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In der Wolfsgrube

Ein Zigeuner kam bei der Nacht vom Jahrmarkt, war lustig und guter Dinge, taumelte auf der Landstraße fort und fiedelte dazu. Als er aber einen Seitenweg durch den Wald einschlug, verirrte er sich und geriet in eine Wolfsgrube. Er krabbelte lange hin und her, um herauszukommen, allein die Wände waren zu hoch, es war umsonst. Da ergab er sich in sein Schicksal, setzte sich in eine Ecke und ward ruhig.

Nach einer Weile kam auch der Wolf und plumpste hinein.

Der erschrak nicht wenig, als er das schwarze Ungeheuer mit den roten Augen und den weißen Zähnen sah; er zog sich in eine andere Ecke zurück und verhielt sich ruhig.

Nicht lange, so kam auch der Fuchs die Straße daher und fiel hinein. Der sah auch in der Ecke das schwarze Ungeheuer mit den roten Augen und den weißen Zähnen und dachte: »Das ist der leibhafte Teufel!« – Die Angst ließ ihn nicht recht sehen, wer in der anderen Ecke sei; er zog sich in die dritte Ecke zurück und blieb ganz ruhig.

Da kam letztlich auch der Esel diesen Weg, und – plumps! – rumpelte auch er hinein. Da sah er gleich das schwarze Ungeheuer mit den roten Augen und den weißen Zähnen und erschrak nicht wenig; er schlich in die vierte Ecke.

Der Zigeuner zitterte vor Furcht. Um diese zu bemeistern, nahm er seine Geige und fiedelte. Das aber kann weder der Wolf noch der Fuchs, noch der Esel recht vertragen. Der Wolf heulte entsetzlich, der Fuchs bellte, der Esel iate.

»Ah, seid Ihr es, Gevatter?« rief der Fuchs zum Wolf hinüber: »Wir sind verloren, wenn Ihr nicht meinen Rat befolgt. – Ihr, Gevatter Esel, stellt Euch auf die Hinterbeine an die Wand; dann klettern ich und der Wolf über Euch hinaus, und wir ziehen Euch dann empor!«

Der Esel tat so, wie ihn der Fuchs geheißen. Da sprangen dieser und der Wolf schnell hinaus; sie dachten aber gar nicht daran, den Esel hinaufzuziehen, sondern waren froh, daß sie selbst der Gefahr entrannen. »Helfe Euch Gott!« riefen sie dem Esel zu und machten sich aus dem Staube.

Nun war der Zigeuner nicht minder froh, als er den Esel allein da sah, den er jetzt wohl kannte; er hörte auf zu spielen und sprach: Fürchte dich nicht, Grauchen' Ich bin ja der Midi vom Graben, der deine Schuhe beschlagen hat!»

Da ließ auch der Esel seine Angst fahren, und so schliefen beide ruhig bis an den Morgen.

 


 


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