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Frauen

Wenn ich im Dämmern liege,
Drückt mich das Dunkel kaum.
Wie eine weiche Wiege
Wiegt mich der alte Traum,
Der Traum der schönen Frauen,
Wen tröstete der nicht?

Kaum fühl ich seine Hände,
So neigen sich die Wände,
Die nahe Nacht zerbricht,
Und helle Bilder tauen
Sanft nieder aus dem lauen
Flutenden Rosenlicht.

Blühen

Die Mädchen in den ersten Tagen
Des Frühlings sind so wunderbar.
Noch wissen sie es nicht zu sagen
Und fühlen doch wie Kronentragen
Die Blüten hoch in ihrem Haar.

Des Windes leisen Violinen
Wandern sie nach im Lenzgebet,
Und eine Sehnsucht ist in ihnen,
Die ihre blassen Träumermienen
Mit vielen Feuern überweht.

Und aller Dinge dumpfes Streben
Gewinnt in ihnen seinen Sinn.
Der jungen Erde Rausch und Beben,
Sie tragen es mit ihrem Leben
Schon träumend in den Frühling hin.

Die Zärtlichkeiten

Ich liebe jene ersten bangen Zärtlichkeiten,
Die halb noch Frage sind und halb schon Anvertraun,
Weil hinter ihnen schon die wilden Stunden schreiten,
Die sich wie Pfeiler wuchtend in das Leben baun.

Ein Duft sind sie; des Blutes flüchtigste Berührung,
Ein rascher Blick, ein Lächeln, eine leise Hand –
Sie knistern schon wie rote Funken der Verführung
Und stürzen Feuergarben in der Nächte Brand.

Und sind doch seltsam süß, weil sie im Spiel gegeben
Noch sanft und absichtslos und leise nur verwirrt,
Wie Bäume, die dem Frühlingswind entgegenbeben,
Der sie in seiner harten Faust zerbrechen wird.

Das fremde Lächeln

Mich hält ein leises Lächeln gebannt.
Es hing
Ganz licht und lose am Lippenrand
Einer schönen Frau, die vorüberging.

Die fremde Frau war schön und schlank,
Und fühlte ich gleich, es zielte ihr Gang
In mein Leben.
Und dies Lächeln, das ich in Glut und Scham
Von ihren zartblassen Lippen nahm,
Hat mir ein Schicksal gegeben.

Wie ist dies alles so wundersam,
Das Lächeln, die Frau und mein sehnender Traum
Versponnen zu törichten Tagen.
Mein Herz verirrt sich in Frage und Gram,
Woher dieses seltsame Lächeln kam,
Und weiß ich doch kaum,
Wieso mir das heimliche Wunder geschehn,
Daß ich, erglutend in Glück und Scham,
Ein Lächeln aus fremdem Leben nahm
Und in das meine getragen.

Ich fühle nur: seit
Ich das Lächeln der leisen Lippen getrunken,
Ist die Ahnung einer Unendlichkeit
In mein Leben gesunken.
Meine Nächte leuchten nun still und lau
Wie ein Sternengezelt
In beruhigtem Blau.
Und der zarte Traumglanz, der sie erhellt,
Ist das Lächeln der Frau,
Der viellieben Frau,
Der schönen, an der ich vorüberging,
Der fremden, von der ich ein Schicksal empfing.

Terzinen an ein Mädchen

Seit deine Hände kühl an meinen ruhten,
Fühle ich traumhaft ihre weiße Schwinge
Tief in die Stille meiner Stunden fluten,

Doch eingebannt im Bilde vieler Dinge:
Bald ruhen sie wie schöne weiße Schalen,
Bald knistern sie um eine blaue Klinge,

Verblassen jetzt zu kränklichen Opalen
Und sind nun selbst wie schmachtend matte Frauen –
Doch immer ist in ihren schmalen, fahlen

Gelenken, die das Netz des bleichen blauen
Geäders zart und rätselhaft durchgittert,
Ein irres Leuchten und ein stummes Grauen.

Ist dies mein Traumglanz nur, der so gewittert,
Oder ist Funkenspiel dies deiner Seele
Ein fahles Fieber, das in dir aufzittert

Und das du niederringst mit stolzer Kehle? –
O leih mir, Seltsame, die kühlen Hände,
Doch nicht, daß ich sie so mit Fragen quäle

Und böser Stunden Spur in ihnen fände.
Ganz leise nur, ganz lieb will ich sie nehmen
Und wunschlos halten, deine blassen Hände,

Als wären sie zwei weiße Chrysanthemen.

Die Hände

Eine stille große Güte
Wacht nun zärtlich um mein Leben.
Zweier Hände weiße Blüte
Fühl ich durch mein Dunkel schweben.

Meine Seele klingt von Lachen,
Doch sie wagt sich kaum zu rühren,
Denn sie fürchtet, ein Erwachen
Könnte ihren Traum entführen.

Und sie läßt die schlanken Hände
Wortlos zu sich niederneigen,
Aber wundersame Spende
Wacht und wartet in dem Schweigen.

Denn im Schweigen dämmern Reime,
Die sich sacht zu Versen bauen,
Und aus halberschloßnem Keime
Hebt sich leuchtend das Vertrauen,

Dieses selige Erleben
Als ein Lied den schmalen, weichen
Händen, die es mir gegeben,
Tiefbeseligt darzureichen.

Neue Fülle

O welch Glühn in fremde Hülle,
Da mein Mund an deinem hing!
Doch schon fühlt ich neue Fülle,
Als ich heimwärts von dir ging.

Und so schenkt ich mich der Ferne,
All die Sehnsucht sank in sie,
Und mein Herz und Nacht und Sterne
Rauschten gleiche Melodie.

Die geneigten Krüge

Nun wir bebend die geneigten Krüge
Jäh beglückter Leidenschaften sehn,
Wie nun wild und wehmutsvoll die Flüge
Einer Frage durch die Stunden wehn:

»War dies süßer nicht, als wir noch gingen
Reiner Sehnsucht priesterlich geweiht
Und das Dunkle in den vielen Dingen
Die Verheißung schien der letzten Lieblichkeit,

Da uns, nur den Fernen hingegeben
Traum ein wundersames Leben ward,
Dem der Seelen schwisterliches Schweben
Sich in reinem Sternenflug gepaart,

Da wir träumten wie durch weiße Gärten,
Deren Tempeltüren keiner fand
Und noch nicht dies arme Glück begehrten,
Das zerfließt in unsrer heißen Hand?«

War dies süßer nicht? ... Durch Liebeslüge
Fühlen wir die Frage schmerzlich wehn,
Nun wir bebend die geneigten Krüge
Unsrer jungen Leidenschaften sehn ...


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