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Einleitung des Herausgebers.


Arndt besaß, wie jeder rechte Mann, ein starkes Selbstgefühl, war aber völlig frei von Dünkel und eitler Selbstbespiegelung und hielt seine Person nicht für bedeutend genug, um Interesse um ihrer selbst willen zu erwecken. Wenn er sich trotzdem, wie er seinem Freund Reimer mitteilte, »herausnahm, Erinnerungen aus seinem Leben zu schreiben, worin er von seiner Wenigkeit aus Klugheit und Gewissenhaftigkeit so klein geredet zu haben glaube, wie er von großen Dingen größer zu sprechen berechtigt scheinen konnte«, so trieb ihn dazu vor allem der Wunsch, sich gegen Unglimpf und Übelwollen zu rechtfertigen, um nicht unverdient für einen Schurken oder Narren zu gelten, als den seine Gegner ihn hinstellten. Freilich konnte er nicht ahnen, als er im Winter 1839/40 feine Selbstbiographie niederschrieb, daß seine öffentliche Rechtfertigung so nahe bevorstände, und daß fast gleichzeitig mit dem Erscheinen seines Buches im Sommer 1840 auch seine Wiedereinsetzung in sein Amt erfolgen würde.

Erinnerungen aus dem äußeren Leben nannte Arndt sein Buch, denn er will darin weniger sein Werden und seine innere Entwicklung schildern, wie es nicht lange vorher Goethe in unvergleichlicher Weise getan hatte, als vielmehr die »Umrisse seines Lebens, Wollens und Wirkens als deutscher Mann und Bürger« zeichnen. Mit liebevoller Ausführlichkeit verweilt der Greis bei dem Idyll seiner Jugendjahre und schenkte uns damit ein Bild aus der deutschen Vergangenheit von ganz besonderem Reiz, das seine Bedeutung als vornehmste Quelle für des Verfassers eigene Lebensgeschichte wie auch für die ländlichen Zustände seiner pommerschen Heimat zu Ende des 18. Jahrhunderts stets behalten wird. Größere Wichtigkeit gewinnt jedoch das Buch mit Arndts Eintritt in die Öffentlichkeit. Denn sein Leben hängt so eng mit den Zeitereignissen zusammen und ist so entscheidend von ihnen beeinflußt, daß sich darin in gewissem Grade der Geist seiner Zeit widerspiegelt. Durch seine enge Verbindung mit den Kreisen der preußischen Patrioten, namentlich mit dem Freiherrn vom Stein, hatte er während der Freiheitskriege Gelegenheit, alle die führenden Persönlichkeiten jener großen Zeit zu sehen und kennen zu lernen. Er verstand es vortrefflich zu beobachten und das Gesehene mit scharfen und markigen Strichen zu zeichnen. Die Bilder eines Stein, Scharnhorst, Yorck und zahlreicher anderer Männer und Frauen sind von einer unvergleichlichen Frische und Lebendigkeit und von größter Wahrheit und Treue, so daß Arndts Erinnerungen trotz einzelner Versehen und Irrtümer zu den besten und zuverlässigsten Werken unserer Memoirenliteratur gerechnet werden müssen.

Hatte Arndt sein Buch in der Absicht geschrieben, die Angriffe seiner Gegner zurückzuweisen, so zog er sich durch die kräftigen Worte über ultramontane Herrschsucht und Jesuitenlisten, die er darin äußerte, neue Angriffe zu. In einer Besprechung in den »Historisch-politischen Blättern« 1840. S. 545-560., die dem Buch im übrigen völlige Anerkennung zollt, wurden diese Äußerungen scharf gerügt, und ein anonymer Schriftsteller erging sich in einem fanatischen Pamphlet »Der Professor E. M. Arndt und seine Äußerungen über den kirchlichen Streit, den Papst, die katholische Kirche und deren Priesterschaft« (Köln 1840) in den heftigsten persönlichen Schmähungen gegen Arndt, die in einer Korrespondenz der Allgemeinen Zeitung vom 6. Februar 1841 gebührend zurückgewiesen wurden. Arndt selbst hielt es für unter seiner Würde, darauf zu antworten, zumal, da sein Buch solchen Beifall fand, daß noch in demselben Jahr eine zweite unveränderte Auflage erscheinen konnte, der 1843 eine dritte, von dem Verfasser durch einige Zusätze und Anmerkungen vermehrte, folgte. Diese letztere ist unserer Ausgabe zugrunde gelegt worden; nur der Nekrolog des Freiherrn vom Stein, den Arndt früher in der »Allgemeinen Zeitung« veröffentlicht und dann den »Erinnerungen« als Anhang hinzugefügt hatte, ist fortgeblieben, weil er zum großen Teil für die »Wanderungen und Wandlungen mit dem Freiherrn vom Stein« benützt worden ist.


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