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Michael Lindener (um 1520-1562):

Eine Magd verklagte einen jungen Gesellen vor der Königin

Eine Magd oder Jungfrau (wie man ihrer denn jetzt viele findet) verklagte einen jungen Gesellen vor der Königin, daß er ihr wider ihren Willen ihre Jungfernschaft oder das Magdtum genommen hätte. Das leugnete der gute Gesell und sprach, daß er sie gar nicht gezwungen hätte, sondern daß sie selber willig dazu gewesen wäre.

Nun hieß die Königin, die aus solcher Sache bald kommen wollte, ihr ein Schwert zu bringen, welches sie herauszog und der Magd das Schwert in die Hände gab; sie aber behielt die Scheide in den Händen und sagte zu der Dirne, sie solle das Schwert einstecken. Aber die Königin bewegte die Scheide hin und her, daß sie das Schwert nicht hineinstecken konnte; und sie sprach zu der Königin: »Gnädigste Frau, ich kann es nicht einstecken.«

»Wohlan«, sprach die Königin, »hättest du dich auch so gewehrt, als der Gesell zu dir gekommen, so hätte er dir deine Jungfernschaft nicht genommen. Darum ziehe hin! Der Gesell ist deiner ledig!«

Wenn man solchen Schleppsäcken allen so täte, so würden sie sich daran stoßen und sich nicht sogleich unter einen strecken. Aber so meinen sie, wenn sie einen frommen Gesellen betrügen können, so haben sie ihm recht getan. Was aber hernach für gute Ehen daraus werden, sieht man täglich wohl. Ein jeglicher hüte sich!

 


 


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