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Zweiter Act.

Offener Platz vor der Burg zu Wien. Im Hintergrunde in der Mitte das verschlossene Eingangsthor. Links vorne eine uralte Linde. Gegen Abend.

Erste Scene.

Ein Schenkwirt mit seinen Gesellen, einer trägt Stangen und Zeltleinwand, der andere führt einen Hundewagen mit einem stattlichen Fass darauf und etliche Stangen mit Bretzeln.

Der Schenkwirt.

Hier schlag' das Zelt auf, Naz.

(Deutet auf den rechten Vordergrund.)
(Zum anderen Gesellen:)

Lad' ab das Fass.

(Seine Befehle werden befolgt.)

So. Hier den Kessel mit den heißen Würsten.
Und hier die Bretzelstangen! Und jetzt führ'
Den Frischauf mit dem Wagen fort. Es gibt
Ein mörderisch' Gedräng'. Du Esel, Du,
Du nimmst mir ja die Becher wieder mit.
Gib her. Sind sie auch blank geputzt? Na, geh' jetzt.

(Zum ersten Gesellen:)

Du pflanz' die Stange mit dem Busch'n auf.
Jetzt darf der Kaiser kommen, ich bin fertig.

(Stellt sich in Positur unter das Zelt neben das Fass hinter den Schanktisch.)

Warm ist's gehörig.

(Wischt sich die Stirne.)

Dass noch niemand da ist.

Geselle.

Der Kaiser ist noch bei den Minoriten,
Wo König Ottokar im Sarge liegt, –
Um dort für seine arme Seel' zu beten.

Der Schenkwirt.

Da kommen drei daher. Bald wird's lebendig.

( Drei Bürger treten auf. Der eine ist ein buckliger Schneider, der zweite sehr dick, sieht wie ein Bäcker aus, der dritte lang und schmächtig, sieht kränklich aus, spricht mit hoher Stimme.)

Der Dicke.

Nein, wie ich schwitz'!

Der Lange.

Das war auch ein Gedräng'
Drin in der Kirch'. Ich hab' mich nur gefragt:
Wo kommen sie nur her, die vielen Leut'?

Der Schenkwirt.

Ihr Herren, sind heiße Würst' gefällig?

Der Dicke.

Um Gott! Bei dieser Hitze heiße Würst'!
Gebt mir ein Seidel Wein.

Der Schenkwirt.

Vielleicht gewässert?

Der Dicke.

Gebt ihn nur pur! Gewässert ist er so!

(Während der obigen Reden sind andere gekommen, der Platz wird lebendig.)

Der Schenkwirt (ruft aus):

Hier heiße Würste! Wein und heiße Würste!
Ist's nicht gefällig?

Der Geselle.

Frische, resche Bretzeln!

Alter Bürger (kommt mit seiner Frau, Tochter, Schwiegersohn und sechs Kindern).

Schnell, Kathi, schnell! Dass wir noch Plätz' erwischen!

Der Schwiegersohn.

Da, Mutter, stellt Euch her, da seht Ihr's gut.

Die alte Frau.

Sind alle Kinder da? Wo ist der Toni?

Die junge Frau.

Ich führ' ihn an der Hand.

Der kleine Toni.

Ich will ein Bretzel!

Die junge Frau (zum Mann).

Geh', kauf' ihm eines, dass er still ist!

Geselle.

Bretzeln
Und heiße Würst'!

Alter Bürger.

Schau, schau! Ein Haufen Leut'
Kommt über's Feld gerannt!

Der Lange (zu seinen Genossen).

Aha, die haben
Den Kaiser aus der Kirche kommen seh'n,
Und wollen seh'n, wie er die Burg bezieht.
Der Wiener muss bei allem doch dabei sein!

Der Bucklige.

Seid Ihr nicht auch dabei?

Der Lange.

Das ist was And'res.
Ich schau nur zu, wie andere dabei sind.

(Ein Schwarm von Menschen, jung und alt, Männer, Knaben, Frauen und Mädchen, stürmt und drängt ungestüm von links herein.)

Die alte Frau (wird gedrängt).

Nein, so was, so was!

Der alte Bürger.

So ein Durcheinander!
Ist denn kein Wächter da?

Junges Frauenzimmer.

Wenn's Euch nicht recht ist,
Wär't Ihr zu Haus geblieben!

Geselle.

Resche Bretzeln
Und heiße Würst'!

Der Lange.

Mir scheint, sie kommen schon
Da kommt der Leupold aus der Herrengasse!

Der Dicke.

Uj, wie der schnauft!

Der Bucklige.

Wie der sich patzig macht;
Wenn der nicht da wär', könnt's ja gar nicht geh'n!

Leupold (stattlicher Mann, zu einigen, die ihn dienstfertig umstehen)

Sind alle Spielleut' da? Sie sollen sich
Aufstellen

(Rechts und links vom Thor deutend)

hier und hier. Wenn dann der Kaiser
Die Burg betritt, so geh'n sie ihm voraus
Und spielen ihm den Willkomm.

Ein Begleiter.

Wissen schon.

Leupold.

Herr Gott! Der ganze Platz ist ja voll Leut',
Da ist kein Raum mehr für die Majestät
Und ihr Gefolg'!

( Tritt vor.)

Ich bitt' Euch, liebe Leut',
Hier Platz zu machen. Seine Majestät
Kann sich doch durch das Volksgewühl nicht drängen!

Der Bucklige.

Der bild't sich ein, er ist der Kaiser selbst.

( Niemand weicht vom Platz.)

Leupold.

Da kommen Waffenknechte.

( Zu den Kommenden:)

Macht hier Ordnung.

Der Anführer.

Hell'barten nieder! Drängt das Volk zurück!

( Gedränge, Geschrei.)

Geschrei ( von draußen).

Vivat der Kaiser!

Der Schwiegersohn.

Hört! Sie kommen schon!

( Die Menge wird erwartungsvoll ruhig.)

Der Bucklige ( leise zum Langen).

Seht Ihr die Wiener? Keine Woch' ist's her,
Da hat's geheißen: Vivat Ottokar!
Und heute heißt's: Vivat der Kaiser!

( Geschrei draußen.)

Der Lange.

Nun,
Was wird jetzt?

Der Bucklige.

Was soll werden?

Der Lange.

Werden wir
Habsburgisch werden jetzt?

Der Bucklige.

Schon möglich.

Der Lange.

Na,
Wenn erst der Habsburg hier das Regiment hat,
Darf man auf bess're Zeiten hoffen.

Der Bucklige.

So?

Der Dicke.

Ich sag' nur eins: Schad' um den Ottokar!
Ein fescher Herr und hat kein Geld gespart!

(Das Volksgeschrei nähert sich.)

Da sind sie schon! Vivat der Kaiser!

Allgemeiner Ruf.

Vivat!

Zweite Scene.

Kaiser Rudolf von Habsburg, in der Rüstung mit Kronenhelm, glänzendes ritterliches Gefolge, hohe Geistliche, vornehme Bürger, darunter Leupold. Unter den Rittern Heinrich von Liechtenstein, Grifo im Gefolge.

Rudolf ( zu Leupold).

Lasst nur das Volk! Das stört mich nicht. Ich bin
Nicht Kaiser worden, um mich abzusondern.

Die alte Frau ( leise).

Ein fescher Mann noch immer!

Der Schwiegersohn.

Sechzig Jahr'!
Man sollt's nicht glauben!

Die junge Frau.

Und wer ist denn das,
Der mit dem weißen Bart?

Der alte Bürger.

Der Liechtenstein,
Der hat den Kaiser in das Land gerufen.

Rudolf.

Herr Leupold!

Leupold.

Gnäd'ger Herr.

Rudolf.

Ihr meinet also,
Dass sich nach einem Herrn die Lande sehnen?

Leupold.

Die Lande sehnen sich nach Ruh', und Ruhe
Gibt ihnen nur ein starkes Regiment.

Rudolf.

Und wer soll's führen, dieses Regiment?
Sagt Eure Meinung frei heraus. Er brauchte
Nicht aus dem Hause Habsburg just zu sein.
Wie wär's denn mit dem Bayerherzog?

Leupold.

Nein!

Rudolf ( mit einem Lächeln).

Warum denn: Nein?

Leupold.

Wir sind … Wie soll ich sagen …?
Seid Ihr je an der See gewesen, Herr?

Rudolf.

Nie, doch sprecht weiter.

Leupold.

Seht, der Küstenstrich,
Der ist was and'res, als das Land dahinter,
Der ist ein Ding für sich; so ist auch Östreich
Ein eig'nes Land für sich, ein Küstenland,
Daran die Völkerflut des Ostens brandet.

Rudolf.

Und braucht darum auch einen eigenen Herrn.

( Nach einigem Sinnen.)

Seht, wie ich gestern durch das Marchfeld hinritt, –
Sie trugen still vor mir des Ottokar
Entseelten Leichnam –, hat es mein Gemüth
Im Innersten ergriffen, dass dies Land,
Das Gott so wunderbar geschaffen hat,
Darin zu wohnen und beglückt zu leben,
Ein Schlachtfeld nur soll sein und eine Beute
Für Völker, die sich wechselnd drum bekriegen.
Und als ich beiderhand am Wege sah
Brandmauern wüstgelegter Bauernhöfe,
Verlass'ne Äcker, drauf das Unkraut wuchs,
Da stiegen mir die Thränen in die Augen,
Und war mir, als ob rings das arme Land,
Das still im Strahl der Abendsonne lag,
Laut zu mir schrie um Hilf' und um Erlösung.
Und als ich nachsann, wie zu helfen, dacht' ich,
Dass es doch für ein christlich Fürstenhaus
Ein gottgefällig Unternehmen wäre,
Ein stattlich Reich zu gründen in den Landen,
Ein tüchtig Bollwerk, eine starke Burg,
Daran die Flut der Völker sich zerbräche
Und die das Reich beschirmte vor dem Feind.
Und also denkend, kamen meine Söhne
Mir in den Sinn, der Hartmann und der Albrecht,
Und ob das nicht ein Probstück wär' für sie,
Die junge Stärke schaffend zu bewähren.

Leupold.

O Herr! Ein Samenkorn ist der Gedanke,
Das Gott in Eure fromme Brust gestreut!
Macht ihn zur That, erbarmet Euch der Lande!

Rudolf.

Und denken alle so wie Ihr?

Leupold.

Nicht alle.
Es hiengen viele fest an Ottokar.
Doch wer sie zu behandeln weiß, der hat sie.

Rudolf.

Wird denn die Gunst der Wiener schwer errungen?

Leupold.

Ist just nicht schwer; ist manchem schon gelungen.
Zufrieden freilich ist der Wiener selten,
Es reizt ihn, was er liebt und ehrt, zu schelten;
Der Galle Schwarz, der Liebe gold'ne Flammen
Sind dicht im wien'rischen Gemüth beisammen.
Und drum, wenn ich ein Farbensinnbild wähle,
So sei es – Schwarzgelb für die Wienerseele.

Rudolf ( zu Liechtenstein).

Und Ihr schweigt so beharrlich, edler Herr?
Ihr redet nicht, nur Eure Augen reden.

Liechtenstein.

Erhab'ner Herr! Ich bin ein alter Kriegsmann,
Beim Waffenhandwerk bin ich grau geworden,
Doch sag' ich Euch: die österreich'schen Lande
Bedürfen eines Herren, der als Scepter
Den grünen Zweig des holden Friedens trägt.
Ein glänzender, ruhmreicher Kriegesfürst,
Wie jener Friedrich war, der streitbar hieß,
Taugt nicht für sie. Wohl muss er eine Faust
Von Eisen haben, dass der Feind, der einmal
Sie fühlte, nicht zum zweitenmale komme.
Doch muss es einer sein, erhabener Herr,
Dem's Freude ist, zu roden und zu pflanzen,
Dem jeder Sumpf, den er getrocknet hat,
Dem jeder Wildbach, den er eingedämmt,
Und jeder neue Weg, den er gebahnt,
Mehr gilt, als eine Schlacht, die er gewonnen,
Und jedes Kind, das lesen kann und schreiben,
Von höher'm Wert ist, als ein reis'ger Krieger.
Denn jung ist hier im Land noch die Gesittung;
Und darum, sag' ich, muss der Herrscher sein
Vom Schlage seiner starken Urbesiedler,
Die fruchtbar Menschenland der alten Wildnis
Durch deutsche Männerarbeit abgerungen.
Mit einem Wort: ein echter deutscher Mann,
Wie Ihr seid und die Prinzen Eures Hauses,
Ein deutscher Fürst muss walten in den Landen,
Wo Rüdeger von Pöchlarn Markgraf war,
Wo Walther von der Vogelweide sang,
Wo liederfroh die Babenberger blühten!

Rudolf.

Ich dank' Euch, dass Ihr Eure Meinung redlich
Habt offenbart und will's in mir erwägen.
Der Himmel möge gnädig uns erleuchten,
Dass wir das Rechte wählen und beschließen.

( Erblickt Grifo.)

Da seid Ihr ja, mein lieber Junker aus
Der Steiermark! Es freut mich, Euch zu seh'n.

( Klopft ihn auf die Schulter.)

Grifo.

( Verblüfft.)

Ihr kennet mich, Herr Kaiser …?

Rudolf.

Wart Ihr nicht
Auf einer Gamsbirsch in der Steiermark –
Zwei Jahr' sind's her – mein Führer und Begleiter?

Grifo.

Wie, gnäd'ger Herr, das wisst Ihr noch?

Rudolf.

Beim Kreuz!
Solch' eine Birsch vergisst man nicht so leicht.
Bei Donner, Sturm und Regen …

Grifo.

War's nicht schön?

Rudolf.

Ja, eh das böse Wetter kam. Ganz Östreich
Lag ausgebreitet vor mir da … dann aber!
Doch Sanct Hubertus half uns aus der Noth
Und Euer sich'rer Kopf und Tritt. – Ich höre
Hier von Herrn Leupold, meinem wackern Freund,
Ihr wollt Habsburg'scher Jägermeister werden,
Und Leupolds Töchterchen zum Ehweib nehmen.

Grifo.

So ist es, hoher Herr, allein …

Rudolf.

Nun, was?
Hat's einen Haken?

Grifo.

Gnäd'ger Herr, erlaubt,
Dass Euch die Anna selbst …

Rudolf.

Ei, herzlich gern.

( Zu Leupold.)

Wo steckt denn Euer Töchterchen, Herr Leupold?

siehe Bildunterschrift

Einzug Rudolfs von Habsburg in die Burg

Leupold.

Dort steht sie wartend mit den Ehrenjungfern,
Euch einen Strauß zu überreichen.

Rudolf.

Wartend?
Komm' nur heran, mein Kind.

Anna.

Herr Kaiser, nehmt
In Gnaden diesen Strauß zum Willkomm an.

(Überreicht knixend den Strauß.)

Rudolf.

Ei, schönsten Dank! Ich hör', Du willst was bitten.

Anna.

Macht doch Herrn Grifo ja zum Jägermeister,
Sonst gibt ihn mir der Vater nicht zum Mann.

Rudolf.

Wenn Österreich an Habsburg fällt, warum nicht?

Anna.

Ach, lasst doch Österreich an Habsburg fallen!

Rudolf (heiter).

So schön! Ich soll wohl Reich und Staat hier gründen,
Damit die Anna ihren Grifo kriegt?
Nun, nun, wir wollen seh'n. – Doch jetzt, ihr Herrn,
Möcht' ich zur Ruhe geh'n. Hab' viele Wochen
Nicht unter Dach geschlafen und bin müd' –
Und hung'rig auch …

Leupold.

Ein Mahl ist drin gerüstet.

Rudolf.

Ein Mahl? Das klingt so feierlich. Ich esse
Zu Nacht nur leichte Kost.

(Sieht die Bretzel.)

Ah, dort die Bretzel!
Die seh'n so braun aus und so appetitlich,
Als kämen sie frisch aus dem Ofen. – Gebt!

(Der Schenkwirt überreicht eines.)

Vortrefflich! Seid Ihr Wiener Leckermäuler!
Auch einen Becher Wein!

(Trinkt.)

Der Wein ist gut,
Ein bisschen herb wohl, doch das stillt den Durst.

(Trinkt aus.)

Was bin ich schuldig?

Der Schenkwirt.

Hoher Herr, zwei Batzen.

Rudolf (sucht).

Und hab' kein Geld! Das macht der leid'ge Krieg!
Herr Leupold, zahlt für mich!

Volk.

Vivat der Kaiser!

Alte Frau.

Wie lieb der Kaiser ist!

Junge Frau.

Und so gemüthlich!

Der Dicke.

Und so ein hoher Herr!

Volk.

Vivat der Kaiser!

Leupold (leise, zu einem Begleiter).

Die Spielleut' vor! Sag' dem Herrn Schottenabt,
Dass er sich fertig macht, der Kaiser kommt schon!

Rudolf.

Und jetzt, Ihr lieben Wiener, gute Nacht!

Stimmen.

Gutnacht, Herr Kaiser! Gute Nacht! Schlaft wohl!

Frauenstimme.

Lasst Euch was Gutes träumen!

Stimmen.

Bleibt bei uns!

Viele Stimmen.

Ja, bleibt bei uns in Wien! Seid unser Herzog!

Leupold.

Hört Ihr das Volk?

Rudolf.

Ihr, meine lieben Leut'!
Hier bleiben soll ich?

(Stürmische Zurufe.)

Muss ich mich schon heut'
Entscheiden? Auf dem Fleck?

(Gelächter.)

Dass ich gern blieb,
Versteht sich! Wen bewegt nicht so viel Lieb'?
Doch so was muss geprüft sein und bedacht!
Und wisst, wir Habsburgs haben schon als Grafen,
Eh wir was Neu's begonnen und vollbracht,
Wie jeder gute Wirt, es erst beschlafen!

Rufe.

Gut schlafen! Träumt was Gut's! Vivat der Kaiser!

Inzwischen hat es zu dunkeln begonnen. Nun öffnet sich, nachdem sich der Zug, voran die Spielleute, geordnet hat, das Burgthor. Innen Helle. Der Schottenabt im Ornat mit geistlicher Assistenz erscheint im Thor; Sängerknaben singen leise einen Chor, während

Der Schottenabt vortritt und spricht.

Erhab'ner Kaiser, Euern Eingang segne
Die höchste Allmacht!

(Zum Volk.)

Bittet alle Gott,
Dass Habsburg bei uns bleiben mög' und wohnen,
Und dass die Heil'gen Segen mögen spenden
Dem Einzug Habsburgs in die Burg zu Wien!

(Alles Volk ist niedergekniet. Über der Burg erscheinen leuchtende Gestalten von segnenden Heiligen, in der Mitte St. Leopold, rechts und links von ihm St. Georg und St. Hubertus. Die Spielleute fiedeln und blasen, nachdem der Gesang der Knaben verhallt ist. Der Kaiser geht mit dem Gefolge in die Burg, aus welcher die Musik leise erklingt.)

Volk.

Vivat der Kaiser! Vivat! Vivat! Vivat!

Verwandlung.

Der Zwischenvorhang fällt, die Spielmannsweise dauert fort. Wenn der Vorhang wieder aufgeht, klingt die Weise hinter der Scene. Das Schlafzimmer des Kaisers. Links hohes, geschlossenes Fenster, Lehnstuhl, Tisch, links das Bett, Mitte rückwärts ein mächtiger Kamin, daneben Eingangsthüre, durch welche erst die Spielleute und dann der Kaiser mit seinem Gefolge, das theilweise draußen bleibt, eintreten.

Dritte Scene.

Rudolf, Leupold, Gefolge, Berthold.

Leupold (nachdem die Musik verstummt ist).

Mein kaiserlicher Herr! Man glaubt bei uns,
Dass, was man träumet in der ersten Nacht
In einer neuen Wohnung, sich erfüllt.
Mögt Ihr so träumen, dass Ihr bei uns bleibt
Und uns're heißen Wünsche sich erfüllen.
Gutnacht, mein Herr und Kaiser!

Rudolf.

Wecket mich um fünf
Mit einer Jagdfanfare! Gute Nacht.

(Verabschiedet alle. Alle ab. Nur Berthold bleibt beim Kaiser. Nur ein Licht brennt. Das Geräusch der Fortgehenden verhallt. Tiefe Stille. Später scheint der Mond durch das Fenster.)

Vierte Scene.

Rudolf, Berthold.

Rudolf.

Endlich mit mir allein! Na, Gott sei Dank;

(Zu Berthold.)

Mein alter Berthold, komm', entwaffne mich.
Den Kronenhelm vor allem und den Harnisch.

(Berthold nimmt ihm Helm und Harnisch ab, er zieht sich die Panzerhandschuhe aus, aufathmend:)

Die Panzerhandschuh' auch!

(Streckt sich.)

Ah, das thut wohl!
Da liegt der Kaiser, Mensch, nun ruh' dich aus.

(Ist zum Bett getreten, befühlt das Kissen.)

Hu, was für weiche Federkissen! Und
Die Decke gar, so wollig und so mollig!
Die Wiener wollen mich verwöhnen, scheint's!
Fort mit dem Zeug! Mach' mir mein Lager, Alter,
Wie ich's gewöhnt, hübsch hart und kühl.

(Während Berthold das Bett richtet.)

Ich bin
Rechtschaffen müd'. Wir haben viel erlebt
In diesen Wochen: Märsche, Sorgen, Schlachten,
Zuletzt der große Sieg und heut' der Einzug
Mit all den Reden, thöricht und gescheit;
Das flirrt und klingt mir nun in Aug' und Ohr,
Und muss doch alles aus dem Sinn mir schlagen,
Um rein die inn're Stimme zu vernehmen,
Die mir gebieten soll, ob ich die Lande,
Dem Ottokar entrissen, meinem Haus
Für alle Zeit verbinden soll, ob nicht …

(Berthold nähert sich ihm)

Was willst Du noch –? Ja so! Die Schienen und
Die Eisenschuh'!

(Setzt sich, Berthold zieht ihm Beinschienen und Schuhe aus. Rudolf hat die Augen ein wenig geschlossen.)

Wenn ich mein Auge schließe,
Seh' ich das Todtenantlitz Ottokars,
Auf dem mein Blick vergang'ne Nacht geruht.
Ein Held, ein großer König, hingeschmettert
Von Gottes Strahl! Wer, so wie ich, auf große,
Gewalt'ge Dinge sinnt, wer sein Geschlecht
Erheben will zur Sonnenhöh' der Macht,
Die dauern soll im Sturm der Zeit, – für den
Ist solch ein Antlitz eine Gottesschrift,
Zu lesen und zu deuten schwer, doch reich
An Sinn und Warnung …

(Zu dem vor ihm knienden Berthold, der sein Geschäft vollendet hat.)

Berthold, schau mich an
Mit Deinen klaren, klugen Schwabenaugen,
Du denkst nicht viel, allein Du fühlst gesund,
Und gerne hör' ich stets den schlichten Mann,
Der ohne Gründe oft das Rechte trifft.
Was meinst? Sie dringen in mich, diese Lande
Mit meinem Hause zu verbinden, hier
Ein Reich zu gründen unter Habsburgs Scepter –
Was schüttelst Du den Kopf? Sag', was Du meinst.

Berthold.

Lasst's lieber sein, Herr Graf – heißt das, Herr Kaiser.

Rudolf.

Behagt's Dir nicht in Österreich?

Berthold.

Das schon!
Behagen thät' mir's schon. Das Land ist schön.
Die Leut' sind auch nicht übel, schmausen, trinken
Und tanzen gern; wohin man horcht, Gesang.
Das wirkt der gute Wein, 's ist gar nicht schlecht hier.

Rudolf.

Warum denn also …?

Berthold.

Weil's nicht Schwaben ist,
Weil's nicht die Heimat ist. Hier seid Ihr fremd,
Dort kennt Euch jedes Kind und hat Euch gern.
Haus Habsburg, wisst Ihr, ist ein alter Stamm,
Den soll man nicht versetzen, weiß doch niemand,
Ob er auch Wurzel greift in fremder Erde.
Und, thut er's, dann seid Ihr hier festgewachsen
Und habt kein Herz mehr für die alte Heimat,
Gehört mit Leib' und Seel' den Österreichern –
Das taugt uns nicht. Schon mit der Kaiserkrone
Habt Ihr Verdruss genug Euch aufgehalst.
Ihr seid schon an die sechzig Jahr', Herr Kaiser,
Vergesst das nicht.

Rudolf.

Ich will die Lande auch
Nicht selbst behalten, sondern meinem Ält'sten,
Dem Hartmann, geben.

Berthold.

Dem? Wenn den die Wiener
Zu seh'n bekommen, lassen sie gewiss
Ihn nicht mehr los. Der Hartmann! Ja, ich glaub's,
Dass sie sich den zum Herzog wünschen! Der,
Mit seinen lieben, blauen Augen, seinem
Gemüthlich offnen Wesen, seinem Herzen
Voll Frohsinn und Gesang, mit seinem hellen,
Gesunden Witz, der wäre für dies Volk
Der rechte Herr! Der Hartmann!

Rudolf.

Und mein Albrecht
Passt nicht dazu …?

Berthold.

Ein strenger, weiser Herr,
Staatsklug und stark, doch nicht so, wie der Hartmann!
Wenn dem ein Volk ins helle Antlitz schaut,
So hofft es eine neue, gold'ne Zeit.
Wie gut, dass Ihr ihn nicht mit Euch genommen,
Sie ließen ihn nicht wieder zieh'n. – Herr Kaiser,
Lasst Euch nicht fangen von den Österreichern
Und bleibt mit Eurem Stamm, was Ihr gewesen,
Eh Ihr die deutsche Kaiserkrone nahmt:
Ein schwäbisch' Grafenhaus!

Rudolf.

Hab' Dank, mein Berthold,
Für Deinen Rath. Gutnacht!

Berthold.

Gutnacht, Herr Kaiser.

(Ab.)

Fünfte Scene.

Rudolf (allein).

Der Hartmann …! Hält' ich ihn doch hier! Der ist
Wie Frühroth und wie Morgenluft. Wer altert,
Der sollte stets was Junges um sich haben,
Um nicht den Sinn des Lebens zu verlernen.
– Schon an die sechzig Jahr'! Verwunderlich.
Ob ich wohl ausseh' wie ein alter Mann?
Seit Jahren sah ich nicht in einen Spiegel …

(Betrachtet seine Hand.)

Die Hand ist alt …, doch sehnig, stark und knochig.
Sie hat geschafft genug, hat zugegriffen
Und zugeschlagen, Schwert geführt und Scepter,
In Feuer hat sie sich getaucht und Blut
Und manchen starren Nacken schon gebrochen.
Drum ist sie nicht so glatt und weich wie einst …
Sie ist ja eines Pflügers Hand, der treu
Und rüstig mit der Pflugschar des Gesetzes
Die deutsche Erde, die verwilderte,
Aufs neue urbar machte. Ackern möcht' ich
Auch diese schönen Lande, wo die Scholle
Jungfräulich ist und tief, und in die Furchen
Das gold'ne Saatkorn edler Zucht und Sitte
Mit vollen Händen streu'n, ein deutscher Pflüger …
Mein alter Berthold, Deine Worte waren
Wie Heimatlüfte, wie Getreideduft
Im Thal der Reuß, wie der melod'sche Kuhreih'n
Der nahen Schwyzerberge … Alte Habsburg,
Du Adlerhorst der Größe meines Hauses,
Dürft' ich nur eine Nacht in deinen Mauern
Ausschlafen von der heißen Lebensarbeit,
Ich wär' verjüngt zu neuen Schöpferthaten!
Nun muss ich ruh'n im leergestorb'nen Heim
Der Babenberger, ihre Schatten drängen
Den fremden Gast hinaus …

(Geht zum Bett, des er sinnend betrachtet.)

In diesem Bett
Lag noch vor einer Woche Ottokar,
Der heute Nacht im Dom der Minoriten
Auf blut'ger Bahre schläft! – Hier schlaf' ich nicht.
Im Lehnstuhl will ich nicken und nur denken,
Ich ruhe in der Habsburg, und mein Hartmann
Bewache, zärtlich sorgend, meinen Schlummer.

(Setzt sich in den Lehnstuhl und nickt ein.)

(Leise erklingt die Melodie des Kuhreihens. Die dunkle Wand über dem Kamin im Mittelgrunde des Schlafzimmers wird durchsichtig und hell, die Habsburg erscheint, wie vom Morgenroth beleuchtet; Pause; der Kaiser schlummert.)

Sechste Scene.

Rudolf, Stimme des Nachtwächters. Nachher der Hausgeist der Habsburg.

Stimme des Nachtwächters (von außen).

Ihr lieben Leute, lasst Euch sagen,
Der Hammer wird elf schlagen!
Unaufhaltsam geht die Zeit,
O Mensch, gedenke der Vergänglichkeit!

(Die Burguhr schlägt elf, beim ersten Schlage bewegt sich der Kaiser, der Kuhreihen verstummt und das Traumbild erlischt, neben dem Kamin ist undeutlich eine Gestalt zu sehen.)

Rudolf (im Schlafe).

Ist jemand hier –?

Die Gestalt, ein graues Männlein, huscht unhörbar vor den Kaiser hin.

Rudolf.

Wer bist Du –?

Die Gestalt.

Kennst mich nicht?
War Dir doch Freund und Hausgenoss'
In der Habsburg, dem traulichen Schloss?

Rudolf (schüttelt verwundert das Haupt).

Die Gestalt.
Sahst Du mich nie vor vielen Jahren,
Da Deine Söhne noch Kinder waren,
In der Stube mit ihnen spielen
Auf den sonnenbeschienenen Dielen? –
Später, als es die rüstigen Buben
Nicht mehr litt in den engen Stuben,
Wer schlich ihnen beschützend nach
Wie ein Kätzlein, heimlich, verstohlen,
Auf der Habsburg Thürme und Dach
Zu den Nestern der Falken und Dohlen?
Weißt Du es nicht mehr, wer das war?
Bin ich vergessen ganz und gar?
Das ist also dafür der Dank,
Dass ich Dir immer eigenhändig
Rappen und Rüstung gestriegelt blank?
Dass ich gewacht und gesorgt beständig,
Dass nur ja das Deine gedieh,
Dass Deine Habe sich bess're und mehre,
Korn und Linnen, Knechte und Vieh,
Zu des Hausherrn Freude und Ehre?
Na, wer werd' ich denn sein –? Bin freilich
Sterblichen unsichtbar zumeist,
Dennoch find' ich es unverzeihlich,
Habsburg, dass Du es noch nicht weißt!

Rudolf.

Ja, wer bist Du denn, niedlicher Kleiner …?

Hausgeist.

Bin der Hausgeist der Habsburg ja!

Rudolf.

So! Der bist Du! Da seh' einmal einer …!
Aber sag' mir, was machst Du denn da,
Hier in der alten Burg zu Wien?

Hausgeist.

Bin übersiedelt in diese Stadt,
Weil mir ein Bote Gottes erschien,
Der's mir ernstlich befohlen hat!
War ein Ritter, gar glänzend und heilig,
Dem auf der flachen linken Hand,
Wie ein Spielzeug, ein Kirchlein stand;
Dieser schickte nach Wien mich eilig.
Bin gekommen, mich Dir zu zeigen,
Vor dem Burgherrn mich zu verneigen.

(Verneigt sich ehrerbietig.)

Werde hier nun schalten und walten
Und Dir das Deine zusammenhalten.
Auf dem Bett hier strecke Dich aus.

(Führt ihn zum Bette, auf welches Rudolf sich legt.

's ist ja das Deine, fühl' Dich zu Haus!
Sieh, nun deck' ich Dich selber zu,

(Thut es.)

Öffne das Fenster der nächtlichen Frische,

(Thut es.)

Lösche das Licht aus auf dem Tische,

(Thut es.)

Wünsche Dir eine gesegnete Ruh'.
Bis der strahlende Tag erwacht,
Schlafe süß! Gute Nacht! Gute Nacht!

(Verschwindet.)

(Tiefe Stille; der Mond scheint hell durch das auf der linken Seite befindliche Fenster.)

Stimme des Nachtwächters (von außen).

Ihr lieben Leute, lasst Euch sagen,
Der Hammer wird zwölf schlagen!
Alles schwindet in der Zeit,
Dauer ist nur in der Ewigkeit!

(Auf der Burguhr schlägt es zwölf. Nach dem zwölften Schlage ein Windstoß. Man hört draußen das Rauschen eines Baumes und das Plätschern eines Brunnens, im Fenster, mondbeschienen, erscheint die Auhexe, nur Brust und Haupt sind sichtbar.)

Siebente Scene.

Rudolf schlafend, die Auhexe.

Die Auhexe (mit gedämpfter Stimme, sich hereinbeugend; melodramatisch).

Alte Linde,
Rausch' im Winde,
Murmle, Brunnen, murmle bang,
Singt im Chore
Seinem Ohre
Todesschaurigen Gesang!
Klopf' im Holze,
Todtenuhr,
Mit dem traur'gen Tiktak leise
Schlag den Takt der dumpfen Weise!
Lähmt mit Grauen diese stolze,
Muthgekrönte Creatur!
Schwarze Nacht, sein träumend Denken
Sollst mit Finsternis Du tränken!
Kalter Mond, mit Schauerlicht
Überhauche sein Gesicht!
Todtgeschwieg'ne, stille Sorgen,
Tief in stummer Brust verborgen,
Wachet auf,
Um vor den entschlaf'nen Sinnen
Waches Leben zu gewinnen!
Zeig' ihm hell der Zukunft Lauf,
Großer König, starker Held,
Den des Habsburg Faust gefällt!
Lebe neu in seinem Hirn,
Schreib' ihm glühend auf die Stirn',
Was an Unheil, Zwist und Noth
Ihm und seinen Reichen droht,
Dass der schaffende Gedanke
Ihm verdorre und erkranke,
Dass er zweifle, schwindle, zittre,
Und der Wille ihm zersplittre!

(Verschwindet.)

(Man hört das Ticken der Todtenuhr, Blätterrauschen und Brunnenplätschern; der Mond scheint dem schlafenden Kaiser hell ins Gesicht. Mit einem Schlage steht am Fußende des Bettes, nur Haupt und Brust sichtbar, die Erscheinung Ottokars, er trägt einen Harnisch und am linken Arm den Schild. Das Haupt entblößt, das Antlitz kreidebleich, nur auf der Stirn eine Wunde. Pause.)

Achte Scene.

Rudolf (schlafend), die Erscheinung Ottokars.

Ottokar.

Rudolf von Habsburg, schläfst Du?

Rudolf (im Schlafe).

Nein.

Ottokar.

So steig'
Aus meinem Bett. Ich will darin mich wärmen.
Der Saal ist weit und kühl, in dem ich ruhe,
Mich friert bis in das Mark.

Rudolf (wie oben; so auch im folgenden).

Bist Du nicht todt?

Ottokar.

Was heißt das: todt?

Rudolf.

Das weißt Du nicht –?

Ottokar.

Für den,
Der todt ist, hat das Wort den Sinn verloren.
Er starb mit ihm.

Rudolf.

Du lagst doch steif und stumm
In Deinem Sarg. Nun sprichst und wandelst Du.

Ottokar.

Ich wandle auf der Erde, wo ich herrschte
Und kämpfend fiel. Ich bin noch jetzt ihr König.
Sieh, statt der Krone, die Du mir zerbrachst,
Trag' ich die purpurrothe Todeswunde.

Rudolf.

Warum kommst Du zu mir?

Ottokar.

Um Dich zu warnen.
Rudolf von Habsburg! In den Landen, wo
Ich König bin, willst Du ein Reich begründen,
Ein großes Kaiserthum …

Rudolf.

Das will ich nicht.

Ottokar.

Doch wird es sein. Was sein wird, ist für uns.
Ihr Menschen, wenn Ihr handelt, seht den Samen,
Der klein und unscheinbar; wir seh'n den Baum,
Der, Länder rings und Völker überbreitend,
Weit in die Erde seine Wurzeln senkt
Und in die Lüfte stolz die Krone hebt.
So aber wird das Reich sein, das Du gründest.

Rudolf.

Warum dann warnst Du mich –!

Ottokar.

Rudolf von Habsburg,
Thu's nicht! Thu's nicht!

Rudolf.

Warum nicht?

Ottokar.

Ehegestern
Bist Du auf rothem Schlachtfeld mir begegnet.
Noch schwärmen Kräh'n und Geier um die Stätte,
Wo slav'sche Kraft mit deutscher Stärke rang,
Ingrimmig sich zerfleischend und verblutend …

Rudolf.

Ich weiß. Was soll's?

Ottokar.

Sieh, dieses rothe Schlachtfeld,
Wo slav'sche Kraft mit deutscher Stärke ringt,
Ingrimmig sich zerfleischend und verblutend,
Das wird das Herz des Reichs sein, das Du gründest,
Das kranke Herz, an dem es siecht und fiebert.

Rudolf (groß).

Das wird nicht sein!

Ottokar.

Nicht sein? Wer soll es hindern?

Rudolf (mit Festigkeit).

Ich und mein Haus!

Ottokar (niedergeschlagen).

Du und Dein Haus …!

Rudolf.

Das Herz
Des großen Kaiserreiches, das ich gründe,
Wird etwas andres sein!

Ottokar.

Was wird das Herz sein?

Rudolf (einfach).

Ich und mein Haus!

Ottokar (mit Hohn).

Du und Dein Haus! – Wird nicht
Dein Haus erlöschen einst, wie Ottokar?
Und Du, bist Du denn ewig jung und stark? –

(Leiser.)

Rudolf von Habsburg, willst Du einen Spiegel?

(Hält ihm den blanken Schild über das Gesicht.)

Schau her! Was siehst Du?

Rudolf (sieht hinein).

Einen Greis …

Ottokar.

Willst Herz sein einem Reich?

Rudolf.

Mein Sohn, mein Hartmann
Ist jung und blühend; eine Sonnenflut,
Wallt ihm das Haupthaar golden um die Schläfen!

Ottokar.

Dein Sohn? Dein Hartmann? Schau noch einmal her!

(Hält wieder den Schild über Rudolfs Gesicht.)

Was siehst Du jetzt?

Rudolf.

Ich sehe – einen Jüngling
Mit bleichem Antlitz, triefendem Gelock –
Er liegt in einem Sarg. –

Ottokar.

Erkennst Du ihn?

Rudolf.

Nein Ich erkenn' ihn nicht.

Ottokar.

Sieh schärfer hin.

Rudolf (aufstöhnend).

Mein Sohn! Mein Hartmann! Todt!

Ottokar (mit Triumph).

Im Rhein ertrunken!
Die Nixen zogen schmeichelnd ihn hinunter.
Eh noch ein Jahr dahin, begräbst Du ihn.
Das Schicksal kommt zu Dir, ein dunkler Riese,
Und wird das Herz im Leibe Dir zerbrechen,
Wie Du die Krone mir zerbrochen hast!
Vergeht Dir jetzt die Lust, ein Reich zu gründen?

Rudolf (ringend, im Schlaf).

Antworten möcht' ich Dir – und – kann es nicht,
Denn Weh und tiefer Schlaf bind't mir die Zunge –

Ottokar.

Ich löse Dir die Zunge. Habsburg, sprich!

Rudolf (richtet sich auf, steigt aus dem Bett, steht aufrecht da; mit Majestät).

Und wenn das Schicksal kommt, ein dunkler Riese,
Und wird das Herz im Leibe mir zerbrechen,
Wie ich die Krone Dir zerbrochen habe,
So wird es etwas in mir finden, das
Es nicht zerbrechen kann: die Pflicht! Drum werd' ich
Auch mit zerbroch'nem Herzen ungebrochen
Vollbringen, was ich soll und muss! Was jetzt
Mich aufrecht hält in dieser bangen Stunde,
Vererb' ich mit der Krone meinen Enkeln,
Und Keiner wird je Östreichs Kaiser sein,
Der dies Gefühl der Pflicht unüberwindlich
Nicht in sich trägt, wie auf dem Haupt die Krone!

Ottokar.

Auf Deine Enkel baust Du? Soll ich Dir
Die Zukunft Deiner Enkel zeigen –?

Rudolf.

Thu's!

Ottokar.

So folge mir!

Rudolf.

Dir folgen –?

Ottokar.

Schlafend bleibt
Dein Körper auf dem Bette hier zurück,
Zu neuen Thaten ruhend sich zu stärken,
Indes Dein freier, erdentbund'ner Geist
Mit mir der Zukunft dunkles Land bereist!
Willst Du es schau'n, das Schicksal Deiner Enkel,
So komm'! Willst Du?

Rudolf.

Ich will! In Gottes Namen!

(Er folgt dem langsam voranschreitenden Ottokar.)

(Der Vorhang fällt.)

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