Eduard v. Bauernfeld
Die Geschwister von Nürnberg
Eduard v. Bauernfeld

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Zweiter Act.

(Gebirgsthal in der Rheinpfalz mit Felsenwegen.)

Erste Scene.

Romulph (allein). Dann zwei Räuber. Romulph (ein alter Räuber, liegt im Vordergrunde der Bühne auf einer Felsenbank. Man hört ein Jagdhorn in der Ferne).

Romulph. Die Zeiten werden immer schlechter. Nirgends ein Verdienst! Das Geschäft stockt. Reisende von Reputation vermeiden diesen Wald. Pure Bosheit! Glauben denn die sogenannten ordentlichen und honneten Menschen, daß wir armen Halunken von der Luft leben sollen? Meine Leute versagen mir beinahe den Gehorsam, denn sie hungern. Wahrhaftig, mich faßt eine Art von Desparation, und ich gehe zuletzt in meinen alten Tagen noch unter die guten Bürger. Was soll ich hier? Zu rauben gibt's nichts, zudem bleicht sich mein Haar und Bart von Tag zu Tag immer mehr. Es ist doch eine dumme Einrichtung in der Natur, daß man alt wird und sterben muß. Wie anders war's noch vor zwanzig Jahren! Da dacht ich die halbe Welt zusammen zu stehlen. Es waren Träume einer schwärmerischen Jugend! – Zuletzt war's doch gelebt, und stirbt man, ist's vorbei.

(Jagdhorn wie oben.)

Zwei Räuber (treten auf).

Erster Räuber. Hört Ihr das Jagdhorn? Schon lange drang kein solcher Ton in diese Wildniß.

Zweiter Räuber. Ich fürchte fast, die Jagd gilt uns.

Erster Räuber. Sollten die Schergen unsere Schlupfwinkel entdeckt haben? Das wäre mir nicht lieb. Meine Knochen sind durch das lange Fasten so mürbe geworden, daß sie kaum die nöthige Kraft zum Davonlaufen mehr übrig haben.

(Jagdhorn.)

Zweiter Räuber. Horch! Schon wieder.

Erster Räuber. Es klang näher –

Zweiter Räuber. Steh' auf, Hauptmann Romulph! Seht, dort schlüpft's durch das Dickicht – eine Gestalt –

Erster Räuber. Laßt uns fliehen –

Romulph (der langsam aufsteht). Hasenfuß! Es ist ein Weib.

Zweiter Räuber. In der That!

Erster Räuber. Sie trägt einen Jagdspieß –

Zweiter Räuber. Sie kommt –

Romulph. Still! Tretet hieher hinter den Felsen.

Zweite Scene.

Romulph und die Räuber (verborgen). Isolda (tritt auf).

Isolda. Halloh! Halloh! Mir war's, als hört' ich Stimmen.
Nein, es ist nichts. – Uf! Mir ist heiß. – Wie still
Und heimlich ist es hier! Ich ruh' ein wenig.
(Setzt sich auf die Felsenbank.)
Mein Jagdgefolge wird mich wieder finden. –
In diesem grünen frischen Waldesdunkel
Wird herrlich mir zu Muth! So mag der Vogel
Sich fühlen, der dem Käfige entfloh.
Doch, armes Vögelchen, du träumst nur Freiheit!
Du mußt, eh' du die Flügel recht versucht,
Zurück in deinen gold'nen Käfig kehren.

Romulph (tritt vor).
Ich grüß' Euch, schöne Dame.

Isolda (springt auf, langt nach dem Speer).   He, wer seid Ihr?

Romulph. Ein armer Mann, der eine milde Gabe
Von Euch zu bitten kommt, ein dürft'ger Greis.

Isolda. Ihr bittet in der Oede und bewaffnet?
Doch sei's! Nehmt hin, und geht!
(Wirft ihm ein Geldstück hin.)

Romulph.                                         Ho, ho, nicht also!
Ich bin kein Alltagsbettler, müßt ihr wissen,
Und nicht begnügt mit so geringer Gabe.

Isolda. Nimm's oder nimm es nicht, nur geh' von hier,
Denn ich will einsam sein.

Romulph.                             Ei wirklich? Willst Du?
Gebiet' in deiner Welt, doch hier herrsch' ich;
Der Wald, die Felsen sind mein Königreich,
Und Bär und Wolf sind meine Unterthanen.

Isolda. Man merkt's, daß Du ein Fürst der Bären bist! –
Was zahl' ich, sprich, befreist Du mich von Dir?

Romulph. Ein tüchtig Lösegeld. Vor Allem gib
Den schönen Schmuck.

Isolda.                               Nicht wag's, mich anzurühren!
Du kennst mich nicht.

Romulph.                         Wer weiß!

Isolda.                                               Nun sprich, wer bin ich?

Romulph. Du bist Isolda, Gräfin von der Pfalz,
Des guten Ohm's verzog'nes Pflegekind.
Ich sah Dich jüngst in Bingen auf dem Marktplatz,
Wo Deine Schönheit alle Welt entzückte. –
Nein, blick' nicht scheel! Ich bin Dein Feind nicht, Gräfin,
Und hab' wohl einst Dir großen Dienst erwiesen,
Es geht zurück in Deine Wiegenzeit;
Wenn Du fein artig bist, und mich bei Laune
Erhältst, so künd' ich Dir's vielleicht. Jetzt komm'!

Isolda. Zurück, Verwegener!

Romulph.                             Genug der Worte!
Ergib Dich, folge mir.

Isolda (hält ihm den Speer entgegen).   Bezwing' mich erst.

Romulph. Was soll der Jagdspeer, diese Kinderwaffe?
Mit meinem Arm zerbrech' ich ihn.

Isolda (verwundet ihn).                           So thu's!

Romulph (greift mit der einen Hand an die Wunde, mit der andern nach dem Schwert).
Verdammt! Soll ich mit einem Weibe kämpfen? (Ruft.)
Heda! (Zu Isolda.)
          Blick' auf! (Zu den Räubern, die sich zeigen.)
                          Ergreift sie!

Isolda.                                         Wagt es nicht!

Romulph. Was zögert Ihr?

Erster Räuber.                 Bedenk', es ist die Gräfin –

Romulph. Und wenn's der Teufel wär' – ergreift sie, sag' ich!
Gilt Euch mein Wort nichts mehr?

Isolda (gibt den Räubern Geld).               Hier nehmt und geht!
Geht schleunig, rath' ich Euch, denn meine Leute
Sind nah', und zögern nicht, wenn sie Euch finden,
Den Schergen Euch in Bingen zuzuführen.

Romulph. Hört nicht auf ihre Worte, Cameraden,
Nehmt diesen Beutel nicht! Wir führen sie
In uns're Höhl', und fordern Lösegeld.

Isolda. Thut's, wenn Ihr Eurer Hälse überdrüssig!

Erster Räuber (der mit dem Andern gesprochen).
Wir thun Euch nichts zu Leid.

Zweiter Räuber.                           Wir danken Euch
Für Eure Gab'! Lebt wohl!

Erster Räuber.                         Auch Du, Romulph!
Wir haben dieses Hungerleiden satt,
Und ziehen in die Märkte. Gott befohlen!

(Die Räuber gehen ab.)

Dritte Scene.

Isolda. Romulph.

Isolda (lehnt sich auf den Speer).
Wie nun, Romulph?

Romulph.                     Pfui über diese Schufte!
Mir scheint, mein Reich ist aus.

Isolda.                                           Du armer Räuber!

Romulph. Die Wunde brennt –

Isolda.                                     Laß' seh'n! Setz' Dich hieher.
Zum Glück wächst breiter Lattich hier, den pflück ich,
Und leg' ihn auf die Wunde – gelt, das kühlt?
Nun weiches Moos darauf, und dann das Tüchlein
Darüber lose hingebunden – so!
Nun ist es gut.

Romulph.             Ihr seid sehr gütig, Gräfin!

Isolda. Wie aber, wenn ich jetzt Dich als Gefang'nen
Nach Bingen brächte?

Romulph.                         Sei's, in's Himmels Namen!
Doch wißt Ihr was? Ihr kriegt ja mit dem Raugraf;
Wenn jetzt auch Waffenstillstand ist, bald geht es
Doch wieder los. Nehmt mich in Eure Dienste.

Isolda. Dich, einen Räuber?

Romulph.                           Läuft auf Eins hinaus!
Sind's ihrer viel, so nennt man sie Soldaten. –
Verschweigt, wie Ihr mich fandet, und ich schwör' Euch
Ergebenheit und Treu'.

Isolda.                               Wir wollen seh'n!
Vor Allem hilf mir mein Gefolge suchen.

Romulph. Ich führ' Euch nach des Waldes Ausgang. Kommt!
Doch langsam, bitt' ich, denn ich bin erschöpft,
'Und dürfte sehr.

Isolda.                       Ich hole Wasser.

Romulph.                                           Laßt!

Isolda. Du dürstest ja?

Romulph.                   Doch nicht nach Wasser. – Kommt nur!

Vierte Scene.

Vorige. Roland und Claudius (auf dem Felsen, später) Leopold.

Roland. He, holla, Leopold, hieher!

Isolda.                                           Sieh, Fremde!

Romulph. Nun ja! Die schönste Beute, da's zu spät ist!

Roland. Ei, Bruder, welch' ein stattlich Weib!

Isolda.                                                           Ihr Herren!

Roland. Sie ruft uns! (Kommt vom Felsen herab.)
                          Euch zu dienen! Was befehlt Ihr?

Isolda. Seht diesen Mann, ermattet und verwundet,
Der Labung heischt.

Roland.                         Die können wir ihm spenden.
Ruf' unsern Diener, Bruder.

Claudius (auf dem Felsen).           Leopold!

Leopold (hinter der Scene).
Wo seid Ihr?

Claudius.           Hier.

Leopold (wie oben).     So helft mir erst herüber.

Claudius. Reich' mir die Hand, spring' über diese Kluft –

Leopold (tritt auf mit Gepäck).
Ja, springt mit dem Gepäck! Was blieben wir
Nicht, wie vernünft'ge Leute, auf der Straße?
Zum Henker über dieses Felsenklettern!

Roland. Schweig' still! Gib deinen Schlauch her.

Leopold (kommt herab).                                     Meinen Schlauch?
Es ist die letzte Neige!

Roland.                           Gib dem Mann
Zu trinken.

Leopold.         So? Dem Mann?

Roland.                                     Nur hurtig!

Leopold.                                                     Gleich!
(Für sich.)
Wie dumm! Hab' ich das Bischen Wein verspart,
Dem Vagabunden hier den Hals zu schmieren!

Isolda (zu Roland und Claudius, der gleichfalls vom Felsen herabkam).
Ich dank' Euch sehr für Eure güt'ge Hilfe.

Roland. Wie gern erwiesen wir Euch größern Dienst!
Doch Ihr bedürft wohl unser nicht.

Isolda.                                               Wie das?

Roland. Ich meine, wie Ihr in dem Waldesgrün
So plötzlich vor uns steht, geschmückt, bewaffnet,
Man müßte Euch für eine Göttin halten,
Die sich zu Sterblichen herunter ließ.

Isolda. Ihr sprecht sehr artig und gewandt. – Wer seid Ihr?

Claudius. Wir sind –

Roland.                     Sind Reisende.

Isolda.                                               Und kommt?

Roland.                                                                   Aus Nürnberg.
Wir lenkten von der Straße in's Gebirge,
Die Wunder aufzusuchen der Natur.

Leopold. Und uns zur Kurzweil Hals und Bein zu brechen.
(Da ihm Roland droht, zu Romulph.)
Setz' an den Schlauch!

Isolda.                             So reis't Ihr zum Vergnügen?

Claudius. Wie junge Leute, die die Welt betrachten.

Roland. Und Abenteuer in der Fremde suchen.

Isolda. So? – Eure Namen?

Roland.                               Roland.

Claudius.                                         Claudius.

Isolda. Herr Roland, Claudius, seid mir willkommen.

Romulph (welcher getrunken hat).
Das labt! Das schmeckt!

Leopold.                             Sauf' nur den Schlauch nicht mit!
(Betrachtet ihn für sich.)
Den Kerl mit seinem Barte sollt' ich kennen –

Romulph (gibt ihm den Schlauch zurück).
Nimm, guter Freund! (Betrachtet ihn.)
                                Dies Narren-Antlitz hab' ich
Schon irgendwo geseh'n –

Leopold (nähert sich ihm).         Bist Du –?

Romulph (geht auf ihn los, barsch).               Bist Du –?

Leopold (retirirend).
Schützt mich, um Gott! Er dreht den Hals mir um.

Romulph. Er ist's! An seiner Furcht erkenn' ich ihn.

Isolda. Was haben diese Beiden? – Komm', Romulph,
Und leite mich.

Romulph.               Ja, Gräfin.

Roland (zu Claudius).                 Gräfin?

Leopold (mit einem Blick auf Romulph).     Gräfin?

Romulph (mit Bedeutung zu Leopold).
Isolda ist es, Gräfin von der Pfalz.

Leopold (halblaut).
Die Schwester jenes –?

Romulph.                           Ja.

Leopold.                                 Den Du –?

Romulph.                                                 St! Schweige!

Isolda. Was flüstert Ihr, und winkt Euch zu?

Romulph.                                                   Es trifft sich,
Daß wir Bekannte sind aus alten Zeiten.

Leopold (für sich).
Der Gurgelschneider! Saubere Bekanntschaft!

Isolda. Was habt Ihr?
(Zu Leopold.)   Sprich!

Leopold (mit einem Blick auf Romulph).   Ich darf nicht sprechen, Gräfin.
Ein Schwur –

Romulph.             Ich lös' ihn.

Leopold.                                 Wirklich?

Romulph.                                               Sprich! Das mag
Vielleicht uns Beiden nützen.
(Zu Isolda.)                     Ihr erlaubt –
(Zu Leopold.)
Wo ist Dein Herr, der Freiherr Eberhard?

Leopold. Seit zwanzig Jahren sah ich ihn nicht wieder.

Romulph. Und jenes Knäblein?

Leopold.                                 Starb in meinen Armen.

Romulph. Starb! Hm! Das thut mir leid. Starb!

Isolda.                                                           Wovon sprecht Ihr?

Romulph. Von einem Ding, das Euch betrifft; denn wißt:
Das Knäblein – – doch 's ist todt! Was frommt's zu wissen?

Isolda. Ich aber will es wissen, und befehl' Dir –

Romulph. Daß Ihr nicht das Befehlen lassen könnt!

Roland (heftig).
Daß Du Dich an's Gehorchen nicht gewöhnst!
Sprich allsogleich!

Romulph.                   Mit dem ist nicht zu spaßen!
(Zu Isolda.)
Ich sagte vorhin, daß ich Euch vor Zeiten
Gar großen Dienst erwies; vernehmt nun, welchen,
Und war er fruchtlos, ist's nicht meine Schuld. –
Ihr lagt noch in der Wieg', als Euer Vater,
Graf Ulrich starb von Spannheim, und Lothar,
Eu'r Brüderchen, ein Knäblein von drei Jahren,
Mit dem sein Vormund, Freiherr Eberhard,
Den Rhein befuhr, am Lurlei-Fels ertrank;
So fiel das Land dem nächsten der Agnaten,
Dem Raugraf zu, mit dem Ihr jetzt in Fehde.

Isolda. So ist es, und so hört' ich oft erzählen.

Romulph. Doch ist's nicht so. Denn hört: ein Schiffer ward
Von einem unbekannten Mann gedungen,
Den Freiherrn und das Gräflein zu ermorden –

Isolda. Der Schiffer aber, sprich –

Romulph.                                     War ich.

Claudius.                                                     Entsetzlich!

Isolda. Mein Brüderchen zu morden!

Romulph.                                         Doch ich schont' es.
Der Freiherr gab mir Geld, und schweren Eid
Des Schweigens mußt' er leisten, wie sein Diener,
Ein Küchenjung' mit einem Schalksgesicht,
Dem Todesangst die Zähne klappern machte,
Indeß das Knäblein seiner Fratze lachte.
Sie ließ ich Alle in dem Wald. Was weiter
Geschah, das weiß ich nicht. Fragt den! Denn er ist
Der Küchenjunge.

Isolda (zu Leopold).       Du? O sprich! Mein Bruder –?

Leopold. Nichts Gutes kann ich leider Euch verkünden.
Das Knäblein brachten wir in eine Hütte,
Denn es war krank und fror; bald lag's im Starrkrampf,
Ward still und stiller – athmete nicht mehr.

Isolda. Mein Brüderchen! Mein armes Brüderchen!

Leopold. Ich hielt's in meinen Armen, bis es todt war,
Und d'rauf entließ mich Freiherr Eberhard;
Er ging in's Kloster, ich nach Spanien,
Wo ich Olla Potrida kochen lernte.

Isolda. So starb mein Bruder mir zum zweiten Mal! –
Ihr sollt mir diese Kunde wiederholen
Vor meinem Oheim und vor unsern Rittern.
Noch manches Dunkel ruht auf dem Ereigniß;
Kann ich den Bruder nicht beleben, will ich
Doch rächen an dem Schuld'gen seinen Tod.
(Zu Romulph.)
Wie Du des Knaben schontest, schon' ich Dein.
(Zu Leopold.)
Du aber, der dem Bruder bis zum Tod
Sich treu erwies, sollst unbelohnt nicht bleiben.

Leopold. Laßt Euch die Hände küssen –

Fünfte Scene.

Vorige. Der Marschall.

Marschall.                                             Gnäd'ge Gräfin!
Wohl mir, daß ich Euch fand!

Isolda.                                         Vergebt mir, Marschall!
Die Jagdlust lockte mich aus Euerm Kreise.

Marschall. Wir haben uns vertheilt, Euch aufzusuchen.
So eben, Gräfin, sandt' uns Euer Ohm
Den Boten zu mit einer ernsten Nachricht:
Der Raugraf brach den Waffenstillstand.

Isolda.                                                       Wie?
Den er beschwor? Abscheulich!

Marschall.                                     Alles ist
In Aufruhr an dem Hof –

Isolda.                                 So laßt uns eilen!

Marschall. Sogleich lass' ich den Jägerruf erschallen,
Der auf dem Wiesenplan uns dort versammelt. (Ab.)

Isolda (zu Roland und Claudius).
Tragt Ihr zu Abenteuern Lust, Ihr Herren,
Folgt mir nach Hof in uns're Pfalz. Es gilt
Das Land befrei'n und den Verräther schlagen.
Vergönnt ein Wort mit Euerm Diener.
(Zu Leopold und Romulph.)             Kommt!

(Ab mit Leopold und Romulph.)

Sechste Scene.

Roland. Claudius.

Roland. Was sagst Du, Bruder? Welch ein herrlich Weib!
Wie männlich und wie kühn! Was sind dagegen
Bei uns daheim die steifen Bürgermädchen,
Blond, stumm und stumpf, rothbackig und langweilig!
Das ist nun gleich was And'res! Eine Gräfin!
Wie fein das spricht! Ein Bischen herrisch zwar,
Doch man gehorcht ihr gern. Wie sprüht der Mund,
Das Aug', das ganze Antlitz Geist und Leben!
Hast Du's gehört? Der Krieg bricht aus auf's Neue!
Ich kämpfe für die Pfalz!

Claudius.                             So wär's kein Traum?
Kein Märchen?

Roland.                 Nein! Kein Märchen: Wahrheit ist's,
Das frische, volle Leben lacht uns an.

Siebente Scene.

Vorige. Leopold.

Leopold. Folgt mir, Ihr Herren!

Roland.                                     Wohin?

Leopold.                                                 Ei, in die Pfalz.
Mein Glück ist nun gemacht: ich bin der Liebling
Der schönen, jungen Gräfin, die an Euch
Gefallen fand, da Ihr Euch artig zeigtet;
Sie hält Euch für – ich weiß nicht, was; für vornehm,
Für Ritter oder Grafen.

Roland.                             Wirklich?

Claudius.                                           Du
Benahmst ihr doch den Irrthum?

Leopold.                                         Ei, bei Leibe!
Auch hälf' es nichts, denn sie besteht darauf,
Und endlich weiß ich selbst nicht, wer Ihr seid.
So sagt' ich denn nicht ja, nicht nein, und ließ
Sie glauben, was sie will.

Claudius.                             Das ist Betrug!

Leopold. Warum? Wenn's ihr Vergnügen macht? Euch schadet's
Ja nicht! Seid klug! Benützt vielmehr den Irrthum,
Und bleibt incognito: das ist das Beste.
Man zieht Euch an den Hof, nennt Euch Herr Roland,
Und Claudius – so heißt Ihr ja; nun gut!
Man wird im Krieg ein Fähnlein Euch vertrau'n,
Und schlagt Ihr nur ein Bischen d'rein, so schreit
Man Wunder über Eure Tapferkeit;
Denn was ein Adeliger thut, das zählt
Gleich mehr, als was von unser Einem kommt,
Und seid Ihr keine Ritter, könnt Ihr's werden.

Roland. Sein Rath ist gut –

Claudius.                           Doch immer bleibt's Verstellung.

Leopold. Sag' ich denn, Ihr sollt lügen? Laßt das Maul
Nur zu, sonst braucht's ja weiter nichts, und macht
Ein Bischen mehr aus Euch: die Welt verlangt das.
Im Uebrigen verlaßt Euch nur auf mich!
Ich gelt' etwas bei Hof, als Grafenretter,
Und nehm' Euch unter meine Protection.

(Jagdhörner hinter der Scene.)

Roland. Horch! Horch!

Leopold.                       Man ruft uns.

Roland.                                               Folgen wir!

Claudius.                                                               Du meinst –?

Leopold. Auf! Zögert nicht, und macht mich nicht zu Schanden!
Man muß Euch für gemeine Leute halten,
Wenn Ihr so albern ehrlich seid. Na kommt nur!


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