird zu den reinen Tieren gezählt, und der Tatar läßt es ihr, als dem Liebling des großen Propheten Mohammed, an nichts fehlen. Der Hund hingegen darf sich nicht im Hause blicken lassen.

Der nogaische Hund ist von mittlerer Größe, gewöhnlich sehr mager, mit struppigen, langen Haaren von dunkler Farbe. In den Dörfern findet man von ihnen eine übergroße und lästige Anzahl, da kein junger Hund umgebracht wird. Sie erhalten zwar zu Zeiten, wenn ein Stück Vieh geschlachtet wird, oder wenn es Aas gibt, satt zu fressen, müssen dann aber oft wieder lange hungern. Sehr häufig sieht man sie Menschenkot fressen; sie werden sogar herbeigerufen, um den Boden davon zu säubern. Treibt Hunger den Hund in das Haus hinein, so wird er mit Stockschlägen hinausgetrieben. Nicht nur den Fremden, sondern selbst den Tataren sind diese grimmigen Tiere eine harte Plage, indem alles unterschiedslos angegriffen wird. In fremder Tracht ist es kaum möglich, ohne Begleitung von Tataren durchzukommen, selbst zu Pferde hat man noch Mühe. Am besten ist es, recht langsam zu reiten; der Fußgänger muß jedenfalls langsam gehen und den langen Stock, der ihm unentbehrlich ist, nach hinten halten, weil die Hunde gewöhnlich hinten anpacken, dann aber nur in den Stock beißen; auch tut man wohl, wenn man ihnen etwas Speise zuwirft, womit sie sich beschäftigen, bis man ein Haus erreicht hat. Schlägt man mit dem Stocke drein, so kommen auf das jammernde Geheul des getroffenen Hundes alle Hunde des Dorfes zusammen, und die Sache wird ernster als zuvor. Dasselbe ist der Fall, wenn man schnellen Gang einschlägt, oder wenn man durch Laufen sich zu retten sucht. Es sind mir mehrere Beispiele bekannt, daß Personen niedergeworfen und sehr schwer verwundet wurden. Den Knall des Schießgewehres fürchten diese Hunde am meisten; sie sind daran nicht gewohnt und werden wie betäubt davon. Hat man nichts derartiges bei sich und will nichts mehr helfen, so ist das beste, wenn man sich noch zur Zeit ruhig niedersetzt. Dies hilft gewöhnlich. Es macht die Hunde stutzen; sich verwundernd stellen sie sich in einen Kreis herum, ohne anzupacken und gehen am Ende auseinander. Zur Bewachung der Herden werden sie nicht benutzt; kommen welche auf die Steppe, so fallen sie die Viehherden, denen sie im Dorfe kein Leid tun, wütend an, schleppen die Kälber an der Gurgel umher, erwürgen Schafe und fressen ihnen die Fettschwänze ad.

Von den Hunden des südlichen Rußlands erzählt Kohl. »Im Winter«, sagt er, »ziehen sich die Hunde scharenweise nach den Stadien, stören im weggeworfenen Unrat und zerren an verrecktem Vieh herum. In einigen Städten, wie Odessa, gehen Wachter umher, die ein beständiges Blutbad unter den herrenlosen Hunden anrichten. Allein es hilft wenig, da man die Hundequellen in den Dörfern und Städten nicht verstopfen kann. Die Hunde sind eine wahre Landplage, sie sind allen zur Last und fressen selbst den Gärtnern Obst und Trauben weg.«

In etwas besseren Verhältnissen leben die Hunde Brasiliens, die uns neuerdings Hensel in ansprechender Weise geschildert hat. »Sie gehören«, sagt er, »im allgemeinen keiner bestimmten Rasse an. Vielfach gekreuzt und ausgeartet, haben sie ihre Triebe und Sinne nach keiner bestimmten Richtung besonders entwickelt, sondern nähern sich mehr dem Urzustände des Hundes, in dem der Kampf ums Dasein alle Sinne zur Geltung bringt. Und in der Tat führen diese Hunde einen solchen Kampf; denn der Brasilianer, der zu träge ist, für sich selbst die hinreichende Nahrung zu besorgen, hat sich den Grundsatz gebildet, man müsse die Hunde nie füttern, um nicht aus ihren Jagdeifer einen hemmenden Einfluß auszuüben. Schon von Jugend auf sind sie daher an Entbehrungen, aber auch zugleich an Stehlen und Rauben gewöhnt. Meilenweit durchstreifen sie das Feld, von dem Verwesungsgerüche gefallener Tiere gelockt, und machen Aasgeiern und Füchsen die Beute streitig. Daher ist auch die Anhänglichkeit an den Herrn gering und von Treue und Gehorsam wenig zu erkennen. Haben sie ihren Herrn verloren, so suchen sie sich gern einen andern, und mit etwas Futter mag sie jeder an sich fesseln. Doch gibt es auch Landstreicher, die nur so lange einem bestimmten Herrn sich anschließen, als es ihnen behagt, sonst aber den Dienst leicht wechseln. Von eigentlichen verwilderten Hunden habe ich nie etwas gehört.

Gestalt und Farbe dieser Hunde ist sehr wechselnd, und ein bestimmter Rassencharakter läßt sich nicht entdecken. Wir würden sie mit dem Namen Dorfköter bezeichnen, wenn nicht ihre Größe im allgemeinen dafür zu bedeutend wäre. Offenbar sind sie die durch Hunger und Mangel an Pflege ausgearteten Nachkommen großer Hunde, die man einst zum Schutze der Herden und Niederlassungen aus Europa eingeführt hatte. Und diese Aufgabe erfüllen sie auch noch heute. Man kann bei keiner Estanzia vorüberreiten, ohne von einem Rudel junger, bissiger Wächter angefallen zu werden, deren manche selbst das Pferd nicht scheuen und sogar den Reiter auf demselben zu fassen suchen. Ihre Hauptaufgabe besteht jedoch darin, das Vieh zusammentreiben, was alle Wochen einmal geschieht. Die Leute des Landbesitzers reiten am Morgen mit einer Schar Hunde auf das Weideland hinaus. Ihr eigentümlicher, langgezogener Ruf schallt weit über das Grasfeld, und alles Vieh, das denselben hört, stürzt, von Jugend an daran gewöhnt, nach dem Sammelplatze. Aber in den abgelegenen Teilen der Weide, in kleinen Waldstücken, die über das ganze Land zerstreut sind, steckt noch manches Stück, das aus Scheu oder Trägheit dem Rufe des schwarzen Hirten nicht folgte. Hier nun treten die Hunde in Tätigkeit, und indem sie alle Schlupfwinkel durchjagen, treibt ihr wütendes Bellen die verborgensten Tiere hervor.

Gelegentlich üben sie auch die Jagd aus, doch nur auf eigene Faust. Jede lebende warmblütige Kreatur, die in ihren Bereich kommt, wird vernichtet. Ihre Nase ist selten sehr sein, auch halten sie nicht aus auf der Fährte. Neben ganz unbrauchbaren Hunden aber finden sich solche von hervorragenden Eigenschaften, die dann einen besonderen Wert erhalten. In den Wäldern, wo der Mensch von selbst zur Jagd gedrängt wird und ihr oft den Lebensunterhalt verdankt, hat man nur Hunde mit seinem Gerüche und leichtem Körperbau besonders ausgesucht und gezüchtet und dadurch oft vorzügliche Ergebnisse erreicht. Manche Hunde verbellen gern das Wild aus den Bäumen, andere jagen lieber die Bisamschweine und den Tapir. Der Hauptvorzug eines solchen Hundes ist der, daß er auf der Jagd nicht in der Nähe des Herrn bleibt, sondern selbständig den Wald durchsucht, und wenn er sein Wild gestellt hat, sei es über, auf oder unter der Erde, mit Bellen anhält, bis der Jäger kommt, und sollten Stunden darüber vergehen. Die Hunde handeln im Einverständnisse mit dem Jäger, und oft liegt die ganze Meute ermattet unter dem Baume, auf dem die Pardelkatze eine Zuflucht gefunden hat. Lang hängt die Zunge aus dem trockenen Halse, die Stimme ist heiser, und nur einzelne lassen sie noch hören, und sehnsüchtig blicken alle nach der Seite, von der sie ihren Herrn erwarten.

Da tönt ein ferner, jauchzender Schrei kaum vernehmbar von den Bergen herüber. Er ist ihnen nicht entgangen, und von neuem stürzen sie sich mit wütendem Bellen gegen den umlagerten Baum. Das Jauchzen wiederholt und nähert sich, und jedesmal antwortet einstimmig der ganze Chor, um dem Rufenden den Weg zu zeigen. Endlich hört man das Knacken der Zweige, und der Langersehnte erscheint atemlos, in Schweiß gebadet, mit zerrissenen Kleidern. Die Wut der Hunde erreicht den höchsten Grad, und bald stürzen sie sich auf den verhaßten Feind, der, obgleich schwer verwundet, sein Leben noch teuer verkauft.

Für den Reisenden sind Hunde unentbehrlich. Wenn die Sonne zum Untergange sich neigt, wird an geeigneter Stelle, d. h. wo sich Holz und Wasser findet, das Nachtlager aufgeschlagen. Die Hunde liegen im Kreise umher, womöglich bei einem Strauche oder dichten Grasbusche, um sich gegen die Kühle der Nacht oder gegen die Anfälle der Mücken zu schützen, und der Reisende, wenn er seine Reit- und Lasttiere versorgt, d. h. frei auf den Kamp getrieben hat, kann sich sorglos dem Schlafe überlassen. Die treuen Wächter halten jede Gefahr fern, die durch Menschen oder reißende Tiere drohen könnte. Nur gegen Klapperschlangen und Jararacas (die gefährlichsten Giftschlangen Südamerikas) vermag ihre Wachsamkeit nichts, ebensowenig gegen die Diebe, die des Nachts Pferde und Maultiere des Reisenden wegtreiben. Wo es also bloß auf das Wachen ankommt, wählt man am besten die gewöhnlichen Kampfhunde, womöglich die Dickköpfe, die der Jäger verachtet. Der reisende Tierkundige dagegen bedarf der Hunde als seine besten Lieferanten und zieht deshalb die Jagdhunde vor. Doch müssen sie während des Marsches in waldigen Gegenden stets zu zweien gekoppelt sein, da sie sonst durch jede frische Fährte zur Jagd verleitet werden, so daß ihrem Herrn oft nichts übrigbleibt, als die Reise zu unterbrechen, um die Rückkunft der Hunde zu erwarten oder diese aufzugeben. Auf solche Weise geht mancher wertvolle Hund verloren; denn er kann der Fährte des berittenen Herrn später nicht folgen. Daher sind Rehhunde zur Reisebegleitung die schlechtesten. Bei ihrem ungezähmten Jagdeifer muß man sie auch gekoppelt stets im Auge behalten, was zu vielen Unbequemlichkeiten für den Reisenden führt.

 

Der innige Verkehr des Reisenden und Jägers mit seinen Hunden, die beständige Aufmerksamkeit, die beide Teile aufeinander haben, schafft ein Verhältnis gegenseitiger Freundschaft, das guten Hunden gegenüber nur die unerbittliche Notwendigkeit trennen kann. Ein nicht geringer Teil meiner Sammlung ist mit der Erinnerung an diesen oder jenen der Hunde innig verknüpft, und ich kann nicht die lange Reihe der Coatischädel oder die Gerippe der Ozelote durchmustern, ohne mich bei vielen derselben an die Szenen von unbezähmbarer Kampfeswut der Sieger und verzweifelter Gegenwehr der Besiegten zu erinnern.

Wunderbar ist die Verschiedenheit in den geistigen Anlagen des Hundes, vielleicht um so größer, je weniger deutlich seine Rasse ist. Unter meinen Hunden waren die beiden größten und stärksten, obgleich an körperlichen Eigenschaften einander vollkommen gleich, doch an geistigen unendlich verschieden. Der eine feig gegen andere Hunde oder im Kampfe mit reißenden Tieren, aber im höchsten Grade schlau, vorsichtig und berechnend, immer nur auf seinen Vorteil bedacht, ein vollendeter Egoist, der andere tapfer, mutig bis zur Tollkühnheit, dabei treu und bieder, seinem Herrn mit Liebe zugetan, ein wahrer Held ohne Furcht und Tadel. Ich könnte unzählige Züge von der Schlauheit des einen und der Tapferkeit des andern erzählen. Beide wären imstande gewesen, ein selbständiges Leben zu führen und sich den Unterhalt auf eigene Faust zu erwerben: allein wie verschieden wären ihre Wege im Kampfe ums Dasein gewesen. Der eine hätte den Kamp meilenweit abgespürt und sich von den Leichen des gefallenen Viehes in Vorsicht und Sicherheit genährt, der andere würde Kälber und Füllen niedergerissen und wahrscheinlich bald von den Hunden des Hirten seinen Tod gefunden haben.

Oft schon hatte es mein Staunen erregt, wie schnell sich eine für die Hunde wichtige Nachricht unter denselben verbreitet. Der verwesende Leichnam des Viehes, nur von einem einzigen und in abgelegener Gegend entdeckt, wird bald von vielen besucht werden. Bei dem Futterneide des Hundes ist an absichtliche Mitteilung der Nachricht nicht zu denken. Ich hatte längere Zeit in einem Wirtshause des Urwaldes gewohnt. Rings um das Gehöft auf der abgeholzten kleinen Hochebene befanden sich viele Hecken, in denen das zahlreiche Vieh der Ansiedler weidete. Eines Tages saß ich in der Gaststube des Hauses mit meinen Hunden und einer ziemlichen Anzahl Menschen. Da öffnete sich die Hintertür des Zimmers, und leise schob sich Vagabund, der schlechteste unter meinen Hunden, herein. Mit dem gleichgültigsten und dümmsten Gesichte von der Welt spähte er nach einem guten Platze, aber heimlich fuhr er noch einmal mit der Zungenspitze über die Oberlippe. In der ganzen Gesellschaft hatten nur zwei dies bemerkt: ich und der Schlaue. Langsam erhob sich dieser und schritt auf den Hereinkommenden zu, obgleich beide sonst nicht in Freundschaft lebten. Dieser merkte sogleich die Absicht. Wie ein ertappter Verbrecher setzte er sich und ließ Kopf und Ohren herabhängen. Der andere trat an ihn heran, beroch ihm das Maul von einem Winkel zum andern, senkte sogleich die Nase zur Erde und verließ vorsichtig, aber eilig das Zimmer durch die Hintertür. Ich eilte ihm nach, voll Neugierde, wie sich die Begebenheit weiter entwickeln werde, und sah nur noch, wie der Hund, die Nase auf der Erde, in den Hecken verschwand. Als ich ihm folgte und kaum dreihundert Schritte zurückgelegt hatte, hörte ich schon das Krachen der Knochen in den Hecken: der Schlaue labte sich an dem Aase eines Kalbes.«

 

Die Beschreibung des Wesens und Lebens der Haushunde mag die unübertreffliche Kennzeichnung des Tieres eröffnen, die der Altvater der Tierkunde, Linné, in seiner eigentümlich kurzen und schlagenden Weise gegeben hat. Ich bin bemüht gewesen, dieselbe so treu als möglich im Deutschen wiederzugeben, obgleich dies keine leichte Sache ist. Manche Stellen lassen sich gar nicht übersetzen; das übrige lautet etwa also: »Frißt Fleisch, Aas, mehlige Pflanzenstoffe, kein Kraut, verdaut Knochen, erbricht sich nach Gras; lost auf einen Stein: Griechisch Weiß, äußerst beizend. Trinkt leckend: wässert seitlich, in guter Gesellschaft oft hundertmal, beriecht des nächsten After; Nase feucht, wittert vorzüglich; läuft der Quere, geht auf den Zehen; schwitzt sehr wenig, in der Hitze läßt er die Zunge hängen; vor dem Schlafengehen umkreist er die Lagerstätte; hört im Schlafe ziemlich scharf, träumt. Die Hündin ist grausam gegen eifersüchtige Freier; in der Laufzeit treibt sie es mit vielen; sie beißt dieselben; in der Begattung innig verbunden; trägt neun Wochen, wölft vier bis acht, die Männchen dem Vater, die Weibchen der Mutter ähnlich. Treu über alles; Hausgenosse des Menschen; wedelt beim Nahen des Herrn, läßt ihn nicht schlagen; geht jener, läuft er voraus, am Kreuzweg sieht er sich um; gelehrig, erforscht er Verlorenes, macht nachts die Runde, meldet Nahende, wacht bei den Gütern, wehrt das Vieh von den Feldern ab, hält Renntiere zusammen, bewacht Rinder und Schafe vor wilden Tieren, hält Löwen im Schach, treibt das Wild auf, stellt Enten, schleicht im Sprunge an das Netz, bringt das vom Jäger Erlegte, ohne zu naschen, zieht in Frankreich den Bratspieß, in Sibirien den Wagen. Bettelt bei Tische; hat er gestohlen, kneift er ängstlich den Schwanz ein; frißt gierig. Zu Hause Herr unter den Seinigen; Feind der Bettler, greift ungereizt Unbekannte an. Mit Lecken heilt er Wunden, Gicht und Krebs. Heult zur Musik, beißt in einen vorgeworfenen Stein; bei nahem Gewitter unwohl und übelriechend. Hat seine Not mit dem Bandwurm; Verbreitung der Tollwut. Wird zuletzt blind und benagt sich selbst. Der amerikanische vergißt das Bellen. Die Mohammedaner verabscheuen ihn; Opfer der Zergliederer für Blutumlauf usw.«

 

Wir haben diese Beschreibung bloß weiter auszuführen. Alle Haushunde kommen in der Lebensweise und in ihrem Betragen so ziemlich überein, solange nicht die Beeinflussung, die sie von den Sitten und Gewohnheiten des Menschen notwendig mit erdulden müssen, ihnen eine andere Lebensart vorschreibt.

 

Die Hunde sind ebensowohl Tag- als Nachttiere und für beide Zeiten gleich günstig ausgerüstet, auch ebensowohl bei Tage wie bei Nacht munter und lebendig. Sie jagen, wenn sie es dürfen, bei hellem Tage wie bei Nacht und vereinigen sich dazu gern in größeren Gesellschaften. Geselligkeit ist überhaupt ein Grundzug ihres Wesens und hat auf ihre Sitten den entschiedensten Einfluß. Sie fressen alles, was der Mensch ißt, tierische Nahrung ebensowohl wie pflanzliche, und beide im rohen Zustande nicht minder gern als zubereitet. Vor allem aber lieben sie Fleisch, und zwar etwas fauliges mehr noch als das frische. Wenn sie es haben können, verzehren sie Aas mit wahrer Leidenschaft, und selbst die wohlerzogensten und bestgehaltenen Hunde verschlingen gierig die Auswurfsstoffe des menschlichen Leibes. Einzelne Arten ziehen Fleisch aller übrigen Nahrung vor, andere achten es weniger hoch. Von gekochten Speisen sind ihnen mehlige, besonders süße, die willkommensten, und auch wenn sie Früchte fressen, ziehen sie zuckerhaltige den säuerlichen vor. Knochen, gute Fleischbrühe, Brot, Gemüse und Milch sind die eigensten Nahrungsstoffe eines Hundes, Fett und zuviel Salz dagegen ihm schädlich. Auch mit Brot allein kann man ihn füttern und gesund erhalten, wenn man ihm nur immer seine Nahrung zu bestimmten Zeiten reicht. Keine Speise darf ihm heiß gegeben werden; sie muß immer lau sein und ihm nur aus Geschirren gereicht werden, die man beständig rein hält. Wenn ein alter Hund sich täglich einmal recht satt fressen kann, hat er vollkommen genug Nahrung erhalten; besser jedoch ist es, wenn man ihn zweimal füttert: gibt man ihm abends soviel, daß er genügend gesättigt ist, so hütet er eifriger und sicherer den ihm anvertrauten Posten als ein hungriger, der leicht bestochen werden kann. Wasser trinken die Hunde viel und oft, und zwar es mit der Zunge schöpfend, indem sie dieselbe löffelförmig krümmen und die Spitze etwas nach vorn biegen; Wasser ist auch zur Erhaltung ihrer Gesundheit unbedingt notwendig.

 

In gewissen Gegenden haben die Hunde ihre eigene Nahrung. So fressen sie, wie bemerkt, auf Kamtschatka und auch im größten Teile Norwegens bloß Fische, hingegen gewöhnen sie sich da, wo viel Trauben gezogen werden, leicht an solche Kost und tun dann großen Schaden. Bei Bordeaux haben, wie Lenz angibt, die Winzer das Recht, jeden Hund, der sich ohne Maulkorb in den Weinbergen sehen läßt, auf eine beliebige Art vom Leben zum Tode zu bringen. Man sieht daher dort viele Hundegalgen, an denen die Verbrecher aufgehängt werden. Auch in den ungarischen Weinbergen sollen die Haushunde erheblichen Schaden anrichten, weil dort die Trauben fast ganz bis auf die Erde herabhängen.

Wenn die Hunde überflüssige Nahrung besitzen, verscharren sie dieselbe, indem sie ein Loch in den Boden graben und dieses mit Erde zudecken. Bei Gelegenheit kehren sie zurück und graben sich den verborgenen Schatz wieder aus; aber es kommt auch vor, daß sie derartige Orte vergessen. Um Knochensplitter aus dem Magen zu entfernen, fressen sie Gras, namentlich solches von Quecken; als Abführmittel gebrauchen sie Stachelkräuter.

Der Hund kann vortrefflich laufen und schwimmen, ja auch bis zu einem gewissen Grade klettern, aber nicht leicht, ohne Schwindel zu bekommen, an steilen Abgründen hingehen. Sein Gang geschieht in einer eigentümlichen schiefen Richtung. Bei eiligem Laufe ist er imstande, große Sprünge zu machen, nicht aber auch fähig, jähe Wendungen, Kreuz- und Querbewegungen auszuführen. Das Schwimmen verstehen alle Hunde von Hause aus, einige Arten jedoch weit besser als andere. Einige lieben das Wasser außerordentlich; verwöhnte Hunde scheuen es in hohem Grade. Das Klettern habe ich von den Hunden hauptsächlich in Afrika beobachtet. Hier erklimmen sie mit großer Gewandtheit Mauern oder die wenig geneigten Hausdächer und laufen wie Katzen mit unfehlbarer Sicherheit auf den schmalen Absätzen hin. In der Ruhe sitzt der Hund entweder auf den Hinterbeinen oder legt sich auf die Seite oder den Bauch, indem er die Hinterfüße auswärts, die Vorderfüße vorwärts und zwischen dieselben seinen Kopf legt; selten streckt er die Hinterbeine dabei auch nach rückwärts aus. Große, schwere Hunde legen sich im Sommer gern in den Schatten und zuweilen auf den Rücken. Bei Kühle ziehen sie die Füße an sich und stecken die Schnauze zwischen die Hinterbeine. Die Wärme lieben alle, ebenso eine weiche Unterlage; dagegen vertragen nur wenige eine Decke, die sie birgt, und die Nase mindestens muß stets unter einer solchen hervorschauen. Ehe sich der Hund niederlegt, geht er einige Male im Kreise umher und scharrt sein Lager auf, oder versucht dies wenigstens zu tun. Das Scharren macht ihm Vergnügen; er kratzt oft mit Vorder- oder Hinterbeinen gleichsam zu seiner Unterhaltung.

Alle Hunde schlafen gern und viel, aber in Absätzen, und ihr Schlaf ist sehr leise und unruhig, häufig auch von Träumen begleitet, die sie durch Wedeln mit dem Schwanze, durch Zuckungen, Knurren und leises Bellen kundgeben. Reinlichkeit lieben sie über alles: der Ort, wo sie gehalten werden und namentlich, wo sie schlafen sollen, muß sauber sein. Ihren Unrat setzen sie gern auf kahlen Plätzen, besonders auf Steinen ab und decken ihn zuweilen mit Mist oder Erde zu, die sie mit den Hinterfüßen nach rückwärts werfen. Selten gehen die männlichen Hunde an einem Haufen, Steine, Pfahle oder Strauche vorüber, ohne sich hierbei ihres Harns zu entledigen, und zwar tun sie dies, nach Linnéscher Angabe, wenn sie über neun Monate alt geworden sind. Dagegen schwitzen sie selbst beim stärksten und anhaltendsten Laufe wenig am Körper; ihr Schweiß sondert sich auf der Zunge ab, die sie, wenn sie erhitzt sind, keuchend aus dem Munde strecken.

Die Sinne des Hundes sind scharf, aber bei den verschiedenen Arten nicht gleichmäßig ausgebildet. Geruch, Gehör und Gesicht scheinen obenanzustehen, und zwar zeichnen sich die einen durch feineres Gehör, die anderen durch besseren Geruch vor den übrigen aus. Auch der Geschmack ist ihnen nicht abzusprechen, obwohl derselbe in eigentümlicher Weise sich äußert. Alle Reizungen, die ihre Sinneswerkzeuge zu sehr anregen, sind ihnen verhaßt. Am wenigsten empfänglich zeigen sie sich gegen das Licht, sehr empfindlich aber gegen laute und gellende Töne oder scharfe Gerüche. Glockengeläute und Musik bewegt sie zum Heulen; kölnisches Wasser, Salmiakgeist, Äther und dergleichen ruft wahres Entsetzen bei ihnen hervor, wenn man solche Dinge ihnen unter die Nase hält. Der Geruch ist bei manchen in außerordentlicher Weise entwickelt und erreicht eine Höhe, die wir geradezu nicht begreifen können. Wie wichtig der Geruchsinn für das Leben der Hunde ist, geht schlagend aus Untersuchungen hervor, die Biffi und nach ihm Schiff anstellten. Sie zerschnitten säugenden Hunden den Riechnerven und den Riechkolben. Nachdem dies geschehen war, krochen die Hündchen scheinbar gesund im Lager umher; aber sie konnten die Zitzen der Mutter nicht mehr finden, und es blieb nichts anderes übrig, als sie mittels einer Spritze zu ernähren. Sie machten Saugversuche an einem erwärmten Schafspelze, und merkten die Nähe der Mutter gewöhnlich erst durch Berührung. Als sie zu laufen begannen, verirrten sie sich oft und fanden das Lager nicht wieder. Fleisch und Brot in der Milch ließen sie liegen, zogen später das Fleisch dem Brote nicht vor, nahmen das Futter nur durch das Gesicht wahr und ließen sich deshalb leicht und in der allersonderbarsten Weise täuschen. Feuchtigkeit und Wärme eines Gegenstandes leitete sie dabei oft gänzlich falsch. Sie ließen trockenes Fleisch liegen, leckten aber den eigenen Harn und den eigenen Kot auf. Schweflige Säure und andere starke Gerüche beachteten sie gar nicht; Ammoniak und Äther bewirkten nach längerer Zeit, aber erst viel später als bei anderen Hunden, Niesen. Als sie größer wurden, zeigten sie nicht die geringste Anhänglichkeit an den Menschen.

Über das geistige Wesen der Hunde lassen sich Bücher schreiben; es dürfte also sehr schwer sein, dasselbe mit kurzen Worten zu schildern. Die mir am meisten zusagende Beschreibung der Hundeseele hat Scheitlin gegeben. »So groß die leibliche Verschiedenheit der Hunde ist«, sagt er, »die geistige ist noch viel größer; denn die einen Hundearten sind völlig ungelehrig, die anderen lernen alles mögliche augenblicklich. Die einen kann man nicht, die anderen schnell ganz zähmen, und was die einen hassen, das lieben andere. Der Pudel geht von selbst ins Wasser, der Spitz will immer zu Hause bleiben. Die Dogge läßt sich auf den Mann, der Pudel nicht hierzu abrichten. Nur der Jagdhund hat eine solch feine Spürnase; nur der Bärenhund beißt den Bären zwischen die Hinterbeine; nur der lange Dachshund, dem in der Mitte ein Paar Beine zu mangeln scheinen, ist so niedrig gebaut und so krummbeinig, um in Dachslöcher hineinkriechen zu können, und tut dies mit derselben Wollust, mit der der Fleischerhund in Bogen läuft und hinter den Kälbern und Rindern herhetzt.

Der Hund von Neufundland ist es, der den Wolf nicht fürchtet, daher vortrefflich zur Herdenbewachung dient und meisterhaft gräbt, schwimmt, taucht und Menschen herausholt. Auch der Fleischerhund mißt sich mit dem Wolfe, ist ein guter Herdenwächter, jagt auf wilde Schweine und jedes andere große Tier, ist verständig und dem Herrn treu zugetan, geht aber nicht ins Wasser, wenn er nicht muß. Man benutzt und mißbraucht ihn zur Hetze, wodurch er ganz nach psychologischer Ordnung immer schärfer und besonders gegen Kälber, die, weil sie nicht ausschlagen, von ihm nicht gefürchtet werden, eine wahre Bestie wird. Sein Blutdurst ist äußerst widrig, und seine Wut, zu beißen, Blut zu trinken, Tierüberreste herumzuzerren und zu fressen, gehört zu seinen schlechtesten Eigenschaften. Dem Windhunde wird beinahe aller Verstand, Erziehungsfähigkeit und Treue an seinem Herrn ab-, dafür kindische Neigung, von Unbekannten sich schmeicheln zu lassen, zugesprochen; doch kann man ihn zur Jagd auf Hasen usw. abrichten. Die Wachtelhunde deuten mit ihrem Namen auf das, wozu sie von Natur taugen. Denn der Hund und jedes andere Tier muß durch irgend etwas von sich aus kundtun, wozu es Lust hat, ehe man es abrichten will. Zum bloßen Vergnügen, sich im Arme tragen zu lassen, mit der Dame auf dem Sofa zu schlafen, am warmen Busen zu liegen, Ungünstlinge anzuknurren, in der Stube zu bleiben, mit der Dame aus einem Glase zu trinken, von einem Teller zu speisen und sich küssen zu lassen, dazu wird das Bologneser- und Löwenhündchen gehalten. Am Jagdhunde wird ein scharfer Geruch und viel Verstand und die größte Gelehrigkeit nebst treuer Anhänglichkeit an seinen Herrn gelobt. Ebenso verständig und ein guter Wächter ist der Haus- oder der Hirtenhund. Der Spitz oder Pommer soll klüger, gelehriger, lebhafter und geschickter Art sein und gern beißen, als Haushund wachsam und in einzelnen Abarten tückisch und falsch sein. Dem Menschen ergeben, aber ohne seinen Herrn zu kennen, Schläge nicht fürchtend, unersättlich und doch mit Geschicklichkeit lange zu hungern fähig, gehört zur Kennzeichnung des Nordhundes Der Doggen Art ist Treue bei wenig Verstand; sie sind gute Wächter, wilde, mutige Gegner auf wilde Schweine, Löwen, Tiger und Panther: sie achten auch ihr eigenes Leben fast für nichts, merken auf jeden Wink des Auges und der Hand, wie vielmehr auf das Wort ihres Herrn, lassen auf den Mann sich abrichten, nehmen es mit drei, vier Mann auf, berücksichtigen Schüsse, Stiche und zerrissene Glieder nicht und balgen sich mit ihresgleichen greulich herum. Sie sind sehr stark, reißen den stärksten Menschen zu Boden, erdrosseln ihn, bannen ihn, auf ihm herumspringend, auf eine Stelle, bis er erlöst wird, und halten rasende Wildschweine am Ohre fest. Leitsam sind sie im höchsten Grade. Sie haben ein wenig mehr Verstand, als man meint. Am tiefsten unter den Hunden steht unleugbar der Mops. Er ist durch geistige Versinkung entstanden und kann sich begreiflich durch sich selbst nicht heben. Er erfaßt den Menschen nicht und der Mensch ihn nicht.

Der Hundeleib ist für die Zeichnung und Ausstopfung schon zu geistig. Seine Seele ist unleugbar so vollkommen, wie die eines Säugetieres sein kann. Von keinem Tiere können wir so oft sagen, daß ihm vom Menschen nichts mehr als die Sprache mangelt, von keinem Säugetiere haben wir so viele Darstellungen aller Abänderungen, von keinem so eine außerordentliche Menge von Erzählungen, die uns sein Anstand, sein Gedächtnis, seine Erinnerungskraft, sein Schließungsvermögen, seine Einbildungskraft oder sogar sittliche Eigenschaften, als da sind: Treue, Anhänglichkeit, Dankbarkeit, Wachsamkeit, Liebe zum Herrn, Geduld im Umgange mit Menschenkindern, Wut und Todeshaß gegen die Feinde seines Herrn usw., kundtun sollen, weswegen kein Tier so oft als er dem Menschen als Muster vorgestellt wird. Wie viel wird uns von seiner Fähigkeit, zu lernen, erzählt! Er tanzt, er trommelt, er geht auf dem Seile, er steht Wache, er erstürmt und verteidigt Festungen, er schießt Pistolen los; er dreht den Bratspieß, zieht den Wagen; er kennt die Noten, die Zahlen, Karten, Buchstaben; er holt dem Menschen die Mütze vom Kopfe, bringt Pantoffeln und versucht Stiefel und Schuhe wie ein Knecht auszuziehen; er versteht die Augen- und Mienensprache und noch gar vieles andere.

Gerade seine Verderbtheit, gerade seine List, sein Neid, Zorn, Haß, Geiz, seine Falschheit, Zanksucht, Geschicklichkeit, sein Leichtsinn, seine Neigung zum Stehlen, seine Fähigkeit, aller Welt freundlich zu sein usw. bringen ihm den gewöhnlichen Menschen nahe. Würmer, Käfer und Fische lobt und tadelt man nicht, aber den Hund! Man denkt, es lohne sich der Mühe, ihn zu strafen und zu belohnen. Man gebraucht in Urteilen über ihn gerade die Ausdrücke, die man von dem Menschen braucht. Man macht ihn wegen seiner geistigen und sittlichen Vorzüge zum Reise- und Hausgenossen, zum Lebensgefährten und lieben Freunde; man lohnt ihm seine Liebe und Anhänglichkeit durch Anhänglichkeit und Liebe; man macht ihm zum Tischgenossen, man räumt ihm wohl gar eine Stelle im Bette ein; man kost ihn, pflegt ihn sorgfältig, gibt ihn an den Arzt, wenn er leidend ist, trauert mit ihm, um ihn und weint, wenn er gestorben; man setzt ihm ein Denkmal.

Nicht ein einziger Hund ist dem andern weder körperlich noch geistig gleich. Jeder hat eigene Arten und Unarten. Oft sind sie die ärgsten Gegensätze, so daß die Hundebesitzer an ihren Hunden einen unersetzlichen Stoff zu gesellschaftlichen Gesprächen haben. Jeder hat einen noch gescheiteren! Doch erzählt etwa einer von seinem Hunde hundsdumme Streiche, dann ist jeder Hund ein großer Stoff zu einer Charakteristik, und wenn er ein merkwürdiges Schicksal erlebt, zu einer Lebensbeschreibung. Selbst in seinem Sterben kommen Eigenheiten vor.

Nur wer kein Auge hat, sieht die ihm ursprünglichen und entstandenen Eigenschaften nicht. Und welche Verschiedenheit einer und derselben Hundeart! Jeder Pudel z. B. hat Eigenschaften, Sonderbarkeiten, Unerklärbarkeiten; er ist schon viel ohne Anleitung. Er lehrt sich selbst, ahmt dem Menschen nach, drängt sich zum Lernen, liebt das Spiel, hat Launen, setzt sich etwas in den Kopf, will nichts lernen, tut dumm, empfindet Langeweile, will tätig sein, ist neugierig usw. Einige können nicht hassen, andere nicht lieben; ewige können verzeihen, andere nie. Sie können einander in Gefahren und zu Verrichtungen beistehen, zu Hilfe eilen, Mitleid fühlen, lachen, und weinen oder Tränen vergießen, zur Freude jauchzen, aus Liebe zum verlorenen Herrn trauern, verhungern, alle Wunden für ihn verachten, den Menschen ihresgleichen weit vorziehen, und alle Begierden vor den Augen ihres Herrn in dem Zügel halten oder schweigen. Der Pudel kann sich schämen, kennt Raum und Zeit vortrefflich, kennt die Stimme, den Ton der Glocke, den Schritt seines Herrn, die Art, wie er klingelt, kurz, er ist ein halber, ein Zweidrittelmensch. Er benutzt ja seinen Körper so gescheit wie der Mensch den seinigen und wendet seinen Verstand für seine Zwecke vollkommen an; doch mangelt ihm das letzte Drittel.

Wir müssen wesentlich verschiedene Geister, die nicht ineinander verwandelt werden können, unter den Hunden annehmen. Der Geist des Spitzes ist nicht der des Pudels; der Mops denkt und will anders als der Dachshund. Der Mops ist dumm, langsam, phlegmatisch, der Metzgerhund melancholisch, bittergallig, blutdurstig, der Spitz heftig, jähzornig, engherzig, bis in den Tod gehässig, der Pudel immer lustig, immer munter, alle Zeit durch der angenehmste Gesellschafter, aller Welt Freund, treu und untreu, dem Genusse ergeben, wie ein Kind nachahmend, zu Scherz und Possen stets aufgelegt, der Welt und allen ohne Ausnahme angehörig, während der Spitz nur seinem Hause, der Metzgerhund nur dem Tiere, der Dachshund nur der Erdhöhle, der Windhund nur dem Laufe, die Dogge nur dem Herrn, der Hühnerhund nur dem Feldhuhn angehört. Bloß der Pudel befreundet sich mit allen Dingen, mit der Katze, dem Gegensatze, mit dem Pferde, dem Gefährten, mit dem Menschen, dem Herrn, mit dem Hause, es bewachend, mit dem Wasser, aus dessen Tiefe er gern Steine holt, mit dem Vogel des Himmels, zu dem er hoch hinaufspringt, ihn zu fangen, mit der Kutsche und dem Wagen, indem er unter ihnen herläuft. Doggen vertreten Wächter, Soldaten, Mörder, bannen und erdrosseln Menschen. Die Windspiele und Jagdhunde vertreten die Jäger mit angeborenen Jägerbegabungen. Wie leicht sind sie an das Horn zu gewöhnen, wie achtsam sind sie auf den Schuß und jedes Jagdzeichen! Wie verstehen sie so genau alle Stimmen und Bewegungen des Wildes; wie geschickt ist der Hühnerhund, zu lernen, wie er das gefundene Tier anzeigen, festbannen, welches Bein er erheben oder vorstrecken muß, je nachdem er dieses oder jenes erblickt. Zwar lehrt ihn schon viel die Natur, und er muß gar nicht alles vom Menschen lernen, er lehrt sich manches selbst. Aber der Pudel lehrt sich selbst noch weit mehr, an ihm ist alles Seele, er macht nichts Dummes, oder nur, wenn er selbst es will. In allen Hundearten ist mehr Trieb, in ihm mehr Verstand. Wie rast der Jagdhund der Jagd zu, wie tobt er keuchend, atemlos dem Wilde nach! Wie wütet die Dogge auf den Feind los! Wie niederträchtig umrennt der Metzgerhund mit lechzender, herabhängender Zunge und falschem Auge im Halbkreise die vor ihm angstvoll trippelnden Kälber! Wie roh fällt er sie an, wenn sie auf die Seite sich verirren, wie gleichgültig ist er gegen ihren Schmerz, ja er scheint ihm noch zu gefallen! Wie stürzt der Hühnerhund auf die erlegten Vögel, hingerissen von der Wut, sie zu erdrosseln! Nichts von allem diesem Unedlen, Unwürdigen, Schimpflichen am Pudel, wenn er nicht verzogen wurde, wenn man ihn, sei es auch nur naturgemäß, seinem eigenen Genius überlassen hat. Der Pudel ist von Natur gut, jeder schlechte ist durch Menschen schlecht gemacht worden.«

Was ließe sich über den Verstand des Hundes nicht alles noch sagen. Fürwahr, man darf es Zoroaster nicht verdenken, wenn er in diesem Tiere den Begriff alles tierisch Edlen und Vollkommenen vereinigt sieht. Müssen wir doch alle im Hunde unsern treuesten Freund, unsern liebsten Gesellschafter aus dem ganzen Tierreiche erblicken; sind wir doch imstande, uns mit ihm förmlich zu unterhalten.

»Ich habe Hunde gekannt«, sagt Lenz, »die fast jedes Wort ihres Herrn zu verstehen schienen, auf seinen Befehl die Tür öffneten und verschlossen, den Stuhl, den Tisch oder die Bank herbeibrachten, ihm den Hut abnahmen oder holten, ein verstecktes Schnupftuch und dergleichen aufsuchten und brachten, den Hut eines ihnen bezeichneten Fremden unter andern Hüten durch den Geruch hervorsuchten usw. Überhaupt ist es eine Lust, einen klugen Hund zu beobachten, wie er die Ohren und Augen wendet, wenn er den Befehl seines Herrn erwartet, wie er entzückt ist, wenn er ihm folgen darf, und wie jämmerlich dagegen sein Gesicht, wenn er zu Hause bleiben muß; wie er ferner, wenn er vorausgelaufen und an einen Scheideweg gekommen, sich umsieht, um zu erfahren, ob er links oder rechts gehen müsse; wie glückselig er ist, wenn er einen recht klugen, wie beschämt, wenn er einen dummen Streich gemacht hat; wie er, wenn er ein Unheil angestellt hat und nicht gewiß weiß, ob sein Herr es merkt, sich hinlegt, gähnt, den Halbschlafenden und Gleichgültigen spielt, um jeden Verdacht von sich abzuwälzen, dabei aber doch von Zeit zu Zeit einen ängstlichen, ihn verratenden Blick auf seinen Herrn wirft; wie er ferner jeden Hausfreund bald kennenlernt, unter den Fremden Vornehm und Gering leicht unterscheidet, vorzüglich einen Ingrimm gegen Bettler hegt usw. Hübsch sieht sich's auch mit an, wenn ein Hund seinem Herrn zum Gefallen Trüffeln sucht, für die er doch von Natur eigentlich gar keine Liebhaberei hat; wie ein anderer seinem Herrn den Schubkarren ziehen hilft und sich um so mehr anstrengt, je mehr er sieht, daß sein Herr es tut!«

Aus diesem allen geht hervor, daß die Hundearten untereinander in eben demselben Grade geistig verschieden sind, wie sie leiblich voneinander abweichen. Unerschütterliche Treue und Anhänglichkeit an den Herrn, unbedingte Folgsamkeit und Ergebenheit, strenge Wachsamkeit, Sanftmut, Milde im Umgang, dienstfertiges und freundliches Betragen: dies sind die hervorragendsten Züge ihres geistigen Wesens. Kein einziger Hund vereinigt sie alle in gleich hoher Ausbildung: der eine Zug tritt mehr zurück, der andere mehr hervor. Mehr, als man annimmt, tut dabei die Erziehung. Nur gute Menschen können Hunde gut erziehen, nur Männer sind fähig, sie zu etwas Vernünftigem und Verständigem abzurichten. Frauen sind keine Erzieher, und Schoßhunde deshalb auch stets verzogene, verzärtelte, launenhafte und nicht selten heimtückische Geschöpfe. Der Hund ist ein treues Spiegelbild seines Herrn: je freundlicher, liebreicher, aufmerksamer man ihn behandelt, je besser, reinlicher man ihn hält, je mehr und je verständiger man sich mit ihm beschäftigt, um so verständiger und ausgezeichneter wird er, und genau das Gegenteil geschieht, wenn umgekehrt seine Behandlung eine schlechte war. Der Bauernhund ist ein roher, plumper, aber ehrlicher Gesell, der Schäferhund ein verständiger Hirt, der Jagdhund ein vortrefflicher Jäger, der die Kunst der Jagd selbst auf eigene Faust betreibt, der Hund eines vornehmen Nichtstuers ein üppiger Faulenzer und eigentlich weit ungezogener als der rohe, ungebildete des Bauern. Jeder Hund nimmt den Ton des Hauses an, in dem er lebt, ist verständig, wenn er bei vernünftigen Leuten wohnt, wird zum hochmütigen Narren, wenn sein Herr durch Stolz die Hohlheit seines Kopfes ausfüllen muß, beträgt sich freundlich gegen jedermann, wenn es in seinem Hause gesellig hergeht, oder ist ein grämlicher Einsiedler, wenn er bei einem alten Junggesellen, bei einer älteren Jungfrau wohnt, die wenig Zuspruch hat. Unter allen Umständen fügt er sich in die verschiedenartigsten Verhältnisse, und immer gibt er sich dem Menschen mit ganzer Seele hin. Diese hohe Tugend wird leider gewöhnlich nicht erkannt, und deshalb gilt heute noch das Wort »hündisch« für entehrend, während es eigentlich gerade das Gegenteil bedeutet. Die Allseitigkeit der Befähigung erhebt den Hund auf die höchste Stufe, die Treue zum Menschen macht ihn zu dessen unentbehrlichsten Genossen. Er gehört ganz und gar seinem Herrn an und opfert ihm zuliebe sich selbst auf. In seinem Gehorsam, mit dem er alle Befehle seines Gebieters ausführt, in der Bereitwilligkeit, mit der er sich den schwersten Arbeiten unterzieht, sich in Lebensgefahr begiebt, kurz, in dem beständigen Bestreben, dem Herrn unter allen Umständen zu nützen und zu dienen: darin liegt sein Ruhm, seine Größe. Wenn man ihn Speichellecker und Schwanzwedler schimpft, vergesse man nicht, daß der Hund sich dieser Kriecherei und Erniedrigung nur seinem Herrn und Wohltäter gegenüber schuldig macht; gegen diesen wedelnd und kriechend, weist er sofort dem eintretenden Fremden die Zähne und ist sich jeden Augenblick seiner Stellung bewußt.

Manche eigentümliche Sitten sind fast allen Arten gemein. So heulen und bellen sie den Mond an, ohne daß man dafür eigentlich einen Grund auffinden könnte. Sie rennen allem was schnell an ihnen vorübereilt, nach, seien es Menschen, Tiere, rollende Wagen, Kugeln, Steine oder dergleichen, suchen es zu ergreifen und festzuhalten, selbst wenn sie recht wohl wissen, daß es ein durchaus unnützbarer Gegenstand für sie ist. Sie sind gegen gewisse Tiere in höchstem Grade feindlich gesinnt, ohne daß dazu ein sicherer Grund vorhanden wäre. So hassen alle Hunde die Katzen und den Igel; sie machen bei letzterem sich förmlich ein Vergnügen daraus, sich selbst zu quälen, indem sie wütend in das Stachelkleid beißen, obgleich sie wissen, daß dies erfolglos ist und ihnen höchstens blutige Nasen und Schnauzen einbringt.

Beachtenswert erscheint das sehr starke Vorgefühl des Hundes bei Veränderung der Witterung. Er sucht deren Einflüssen im voraus zu begegnen, zeigt sogar dem Menschen schon durch einen widerlichen Geruch, den er ausdünstet, kommenden Regen an.

In seinem Umgang mit Menschen beweist der Hund ein Erkennungsvermögen, das uns oft wundernehmen muß. Daß alle Hunde den Abdecker kennenlernen und mit äußerstem Hasse verfolgen, ist sicher? ebenso gewiß aber auch, daß sie augenblicklich wissen, ob ein Mensch ein Freund von ihnen ist oder nicht. Wohl nicht zu bezweifeln dürfte sein, daß die Ausdünstung gewisser Personen ihnen besonders angenehm oder unangenehm ist; allein dies würde immer noch nichts für diesen Fall beweisen. Manche Menschen werden, sobald sie in ein Haus treten, augenblicklich mit größter Freundlichkeit von allen Hunden begrüßt, selbst wenn ihnen diese noch nicht vorgestellt worden und ganz fremd sind. Ich kenne Frauen, die sich nirgends niederlassen können, ohne nach wenigen Minuten von sämtlichen Haushunden umlagert zu werden. Bei dem Umgange des Hundes mit dem Menschen kann man sehr gut den wechselnden Ausdruck des Hundegesichts beobachten. Die hohe geistige Fähigkeit des Tieres spricht sich in seinem Gesichte ganz unverkennbar aus, und es wird wohl niemand leugnen wollen, daß jeder Hund seinen durchaus besonderen Ausdruck hat, daß man zwei Hundegesichter ebensowenig wird verwechseln können wie zwei Menschengesichter.

Unter sich leben die Hunde gewöhnlich nicht besonders verträglich. Wenn zwei zusammenkommen, die sich nicht kennen, geht's erst an ein gegenseitiges Beriechen, dann fletschen beide die Zähne, und die Beißerei beginnt, falls nicht zarte Rücksichten obwalten. Um so auffallender sind Freundschaften von der größten Innigkeit, die einzelne, gleichgeschlechtige Hunde zuweilen eingehen. Solche Freunde zanken sich nie, suchen sich gegenseitig, leisten sich Hilfe in der Not usw. Auch mit andern Tieren werden manchmal ähnliche Bündnisse geschlossen; selbst das beliebte Sprichwort von der Zuneigung zwischen Hund und Katze kann zuschanden werden.

Der Geschlechtstrieb ist bei den Hunden sehr ausgeprägt und zeigt sich bei allen Arten als Äußerung einer heftigen Leidenschaft, als ein Rausch, der sie mehr oder weniger närrisch macht. Wird jener nicht befriedigt, so kann der Hund unter Umständen krank, sogar toll werden. Dabei ist der männliche Hund nicht ärger beteiligt als der weibliche, obgleich bei diesem die Sache in einem andern Lichte sich zeigt. Die Hündin ist zweimal im Jahre läufisch, zumeist im Februar und im August, und zwar währt dieser Zustand jedesmal neun bis vierzehn Tage. Um diese Zeit versammelt sie alle männlichen Hunde der Nachbarschaft um sich, selbst solche, die eine Viertelmeile weit von ihr entfernt wohnen. Wie diese von einer begattungslustigen Hündin Kunde bekommen, ist geradezu unbegreiflich. Man kann nicht wohl annehmen, daß sie durch den Geruch so weit geleitet würden, und gleichwohl läßt sich eine andere Erklärung ebensowenig geben. Das Betragen beider Geschlechter unter sich ist ebenso anziehend wie abstoßend, erregt ebenso unsere Heiterkeit wie unseren Widerwillen. Der männliche Hund folgt der Hündin auf Schritt und Tritt und wirbt mit allen möglichen Kunstgriffen um deren Zuneigung. Jede seiner Bewegungen ist gehobener, stolzer und eigentümlicher; er sucht sich mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln liebenswürdig zu machen. Dahin gehören das Beschnuppern, das freundliche Anschauen, das sonderbare Auswerfen des Kopfes, die wirklich zärtlichen Blicke, das bittende Gekläff und dergleichen. Gegen andere Hunde zeigt er sich mißgelaunt und eifersüchtig. Finden sich zwei gleich starke auf gleichem Wege, so gibt es eine tüchtige Beißerei: sind mehrere vereinigt, so geschieht dies nicht, aber nur aus dem Grunde, weil alle übrigen männlichen Hunde sofort auf ein paar Zweikämpfer losstürzen, tüchtig auf sie einbeißen und sie dadurch auseinandertreiben. Gegen die Hündin benehmen sich alle gleich liebenswürdig, gegen ihre Mitbewerber gleich abscheulich, und deshalb hört auch das Knurren und Kläffen, Zanken und Beißen nicht auf. Die Hündin selbst zeigt sich äußerst spröde und beißt beständig nach den sich ihr nahenden Bewerbern, knurrt, zeigt die Zähne und ist sehr unartig, ohne jedoch dadurch die hingebenden Liebhaber zu erzürnen oder zu beleidigen. Endlich scheint sie doch mit ihnen Frieden zu schließen und gibt sich den Forderungen ihres natürlichen Triebes hin. Wie alle Säugetiere lebt sie in Vielmännigkeit und gestattet mehr als einem Hunde die Beiwohnung: es ist also unrichtig, wenn Scheitlin behauptet, daß nur unter den Menschen, diesen »Unnaturen«, hier und da ein Weib viel Männer habe. Sobald die Laufzeit vorüber ist, sind alle Hunde, wenn auch nicht gleichgültig, so doch weit weniger für den Gegenstand ihrer so heißen Liebe eingenommen.

Dreiundsechzig Tage nach der Paarung wölft die Hündin an einem dunklen Orte drei bis zehn, gewöhnlich vier bis sechs, in äußerst seltenen Fällen aber zwanzig und mehr Junge, die schon mit den Vorderzähnen zur Welt kommen, jedoch zehn bis zwölf Tage blind bleiben. Die Mutter liebt ihre Kinder über alles, säugt, bewahrt, beleckt, erwärmt, verteidigt sie und trägt sie nicht selten von einem Orte zum andern, indem sie dieselben sanft mit ihren Zähnen an der schlaffen Haut des Halses faßt. Ihre Liebe zu den Sprößlingen ist wahrhaft rührend: man kennt Geschichten, die nicht nur unsere vollste Hochachtung, sondern unsere Bewunderung erregen müssen. So erzählt Bechstein eine Tatsache, die fast unglaublich scheint. »Ein Schäfer in Waltershausen kaufte regelmäßig im Frühjahre auf dem Eichsfelde Schafe ein, und seine Hündin mußte ihn natürlich auf dem achtzehn Meilen weiten Geschäftswege begleiten. Einst kam dieselbe in der Fremde mit sieben Jungen nieder, und der Schäfer war genötigt, sie deshalb zurückzulassen. Aber siehe, anderthalb Tage nach seiner Rückkehr zu Hause findet er die Hündin mit ihren sieben Jungen vor seiner Haustüre. Sie hatte streckenweise ein Hündchen nach dem andern die weite Reise fortgeschleppt und so den langen Weg vierzehnmal zurückgelegt und, trotz ihrer Entkräftung und Erschöpfung, das überaus schwere Werk glücklich beendet.«

Gewöhnlich läßt man einer Hündin nur zwei bis drei, höchstens vier Junge von ihrem Gewölfe, um sie nicht zu sehr zu schwächen. Die kleinen Gesellen brauchen viele Nahrung, und die Alte ist kaum imstande, ihnen das Erforderliche zu liefern. Daß der Mensch als Schutzherr des Tieres eine säugende Hündin besonders gut und kräftig füttern muß, braucht wohl nicht erwähnt zu werden. Jeder Hundebesitzer macht der Hundemutter schon im voraus in einer stillen Ecke, an einem lauen Orte, ein weiches Lager zurecht und ist ihr dann in jeder Weise behilflich, ihre Kinder aufzuziehen. So lange die Hündin säugt, scheint ihr Herz einer umfassenden Liebe fähig zu sein, deshalb duldet sie es auch, wenn man ihr fremde Hunde, ja sogar andere Tiere, wie Katzen und Kaninchen, anlegt. Ich habe letzteres oft bei Hunden versucht, jedoch bemerkt, daß säugende Katzen noch viel freundlicher gegen Pflegekinder waren als die Hundemütter, die bei aller Herzensgüte ein Zusammenrunzeln der Nasenhaut selten unterdrücken konnten.

In der Regel läßt man die jungen Hunde sechs Wochen lang an der Alten saugen. Ist sie noch kräftig und wohlbeleibt, so kann man auch noch ein paar Wochen zugeben; es kann dies den Jungen nur nützen. Wenn man diese entwöhnen will, füttert man die Alte eine Zeitlang sehr mager, damit ihr die Milch ausgeht; dann duldet sie selbst nicht, daß ihre Jungen noch länger an ihr saugen. Nunmehr gewöhnt man letztere an leichtes Futter und hält sie vor allen Dingen zur Reinlichkeit an. Schon im dritten oder vierten Monate wechseln sie ihre ersten Zähne: im sechsten Monate bekümmern sie sich nicht viel mehr um die Alte; nach zehn, bisweilen schon nach neun Monaten sind sie selbst zur Fortpflanzung geeignet. Will man sie erziehen oder, wie man gewöhnlich sagt, abrichten, so darf man nicht allzulange zögern. Die Ansicht älterer Jäger und Hundezüchter überhaupt, daß ein junger Hund von zurückgelegtem ersten Lebensjahre zum Lernen zu klein und schwach sei, ist falsch. Adolf und Karl Müller, zwei ebenso tüchtige Forscher als Jäger, beginnen den Unterricht ihrer Jagdhunde, sobald diese ordentlich laufen können, und erzielen glänzende Erfolge. Ihre Zöglinge erhalten keinen bösgemeinten Schlag, kaum ein hartes, höchstens ein ernstes Wort und werden die allervortrefflichsten Jagdgenossen und Jagdgehilfen. Junge Hunde sollen behandelt werden wie Kinder, nicht wie verstockte Sklaven. Sie sind ausnahmslos willige und gelehrige Schüler, achten sehr bald verständig auf jedes Wort ihres Erziehers und leisten aus Liebe mehr und Tüchtigeres als aus Furcht. Abrichter junger Hunde, die ohne Stachelhalsband und Hetzpeitsche nichts ausrichten können, sind ungeschickte Peiniger, nicht aber denkende Erzieher. Wer sich von Hause aus nicht mit der Abrichtung von Tieren befaßt hat, tut entschieden am besten, wenn er dies von einem darauf eingeübten verständigen Manne besorgen läßt.

Der Hund tritt schon im zwölften Jahre in das Greisenalter ein. Dieses zeigt sich an seinem Leibe ebensowohl als an seinem Betragen. Namentlich auf der Stirn und der Schnauze ergrauen die Haare, das übrige Fell verliert seine Glätte und Schönheit, das Gebiß wird stumpf, oder die Zähne fallen aus; das Tier zeigt sich träge, faul und gleichgültig gegen alles, was es früher erfreute oder entrüstete; manche Hunde verlieren die Stimme fast gänzlich und werden blind. Man kennt übrigens Beispiele, daß Hunde ein Alter von zwanzig, ja sogar von sechsundzwanzig und dreißig Jahren erreicht haben. Doch sind dies seltene Ausnahmen. Wenn nicht Altersschwäche, endet eine der vielen Krankheiten, denen auch sie ausgesetzt sind, ihr Leben.

Eine sehr häufig vorkommende Hundekrankheit ist die Räude, gewöhnlich eine Folge von fetter und zu stark gesalzener Nahrung, schlechtem Wasser, wenig Bewegung und Unreinlichkeit. Junge Hunde leiden oft an der Staupe oder Hundeseuche, einer Erkältung, die Entzündung der Schleimhäute herbeiführt und am häufigsten zwischen dem vierten und neunten Monate vorkommt. Wohl mehr als die Hälfte der europäischen Hunde erliegen dieser Krankheit oder verderben doch durch sie. Die entsetzlichste Krankheit aber ist die Tollheit oder Wut, durch die bekanntlich nicht bloß die übrigen Hunde und Haustiere, sondern auch Menschen aufs höchste gefährdet werden.

Gewöhnlich tritt diese fürchterliche Seuche erst bei älteren Hunden ein, zumeist im Sommer bei sehr großer Hitze oder im Winter bei allzu großer Kälte. Wassermangel und Unterdrückung des Geschlechtstriebes scheinen die Hauptursachen ihrer Entstehung zu sein. Man erkennt die Wut daran, daß der Hund zunächst sein früheres Betragen ändert, tückisch-freundlich wird und gegen seinen Herrn knurrt, dabei eine ungewöhnliche Schläfrigkeit und Traurigkeit zeigt, beständig warme Orte aufsucht, öfters nach dem Futter schleicht, ohne zu fressen, begierig Wasser, aber immer nur in geringer Menge zu sich nimmt und sich überhaupt unruhig und beängstigt geberdet. Untrügliche Kennzeichen sind auch, daß er seine Stimme ändert, indem der Anschlag in ein rauhes, heiseres Heulen übergeht, daß er seine Freßlust verliert nur mit Beschwerlichkeit schlucken kann, geifert, einen trüben Blick bekommt, gern viel fortgeht, ungenießbare Körper beleckt und verschlingt, bei zunehmender Krankheit um sich schnappt und ohne Ursache beißt. Im Verlaufe der Krankheit tritt gewöhnlich Verstopfung ein, die Ohren werden schlaff, das kranke Tier läßt den Schwanz hängen, sein Auge wird matt, der Blick schielend. Später rötet sich das Auge und wird entzündet. Der Hund ist unempfänglich für Liebkosungen, achtet nicht mehr des Herrn Befehl, wird immer unruhiger und scheuer, sein Blick starr oder feurig, der Kopf senkt sich tief herab, Augen- und Backengegend schwellen an, die Zunge wird stark gerötet und hängt aus dem Maule, an dessen Seiten zäher Schleim herabläuft. Bald knurrt er bloß noch, ohne zu bellen, kennt auch Personen und zuletzt seinen eigenen Herrn nicht mehr. So sehr er nach Getränk lechzt, so wenig vermag er es hinabzuschlingen; selbst wenn es ihm gewaltsam beigebracht wird, verursacht es ihm Würgen und krampfhaftes Zusammenziehen der Schlundmuskeln. Nunmehr tritt Scheu gegen das Wasser und jede andere Flüssigkeit ein. Er legt sich nicht mehr nieder, sondern schleicht schielend mit gesenktem Schwänze unruhig umher.

Jetzt erst entwickelt sich die Krankheit, entweder zur stillen oder zur rasenden Wut. Bei der stillen Wut sind die Augen entzündet, aber trübe und starr, die Zunge wird bläulich und hängt oft weit aus dem Maule heraus. Weißer Schaum überzieht die Mundwinkel: das Maul ist immer offen, der Unterkiefer gelähmt und hängt schlaff herab. Mit eingezogenem Schwanze und gesenktem Kopfe läuft der Hund taumelnd und unstet oft Meilen weit fort und beißt, was ihm in den Weg kommt, besonders aber andere Hunde. Stößt er dabei auf ein Hindernis, das ihm nicht gestattet, den angenommenen Weg zu verfolgen, so taumelt er im Kreise herum, fällt öfters nieder und schnappt nach Luft.

Bei der rasenden Wut funkelt das Auge, der Stern erweitert sich, das Maul steht offen, ist nur wenig von Geifer benetzt und die bläuliche Zunge hängt aus dem Maule herab. Schon bei der Entwicklung dieser Krankheitsform zeigt der Hund einen hohen Grad von Trotz und Falschheit, selbst gegen seinen Herrn, schnappt unwillkürlich nach Fliegen oder nach allem, was ihm in die Nähe kommt, fällt das Hausgeflügel an und zerreißt es, ohne es zu fressen, lockt andere Hunde zu sich heran und stürzt sich dann wütend auf sie, fletscht die Zähne, verzerrt das Gesicht, winselt, leckt mit der entzündeten Zunge seine Lippen und schnalzt auch mit derselben, wobei ihm oft schon wässeriger Geifer aus dem Maule tritt. Vom Wasser wendet er sich taumelnd ab, schwimmt aber doch noch zuweilen durch Bäche und Pfützen. Er beißt alles, was ihm entgegen kommt, oft auch leblose Gegenstände, der angehängte Hund sogar seine Kette. Wie es scheint, peinigen ihn die fürchterlichsten Schmerzen; denn er stirbt unter Zuckungen, gewöhnlich am sechsten oder achten, bisweilen am vierten, selten erst am neunten Tage.

Das untrüglichste Kennzeichen von der Gesundheit eines Hundes ist seine kalte und feuchte Nase. Wird diese trocken und heiß, und trüben sich die Augen, zeigt sich Mangel an Freßlust usw., so kann man überzeugt sein, daß der Hund sich unwohl befindet. Bessert sich der Zustand des Leidenden nicht rasch, und fruchten die von einem tüchtigen Tierarzte verordneten Mittel nicht bald, so ist wenig Hoffnung für Erhaltung des Tieres vorhanden; denn ernste Krankheiten überstehen nur wenige Hunde. Verwundungen heilen schnell und gut, nicht selten ohne jegliche Beihilfe; innerlichen Krankheiten stehen selbst erfahrene Ärzte, geschweige denn Quacksalber, meist ratlos gegenüber, weil jene in auffallend kurzer Zeit das Ende herbeiführen.

Alle Hunde werden von Schmarotzern geplagt. Sie leiden oft entsetzlich an Flöhen und Läusen, und an gewissen Orten auch an Holzböcken oder Zecken. Erstere vertreibt man bald, wenn man unter das Strohlager des Hundes eine Schicht Asche auf den Boden streut, oder das Fell des Tieres mit persischem Insektenpulver einreibt. Die Zecken, die die Hunde am meisten peinigen, vertreibt man, indem man etwas Branntwein, Salzwasser oder Tabakssaft auf sie träufelt. Sie gewaltsam auszureißen, ist nicht ratsam, weil sonst leicht der Kopf in der Saugwunde stecken bleibt und dort Eiterung und Geschwüre verursacht. Schwieriger ist den Bandwürmern beizukommen. Namentlich Jagdhunde leiden an diesen abscheulichen Schmarotzern, weil sie häufig das Fleisch und die Eingeweide von Hasen und Kaninchen verzehren, in denen der Bandwurm als Finne lebt. Dieser läßt sich, wie alle Würmer, nur schwer vertreiben, doch dürfte in den meisten Fällen ein Absud der abessinischen Kussoblüte dazu wohl hinreichend sein. Außerdem wird empfohlen, dem Hunde Hagebutten samt den darin befindlichen Körnern und Härchen in das Fressen zu geben.

Der Nutzen, den der Hund als Haustier leistet, läßt sich kaum berechnen. Was er den gesitteten und gebildeten Völkern ist, weiß jeder Leser aus eigener Erfahrung; fast noch mehr aber leistet er den ungebildeten oder wilden Völkerstämmen. Auf den Südseeinseln wird sein Fleisch gegessen, ebenso bei den Tungusen, Chinesen, Njamnjams, Grönländern, Eskimos und den Indianern Nordamerikas. »Auf der Goldküste von Afrika«, so erzählt Bosmann, »wird der Hund ordentlich gemästet zu Markte gebracht und lieber als alles andere Fleisch gegessen, ebenso in Angola, wo man zuweilen für einen Hund mehrere Sklaven gegeben hat«, ebenso, laut Schweinfurth, im Lande der Njamnjams in Innerafrika. Auf Neuseeland und den kleinen Inseln des Südmeeres hält man Hundebraten für einen besseren Leckerbissen als Schweinefleisch. In China sieht man oft Metzger, die mit geschlachteten Hunden beladen sind; sie müssen sich aber immer gegen den Angriff anderer, noch frei umherlaufender Hunde verteidigen, die sie scharenweise anfallen. In dem nördlichen Asien gibt sein Fell Kleidungsstoffe her, und selbst in Deutschland werden Hundefelle zu Mützen, Taschen und Muffen verarbeitet. Aus Knochen und Sehnen bereitet man Leim; das zähe und dünne Hundeleder wird lohgar zu Tanzschuhen und weißgar zu Handschuhen, das Haar zum Ausstopfen von Polstern benutzt. Hundefett dient zum Einschmieren von Räderwerk usw. und galt früher als Hausmittel gegen Lungenschwindsucht. Sogar der Hundekot, »Griechisch-Weiß« (Album graecum) genannt, weil die Griechen zuerst auf seine Benutzung aufmerksam machten, war ein gesuchtes Arzneimittel.

Schon seit den frühesten Zeiten wurde der Nutzen der Hunde gewürdigt; die Behandlung, die sie erfuhren, und die Achtung, in der sie standen, war aber eine sehr verschiedene. Sokrates hatte die Gewohnheit bei dem Hunde zu schwören; Alexander der Große war über den frühzeitigen Tod eines Lieblingshundes so betrübt, daß er ihm zu Ehren eine Stadt mit Tempeln bauen ließ; Homer besingt den Argus, den Hund des Ulysses, in wahrhaft rührender Weise; Plutarch rühmt Melampithos, den Hund des Handelsmannes von Korinth, der seinem Herrn durch das Meer nachschwamm; der treue Phileros ist durch griechische Grabschriften verewigt worden; in römischen Schriften wird des Hundes eines Verurteilten gedacht, der dem in den Tiber geworfenen Leichnam seines Herrn unter traurigem Geheul schwimmend nachfolgte; Soter, der einzige überlebende von den hündischen Wächtern, die Korinth verteidigten, empfing auf Kosten des Staates ein silbernes Halsband mit den darauf gestochenen Worten: »Korinths Verteidiger und Erretter«. Plinius stellt die Rüden sehr hoch und erzählt viel merkwürdiges von ihnen. Wir erfahren z. B., daß die Kolophonier wegen ihrer beständigen Kriege große Hundeherden unterhielten, daß die Hunde immer zuerst angriffen und in keiner Schlacht ihre Dienste versagten. Als Alexander der Große nach Indien zog, hatte ihm der König von Albanien einen Hund von ungeheurer Größe geschenkt, der Alexander sehr wohl gefiel. Er ließ deshalb Bären, Wildschweine und dergleichen Tiere gegen ihn; aber der Hund lag stockstill und wollte nicht ausstehen. Alexander glaubte, daß er faul wäre, und ließ ihn umbringen. Als solches der albanesische König erfuhr, schickte er noch einen zweiten Hund gleicher Art und ließ sagen, Alexander solle nicht schwache Tiere gegen die Dogge schicken, sondern Löwen und Elefanten, er, der König habe nur zwei solcher Hunde gehabt; ließe Alexander diesen umbringen, so habe er nicht einen gleichen. Alexander der Große ließ ihn also auf einen Löwen, dann auf einen Elefanten; der Hund aber erlegte beide. Justinus berichtet, daß die Könige Habis und Cyrus in der Jugend von Hunden ernährt worden sind. Gar nicht zu zählen sind die Schriftsteller, die die Treue des Hundes rühmen. Die Spartaner opferten dem Gott des Krieges auch einen Hund; junge, säugende Hunde durften von dem Opferfleische fressen. Die Griechen errichteten ihnen Bildsäulen; demungeachtet war bei ihnen das Wort Hund ein Schimpfwort. Die alten Ägypter gebrauchten die Hunde zur Jagd und hielten sie, wie man aus den Abbildungen auf Denkmälern sehen kann, sehr hoch. Bei den Juden hingegen war der Hund verachtet, was viele Stellen aus der Bibel beweisen; und heutigen Tages ist dies bei den Arabern kaum anders. Hochgeehrt war der Hund bei den alten Deutschen. Als die Cimbern im Jahre 108 v. Chr. von den Römern besiegt worden waren, mußten letztere erst noch einen harten Kampf mit den Hunden bestehen, die das Gepäck bewachten. Bei den alten Deutschen galt ein Leithund zwölf Schillinge, ein Pferd dagegen nur sechs. Wer bei den alten Burgundern einen Leithund oder ein Windspiel stahl, mußte öffentlich dem Hunde den Hintern küssen oder sieben Schillinge zahlen. In Peru wurde, nach Humboldt, der Hund bei einer Mondfinsternis so lange geschlagen, bis die Finsternis vorüber war.

Ergötzlich ist es, was die alten Schriftsteller noch alles von der Benutzung des Hundes zu Arzneizwecken aufgeführt haben. Der ganze Hund war eigentlich nur ein Arzneimittel. Namentlich Plinius ist unermüdlich in Aufzählung der verschiedenen Heilkräfte des Hundes; außer ihm leisten Sextus, Hippokrates, Galen, Faventius, Marellus, Bontius, Äskulap und Amatos jedoch auch das ihrige. Ein lebender Hund, bei Brustschmerzen aufgelegt, tut vortreffliche Dienste; wird er aufgeschnitten und einer schwermütigen Frau auf den Kopf gebunden, so hilft er sicher gegen die Schwermut. Nach Sextus heilt er sogar Milzkrankheiten. Mit allerlei Gewürz gekocht und gegessen, dient er als Mittel gegen die fallende Sucht; doch muß es dann ein säugender Hund sein, der mit Wein und Myrrhen zubereitet wurde. Ein junger Jagdhund hilft gegen Leberkrankheiten. Wird eine Frau, die früher schon Kinder geboren hatte, unfruchtbar, dann befreit sie gekochtes Hundefleisch, das sie in reichlicher Menge genießt, von ihrer Schwäche. Sehniges Fleisch dagegen ist ein Vorkehrmittel gegen Hundebiß. Die Asche eines zu Pulver gebrannten Hundes dient gegen Augenleiden, und werden mit ihr die Augenbrauen gestrichen, so erhalten sie die schönste Schwärze. Eingesalzenes Fleisch von tollen Hunden gibt ein Mittel gegen Hundswut. Die Asche vom Schädel eines gesunden Hundes vertreibt alles wilde Fleisch, heilt den Krebs, schützt gegen Wasserscheu, mildert, wenn man sie mit Wasser zu sich nimmt, Seitenstechen und Geschwülste aller Art usw.; die Asche von dem Schädel eines tollen Hundes ist gut gegen Gelbsucht und Zahnschmerz. Das Hundeblut wird vielfach angewandt. Gegen die Krätze ist es vortrefflich, den Pferden vertreibt es das Keuchen; wird es in reichlicher Menge getrunken, so ist ein Gegengift, das für alles brauchbar ist; wird ein Haus damit angestrichen, so schützt es gegen die verschiedensten Krankheiten. Das Hundefett wird benutzt, um Muttermäler und Gesichtsblüten zu vertreiben, unfruchtbare Weiber fruchtbar zu machen: dazu muß aber der ganze Hund gekocht und das Fett oben von der Brühe abgeschöpft werden; gegen Lähmung wird es zu einer Salbe verwandt: doch darf es dann bloß von jungen Hunden herrühren; mit Wermut versetzt heilt es die Taubheit. Hundegehirn auf Leinwand gestrichen leistet bei Beinbrüchen gute Dienste, hilft aber auch für Blödigkeit der Augen. Hundemark vertreibt Überbeine und Geschwülste. Die Milz ist gegen Milzbrand und Milzschmerzen vortrefflich; am besten wirkt sie, wenn sie aus einem lebenden Hunde ausgeschnitten worden ist. Die rohe Leber wird gegen die Wutkrankheit empfohlen; doch muß sie stets von einem Hunde von demselben Geschlecht genommen werden, das der Beißende hatte. Gegen dieselbe Krankheit brauchte man auch Würmer aus dem Aase eines tollen Hundes. Das Leder wird angewandt gegen schweißige Füße; ein dreifaches Halsband davon schützt gegen Bräune; ein Gurt von Hundeleder vertreibt das Leibschneiden. Das Haar des Hundes in ein Tuch gewickelt und auf die Stirn gebunden, lindert Kopfschmerzen, schützt auch gegen Wasserscheu und heilt dieselbe, wenn es auf die Wunde gelegt wird, die ein toller Hund verursachte. Die Galle mit Honig versetzt ist eine Augensalbe, hilft ebenso gegen Flechten, und wenn sie mit einer Feder anstatt mit der Hand aufgestrichen wird, gegen die Fußgicht, tut auch zur Bestreichung von Flechten treffliche Dienste. Die Milch ist sehr gut, wenn sie getrunken wird; mit Salpeter versetzt hilft sie gegen den Aussatz; mit Asche vermischt erzeugt sie Haarwuchs oder befördert schwere Geburten. Der Harn von jungen Hunden ist, wenn er gereinigt worden, ein Mittel, überflüssigen Haarwuchs zu vertreiben. Mit den Zähnen reibt man kleinen Kindern die Kinnlade und erleichtert dadurch das Zahnen. Wirft man den linken Oberreißzahn ins Feuer, so vergehen die Zahnschmerzen, sobald der Rauch vergangen ist; wird der Zahn zu Pulver gerieben und mit Honig versetzt, so bildet diese Mischung ein Mittel gegen dieselben Schmerzen. Der Kot gibt vortreffliche Pflaster gegen Geschwüre; er kann sogar gegen die Bräune, die Ruhr benutzt werden   doch wer wollte das alles noch zusammenzählen! Bemerkenswert ist es, daß noch heutigestags manche dieser Mittel in Gebrauch sind, namentlich bei den Landleuten.

 

Ungeachtet der Anerkennung aller Dienste, die die Hunde uns leisten, und der Dankbarkeit, die wir ihnen schulden, kann ich mich nicht entschließen, auf die fast zahllosen Rassen derselben ausführlich einzugehen, werde vielmehr nur die wichtigsten in den Kreis unserer Betrachtung ziehen. Die Kunde der Rassen liegt außer dem Plane des vorliegenden Werkes, ist auch zurzeit noch viel zu wenig geklärt, als daß man das Ergebnis begründeter Forschungen an die Stelle von Mutmaßungen setzen könnte. Ich gebe daher nur einen flüchtigen Überblick der wichtigsten Formen und enthalte mich aller unfruchtbaren Deutelei über Entstehung und Entwicklung derselben.

Die Merkmale der Windhunde liegen in dem äußerst schlanken, zierlichen, an der Brust geweiteten, in den Weichen eingezogenen Leibe, dem spitzigen, fein gebauten Kopfe, den dünnen, hohen Gliedmaßen und dem in der Regel kurzhaarigen, glatten Felle. Die langausgestreckte Schnauze, die ziemlich langen, schmalen, zugespitzten, halbaufrechtstehenden, gegen die Spitze umgebogenen und mit kurzen Haaren besetzten Ohren, die kurzen und straffen Lippen geben dem Kopfe das eigentümlich zierliche Ansehen und bedingen zugleich die verschiedene Ausbildung der Sinne. Der Windhund vernimmt und äugt vortrefflich, hat dagegen nur einen schwachen Geruchssinn, weil die Nasenmuschel in der spitzen Schnauze sich nicht gehörig auszubreiten vermögen, und so die Nervenentwicklung des betreffenden Sinnes nie zu derselben Ausbildung gelangen kann wie bei andern Hunden. An dem gestreckten Leibe fällt die Brust besonders auf. Sie ist breit, groß, ausgedehnt und gibt verhältnismäßig sehr großen Lungen Raum, die auch bei dem durch eilige Bewegung außerordentlich gesteigerten Blutumlaufe zur Reinigung des Blutes hinreichenden Sauerstoff aufnehmen können. Die Weichen dagegen sind aufs äußerste angezogen, gleichsam um dem durch die Brust erschwerten Leibe wieder das nötige Gleichgewicht zu geben. Wir haben denselben Leibesbau bei den Langarmaffen und einen ähnlichen bei dem Gepard bemerken können und finden ihn bei vielen Tieren wieder, immer als untrügliches Zeichen der Befähigung zu schneller und anhaltender Bewegung. Ungemein fein gebaut sind die Läufe des Windhundes: man sieht an ihnen jeden Muskel und namentlich auch die starken Sehnen, in denen diese Muskeln endigen. Aber auch an dem Brustkasten bemerkt man alle Zwischenrippenmuskeln, und manche Windhunde sehen aus, als ob ihre Muskeln von einem geschickten Zergliederer bereits bloßgelegt wären. Der Schwanz ist sehr dünn, ziemlich lang, reicht weit unter das Fersengelenk herab und wird entweder zurückhängend getragen oder nach rückwärts gestreckt und etwas nach aufwärts gebogen. Die in der Regel dicht anliegende, feine und glatte Behaarung verlängert sich bei einzelnen Rassen und nimmt dann meist auch eine abweichende Färbung an, während diese bei den meisten Rassen ein schönes Rötlichgelb ist. Gerade die vollendetsten Windhunde, nämlich die persischen und innerafrikanischen, tragen fast ausschließlich ein derartig gefärbtes Haarkleid. Gefleckte Windspiele sind seltener und regelmäßig schwächlicher als die einfarbigen.

Hinsichtlich des geistigen Wesens unterscheidet sich der Windhund von andern Hunden. Er ist ein im höchsten Grade selbstsüchtiges Geschöpf, hängt in der Regel nicht in besonderer Treue seinem Herrn an, sondern läßt sich von jedermann schmeicheln und neigt sich zu jedem hin, der ihm freundlich ist. Gegen Liebkosungen empfänglich wie kein anderer Hund, läßt er sich ebenso leicht erzürnen und fletscht schon bei der kleinsten Neckerei die Zähne. Eitelkeit und ein gewisser Stolz ist ihm nicht abzusprechen; Zurücksetzungen verträgt er nicht. Bei lebhafter Erregung nimmt sein Herzschlag eine kaum glaubliche Unregelmäßigkeit und Schnelligkeit an; er zittert dabei oft am ganzen Leibe. Alle diese Eigenschaften machen ihn nur bis zu einem gewissen Grade als Gesellschafter der Menschen tauglich. Hat er einen Herrn, der ihn beständig schmeichelt, so befindet er sich wohl und zeigt auch eine gewisse Anhänglichkeit; seine Untreue aber macht sich bemerklich, sobald ein anderer Mensch ihm sich freundlicher zeigt als der eigene Herr. Doch gibt es auch unter den Windhunden rühmliche Ausnahmen, die an Anhänglichkeit und Treue hinter andern Hunden kaum zurückstehen und uns auch in dieser Hinsicht mit der Rasse befreunden. Und möglicherweise verdienen die Windspiele insgesamt von vornherein entschuldigt zu werden; denn gewichtige Gründe sprechen dafür, daß die größere oder geringere Anhänglichkeit eines Hundes mit der verschiedenen Ausbildung ihres Geruchsinnes in Beziehung steht.

Wie der Windhund gegen den Menschen sich zeigt, so benimmt er sich auch gegen andere Hunde. Er liebt sie nicht, sie sind ihm sogar fast gleichgültig: kommt es aber zu einer Balgerei, so ist er sicher der erste, der zubeißt, und kann dann gefährlich werden. Denn trotz seiner schlanken Gestalt ist er stark, und sobald es zum Beißen kommt, benutzt er seine Größe, hält dem Gegner die Schnauze immer übers Genick, packt, sobald jener sich rührt, fest zu, sucht ihn empor zu heben und schüttelt ihn, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Dabei handelt er so niedrig, daß er auch mit kleinen Hunden anbindet, die andere, edeldenkende Hunde stets mit einer gewissen Herablassung behandeln und wenigstens niemals beißen: es kommt häufig genug vor, daß ein Windhund kleinere Hunde in wenigen Augenblicken totschüttelt. Alle unliebsamen Eigenschaften des Windhundes können jedoch seine Bedeutung nicht beeinträchtigen. Vielen Völkerschaften macht er sich ebenso unentbehrlich wie der Vorstehhund dem europäischen Jäger, der Hirtenhund dem Schäfer. Weit mehr, als er im Norden benutzt wird, gebraucht man ihn im Süden, namentlich in allen Steppenländern. Tataren, Perser, Kleinasiaten, Beduinen, Kabylen, die Araber, Sudanesen, Inder und andere mittelafrikanische und asiatische Völkerschaften achten ihn überaus hoch, im Werte oft einem guten Pferde gleich. Unter den Araberstämmen der Wüste oder vielmehr der Wüstensteppen am Rande der Sahara geht das Sprichwort:

»Ein guter Falk, ein schneller Hund, ein edles Pferd,
Sind mehr als zwanzig Weiber wert«

und man begreift die Begründung dieses Sprichwortes, wenn man unter den Leuten gelebt hat.

Um von der Schnelligkeit eines guten Windhundes ein Beispiel zu geben, mag eine von Engländern angestellte Beobachtung hier Platz finden. Eine Koppel von Windhunden durchlief, laut Daniel, bei Verfolgung eines aus dem Lager gestoßenen Hasen in zwölf Minuten über vier englische Meilen in gerader Richtung, also nach Abrechnung aller, die Entfernung sehr beträchtlich vermehrenden Krümmungen und Haken, die der Hase in seiner Not einschlug. Dies kommt der Schnelligkeit der Personenzüge auf unseren gutverwalteten Eisenbahnen ungefähr gleich. Der Hase hatte sich tot gelaufen, bevor die Windhunde ihn erreichten.

 

Während im Norden die Windhunde vielfach durch ihren Leibesbau und ihre Behaarung sich unterscheiden, gehören die des Südens, wie es scheint, mehr oder weniger einer Rasse an, die uns der Steppenwindhund kennen lehren mag. Er ist ein ebenso edles als anmutiges Tier, seine Behaarung seidenweich, seine Färbung ein leichtes Isabellgelb, das nicht selten ins Weißliche zieht, häufig aber bis zur echten Rehfarbe dunkelt. Auf den alten ägyptischen Denkmälern findet man die Rasse unter anderen, namentlich gefleckten Windhunden, abgebildet, woraus also hervorgeht, daß dieses vortreffliche Tier schon im grauen Altertum benutzt wurde. Ich meinesteils habe ihn in Kordofan kennengelernt.

Alle Steppenbewohner, und zwar die festsitzenden ebensogut wie die herumwandernden, verehren den Windhund in absonderlicher Weise. Es wurde mir nicht möglich, ein Windspiel käuflich an mich zu bringen, weil die Leute sich durchaus nicht auf den Handel einlassen wollten. Besondere Gebräuche, die zum Gesetz geworden sind, bestimmen gewissermaßen den Wert des Tieres. So muß, um ein Beispiel zu geben, in Jemen nach altem Brauch und Recht jeder, der ein Windspiel erschlägt, so viel Weizen zur Sühne geben, als erforderlich ist, den Hund zu bedecken, wenn er so an der Standarte aufgehängt wird, daß er mit der Schnauzenspitze eben den Boden berührt. Bei dem verhältnismäßig hohen Preise, den der Weizen in jener Gegend hat, beansprucht dies eine ganz außerordentliche Summe.

Im Jahre 1848 verlebte ich mehrere Wochen in dem Dorf Melbeß in Kordofan und hatte hier vielfache Gelegenheit, den innerafrikanischen Windhund zu beobachten. Die Dorfbewohner nähren sich, obgleich sie Getreide bauen, hauptsächlich von der Viehzucht und der Jagd. Aus diesem Grunde halten sie bloß Schäfer- und Windhunde, die ersteren bei den Herden, die letzteren im Dorf. Es war eine wahre Freude, durch das Dorf zu gehen; denn vor jedem Hause saßen drei oder vier prächtige Tiere, von denen eines das andere an Schönheit übertraf. Sie waren wachsam und schon hierdurch von ihren Verwandten sehr verschieden. Sie schützten das Dorf auch gegen die nächtlichen Überfälle der Hyänen und Leoparden; nur in einen Kampf mit dem Löwen ließen sie sich nicht ein. Am Tage verhielten sie sich ruhig und still; nach Einbruch der Nacht begann ihr wahres Leben. Man sah sie dann auf allen Mauern herumklettern; selbst die Strohdächer der Dokhals oder runden Hütten mit kegelförmigen Dach bestiegen sie, wahrscheinlich um dort einen geeigneten Standpunkt zum Ausschauen und Lauschen zu haben. Ihre Gewandtheit im Klettern erregte billig meine Verwunderung. Schon in Ägypten hatte ich beobachtet, daß die Dorfhunde nachts mehr auf den Häusern als auf den Straßen sich aufhalten: hier aber sind alle Hüttendächer glatt und eben; in Melbeß dagegen waren dies nur die wenigsten; gleichwohl schienen auch hier die Hunde oben ebenso heimisch zu sein als unten auf der flachen Erde. Wenn nun die Nacht hereinbrach, hörte man anfangs wohl hier und da Gekläff und Gebell; bald jedoch wurde es ganz ruhig, und man vernahm höchstens das Geräusch, das die Hunde verursachten, wenn sie über die Dächer wegliefen, unter denen man lag. Doch verging während meines ganzen Aufenthaltes keine Nacht, ohne daß sie Gelegenheit gefunden hätten, dem Menschen zu dienen. Eine Hyäne, ein Leopard oder ein Gepard, wilde Hunde und andere Raubtiere näherten sich allnächtlich dem Dorf. Ein Hund bemerkte die verhaßten Gäste und schlug in eigentümlich kurzer Weise heftig an. Im Nu war die ganze Meute lebendig: mit wenig Sätzen sprang jeder Hund von seinem erhabenen Standpunkt herab; in den Straßen bildete sich augenblicklich eine Meute, und diese stürmte nun eilig vor das Dorf hinaus, um den Kampf mit dem Feinde zu bestehen. Gewöhnlich hatte schon nach einer Viertelstunde die ganze Gesellschaft sich wieder versammelt: der Feind war in die Flucht geschlagen, und die Hunde kehrten siegreich zurück. Bloß wenn ein Löwe erschien, bewiesen sie sich feige und verkrochen sich heulend in einen Winkel der Seriba oder der dornigen Umzäunung des Dorfes.

Jede Woche brachte ein paar Festtage für unsere Tiere. Am frühen Morgen vernahm man zuweilen im Dorf den Ton eines Hornes, und dieser rief ein Leben unter den Hunden hervor, das gar nicht zu beschreiben ist. Als ich den eigentümlichen Klang des Hornes zum erstenmal vernahm, wußte ich ihn mir nicht zu deuten; die Hunde aber verstanden sehr wohl, was er sagen sollte. Aus jedem Haus hervor eilten ihrer drei oder vier mit wilden Sprüngen, jagten dem Klange nach, und in wenigen Minuten hatte sich um den Hornbläser eine Meute von wenigstens fünfzig bis sechzig Hunden versammelt. Wie ungeduldige Knaben umdrängten sie den Mann, sprangen an ihm empor, heulten, bellten, kläfften, wimmerten, rannten unter sich hin und her, knurrten einander an, drängten eifersüchtig diejenigen weg, die dem Mann am nächsten standen, kurz, zeigten in jeder Bewegung und in jedem Laut, daß sie aufs äußerste erregt waren. Als ich aus den meisten Häusern die jungen Männer mit ihren Lanzen und verschiedenen Schnüren und Stricken hervortreten sah, verstand ich freilich, was der Hornlaut zu sagen hatte: daß er das Jagdzeichen war. Nun sammelte sich die Mannschaft um die Hunde, und jeder suchte sich seine eigenen aus dem wirren Haufen heraus. Ihrer vier bis sechs wurden immer von einem Manne geführt; dieser aber hatte oft seine Not, um die ungeduldigen Tiere nur einigermaßen zu zügeln. Das war ein Drängen, ein Vorwärtsstreben, ein Kläffen, ein Bellen ohne Ende! Endlich schritt der ganze Jagdzug geordnet zum Dorfe hinaus, dabei ein wirklich prachtvolles Schauspiel gewährend. Man ging selten weit, denn schon die nächsten Wälder boten eine ergiebige Jagd, und diese war, dank dem Eifer und Geschick der Hunde, für die Männer eine verhältnismäßig leichte. An einem Dickicht angekommen, bildete man einen weiten Kessel und ließ die Hunde los. Diese drangen in das Innere des Dickichts ein und fingen fast alles jagdbare Wild, das sich dort befand. Man brachte mir Trappen, Perlhühner, Frankoline, ja sogar Wüstenhühner, die von den Hunden gefangen worden waren. Mehr brauche ich wohl nicht zu sagen, um die Gewandtheit dieser vortrefflichen Tiere zu beweisen. Eine Antilope entkam ihnen nie, weil sich jedesmal ihrer vier oder sechs vereinigten, um sie zu verfolgen. Die gewöhnliche Jagdbeute bestand aus Antilopen, Hasen und Hühnern, doch wurden auch andere Tiere von den Hunden erbeutet, z. B. Wildhunde, Steppenfüchse und sonstige Raubtiere; auch versicherte man mir, daß ein Leopard, ein Gepard oder eine Hyäne den Windhunden jedesmal erliegen müsse.

Diese Hunde sind der Stolz der Steppenbewohner und werden deshalb auch mit einer gewissen Eifersucht festgehalten. Bei den festwohnenden Arabern der Nilniederung findet man sie nicht, und nur selten kommt ein Steppenbewohner mit zwei oder drei seiner Lieblingstiere bis zum Nil herab, verliert auch bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich einen seiner Hunde, und zwar durch die Krokodile. Die am Nil und seinen Armen geborenen und dort aufgewachsenen Hunde werden von den Krokodilen niemals überrascht. Sie nahen sich, wenn sie trinken wollen, dem Strome mit der allerverständigsten Vorsicht und tappen nie blindlings zu, wie die der Verhältnisse unkundigen Steppenhunde.

Über die Windhunde des westlichen Teiles der Wüste mag uns General Daumas belehren:

»In der Sahara wie in allen übrigen Ländern der Araber ist der Hund nicht mehr als ein vernachlässigter, beschwerlicher Diener, den man von sich stößt, wie groß auch die Nützlichkeit seines Amtes sei, gleichviel ob er die Wohnung bewachen oder das Vieh hüten muß; nur der Windhund allein genießt die Zuneigung, die Achtung, die Zärtlichkeit seines Herrn. Der Reiche sowohl wie der Arme betrachten ihn als den unzertrennlichen Genossen aller ritterlichen Vergnügungen, die die Beduinen mit so großer Freude üben. Man hütet diesen Hund wie seinen eigenen Augapfel, gibt ihm sein besonderes Futter, läßt ihn sozusagen mit sich aus einer Schüssel speisen und sieht mit großer Sorgfalt auf die Reinhaltung der Rassen. Ein Mann der Sahara durchreist gern seine zwanzig, dreißig Meilen, um für eine edle Hündin einen passenden edlen Hund zu finden!

Der Windhund der besten Art muß die flüchtige Gazelle in wenig Zeit erreichen. Wenn der › Slugui‹ eine Gazelle sieht, die weidet, fängt er sie, ehe sie Zeit hatte, den Bissen im Mund hinab zu schlingen, sagen die Araber, um die Schnelligkeit und Güte ihrer Hunde zu versinnlichen.

Geschieht es, daß eine Windhündin sich mit einem anderen Hund einläßt und trächtig wird, so töten die Araber ihr die Jungen im Leib, sobald sie sich einigermaßen entwickelt haben. Und nicht allein ihre Kinder verliert solch eine ungeratene Hündin, sondern unter Umständen auch das eigene Leben. Ihr Besitzer läßt sie ohne Gnade umbringen: ›Wie‹ ruft er aus, ›du, eine Hündin von Erziehung, eine Hündin von edler Geburt, wirfst dich weg und läßt dich mit dem Pöbel ein? Es ist eine Gemeinheit ohnegleichen; stirb mit deinem Verbrechen!‹

Wenn eine Windhündin Junge geworfen hat, verlieren die Araber keinen Augenblick, um diese Jungen gehörig zu beobachten und sie zu liebkosen. Nicht selten kommen die Frauen herbei und lassen sie an ihren eigenen Brüsten trinken. Je größeren Ruf die Hündin hat, um so mehr Besuche empfängt sie während ihres Wochenbettes, und alle bringen ihr Geschenke, die einen Milch, die andern Kuskusu.

Mit dem vierzigsten Tage werden die jungen Windhunde entwöhnt; demungeachtet erhalten sie aber noch Ziegen- oder Kamelmilch, soviel sie mögen, und dazu Datteln und Kuskusu. Nicht selten sieht man Araber, die für die jungen, der Mutter entwöhnten Hunde milchreiche Ziegen festhalten, damit die hochgeachteten Tiere an denselben saugen können.

Ist der Windhund drei oder vier Monate alt geworden, so beginnt man, sich mit seiner Erziehung zu beschäftigen. Die Knaben lassen vor ihm Spring- und Rennmäuse laufen und Hetzen den jungen Fänger auf dieses Wild. Es dauert nicht lange, so zeigt das edle Tier bereits rege Lust an solcher Jagd, und nach wenigen Wochen ist es schon so weit gekommen, daß es auch auf andere, größere Nager verwendet werden kann. Im Alter von fünf und sechs Monaten beginnt man bereits mit der Jagd des Hasen, die ungleich größere Schwierigkeit verursacht. Die Diener gehen zu Fuß, den jungen Windhund an der Hand führend, nach einem vorher ausgekundschafteten Hasenlager, stoßen den Schläfer auf, feuern den Hund durch einen leisen Zuruf zur Verfolgung an und fahren mit diesem Geschäft fort, bis der Windhund Hasen zu fangen gelernt hat. Von diesen steigt man zu jungen Gazellen auf. Man nähert sich ihnen mit aller Vorsicht, wenn sie zur Seite ihrer Mütter ruhen, ruft die Aufmerksamkeit der Hunde wach, begeistert sie, bis sie ungeduldig werden, und läßt sie dann los. Nach einigen Übungen betreibt der Windhund auch ohne besondere Aufmunterung die Jagd leidenschaftlich.

Unter solchen Übungen ist das edle Tier ein Jahr alt geworden und hat beinahe seine ganze Stärke erreicht. Demungeachtet wird der Slugui noch nicht zur Jagd verwandt, höchstens, nachdem er fünfzehn oder sechzehn Monate alt geworden ist, gebraucht man ihn wie die übrigen. Aber von diesem Augenblick an mutet man ihm auch fast das Unmögliche zu, und er führt das Unmögliche aus.

Wenn jetzt dieser Hund ein Rudel von dreißig oder vierzig Antilopen erblickt, zittert er vor Aufregung und Vergnügen und schaut bittend seinen Herrn an, der erfreut ihm zu sagen pflegt: »Du Judensohn, sage mir nur nicht mehr, daß du sie nicht gesehen hast. Ich kenne dich, Freund; aber will dir gern zu Willen sein«. Jetzt nimmt er seinen Schlauch herab und befeuchtet dem Judensohne und Freunde Rücken, Bauch und Geschlechtsteile, überzeugt, daß der Hund hierdurch mehr gestärkt werde als durch alles übrige. Der Windhund seinerseits ist voll Ungeduld und wendet seine Augen bittend nach seinem Herrn. Endlich sieht er sich frei, jauchzt vor Vergnügen auf und wirft sich wie ein Pfeil auf seine Beute, immer das schönste und stattlichste Stück des Rudels sich auswählend. Sobald er eine Gazelle oder andere Antilope gefangen hat, erhält er augenblicklich sein Weidrecht, das Fleisch an den Rippen nämlich.

Der Windhund ist klug und besitzt sehr viel Eitelkeit. Seine Erzieher haben ihn so verwöhnt, daß er die beste Abwartung verlangt. Während man anderen Hunden kaum Nahrung reicht, sondern sie vielmehr zwingt, mit dem Aase und mit den Knochen sich zu nähren, die die Windhunde verschmähen, während man sie wütend aus den Zelten stößt und vom Tisch wegjagt, schläft der Windhund zur Seite seines Herrn auf Teppichen und nicht selten in einem Bett mit seinem Besitzer. Man kleidet ihn an, damit er nicht von der Kälte leidet, man belegt ihn mit Decken wie ein edles Pferd; man gibt sich Mühe, ihn zu erheitern, wenn er mürrisch ist, alles dies, weil seine Unarten, wie man sagt, ein Zeichen seines Adels sind. Man findet Vergnügen darin, ihn mit allerlei Schmuck zu behängen; man legt ihm Halsbänder und Muscheln um und behängt ihn, um ihn vor dem Blick des ›bösen Auges‹ zu schützen, mit Talismanen; man besorgt seine Nahrung mit größter Sorgfalt und gibt ihm überhaupt nur das Essen, das man selbst für Leckerbissen hält. Und nicht genug damit: der Windhund begleitet seinen Herrn, wenn dieser seine Besuche macht, empfängt wie dieser die Gastfreundschaft im vollsten Maße, erhält sogar seinen Teil von jedem Gerichte.

Der edle Windhund jagt nur mit seinem Herrn. Solche Anhänglichkeit und die Reinlichkeit des Tieres vergilt die Mühe, die man sich mit ihm gibt. Wenn nach einer Abwesenheit von einigen Tagen der Herr zurückkommt, stürzt der Windhund jauchzend aus dem Zelte hervor und springt mit einem Satze in den Sattel, um den von ihm schmerzlich Vermißten zu liebkosen. Dann sagt der Araber zu ihm: ›Mein lieber Freund, entschuldige mich, es war notwendig, daß ich dich verließ: aber ich gehe nun mit dir; denn ich brauche Fleisch, ich bin des Dattelessens müde, und du wirst wohl so gut sein, mir Fleisch zu verschaffen.‹ Der Hund benimmt sich bei allen diesen Freundlichkeiten, als wisse er sie Wort für Wort in ihrem vollen Werte zu würdigen.

Wenn ein Windhund stirbt, geht ein großer Schmerz durch das ganze Zelt. Die Frauen und Kinder weinen, als ob sie ein teures Familienglied verloren hätten. Und oft genug haben sie auch viel verloren; denn der Hund war es, der die ganze Familie erhielt. Ein Slugui, der für den armen Beduinen jagt, wird niemals verkauft, und nur in höchst seltenen Fällen läßt man sich herbei, in einem der Verwandten oder einem Marabut, vor dem man große Ehrfurcht hat, zu schenken. Der Preis eines Slugui, der die größeren Gazellen fängt, steht dem eines Kameles gleich; für einen Windhund, der größere Antilopen niederreißt, bezahlt man gern so viel wie für ein schönes Pferd.«

Die Perser benutzen ihre Windhunde, die den afrikanischen außerordentlich ähneln, ebenfalls hauptsächlich bei der Antilopenjagd, stellen ihnen aber in ihren Beizfalken vortreffliche Gehilfen. Alle vornehmen Perser sind leidenschaftliche Freunde dieser gemischten oder vereinigten Hetzjagden und wagen bei wahrhaft haarsträubenden Ritten ohne Bedenken ihr Leben. Sobald sie in ihrer Ebene eine Antilope erblicken, lassen sie den Beizfalken steigen, und dieser holt mit wenig Flügelschlägen das sich flüchtende Säugetier ein und zwingt es auf eigentümliche Weise zum Feststehen. Geschickt einem Stoße des spitzen Hornes ausweichend, schießt er schief von oben herab auf den Kopf der Antilope, schlägt dort seine gewaltigen Fänge ein, hält sich trotz alles Schüttelns fest und verwirrt das Tier durch Flügelschläge, bis es nicht mehr weiß, wohin es sich wenden soll, und solange im Kreise herumtaumelt, bis die Windhunde nachgekommen sind, um es für ihren Herrn festzumachen. Außerdem benutzt man letztere zur Jagd des Ebers und des wilden Esels, der dem Jäger und seinem schnellen vierfüßigen Gehilfen viel zu schaffen machen soll. Seinem natürlichen Triebe folgend, eilt der aufgescheuchte Wildesel augenblicklich den felsigen Abhängen zu, in denen er den größten Teil seines Lebens verbringt und der Übung im Klettern wegen die größten Vorteile vor dem persischen Pferde hat. Nur solche gewandten Geschöpfe, wie die eingeborenen Windhunde es sind, können ihm in jene Gebiete folgen; aber auch sie müssen nicht selten ihre Beute aufgeben, obgleich man mehrere Hundemeuten in der Verfolgung des ebenso flüchtigen Esels abwechseln läßt.

 

Das zierlichste Mitglied der ganzen Windhundgesellschaft ist der italienische Hund, andern Windhunden gegenüber ein wahrer Zwerg, aber ein höchst wohlgebildeter Zwerg, bei dem jeder Körperteil im genauesten Verhältnisse steht. Sein ganzes Gewicht übersteigt selten sechs oder sieben Pfund, und die allerausgezeichnetsten wiegen sogar bloß vier Pfund, trotz ihrer Höhe von 40 Zentimeter. In Gestalt und Färbung stimmt er vollständig mit dem eigentlichen Windhunde überein.

Man hat versucht, das niedliche Geschöpf zur Jagd der Kaninchen abzurichten, allein es eignet sich hierzu weit weniger als zu der Rolle eines Schoßhündchens oder Lieblings von Damen; denn der italienische Windhund läßt sich leichter und gründlicher verziehen als jeder andere Hund. Ein liebebedürftiges und erziehungslustiges Frauenherz findet in ihm einen unübertrefflichen Gegenstand, ein Wesen, das in kurzer Zeit an Eigenwillen, Empfindlichkeit und Empfindsamkeit selbst das verweichlichtste Menschenkind übertrifft. Abgesehen von diesen Eigenschaften ist der schmucke, zart gebaute Hund ein wirklich reizendes Geschöpf, jeder Köperteil an ihm zierlich und fein gebildet, jede Bewegung von ihm leicht, gefällig und anmutig.

 

Das glattanliegende, dünne Fell und die damit im Einklange stehende Frostigkeit der Windhunde deuten ebenso wie ihr häufiges Vorkommen in Afrika und Asien darauf hin, daß man die ursprüngliche Heimat der Tiere in heißen Ländern zu suchen und sie als Wüsten- und Steppentiere aufzufassen hat, die erst von hier aus bei uns eingeführt wurden. Der größte Teil der Rassen behielt auch im Norden alle Eigentümlichkeiten des Windhundgepräges bei, während einzelne Rassen sich unserem Klima anpaßten oder ihm angepaßt wurden. Zu letzteren gehört der schottische oder Wolfswindhund, ein Tier von derselben Größe wie der gemeine Verwandte und außerordentlicher Schönheit, ebenso zierlich gebaut und mit ebenso seinen Gliedern ausgerüstet wie jener, aber durch die verhältnismäßig dichte Behaarung unterschieden. Seine Gesamtlänge beträgt reichlich 1,5 Meter, wovon der Schwanz etwa 4lZ Zentimeter wegnimmt, die Höhe am Widerrist ungefähr 75 Zentimeter; die Behaarung ist nicht besonders lang, obschon mehr als dreimal länger als die des Windhundes, aber dicht und so gleichmäßig, daß der Pelz ein schützendes Kleid gegen die Kälte nördlicher Länder bildet, die Fahne lang und geschlossen, die Färbung verschieden, schwarz oder braun und weiß, nicht selten auch rotbraun und grau getigert.

 

Als häßliche Ausartung der Windhundform und, wie ich hinzufügen will, mehrerer anderer Hunderassen mag der Nackthund angesehen werden, afrikanischer Hund genannt, weil man annimmt, daß er ursprünglich dem Innern von Afrika angehörte und von dort nach Nordafrika und über Guinea nach Manila, China, auf die Antillen und Bahama-Inseln sowie über das Festland von Süd- und Mittelamerika verbreitet wurde. Der Leib ist etwas gestreckt, schmächtig, gegen die Weichen stark eingezogen, der Rücken stark gekrümmt, die Brust schmal, der Hals mittellang, aber dünn, der Kopf länglich und hoch, die Stirn stark gewölbt, die Schnauze ziemlich lang, nach vorn verschmälert und zugespitzt, die mittellangen, etwas breiten, zugespitzten und halb aufrecht stehenden Ohren sind nackt wie der übrige Körper und gegen die Spitze etwas umgebogen, die Lippen kurz und straff. Hohe, ziemlich schlanke und zarte Beine, ein sehr dünner, mäßig langer Schwanz und der Mangel der Afterzehe an den Hinterfüßen bilden seine übrigen Kennzeichen. Nur in der Nähe des Schwanzes, um den Mund herum und an den Beinen finden sich einige Haare; sonst ist die übrige Haut vollkommen nackt und deshalb der Hund ein häßliches Tier. Denn auch die schwarze Hautfärbung, die bei uns nach einiger Zeit ins Grauliche übergeht und hier und da fleischfarbige Flecken zeigt, ist unschön. Die Länge des Körpers beträgt 65, die des Schwanzes 25 und die Höhe am Widerriste 35 Zentimeter. Diese Beschreibung bezieht sich auf die windhundähnliche Form, neben der, wie bemerkt, auch andere vorkommen, wahrhaft abscheuliche Köter, die nur ein verdorbener Geschmack erträglich finden kann.

In unserem Klima kann der Nackthund wegen seiner Zartheit und Empfindlichkeit gegen rauhe Witterung nur als Stubentier gehalten werden und dauert in der Regel nicht sehr lange aus. Seine Empfindlichkeit gegenüber den Einflüssen der Witterung ist so groß, daß er selbst an den wärmsten Tagen zittert. Auch bei der sorgfältigsten Pflege und trotz aller künstlichen Mittel, um ihn gegen die Rauhheit des Wetters zu schützen, unterliegt er häufig Krankheiten, die er sich durch Erkältung zugezogen hat.

 

Vielleicht ist hier der Ort, die Schilderung eines Hundes einzuschalten, von dem Hensel neuerdings nachstehende Beschreibungen gegeben hat.

»Ein Wild gibt es, das Lieblingswild des Brasilianers, das auch mit den besten seiner gewöhnlichen Hunde nicht zu jagen wäre, das Reh. Hierdurch war die Veranlassung gegeben, eine neue Rasse zu bilden, und in der Tat konnte sie nicht vorzüglicher erzeugt werden. Der brasilianische Rehhund gehört zu den besten, den wir kennen, obgleich die Brasilianer aus angeborener Trägheit nichts für Verbesserung der Rasse tun und diese daher öfters noch der Gleichmäßigkeit entbehrt.

Der Rehhund ist von mittlerer Größe, eher klein als groß, etwa wie ein Schäferhund, aber mit höheren Beinen, sein Kopf spitz, das Ohr sehr groß, zugespitzt und aufrecht stehend, das Genick stark, die Brust sehr tief, der Leib hoch hinaufgezogen, der Schenkel kräftig und muskelig, der Schwanz lang und dünn, die Farbe verschieden, gewöhnlich rehfarben. Das ganze Gepräge ist entschieden windhundartig, und ich hörte, wie ein deutscher Ansiedler seinen in Brasilien geborenen Kindern einen meiner Hunde als einen Windhund zeigte. Trotz dieser Ähnlichkeit ist doch der Geruch des Rehhundes ein außerordentlich seiner, und ich habe Tiere gesehen, die noch nach einer vollen Stunde, nachdem das Reh einen Weg vorsichtig überschritten hatte, die Fährte desselben aufnahmen. Hierin unterscheidet er sich wesentlich vom Windhunde, von dem er nur die knappe Form, die Bissigkeit und die Ausdauer im Laufen hat.

Zu den vorzüglichen Eigenschaften des Rehhundes gehört die Schnelligkeit, doch macht sie sich nur als Ausdauer geltend; denn er jagt langsam, wie es die Natur des Urwaldes mit sich bringt. Man gebraucht gewöhnlich zwei Hunde zur Jagd, die einander kennen, unterstützen und anfeuern. Mehrere Hunde stören einander, ein einzelner gibt eher die Jagd auf. Die Rehhunde haben vor allen brasilianischen Hunden die Gewohnheit, auf eigene Faust zu jagen. Sie verlassen, sobald sie losgekoppelt sind, den Jäger, und er sieht sie nicht eher wieder, als nach Beendigung der Jagd, oft erst in seiner Wohnung, zuweilen wohl am nächsten Tage. Sobald die Hunde losgelassen sind, eilen sie die Berganhöhen hinauf und bringen bald ein Reh getrieben, das stets im Tale nach dem Wasser flüchtet. Hier haben sich die Schützen aufgestellt, denen das Reh nicht selten zum Schusse kommt. Ist dies nicht der Fall, so geht die Jagd weiter und dauert bei guten Hunden so lange, bis sie das Reh ermüdet und niedergerissen haben. Dann sättigen sie sich daran und treten den Heimweg an, ohne weiter nach dem Jäger zu fragen. Zuweilen dauert bei ungünstigem Boden, vielen Schluchten und undurchdringlichen Dickichten die Jagd stundenlang, weil das Reh stets Zeit findet, sich wieder zu erholen. Kommt es nicht zum Schuß, so ist es für den Jäger immer verloren, auch wenn es die Hunde endlich niederreißen. Dies betrachtet der wahre Jäger nicht als ein Unglück, die Hauptsache bleibt immer das Jagen der Hunde. Mit verhaltenem Atem, etwas vorgebeugt, lauscht er ihrem Bellen, wenn es wie Glockenton rein und hell in das Tal niederschallt. Langsam aber stetig nähert sich die Jagd. Ein guter Hund darf nicht hitzig sein, er würde in den zahllosen Dornen der Dickungen sich verwunden und leicht die Fährte verlieren. Ein europäischer Hund würde hier nicht genügen, vielmehr durch Hitze erschöpft und durch die Dornen verwundet, bald unbrauchbar werden. Hier helfen dem Rehhunde seine Leichtigkeit und Gewandtheit; doch vermeidet er wie die Windhunde das Wasser.

So gern der Rehhund jagt, so wenig gern stellt er das Wild. Kann er es nicht niederreißen, so verläßt er es bald. Nachher ist er auch für die Jagd für Bisamschweine oder den Tapir nicht so brauchbar; denn die ersteren flüchten unter Felsen oder in hohle Bäume und die Ante oder der Tapir stellt sich den Hunden im Wasser. Dagegen liefert die Kreuzung zwischen dem Rehhunde und gewöhnlichem Jagdhunde oft sehr wertvolle Erzeugnisse für die Jagd auf größere Wildarten.«

 

Als einfacher Blendling zwischen Windhund und Bullenbeißer wird der große dänische Hund angesehen. Man sieht ihn in Deutschland selten, in England als den treuen Begleiter von Pferd und Wagen häufiger. Er ist ein großes, schönes Tier von edler Form, mit schlanken Beinen und glattem Schwänze, schmalen und kurzen Ohren und großem, schönen Augen; die Schnauze ist zugespitzt, aber, wie das ganze Tier, immer noch weit kräftiger als die des Windhundes. Seine Färbung spielt ins Braune, Mäusefarbene und Schwärzliche; Brust und Kehle sind jedoch immer weißlich.

Der dänische Hund, ein treues und wachsames Tier, gehört in Deutschland zu den Rassen, die nirgends verbreitet sind, sondern überall nur einzeln vorkommen. In früheren Zeiten soll man ihn zur Jagd auf Rotwild benutzt und deshalb mehr gezüchtet haben; gegenwärtig hält man ihn hier und da als Zierhund, über seine Eigenschaften und sein Wesen weiß ich nichts zu berichten.

Eine zweite Gruppe der Hunde umfaßt die Doggen.

Bei dem Bullenbeißer ist der Leib gedrungen, dick, gegen die Weichen nur wenig eingezogen, der Rücken nicht gekrümmt, die Brust breit und tiefliegend, der Hals ziemlich kurz und dick, der Kopf rundlich, hoch, die Stirne stark gewölbt, die Schnauze kurz, nach vorn verschmälert und sehr abgestumpft. Die Lippen hängen zu beiden Seiten über (klaffen vorn aber nicht) und triefen beständig von Geifer; die ziemlich langen und mittelbreiten Ohren sind gerundet, halb aufrecht stehend, gegen die Spitze umgebogen und hängend. Die kräftigen Beine haben mittlere Höhe; an den Hinterpfoten fehlt die Afterzehe. Der Schwanz ist am Grunde dick, gegen das Ende zu verschmälert, ziemlich lang und reicht bis an das Fersengelenk, wird selten gerade oder nach rückwärts gestreckt, sondern meistens in die Höhe gerichtet und vorwärts gebeugt. Die Färbung ist entweder fahl oder bräunlichgelb, bisweilen mit schwärzlichem Überfluge, oder auch bräunlich; die Schnauze, die Lippen und die äußeren Enden der Ohren sind schwarz; doch gibt es wie bei allen Hunden vielfache Abänderungen.

Als mutmaßliche Heimat der Bullenbeißer kann Irland betrachtet werden; wenigstens finden sich dort die ausgezeichnetsten Rassen, die man überhaupt kennt. Entsprechend der Schwere und Plumpheit dieser Tiere ist ihr Lauf weder anhaltend noch rasch. Dagegen besitzen sie eine überaus große Stärke, viel Entschlossenheit und einen unglaublichen Mut, ja, man kann sagen, daß sie mit wenigen Ausnahmen als die mutigsten aller Tiere angesehen werden können. Ihrer Stärke wegen sind die Bullenbeißer zu schwerer und gefährlicher Jagd und zu Kämpfen mit wilden Tieren besonders geeignet. Noch im Anfang dieses Jahrhunderts veranstalteten die Engländer Kampfspiele zwischen Bullenbeißern und Stieren; selbst gegen Bären und Löwen kämpften die Hunde mit vielem Glück: man rechnete nur drei Doggen auf einen Bären, vier auf einen Löwen.

Die geistigen Fähigkeiten des Bullenbeißers sind nicht so ausgezeichnet wie die der übrigen gescheiten Hunde, keineswegs aber so tiefstehend, wie man gewöhnlich angenommen hat. Man glaubte, in dem Bullenbeißer ein Tier der rohen Stärke vor sich zu sehen, und gab sich vom Anfang an dem Glauben hin, daß es in geistiger Hinsicht durchaus nichts leisten könne. Doch ist diese Ansicht unbegründet; denn jeder Bullenbeißer gewöhnt sich an den Menschen und opfert ohne Bedenken sein Leben für ihn auf. Er eignet sich vortrefflich zum Wachen und Hüten des Hauses und verteidigt das ihm Anvertraute mit wirklich beispiellosem Mute. Als Reisebegleiter in gefährlichen, einsamen Gegenden ist er gar nicht zu ersetzen. Man erzählt, daß er seinen Herrn gegen fünf bis sechs Räuber mit dem größten Erfolge verteidigt hat, und kennt Geschichten, in denen er als Sieger aus solchen ungleichen Kämpfen hervorging, trotz unzähliger Wunden, die er erhalten hatte. Auch als Wächter bei Rinderherden wird er verwendet, und versteht es, selbst den wildesten Stier zu bändigen; denn er ist geschickt genug, sich im rechten Augenblicke in das Maul des Gegners einzubeißen und so lange sich dort festzuhängen, bis sich der Stier geduldig der Übermacht des Hundes fügt. Zum Kampfe gegen große Raubtiere, wie Bären und Wölfe, Wildschweine, Löwen usw., läßt er sich leicht abrichten und steht deshalb bei allen Völkern, die mit derlei Raubgezüchte zu tun haben, in hohem Ansehen. In den alten Tierhetzen auf Auerochsen und anderes schweres Wild wurde er vielfach verwendet, und in Amerika wird er noch heutigestags bei den Stiergefechten benutzt. Anderen Hunden gegenüber beträgt er sich sehr anständig. Er sucht nur selten Streit und läßt sich besonders von kleineren Hunden viel gefallen. Auch erträgt er Neckereien lange Zeit; bei fortgesetzter Reizung aber greift er, ohne vorher zu warnen oder viel zu bellen und ohne zu irgendwelcher List seine Zuflucht zu nehmen, von vorn an, begnügt sich jedoch gewöhnlich, seinen Gegner zu Boden zu werfen und ihn festzuhalten, falls dieser keinen ferneren Widerstand versucht. Gegen seinen Herrn ist er treu und anhänglich; gegen Fremde bleibt er immer gefährlich, er mag frei sein oder an der Kette liegen, und wenn er auf Leute gehetzt wird, ist er wahrhaft furchtbar.

 

Ihm sehr nahe stehen die eigentlichen Doggen, sehr große und starke Tiere mit kurzer, dicker, vorn gerade abgestumpfter Schnauze, deren Oberlippen, obgleich sie an den Seiten herabhängen, vorn den Mund nicht schließen und so beständig das Gebiß sehen lassen. Die Nase ist nicht selten gespalten, der Pelz kurzhaarig und gewöhnlich von Farbe rot, oft aber auch bunt. In früheren Zeiten, in denen das Land unsicherer war als gegenwärtig, hielt man die Doggen noch in ziemlicher Menge, gegenwärtig findet man sie nur bei Liebhabern. »Die Englischen Docken«, sagt von Flemming in seinem Vollkommenen teutschen Jäger, »die große Herren anfänglich aus England und Irland mit vielen Unkosten bringen lassen, werden jetziger Zeit in Teutschland auferzogen. Und geben denen allergrößten und schönsten den Namen Cammer-Hunde, weil sie solche meistens des Nachts in ihrem Schlaff-Gemach bei sich haben, damit, wann Mörder einfallen sollten, diese solche Bösewichte niederreißen, ihren Herrn aber erretten möchten. Nächst diesen werden andere Englische Docken Leib-Hunde genennet, die an Hirsche, Schweine und Wölfe gehetzt werden; sonderlich müssen dieselben angewiesen werden, daß sie ein wildes Tir ja nicht vor den Kopff anfallen, sondern zur Seite an die Ohren fassen und zu beiden Seiten sich anlegen. Denn sonst ein Bär sie zerreißen, ein Hirsch sein Gehörn vorwerffen und dieselben spießen, das wilde Schwein hauen, der Wolf aber stetig umb sich schnappen und herrumb beißen würde. Im Stall liegen sie ein jeder besonders vor sich an Ketten, und hat jeder seinen Fraß absonderlich vor sich stehen. Die Bären- oder Bollbeißer sind von dieser vorgemeldeten Art eine besondere Gattung, die zwar dicke und schwer, zum fangen aber ungemein hitzig erbittert sind. Sie sehen böse und tückisch aus, und werden insgemein zur podolischen und ungarischen Büffel-Ochsen-Hatz, wie auch zuweilen die Bäre damit zu Hetzen, gebraucht. Sie werden anfänglich an mäßige Sauen gehetzt, endlich an kleine Bären. Man muß dieselben, wenn sie sich fest einbeißen und verfangen, geschwind mit einer starken rauhen Gänsefeder in die Kehle kützeln, alsdann lassen sie selbst loß. Der Bär schmeisset mit Ohrfeigen umb sich, bis die Herrschaft überdrüssig wird, sodann werden die Hunde an sich angeruffen, und der Bär entweder in einen Kasten getan, aber von der Herrschaft ihme mit dem Fang-Eysen der Rest gegeben, nachdem die Cammer- oder Leibhunde vorgerücket und denselben gefangen, darzu dann von anwesenden Jägern mit Wald- und Hüffthörnern geblasen wird.«

Mit diesen Worten sind die Doggen fast hinlänglich beschrieben. Bei uns sieht man gewöhnlich nur eine mittelgroße Rasse, die höchstens die Größe eines mäßigen Hühnerhundes erreicht, oft aber nur halb so groß ist. Die Farbe dieses Tieres ist regelmäßig ein lichtes Isabellgelb; es finden sich aber auch, obwohl selten, Doggen, die dunkler gefärbt sind. Die starken Knochen, die breite Brust und vor allem der ausgezeichnete Bau des Kopfes lassen die Dogge nie verkennen. Der Kopf ist hinten breit und dick, die Schnauze kurz, die Nase eingedrückt und deshalb häßlich, oder aber gespalten, so daß jedes Nasenloch fast für sich besonders zu liegen scheint; die Schneidezähne stehen oft unregelmäßig, z. B. einige hinter den anderen; die Spitze der Unterkinnlade tritt vor die der Oberkinnlade; Eck- und Backenzähne sind gewaltig; die großen Augen haben einen düsteren Ausdruck.

 

Der Bulldogg oder Boxer wird zumal in England häufig gehalten. Man sieht ihn, mehr noch als den Bullenbeißer, für ein wütendes, unzugängliches und stumpfsinniges Tier an, darf ihm diese Eigenschaften jedoch nur in beschränkter Weise zuschreiben. Seinem Herrn gegenüber zeigt der Bulldogg Treue und Anhänglichkeit; doch muß er denselben vollkommen kennengelernt und erfahren haben, daß dessen geistige Kraft seine leibliche unter allen Umständen unterjochen kann; denn sonst glaubt das Tier nicht selten, das auch an den Menschen versuchen zu dürfen, was es an allen Tieren sich zuschulden kommen läßt. Ungemein bissig und herrschsüchtig, bekundet der Bulldogg eine wahre Freude, ein anderes Tier totzubeißen. Dabei muß man rühmend anerkennen, daß sein Mut noch größer ist als seine wirklich furchtbare Stärke. Er wagt sich an jedes Tier, selbst an das gefährlichste: ein wütender Ochse, ein hungriger, gefährlicher Wolf, ein Löwe erscheinen einem Bulldogg noch keineswegs als unüberwindliche Gegner: er versucht wenigstens auf irgendwelche Art ihrer Meister zu werden. Lenz erzählt mehrere Tatsachen, von denen ich nur die eine anführen will. »Im Jahre 1850 sah ich in Gotha eine Menagerie, bei der sich ein großer, schöner Wolf befand. Am folgenden Tage zwängte sich der Wolf aus seinem Käfig und verbreitete unter den vielen Zuschauern großen Schrecken. Ein Bulldogg des Menageriebesitzers, der ruhig in einer Ecke gelegen, hatte alles beobachtet, sprang plötzlich aus eigenem Antrieb hervor und verbiß sich fest in die Kehle des Wolfes. So gewann der Mann Zeit, aus einem vom Zelte geschnittenen Stricke eine Schlinge zu fertigen, die er dann dem Wolf über den Kopf warf. Hund und Mann schafften nun gemeinschaftlich den Wolf nach dem Käfige hin; dort kam er aber tot an, die Dogge hatte ihn in ihrem Diensteifer erwürgt.«

Was der Boxer einmal gefaßt hat, läßt er so leicht nicht wieder los. Man kann ihn in einen Stock oder in ein Tuch beißen lassen und an diesem Gegenstande in die Höhe heben, auf den Rücken werfen und andere Dinge mit ihm vornehmen, ohne daß er sein Gebiß öffnet.

Von der Mordlust des Tieres erzählt Lenz Folgendes: »Ich bekam ein erwachsenes Bulldoggweibchen kleinster Sorte, das ein Fuhrmann von Köln mitgebracht, das vor Hunger ganz elend aussah und nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien. Ich bewillkommnete die am ganzen Leibe zitternde Jammergestalt und sprach ihr Trost zu, den sie auch, da er von gutem Futter begleitet war, ohne Bedenken annahm. Dann wollte ich sie in einem Stalle unterbringen, wobei ich mit ihr durch einen Raum mußte, in dem ich eine Menge Kaninchen hielt. Sobald ich hineintrat, sprang die Bestie augenblicklich mit der Wut eines Tigers auf ein großes Kaninchen und hatte es im Nu im Rachen. Im nächsten Augenblick hatte ich das Ungeheuerchen mit der rechten Hand beim Kragen und in der Luft; mit der linken riß ich am Kaninchen, konnte es aber nur in Fetzen aus dem festgeschlossenen Maule zerren. Erst gab ich nun der schwebenden Sünderin einige tüchtige Ohrfeigen, die sie annahm, als ob sie gar nichts davon merkte, alsdann warf ich die bewußten Fetzen zur Türe hinaus und setzte mein Bulldöggchen, um so mehr an Reue und Besserung glaubend, weil es wieder zu zittern und beben begann, zur Erde. Sowie es diese berührte, tat es zwei Sätze und hatte wieder ein Kaninchen im Maule, dessen Knochen ich brechen hörte. Ich nahm sogleich die rückfällige Sünderin wieder beim Genicke, riß ihr die Beute weg, teilte einige Ohrfeigen aus und sorgte nun dafür, daß der Kaninchenstall verschlossen blieb. Meinem Geflügel tat sie glücklicherweise nichts, und Katzen, gegen die sie, wie ich später sah, sehr feindlich gesinnt war, hatte ich damals nicht. Mit mir vertrug sie sich übrigens vortrefflich, sah bald bei gutem Futter ganz behäbig aus und zog mit mir zu Bekannten und Verwandten auf Rattenfang. In diesem Geschäfte zeigte sie einen wütenden Eifer, wie z. B. aus folgender Tatsache zu ersehen: Ich hatte ein großes, tiefes Faß mit Falldeckel aufgestellt und bald war eine gewaltige Ratte darin. Das Faß brachte ich auf einen freien Platz; es sammelte sich ein Kreis von Zuschauern, und ich holte eilig meinen Hund. Diesen mußte ein Zuschauer beim Halsbande fassen. Indes ging ich ans Faß, nahm leise den Deckel ab, warf ihn weg und wollte es nun so lenken, daß die Ratte plötzlich zur Freude der Umstehenden hervorspringen sollte. Sowie ich aber das Faß zu senken begann, hatte der Hund den Braten gemerkt, sich losgerissen, sauste an meinem Kopfe vorbei, hoch und hinab ins Faß, tumultierte dort eine Zeitlang mit der zwischen seinen Beinen herumrasenden Ratte und erlegte sie, während eine Menge Köpfe herbeigeeilt waren und verwundert in den Abgrund des Fasses schauten.

Noch gröber triebens zwei große Bulldoggs, die einem meiner ehemaligen Schüler, als er preußischer Reiteroffizier war, von einem Freunde als Geschenk zugesandt wurden. Sie langten zusammengekoppelt an und waren von einem Steckbriefe begleitet, der besagte, »ihr bisheriger Herr könne sie nicht zum Guten bringen und wolle sie los sein«. Der Offizier wollte die wütend aussehenden Bestien auch nicht haben, stieg gleich am andern Morgen zu Pferde und ließ die Hunde frei umherlaufen, um sie einen entfernt wohnenden Gutsbesitzer anzubieten. Unterwegs begegnete der Zug einer Schweineherde. Die Hunde fielen über diese her, wollten ein Stück erwürgen, aber die Leute sprangen zu, schlugen den einen tot, den anderen halbtot. Der Offizier verweilte einige Zeit, verhandelte mit den Leuten über den angerichteten Schaden, ritt dann weiter und freute sich, seine scheußlichen Begleiter los zu sein. Indes war der Halbtote wieder auf die Beine gekommen, fühlte sich an dem Orte, wo er die Niederlage erlitten, nicht ganz sicher und zog seinem Herrn nach. Dieser ritt aus Mitleid langsam. Dem Hunde wurde es dennoch schwer, mitzukommen; er legte sich daher quer vor das Pferd, um es zum Stehen zu bringen. Der Herr ritt um ihn herum und langsam weiter. Das wiederholte sich einige Male. Endlich bekams der Hund satt, sprang, wie das Pferd um ihn herum wollte, an dessen Schnauze und biß sich da fest ein. Der Herr zog eine Pistole und schoß ihn tot.

Die Eigenschaften der Doggen waren schon den Römern bekannt und sie deshalb außerordentlich geschätzt, weil sie sich mehr als alle übrigen Hunde eigneten, eine Hauptrolle in den blutigen Spielen des Zirkus zu übernehmen. Nachdem England römische Provinz geworden war, gab es daselbst besondere Beamte, denen die Erziehung und Auswahl der nach Rom zu sendenden Doggen oblag. Dort kämpften letztere zur Freude des Volkes mit zahlreichen wilden Tieren, und diese römische Belustigung erbte sich auch auf spätere Zeiten fort, indem in England noch zu Zeiten Elisabeths und Jacobs I. große Tierkämpfe angestellt wurden. Stow schildert ein Gefecht, das drei Doggen einem Löwen lieferten. Der erste Hund wurde sogleich am Nacken gepackt und herumgeschleppt; dem zweiten ergings nicht besser; der dritte aber erfaßte den König der Tiere an der Lippe, hielt ihn fest, bis er durch Krallenhiebe abzulassen genötigt wurde, überlebte auch, obgleich schwer verwundet, allein den Sieg über den Gegner, der sobald er sich frei fühlte, erschöpft und zu fernerem Kampfe ungeeignet, über die Hunde wegsprang und in dem geeignetsten Winkel seines Käfigs Schutz suchte.

Nicht alle Doggen sind angenehme Gefährten des Menschen. Man kennt Beispiele, daß sie ihren eigenen Herrn in Belagerungszustand erklärten und ihn nicht von der Stelle ließen. Eine Geschichte, die erzählt wird, ist ergötzlich. Ein einsam wohnender Junggeselle hatte eine große Bulldogge gekauft und brachte sie hoch erfreut mit Hilfe ihres früheren Besitzers auf sein Zimmer. Am andern Morgen will er sich aus dem Bette erheben, in demselben Augenblicke aber springt die Dogge auf ihn zu, stemmt trotzig beide Füße gegen das Bett und droht ihm mit ihrem furchtbaren Gebisse so verständlich, daß er augenblicklich einsieht, nur die größte Ruhe könne ihm vor dem Viehe schützen. So oft er den Versuch erneuert, sich anzukleiden, wiederholt sich dieselbe Geschichte, und so ist er gezwungen, ruhig zu bleiben. Nun will aber der Zufall, daß ihn gerade an diesem Tage niemand besucht, und er hat das Vergnügen, seinem schönen Hunde zu Liebe den ganzen Tag hungernd und durstend im Bette zu verweilen. Der frühere Herr errettet ihn endlich von dem ungeschlachteren und gefährlichen Tiere.

Man begreift, weshalb die Bulldoggen gegenwärtig wenig gehalten werden. So geistesarm, als man gewöhnlich glaubt, sind sie nicht; es gibt im Gegenteil einzelne, die an Verstand fast mit dem Pudel wetteifern. Ich kannte einen solchen Hund, der durch seine Verständigkeit viel Vergnügen bereitete. Er war auf alles mögliche abgerichtet und verstand sozusagen jedes Wort. Sein Herr konnte ihn nach mancherlei Dingen aussenden, er brachte sie gewiß. Sagte er: »Geh, hole eine Kutsche!« so lief er auf den Warteplatz der Lohnfuhrwerke, sprang in einen Wagen hinein und bellte so lange, bis der Kutscher Anstalt machte fortzufahren; fuhr er nicht richtig, so begann der Hund von neuem zu bellen, lief auch wohl vor dem Wagen her bis vor die Türe seines Herrn. Derselbe Hund trank bayerisches Bier leidenschaftlich gern und unterschied es von anderen Biersorten mit untrüglicher Sicherheit. Hatte er nun eine gehörige Menge zu sich genommen, so wurde er betrunken und ergötzte jedermann durch tolle Streiche aller Art. Ein anderer Boxer, den ich neuerdings kennenlernte, ist nicht allein der Liebling seines Herrn, sondern auch das Schoßtier der Herrin, der er mit unwandelbarer Treue anhängt, und ebenso ein geliebter und liebender Freund der Pferde seines Gebieters. Scheinbar unerschütterlich ernst, liebt er doch Spiel und Scherz außerordentlich, geht auf Neckereien harmlos ein und wird nur durch die Plumpheit seiner Späße zuweilen beschwerlich. Er bewacht das ihm anvertraute Gut mit Eifer und Gewissenhaftigkeit, geht bei Tage ungemein gern mit dem Herrn aus, läßt sich des Nachts aber unter keiner Bedingung von seinem Posten, als Beschützer der Herrin, weglocken, ist kleiner Kinder zärtlicher Spielkamerad, trägt auf Befehl dem befreundeten Pferde Zwieback oder Zucker und bekundet überhaupt eine Menge guter Eigenschaften. Hieraus geht für mich unwiderlegbar hervor, daß das Wesen auch dieses so ingrimmig erscheinenden Hundes ein gutartiges und daß es die Erziehung ist, die ihn zu einem vortrefflichen wie zu einem gefährlichen Genossen des Menschen machen kann.

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Zu den Doggen gehört das Zerrbild der Hunde, wenn ich so sagen kann, der Mops, eigentlich der Bullenbeißer im kleinen, mit ganz eigentümlich abgestumpfter Schnauze und schraubenförmig gerolltem Schwanze. Sein gedrungener kräftiger Bau und das mißtrauische, mürrische Wesen macht ihn den Bulldoggen außerordentlich ähnlich.

Früher sehr verbreitet, ist der Mops gegenwärtig fast ausgestorben, zum Beweise dafür, daß Rassen entstehen und vergehen. Heutzutage soll das Tier besonders in Rußland noch in ziemlicher Anzahl vorkommen; in Deutschland wird es nur hier und da gezüchtet und dürfte schwerlich wieder zu allgemeinem Ansehen gelangen; denn auch hinsichtlich dieses Hundes hat sich der Geschmack gebessert. Der Mops war der echte Altejungferhund und ein treues Spiegelbild solcher Frauenzimmer, bei denen die Bezeichnung »Alte Jungfer« als Schmähwort gilt, launenhaft, unartig, verzärtelt und verhätschelt im höchsten Grade, jedem vernünftigen Menschen ein Greuel. Die Welt wird also nichts verlieren, wenn dieses abscheuliche Tier samt seiner Nachkommenschaft den Weg alles Fleisches geht.

 

Eine große Bullenbeißerrasse benutzte man in früheren Zeiten in der scheußlichsten Weise. Man richtete sie ab, Menschen einzufangen, niederzuwerfen oder sogar umzubringen. Schon bei der Eroberung von Mexiko wandten die Spanier derartige Hunde gegen die Indianer an, und einer derselben, Namens Bezerillo, ist berühmt oder berüchtigt geworden. Ob er zu der eigentlichen Kubadogge gehört hat, die man als einen Bastard von Bullenbeißer und Bluthund ansieht, ist nicht mehr zu bestimmen. Er wird beschrieben als mittelgroß, von Farbe rot, nur um die Schnauze bis zu den Augen schwarz. Seine Kühnheit und Klugheit waren gleich außerordentlich. Er genoß unter allen Hunden einen hohen Rang und erhielt doppelt soviel Fressen als die übrigen. Beim Angriffe pflegte er sich in die dichtesten Haufen der Indianer zu stürzen, diese beim Arme zu fassen und sie so gefangen wegzuführen. Gehorchten sie, so tat der Hund ihnen weiter nichts, weigerten sie sich aber, mit ihm zu gehen, so riß er sie augenblicklich zu Boden und erwürgte sie. Indianer, die sich unterworfen hatten, wußte er genau von den Feinden zu unterscheiden und berührte sie nie. So grausam und wütend er auch war, bisweilen zeigte er sich doch viel menschlicher als seine Herren. Eines Morgens, so wird erzählt, wollte sich der Hauptmann Jago de Senadza den grausamen Spaß machen, von Bezerillo eine alte, gefangene Indianerin zerreißen zu lassen. Er gab ihr ein Stückchen Papier mit dem Auftrage, den Brief zu dem Statthalter der Insel zu tragen, in der Voraussetzung, daß der Hund, der nach dem Abgehen der Alten gleich losgelassen werden sollte, die alte Frau ergreifen und zerreißen werde. Als die arme, schwache Indianerin den wütenden Hund auf sich losstürzen sah, setzte sie sich schreckerfüllt auf die Erde und bat ihn mit rührenden Worten, ihrer zu schonen. Dabei zeigte sie ihm das Papier vor und versicherte ihm, daß sie es zum Befehlshaber bringen und ihren Auftrag erfüllen müßte. Der Hund stutzte bei diesen Worten, und nach kurzer Überlegung näherte er sich liebkosend der Alten. Dieses Ereignis erfüllte die Spanier mit Erstaunen und erschien ihnen als übernatürlich und geheimnisvoll. Wahrscheinlich deshalb wurde auch die alte Indianerin von dem Statthalter freigelassen. Bezerillo endete sein Leben in einem Gefechte gegen die Karaiben, die ihn durch einen vergifteten Pfeil erlegten. Daß solche Hunde von den unglücklichen Indianern als vierbeinige Gehilfen der zweibeinigen Teufel erscheinen mußten, ist leicht zu begreifen.

In Kuba gebraucht man die fürchterlichen Tiere heute noch ebensowohl zur Verfolgung entlaufener Neger oder Räuber und Verbrecher wie zur Bewältigung wilder Ochsen und als Hatzhunde bei Stiergefechten. Man wendet auf die Erhaltung der reinen Rasse viel Aufmerksamkeit und bezahlt besonders tüchtige mit außerordentlich hohem Preise. Ihre Farbe ist gelblichbraun, schwärzlich um die Schnauze.

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Eine andere den Römern ebenfalls schon bekannte Dogge ist die von Tibet, ein herrliches, schönes und großes Tier von wahrhaft ehrfurchteinflößendem Äußeren. Der Leib und alle seine Glieder sind stark und kräftig; der Schwanz, der gewöhnlich aufwärts getragen wird, ist buschig; die Ohren hängen herab; die Lefzen schließen vorn den Mund nicht, hängen aber zu beiden Seiten der Schnauze tief herunter. Eine am Außenwinkel des Maules entspringende, bis zur Schnauze reichende Hautfalte, die mit einer anderen in Verbindung steht, die über die Brauen schief herabhängt, verleihen dem Gesichte ein furchterweckendes Ansehen.

Die Griechen und Römer geben eine genaue Beschreibung von diesem Hunde und sprechen mit Bewunderung von seinen Leistungen gegen Auerochsen, wilde Eber und selbst Löwen. Neuere Nachrichten erhielt man in den letztvergangenen Jahrzehnten, und erst vor kurzem gelangte eine Tibetdogge lebend nach England. Man sieht aus der ganzen Gestalt, daß diese Dogge der Riese unter allen Hunden ist und sich gleichwohl durch ebenso große Schönheit der Gestalt wie der Färbung auszeichnet. Letztere ist zum größten Teil schwarz, die Schnauze und die Brauengegend gelblich, die Behaarung lang und rauh.

In der Heimat gilt dieses prächtige Tier für ebenso brauchbar als lenksam; man findet es deshalb in allen Gebirgsdörfern Tibets und zwar ebensowohl als Wächter des Hauses wie der Herden. Es geschieht sehr oft, daß ein tibetanisches Dorf ganz allein der Wachsamkeit dieser Hunde überlassen wird, während sämtliche männliche Bevölkerung entweder draußen bei den Herden in den Feldern oder auf der Jagd sich befindet. Dann dienen die Hunde zum Schutze der Frauen und Kinder und gewähren beiden vollkommene Sicherheit.

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Eine von den Doggen sehr verschiedene Gruppe ist die der Dächsel. Sie zählen jedenfalls zu den eigentümlichsten und merkwürdigsten aller Hunde. Der lange, walzenförmige, nach unten gekrümmte Leib mit dem eingebogenen Rücken, der auf kurzen, verdrehten Ständern ruht, der große Kopf und die große Schnauze mit dem tüchtigen Gebisse, die hängenden Ohren, die großen Pranken mit den scharfen Krallen und das kurze, glatte, straffe Haar kennzeichnen sie. Die Beine sind sehr kurz, plump und stark; die Handgelenke der vorderen nach einwärts gebogen, so daß sich beide fast berühren, von da an aber plötzlich wieder nach auswärts gekrümmt; an den Hinterpfoten bemerkt man eine etwas höher gestellte, gekrallte Afterzehe. Der Schwanz ist an der Wurzel dick, gegen das Ende zu verschmälert, reicht ziemlich bis an das Fersengelenk hinab und wird hoch nach aufwärts gerichtet und stark nach einwärts gebeugt, selten gerade ausgestreckt getragen. Die kurze Behaarung ist grob, aber glatt und von ziemlich wechselnder Färbung, oben gewöhnlich schwarz oder braun, unten rostrot, nicht selten auch einfarbig braun oder gelblich, ja selbst grau oder gefleckt. In der Regel finden sich ein Paar hellrostrote Flecken über beiden Augen; doch kommen solche auch bei anderen Hunden vielfach vor.

siehe Bildunterschrift

Dachshunde mit eben gegrabenem Dachs

Man ist darüber vollkommen im Unklaren, woher der Dachshund stammt, obgleich man ziemlich allgemein annimmt, daß seine ursprüngliche Heimat in Spanien gesucht werden müsse. Hiermit stimmt freilich die Tatsache, daß man gegenwärtig in Spanien keine Dachshunde mehr findet, schlecht überein. »Die von einem meiner Bekannten hier eingeführten Dächsel«, schreibt mir mein Bruder, »gingen bei bester Pflege binnen zwei oder drei Jahren zugrunde, trotzdem sie anfänglich sich sehr wohl zu befinden schienen und auch sich fortpflanzten. Einen ersichtlichen Grund für solche Hinfälligkeit vermochte man bisher nicht zu finden.« Im Verhältnis zu seiner geringen Größe ist der Dachshund ein außerordentlich starkes Tier, und hiermit steht sein großer Mut im besten Einklange. Aufs Jagen erpicht, wie kaum ein anderer Hund, würde er zur Verfolgung jedes Wildes verwendet werden können, besäße er nicht die Unarten, auf seinen Herrn wenig oder nicht zu achten und das Erjagte gewöhnlich anzuschneiden. Alle Dächsel haben eine sehr feine Spürnase und ein außerordentlich seines Gehör, Mut und Verstand im hohen Grade, Tapferkeit und Ausdauer und können daher zu jeder Jagd gebraucht werden, gehen selbst auf Schweine tolldreist los und wissen sich auch prächtig vor dem wütenden Eber zu schützen, der sie ihres niederen Baues halber ohnehin nicht so leicht fassen kann wie einen größeren Hund. Sie sind klug, gelehrig, treu, munter und angenehm, wachsam und von Fremden schwer zu Freunden zu gewinnen, leider aber auch listig und diebisch, im Alter ernst, mürrisch, bissig und oft tückisch: sie knurren und fletschen die Zähne sogar gegen ihren eigenen Herrn. Gegen andere Hunde äußerst zänkisch und kampflustig, streiten sie fast mit jedem, der sich ihnen naht, selbst mit den größten Hunden, die ihnen eine offenbare Niederlage in Aussicht stellen. Bei solchen Beißereien mit großen Hunden bekunden sie eine wahrhaft niederträchtige List; denn sobald der Gegner es versucht, sich zu verteidigen, werfen sie sich auf den Rücken und versuchen ihn in die empfindlichsten Teile des Unterleibes zu beißen, um ihn hierdurch zu verscheuchen oder zu zwingen, von fernerem Kampfe abzustehen.

Bei der Jagd hat man seine liebe Not mit ihnen. Der Dächsel nimmt die Verfolgung des Wildes mit einer unglaublichen Gier auf und begibt sich mit Hast in die ärgsten Dickichte, sie mögen aus einer Baumart bestehen, aus der sie wollen; er findet, dank seiner vortrefflichen Sinne, auch bald ein Wild auf: nun aber vergißt er alles. Er mag früher wegen seins Ungehorsams soviel Prügel bekommen haben, als er nur will   ganz gleichviel; der Jäger mag pfeifen, rufen, nach ihm suchen   hilft alles nichts: solange er das Wild vor Augen hat oder dessen Fährte verfolgt, geht er seinen eigenen Weg mit einer Willkür, die bei Hunden geradezu beispiellos ist. Stundenlang folgt er dem aufgescheuchten Hasen, stundenlang scharrt und gräbt er an einem Bau, in den sich ein Kaninchen geflüchtet hat; unermüdlich jagt er hinter dem Reh drein und vergißt dabei vollständig Raum und Zeit. Ermüdet er, so legt er sich hin, ruht aus und setzt dann seine Jagd fort. Erwischt er ein Wild, z. B. ein Kaninchen, so schneidet er es an und frißt im günstigsten Falle die Eingeweide, wenn er aber sehr hungrig ist, das ganze Tier auf. Er weiß, daß er dafür bestraft werden wird, er versteht genau, daß er Unrecht tut; doch das ist ihm gleichgültig: die Jagdbegierde überwindet alle Furcht vor Strafe, alle besseren Gefühle.

Aus diesen Gründen ist der Dachshund gewöhnlich nur zu einer Jagdweise zu gebrauchen: unterirdisch wohnende Tiere aus ihren Wohnungen zu treiben. Schon sein niederer Bau, die krummgebogenen Beine und die kräftigen Pranken mit den scharfen Zehen deuten darauf hin, daß er zum Graben und zum Befahren von Bauen unter Grund außerordentlich geeignet ist, und sein Mut, seine Stärke und seine Ausdauer sichern ihm bei solchen Jagden den besten Erfolg. Dächsel mit sehr gekrümmten Beinen haben geringeren Wert als solche mit mehr geraden Läufen. Sie sind unfähig, sehr zu laufen, oder ermüden wenigstens eher; die Jäger haben sie aber doch gern, wahrscheinlich, weil sie das Gepräge des Dachshundes am besten ausdrücken.

Einer Abrichtung bedarf der Dachshund nicht. Man sucht sich Junge von einer recht guten Alten zu verschaffen und hält sie im Sommer in einem freien Zwinger, im Winter in einem warmen Stalle, vermeidet auch alles, was sie einschüchtern könnte; denn der ihnen angeborene Mut muß unter allen Umständen gestählt oder wenigstens erhalten werden. »Für den Hauptzweck«, sagt Lenz, »zum Eindringen in Dachs- und Fuchsbaue, verwendet man den Dachshund nicht eher, als bis er ein Jahr alt ist. Das erste Mal führt man ihn an der Leine oder trägt ihn in einem Korbe im Mai an einen Fuchsbau, worin Junge sind, läßt einen guten alten Hund vorweg hinein und einen Jungen unter dem Zurufe: »saß das Füchschen« hinterdrein. Weigert er sich, darf man ihn nicht zwingen wollen; man nimmt ihn auf, macht einen Einschlag über dem Fuchsbau bis zu den jungen Füchsen und läßt ihn hinab, um sie zu erwürgen. Dies wiederholt man einige Male und braucht ihn erst dann allein. So oft er dabei aus dem Baue kommt, um nach seinem Herrn zu sehen, wird er schnell ein wenig aufgenommen. Dies macht ihn um so begieriger, wieder hineinzukriechen. Erst nach langer Zeit bringt man ihn an den alten Fuchs. In dem Baue muß der gute Dachshund den Fuchs in den Kessel treiben und dann in geringer Entfernung solange vor ihm liegen und laut sein, bis vor ihm eingeschlagen ist. Kann er den Fuchs nicht aus dem Kessel treiben, so muß er ihn aus dem Baue herausbeißen.

Ich jagte sonst öfters mit zwei Dachshündchen, die so klein waren, daß sie bequem nebeneinander in die Röhre des Fuchsbaues gingen. Sie waren aber so scharf, daß sie jeden Fuchs unbarmherzig austrieben. Einst brachten sie aus einem Loche, das von dichtem Gebüsche umgeben war, einen hervor. Der Fuchs kam so vor mir zu stehen, daß die Mündung meiner Flinte nahe über seinem Kopfe war, konnte aber, von hinten durch die wütenden Zwerge bedrängt, nicht rückwärts. Er hielt inne und sah mich starr an. Ich konnte mich nicht gleich entschließen, abzudrücken, sondern beobachtete ihn erst ungefähr anderthalb Minuten lang, wobei seine Blicke jeden Biß verrieten, den ihm die Hunde von hinten gaben. Endlich drückte ich ab und zerschmetterte ihm den Kopf. Ein andermal trieben dieselben Hündchen einen Fuchs heraus; der eine hatte sich so fest in den Schenkel gebissen, daß ihn der Fuchs eine Strecke, und zwar so weit mit sich fortschleppte, bis er geschossen wurde.

Vom Dachse oder Fuchse wird unser Hund oft sehr heftig gebissen; dies behelligt ihn aber gar nicht: er ist viel zu mutig, als daß er dergleichen ruhmvolle, im Kampfe erworbene Wunden beachten sollte, und brennt nachher nur um so eifriger auf die Verfolgung der ihm unausstehlichen Geschöpfe. Man muß es selbst mit angesehen haben, mit welcher Begierde er solche unterirdische Jagd betreibt, um den, trotz mancher ärgerlichen Eigenschaften liebenswürdigen Gesellen vom Herzen zugetan zu werden. Die Ungeduld, wenn er nicht sogleich einschlüpfen darf, der Jammer, wenn er sehen muß, daß ein anderer seinesgleichen ihm bevorzugt und in den Bau gelassen wird. Am ganzen Leibe zitternd vor Jagdbegier, winselt er kläglich leise, verhalten, verschwendet er an jeden ihm sich nähernden Jäger bittende Blicke und Zärtlichkeiten, um den gestrengen Gebieter zu erweichen, daß er ihm gestatte, wenigstens nachzusehen, ob der gehaßte Feind in seinem Daheim anwesend ist oder nicht. Wie will er ihn zwicken und beißen, wie unwiderstehlich auf den Leib rücken, wie fest ihn belagern, wie sicher austreiben! Endlich am Ziele seiner heißen Wünsche, leckt er noch im Fluge dankbar die Hand des ihm Gewährenden, kriecht eilig in den Bau, und arbeitet mit Bellen und Kratzen, daß ihm der Atem zu vergehen droht. Das glatte schöne Fell bestäubt und eingesandet, Augen, Nasenlöcher und Lippen mit Schmutzrändern umgeben, die Zunge dürr und schlaff, erscheint er vor dem Baue, um frische Luft zu schöpfen: aber nur auf Augenblicke; denn flugs geht es von neuem in die Röhre, und dumpfer und dumpfer dringt sein lebendiges »Hau, Hau« bis zum Eingange herauf. Hat er sich endlich bis zu dem zu Bau gefahrenen Dachse oder Fuchse durchgearbeitet, so gibt es für beide kaum noch Verteidigung. Ob auch der erste mit Gebiß und Pranke drohe, ob er sich zu verklüften suche, ob der letztere zum Kampfe sich stelle: solch ungestümen Anprall, solcher zähen Beharrlichkeit, solchem Kampfesmute widersteht auf die Länge weder Grimbart noch Reineke. Heraus an das Tageslicht müssen beide.

Nicht minder eifrig betreibt der Dachshund seine Jagd im Freien. Mit Weidmannslust gedenke ich wiederholter Jagden in den hessischen Bergen, die nicht allein durch liebe und kundige Freunde verschönt und durchgeistigt, sondern auch durch diese Hunde zu besonders reizvollen wurden. Wie prachtvoll sind die Buchenwaldungen mit ihrem herbstlich gefärbten Gelaube an stillen Oktobertagen, wie fesselnd die Jagden trotz aller Wildarmut der Gegend! Um eines elenden Lampe willen   wie laut werden die Wälder! Klangvoll ertönt das Geläut der jagenden Dachsmeute, bald sich nähernd, bald wieder entfernend, bald verstummend, bald von neuem aufjauchzend, je nachdem der bedrohte Hase, der schlaue Fuchs, das unwillig vor den kleinen Quälgeistern flüchtende Reh sich wendet und kehrt. Mit gespanntester Aufmerksamkeit lauscht man auf den Gang des Treibens, auf den ersten Schuß; mit wahrem Vergnügen folgt man mit Ohr und Auge den wackeren krummbeinigen Gehilfen, die jeden Busch, jede Hecke durchstöbern und zehnmal eine Strecke durchsuchen, um ja nichts zu übersehen. Und wenn die Dächsel vollends, wie hier die Regel, nach beendetem Treiben zu ihren Führern zurückkehren und sich fesseln lassen, vergibt man ihnen gern alle Unarten, das Anschneiden des von ihnen abgefangenen, verwundeten oder aufgefundenen verendeten Wildes, das wütende Zerzausen des wertvollen Fuchspelzes, das streckenweise Überjagen, ihre Streitlust, Zanksucht, ihre Mißgunst und ihren Neid auf andere Hunde und sonstige unliebsame Eigenschaften mehr. Beruhen diese ja doch zum größten Teile auf unbändigem Jagdeifer, kaum oder nicht zu zügelnder Weidlust.

Wie neidisch Dachshunde sein können, erfuhr ich an einem, den mein Vater besaß. Der Hund war ein abgesagter Feind aller übrigen Geschöpfe, die sich auf unserem Hofe befanden. Er lebte mit keinem Tiere in Frieden, und am meisten stritt er sich mit einem Pintscher herum, dessen erbärmliche Feigheit ihm freilich den Sieg sicherte. Nur wenn sich beide Hunde ineinander verbissen hatten, hielt auch der Pintscher ihm Stand, und dann kam es vor, daß sie, förmlich zu einem Knäuel geballt, nicht bloß über die Treppen, sondern auch von da über eine Mauer hinabrollten, sich über die Gartenbeete fortwälzten und nun in Purzelbäumen den ganzen Berg hinunterkollerten, aber doch ihren Kampf nicht eher einstellten, als bis sie im günstigeren Falle von dem Zaune aufgehalten, im ungünstigeren Falle aber durch das Wasser des Baches, in dem sie oft miteinander fielen, abgekühlt wurden. Dieser Todfeind sollte einmal die Arznei für den erkrankten Dächsel werden. Letzterer lag elend da und hatte schon seit Tagen jede Nahrung verschmäht. Vergeblich waren die bisher angewandten Hausmittel geblieben: der Hund näherte sich, so schien es, schnell seinem Ende. Im Hause herrschte, trotz des Gedenkens an seine vielen unliebenswürdigen Eigenschaften, tiefe Betrübnis, und namentlich meine Mutter sah seinem Hinscheiden mit Kummer entgegen. Endlich kam sie auf den Gedanken, noch einen Versuch zu machen. Sie brachte einen Teller voll des leckersten Fressens vor das Lager des Kranken. Er erhob sich, sah mit Wehmut auf die saftigen Hühnerknochen, auf die Fleischstückchen: aber er war zu schwach, zu krank, als daß er sie hätte fressen können. Da brachte meine Mutter den anderen Hund herbei und gebot diesem, den Teller zu leeren. Augenblicklich erhob sich der Kranke, wankte taumelnd hin und her, richtete sich fester und gerader auf, bekam gleichsam neues Leben und   stürzte sich wie unsinnig auf den Pintscher los, knurrte, bellte, schäumte vor Wut, biß sich in seinem Feinde fest, wurde von dem tüchtig abgeschüttelt, blutig gebissen und jedenfalls so erregt, erzürnt und erschüttert, daß er anfangs zwar wie tot zusammenbrach, allein von Stunde an sich besserte, und nach kurzer Zeit von seinem Fieber genas.

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In Frankreich und Großbritannien züchtet man den Spießhund, Turnspit der Engländer, der sich von den bei uns gewöhnlichen Rassen hauptsächlich durch seine stämmigere Gestalt, den größeren Kopf, die kürzere Schnauze, die geraden Vorderbeine und den längeren und dünneren Schwanz unterscheidet. In Sein und Wesen ist er ein echter Dächsel: eifrig, lebhaft, streitsüchtig wie seine Verwandten. Man verwendet ihn seltener zur Jagd, als zur Bewachung von Haus und Hof und zum Drehen des Bratspießes. Zu diesem Behufe sperrt man ihn in eine als Drehrad dienende Trommel und läßt ihn hier arbeiten. In Gast- und Speisehäusern französischer Städte sieht man ihn oft bei seiner Arbeit. Er unterzieht sich dieser ohne Murren, wenn die Reihe an ihm ist, läßt sich aber weder durch aufmunternde Worte noch durch Strafe bewegen, länger als eine bestimmte, ihm zur Gewohnheit gewordene Zeit zu arbeiten.

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Der Otterhund endlich, nach der Insel Skye-terrier genannt, nach Ansicht einiger eine Kreuzungsform zwischen Spießhund und Zottelpintscher, steht dem letzteren näher als ersterem, ist kräftig gebaut, hat langen Kopf mit spitziger Schnauze und langen, hängenden Ohren, gestreckten Leib, gerade Beine und mittellanges, struppiges Fell von verschiedener Färbung.

Gegenwärtig benutzt man ihn hauptsächlich zu der Jagd, von der sein Name herrührt; früher wurde er auch wohl zur Hasenjagd gebraucht, und heißt deshalb noch heutzutage Welsh Harrier. Der Otterhund ist ein kühnes, mutiges, lebendiges Tier, und nur ein solcher ist zur Otterjagd zu gebrauchen. Bei der Verfolgung des Fischotters muß der Hund oft im Wasser jagen und deshalb im Schwimmen und Tauchen Meister sein; seinen Mut hat er vonnöten, denn sein Gegner versteht sein scharfes und kräftiges Gebiß gehörig zu gebrauchen und bringt dem Verfolger oft schwerere Wunden bei als der Dachshund ihm. Zudem versteht es der Otter, der glatthaarigste von allen Mardern, selbst dann noch dem Hunde zu entgehen, wenn dieser ihn bereits gepackt hat. Aber der vortreffliche Hund ist mit allen Eigenschaften ausgerüstet, die ihm einen glücklichen Erfolg sichern. Mit Ausnahme des Bullenbeißers und Bulldoggen soll es wenig Tiere geben, die mit so hohem Mute kämpfen wie er. Man versichert, daß ein Angriff von ihm, so klein und unbedeutend er auch scheint, gefährlicher ist als ein solcher vom Bulldoggen. Dieser läßt das, was er ergriffen hat, allerdings so leicht nicht wieder los und wird aus diesem Grunde gefährlich; der Otterhund aber beißt mindestens ebenso tief wie jener, jedoch außerordentlich oft und schnell hintereinander und soll deshalb nicht nur sehr viele, sondern auch sehr schlimme Wunden hervorbringen.

Der Otterhund kann das allerschlimmste Wetter und die Veränderung der Wärme aushalten und auch in der kältesten Jahreszeit wiederholt Bäder in dem eisigen Wasser ertragen. Sein hartes, rauhes und verwirrtes Kleid, das den Einflüssen der Kälte sehr widersteht, leistet ihm allerdings vortreffliche Dienste; die Gewöhnung tut das ihrige dazu. Namentlich auf den Felsen der Hebriden, wo die Ottern sehr häufig sind, werden diese Hunde benutzt. Die Jäger landen in Kähnen an irgendeiner kleinen Insel und lassen hier ihre Hunde frei. Diese klettern überall auf und in den Felsen herum und durchstöbern jede Höhle. Sobald ein Hund einen Otter findet, jagt er ihn aus seinem Schlupfwinkel hervor und packt ihn; die anderen Hunde eilen zur Hilfe: es entsteht eine wütende, lärmende Balgerei; der Otter wehrt sich fürchterlich, wird aber doch zuletzt von der mutigen Schar totgebissen und dann dem Jäger überliefert. Letzterer stellt sich übrigens schon von vornherein in die Nähe des Meeres auf, um den zum befreundeten Elemente flüchtenden Tieren den Weg abzuschneiden. Die Größe des Tieres ist ziemlich bedeutend. Seine Höhe vom Fuße bis zur Schulter beträgt nicht selten 60 Zentimeter.

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Weit zahlreicher an Rassen und Formen und sorgfältiger Erziehung ungleich zugänglicher als die Dächsel, nehmen die Jagdhunde unbestreitbar den höchsten Rang unter allen Haushunden ein. Sie stehen in keiner Weise zurück hinter dem verständigen Pudel, dem zierlichen Windspiele, dem niedlichen Seidenhunde, vereinigen vielmehr aller Schönheit und Eigenheit in sich und dürfen dreist als die edelsten bezeichnet werden. An ihnen hat der Mensch sich als Schöpfer erwiesen, auf sie einen Teil seiner eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften vererbt, sie für die verschiedenartigsten Abstufungen einer und derselben Dienstleistung gestaltet und gemodelt. Schon bei uns ist die Anzahl der Rassen oder Abarten eine erhebliche; weit mehr solcher Abänderungen aber kennt man in Großbritannien, wo man von jeher sehr viel für die Zucht dieser ausgezeichneten Geschöpfe getan hat.

So schwierig es sein mag, allgemeine Kennzeichen der verschiedenen Jagdhunde aufzustellen, läßt sich doch folgendes sagen: sie sind schöne, mittelgroße Hunde, mit gestrecktem, eher schwachem als kräftigem Leibe, länglichem, auf der Stirn flach gewölbtem Kopfe, nicht sehr langer, nach vorn hin verschmälerter und abgestumpfter Schnauze, großen, klugen Augen, breiten hängenden Ohren, kräftigem, aber verhältnismäßig langem Halse, breiter und voller Brust, nicht auffallend eingezogenen Weichen, mittelhohen, schlanken, jedoch nicht mageren Beinen, wohlgebildeten Füßen, deren hinteres Paar eine gekrallte Afterzehe trägt, und ziemlich langem Schwanze. Die Behaarung ist bald kurz und sein, bald lang und grob, der Schwanz entweder kurz oder langfahnig, die Färbung ungemein verschieden, eintönig oder fleckig, über jedem Auge befindet sich meist ein kleiner, rundlicher, lichterer Flecken.

Alle Jagdhunde sind geborene Jäger, und wenn dies nicht der Fall ist, taugen sie eben nichts. Mehr als bei jedem andern Hunde kommt es bei ihnen auf die Rasse oder Unterrasse an, und regelmäßig findet man hier, daß gute Mütter oder erprobte, geschickte Eltern auch vortreffliche Junge erzeugen. Alle sind kräftig, schnell und durch ihre ausgezeichneten Sinne, namentlich durch den überaus feinen Geruch, vor den übrigen Hunden zur Jagd befähigt. Sie besitzen ein so starkes Spürvermögen, daß sie die Fährte eines Wildes noch nach Stunden, ja sogar nach Tagen durch den Geruch wahrnehmen können. Deshalb bedient man sich ihrer zum Aufspüren und Aufsuchen des Wildes und namentlich des Haarwildes und richtet sie zu diesem Zwecke besonders ab.

Unter den verschiedenen Rassen wollen wir die bekanntesten, die Hühnerhunde, zuerst betrachten. Sie sind mittelgroß und ziemlich stark gebaut; ihre Schnauze ist lang und dick, die Nase zuweilen gespalten, das Ohr breit, lang und hängend, ein »Behang«; das Haar kurz bei den Vorstehhunden, länger bei den eigentlichen Hühnerhunden, ziemlich lang bei den sogenannten Wasserhunden; die Färbung bei uns zu Lande gewöhnlich weiß mit braunen, seltener mit schwarzen Flecken; doch gibt es auch ganz Weiße, braune, schwarze oder gelbe. Die Rute wird gewöhnlich in der Jugend gestutzt, weil der Hund sie später, wenn er vor dem Wilde steht, bewegt und das Wild leicht verscheuchen würde, wenn man sie ihre volle Länge erreichen ließe.

Die Hühnerhunde sind ganz ausgezeichnete, kluge, gelehrige, folgsame und jagdbegierige Tiere und zur Jagd auf allerlei Wild geradezu unentbehrlich. Sie spüren das Wild weniger durch scharfe Verfolgung der Fährte aus als vielmehr durch Wittern desselben, und zwar gibt es Hühnerhunde, die schon aus einer Entfernung von sechzehn bis achtzehn Schritten mit aller Sicherheit ein Jagdtier durch den Geruchssinn wahrnehmen. Bei der Jagd selbst gehen alle höchst verständig zu Werke.

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Ich habe mich, sagt Diezel, seit einer langen Reihe von Jahren fortwährend damit beschäftigt, die Fähigkeit der bei uns vorkommenden Tiere zu vergleichen, und mich immer fester überzeugt, daß sie alle bei weitem von einem übertroffen werden, nämlich von dem gewöhnlichen Begleiter des Jägers, von dem Vorstehhunde.

Dieser Hund muß jedoch, wenn meine Behauptung auf ihn anwendbar sein soll, von ganz reiner Abkunft sein und alle seine natürlichen Anlagen, namentlich einen sehr scharfen Geruch besitzen. Er muß ferner nicht vereinzelt erzogen werden, sondern unmittelbar unter den Augen seines Führers aufgewachsen sein, damit er gleich von Jugend an jedes Wort und jeden Wink verstehen lernt. Endlich muß auch sein Herr alle Eigenschaften eines guten Lehrers, worunter die Geduld keine der geringsten ist, im vorzüglichen Grade besitzen, ja er muß sogar ein sicherer Schütze sein; denn nur wenn alle Erfordernisse miteinander vereinigt sind, kann der Lehrling jenen bewunderungswürdigen Grad von Folgsamkeit, Selbstbeherrschung und Geschicklichkeit erreichen, den ich hier in einigen kurzen Sätzen zu schildern versuchen will.

Ein vollkommen abgerichteter, stets zweckmäßig geführter Hund, im Alter von drei bis vier Jahren, sucht, seinem natürlichen Triebe folgend, mit immer dem Winde entgegengehaltener Nase das Wild auf, indem er bald rechts bald links sich wendet. Auch bleibt er von Zeit zu Zeit einmal stille stehen und sieht sich nach seinem Gebieter um, der nun durch eine Bewegung dem Hunde die Gegend bezeichnet, die er absuchen soll. Diese Winke werden auf das genaueste befolgt. Kommt ihm nur die Witterung irgendeines bedeutenden Wildes in die Nase, so hört auf einmal die sonst unaufhörliche Bewegung des Schweifes auf. Sein ganzer Körper verwandelt sich in eine lebende Bildsäule. Oft auch schleicht er nach Katzenart und mit leichten Tritten dem Gegenstande näher, ehe er ganz feststeht. Nach wenigen Augenblicken wendet er nun den Kopf nach seinem Herrn, um sich zu überzeugen, ob dieser ihn bemerkt hat oder nicht, und ob er sich nähert. Es gibt sogar Hunde, die, wenn der Örtlichkeit nach solches nicht möglich ist (z. B. im Walde oder im hohen Getreide, wo man es nicht sehen kann), das gefundene Wild auf kurze Zeit verlassen, um ihren Herrn aufzusuchen und an Ort und Stelle zu führen. Doch taten dies von den vielen Hunden, die ich in meinem Leben besessen und geführt, nur einige, und nicht schon in der ersten Zeit, sondern sie lernten es erst in späteren Jahren.

Eine der schönsten Gelassenheitsproben für junge, feurige Hunde ist die, wenn sie das dicht vor ihren Augen von dem Jäger getroffene Flugwild flattern und dann fallen sehen, dasselbe aber nicht greifen dürfen. Und auch dieser großen Versuchung lernt ein folgsamer Hund bald widerstehen und wagt es nicht eher, zu apportieren, als bis er von seinem Herrn die Erlaubnis dazu erhalten hat.

Ein ebenso schwieriger und fast noch schwierigerer Punkt ist die tief in des Hundes Natur liegende Begierde, jeden ihm ins Gesicht kommenden Hasen zu verfolgen. Hier hat er nun einen um so schwereren Kampf zu bestehen, als es ja unstreitig die Bestimmung des Hundes ist, das Wild zu verfolgen und zu fangen. Es muß augenscheinlich der Hund seine Natur hier verleugnen, und er verleugnet sie auch wirklich. Denn nachdem er eine Viertelstunde lang vor dem Lager des Hasen gestanden hat, darf er, wenn dieser endlich aufsteht und entflieht, ihm dennoch keinen Schritt nachfolgen, viel weniger noch im Lager selbst oder im Augenblicke des Entweichens ihn ergreifen oder töten. Er darf es sogar dann nicht tun, wenn ein in voller Flucht begriffener Hase sich seinen Zähnen gleichsam freiwillig darbietet und, sozusagen, in den Rachen hineinlaufen würde.

Der unkundige Zuschauer, der Zeuge eines solchen Auftrittes ist, kann nicht anders glauben, als daß ein solcher Hund ganz gleichgültig und ohne alle Leidenschaft sei, daß der Hase für ihn gar keinen Reiz habe. Aber wie sehr trügt hier der Schein! Nicht Gleichgültigkeit, nicht Mangel an Lust, anders zu handeln, wenn ich so sagen darf, ist es, was ihn davon abhält, sondern der Gehorsam, das Gefühl der Unterwürfigkeit, die Furcht vor Strafe. Die Natur scheint hier unter den Händen der Kunst gleichsam untergegangen zu sein; allein sie ist es nicht, sie schlummert nur, oder vielmehr sie schweigt, weil sie schweigen muß, weil ihre Stimme nicht laut werden darf.

Man beobachte denselben Hund, der unmittelbar unter den Augen seines Führers diesen hohen Grad von Selbstbeherrschung zeigte, wenn er allein oder sich selbst überlassen ist, oder wenn er einen Führer hat, den er nicht achtet. Er wird sich dann der Begierde zu jagen so gewiß überlassen als jeder andere auch. Daher kommt es dann auch, daß in der ersten Zeit der Abrichtung selbst Hunde, die in der Nähe ihres Herrn schon ziemlich folgsam sind, noch manchen Fehler begehen, sobald man ihnen gestattet, sich weit zu entfernen. Es sei mir vergönnt, einige Beispiele davon anzuführen, wie groß der Hang dieser Hunde ist, das Wild zu verfolgen. Schon viele Hunde wurden mit Schrotschüssen verwundet, weil sie, auf mehrmaliges Rufen und Pfeifen nicht achtend, sich der Begierde gleichsam blindlings überlassen hatten. Sie schrien im Augenblicke der Verwundung laut auf, ließen sich aber dadurch doch nicht von der Fortsetzung der Verfolgung abhalten. Andere wurden so stark getroffen, daß sie sogleich umkehren mußten. Aber kaum war eine Stunde verflossen, kaum hatten sie sich ein wenig wieder erholt, als sie auch wieder jedem vorkommenden Hasen ebenso leidenschaftlich nachsetzten wie zuvor.

Der merkwürdigste Fall dieser Art, der mir vorgekommen ist, war folgender: Eine Vorstehhündin, die aber nicht von mir erzogen und abgerichtet, sondern bloß meiner Führung auf einige Zeit anvertraut war, stand am Rande eines ziemlich breiten Grabens dicht vor einer Rebhühnerkette. Als ich mich näherte, um zu schießen, stand unfern von uns ein junger Hase auf. Den Hund durchzuckte die Lust, hinter ihm herzujagen, wie ein elektrischer Schlag, und gewiß würde er es augenblicklich getan haben, hätte nicht meine Näherung und ein lauter Warnungsruf ihn noch notdürftig zurückgehalten. Er blieb daher in seiner früheren Stellung, wandte aber, den zuerst gefundenen Gegenstand gleichsam aufgebend, den Kopf immer nach der Seite hin, wo der Hase lief, und zitterte dabei sichtlich am ganzen Leibe. Jetzt stiebten die Rebhühner auf, und ich schoß davon zwei. Allein anstatt wie gewöhnlich diese mit dem größten Eifer zu apportieren, sprang der Hund, ohne im geringsten auf die herabfallenden Vögel zu achten, augenblicklich über den Graben und setzte dem schon längst entflohenen Hasen nach. So sehr hatte dieser schon vom ersten Augenblicke an seine ganze Seele beschäftigt. Man berechne, welchen Kampf, welchen Grad von Selbstüberwindung es ihm gekostet haben mag, einer so reizenden Versuchung zu widerstehen!

Einen höchst anziehenden Anblick gewährt es dem Zuschauer, sogar dem, der nicht selbst Jäger oder Jagdkenner ist, wenn er die Vorsicht wahrnimmt, mit der sich der Vorstehhund dem aufgefundenen Federwilde nähert. Wenn er z. B. bei Mangel an günstigem Winde nicht ganz sicher weiß, nach welcher Seite hin die Rebhühner gelaufen sind, kehrt er schnell um, umkreist in großen Bogen, wo er sie vermutet, und jede große Annäherung sorgfältig vermeidend, spürt er auf diese Weise endlich den Platz auf, wo sie festliegen, und hier erst bleibt auch er selbst augenblicklich fest stehen. Beim Absuchen der Getreidestücke läuft der erfahrene Hund nicht etwa in die Frucht selbst hinein, sondern bloß an der Seite des Ackers hin, jedoch so, daß ihm der Wind von dem Wilde her entgegenweht; denn ans der entgegengesetzten Seite wird er den Zweck des Auffindens nicht so sicher erreichen.

Den höchsten Grad von Verstand dieser Art sah ich einst, als ich mit einigen Bekannten zu Anfang des Sommers einen Spaziergang machte, um deren Hunde, die im Rufe vorzüglicher Befähigung standen, mir vorführen zu lassen. Sämtliche Felder waren mit Frucht bedeckt; ich war daher nicht wenig gespannt darauf, wie man es anfangen werde, hier Gelegenheit zu haben, die drei Hunde, die wir bei uns hatten, arbeiten zu sehen. Bald aber überzeugte ich mich, daß dieser Zweck ganz gut erreicht wurde; denn diese Hunde, einer wie der andere, suchten im sogenannten Sommerbau, nämlich den Gersten-, Hafer- und Kartoffeläckern, deren Frucht noch weiter zurück war, ganz unbefangen hin und her; sobald sie aber an einen Roggen- oder Weizenacker kamen, änderten sie alsbald ihr ganzes Wesen und ihre Bewegungen; denn sie setzten jetzt nicht mehr hin und her, wie sie es zuvor in der noch niedrigen Frucht getan hatten, sondern es unterstand sich keiner mehr, einen solchen Acker mit hohem Getreide zu betreten. Vielmehr suchten sie jetzt nur noch im langsamen Trabe, und zwar immer nur in der äußersten Furche, auf der Seite, wo sie den besten Wind hatten, um das Wild in die Nase zu bekommen. Als ich meine Verwunderung über diese Vorsicht äußerte und zugleich den Wunsch aussprach, zu erfahren, auf welche Weise man sie dazu gebracht hatte, die Fruchtstücke so genau zu unterscheiden, erwiderte man, daß dies sehr leicht und bald dadurch bewerkstelligt worden wäre, indem man sie zwar sehr oft zu einem Spaziergange mitgenommen, ihnen aber nie gestattet habe, einen Acker mit schon hohem Getreide zu betreten, sowohl um jeden Verdruß mit den Feldbesitzern zu vermeiden, als auch um die Hunde stets im Auge zu behalten.

Ich besaß einst einen Hund, der fast menschliche Überlegung zeigte, und ich will nur einen einzigen Fall davon hier mitteilen. Wenn ich in Dienstgeschäften aus dem Walde zurückkam, führte mich mein Weg gewöhnlich an einem kleinen, sumpfigen Weiher vorüber, wo in der Strichzeit, d. i. in den Frühlings- und Herbstmonaten, fast immer Heerschnepfen ( Telmatias gallinago) zu liegen pflegten. Dies wußte mein Hund wohl. Er eilte darum schon in der Entfernung von mehreren tausend Schritten vor mir voraus, suchte einen solchen Vogel auf und blieb vor demselben stehen, drehte aber sogleich seinen Kopf nach mir, um sich zu überzeugen, ob ich rechts ab die Straße verlassen und mich nach dem Weiher wenden oder meines Weges gehen würde, da letzteres jedesmal geschah, wenn ich entweder keine Lust oder keine Zeit zum Schießen hatte. So lange nun dem Hunde noch Hoffnung übrigblieb, daß diese von ihm angezeigte Schnepfe von mir werde aufgesucht werden, blieb er fest und unbeweglich mit immer nach mir gerichteten Augen stehen. Sobald ich aber, ohne mich zu nähern, vorübergegangen war, stieß er sie heraus und verließ sogleich den Sumpf, ohne weitere aufzusuchen. Dies Verfahren hat er mehr als dreißigmal wiederholt, und viele meiner Bekannten waren Augenzeugen davon.

Schon mehrmals ist mir auch der Fall vorgekommen, daß, während meine Hunde im vollen Suchen begriffen oder doch überhaupt in lebhafter Bewegung waren, plötzlich innehaltend, sie sich flach auf den Boden niederwarfen und in dieser Stellung liegenblieben. Wenn ich nun der Richtung ihrer Blicke folgend nachforschte, was wohl die Ursache ihres Benehmens sein möge, so war es regelmäßig irgendein Wild, meistens ein Hase, den ich oft noch in sehr großer Entfernung laufen oder vielmehr auf uns zukommen sah; denn nur in dem einzigen Falle, wenn er in gerader Linie sich uns näherte, nicht aber, wenn er seine Richtung seitwärts vorbei nahm, legten sich die Hunde nieder, wie ein Raubtier, das auf die Annäherung seines Opfers lauert, um dasselbe, wenn es nahe genug herangekommen, sicherer zu erhaschen, zuvor aber sich vor dessen Augen soviel als möglich zu bergen sucht.

Wie fest manche Hühnerhunde vor dem Wilde stehen, mag aus folgender Tatsache hervorgehen, die Lenz erwähnt. In England hatte man ein prachtvolles Gemälde verfertigt, das einen schwarzen Vorstehhund, namens Pluto, und einen weiblichen, namens Juno, darstellt, wie beide vor einem Rebhuhn stehen. Der Maler zeichnete fünfviertel Stunden lang, und beide standen während dieser Zeit wie versteinert.

Der Hund lernt alle diese Jagdbegriffe allerdings erst nach langer Abrichtung; aber wohl bei keinem andern Tiere sieht man besser, wieviel es leisten kann, wenn der Mensch es lehrt und gut behandelt, als bei dem Hühnerhunde. Ein wohl abgerichteter Jagdhund ist ein wirklich wunderbares Tier und verdient seinen lateinischen Namen, Canis sagax, in vollem Maße. Auch er ist ein Menschenhund, wie Scheitlin sagt; denn er beweist wahren Menschenverstand. Er weiß genau, was er zu tun hat, und ein schlechter Jäger, den ein gut geschulter Jagdhund begleitet, wird von diesem nicht selten in der allerempfindlichsten Weise getadelt. So kannte ich einen Hühnerhund, namens Basko, der wohl alles leistete, was man jemals von einem seiner Art verlangen konnte. Sein Herr war ein ganz vorzüglicher Schütze, der gewöhnlich unter zwanzig Schüssen auf fliegendes Wild keinen oder nur einen Fehlschuß tat. Einst kommt der Sohn eines Freundes unseres Weidmanns zu ihm, ein junger Aktenmensch, der die Feder allerdings besser gebrauchen konnte als das Gewehr, und bittet um die Erlaubnis, ein wenig zu jagen. Der Förster gewährt ihm dies mit den Worten: »Gehen Sie, aber schießen Sie gut, sonst nimmt es Basko gewaltig übel«. Die Jagd beginnt; Basko wittert nach kurzer Zeit eine Kette Hühner aus und steht wie ein Marmorbild vor derselben. Er erhält Befehl, sie aufzutreiben. Die Hühner fliegen, der Schuß knallt, aber kein Stück von dem Wilde stürzt herab. Basko sieht sich äußerst verwundert um und beweist augenscheinlich genug, daß seine gute Laune verschwunden sei. Er geht aber doch noch einmal mit, findet eine zweite Kette Hühner, und es geht wie das erstemal. Da kommt er dicht an den Schützen heran, wirft einen Blick der tiefsten Verachtung auf ihn und eilt spornstreichs nach Hause. Noch nach Jahr und Tag war es demselben Jäger unmöglich, den Hund, der ein für die Jagd begeisterter war, mit sich auf das Feld zu nehmen: die Verachtung gegen den Schützen war zu tief in seinem Herzen eingewurzelt.

»Ich besaß«, schreibt Oskar von Loewis, »eine Vorstehhündin, die im Apportieren das Erstaunlichste leistete. Verlor ich ein Stück Wild aus der Jagdtasche, hieß ich sie der Rückspur suchend folgen, und niemals kehrte das zuverlässige Tier mit leerem Maule zurück. Junge Birkhühner, die bekanntlich nach öfterem Aufscheuchen während der Mittagshitze sehr fest liegen, hat sie mir oft auf Befehl lebend zu Füßen gelegt. Sie verstand jeden meiner Winke, jedes Wort: ich konnte mich mit ihr unterhalten wie mit einem Menschen. Jedes Ding, das man ihr zeigte und zu beschaffen befahl, wußte sie zu erlangen. Sie schleppte Pfeifen, Dosen, Schlüssel, Tücher, Brotstückchen, Stöcke, ja sogar übelriechende Gegenstände, wie Zigarren und dergleichen, zart und vorsichtig herbei, letztere freilich unter Grimassen, nahm mir oder andern auf den Zuruf die Mütze vom Haupte, zog Tücher aus den Taschen hervor und bediente mich besser als mancher Mensch. Einst handelten mir befreundete Damen mit einem hausierenden Juden, der endlich wegging. Nachdem er sich bereits mindestens fünfhundert Schritte weit entfernt hatte, wünschte eine der Damen noch eine Kleinigkeit zu kaufen. Der Handelsmann vernahm meinen Zuruf nicht mehr; folglich mußte meine Hündin helfen. »Minni, hole die Mütze jenes Mannes«, sagte ich zu ihr, aus den Hausierer deutend. Wie ein Pfeil schoß sie dem Juden nach, sprang ihm zu seinem größten Entsetzen auf den Rücken, zog ihm die Mütze vom Kopfe und lief mit derselben vor dem jammernden Manne her, bis er ihn glücklich zurückgebracht hatte, und Itzig zu seiner Freude erfuhr, es habe sich nicht um einen Überfall, sondern nur um ein Geschäftchen gehandelt.«

Es versteht sich von selbst, daß ein so gut erzogener Hund auch einen vortrefflichen Erzieher haben muß, wenn aus ihm etwas werden soll. Die Abrichtung ist ein sehr schwieriges Geschäft und wird bloß von wenigen Erwählten verstanden. Geduld, Ernst und Liebe zum Tiere sind Haupterfordernisse eines Erziehers, und deshalb läßt sich wohl mit voller Bestimmtheit behaupten, daß eine Frau nun und nimmermehr einen Jagdhund würde erziehen können. Nach Dietrich aus dem Winkell erzog man früher den Jagdhund in gewaltsamer Weise, mit Peitsche und Korallenhalsband; nicht wenige Abrichter bedienen sich noch heutigen Tages dieser Schablone. Einsichtsvollere Lehrer verfahren anders. Sie sehen in ihrem Zögling keinen Sklaven, sondern einen verständigen Gehilfen, und behandeln ihn danach, und zwar von Jugend auf. Das Tier, lehrt Adolf Müller, muß nicht allein in einem stets reinlich gehaltenen, luftigen, weder zu warmen, noch zu kalten Stalle hausen, sondern auch frei sich bewegen können, frei von der Last und dem Drucke der Kette; denn nur der frei sich bewegende und entwickelnde Hund wird ein gesundes, gewandtes, vielseitiges und gehobenes Wesen. »Man bringe ihn freundlich an seine Seite, leite und unterrichte ihn als Freund, um ihn zu demjenigen Haustier heranzubilden, das unseres Verkehrs am würdigsten ist, und jede Mühe, die wir an seine Ausbildung verwenden, belohnt sich reichlich und nutzbringend.«

Die erste Grundlage der Erziehung des Hundes bildet frühzeitige, unausgesetzte und freundliche Beschäftigung mit ihm. Schon bei seiner Geburt walte das aufmerksame Auge des Pflegers über dem kleinen Wesen, er unterstütze die Fürsorge der Mutter durch warmes und trockenes Betten der Jungen, helfe der Alten an Körperkraft auf durch gute und reichliche Nahrung, um so mittelbar die Ernährung der Jungen zu befördern. Gut genährt und von plagenden Schmarotzern gereinigt, entwächst das Hündchen gesund und kräftig den Säuglingswochen und tritt nunmehr in die Pflege seines Erziehers. Dieser beginnt in der achten oder neunten Woche die belehrende Beschäftigung mit dem jungen Schüler. Indem er den Kern aller Erziehung, der in dem Sprichworte: »Jung gewohnt, alt getan«, liegt, vernünftig ausbeutet, sichert er sich fernerhin einen unfehlbaren Erfolg dadurch, daß er dem Schüler alles, auch das Schwierigste, spielend beibringt. Dem jungen Hunde Appell lehren oder beibringen, heißt nichts anderes, als ihn durch menschlichen Umgang vertraulich, willig und folgsam machen.

Nichts Unsinnigeres kann erdacht werden als der alte Gebrauch der Schultyrannen. Man ließ den Hund dreiviertel oder ein Jahr in völliger Zügellosigkeit zu einem wahren Tölpel voller Unarten heranwachsen, und nun brachte man ihn plötzlich in das Fachwerk einer Dressur hinein, deren Pedanterie und Schablonenmäßigkeit jedem einsichtsvollen Tierkundigen geradezu lächerlich erscheinen muß. Wer kennt nicht das kriechende Avancieren und abwechselnde » Couche tout beau« vor dem Dressurbock, diesem Popanz der Hühnerhundschule, wer nicht das Pedantische Lenken an langer Dressierleine im Felde nach der sogenannten Stubendressur, wo dem oft mit Korallen und Peitsche mißhandelten Tiere die »graue Theorie« so recht exemplarisch alle Lust zur Jagd, alle Anhänglichkeit und Liebe an den Herrn auf ewig austrieb? Solche Mißerzieher sind auch die Urheber der traurigen Erscheinung verschlagener und handscheuer Hunde, dieser Armensünder des Prügelsystems, die bei dem Pfiffe oder Rufe ihres Tyrannen zusammenschrecken und sich verkriechen, durch deren ganzes Leben sich sozusagen der brennende Faden der Furcht und des Zagens zieht! Dank der unverwüstlichen Natur unseres ebenso klugen als geduldigen Tieres gingen selbst aus dieser traurigsten aller Schulen zuweilen vortreffliche, brauchbare Hunde hervor; aber bei weitem die meisten wurden für ihr Leben verpfuscht, und viele talentvolle kamen nicht zur vollen Entwicklung ihrer Eigentümlichkeiten.

Kehren wir dieser düsteren Knechtung den Rücken und beschauen wir uns die heitere Unterweisung auf menschenwürdiger Grundlage. Durch häufigen Verkehr und dadurch, daß wir ihn selbst füttern, haben wir uns des kleinen Zöglings Zuneigung bereits in hohem Grade erworben. Wir haben ihn an Ruf und Pfiff und nach und nach auch an die Leine gewöhnt. Nun führen wir ihn, mit uns spazierend ins Freie, anfangs kurze Strecken, allmählich weiter. Schon in der zwölften Woche kann eine fleißigere Lehre im Apportieren beginnen. Indem man schon frühe vor dem Hündchen spielend etwa einen Ball hinrollt, wird es eifrig darnach springen, ihn haschen, aufnehmen und dem freundlich es zu sich Lockenden auch bringen. In kurzem werden Wiederholungen dieser Spielübungen, die den Schüler jedoch niemals ermüden, wohl aber beleben sollen, ihm zur Gewohnheit, die er bei allmählich ernsterer, aber immer milder Behandlung, wie durch Belobungen und Schmeicheleien, stets lieber gewinnt. Auf dieser Grundlage baut man nun leicht weiter. Man beginnt alsdann die Lehre, das Verlorene und Versteckte zu suchen. Zuerst verbirgt man das vom Hunde Herbeizubringende vor seinen Augen, so daß er es sogleich auf den Zuspruch: »Such verloren!« ohne Mühe hervorholen kann. Allmählich geht man weiter, und hat bei einem einigermaßen gelehrigen Tiere bald die Freude, außerordentlich schnelle Fortschritte zu bemerken. Nach jedem gelungenen Versuche belobt man den Hund oder reicht ihm zeitweise nach dem Zustandebringen besonders schwieriger Aufgaben einen Leckerbissen. Von entschiedenem Erfolge bei den Übungen mit meinen Hühnerhunden war immer die Weise, daß ich einen mit Heu ausgestopften Kaninchenbalg, den ich bei dem Größerwerden des Hundes mit einem Hasen- und zuletzt mit einem beschwerten Fuchsbalge vertauschte, eine immer vergrößerte Strecke bis zu einem verborgenen Orte auf dem Boden hinschleifte und sodann den im Stalle oder an der Leine liegenden Hund mit dem beschriebenen Zurufe auf die Spur desselben hetzte. Alle meine Zöglinge begriffen, und zwar schon im ersten Vierteljahre ihres Lebens, nachdem sie erst einmal ohne Anstand apportierten, daß sie das Versteckte zu suchen und zu bringen hatten. Bei mehreren habe ich die Freude erlebt, daß sie weite Strecken nach dem Verlorenen zurückgingen; ja ich habe einen besonders begabten Hühnerhund herangezogen, der halbe Stunden Wegs weit dies immer willig und mit sicherem Erfolge tat. Keine bessere Vorübung, eine Wildfährte zu verfolgen, das gefundene oder gefangene Wild oft von fernher herbeizubringen, gibt es für den Zögling als die beschriebene.

Jeder Hund wird bei der angedeuteten Behandlung ohne alle Gewaltmaßregeln alles das begreifen und willig lernen, was er überhaupt zu lernen fähig ist. Denn durch einseitiges kurzsichtiges Meistern wird das nur irregeleitet, ja unterdrückt und verdorben, was aus der Naturgabe des Hundes heraus sich in der Schule der Erfahrung mit den verschiedensten Zügen der Eigentümlichkeit oft so überraschend entfaltet.

 

Dem glatthaarigen Hühnerhunde ähnelt am meisten der Hirschhund. Er zeichnet sich aus durch sein scharfes Spürvermögen und seine außerordentliche Schnelligkeit. Gegenwärtig befinden sich nur noch wenig Überreste im Besitze der Königin von England. Früher war es anders. Georg III. war ein leidenschaftlicher Liebhaber der Hirschhetze, an der er oft persönlich teilnahm. Nicht selten hetzte man mit solchem Eifer, daß von den hundert berittenen Jägern, die anfangs hinter dem Hirsche drein ritten, zuletzt nur noch zehn oder zwanzig übrig waren, wenn das flüchtige Wild von den Hunden gepackt wurde. Man durchritt in Windeseile unglaubliche Entfernungen und setzte die Jagd oft so lange fort, daß ein großer Teil der Pferde und selbst viele Hunde dabei zugrunde gingen. Fünfzig englische Meilen hinter einem Hirsche herzureiten war keineswegs ein seltener Fall. Gegenwärtig ist es freilich anders, da die Bebauung des Bodens dieser Jagd viel zu große Hindernisse in den Weg legt.

 

Ein ungleich wichtigeres Tier als der Hirschhund ist der ihm nahe verwandte Fuchshund. Berühmte Männer haben sich mehr mit ihm als mit andern Dingen beschäftigt, dicke Bücher sind über ihn geschrieben worden, und noch heutigen Tages erwecken Fuchshundmeuten bei den Großen Englands weit mehr Teilnahme als ganze Völkerschaften. Auf die Zucht, Veredelung und Erhaltung von Fuchshunden verwendet man Summen, mit denen man Tausende von verarmten, im Elende verkommenden Menschen zu glücklichen und nützlichen Staatsbürgern machen könnte; ihnen errichtet man Ställe, die die gerade in Großbritannien so tiefstehenden Schulen weit in Schatten stellen; für sie hält man Abrichter und Erzieher, die mehr als doppelt soviel Gehalt bekommen als Lehrer, die das im Schmutze der Unwissenheit und Lasterhaftigkeit liegende Volk der »Fuchsgegenden« zu Menschen erwecken und bilden könnten, wären sie vorhanden, hätte man für menschliche Untergebene ebensoviel Teilnahme als für die tierischen Untertanen. Der Jagdfreund mag den Fuchshund mit Entzücken betrachten: dem Menschenfreunde, der seinen Blick von den jagenden Hunden auf die durchjagten Gegenden und ihre Bewohner schweifen läßt, kommen Gedanken wie die vorstehend angedeuteten. Eine Meute Fuchshunde zu pflegen und sie auf gleicher Höhe zu halten, gilt, so viel Geld das Vergnügen auch kosten mag, als Ehrensache in den Augen des reichen Grundbesitzers. Der gewöhnliche Preis für eine Meute von etwa sechzig Hunden schwankt zwischen 500 bis 1000 Pfund Sterling; besonders schöne, auserwählte Tiere gleicher Anzahl werden mit 2000 Pfund und darüber bezahlt. Ungefähr ebensoviel, wenn nicht mehr, beansprucht die Einrichtung der Ställe, die mit allen erdenklichen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten ausgerüstet sind; kaum weniger beträgt der jährliche Aufwand für Erhaltung und Ersatz der Hunde, Besoldung ihrer Abrichter und dergleichen. Die Ställe sind wahre Paläste, geräumig, hoch, luftig, warm und sauber wie Putzzimmer; zu ihnen gehören außerdem wohl umhegte, stets reinlich gehaltene Vorhöfe, Tummelplätze für die Hunde, auf denen sie unter Aufsicht ihrer Pfleger Luft und Licht genießen dürfen, eigens hergerichtete Küchen, in denen das Futter bereitet wird, sowie endlich die Wohnungen der Beamten. Der Boden der Ställe ist mit verglasten Fliesen gepflastert, von denen jede Unreinlichkeit abläuft oder leicht entfernt werden kann; die Lager befinden sich auf erhöhten, stets mit frischem Stroh belegten Pritschen; für fließendes Wasser hat man im Stalle und auf dem Erholungsplatze, für Baumschatten auf letzterem Sorge getragen. Es fehlt an nichts, was zum Wohlsein der Tiere beitragen könnte.

Der Fuchshund ist mittelgroß und wohlgebaut, am Widerrist etwa 55, höchstens 60 Zentimeter hoch, sein Kopf klein, das Ohr oder der Behang, der meistens gekürzt wird, sehr groß, breit und lappig, der Hals dünn, der Schulterteil zurücktretend, die Brust weit, der Rücken breit; die Läufe oder Beine sollen gerade sein »wie Pfeile«; der ziemlich dicht behaarte Schwanz muß »anständig« getragen werden. Die Färbung wechselt: weiße Grundfarbe mit mehr oder weniger dunkelbrauner Fleckung, die die Ohrgegend einschließen muß, scheint am beliebtesten zu sein.

Der Ursprung des Fuchshundes ist ungewiß. Man nimmt an. daß er von dem alten englischen Jagdhunde abstammt und durch verschiedene Kreuzungen, an denen eine große Menge anderer Hunde teilnahmen, zu der Vollkommenheit gebracht worden ist, die er zeigt. Er besitzt die Schnelligkeit des Windhundes, den Mut des Bulldoggen, die Feinheit des Geruchs vom Bluthunde, die Klugheit des Pudels, kurz, vereint gleichsam alle guten Gaben der Hunde in sich. Seine Schnelligkeit ist wirklich unglaublich. Bei einem Wettrennen durchlief ein Hund, Blaumütze genannt, eine Länge von fast 4 ½ englischen Meilen in acht Minuten und wenigen Sekunden, und das bereits erwähnte Rennpferd Flying-Childres, das auf demselben Grunde lief, erreichte das Ziel kaum eine halbe Minute früher als er. Wenn man dabei die körperliche Beschaffenheit beider Tiere in Rechnung zieht, muß man wahrhaft über die Schnelligkeit des Hundes erstaunen; denn sie ist verhältnismäßig eine ungleich größere als die jener unübertrefflichen Pferde. Aber nicht allein die Schnelligkeit, sondern auch die Ausdauer der Fuchshunde ist außerordentlich. Eine gute Meute folgt dem Fuchse halbe Tage lang und darüber mit gleichem Eifer; die Hunde des Herzogs von Richmond z. B. fanden, wie Bell erwähnt, den Fuchs morgens dreiviertel auf acht Uhr und erlangten ihn erst nach zehnstündigem »harten Rennen« zehn Minuten vor sechs Uhr abends. Mehrere von den Jägern wechselten dreimal ihre Pferde, verschiedene von diesen rannten sich zu Tode; von den Hunden aber waren beim Ende der Jagd dreiundzwanzig zur Stelle.

Gegenwärtig beginnt man erst vormittags um elf Uhr mit der Jagd. Kundige Jagdgehilfen haben in dem zu bejagenden Gebiete des Nachts alle Röhren der verschiedenen Fuchsbaue verstopft und Reineke gezwungen, sich im Freien zu bergen. An versprechenden Stellen sucht man ihn auf. Die Hunde werden gelöst, und durchstöbern eifrig, sich verteilend und zerstreuend, Wälder und Dickichte. Ein guter Hund darf nur dann »sprechen, wenn er etwas zu reden hat«; die Suche geschieht also lautlos. Endlich läutet ein Hund auf, die übrigen stimmen ein: der Fuchs ist gefunden! Tally ho (ho, hallo) ruft der »Einpeitscher«, der »Hundsmann« stößt ins Horn; die Reiter sammeln sich, und die wilde Jagd beginnt   ein prachtvolles Schauspiel! Durch Busch und Hecken, über Zäune, Gräben und Mauern geht es dahin, die Hunde in dicht geschlossener Meute, angefeuert durch ununterbrochenen Zuruf des »Hundsmannes«, der jeden einzelnen kennt und nennt, dicht hinter Reineke her, der seinerseits, um zu entkommen, alle Schnelligkeit, Behendigkeit, Gewandtheit, List und Ausdauer anwendet, vor keinem Hindernisse zurückbebt, jedes nimmt und überwindet, so lange es geht. Selten gelingt es dem armen Schelm, sein Leben zu retten; in der Regel holt ihn die blutgierige Meute binnen zwei bis drei Stunden ein.

 

Ein allerliebstes Tier ist der Stöberhund, Beagle der Engländer, von den Bracken hauptsächlich dadurch unterschieden, daß er im wesentlichen die Merkmale des glatthaarigen Vorstehhundes zeigt. Die Schulterhöhe des Stöberhundes soll 35 Zentimeter nicht übersteigen. In Gestalt, Behang und Behaarung ähnelt er dem Fuchshunde; doch sind seine Läufe stämmiger und niedriger. Man gebraucht den Stöberhund in voller Meute zur Hasenhetze und erfreut sich hauptsächlich an seiner wohlklingenden Stimme, die, wenn die Meute stark ist, ein herrliches Geläute gibt. Sein Geruchssinn ist so fein, daß er einen einmal verfolgten Hasen immer wieder auffindet und auftreibt, und er läuft so ausdauernd, daß er Lampe trotz seiner Schnelligkeit und seiner Kreuz- und Quersprünge doch einholt und niedermacht. Berühmt war die Meute des Obersten Hardy. Sie bestand aus zweiundzwanzig Hunden, die sämtlich das angegebene Maß noch nicht einmal erreichten. Man trug sie zur Jagd hin und von derselben wieder zurück in Körben, die auf Pferde geladen wurden. Bei der Hetze liefen sie regelmäßig in Reih und Glied. In einer schönen Nacht wurden sie ihrem Eigentümer gestohlen, und derselbe hat nie erfahren, was mit ihnen geschehen ist.   Gegenwärtig sind auch diese Hunde selten geworden.

 

Ganz das Gegenteil von diesen kleinen, zierlichen Tieren ist der Blut- oder Schweißhund, den man jetzt ebenfalls nicht oft mehr sieht. In den guten, alten Zeiten wurde das Tier häufig als Diebesfänger benutzt und diente dem Lande zur Sicherung vor Räubern, die in jenen Tagen überall ihr Unwesen trieben. Er war so klug, daß er die Fährte eines Diebes selbst dann verfolgte, wenn derselbe seinen Weg in einem Bache oder Flüßchen fortgesetzt hatte, um den Hund zu täuschen. Dieser suchte dann beide Ufer des Flusses so lange ab, bis er die Fährte des nach dem Lande zurückgekehrten Diebes von neuem auffand und verfolgen konnte.

Auch im Kriege wurden Bluthunde angewandt, so noch in den Kriegen zwischen England und Schottland. Heinrich VIII. brachte sie auf seinen Kriegszügen mit nach Frankreich, und Graf Essex hatte allein achthundert von ihnen bei seinem Heere in Irland. Gegenwärtig dienen sie zum Aufsuchen eines angeschossenen Wildes und nehmen den Schweiß allerdings besser auf als alle übrigen Jagdhunde. Die Farbe der echten Bluthunde ist lohbraun und auf dem Rücken fast schwarz. Sie haben 70 Zentimeter Schulterhöhe oder darüber, sind stark gebaut und zeichnen sich namentlich durch die breite und lange Schnauze aus, an der die Oberlippe über die Unterlippe herabhängt. Die Ohren sind breitlappig, der Scheitel ist hoch und gewölbt, der Blick ernst, klug und edel. Man sagt, daß sie heftigen Gemütes wären und deshalb als gefährliche Tiere angesehen würden. Ihr Blutdurst soll so groß sein, daß sie selbst auf ihren eigenen Herrn losgehen, wenn sie einmal eine Beute niedergemacht haben. Die Stimme des Tieres ist so eigentümlich langgezogen, laut und tief, daß man sie niemals vergessen kann, wenn man sie nur einmal gehört hat. Über seine Abstammung ist man völlig im Unklaren.

Die Engländer unterscheiden ihre Jagdhunde sehr genau, während unter uns die Bezeichnungen vielfach verwechselt werden. So nennt man beispielsweise auch die Vorstehhunde oft Hühnerhunde und umgekehrt, während zünftige Weidmänner unter ersteren mit Recht nur die kurzhaarigen, unter letzteren dagegen die langhaarigen Rassen verstehen. Allerdings leisten beide Gruppen, wenn gut geschult, so ziemlich dasselbe, wie sie sich überhaupt in ihren wesentlichen Eigenschaften, die ihnen ja doch zum größten Teile anerzogen wurden, in hohem Grade ähneln.

 

Der Hühnerhund erreicht in der Regel 60 Zentimeter Schulterhöhe, hat gerade, ziemlich starke Läufe und mäßig große Füße, ist überhaupt kräftig, keineswegs aber plump gebaut, sein Kopf groß und lang, auf der Stirn mäßig gewölbt, die Schnauze mittellang, nach der Spitze zu merklich verschmälert, vorn jedoch gerade abgestutzt, das Auge groß und mild, das Ohr breitlappig und hängend, die Oberlippe seitlich über die untere herabgezogen, der Leib gestreckt, in den Weichen nicht wesentlich verengt, die Fahne lang und buschig, das Haar sein, weich, aber meist etwas gekräuselt, das reiche Fell daher etwas zottig. Neben Braun kommt Schwarz, Weiß, Rotgelb als Färbung des Pelzes vor; auch gibt es weißbunte und reinweiße Hühnerhunde.

 

Der Wasserhund ist unter allen Rassen der am stämmigsten gebaute, sein Kopf stark und hoch, die Schnauze kurz, breit und stumpf, der Hals dick, der Leib voll und gedrungen, die Fahne lang und buschig; die Beine sind stark und sehr kräftig, die Füße breit. Ein zottig gekräuseltes Fell von meist eintöniger und dunkler Färbung bekleidet den Leib. An Höhe steht das Tier dem Hühnerhunde etwas nach, an Gewicht übertrifft es ihn.

Das bereits von den Jagdhunden überhaupt und von den Vorstehhunden insbesondere Mitgeteilte gilt auch für die Hühnerhunde. Sie besitzen dieselben leiblichen und geistigen Begabungen, in der Regel aber ein sanfteres Gemüt, bekunden daher meist noch größere Anhänglichkeit an ihren Herrn und wissen sich jedermanns Freundschaft zu erwerben. Alle trefflichen Eigenschaften des Haushundes vereinigen sich in ihnen. Nicht alle, aber doch die meisten, sind für den Jäger noch brauchbarer als die Vorstehhunde, weil sie nicht allein auf festem Boden, sondern auch im Wasser sich bewähren. Hier leistet zumal der letztgenannte außerordentliche Dienste.

 

Mehrere sehr verschiedenartige Hunde pflegt man unter dem Namen der Seidenhunde zusammenzufassen. Der Seidenhund ist ein sehr schönes Tier, von 80 Zentimeter Leibeslänge, mit langer Fahne und etwa 50 Zentimeter Höhe am Widerrist. Der Leib ist etwas gedrungen und gegen die Weichen eingezogen, der Rücken nicht gekrümmt, die Brust breit und kaum vorstehend, der Hals kurz und dick, der Kopf länglich und ziemlich erhaben, die Schnauze nicht sehr lang, nach vorn etwas verschmälert und zugespitzt. Die Ohren sind lang, breit, gerundet, vollständig hängend und mit sehr langen Haaren besetzt, die Lippen kurz und straff, die Füße von mittlerer Länge, nicht dick, aber ziemlich stark, die vorderen vollkommen gerade, die Hinterfüße ohne Afterzehen. Der mittelstarke und mittellange Schwanz reicht etwas unter das Fersengelenk und wird stark nach rückwärts gebeugt und aufwärts getragen. Die Behaarung ist lang, zottig, aber seidenartig; Schnauze und Vorderseite der Füße sind kurz behaart, die Hinterseite derselben aber, der Kopf, der Bauch und der Schwanz, besonders an der Unterseite, mit langen, zottigen Haaren bedeckt. Die Oberteile des Körpers sind gewöhnlich schwarz, Brust, Bauch, Füße, die Lippen und Wangen bräunlichgelb, und auch über den Augen findet sich ein bräunlicher Flecken. Außerdem kommen aber auch rötlichbraune, schwarz und weiße und sehr häufig gefleckte mit gelbbraunen, rotbraunen oder schwarzen Flecken auf weißem Grunde vor. Diese Kennzeichen gelten für die ganze Gruppe, die wieder in eigentliche Seidenhunde, Wachtelhündchen und Pudel zerfällt. Die ersteren sind bei uns die seltensten, und zumal den großen Seidenhund sieht man wenig, eher den Malteserseidenhund, der seiner Kleinheit wegen oft als Schoßhündchen gehalten wird.

Alle Seidenhunde sind leicht und schnell, aber nicht ausdauernd. Sie haben feinen Geruch und großen Verstand, ohne jedoch besonders gelehrig zu sein. Zur Jagd auf kleines Wild und namentlich auf Federwild werden einige und vor allem die Wachtelhunde vielfach benutzt; doch bedürfen sie einer sehr sorgfältigen Erziehung, weil ihre ursprüngliche Jagdbegierde so groß ist, daß sie häufig durch dick und dünn gehen und kaum durch Zurufe sich bändigen lassen. Selbst bei der besten Erziehung zittern sie vor Begierde bei Auffindung einer Spur und sind nicht imstande, ihre Freude oder ihren Eifer zu verbergen, sondern kläffen und bellen fast fortwährend. Aus diesem Grunde werden sie häufiger in der Stube gehalten als zur Jagd benutzt. Die Engländer haben sich große Mühe mit ihrer Zucht gegeben und deshalb auch eine Menge von Spielarten erzielt, die sie in Jagd- und Tändelhunde trennen. Unter den Wachtelhunden unterscheiden sie Springer, d. h. solche, die lustig durch dick und dünn und namentlich durch niederes Dorngestrüpp hindurchjagen, und Schnepfenhunde, die hauptsächlich zur Jagd auf Waldschnepfen verwendet werden. Letztere sind kleiner als die Springer und wiegen selten mehr als zwölf, sehr oft nur neun oder zehn Pfund. Außerordentlich lebendig und tätig, verrichten sie ihre Arbeit mit einem geradezu unerschöpflichen Grade von Selbstbewußtsein und Vergnügen. Dabei sind sie mehr mutig und behalten auch in andern Klimaten ihre ursprüngliche Kühnheit bei, selbst in dem heißen Indien, das die besten nordischen Hunde bald verdirbt. Kapitän Williamson erzählt, daß eines dieser kleinen tolldreisten Tiere einstmals sogar einem Tiger mutig entgegenging. Das gewaltige Raubtier schaute den kleinen Kläffer anfangs verwundert an, dann aber stand es auf, von dem Gebelfer des zudringlichen Naseweis gestört und flüchtete! Der Erzähler versichert, daß es einen unbeschreiblich Anblick gewährt habe, die beiden in Größe und Kraft so verschiedenen Tiere hintereinander zu sehen, den großen, gewaltigen Tiger mit gehobenem Schweife voran und den mutigen kleinen Hund zankend und bellend hinterdrein. Und dies ist nicht der einzige Fall, der den Mut dieser niedlichen Tiere erprobte. Ein anderer Offizier von dem bengalischen Geschützwesen jagte in der Nähe eines Rohrdickichtes nach Trappen und Pfauen, als Plötzlich ein Tiger hervorbrach. Augenblicklich wurde derselbe von den Hündchen gestellt, und obgleich die mutigsten und kühnsten mit zwei Tatzenschlägen niedergelegt wurden, hielten die andern doch so lange stand, bis sich der Tiger zurückgezogen hatte.

Die kleinen Wachtelhündchen werden König-Karlshündchen, die kleinsten Blenheimshündchen genannt, jene aus dem Grunde, weil König Karl II. von England sie außerordentlich liebte und stets einige bei sich hatte. Ihre dunkle Farbe, die übrigens oft ins Bräunliche spielt, die weiße Vorderbrust, das seidenweiche, lange Haar und das große, lange Behänge zeichnen sie aus. Die allerbesten und geschätztesten von ihnen wiegen bloß fünf, die größten nicht mehr als sieben Pfund. Sie sind als Stubenhunde außerordentlich beliebt, weil schmuck, munter und gelehrig, wenn sie richtig behandelt werden, und die unterhaltendsten Gesellschafter, die man sich denken kann. Ewig auf lustige Streiche bedacht, lassen sie sich mit sehr geringer Mühe erheiternde Kunststücke lehren. Unangenehm ist, daß ihre Augen beständig tränenfeucht sind, und ihnen von einem Winkel aus diese Tränen ohne Unterlaß über die Wangen herablaufen.

 

Während wir die letzterwähnten Rassen die Zwerge der Gruppe nennen können, müssen wir den Neufundländer als den Riesen unter den Seidenhunden ansehen. Das gewaltige, prächtige Tier soll ein doppelter Bastard des großen Pudels mit dem französischen Fleischerhunde sein und in Neufundland seine Rasse bis zur Stunde in ihrer ursprünglichen Reinheit erhalten haben. Es ist sehr ungewiß, um welche Zeit sich diese Rasse in Neufundland gebildet und wer hierzu zunächst Veranlassung geboten hat. Man weiß gewiß, daß die Engländer bei ihrer ersten Niederlassung in Neufundland im Jahre 1622 diese Hunde noch nicht vorfanden, und nimmt deswegen mit großer Wahrscheinlichkeit an, daß die Stammeltern, jedenfalls vortreffliche und ausgezeichnete Hunde, nach der Ansiedlung gebracht worden sind. Der Neufundländerhund, sagt Fitzinger, ist ein gewaltiges, starkes und kräftiges Tier mit breitem, langem Kopfe, etwas verdickter Schnauze, mittelgroßen, hängenden, zottig behaarten Ohren, starker Brust, kräftigem Halse, mit ziemlich hohen, starken Beinen, mit dichter, langer, zottiger, krauslicher, weicher, fast seidenartiger Behaarung, mit ziemlich langem, zottigem Schwanze und mit stark ausgebildeten Schwimmhäuten zwischen den Zehen. Seine Färbung ist sehr verschiedenartig. Viele sind schwarz mit einem lebhaften, rostgelben Flecken über jedem Auge und rostgelben Flecken an der Kehle und an den Fußgelenken. Etwas weniger häufig ist er schwarz und weiß, oder braun und weiß gefleckt, oder einförmig schwarzbraun und weiß.

Mit Recht gilt der Neufundländer für eine der schönsten Rassen und wird sehr gesucht; denn auch seine Eigenschaften stehen mit seiner äußeren Schönheit im Einklange und verkünden den guten Stamm, von dem er herrührt. Seinem Herrn ist er im höchsten Grade treu und anhänglich, dabei verständig und außerordentlich gelehrig. Selbstverständlich muß man darauf sehen, seine natürlichen Begabungen bei der Abrichtung auszubilden, um das Tier zu dem in seiner Art vollkommensten zu machen. Der Neufundländer ist der beste aller Wasserhunde; das Wasser scheint sein eigentlich heimisches Element zu sein. Er schwimmt leidenschaftlich gern und mit der größten Leichtigkeit, taucht wie ein Seetier und kann stundenlang im Wasser aushalten. Einmal fand man einen dieser Hunde in einer weiten Meeresbucht, Meilen vom Lande entfernt, und mußte wohl annehmen, daß er viele Stunden lang im Meere herumgeschwommen war. Dem Neufundländer ist es vollkommen gleichgültig, in welcher Weise er schwimmen muß; denn er geht ebensogut gegen den Strom oder Wellenschlag als mit beiden. Ohne irgendwelche vorausgegangene Abrichtung holt er unermüdlich jeden Gegenstand aus dem Wasser, selbst bei der strengsten Kälte, und bringt ihn seinem Herrn. Der Mensch kann ihm überhaupt nicht mehr Vergnügen bereiten, als wenn er ihm Gelegenheit gibt, sich viel im Wasser aufzuhalten. Geht man mit ihm ins Wasser, so erhöht man sein Vergnügen noch bedeutend. Der Hund scheint außer sich vor Freude zu sein, daß auch der Mensch gleich ihm mit dem Wasser vertraut ist, und bemüht sich nach Kräften, diese Freude an den Tag zu legen. Er schwimmt bald vor seinem Herrn, bald hinter ihm her, taucht unter ihm weg, tut, als wolle er ihn ein Stückchen tragen oder stützen, kurz, spielt förmlich im Wasser. Und wenn endlich der Herr ermüdet sich nach dem Ufer wendet, bemüht sich der Hund, ihn zum neuen Wettschwimmen aufzufordern.

Diese außerordentliche Befähigung des Neufundländers für das Wasser macht ihn zu einem sehr nützlichen Tiere an allen Seeküsten. Man kennt hunderte von Beispielen, daß durch den Mut und die Kraft des vortrefflichen Geschöpfes ertrinkende Menschen gerettet worden sind. Viele Schiffer haben ihn stets bei sich, weil er vorkommenden Falls die ganze Mannschaft zu retten imstande ist. Bei Schiffbrüchen ist er oft mit einem Seile im Maule ans Land geschwommen und hat so die Rettung der Mannschaft vermittelt, oder aber er ist vom Lande aus in die See gegangen und hat einen der Schiffbrüchigen nach dem anderen herüberbugsiert. In Ortschaften, die in der Nähe tiefer Gewässer liegen, macht er sich als unübertrefflicher Kinderwärter sehr verdient. Man darf dreist das kleinste Kind seiner Wachsamkeit und Treue anvertrauen, weil man sicher ist, daß dem Kinde, solange der Hund sich bei ihm befindet, nicht das geringste zuleide geschieht. Die Beispiele, in denen er sich bei diesen Geschäften bewährt hat, sind nicht zu zählen. Sobald er einen Menschen im Wasser in Gefahr sieht, stürzt er sich augenblicklich in das ihm befreundete Element, eilt zu jenem hin, schiebt ihm die Schnauze unter die Achsel und hebt ihn mit derselben über den Wasserspiegel empor. Auch halberfrorene Leute hat er mehrmals von dem sicheren Tode bewahrt, indem er ganz nach Weise der Bernhardinerhunde handelte. Das Land wittert er von Schiffen aus in großer Entfernung, zuweilen auf mehr als zehn englische Meilen, und gibt dies durch Bellen zu erkennen. Zu diesen vortrefflichen Eigenschaften kommt noch seine große Gutmütigkeit und Sanftheit, sowie die unauslöschliche Dankbarkeit für empfangene Wohltaten;   ebenso bewahrt er freilich auch erlittene Unbill und Strafe in seinem Gedächtnisse auf, und wird Leuten, die ihn mit Absicht quälen, manchmal gefährlich.

In Neufundland wird das edle Tier sehr schlecht behandelt. Man spannt ihn vor einen kleinen Wagen oder Schlitten, läßt ihn Holz schleppen und beladet seinen breiten Rücken mit Eselsbürden, nährt ihn auch nur mit dem erbärmlichsten Futter, das es geben kann, mit alten, halbverfaulten oder verdorbenen Fischen und dergleichen. Viele der schönen Tiere gehen unter der elenden Behandlung zugrunde, und andere lassen sich, wenn sie einmal von ihren Tyrannen sich befreien können, mancherlei Vergehen zuschulden kommen, indem sie die Herden überfallen und sonstwie Schaden anrichten. Außer zu jenen Arbeiten benutzt man sie in Neufundland auch noch zur Vertreibung des amerikanischen Wolfes, und zwar mit dem besten Erfolge, weil das starke Tier jenen feigen und erbärmlichen Räuber mit leichter Mühe bewältigt und gewöhnlich im Kampfe totbeißt.

Gegen andere Hunde benimmt er sich mit sehr großer Würde und läßt sich erstaunlich viel gefallen; doch spielt er den kleinen Kläffern, wenn es ihm zu bunt wird, manchmal einen schlimmen Streich. So erzählt man, daß ein Neufundländer einen kleinen Hund, der ihn beständig ärgerte, plötzlich beim Kragen faßte, mit ihm ins Meer sprang und ihn wohl eine halbe Meile weit hinausschleppte, ihn dann aber in das Wasser warf und es ihm überließ, sich mit Mühe und Not selbst wieder an das Land zu haspeln.

siehe Bildunterschrift

Langhaariger Bernhardiner ( Canis familiaris extrarius St. Bernardi)

Mit dem Neufundländer hat der Bernhardinerhund Ähnlichkeit. »Die Bernhardiner Doggen«, sagt Tschudi, »sind große, langhaarige, äußerst starke Tiere, mit kurzer, breiter Schnauze und langem Behang, von vorzüglichem Scharfsinn und außerordentlicher Treue. Sie haben sich durch vier Geschlechter rein fortgepflanzt, sind aber jetzt nicht mehr rein vorhanden, nachdem sie bei ihrem treuen Dienste durch Lawinen umgekommen sind. Eine nahe verwandte Rasse wird nachgezogen und ein junges Tier zu sechs bis zehn Louisdor verkauft. Die Heimat dieser edlen Tiere ist das Hospiz des St. Bernhard, 7880 Fuß über dem Meere, jener traurige Gebirgssattel, wo in der nächsten Nähe ein acht- bis neunmonatlicher Winter herrscht, indem das Thermometer sogar bis -27 º R steht, während in den heißesten Sommermonaten und im ganzen Jahre kaum zehn ganz helle Tage ohne Sturm und Schneegestöber oder Nebel kommen, wo, um es kurz zu sagen, die jährliche Mittelwärme niedriger steht als am europäischen Nordkap. Dort fallen bloß im Sommer große Schneeflocken, im Winter dagegen trockene, kleine, zerreibliche Eiskristalle, die so fein sind, daß der Wind sie durch jede Tür- und Fensterfuge zu treiben vermag. Diese häuft der Wind oft, besonders in der Nähe des Hospizes zu 30 bis 40 Fuß hohen, lockeren Schneewänden an, die alle Pfade und Schlünde bedecken und beim geringsten Anstoße in die Tiefe stürzen.

Die Reise über diesen alten Gebirgspaß ist nur im Sommer bei ganz klarem Wetter gefahrlos, bei stürmischem Wetter dagegen und im Winter, wo die alten Spalten und Klüfte vom Schnee verdeckt sind, dem fremden Wanderer ebenso müh- als gefahrvoll. Alljährlich fordert der Berg eine kleine Anzahl von Opfern. Bald fällt der Pilger in eine Spalte, bald begräbt ihn ein Lawinenbruch, bald umhüllt ihn der Nebel, daß er den Pfad verliert und in der Wildnis vor Hunger und Ermüdung umkommt, bald überrascht ihn der Schlaf, aus dem er nicht wieder erwacht. Ohne die echt christliche und aufopfernde Tätigkeit der edlen Mönche wäre der Bernhardspaß nur wenige Wochen oder Monate des Jahres gangbar. Seit dem achten Jahrhundert widmen sie sich der frommen Pflege und Errettung der Reisenden. Die Bewirtung der letzteren geschieht unentgeltlich. Feste, steinerne Gebäude, in denen das Feuer des Herdes nie erlöscht, können im Notfalle ein paar hundert Menschen beherbergen. Das Eigentümlichste ist aber der stets gehandhabte Sicherheitsdienst, den die weltberühmten Hunde wesentlich unterstützen. Jeden Tag gehen zwei Knechte des Klosters über die gefährlichsten Stellen des Passes: einer von der tiefsten Sennerei des Klosters hinauf in das Hospiz, der andere hinunter. Bei Unwetter oder Lawinenbrüchen wird die Zahl verdreifacht und eine Anzahl von Geistlichen schließt sich den ›Suchern‹ an, die von den Hunden begleitet werden und mit Schaufeln, Stangen, Bahren und Erquickungen versehen sind. Jede verdächtige Spur wird unaufhörlich verfolgt, stets ertönen die Signale; die Hunde werden genau beobachtet. Diese sind sehr fein auf die menschliche Fährte dressiert und durchstreifen freiwillig oft tagelang alle Schluchten und Wege des Gebirges. Finden sie einen Erstarrten, so laufen sie auf dem kürzesten Wege nach dem Kloster zurück, bellen heftig und führen die stets bereiten Mönche dem Unglücklichen zu. Treffen sie auf eine Lawine, so untersuchen sie, ob sie nicht die Spur eines Menschen entdecken, und wenn ihre feine Witterung ihnen davon Gewißheit gibt, machen sie sich sofort daran, den Verschütteten freizuscharren, wobei ihnen die starken Klauen und die große Körperkraft wohl zustatten kommen. Gewöhnlich führen sie am Halse ein Körbchen mit Stärkungsmitteln oder ein Fläschchen mit Wein, oft auf dem Rücken wollene Decken mit sich. Die Anzahl der durch diese klugen Hunde Geretteten ist sehr groß und in den Geschichtsbüchern des Hospizes gewissenhaft verzeichnet. Der berühmteste Hund der Rasse war Barry, das unermüdlich tätige Tier, das in seinem Leben mehr als vierzig Menschen das Leben rettete.«

Diesen Hund hat ein Dichter verherrlicht, und Tschudi führt das Gedicht in seinem Werke auch an; aber ich weiß ein noch besseres Gedicht, wenn es gleich nicht in gebundener Rede geschrieben wurde: die Beschreibung, die Scheitlin von Barry gibt. »Der allervortrefflichste Hund, den wir kennen«, sagt er, »war nicht derjenige, der die Wachmannschaft der Akropolis in Korinth aufgeweckt, nicht derjenige, der als Bezerillo Hunderte der nackten Amerikaner zerrissen, nicht der Hund des Henkers, der auf den Befehl seines Herrn einen ängstlichen Reisenden zum Schutze durch den langen, finsteren Wald begleitet, nicht Drydens ›Drache‹, der, sobald sein Herr ihm winkte, auf vier Banditen stürzte, etliche erwürgte, und so seinem Herrn das Leben rettet, nicht derjenige, der zu Hause anzeigte, des Müllers Kind sei in den Bach gefallen, noch der Hund in Warschau, der von der Brücke in den Strom hinabsprang und ein kleines Mädchen dem Tode in den Wellen entriß, nicht Aubrys, der wütend den Mörder seines Herrn anpackte und im Kampfe vor dem König zerrissen hätte, nicht Benvenuto Cellinis, der die Goldschmiede, als man Juwelen stehlen wollte, sogleich aufweckte: sondern Barry, der Heilige auf dem St. Bernhard! Ja Barry, du höchster der Hunde, du höchstes der Tiere! Du warst ein großer, sinnvoller Menschenhund mit einer warmen Seele für Unglückliche. Du hast mehr als vierzig Menschen das Leben gerettet. Du zogst mit deinem Körblein und Brot und einem Fläschlein süßer, stärkender Erquickung am Halse aus dem Kloster, in Schneegestöber und Tauwetter Tag für Tag, zu suchen Verschneite, Lawinenbedeckte, sie hervorzuscharren oder, im Falle der Unmöglichkeit schnell nach Hause zu rennen, damit die Klosterbrüder mit dir kommen mit Schaufeln und dir graben helfen. Du warst das Gegenteil von einem Totengräber, du machtest auferstehen. Du mußtest, wie ein feinfühlender Mensch, durch Mitgefühl belehren können, denn sonst hätte jenes hervorgegrabene Knäblein gewiß nicht gewagt, sich auf deinen Rücken zu setzen, damit du es in das freundliche Kloster trügest. Angelangt, zogst du an der Klingel der heiligen Pforte, auf daß du den barmherzigen Brüdern den köstlichen Findling zur Pflege übergeben könntest. Und als die süße Last dir abgenommen war, eiltest du sogleich aufs neue zum Suchen aus, auf und davon. Jedes Gelingen belehrte dich und machte dich froher und teilnehmender. Das ist der Segen der guten Tat, daß sie fortwährend Gutes muß gebären! Aber wie sprachst du mit den Gefundenen? Wie flößtest du ihnen Mut und Trost ein? Ich würde dir die Sprache verliehen haben, damit mancher Mensch von dir hätte lernen können. Ja, du wartetest nicht, bis man dich suchen hieß, du erinnertest dich selbst an deine heilige Pflicht, wie ein frommer, Gott wohlgefälliger Mensch. Sowie du nur von fern die Ankunft von Nebel und Schneewetter sahst, eiltest du fort.

So tatest du unermüdlich, ohne Dank zu wollen, zwölf Jahre. Ich hatte die Ehre, auf dem Bernhard dich kennenzulernen. Ich zog den Hut, wie sich's gebührte, ehrerbietig vor dir ab. Du spieltest soeben mit deinen Kameraden, wie Tiger miteinander spielen. Ich wollte mich mit dir befreunden: aber du murrtest, denn du kanntest mich nicht. Ich aber kannte schon deinen Ruhm und deinen Namen und seinen guten Klang. Wäre ich unglücklich gewesen, du würdest mich nicht angemurrt haben. Nun ist dein Körper ausgestopft im Museum zu Bern. Die Stadt tat wohl daran, daß sie dich, da du alt und schwach geworden und der Welt nicht mehr dienen konntest, ernährte, bis du starbst.«

Auch auf dem Gotthard, dem Simplon, der Grinsel, Furka und allen andern Hospizen werden, nach Tschudi, vorzügliche Hunde gehalten, die eine äußerst feine Witterung des Menschen besitzen, öfters Neufundländer oder Bastarde von solchen. Die Hospizbewohner versichern überall, daß diese Tiere besonders im Winter das Nahen eines Wetters schon auf eine Stunde vernehmen und durch unruhiges Umhergehen untrüglich anzeigen. So hoch berühmt aber wie Barry ist kein anderer Hund von ihnen allen geworden. Gegenwärtig sollen die Bernhardinerhunde vollständig ausgestorben und durch andere ersetzt worden sein, die mehr den Doggen als den Neufundländerhunden ähneln. Soweit die mir zugänglichen Mitteilungen erkennen lassen, stehen sie hinsichtlich ihrer Leistungen nicht hinter ihren Vorgängern zurück.

 

Ein Seidenhund ist auch der allbekannte Pudel. Ihn zu beschreiben erscheint unnötig, da er so ausgezeichnet ist, daß jedermann ihn kennt. Der gedrungene Körperbau mit den langen, wolligen, zottigen Haaren, die hier und da förmliche Locken bilden und den ganzen Hund dicht einhüllen, die langen und breiten Ohren kennzeichnen ihn vor seinen übrigen Verwandten. Ein schöner Pudel muß ganz weiß oder schwarz sein, oder darf höchstens bei ganz schwarzer Farbe einen Weißen Stirn- oder Brustflecken haben.

Der Pudel bekundet durch seine Liebe für das Wasser seine Verwandtschaft mit den übrigen Seidenhunden. Er schwimmt gut und gern und kann wohl auch zur Jagd abgerichtet werden. Weit mehr eignet er sich zum Gesellschafter des Menschen, und als solcher leistet er das größte, was überhaupt ein Tier zu leisten vermag. Um ihn zu kennzeichnen, borge ich mir die Worte Scheitlins, eines seiner wärmsten Verehrer.

»Der Pudel ist unter allen Hunden am besten gebaut. Er hat die schönste Kopfform, den wohlgebildetsten Leib, die schönste Gestalt, eine volle, breite Brust, wohlgebaute Beine, ist nicht hoch und nicht niedrig, nicht lang und nicht kurz und stellt sich am würdigsten dar. Schon körperlich ist er zu allen Künsten vorzugsweise geeignet. Tanzen kann er von selbst lernen; denn seine halbmenschliche Natur treibt ihn, sich an seinem Herrn aufzurichten, auf zwei Beine zu stellen und aufrecht zu gehen. Bald genug merkt er, daß er es könne, und er tut es sehr oft von selbst, wenn er will.

Sein Geschmackssinn ist fein; er unterscheidet zwischen Speisen sehr genau; er ist ein Leckermaul. Sein Geruchssinn ist berühmt. Er kennt die Kinder seines Herrn durch ihn und findet mit Hilfe derselben seine verlorene Spur. Gibt man ihm von einem verlorenen Kinde einen Schuh oder sonst etwas zu riechen, so kann er durch die Festhaltung des Geruchs das verlorene Kind von selbst finden. Kaum jemals täuscht er sich: ihm ist der Geruch als Erkennungsvermögen angewiesen. Er fühlt auch fein. Für körperliche Schmerzen ist er sehr empfindlich; er ist wehleidig. Sein Gehör ist vortrefflich. Von weitem kennt er die Stimme, unterscheidet sie auch dem Sinne nach, kennt den Unterschied von Glocken und Klingeln, kennt die Art und Weise und den Ton des Schrittes seiner Hausgenossen. Aber sein Gesicht ist zurückgeblieben; er sieht nicht gut, er kennt seinen Herrn durch das Gesicht nur, wenn er ziemlich nahe ist.

Der Ortssinn ist im Pudel ausgezeichnet. Er findet den Weg nach Hause Stunden und Tage weit her. Er läuft in der Stadt oder auf dem Lande willkürlich herum und besucht, mit der Gewißheit zu finden, irgend ein Haus, in dem er mit seinem Herrn, sei es auch nur einmal, gewesen, in dem ihm wohlgetan worden ist. Deshalb kann er abgerichtet werden, Brot beim Bäcker, Fleisch in der Fleischerei zu holen. Sein Zeitsinn ist merkwürdig: er merkt an den Tagen, daß der Sonntag kommt; er kennt, wie der hungrige Mensch, die Mittagstunde und die Schlachttage im Schlachthause. Die Farben kennt er genau und unterscheidet die Dinge mit Hilfe derselben deutlich. Sonderbar ist der Eindruck der Musik auf ihn: manche Werkzeuge kann er wohl leiden, andere gar nicht.

Der Pudel hat ein außerordentlich scharfes Wahrnehmungsvermögen. Nichts entgeht ihm, und darum heißt er gescheit. Er ist ein vollkommener Beobachter und lernt deshalb nicht bloß die Worte, sondern auch die Mienen und Blicke seines Herrn ausgezeichnet verstehen. Sein Gedächtnis ist in hohem Grade treu. Jahrelang bleibt ihm die Form und die Farbe seines Herrn in der Seele; jahrelang verliert er den Weg irgendwohin nicht. Man nennt den Hund schon wegen seines unterscheidenden Geruchsinns gescheit; wieviel mehr wird man ihn wegen seines getreuen Gedächtnisses gescheit nennen, da man ja im täglichen Leben jedes Kind mit gutem Gedächtnis und selbst einen dummen Gelehrten, d. h. Vielwisser, für gescheit hält. Dieses Gedächtnis ist eine Hauptursache zur Gelehrigkeit des Pudels. Doch bedarf er auch dazu Geduld, Gutmütigkeit und Folgsamkeit. Er kann wirklich trommeln, Pistolen losschießen, an Leitern hinaufklettern, frei mit einer Schar Hunde eine Anhöhe, die von anderen Hunden verteidigt wird, erstürmen und mit Kameraden eine Komödie spielen lernen.

Zwei Dinge kommen noch dazu: des Pudels Nachahmungssucht und sein Ehrgefühl, d. h. seine Eitelkeit. Immer schaut er seinen Herrn an, immer schaut er, was er tut, immer will er ihm zu Diensten stehen. Er ist der rechte Augendiener; er denkt, wie ein Kind vom Vater, was dieser tut, sei recht, er müsse oder dürfe es ebenfalls tun. Nimmt der Herr eine Kegelkugel, so nimmt er zwischen seine Pfoten auch eine, will sie anbeißen und plagt sich, wenn es ihm nicht gelingen will. Sucht jener Steine behufs wissenschaftlicher Behandlung, so sucht auch der Pudel Steine. Gräbt der Herr irgendwo, so fängt auch der Pudel mit den Pfoten zu graben an. Sitzt jener im Fenster, so springt auch dieser auf die Bank neben ihn, legt beide Tatzen aufs Gesimse und guckt ebenfalls in die schöne Aussicht hinaus. Er will auch einen Stock oder Korb tragen, weil, er den Herrn oder die Köchin einen tragen sieht. Er trägt ihn sorgfältig, stellt ihn vor die Leute hin, geht von einer Person zur andern, um zu zeigen, wie geschickt er sei, und wedelt mit dem Schwanze selbstgefällig. Während des Tragens bekümmert er sich gar nicht um andere Hunde; er scheint sie als Taugenichtse zu verachten, sie aber scheinen ihnen zu achten.

Der Pudel ist der geachtetste (aber nicht der gefürchtetste) und auch beliebteste Hund, weil er der gutmütigste ist. Kindern ist er ganz besonders lieb, weil er auf jede Weise sich necken und auf sich reiten, sich zupfen und zerren läßt, ohne zu knurren, zu beißen und ungeduldig zu werden. So gefräßig er ist, so kann man ihm doch das Fressen oft aus seinem Rachen wieder hervorholen, was sehr wenige Hunde zulassen. Den, der ihn einmal geschoren, kennt er für sein ganzes Leben und schaut ihn darum an, wo er ihn trifft. Kommt er nach Jahresfrist wieder ins Haus, um ihn zu scheren, so rennt er augenblicklich weg und verbirgt sich: er will nicht geschoren sein. Wird er krank und einem Arzte übergeben, so unterzieht er sich der Kur gutwillig, und wie der Orang merkt er schnell, was ihm dienlich sei. Kein Tier erkennt so schnell die Meisterschaft des Menschen, daß er ihm gehorchen solle und müsse, und daß der Gehorsam das beste für ihn fei.

Sehr artig ist zu sehen, wie er seinen Herrn sucht. Er läuft mit gesenktem Kopfe die Straße lang, steht still, besinnt sich, kehrt wieder um, bleibt an der andern Ecke der Straße wieder still stehen, denkt mehr, als er schaut, beschreibt Diagonalen, um schneller irgendwo zu sein usw. Artig zu sehen ist auch, wenn er ausgehen will und nicht soll, seinen Herrn überlisten will, wie er ihn zu überschleichen sucht, tut, als wenn er nicht fort wolle, wenn man ihn nicht anschaut, plötzlich den Reißaus nimmt oder mit füchsischer, überhündischer List an der Wand ein Bein aufhebt, damit man ihn hinausjage, und wenn man ihn hinausjagte, augenblicklich zum Schlachthause oder zu einer von seinen Buhlen läuft, wenn man ihm aber nicht glaubt, endlich alle Hoffnung entwischen zu können aufgibt, mit vollkommener Entsagung sich unter den Tisch legt. Er hat vollkommen wie ein Mensch gelogen.

Mit Prügeln kann man den Pudel nichts lehren; er ist nur ängstlich, verwirrt, tut immer weniger, ganz wie ein Kind, das weinend lernen muß. Doch listig tut er auch bisweilen ganz dumm. Mit gutem kann man ihn sogar an Widriges gewöhnen und Dinge essen oder trinken lehren, die er sonst verschmäht. Manche Pudel werden und sind so recht eigentliche Kaffeefraubasen und ziehen dieses Getränk unbedingt jedem andern vor.

Sonderbar ist es, daß der Pudel, je gutmütiger und verständiger, um so weniger ein guter Hauswächter ist, desto minder auf den Menschen abgerichtet werden kann. Er liebt und schätzt alle Menschen; will man ihn gegen einen Menschen reizen, so schaut er nur seinen Herrn und dessen Gegner an, als ob er denke, es könne seinem Herrn nicht möglich sein, ihn auf einen seinesgleichen zu hetzen. Man könnte seinen Herrn morden, ohne daß er sich für ihn wehrte. Gegen seinen Herrn ist er stets unterwürfig im höchsten Grade, er fürchtet nicht nur die Schläge, sondern schon den Unwillen, das Wort, den drohend verweisenden Finger.

Pferde und Hunde scheinen unter allen Tieren am ersten erschreckt werden zu können, der Pudel kann sogar erstaunen, d. h. es kann seine Beurteilungskraft plötzlich stillgelegt werden. Ein Pudel verfolgte einen Raben auf einer Wiese. Der Rabe stellt sich gegen ihn, auf einmal ruft er den Hund an: »Spitzbube, Spitzbube!«   erschrocken fährt der Hund zurück, sein Verstand stand ihm still: ein Tier, ein Vogel und   eine Menschenstimme!

Der Pudel ist nie gern allein; immer sucht er Menschen auf. Er gibt sich nicht gern mit Hunden anderer Art ab, und will er spielen, so tut er es mit Pudeln, wenigstens vorzugsweise. Mit solchen erfreut er sich dann sehr. Andere Hunde scheint er zu hassen oder sie ihn.

Der Pudel liebt die Freiheit ungemein. Er kommt und geht wieder. An der Kette ist kein Hund gern, am allerwenigsten der Pudel, er versteht, sich davon auf alle Weise loszumachen, und erprobt darin seine Künste, Stricke zu zerreißen und zu zerbeißen. Aus Schleifen zieht er den Kopf; er kann geradeso wie ein Mensch jauchzen, wenn er entkettet wird, und vor Freude ganz unsinnig tun.« Doch was ließe sich nicht über den Pudel noch alles sagen! Man könnte über ihn allein ein ganzes Buch schreiben!

 

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit einer anderen, sehr merkwürdigen Gruppe zu, den Pintschern nämlich. Man unterscheidet hauptsächlich die glatthaarigen und stachelhaarigen oder die Ratten- und Affenpintscher. Erstere ähneln in ihrem Gesamtbau dem Dachshunde, unterscheiden sich von ihm aber durch die höheren und geraden Beine und die dicken aufrechtstehenden oder nur mit der Spitze überhängenden Ohren. Die meisten sind dunkelfarbig; gefleckte kommen schon seltener vor. Ihr Körper ist ziemlich schlank, der Kopf stark, die Schnauze lang und gerade abgestumpft, der Schwanz, der nach rückwärts oder vorwärts gekrümmt getragen wird, glatt, die Beine sind mittelhoch und gerade. In der Jugend schneidet man den Pintschern gewöhnlich den Schwanz und die Ohren ab und verhäßlicht hierdurch die Tiere in unverantwortlichster Weise.

Alle Pintscher sind äußerst kluge, höchst muntere und über alle Maßen jagdbegierige Hunde. Sie fangen mit der größten Liebhaberei Ratten, Mäuse, aufwühlende Maulwürfe, und sind geradezu unermüdlich in der Verfolgung dieser Tiere. Als Hausgenosse des Menschen können sie nicht immer empfohlen werden, weil sie wegen ihrer steten Unruhe ihrem Herrn oft mehr Verdruß als Freude machen; dagegen eignen sie sich vortrefflich für Leute, die reiten oder mit schnellen Pferden fahren: denn am allerliebsten begleitet der Pintscher seinen Herrn, wenn er tüchtig rennen und laufen muß. Doch selbst bei den schnellsten Ritten macht er sich noch immer Zeit, jedes Mauseloch zu untersuchen und jeden Maulwurf im Aufwerfen seiner Haufen zu stören. Die Nase hoch gegen den Wind getragen, späht er nach allen Seiten hin, und wo etwas raschelt, naht er sich vorsichtig und leise, steht eine Zeitlang unbeweglich, tut plötzlich einen Sprung, schlägt mit den Vorderfüßen in die Erde und hat im nächsten Augenblicke das unterirdisch lebende Geschöpf im Maule. Genau auf dieselbe Weise jagt er Maulwürfe, und zwar mit solchem Eifer, daß er bei einem längeren Spaziergange, wie Lenz sagt, regelmäßig vier bis fünf und zuweilen vierzehn und mehrere Stücke fängt.

Die Fähigkeit im Fangen von Ratten hat natürlich die Aufmerksamkeit der Engländer besonders auf ihn gezogen, und so sind sie frühzeitig darauf verfallen, große Rattenjagden abzuhalten und dabei ihre Hunde in Tätigkeit zu setzen. Damit die Sache doch auch nach etwas Klang hat, werden dabei außerordentlich hohe Wetten gemacht, und das Vergnügen bekommt hierdurch das Gepräge des Glücksspiels. Man kreuzt den Pintscher noch mit dem kleinen Bulldoggen und erhält dann den wahren Rattenpintscher, der unter dem englischen Namen »Bullterrier« oder Bulldoggpintscher bekannt geworden ist. Dieser leistet allerdings Unglaubliches im Fangen und Totbeißen der Ratten; denn seine Ausdauer und Geschicklichkeit ist wirklich bewunderungswürdig.

Die geistigen Fähigkeiten aller Pintscher sind sehr beachtenswert. Sie zeigen einen hohen Verstand, viel Selbstüberlegung und Geschicklichkeit, sich in allen Lagen möglichst gut zu finden. Man kennt Beispiele, daß solche Hunde den Wert des Geldes zu würdigen und sich daher Münzen zu verschaffen wußten, um dafür Eßwaren zu kaufen. Ein Hund mit dem Namen Peter stahl kleine Geldmünzen, wo er sie nur finden konnte, und lief damit zum Bäcker hin, um sich dort Gebäck zu kaufen. Als ihm einmal der Bäcker, dessen eifriger Kunde er war, einen angebrannten Zwieback hinlegte, verließ er ihn im Augenblick und besuchte fortan einen auf der anderen Seite der Straße, der seinen neuen Kunden nach Verdienst ehrte.

Der Mut der Pintscher ist wirklich großartig, und zumal der Bulldoggpintscher beweist sich hierin als echter Abkömmling des Bulldoggen. Anderson erzählt in seinem Werke über den See Ngami einige sehr anziehende Tatsachen. Einer dieser Hunde, Namens Venus, wagte sich sogar an ein verwundetes Nashorn, das fliehen wollte, und verbiß sich so geschickt in dessen Oberlippe, daß der gewaltige Riese nicht imstande war, den kleinen Kläffer abzuschütteln, und so den Jägern zu einem zweiten Schusse, der tödlich wurde, Gelegenheit geben mußte. In einer sehr jagdreichen Gegend, in der es namentlich viele Schakale gab, erlegte dieser kleine Hund einen seiner wilden und bedeutend stärkeren Vettern auf sehr listige Art. An demselben Orte, den er sich zum Baden und Trinken auserkoren hatte, streifte eines Tages ein Schakal vorbei und erblickte den kleinen Hund. Dieser verkroch sich augenblicklich vor ihm und sah so kläglich aus, daß dem Schakal der Gedanke kommen mochte, hier sei mit leichter Mühe eine Mahlzeit zu gewinnen. Er nahte sich also kühn seiner vermuteten Beute, mußte aber sehr bald einsehen, daß er es mit einem Wesen zu tun hatte, das ihm nicht nur gewachsen, sondern überlegen war. Denn kaum war er nahe genug, als Venus ihm mit einem geschickten Satze an die Gurgel sprang und sich hier so fest verbiß, daß der Schakal nach wenigen Minuten erstickend verendete.

 

Sehr verschieden von dem gewöhnlichen Pintscher ist einer der sonderbarsten Hunde, was Gestalt und Aussehen anlangt: der Affenpintscher. Ihn macht seine Häßlichkeit schön, und deshalb wird er von Liebhabern eifrig gesucht und hochgeachtet. Bei einem Affenpintscher von guter Rasse ist der Körper außerordentlich lang im Verhältnisse zu seinen Gliedern, und das Tier erscheint fast dachshundartig gebaut. Der Hals ist sehr stark, der Leib verlängert, so daß die Länge die Höhe um das Dreifache übertrifft, das Haar lang und straff, fällt auch über den ganzen Körper und die Glieder sowie dick und verworren über das Gesicht herab, so daß die Augen und die Nase unter der üppigen Bedeckung kaum sichtbar sind. Bei gewissen Rassen ist das Haar allerdings weicher, immer aber bleibt diese eigentümliche Verworrenheit und Ungleichmäßigkeit. Bei uns zu Lande findet man diese echte Rasse seltener, sondern sieht zumeist Affenpintscher, die ebenso hochbeinig sind als die Rattenpintscher; das struppige Gewand der eigentlichen Affenpintscher haben sie jedoch ebenfalls.

Wenn ich sagte, daß die Häßlichkeit diesen Hund schön mache, meine ich natürlich bloß die des Leibes; denn geistig betrachtet, muß der Hund als einer der besten angesehen werden. Es ist ein munteres und unterhaltendes Tier, dem Menschen im höchsten Grade zugetan, schmeichelnd und liebkosend gegen seine Freunde und sehr brav im Kampfe mit anderen Hunden. Auch er eignet sich vortrefflich zur Rattenjagd und wird sogar hier und da zur Kaninchen- oder Wachteljagd mit Erfolg verwendet.

 

Die letzte Gruppe der Hunde, die wir betrachten wollen, umfaßt diejenigen, die dem Menschen am treuesten dienen und am meisten von ihnen geknechtet werden, die Haushunde.

Zu dieser Gruppe gehört der Pyrenäenhund, der Pommer, der Spitz, der ungarische Wolfshund, der Hund der Lappen, der Kamtschatkdalen, der Hasenindianer, der Eskimos und der Hund von der Baffinsbai, ebenso auch der Zigeunerhund, der chinesische, der isländische, der sibirische Hund und andere. Als allgemeine Kennzeichen gelten die folgenden: der Leib ist etwas gedrungen, ziemlich dick, nur gegen die Weichen ein wenig eingezogen, der Rücken leicht gekrümmt, die Brust kaum vorstehend, der Hals ziemlich kurz und dick, der Kopf länglich, wenig erhoben, die Stirn etwas gewölbt, die Schnauze nicht sehr lang, nach vorn ziemlich stark verschmälert und zugespitzt; die Füße sind von mittlerer Höhe, dick und stark, die vorderen vollkommen gerade; der Schwanz ist nicht sehr dünn, oft sogar buschig, ziemlich lang, reicht etwas unter das Fersengelenk und wird entweder gerade nach rückwärts gestreckt oder nach links geringelt aufwärtsgebogen getragen; die Ohren sind kurz, nicht sehr schmal, zugespitzt und aufrechtstehend mit mittellangen Haaren besetzt, die Lippen kurz und straff; an den Hinterpfoten ist keine Afterzehe vorhanden. Eine zottige, lange und grobe Behaarung, die auf der Schnauze und der Vorderseite der Beine sich bedeutend verkürzt, ist noch Gemeingut aller hierhergehörigen Hunde. Die Färbung ist natürlich sehr verschieden, bei allen dunkleren aber befindet sich über dem Auge jederseits ein rundlicher, bräunlichgelber Flecken. Als mittlere Größe des Körpers gilt etwa eine Länge von 50, die Höhe am Widerrist beträgt 75, der Schwanz mißt etwa 30 Zentimeter.

Der Haushund (Canis familliaris domesticus) wird als einer von den Hauptstammarten aller Hunde angesehen und von einigen Naturforschern als ursprünglich in Frankreich heimisches Tier betrachtet. Er ist ein starker, aber keineswegs besonders schwerer Gesell, in seinem Laufe ziemlich rasch und ausdauernd, besitzt viel Verstand und zeichnet sich ebenso durch seinen Scharfsinn und seine Klugheit wie durch seine Wachsamkeit, Anhänglichkeit, Treue oder seinen Mut und seine Tapferkeit aus. Alle diese Eigenschaften stempeln ihn ganz von selbst zu dem, was er ist. Man verwendet ihn mit dem größten Vorteile als Wächter des Hauses wie als Hüter und Lenker der Herden oder aber auch als Zugtier, und jede seiner Aufgaben weiß er zur größten Zufriedenheit seines Herrn zu lösen. Er ist derjenige Hund, der vielen Völkerschaften geradezu unentbehrlich ist und die Leistungen der verschiedenartigsten Haustiere in sich vereinigt. Einige Völker halten ihn wie ein Kind, andere mißhandeln ihn auf schnödeste Weise, und gleichwohl bleibt sich seine Treue und sein Diensteifer überall gleich. Er lernt alle seine Fertigkeiten von selbst, ohne seinem Herrn besondere Mühe zu machen, und zeigt dabei Geduld, Ausdauer, Lust an seinen eigenen Fortschritten und hohen Mut.

 

Von allen diesen Hunden verdient der eigentliche Schäferhund besonders erwähnt zu werden. Er zeichnet sich vor anderen Haushunden dadurch aus, daß nur die Spitzen seiner Ohren überhängen, ist auch in der Regel schlank gebaut, dürrleibig, hochbeinig und sehnig wie ein Wolf, dem er an Größe freilich bedeutend nachsteht. Der längliche Kopf mit der spitzen Schnauze, die mageren, geraden Beine, die mittellange Rute, die etwas eingezogen zu werden pflegt, das dichte, krause, manchmal zottige Fell von graubräunlicher Färbung sind anderweitige Kennzeichen, die zur Vervollständigung des Bildes dienen mögen.

»Wenn irgend eine Hunderasse«, sagt Adolf Müller treffend und wahr, »ein Verdienst um die Menschheit sich erworben, also ein Anrecht auf das Gefühl der Anerkennung und Liebe hat, so ist es der kluge, treue, wachsame und nimmermüde Schäferhund, der Hund, von dem Buffon nicht mit Unrecht das beredte Wort gesprochen, daß er der wahre, unverfälschte Hund sei, der als der Stamm und das Muster des ganzen Geschlechts betrachtet werden muß.

»Jede Hunderasse verliert bei aller Beharrlichkeit ihrer Natur unter verschiedenen Himmelsstrichen mehr oder weniger von ihrer körperlichen und geistigen Charakteristik: der treue Leiter und Beschützer der Herden ist sich überall in den bedeutendsten Zügen seines Leibes und Geistes gleichgeblieben. So viel auch Laune und Unkenntnis durch unpassende Kreuzung am Äußeren und Inneren des Tieres verändert und verschlechtert haben mögen, immer und immer kehrt seine zähe, kräftige Natur zu ihrer urwüchsigen, sprechenden Wesenheit zurück.

Wie der Spitz stellt der Schäferhund die Wachsamkeit gleichsam über sich selber. Den leisesten Tritt eines den Feldweg Wandernden vernimmt sein feines Gehör; der geringste Luftzug bringt der scharfen Nase die Witterung des der Herde sich Nahenden, und ebenso entschieden als sicher ist die Fremdes ankündigende Stimme. Zu dieser Wachsamkeit gesellt sich auf der Grundlage einer rauhen, derben Natur ernster Mut, der das Tier aber niemals auf die Abwege des Raufboldes führt. Auch die Tugend der Genügsamkeit besitzt unser Hund in hohem Grade, und die Unempfindlichkeit gegen Nässe und Hitze teilt er mit seinem Gebieter. Immer beweist er sich verständig, aufmerksam und im Hüteramt von morgens bis abends unverdrossen tätig. Dabei ist er ernsten, ruhigen Wesens, karg im Lautgeben und Bellen, treu und voll Anhänglichkeit an seinen Herrn. Ohne ihn würde es unmöglich sein, Vieh zu hüten; ein Schäfer richtet mit ihm mehr aus als zwanzig Hirten ohne Hund.

Man verwendet den Schäferhund gewöhnlich schon im ersten Jahr seines Alters als Wächter der Herden. Mit der Zeit lernt er seinen Wirkungskreis vollständig ausfüllen. Es ist keineswegs gleichgültig, welches Vieh er zu hüten hat; denn er muß nach den verschiedenen Haustieren sein Betragen einrichten. Wie bei jedem Hund erkennt man in ihm das Spiegelbild seines Herrn. Der Hirtenhund Spaniens ist ebenso wütend, der Schäferhund Deutschlands ebenso gutmütig wie sein Herr. Ist dieser ein Wilddieb: sein Hund tut es bald dem tüchtigsten Jagdhund gleich; bestrebt sich jener, sein kärgliches Brot- durch Sammeln von Schwämmen und dergleichen zu verbessern: der Hund hilft sie ihm suchen; muß der Gebieter zwei- und vierbeinigen Räubern entgegentreten: der Hund übernimmt den Löwenanteil an entstehenden Kämpfen; lebt der Schäfer friedliche Tage: ein sanfteres Wesen gibt es nicht, als seinen Hund. Beide gleichen, beide unterhalten sich. Es gibt Schäferhunde, die wirklich jedes Wort ihres Herrn verstehen. »Wie erwacht in mir«, erzählt Müller, »immer aufs neue die Erinnerung so mancher glänzenden Tat der Wachsamkeit, Überlegung und Charakterstärke, wenn ich des besten Vertreters der Rasse, den ich je gekannt, gedenke, wie er beim Eintreiben der Herde in die Stoppelfelder ohne jegliches Geheiß sich vor die hin und wieder noch stehengebliebenen Fruchthaufen stellte, ernst und würdig im Bewußtsein seines Amtes, und die ganze Herde vorüberwandeln ließ. Mit derselben umsichtigen Ruhe beschützte er lautlos die Gemüseäcker, an denen seine Herde vorüberzog. Man sah den Schafen an, daß sie wohl inne waren, welcher Meister des Hütens ihre Flanken bewachte. Da war kein starrköpfiges Schaf, das aus der Reihe sprang, selten ein Leckermaul, das über die Grenze wegnaschte, aber auch kein Tier der Herde, alt wie jung, das vor dem lockigen Gesellen zurückschreckte oder gar angstvoll in Flucht geriet. Ruhig und stetig, Wie an einer Schnur geleitet, zog die Herde durch die Flur dahin, und wenn sie an einem Hag oder an einer Hute stille hielt und lagerte, umstanden Gruppen von Schafen den Hund, wie ein zu ihnen gehöriges Glied der Herde.«

Gewiß, ein wohlerzogener Schäferhund ist eines der edelsten Glieder seiner Sippschaft!

 

Was der Schäferhund für die Herden, ist der Spitz oder Pommer für das Haus. Klein oder höchstens mittelgroß, kräftig und untersetzt, spitzköpfig und spitzschnauzig, als müßte man auf Reineke den Verdacht der Vaterschaft werfen, kurzbeinig und langschwänzig, ausgerüstet mit mäßig großen Ohren und ebensolchen klugen und lebhaften Augen, dicht eingehüllt in ein bald grobes und langes, bald feines und kurzes Fell von rein weißer, gelber, fuchsroter, grauer, ausnahmsweise auch schwarzer Färbung, höchstens noch mit lichter Stirnblesse und weißen Abzeichen an den Füßen, tritt er uns entgegen, so daß man ihn schwerlich verkennen kann.

Dieser in seiner Art ebenfalls ganz vortreffliche Hund wird in vielen Gegenden Deutschlands, zumal in Thüringen, als Wächter auf Bauernhöfen zum Bewachen des Hauses und Hofes oder von Fuhrleuten als Hüter ihrer Wagen benutzt. Bei letzteren fehlt er wohl selten und übernimmt hier zugleich noch eine andere Rolle: er erheitert und erfreut durch sein munteres Wesen den in gleichmäßiger Weise seinen Tag verbringenden Mann bei dem schwierigen Geschäft. Der Pommer gilt für die beste Rasse, weil er bei unwandelbarer Treue und Anhänglichkeit besonders aufmerksam und lebhaft ist, dabei weder Regen noch Kälte scheut, ja gewöhnlich im Hause oder Hofe dort am liebsten zu liegen pflegt, wo der Wind am stärksten Pfeift, übrigens zeigen alle Spitze einen großen Hang zur Freiheit und taugen deshalb nicht als Kettenhunde, während sie als umherstreifende Wächter ihrer Treue und Unbestechlichkeit wegen unersetzbar sind.

In seinem Wesen und Betragen unterscheidet sich der Spitz wesentlich vom Schäferhund. Abgesehen von der unermüdlichen Wachsamkeit, die beide mit gleichem Eifer ausüben, und seiner Freundschaft gegen Haustiere ist er das gerade Gegenteil von diesem, immer in Bewegung, soviel wie möglich laut, ein oft höchst unangenehmer Kläffer sogar, heftig, reizbar und bissig. Weder im Gehöft, noch auf dem Wagen kann er in Ruhe bleiben. Dort lockt ihn jeder Vorübergehende an die Straßentür, jedes ängstlich gackernde Huhn in den Hintergarten; hier setzt er mit geschickten Sprüngen von der Ladung auf den Bock, vom Bock auf den Rücken des Pferdes, oder aber herab auf die Straße und von dieser wieder auf den Wagen. Wie der Schäferhund liebt er Haustiere ganz ungemein, am meisten aber doch die Pferde, mit denen er sich förmlich verbrüdert; wie seinem Verwandten geht ihm das Wohl und Wehe seiner Pflegebefohlenen, unter die er selbst das Federvieh rechnet, sehr zu Herzen: aber während jener seine Arbeit still und gemessen verrichtet, tobt er ununterbrochen im Hause und Hofe umher, und sein beständiges Gebell gewinnt den Anschein des Keifens eines ewig schlecht gelaunten Wesens. Und doch ist er keineswegs übermütig, sondern nur eifrig und über die Maßen geschäftig. Alles Mißtrauen, das er gegen Fremde jeden Standes an den Tag legt, wurzelt einzig und allein in dem Bestreben, seinem Gebieter voll und ganz zu dienen. Zunächst sieht er in jedem Geschöpf einen Dieb, mindestens einen Lästigen oder Störenfried, dem gegenüber er Haus und Hof, Vieh und Gerät zu verteidigen hat. Der Besuchende wird übel empfangen, der fechtende Handwerksbursche nicht viel schlimmer, der Bettler kaum mit größerem Ingrimm; aber während er ersterem, sobald er ins Haus getreten, freundlich begegnet, knurrt er den Handwerksburschen noch an, nachdem er sich von dessen Ungefährlichkeit überzeugen mußte, und verfolgt er den Bettler noch bellend, nachdem dieser bereits Haus und Hof verlassen hat. Zwei- und vierbeinige behaarte und gefiederte Räuber und Diebe mögen sich vor dem Spitz in acht nehmen: gegen sie ist er mit Bewußtsein heftig, zornwütig, unerbittlich. Er verbeißt sich, und ob es ihm das Leben kosten möge, in der Wade des Diebes, kämpft ingrimmig mit dem Fuchs, weicht selbst dem Wolf nicht, und tötet den Habicht, der sich auf die Henne stürzte, falls dieser nicht durch schleunige Flucht sich rettet.

Alles beschützen, alles in Ordnung halten, das ihm Anvertraute mit unbestechlicher Treue hegen und Pflegen, scheint Lebenszweck des Spitzes zu sein. »In der Nähe eines vielbesuchten Badeortes mit schöner Umgebung«, so erzählte mir eine geistreiche und sinnige Frau, »lernte ich einen der wackersten Spitze kennen, der mir jemals vorgekommen ist. Wir wünschten einige der nächsten Aussichtspunkte zu besuchen und verlangten vom Wirt Weg und Steg zu wissen. ›Ich will Ihnen einen Führer mitgeben, auf den Sie sich verlassen können‹, bemerkte der Mann und rief seinen Hund herbei. ›Spitz‹, sagte er, ›du führst diese Herrschaften und zeigst ihnen alles   alles, hörst du!‹ Spitz antwortete durch Wedeln des Schwanzes, machte die Runde von einem Mitglied der Gesellschaft zum andern und setzte sich in Bewegung. Unter seiner Führung stieg man den Berg hinauf. Einige Gesellschaftsmitglieder blieben zurück. Spitz wartete, ruhig am Wege sitzend, bis sie herangekommen waren; eine andere Gesellschaft, die Tags vorher denselben Führer benutzt hatte, kam von oben herab, erkannte den Hund und lockte ihn an sich: Spitz wedelte freundlich dankend, blieb sich aber seines Auftrags bewußt und verließ die neuen Bekannten nicht. Rechts und links ab vom Weg führte er die ihm Anbefohlenen; auf jedem Aussichtspunkt blieb er sitzen, bis man sich zum Weitergehen anschickte; endlich kehrte er um. Er hatte seine Aufgabe glänzend gelöst, nichts versäumt, keinen schönen Punkt übergangen, kein Mitglied der Gesellschaft verloren. Sichtlich erfreut nahm er, zu Hause angelangt, das Lob seines Herrn und die Liebkosungen der von ihm Geführten entgegen.«

 

Nicht minder nützlich als die letztgenannten beiden macht sich der Eskimohund, der im ganzen Norden der Erde von den hier hausenden ungesitteten Völkerschaften als das wichtigste aller Haustiere angesehen werden muß. Er übertrifft unsern Schäferhund meist an Größe, unterscheidet sich von ihm auch sofort durch sein wolfsähnliches Ansehen, die aufrechtstehenden Ohren, den dicken Pelz, der im Winter förmlich wollig erscheint, und den listigen Gesichtsausdruck. Sein Auftreten bekundet Ungebundenheit und ein gewisses Maß von Freiheit, obgleich er diese nur zeitweilig genießt, da er anderweitig auch in der allerschändlichsten Knechtschaft lebt, die man sich denken kann. Der Eskimohund hat im ganzen Norden der alten Welt höchst ähnliche Verwandten und wird ebenso zum Hüten des Viehes wie zum Ziehen von Schlitten benutzt.

Der Eskimohund bringt fast sein ganzes Leben unter dem Joch zu; denn entweder muß er Schlitten ziehen oder Lasten tragen. Im Norden von Amerika und seinen benachbarten Inseln ist er wirkliches oder einziges Jochtier, das der Mensch dort sich zu eigen gemacht hat. Nur während der kurzen Sommerzeit gestattet ihm sein eigennütziger Herr eine gewisse Freiheit, während des Winters ist er vollendeter Sklave.

Einen wohlgenährten Eskimohund darf man ein schönes Tier nennen; leider aber wird ihm die Nahrung, wenn er sich nicht selbst solche verschafft, von seinem Herrn so sparsam zugemessen, daß er viele Monate hindurch mehr einem Gerippe als einem lebenden Wesen ähnelt. Sein Verhältnis zu dem Menschen ist eigentümlicher Art. Er weiß, daß er in Sklavenketten liegt, und versucht, diese Ketten zu brechen. Es ist etwas vom wölfischen Wesen in ihm, in leiblicher Hinsicht sowohl wie in geistiger. Dem arktischen Wolf gleicht er so sehr durch seine dichte Behaarung, die aufrechtstehenden Ohren, die Breite des Oberkopfes und die spitzige Gestalt der Schnauze, daß beide, aus einiger Entfernung gesehen, gar nicht unterschieden werden können. Während Parrys zweiter Polarreise wagte einst eine Jagdgesellschaft nicht, auf einen Trupp von zwölf Wölfen zu feuern, die einige Eskimos bedrohten, weil sie, über die Art der Tiere im Ungewissen, fürchteten, einige von den Hunden zu töten, die den einzigen Reichtum jener gutmütigen Menschen ausmachen. Der Eskimohund raubt und stiehlt wie nur einer, ist auf der andern Seite aber auch wieder so hündisch demütig, wie nur ein von Furcht gepeinigter Sklave es sein kann. Vor den Schlitten wird immer ein ziemlich starker Trupp gespannt, der unter Leitung eines älteren und erfahrenen Hundes seinen Weg verfolgt; von einer Lenkung des Schlittens nach unsern Begriffen seitens des Menschen kann keine Rede sein. Jeder einzelne Hund ist an einen Lederriemen gespannt, der vermittels eines höchst einfachen Kummets an ihm befestigt wurde. Eine Weile geht alles gut. Plötzlich aber geraten zwei von dem Gespann aus irgendwelcher Ursache in Feindschaft. Aus dem Knurren entsteht eine Beißerei; das ganze Gespann verwirrt sich in einen undurchdringlichen Knäuel; alles knurrt, bellt, beißt, wütet durcheinander, und nicht einmal die mit Macht geschwungene Peitsche des Schlittenführers bringt Ordnung in den Haufen. Endlich hat sich der Hundeballen so arg verwirrt, daß an keine freie Bewegung mehr zu denken ist, und nun liegt es dem Eskimo ob, die Tiere wieder zu entwirren und von neuem einzuspannen. Dann geht die Fuhre weiter, und die Peitsche wird etwas öfter gebraucht.

Ohne dieses Haustier würden die Eskimos nicht bestehen können. Die Hunde leisten ihnen alle denkbaren Dienste. Mit einer Bürde von 30 Pfund beladen, begleiten sie ihre Herren, wenn diese zu ihren langdauernden Jagden aufbrechen. Ihrer sechs bis acht ziehen einen Schlitten, der mit fünf bis sechs Personen oder mit einem Gewichte von 600 bis 800 Pfund besetzt ist, acht bis zehn Meilen weit in einem Tage. Nach langer Ruhe und guter Fütterung vor einen Schlitten gespannt, sind sie kaum zu zügeln und durchlaufen auf ebener Bahn mehr als zwei geographische Meilen in einer Stunde. Spüren sie ein Ren unterwegs, so rennen sie wie rasend in der Richtung desselben und ruhen nicht eher, als bis sie den Jäger schußgerecht an das Wild gebracht haben. Außerdem helfen sie bei der Seehund-, Bären- und Otterjagd, halten Wache, verteidigen ihren Herrn in Gefahr und leisten noch hundert andere Dienste. Und gleichwohl fühlen die Eskimos nicht die geringste Liebe zu ihnen, sondern betrachten sie höchstens als belebte Maschinen, die einzig und allein zu dem Zwecke geschaffen wurden, ihnen Dienste zu leisten. Ans diesem Grunde sind sie auch die unnachsichtigsten und grausamsten Herren, die die armen Tiere geradezu regelrecht quälen, sie Hunger und Durst leiden lassen, peitschen, mit Fußstößen behandeln und ihrer Geduld Dinge zumuten, die selbst einem Engel zu toll sein dürften. Daß die Hunde auch ihrerseits keine besondere Zuneigung zu ihrem Herrn zeigen, versteht sich ganz von selbst.

Wie gedachte Hunde und ihre Verwandten benutzt werden, hat trefflich schon Stelle geschildert: »Unter den zahmen Tieren auf Kamtschatka gebührt den Hunden wegen Altertums und Nutzens das Vorrecht, und machen sie allein die ganze Klasse der kamtschatkischen zahmen Tiere aus. Ohne diese Hunde kann so wenig jemand als an anderen Orten ohne Pferd und Rindvieh leben. Die kamtschatkischen Hunde sind verschiedenfarbig, hauptsächlich aber dreierlei: weiß, schwarz und wolfsgrau, dabei sehr dick- und langhaarig. Sie ernähren sich von alten Fischen. Vom Frühjahr bis in den späten Herbst bekümmert man sich nicht im geringsten um sie, sondern sie gehen allenthalben frei herum, lauern den ganzen Tag an den Flüssen auf Fische, die sie sehr behend und artig zu fangen wissen. Wenn sie Fische genug haben, so fressen sie, wie die Bären, nur allein den Kopf davon, das andere lassen sie liegen. Im Oktober sammelt jeder seine Hunde und bindet sie an den Pfeilern der Wohnung an. Dann läßt man sie weidlich hungern, damit sie sich von dem Fette entledigen, zum Laufen fertig und nicht engbrüstig werden mögen. Ihre Kost im Winter ist zweifach. Zur Ergötzung und Erstärkung dienen stinkende Fische, die man in Gruben verwahrt und versäuern läßt. Diese sauern Fische werden in einem hölzernen Troge mit glühenden Steinen gekocht und dienen ebensowohl zur Speise der Menschen als zum Hundefutter. Die Hunde werden zu Hause, wenn sie ausruhen, oder auf der Reise des Abends, wenn sie die Nacht über schlafen, mit diesen Fischen allein gefüttert: denn wenn man sie des Morgens damit füttert, werden sie von diesen Leckerbissen so weichlich, daß sie auf dem Wege ermüden und nur Schritt für Schritt gehen können. Das andere Futter besteht in trockener Speise, von verschimmelten und an der Luft getrockneten Fischen. Damit füttert man sie des Morgens, um unterwegs ihnen Mut zu machen. Die kamtschatkischen Hunde sind sehr leutescheu, unfreundlich, fallen keinen Menschen an und bekümmern sich nicht im geringsten um des Herrn Güter, gehen auch auf kein Tier oder Wild, aber stehlen, was sie bekommen, sind sehr furchtsam und schwermütig und sehen sich beständig aus Mißtrauen um, sie mögen tun, was sie wollen. Sie haben nicht die geringste Liebe und Treue für ihren Herrn; mit Betrug muß man sie an die Schlitten spannen. Kommen sie an einen schlimmen Ort, an einen steilen Berg oder Fluß, so ziehen sie aus allen Kräften, und ist der Herr genötigt, um nicht Schaden zu nehmen, den Schlitten aus den Händen zu lassen, so darf er sich nicht einbilden, solchen eher wieder zu erhalten, bis sie an einen Ruheplatz kommen, es sei denn, daß der Schlitten zwischen den Bäumen stecken bleibt, wo sie jedoch keine Mühe sparen, alles in Stücke zu zerbrechen und zu entlaufen.

Ungeachtet nun die Reise mit Hunden sehr beschwerlich und gefährlich, und man fast mehr entkräftet wird, als wenn man zu Fuß ginge, und man bei dem Hundeführen und Fahren so müde wie ein Hund selber wird, so hat man doch dabei diesen Vorteil, daß man über die unwegsamsten Stellen damit von einem Orte zum anderen kommen kann, wohin man weder mit Pferden noch, Wegen des tiefen Schnees, sonst zu Fuße kommen könnte. Sie sind außer dem Ziehen gute Wegweiser und wissen sich auch in den größten Stürmen, wo man kein Auge aufmachen kann, zurecht und nach den Wohnungen zu finden. Sind die Stürme so hart, daß man liegenbleiben muß, was sehr oft geschieht, so erwärmen und erhalten sie ihren Herrn, liegen neben demselben ein bis zwei Stunden ruhig und still, und hat man sich unter dem Schnee um nichts zu bekümmern, als daß man nicht allzutief vergraben und erstickt werde. Oft kommt es vor, daß ein Sturm einige Tage, ja eine ganze Woche fortwähret. Die Hunde liegen während dieser Zeit beständig still, wenn sie aber die äußerste Hungersnot treibt, so fressen sie Kleider und alle Riemen vom Schlitten ab, und man kann sich nicht genug über ihre starke Natur verwundern, worin sie die Pferde bei weitem übertreffen. So hat man auch vor den Stürmen allezeit die sicherste Nachricht von dem herannahenden oder kommenden Ungewitter durch die Hunde; denn wenn sie im Schnee graben und sich dabei legen, mag man, wofern zu weit von Wohnungen entfernt, sicherlich einen Ort sich aufsuchen, wo man vor dem Sturme sich verbergen kann.

Die kamtschatkischen Schlitten sind nach Kräften der Hunde und nach der gebirgigen Gegend dergestalt ausgedacht, daß solche der geschickteste Mechanikus nicht besser hätte erfinden können. Sie scheinen ihren Grund aus der Anatomie und Bildung des menschlichen Körpers zu haben. Oben ist ein länglich-hohler Korb, der aus lauter gebogenen Hölzern und zwei dünnen, langen Stöcken besteht, daran dieselben mit Riemen festgebunden sind. Dieses Gegitter nun ist überall und auf allen Seiten mit Riemen umwunden und biegt sich alles daran, ohne zu zerbrechen; bricht auch ein Hölzchen, so lassen doch die Riemen den Korb nicht auseinanderfallen. In diesen Korb Packt man fünf Pud schwer, und wenn ein Mensch darauf sitzt, kann man noch zwei Pud sehr bequem mit sich führen. Dieser Korb ist auf zwei krummgebogene Hölzer aufgebunden, die Wiederum auf den Schlittenläufern festgemacht sind. Letztere sind nicht über ein Drittel Zoll dick, der ganze Schlitten aber wiegt nicht über sechzehn Pfund. Obgleich nun daran alles so dünn und biegsam ist, so widerstehen die Schlitten doch solcher Gewalt, daß man sich nicht genug darüber Wundern kann. Man fährt damit öfters dergestalt an Bäumen an, daß sich der Schlitten fast doppelt zusammenbiegt und doch keinen Schaden leidet. Man fährt damit über die höchsten Gebirge und steilsten Klippen und behält allezeit soviel Kräfte, daß man den Schlitten erhalten oder vor allem Sturz und Fall bewahren kann. Man sitzt darauf mehrenteils auf einer Seite, um zugleich bei einer gefährlichen Stelle von demselben herabspringen zu können. Zuweilen setzt man sich auf mehreren Orten darauf wie auf ein Pferd. Die Hunde laufen ihren Weg, will man zur Linken, so schlägt man mit dem Stock zur rechten Seite an die Erde oder an den Schlitten, will man zur Rechten, schlägt man an die linke Seite des Schlittens! will man stillhalten, steckt man den Stock vor den Schlitten in den Schnee; fährt man einen steilen Berg hinab, so steckt man den Stock in Schnee zwischen das Vorderbogenholz und hemmt dadurch ein. Ungeachtet man nun fährt, so wird man doch ebenso müde, als wenn man zu Fuß ginge, weil man die Hunde beständig zurückhalten, bei schlimmen Wegen vom Schlitten abspringen, daneben herlaufen und den Schlitten halten muß; fährt man einen Berg hinauf, so muß man ohnedies zu Fuße gehen. Außer den Sturmwinden werden die Hundereisen gefährlich und beschwerlich wegen der vielen Flüsse, die selten in dem härtesten Winter zufrieren, oder bei gelinder Witterung aller Orten gleich wieder auftauen, und hat man folglich immer zu befürchten, hineinzufallen und zu ertrinken, was auch alle Jahre geschieht. Noch eine Beschwerde Verursachen die dichten Wälder, durch die man fahren muß. Selten trifft man einen geraden Baum an, sondern fährt zwischen den Ästen und Zweigen dahin, dabei man immer in Sorge steht, Arme und Beine zu zerbrechen oder die Augen aus dem Kopfe zu verlieren. überdies haben die Hunde die schelmische Eigenschaft, daß sie aus allen Kräften ziehen und laufen, wenn sie an einen solchen Wald, Fluß oder steilen Abhang kommen, weil sie wissen, daß sie ihren Herrn herabwerfen, den Schlitten zerbrechen und auf diese Art von der Last, zu ziehen, befreit werden können.

Der andere Hauptnutzen der Hunde, weshalb sie auch so häufig gehauen und gezogen werden, ist, daß man sowohl den abgelebten Schlittenhunden wie den zur Fahrt untauglichen die Häute abnimmt und Kleider daraus macht, die in dem ganzen Lande von großem Nutzen und großem Werte sind. Diese Kleider haben vor dem übrigen Pelzwerk folgende Vorzüge: erstens sind sie die prächtigsten Staats- und Feiertagskleider von uralten Zeiten her, zweitens sind die Hundefelle sehr warm, drittens sehr dauerhaft, da sie in den größten Strapazen wenigstens vier Jahre aushalten, während ein Renntier- oder Mufflonfell einen Winter dient und dann kahl wird; viertens brauchen diese Kleider nicht so sehr wie andere in acht genommen zu werden: sie lassen die Haare nicht fahren und sind allezeit trocken.«


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