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Die Schauer im Don Giovanni.

Es war einmal ein rasiges, wiesenhaftes Wien.

Um die Stadt hielten sich die grünen Basteien an den Händen: gar kein eherner Reifen. Nein, wie ein Ringelreihen lachender Mädchen. Bocksbart, violetter Salbei und sonnenfarbiger Löwenzahn wuchsen sorglos, das Gras wehte jedem Wind zuliebe, ganz so wie das große Kindervolk in jener Stadt, und ein hellgraublauer Invalidenfeldwebel hütete die kleine Halmbrut vor den zahllosen Kindern, welche mit eben dieser Zahllosigkeit schuld wurden, daß später graue Steine über die liebliche Rasensanftheit wuchsen.

Die Vorstädte lagen ringsum auf Wiesenhügeln oder in Bachsenkungen. Und die Wiese war Königin der Gegend. Unverwüstlich brach sie selbst mitten in den heutigen inneren Bezirken aus der Erde, und alle Gassen waren rasig, weil das jubelnde Grün sogar zwischen den Pflastersteinen übermütig herauslachte. Die Natur neckte sich noch mit der Stadt; es war eine Kinderei ohnegleichen, und rechte Kinder des weinsonnigen Landes hatten auch diese Stadt gebaut.

Nicht hoch hinaus. Auf Zins und Miete wohnten damals so wenig Leute, daß in der Vorstadt ein zweites Stockwerk schon als protzig galt. Dazu vermochten diese hell lebendigen Menschen die Infamie der Baulinie noch nicht zu erfinden. Die Häuschen lagen wie aus dem Ärmel des lieben Gottes geschüttelt: Die einen über Eck, andere scheu in die Gartenferne zurückweichend; da und dort griff ein weingetreues Wirtshaus hedarufend mitten in den Fahrweg und zog die Langfront der Giebelstellung vor, weil Fuhrleute Raum haben wollen. Und in den Straßen lag die Sonne, und in den Straßen lag die Ruhe und die Bedächtigkeit. Der breite, volle Spruch: »Heute bin ich, und das Morgen hat Zeit«. In unseren Tagen ist es eine Kostbarkeit, wenn der Sonnenstrahl bis auf den Straßengrund gelangt, eine Erstaunlichkeit, wenn sich dort ein Hund im warmen Scheine blinzelnd streckt, und ein Märchen, wenn ein Kätzlein die beneidenswerte Himmelsgnade auf seinen faulen Pelz brennen läßt. So ein Kater, der sich sonnt, ist wie ein Symbol der guten alten Zeit.

Damals war die Stadt eine Versammlung heimtrauter Anwesen, und über die Häuser hinweg grüßten sich winkend die Bäume der Nachbargärten. An der Mauer hing reichlich die Rebe, die wunderkräftige Rebe, welche eines ganzen Volkes Charakter bestimmen kann.

Damals war die Vorstadt Sommerfrische. Die beweglichen, reisegewohnten Künstler sogar, die leichtlebigsten Naturkinder, welche sich für eine Reise in den grünrauschenden Sommer Schulden aufzuladen vermochten, zogen hier nicht weiter als bis in die Vorstadt. Meister Wolfgang Amadé sogar, der nur zwei Werte kannte, den Tag und die Ewigkeit, der das Morgen mitsamt seinen Reimen Borgen und Sorgen auslachte, dem war es genug, wenn er für den Sommer in Vorstadt oder Vorort ein vom Rauschen der Bäume ummusiziertes Gartenhäuschen hatte.

Dort schrieb er dann Sachen, über welche das Herz der ganzen Welt hüpfte und lachte. Das wiesenreiche Wien schaute ihm dabei über die Schulter. Jetzt im Herbst nahm er Abschied von der Wiese. Wenn er wiederkam, lag Allerheiligenreif darüber. Es war schon hoher Oktober, und er mußte nach Prag zu dem Volke, das fast besser zu singen und zu klingen verstand als die Wiener, um ihnen dort seinen Don Giovanni vorzustellen.

Wolfgang Amadé ging mit seinem Freunde, dem Geheimschreiber Gilovsky, der von Paris gekommen war, über die Rasenhügel der Türkenschanze; Wolfgang Amadé im schönsten Staatsfrack, der auf Kredit zu haben war, in Strümpfen und Schnallenschuhen, Gilovsky in der Werthertracht. Blauer Frack, gelbe Weste, Stiefel mit Stulpen. Ein wilder Junge, dem die Haare wie Flammen auseinander standen; und seine Augen flackerten wie Lichter im Winde.

In der Ferne brannten die roten Buchenwälder des Kahlenberges.

»Der eine kommt, der andere geht,« lachte Mozart, dem es wohltat, Plattheiten zu reden, wenn in seiner Seele der Aufruhr der Klänge wühlte. »Was gibt's Neues in Paris, Bruderherz?«

»Schwerwuchtig Neues,« sagte Gilovsky. »Es rührt sich eine andere Welt, um zu entstehen. Die Franzosen werden ein anderes, eisernes Zeitalter schaffen.«

»Die Franzosen? Ach Gott nein. Das sind bloß Österreicher mit einer hübscher gefältelten Sprache. Ich glaube, die verklärten Seelen der Wiener kommen in Paris wieder auf die Welt.«

»Nimm das nicht so leicht, Wolfgang. Was hast du von Paris gesehen? Die Pompadour, Straußenschweif und Reiherbusch, Brokat und Parkett.«

»Und du?«

»Ich war anderswo. Bei den Winkelzeitungen, wo junge Bürgerliche, glühend wie unterirdisches Feuer, für hundert Franken im Monat um zehntausend Franken Genie verbrennen. Wo über den Freiheitskrieg in Nordamerika gewispert wird, daß sich ihn Frankreich auf den eigenen Schiffen, in den eigenen Regimentern importieren wird. Gib acht, Wolfgang Amadé, – ein Volk, in dem die ersten Siedebläschen steigen.«

Mozart blieb stehen und schaute zu Boden. Die Musik in ihm schwieg. Nachhallend nur fielen ringsum von den goldenen Bäumen flüsternde Blätter. Wie verrieselnde Noten eines Scherzo, welches zu Ende ging.

Der junge, wilde Gilovsky in seiner Werthertracht aber zog ihn mit sich: »Hörst du, sie hassen dort das helle, frohe Genießen, und ich, Wolfgang Amadé, ich hasse es auch. Denn ich bin einer von der neuen Welt, das habe ich dort erfahren. Dort sind die Gassen eng, die Häuser hoch. Dort brütet in Staub und Brodem der Stank der Sonnenlosigkeit. Dort hockt die hohlwangige, skrofelfeuchte Wohnungsnot, das Elend der Masse, der maschinenstarke Druck der Industrie über jeder Brust. Hier in Wien gibt es das noch nicht, was sie in London Mob, in Paris Pöbel nennen. Hier hat der unterste Stand seinen Stolz und der Stolz seinen Grundbesitz. Dort aber hat ein böser Übermut den Menschen zur Schachtelware gemacht. Gedrängt sitzt dort das blaßwangige Elend, – aber Wolfgang: es jammert nicht. Es brütet. Und das ist schön, – schön! Hier singt und leuchtet die Welt noch. Wien ist eine große Wiese, voll Grillen und Heupferdchen, die alle im schläfrigen Sonnenschein musizieren. Dort aber ist der Groll, das Stöhnen, der Seufzer, die Sehnsucht. Dort erlebst du das Wunder, daß Flammen aus dem Sumpfe steigen; die Flammen des Irrlichtes. Es ist schön, wunderschön, geheimnisvoll schön!«

Wolfgang Amadé fieberte leise. In ihm hatte stets wie hinter einem Vorhang ein kleiner, dunkler Raum gelegen, in dem Ähnliches träumte. Nun fingen dort seltsame Stimmen zu rufen an, die ihn mit Angst schüttelten. Stimmen, welche für seine Sonnenwelt das Jenseits bedeuteten. Sie hatten schon vor Jahren aufgeschrien, als Graf Arco ihn wie einen Halunken aus den Diensten des Erzbischofs gestoßen hatte, und hatten von da ab stets einen leisen Unterton gesungen, wenn übermütige Adelige ihn begönnerten. Aber er liebte so sehr das Lachen, die bunten, schönen Kleider, die reichen, königlich frisierten Frauen, den Champagner und den Luxus, daß diese Stimmen selten sangen. Nur dann und wann schwang sich unendliche Wehmut wohllautvoll wie ein sterbender Schwan über die Welt seiner Melodien empor. Es war das österreichische Juchzen, von dem niemand sagen kann, ob es Lust bedeutet oder Weh, denn trunkene Arbeiter und Rekruten können es am besten.

Auch der kleinen Zofe Despinetta, so übermütig sie ist, hat er solche sehnsüchtige Töne gegeben, die wie geängstigte Lerchen über die abendlich verdunkelte Welt in das Sonnenreich hinaus wollen.

»Bruder Wolfgang,« mahnte Gilovsky, »hast du nicht einen Geheimverein gründen wollen, mit dem Namen ›Die Grotte‹? Einen Verein, in dem der Ernst des Lebens wie ein unterirdisches Wasser unter den Wiesenflächen der Sonne raunt und murmelt? Ich wüßte dir Mitglieder – – – –«

»Da muß ich dir gestehen,« sagte Mozart, »daß wohl im Grunde meines Wesens der Widersacher stets eine Unterstimme hat. Aber der Gedanke mit der Grotte entstand nur aus der Angst, die unsereins, vom Menschenvolk, hat, sich nicht bestätigt und bekräftigt zu fühlen. Siehst du, lieber Gilovsky, man wünscht sich Mitschuldige. Aber freilich, wenn man dann einen sieht und hört, dann erschrickt man vor ihm und vor sich selber.« – Und er lächelte: »Ich werde allein bleiben in meiner Grotte.«

»Das ist,« rief Gilovsky unwillig, »weil du für nichts anderes ein Herz hast, als für deine Noten!«

Und er sprach weiter von London und Paris und wiederholte, daß ihm die düsteren Gassen, die Unzufriedenheit als Seele aller Menschengröße tausendmal geliebter sei als alles Te Deum laudamus.

Mozart aber, das Kind, in welchem das Ja sonst lebendiger war als das Nein, schwieg mit bangem Herzen. Denn zwei gleich starke Mächte standen vor ihm und schauten ihn aus großen Augen an.

Er versuchte unter diesem Blicke abzulenken und spähte in die Ferne, wo, in den Buchenwäldern des Kahlenberges, des Todes festlich rot und gelbe Fahnen wehten; darüber lächelte der begütigt blaue Himmel. –

Wieder die beiden Mächte. Sie standen vor ihm und schauten ihn an.

Da schüttelte der geplagte Wolfgang Amadé die gepuderten Locken, daß der Zopf die Schultern schlug und ein leises Reismehlwölkchen im Herbsthauch davonflog. Er schüttelte sich wie ein Rößlein, das Bremsen verjagen möchte.

»Ein Glas Wein, Bruder,« rief er dann. »Lassen wir jedem das Seine und vereinigen wir uns. Ich will vergessen, du mußt es. Ein Glas Wein, hier, vor diesem Häuschen? Wie schön winkt es uns zu!«

Gilovsky schüttelte den Kopf: »Du Leichtsinn! Du Leichtsinn!«

Sie blieben vor der kleinen Heurigenschenke stehen. Das letzte Häuschen von Währing. Eigentlich zwei aneinandergebaute; sie standen unter einem Dache. Links eine Wirtshaustür mit dem Föhrenzweigbüschel, des Herrgotts Zeigefinger, daß hier heuriger Wein zu haben sei. Zwei laubüberfallene Tische im Freien, eine vormittagstille Wirtsstube. Rechts eine Gärtnerei, und des Hauses ganze Hälfte überhangen mit Kränzen für Allerheiligen. Tiefblutviolette Blattkränze oder welschkorngelbe Reifchen, in denen mit schwarzen Samenkörnern eingefügt stand: Ruhe sanft. Die Astern, die Enterbten des Sommers, hatten hier ihren Beruf gefunden, und was sonst noch von der kinderfroh stehenden Schar der Blumen den Herbst überdauert hatte, alles war hier als Trödelkram des Totenfestes in Kränzen zusammengeschnürt.

Abermals standen vor ihnen die beiden gleichstarken Mächte und schauten sie aus großen Augen an.

Wolfgang Amadé wehrte sich nicht mehr. Still und ergriffen trank er seinen Wein und sah die Allerseelenkränze an. Und Gilovsky saß neben ihm, – Ossians Gesänge und die Leitartikel der Pariser Winkelzeitungen wildbunt in einem Herzen zusammengepreßt.

»Wird dein blaßwangiges Elend voll Druck und Haß jemals bis in diese Einsamkeit der Blumen und Reben heraufgreifen?« fragte Mozart.

»Die neue Zeit wird ihre Hand auch um diese Vergessenheiten schließen. Es wird eine Welt kommen, in welcher selbst die Armut Geist und Seele haben wird.«

»Ich sehne mich,« sagte Mozart, »mit zerspringendem Herzen nach jenen, welche sich in dieser neuen Zeit nach mir sehnen werden!«

Dann trank er rasch und viel von dem neuen Weine, der ihnen vorgesetzt worden war, und sprach den ganzen Tag kein vernünftiges Wort mehr.

Gilovsky trennte sich bald von ihm. 's ist ein Musikant, dachte er im Fortschreiten; die Harmonie ist ihm wichtig und die endliche Auflösung in Reinheit und Einheit notwendig. Niemals wird er den Sturm, die Zerstörung und den Haß erkennen, welche viel notwendiger sind.


Mozart fuhr nach Prag, um seinen Don Giovanni zu vollenden, Gilovsky aber suchte in Wien die Freunde, welche ihm helfen sollten, die neue Zeit mit dem Sturm, der Zerstörung und dem Haß auch im wiesenhaften Wien zu gestalten.

Er wurde, zur Zeit der Revolution, Jakobiner und begann mit einem Dutzend Menschen, welche unter Millionen von Österreichern allein dachten wie er, jene Verschwörung, welche mit Kräften, die kaum hingereicht hätten, den Bürgermeister einer Kleinstadt zu stürzen, den Thron der Habsburger untergraben wollte.

Der Verhaftung hat er sich dann durch einen Pistolenschuß ins eigene Herz entzogen. Er starb im Wertherstil, den er so sehr geliebt hatte.

Alles, was von diesem wilden Herzen übrigblieb, sollten die ahnungsvollen Schauer sein, die er an jenem Herbsttage in Mozarts Seele zum Tönen gebracht.


Wolfgang Amadé aber schien sie bereits vergessen zu haben. Denn vor Prag hatte Freund Duschek einen sonnenluftigen Weingarten. Dort wohnte Wolfgang Amadé, schob Kegel und hatte dabei Herz und Kopf voll Wohllaut.

Alles war zum Don Giovanni fertig. Die süßen Schmeicheleien Zerlinens und die Weltfreude seines Helden, – sogar der Bauernbursch; und einzig noch fehlten der tote Komtur und die Ouvertüre. War es ihm denn unbequem?

Sie tranken dort, tollten und neckten sich in der Villa vor dem goldenen Prag; nur bänglich leise fragten manchmal die Freunde: »Was ist mit der Ouvertüre? Die Oper soll in wenigen Tagen gegeben werden!«

Er aber lachte und sagte: »Laßt mir mein bißchen Freude.«

Und am Abend machte er nichts als Kindereien; es war ein prächtiges Festmahl gerichtet worden, an dem sechs oder sieben Bewunderer Mozarts, fast alles Herren vom Adel, teilnahmen. Leckereien, Champagner, der den ganzen Tisch überströmte, Blumen – – –.

Und Wolfgang Amadé tollte und scherzte, während sich die Freunde in leiser Unruhe ansahen.

Als das laute Mahl zu Ende gegangen war, fragte Duschek: »Was ist mit der Ouvertüre?«

»Ich mache sie jetzt,« lachte Mozart.

»Du wärst am Ende auch das imstande,« sagte der Freund halb ungläubig und bot ihm gute Nacht.

Im Saale stand ein Spinett, und der einsam Zurückgebliebene warf sich in den Sessel davor und legte die wunderschönen, blassen Hände auf die Tasten. Leise klirrten die Saiten, wie die einer alten Harfe.

Duschek hatte den Dienern gesagt: Laßt den Saal in Ruhe. So strahlten noch sechzig Kerzen, und die großen, nachdenklichen, venezianischen Spiegel reflektierten sie und wucherten mit dem Lichte.

Da sah sich Wolfgang Amadé im Saale um.

Hell schrien Lichter und Farben mitten in verlassener Mitternacht. Die Blumen prahlten, aber schon lag die Welkheit überstandener Blüte in ihrem Duft.

Es roch nach Blumen, nach Wachs, – – – und die große, lange Tafel stand da wie ein Katafalk.

Es ist ein überirdisches Sein, wenn man allein stehen muß in einem Festsaal, und das Fest ist aus. –

Noch sind die Farben des Lebens alle da, und die Lichter rufen Hosianna. Aber es riecht nach verschüttetem Schaumwein, und die hier jubelten, sind alle fortgegangen.

Die Wachskerzen leben allein noch. Aber sie sind doch schon tief heruntergebrannt. Und die Blumen neigen die müden, schönen Köpfe wie unglückliche, gekrönte Frauen. Entwurzelt und mit dem Glanze betrogen.

Die große, schwere Tür aber war weit nach außen geöffnet. Draußen im Korridor stand blindaugig die Nacht, und das weitaufgerissene schwarze Viereck starrte schaurig in den grellen Saal des ausgelärmten Lebens.

Da schauten ihn abermals die beiden großen Gewalten an, aber dieses Mal war die zweite stärker als die erste.

In leisem Grauen setzte er sich an das Spinett. Zuckend breiteten sich die milden, schönheitspendenden Hände, und ein wohllautvoller Klageton flog im Saale empor.

Wolfgang Amadé sah nach dem schwarzen, starrenden Viereck der Türe, welche zur Nacht hinaus offen stand; leise rieselte ihm dieser Blick aus dem Jenseits über den Rücken, und gehorsam bebten die Hände nach dem Geheiß der großen Macht über die Tasten. Er war ein Kind, das auf Befehl folgte.

So entstand das »Weit – – – weit« des steinernen Gastes mit seinen Schauern.


In ihren Betten aber hörten die adeligen Gäste eine Musik aus dem Festsaal herüberbeben, welche damals unerhört war; – – so schön und ergreifend wie die Liebe zum Leben, so mahnend und so schauerlich wie das Gericht.

Diese Töne sangen den Druck der engen Gassen von Paris. Sie sangen die Not und Angst des Kindes Wolfgang Amadé. Sie sangen den Wein von Währing und die Allerseelenkränze. Den begütigt blauen Himmel und die herbstloh brennenden Wälder.

Sie bebten wie die zitternden Kerzen in Brand und Helle, dufteten wie welkende Blumen und rochen wie verschütteter Schaumwein.

Sie lockten und zogen sehnsüchtige Reihen mit festlichen Geigen und waren Jubellieder übermütiger, graziöser Adelszeit, – – – aber hinein schaute nachtäugig die viereckige, große, schwarze Tür des Jenseits, die zu einem Morgen führte, den sie noch nicht kannten.

Und sie schauerten und fröstelten in ihren Betten vor Entzücken und Angst.

Drunten aber stand Wolfgang Amadé vom Spinett auf, die sonst so trüben Augen fackellohend, aber das Antlitz leichenblaß und kalt.

Der verrieselnde Rausch fröstelte leise in ihm. Seine Ouvertüre war fertig.

Er merkte sie sich gut. In der nächsten Nacht schrieb er sie wohl nieder? Aber seine gute Frau müßte ihn wach erhalten. – – – Denn so einsamkeitgeschüttelt wie heute? – – – Das war mehr Tod als Leben …

Er ging fort, um zu ruhen. Hinter ihm flammte und strahlte ein leerer Prunksaal.

Es war der Schwanengesang des Rokoko entstanden.


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