Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Sechstes Kapitel

Die Delaware-Indianer. Der Häuptling. Der Todtgeglaubte. Das Gesuch. Das Jagdpferd. Der Probeschuß. Der unversöhnliche Feind. Der Ritt durch den Wald. Willkommen. Die Geschenke. Der wilde Freund.

 

Ein neues, ein angenehmeres Bild verdrängte aber an diesem Morgen die schauerliche Erinnerung an den Geizhals, denn ein Stamm der so aufrichtig befreundeten Delaware-Indianer unter dem Häuptling Youngbear kam in die Stadt eingezogen.

Dieser Stamm, einer von den wenigen übrigen der einst so großen, mächtigen Nation, zählte nur noch zwischen fünf- und sechshundert Seelen, unter denen sich nicht viel mehr, als hundert Krieger befanden. Dennoch war es ein Stamm, den alle Indianer bis in den fernen Norden hinauf fürchteten, und es in jeder Weise vermieden, mit ihm in Feindschaft zu gerathen. Die Männer führten sämmtlich Feuerwaffen, und waren als Schützen berühmt, und ihre Freundschaft mit der Regierung der Vereinigten Staaten gab ihrem Ansehen bei andern Indianern noch mehr Nachdruck.

Der Häuptling Yongbear, ein schöner ritterlicher junger Mann, war schon seit vielen Jahren mit dem Director persönlich befreundet, und besuchte ihn, seit derselbe hier lebte, so oft er in diese Gegend kam. Seine eigentliche Wohnstätte war im Norden am Kanzasflusse, wo die alten Männer und Frauen und kleinen Kinder des Stammes lebten und Maisbau und Viehzucht trieben, während Youngbear mit den jungen und kräftigen Leuten den größten Theil des Jahres zwischen den Felsengebirgen und dem Golf von Mexiko jagend umherzog, und nur zum Besuche nach der Ansiedlung am Kanzasflusse kam, um die Seinigen mit Talg, Honig, Bärenfett, getrocknetem Fleisch und Thierhäuten zu versorgen.

Für die Friedrichsburger war es jedesmal ein Fest, wenn die Delawaren erschienen, denn sie konnten, weil dieselben sämmtlich Englisch sprachen, sich mit ihnen leichter, als mit andern Indianern verständigen, und die Ueberzeugung, daß sie Freunde waren, beseitigte jede Scheu. Auch brachten die Delawaren immer eine Menge schöner Arbeiten mit, wie lederne, buntgestickte, und mit Perlen gezierte Taschen, hirschlederne Schuhe, äußerst geschmackvoll aus Federn gearbeitete Fächer, lederne Reitgamaschen, und vielerlei derartige Gegenstände, welche sie für Taback, Pulver und Blei, Messer und Beile, Nadeln und Faden und ähnliche Sachen vertauschten. Auch führten diese Indianer immer die besten und frommsten Pferde und Maulthiere zum Handeln mit sich, und man war sicher, daß man nicht von ihnen dabei betrogen wurde.

Während der ersten Tage nach ihrer Ankunft lagerten sie in der Regel unweit der Stadt an dem Bache, nachdem sie aber ihren Handel abgemacht hatten, verlegten sie ihr Lager an die Pierdenales, weil dort ihre Thiere bessere Weide hatten und sie selbst ergiebigere Jagd fanden.

Als an diesem Morgen der Zug der Delawaren vor dem Vereinsgebäude anlangte, waren schon Hunderte von Friedrichsburgern ihnen gefolgt, und drängten sich nun zu ihnen, um sie zu bewillkommnen und zu begrüßen.

Die Männer waren von ihren Pferden gestiegen, und reichten den Leuten Links und Rechts freundlich die Hände, und der Häuptling stand zwischen den Beamten und sprach seine Freude aus, sie wiederzusehen; da kam auch der Director zu ihm herangeschritten, und recht herzlich schüttelten sie sich die Hand.

Endlich lässest Du Dich einmal wieder sehen, Youngbear, wo hast Du Dich denn so lange Zeit umhergetrieben? sagte der Director erfreut zu dem Indianer.

An den ewig grünen Ufern der Medina, der Nueces und des Rio Frio, wo die Blumen immer blühen, wo die Vögel immer singen, und wo der Hirsch niemals mager wird. Das junge, fette Gras, das grüne Laub und die warme Luft des Golfs muß Youngbear nach Norden voranziehen, antwortete der Häuptling, ein schlanker junger Mann von auffallend edlem Aeußern und natürlich feinem, liebenswürdigem Wesen.

Nun, es ist gut, daß wir Dich einmal wieder bei uns haben, sagte der Director, dem Indianer auf die Schulter klopfend, nun lasse das grüne Gras und die warme Luft recht weit Dir voranziehen, und ruhe Dich und Deine Leute erst ordentlich bei mir aus. Du weißt, daß immer für Dich ein Platz an meinem Tische leer ist.

Youngbear und Schubba alte Freunde, antwortete der Indianer mit glücklichem, treuherzigem Lächeln, erfaßte die Hand des Directors, und drückte sie gegen sein Herz.

Dann wandte er sich rasch um zu Rudolph, der eben herzutrat, öffnete ihm die Arme, und rief:

Youngbears Herz freut sich, den jungen Adler (diesen Namen hatte er Rudolph früher einmal gegeben) wiederzusehen; Deine Flügel sind noch kräftig, und Dein Auge ist noch hell!

Dabei schloß er Rudolph an seine Brust, und schüttelte ihm dann in freudiger Aufregung die Hand. Als er aber plötzlich den Proviantmeister Bickel aus dem Vereinsgebäude hervortreten sah, rief er jubelnd aus:

Der große Büffel! – Youngbear fühlt sich glücklich, ihn wiederzusehen, er ist sein lieber, guter Freund, und damit umarmte er Bickel, und gab durch Wort und Geberden seiner Freude Ausdruck.

Viele ähnliche Scenen des frohen Wiedersehens hatten zwischen den andern Delawaren und den Bürgern von Friedrichsburg stattgefunden, als der Zug der Indianer sich wieder in Marsch setzte und sich zur Stadt hinaus bewegte, nur unweit derselben Lager zu beziehen.

Eine große Zahl der Deutschen folgte ihnen nach, da Jeder der Erste sein wollte, mit ihnen zu handeln, und bald darauf füllte sich das Waarenlocal des Vereins mit Einwohnern der Stadt, die sich die nöthigen Gegenstände dort holen wollten, um mit den Delawaren das Tauschgeschäft vorzunehmen.

Auch Youngbear bestieg nun sein Roß, und folgte seinen Leuten nach, um bei dem Aufschlagen der Zelte zugegen zu sein.

Die Delawaren gingen nicht wie die wilden Indianer fast ohne alle Kleidung, die Männer trugen Blousen von buntem Kattun, oder lederne, schön gestickte und befranzte Jagdhemden und hohe lederne Gamaschen; nur eine Kopfbedeckung war ihnen noch ziemlich fremd geblieben, und nur einzeln sah man ein buntes Seidentuch turbanartig um ihren Kopf gewunden.

Die Frauen trugen viereckige bemalte, mit Perlen gestickte und lang befranzte gegerbte Hirschhäute, durch deren in der Mitte befindlichen Oeffnung sie den Kopf steckten, so daß die Haut über Brust und Schultern herabfiel und mit den Franzen bis auf ihre Hüften hing. Ein kurzer, in gleicher zierlicher Weise gearbeiteter, befranzter Rock umgab ihren Leib, und Reitgamaschen reichten bis auf ihre zierlichen, mit Mokassins bekleideten Füße.

Zum Mittagstisch fand sich der Häuptling Youngbear bei dem Director ein und nahm an dessen Seite Platz.

Du hast im Auftrag der Regierung die Comantschen zum Friedensschluß hierher eingeladen; wollen viele Stämme sich dazu einfinden? fragte der Director den Delawaren.

Ueber vierzig wollen kommen und den Friedensbaum zwischen den Weißen und den Comantschen pflanzen; auch mehrere Stämme ihrer Vettern, der Mascalleros, wollen erscheinen, antwortete Youngbear, und fuhr nach kurzer Pause fort:

Noch haben meine Boten nicht alle Stämme der Comantschen aufgefunden, und nur wenige andere weigern sich, Freundschaft und Frieden zu machen. Daran ist Kateumsi Schuld, er macht ihr Herz bös, und das seinige wird die Weißen hassen, so lange es schlägt.

Kateumsis Herz hat aufgehört, zu schlagen, sagte der Director lachend, hier unser Freund Wildhorst hat ihm das Lebenslicht ausgeblasen.

Kateumsi todt? rief der Häuptling mit wild aufflammendem Blick aus, der junge Adler hat ihn mit seinen Krallen erfaßt? So braucht der Delaware keine Kugel für ihn zu gießen!

Der Director erzählte nun das Gefecht, welches er und seine Gefährten auf der Reise nach Austin mit den Comantschen bestanden, und in welchem Rudolph den Häuptling Kateumsi vom Pferde geschossen hatte.

So hast Du meinen schlimmsten Feind getödtet, hub Youngbear zu Rudolph gewandt an, und doch wäre es mir lieber gewesen, er wäre zum Friedensschluß gekommen, denn seine Freunde werden nun sicher wegbleiben und Rache an den Weißen zu nehmen suchen. Wenn Youngbears Kugel ihn in die ewigen Jagdgründe geschickt hätte, so würden seine Freunde Frieden mit den Weißen gemacht haben.

Du sprachst von Mescalleros, sagte der Director zu Youngbear, als ich noch an der Leone wohnte und Euer junger Mann Tiger mit mir lebte, besuchte mich ein Stamm der Mescalleros, und machte Freundschaft mit mir; sein Häuptling hieß Wasa.

Ein mächtiger und guter Häuptling, dieser Wasa; er will zum Friedensschluß hierherkommen, und er will noch andre Stämme der Mescalleros mit sich bringen.

Weiß er denn, daß ich hier lebe? fragte der Director.

Als ich ihm Deinen Namen nannte, fragte er, ob Du an der Leone in dem Fort gewohnt hättest und nannte Dich dann seinen guten Freund; sein Herz verlangt danach, Dich wiederzusehen. Ich ziehe von hier weit nach Norden, wo jetzt noch die Länder weiß sind, und der Büffel noch im Schnee geht, und werde auf meinem Wege noch mit vielen Stämmen reden und ihnen Freundschaft für die Weißen in die Herzen legen. Es soll Friede mit Euch und den rothen Kindern werden, sagte der Häuptling mit aufrichtigem Glauben, daß das Wohl der Indianer davon abhinge.

Als Youngbear nach Tisch sich anschickte, nach seinem Lager zu gehen, ließ der Director Brod, gemahlenen Kaffee, rohen Zucker, Toback, Salz und Pfeffer und andere solche Gegenstände in einen Korb packen, und ließ ihn durch einen Diener dem Häuptling nachtragen.

Während mehreren Tagen blieben nun die Delawaren unweit der Stadt liegen, und ihr Lager wurde ununterbrochen von den Friedrichsburgern besucht, theils, um mit ihnen zu handeln, theils aber auch aus Neugierde und aus Lust an dem Ungewöhnlichen Als aber das Handeln vorüber war, brachen die Indianer auf, und zogen auf der Straße hinab, bis wo dieselbe die Pierdenales kreuzte, und schlugen unweit der Furt ihr Lager auf, um das Frühjahr mit seiner frischen Vegetation noch weiter nach Norden vordringen zu lassen, ehe sie ihren Zug dorthin antreten würden.

Die Straße nach der Pierdenales beschrieb aber einen großen Bogen, weshalb der Director nach dem Compaß in ganz gerader Linie die Bäume in dem lichten Eichenwalde, der zwischen der Stadt und dem Flusse lag, hatte anhauen lassen, auf welchem Wege die Entfernung nach der Furt um die Hälfte verkleinert wurde. Auf dieser geraden Linie ritt er häufig zu den Delawaren in ihr Lager, und Youngbear benutzte dieselbe auch beinahe täglich, um sich zum Mittagsessen in dem Vereinslocale einzufinden.

Eines Tages war der Häuptling nicht zu Tisch erschienen, und der Director beschloß, gegen Abend hinunter zu reiten, um zu sehen, was die Ursache seines Ausbleibens war.

Er trat mit dem Proviantmeister und Rudolph aus dem Speisezimmer in das Thor, um sich nach seinem Hause zu begeben, als plötzlich ein Indianer auf schwarzem Roß vor ihm in der Straße hielt.

Kateumsi! stießen der Director und Rudolph zugleich aus, und sahen den Wilden an, als ob ein Geist vor ihnen erschienen wäre, doch Kateumsi saß wie aus Erz gegossen unbeweglich auf seinem mächtigen Rappen, und erwiederte regungslos ihre Blicke.

Wie kannst Du es wagen, hierherzukommen, nachdem Du mich auf meinem Wege nach Austin mit Deinen Kriegern überfallen hast? sagte der Director entrüstet, und blickte sich um, denn in demselben Augenblick kamen die Schützen, welche Bickel herbeigerufen hatte, mit ihren Büchsen aus dem Hofe gesprungen.

Deren Anblick machte aber auf den Häuptling keinerlei Eindruck, mit derselben eisernen Ruhe schaute er auf sie nieder, und sagte dann zu dem Director:

Kateumsi hatte noch keine Freundschaft mit Euch Bleichgesichtern gemacht, jetzt aber ist er gekommen, es zu thun. Dabei kreuzte er seine Arme, und legte die Hände auf seine Schultern.

Der Director überwand den Zorn und die Ueberraschung, die sich seiner beim Anblick dieses bösen Feindes bemächtigt hatten, und an die Worte des Delawaren-Häuptlings denkend, antwortete er:

Wenn Du wirklich unser Freund sein willst, so heiße ich Dich willkommen, und ich werde Alles thun, um uns Deine Freundschaft zu erhalten. Steige ab.

Kateumsi will einen Beweis Deiner Freundschaft haben, hub der Wilde abermals an.

Und womit soll ich ihn Dir geben? Ich bin dazu bereit, erwiederte der Director.

Die Delawaren sind in dem Besitze von Kateumsis bestem Jagdpferde, Du sollst mir das Pferd von ihnen zurückgeben lassen. Kateumsi und Delawaren keine Freunde, sagte der Wilde mit finsterm Blick.

Ich will Dir diesen Beweis meiner Freundschaft geben, und ich bin überzeugt, daß Youngbear mir den Gefallen thun und Dir das Pferd zurückerstatten wird, versetzte der Director, willst Du mit mir reiten? Es soll Dir kein Delaware etwas zu Leide thun.

Kateumsis Herz größer, als Delawarenherzen, sagte der Wilde mit stolzem wetterleuchtenden Blick, doch gleich trat die eiserne Ruhe wieder auf seine braunen Züge, und mit kaltem Tone setzte er hinzu:

Ich reite mit Dir, um das Pferd zu empfangen.

So lassen Sie schnell meinen Schimmel satteln, Burg, sagte der Director zu dem Schützen, bedeutete den Häuptling, daß er sogleich zurück sein würde, und sprang dann nach seinem Hause, um seine Waffen zu holen.

Als der Director sich entfernte, richtete der Wilde seinen Blick auf Rudolph, und dieser fühlte es deutlich, daß er ihn als den Schützen erkannte, der ihn vom Pferde geschossen hatte, doch wollte er Nichts darüber sagen, um nicht etwa das angebahnte gute Einvernehmen mit dem Comantschen zu stören.

Du hast ein schönes Pferd, hub er zu demselben gewandt an, und trat etwas zur Seite, um das edle Thier zu betrachten.

Du hast es schöner gesehen, als es jetzt hier steht, antwortete der Wilde mit aufflammendem Blick, Du hast es gesehen in der ganzen Länge seines Sprunges, hast es gesehen mit blitzenden Augen, mit glühenden Nüstern und fliegender Mähne, und hast es gesehen, als es ohne seinen Reiter davonjagte. Dein Auge war gut, Deine Kugel aber war schlecht, sie war für Kateumsi zu schwach.

Dabei schob er den Köcher von Leopardenfell, der über seine Schulter hing, zurück, und zeigte auf einen kleinen hellrothen Fleck auf seiner Brust. Es war die Narbe der Wunde, welche Rudolphs Kugel ihm gegeben hatte.

Kateumsis Pfeil durch zwei weiße Männer, fügte er noch stolz hinzu, und wandte sich dann nach dem Director um, der eben aus seinem Hause trat.

Wenige Minuten später befand sich dieser zu Pferd mit dem Häuptling auf dem Wege durch den Wald nach der Pierdenales.

Sie waren eine geraume Zeit neben einander unter den Eichen hingeritten, ohne daß der Eine, oder der Andere das Schweigen gebrochen hätte, endlich hub der Director an:

Du weißt, daß im August alle Comantschen und auch die Mescalleros nach Friedrichsburg kommen werden, um ewigen Frieden mit uns zu schließen und reiche Geschenke zu erhalten? Ich hoffe, daß Du nicht dabei fehlen wirst.

Der Wilde zögerte einige Augenblicke mit der Antwort, dann sagte er:

Kateumsi wird unter Deinen Freunden sein.

Nach einer Weile nahm der Director wieder das Wort, und sagte:

Du mußt mich nun manchmal mit Deinen Leuten in der Stadt besuchen, wie es Santa Anna, Sanacho, Pahajuia und so viele andere große Häuptlinge der Comantschen thun, und sollst dann immer einige Geschenke von mir erhalten.

Was kann Kateumsi Dir dagegen geben? Sein Land nehmt Ihr ihm, ohne ihn darum zu fragen, antwortete der Wilde, und zog seine Brauen zusammen.

Glaube das nicht, Kateumsi, wir wollen Dein Land nicht nehmen, wir wollen nur hier und dort kleine Ansiedlungen gründen, und mit Euch handeln, so daß Ihr den größten Nutzen davon habt.

So habt Ihr kleine Ansiedlungen gegründet, als Ihr zuerst auf Euern beflügelten Canoes über das große Wasser kamet und die Küsten dieses Landes betratet, und Ihr habt uns von dem ganzen Lande weggehandelt bis hierher, und wollt uns immer noch weiter handeln, bis wir an den Gebirgen mit den Büffeln sterben. Das ist der Nutzen, den wir von Eurem Ansiedeln und Handeln bekommen, antwortete der Häuptling noch finsterer.

Nur zu wohl fühlte der Director die Wahrheit dieser Worte des Wilden, doch war dieser Welttheil sicher nicht geschaffen worden, damit die wenigen Urbewohner allein darauf jagen und umherziehen sollten.

Du sollst es sehen, Kateumsi, daß wir Dir recht gute Freunde sein werden, die Dir durch ihre Gegenwart in Deinem Lande keinen Schaden bringen; nur zeige auch Du uns, daß Du unser Freund bist, denn als unser Feind thust Du Dir selbst am Meisten wehe.

Der Wilde gab keine Antwort und sah vor sich hin, als suche er das Lager der Delawaren zu erspähen.

So ritten sie schweigend vorwärts, bis sie die letzte Höhe erreichten, an deren Fuß die Zelte der Delawaren auf dem Ufer der Pierdenales aufgestellt waren.

Kateumsi hier auf das Pferd warten, sagte er beim Anblick des Lagers, und hielt sein Roß an.

Gut, erwiederte der Director, ich bringe es Dir hierher.

Dabei winkte er dem Wilden einen Gruß zu, und ritt den Rasenabhang hinab nach dem Lager.

Kaum hatten die Delawaren den Director bemerkt, als sie auch den Comantschen erblickten, und mit der Hand über den Augen spähend nach ihm hinaufschauten.

Youngbear kam Schubbert entgegen gesprungen, und rief:

Ist das nicht Kateumsi, den der junge Adler vom Pferde geschossen hat?

Er ists, die Kugel hat ihm Nichts gethan. Er will Frieden mit uns machen, kommt aber gleich mit einem Anliegen. Ihr Delawaren seid im Besitz eines seiner Pferde, dessen Rückgabe ich bei Euch erwirken soll. Du mußt mir zu Liebe ihm das Thier wiedergeben, versetzte der Director, indem er Youngbear die Hand reichte.

Das Pferd ist in unsern Händen, doch muß ich erst die Zustimmung meiner Krieger haben, ehe ich es Dir aushändigen kann. Komm mit in unser Lager, ich will mit den Leuten reden. Wenn Du aber nicht mit Kateumsi gekommen wärest, so würden die Delawaren ein Rennen mit ihm halten, wobei er auch seinen Rappen noch und sein Leben verlieren könnte. Er ist ein großer Schurke.

Schubbert hatte sein Pferd einem von Youngbears Leuten übergeben, und ging mit dem Häuptling in das Lager. Dort sammelte derselbe die Krieger um sich, trug ihnen den Wunsch des Directors vor, und rieth ihnen, das Pferd herauszugeben.

Die Berathung war kurz, und das Resultat derselben ging dahin, daß man dem Director zu Liebe das Roß zurückgeben wolle, worauf einer der jungen Männer nach den weidenden Thieren hinsprang, einen edlen Fuchs mit weißer Mähne und weißen Schweif an einem Strick unter ihnen herausführte und ihn Schubbert einhändigte, der den Delawaren nun seinen Dank abstattete, und ihnen erklärte, er werde ihnen den Werth des Pferdes ersetzen.

Warum bist Du nicht zum Essen gekommen, Youngbear? fragte ihn der Director.

Es kamen Büffel in unsre Nähe, und da haben wir Jagd gemacht, wir haben zehn Stück davon erlegt; sie waren sehr fett, antwortete der Häuptling, und versprach dann, am folgenden Tage sich zu Tisch einzufinden.

Der Director nahm nun dankend von dem Häuptling Abschied, bestieg sein Pferd, und leitete den Fuchs an dem Seil neben sich her nach der Höhe, wo in dem Schatten der letzten Eichen Kateumsi wie eine dunkle Bildsäule hielt.

Schubbert erwartete nichts Anderes, als daß der Wilde seine Freude zu erkennen geben und ihm für den ihm erwiesenen Dienst danken würde, Kateumsi aber sagte kein Wort, nahm das Pferd in Empfang, und lenkte mit unveränderter kalter Ruhe auf dem Gesicht seinen Rappen den Weg zurück, auf welchem sie gekommen waren.

Wiederholt suchte der Director ein Gespräch mit seinem Gefährten anzubahnen, derselbe beharrte in seinem Schweigen, und so hatten sie wohl die Hälfte des Weges zurückgelegt, als Schubbert seitwärts in der Entfernung von wohl zweihundert Schritt drei stattliche Hirsche erblickte, die aufmerksam nach ihnen herüberschauten.

Die Gelegenheit war ihm erwünscht, um dem Wilden zu zeigen, wie überlegen die Feuerwaffen den Bogen und Pfeilen wären, er klopfte ihm auf den Arm, zeigte nach den Hirschen hin, und stieg von seinem Pferd. Einige Augenblicke nachher that er den Schuß, einer der Hirsche sprang hoch in die Höhe, und fiel todt zu Boden. Schubbert freute sich, daß ihm die Schießprobe so gut gelungen war, und blickte sich rasch nach dem Wilden um, damit er dessen Verwunderung aus seinen Zügen lese, keine Aenderung aber war aus ihnen zu sehen, er saß wie in Gedanken versunken auf seinem Rappen, und schien in dem Schusse gar nichts Ungewöhnliches bemerkt zu haben.

Der Director führte nun sein Pferd zu dem verendeten Hirsch, hieb ihn mit dem an seinem Sattel befestigten kleinen Beil schnell auseinander, hing die Keulen und den Rücken an sein Roß, und ritt wieder zu dem Comantschen zurück, mit welchem er nun dem Weg nach der Stadt weiter folgte.

Sie waren aber noch nicht lange geritten, als Kateumsi den Bogen und einen Pfeil aus seinem Köcher hervorzog, ersteren spannte, und dann Schubbert auf den Arm klopfte, indem er zugleich nach einer weit vor ihnen stehenden, sehr starken Eiche zeigte, auf welcher ein Stück der Rinde in der Größe einer Hand als Wegweiser abgehauen war.

Kaum hatte der Wilde Schubberts Arm berührt, als er, ohne sein Pferd anzuhalten, auch schon den Pfeil vom Bogen fliegen ließ, und derselbe die handgroße, von der Rinde entblößte Stelle auf der Eiche in die Mitte traf. Dann schob er im Vorwärtsreiten den Bogen wieder gleichgültig in den Köcher, und als sie die Eiche erreichten, sah der Director, daß die eiserne Pfeilspitze sich vollständig in dem harten Holze vergraben hatte, das Holz des Pfeiles aber durch die Gewalt des Schusses und des Widerstandes zersplittert war.

Er sah mit Verwunderung auf das im Centrum sitzende Geschoß, und mußte sich selbst sagen, daß dieser Schuß auf achtzig Schritte, vom vorwärts schreitendem Pferde herab gethan, ein weit vorzüglicherer sei, als der, welchen er nach dem Hirsche vollführt hatte.

Bald darauf waren sie vor der Stadt angelangt, und der Häuptling hielt seinen Rappen an, indem er sagte:

Kateumsis Lager steht dort.

Dabei zeigte er nach Osten hin, und wandte den Kopf seines Pferdes nach dieser Richtung.

Willst Du nicht mit mir reiten und Dich bei mir ausruhen? Du hast mir ja doch gesagt, Du wolltest mein Freund sein, versetzte der Director.

Das Zelt Kateumsis steht weit von hier, antwortete der Wilde, ohne sich aufhalten zu lassen, und Schubbart war im Begriff, ihm noch einen unfreundlichen Gruß mit auf den Weg zu geben, doch überwand er seinen Unmuth, sah dem Comantschen noch einige Augenblicke nach, und ritt dann selbst nach seinem Hause.

Als am folgenden Tage der Delaware-Häuptling sich zum Mittagsessen bei dem Director einfand, und dieser ihm den unartigen Abschied des Comantschen berichtete, versetzte Youngbear:

Ich habe es Dir ja gesagt, daß er ein böses Herz hat und daß er seinen Haß gegen Euch Weiße mit zu seinen Vätern nehmen wird. Du mußt immer eine Kugel für ihn gegossen halten. Schade, daß meine Delawaren ihn nicht hetzen durften; unsre Rosse sind schneller, als Kateumsis Rappe.

Bald nach dem Mittagsessen verabschiedete sich Youngbear bei dem Director, weil er in seinem Lager eine Berathung mit seinen Kriegern zu halten habe, Rudolph begleitete ihn nach seinem Pferd, welches am Wasser hinter den Vereinsgebäuden in der Weide ging, und als er Abschied von ihm nahm, sagte er:

Vielleicht besuche ich Dich gegen Abend und bringe meine Braut mit; sie wünscht Dich kennen zu lernen.

Hast Du eine Braut? So trage ihr die Hochzeitsfackel vor die Thür, damit Youngbear zum Feste kommen kann, antwortete der Häuptling freudig.

Erst im nächsten Frühjahr soll sie meine Frau werden, weil wir noch vorher ein großes Haus bauen wollen, versetzte Rudolph, und der Delaware ritt mit der Bitte davon, doch ja mit seiner Braut in sein Lager zu kommen.

Die Sonne stand schon ziemlich niedrig, als Rudolph durch die Einzäunung um Nimanskis Haus schritt und seine Braut mit ihrem Vater unter der Verandah sitzend antraf. Zu ihren Füßen lag der große schwarze Hund, und vor ihnen im Grase stand die Ziege, und schaute nach ihrer Herrin hin, als warte sie darauf, daß dieselbe ihr ihre Aufmerksamkeit schenke. Ludwina aber las ihrem Vater eine Zeitung aus ihrer alten Heimath vor, welche Frau von Rawitzsch kürzlich erhalten und ihr geliehen hatte.

Als sie Rudolph nun gewahrte, legte sie schnell die Zeitung auf die Bank, sprang ihm mit freudigem Gruße entgegen, und reichte ihm ihren Mund zum Kusse hin.

Du kommst ja früh, mein Rudolph, hast Du Dich nach Deinem Liebchen gesehnt? sagte sie, mit wonnigem Lächeln ihm in die großen, treuen Augen schauend.

Kann ich denn fern von Dir ohne Sehnsucht sein – Du Himmelslieb – hältst Du nicht, wenn ich von Dir gehe, meine Seele an Dir fest? antwortete der glückliche Jüngling, und führte die Geliebte, seinen Arm zärtlich um sie legend, nach der Verandah zurück, wo er den biedern Major herzlich begrüßte.

Du hast schon oft den Wunsch ausgesprochen, die Delawaren einmal in ihrem Lager zu besuchen, hub Rudolph dann wieder zu Ludwina gewandt an, es ist ein schöner, stiller Abend, und der Weg nach der Pierdenales führt durch den prächtigsten Eichenwald, laß uns hinunterreiten, ich habe es dem Häuptling halb versprochen, und er freut sich darauf, meine Braut zu sehen. Er meinte, ich solle Dir gleich die Hochzeitsfackel vor die Thür tragen, damit er zum Feste kommen könne.

Ei ja, diese Freude mußten wir ihm doch eigentlich bereiten, nahm Ludwina scherzend das Wort, was meinst Du dazu, Papa?

Der Alte schmunzelte, that einige Züge aus seiner Pfeife, und sagte dann:

Mir ist es immer Recht, mein Mädchen, Dein Glück kann mir nie früh genug kommen; denn das meinige hängt ja davon ab. Reite aber doch mit Rudolph in das Lager, damit Du einmal aus dem Hause kommst; es wird Dir wohl thuen.

Du solltest mit uns reiten, lieber Vater, bat Ludwina.

Das geht nicht gut, ich habe es dem Herrn Pfarrer versprochen, ihn heute Abend zu besuchen. Reitet unter Gottes Schutz allein, erwiderte Nimanski, und fügte nach einigen Augenblicken noch hinzu, Ihr könnt Euch auch die Zeit nehmen und in der Kühle reiten, denn der Mond scheint ja schon sehr hell.

Der kann uns Nichts helfen, wir müssen mit dem letzten Tageslicht zurückkehren, oder wir würden genöthigt sein, die Straße, die eine halbe Stunde um ist, zu reiten. Durch den Wald könnten wir bei Mondschein leicht unsern Weg verlieren, da man die Zeichen an den Bäumen nicht erkennen kann, versetzte Rudolph, und Ludwina erklärte sich zu dem Ritt bereit, sobald dieser ihn antreten wolle.

Er sprang nun schnell hinaus nach dem Pony des Majors in das Gras hinter dem Hause, wo dasselbe mit gefesselten Vorderfüßen noch weidete, holte das hübsche goldbraune Thier vor die Einzäunung, und eilte dann nach seiner eigenen Wohnung, um sein Pferd zu satteln. Bald war er zu Roß zurück, der Major hatte dem Pony den Damensattel Ludwinas ausgelegt, Rudolph hob diese auf denselben hinauf, schwang sich auf seinen Rothschimmel, und unter den Segenswünschen des Alten ritt das liebende Paar davon.

Den hohen Wald hatten sie bald erreicht, und die frische kühle Luft umwehte sie belebend und wohlthuend.

Das sind doch Genüsse, die man in unserer lieben alten Heimath nicht kannte, sagte Ludwina hochaufathmend, während die Rosse sie lautlos auf dem weichen Grasteppich unter den uralten prächtigen Eichen hintrugen, und nur von Zeit zu Zeit ein Sonnenstrahl durch deren dichtbelaubte Kronen auf sie niederblitzte.

Ja; es ist schön unter diesem ewig blauem Himmel, nahm Rudolph begeistert das Wort, und dennoch, geliebte Ludwina war es mir oft bange, daß Dir das Leben hier mit seinen vielen Entbehrungen auf die Dauer nicht so ganz zusagen möchte; Dein Umgang ist so sehr beschränkt, und die Beschäftigung; der Du Dich so freudig unterziehst, ist eine so ganz andere, als die; für welche Du herangebildet würdest.

Aber wie viel natürlicher und wie viel lohnender ist sie, bester Rudolph, nein, nein, ich möchte, selbst wenn ich Dich nicht hier mein eigen nennte, mein Leben nicht wieder mit dem schalen, nutzlosen Treiben der Mädchen in Deutschland vertauschen; und nun, wo ich Dich besitze, für Dich leben und schaffen kann, und der liebe gütige Gott es mir vergönnt hat, Dir Glück zu geben, o mein Rudolph, da wird mir diese herrliche Natur, dies wundervolle Land zum Paradies, Dabei reichte Ludwina mit unaussprechlichem Liebreiz ihre kleine Rechte nach dem Geliebten hin, und fuhr fort:

Nein, Rudolph, mit Deiner Liebe fehlt zu meinem vollsten Glücke Nichts mehr, als Friede und Ruhe mit den wilden Indianern, und die werden wir ja nun bekommen.

Und Du bist es, Du bist der Engel, der mir hier den Himmel aus Erden giebt; sieh, Ludwina, ich weiß keine Worte zu finden, um meinem Seligkeitsgefühl in Deiner Nähe Ausdruck zu geben, es ist mir aber, als müßte ich Dir lebenslang zu Füßen liegen und Dir das Glück danken, womit Deine Liebe mich segnet, antwortete Rudolph, indem er sein Roß dicht an das Pony Ludwinas lenkte, und seinen Arm um ihre Schultern legte.

Die beiden Pferde waren in Schritt gefallen, und von überwogender Liebeswonne durchbebt, zogen ihre Reiterin und ihr Reiter Arm in Arm dahin durch die balsamische Waldesluft, und bemerkten nicht, daß sie dem Ziel ihres Rittes nahe waren, bis sie die letzten Eichen erreicht hatten, und auf die vielen weißen Zelte der Delawaren hinabblickten.

Da sind wir ja schon, Rudolph, hub Ludwina überrascht an, weiß ich doch wirklich gar nicht, wie wir hergekommen sind, so kurz ist mir der Weg geworden; ach, es war so schön in dem Walde!

Und es war so schön an Deiner Seite, Du Engelswesen, antwortete Rudolph in seinem Wonnerausch, und die Pferde schritten langsam auf dem Rasen hinab.

Da sprang der Häuptling zwischen den Zelten hervor ihnen entgegen und bewillkommnete sie mit lauten Jubelrufen.

Kaum aber war er nahe zu Ludwina getreten, da wurde er stumm, und schaute sie überrascht und verwundert an.

Rudolph war vom Pferd gesprungen, hatte Ludwina aus dem Sattel gehoben und die beiden Thiere einem Indianer übergeben, als er die Hand des Häuptlings ergriff, sie herzlich schüttelte, und sagte:

Siehst Du, Youngbear, ich habe Wort gehalten und Dir meine Braut Ludwina hergebracht, die sich schon lange darauf gefreut hat, Dich, meinen Freund, zu sehen.

Auch ihren Freund, – Youngbears Herz muß auch Deiner Braut gehören, antwortete der Delaware feierlich, und man sah es ihm an, daß er sein Erstaunen über des schönen Mädchens Erscheinung noch nicht überwunden hatte.

Und Ludwina ist auch Deine Freundin, weil Du meinem Bräutigam ein so guter Freund bist, nahm diese jetzt mit vollster Natürlichkeit das Wort, blickte dem Häuptling lieb und freundlich in die dunkeln Augen und reichte ihm zutraulich ihre Hand.

Der junge Adler treuster Geliebter von Ludwina, Youngbear treuester Freund von ihr, sagte dieser mit einem Ernste, als lege er den heiligsten Eid ab.

Dann schritt er ihnen voran an den Zelten hin bis zu dem seinigen, welches über einem brausenden Wasserfall des Flusses unter mächtigen schattigen Eichen stand, und bei seinem Erscheinen sprangen mehrere hübsche, sauber gekleidete Indianerinnen mit prächtigen Bären- und Jaguarhäuten aus dem Zelte hervor und breiteten dieselben nun unter einer der Eichen für die Gäste aus.

Youngbear hieß diese willkommen in seinem Lager, sie ließen sich auf die weichen Häute nieder, und der Häuptling setzte sich ihnen gegenüber.

Du hast mir aber noch nicht gesagt, ob Dir meine Braut auch gefällt, Youngbear, hub Rudolph nun scherzend an, um von dem sonst so redseligen Delawaren den feierlichen Ernst zu verscheuchen.

Wer kann sagen, daß ihm die Sonne gefällt – ihre Strahlen machen blind, antwortete der Häuptling mit begeistertem Tone, und heftete seinen staunenden Blick sinnend auf Ludwinas schönes Antlitz, nach einer kurzen Pause aber fuhr er fort, und sagte mit einem Ausdruck überströmenden Gefühls zu ihr:

Du bist der Mond, der zwischen dunkeln Wolken glänzt, vor dessen Licht die Finsterniß entflieht; Dein Auge gleicht dem blauen See der Berge von hohem, dichtem Wald beschattet, und Deine Haut ist weißer, als das Gefieder der weißen Turteltauben an des Meeres Küste, in dem die Sonne jetzt zur Ruhe geht – Du bist die schönste Jungfrau, die das Auge Youngbears je gesehen!

Diese, aus tiefster Seele kommenden Worte begleitete der Indianer mit entsprechenden Blicken und Bewegungen der Arme und Hände, und zwar mit einem Anstand, einer Grazie, die der höchsten Bildung Ehre gemacht hätte.

Und was Ludwina außer von Rudolph von keinem weißen Manne mit angehört haben würde, that ihr wohl, von dem Indianer zu vernehmen, denn es war die Natur, die zu ihr sprach.

Du bist zu nachsichtig gegen mich, Youngbear, weil Du unser Freund bist, aber ebenso, wie ich Dir gefalle, gefällst Du mir, weil ich Deine Freundin bin, antwortete Ludwina, sich aus ihrer halben Verlegenheit reißend, und warf einen verstohlenen Blick nach Rudolph hin, als wolle sie ihn fragen, ob ihre Antwort nach seinem Wunsche ausgefallen sei.

Er aber blinkte ihr freundlich lächelnd mit den Augen zu, und sagte dann zu dem Häuptling:

Du mußt jetzt übers Jahr aber nicht verfehlen, Dich hier einzufinden, damit Du bei unsrer Hochzeit sein kannst.

Youngbear wird so sicher erscheinen, wie das Frühjahr, und die Delawaren sollen ihre schönsten Arbeiten für die Braut machen, antwortete der Häuptling, dann wandte er sich schnell nach seinem Zelte, und rief einige Worte in seiner Sprache aus, woraus ein Indianermädchen mit einer reizend schön gearbeiteten, mit Perlen gestickten ledernen Tasche und ein anderes mit einer wundervoll weich gegerbten ungeheuren Bärendecke und einer prächtigen buntgefleckten Jaguarhaut herangesprungen kamen, und die Gegenstände dem Häuptlinge reichten. Dieser war aufgestanden, legte die Häute und die Tasche vor Ludwina nieder, und sagte:

Und damit die Braut sich Youngbears bis zum nächsten Frühjahre erinnere, so giebt er ihr diese Andenken.

Und damit unser Freund Youngbear sich unsrer auch erinnere, so giebt Ludwina ihm dies Andenken, sagte das Mädchen augenblicklich entschlossen, nahm den rothen Seidenschawl von ihrem Nacken, und reichte ihn dem Delawaren mit der größten Freundlichkeit hin.

Youngbears Herz ist nun ganz mit Glück gefüllt, sagte er, den Schawl um seinen Nacken legend, warf einen stolzen Blick nach den Zelten seiner Leute hinüber, und setzte sich nun neben Ludwina nieder.

Jetzt begann er wieder redselig zu werden, erzählte von seinem Aufenthalte im letzten Winter in den südwestlichen wunderbar schönen Gegenden dieses Landes, kam dann auf frühere Erlebnisse während seiner Jagdwanderungen bis in den hohen Norden, wo er namentlich die Naturschönheiten der Felsengebirge hervorhob, und seines ersten Zusammentreffens mit dem Director Schubbert erwähnte, und malte mit Worten so lebendige, anschauliche, hochpoetische Bilder, daß Ludwina mit höchstem Staunen und Bewunderung seiner Rede lauschte.

Schnell verstrich die Zeit, die Sonne war versunken, und Rudolph mahnte an den Heimritt, worauf Youngbear die Pferde seiner lieben Gäste kommen ließ, zugleich aber auch das seinige, weil er, wie er sagte, seiner neuen lieben Freundin, der weißen Taube, sicheres Geleit nach Hause geben müsse.

Als eine Indianerin sein stolzes, hochedles Roß vorführte, war es mit glänzenden Federn und bunten Bändern geziert, und sein Sattel mit einer prächtigen Leopardenhaut überdeckt.

Youngbear schwang sich leicht und behend auf dessen Rücken, und ritt nun an Ludwinas Seite an der Zeltreihe hin, wobei er den rothen Schawl recht breit über seine Brust entfaltete.

Die Nacht überholte sie auf ihrem Ritte durch den Wald, und das Mondlicht fiel nur hier und dort durch das Laubdach auf sie nieder, doch Youngbear folgte dem Weg, ohne sich nur einmal zu bedenken, und in heiterster Unterhaltung langten sie vor Friedrichsburg an.

Hier wollten Rudolph und Ludwina Abschied von dem halb wilden Freunde nehmen, doch er weigerte sich, sie schon zu verlassen, und sagte, er müsse die weiße Taube bis an ihr Haus begleiten."

Zusammen zogen sie nun in die Stadt ein, und erreichten bald darauf Ludwinas Wohnung, wo der Major sie freudig bewillkommnete, und seinen Dank mit dem seiner Kinder für das Geleit des Delawaren vereinigte.

Ludwina dankte demselben nochmals ins Besondere für die schönen Andenken, die Rudolph vor sich auf dem Sattel mitgebracht, und Youngbear zeigte dagegen stolz auf den Schawl, den er von der Braut erhalten hatte.

So schied der Indianer mit einer Freundschaft im Herzen, wie sie kaum treuer und reiner in eines Menschen Brust leben kann.


 << zurück weiter >>