Achim von Arnim und Clemens Brentano
Des Knaben Wunderhorn.Zweiter Band
Achim von Arnim und Clemens Brentano

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Dorothea und Theophilus.

(Mündlich.)

    Gleich wie ein fruchtbarer Regen
Ist der Martyrer Blut,
Und Frucht durch Gottes Segen
Reichlich er bringen thut.
Durchs Kreutz die Kirche dringet
Und wächst ohn Unterlaß,
Durch Tod zum Leben ringet,
Wer herzlich glaubet das.
Aus guter Zucht und Namen
Erschwingt sich gute Art,
Von Gott die Frommen kamen,
Der frommen Kinder wart't.
Ist Dorothea geboren
Von Aeltern keusch und rein,
So geht sie nicht verloren,
Und bleibt sie auch allein.
Die Heyden wollten zwingen
Sie zur Abgötterey,
Dem Feind wollts nicht gelingen,
Christum bekannt sie frey,
Ein Urtheil ward gefället
Verdient hätt sie den Tod,
Ritterlich sie sich stellet,
Und schrie ernstlich zu Gott.
Und Theophil dem Kanzler
Dem jammert die Jungfrau sehr;
Er sprach: O schon dein Leben,
Verlaß die falsche Lehr,
Und frist dein junges Leben!
Drauf Dorothea spricht:
»Ein beßres wird er geben
Und das vergehet nicht.
Zum schönen Paradiese
Komm ich nach meinem Tod,
Daß sie sich Christum wiesen,
Stehn da viel Röslein roth,
Draus wird mir Christ, mein Herre
Machen ein Ehrenkranz,
Der Tod geliebt vielmehre,
Als so ich ging zum Tanz.«
Doch Theophil die Rede
Erklärt für lauter Spott,
Sprach: Liebe Dorothea,
Wenn du bey deinem Gott
Schick mir auch Aepfel und Rosen
Aus Christi Garten schön! –
»Ja, sprach sie, heilge Rosen
Die sollst du wahrlich sehn.«
Das Fräulein war gerichtet,
Da klopft es an sein Haus,
Der helle Morgen lichtet,
Ein Knäblein stehet draus,
Geschwingt mit goldnen Flügeln
Reichts Rosenkörbchen dar,
Verschwindet auf den Hügeln,
Von wo es kommen war.
Und auf den Rosenblättern
Da steht geschrieben klar:
»Mein Christus ist mein Retter,
Und er mir gnädig war,
Ich leb in Freud und Wonne,
In ewger Herrlichkeit!« –
»Mein Irrthum ist zerronnen!«
Theophilus sagt mit Freud.
Bald fing er an zu preisen
Dich Christus wahren Gott,
Und ließ sich unterweisen
Wohl in des Herrn Gebot,
Hat heilge Tauf empfangen
Und Christum frey bekennt,
Zur Marter ist gegangen
Und mit der Ros verbrennt.

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