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Vierter Akt

Gerichtssaal. Die Wände sind unten mit gepreßtem grauen Samt ausgeschlagen. Oben ist die Wand rot. Vergoldete symbolische Figuren stützen das Dach, das von roten Strahlen gebildet wird; der Fries und das Deckgetäfel sind grau. Ein Baldachin aus weißem Atlas mit goldnen Blumen ist für die Herzogin errichtet. Darunter eine lange, mit rotem Tuch behängte Bank für die Richter. Darunter ein Tisch für den Gerichtsschreiber. Zwei Soldaten stehen zu beiden Seiten des Baldachins, und zwei Soldaten bewachen die Tür. Die Bürger haben sich teils schon eingefunden, teils kommen sie noch und begrüßen sich untereinander. Zwei Gerichtsdiener in violetter Tracht halten mit langen weißen Stäben Ordnung.

Erster Bürger. Guten Morgen, Nachbar Anton.

Zweiter Bürger. Guten Morgen, Nachbar Dominick.

Erster Bürger. Das ist ein merkwürdiger Tag für Padua, was? – der Herzog tot.

Zweiter Bürger. Ich kann dir sagen, Nachbar Dominick, so 'nen Tag hab' ich nicht erlebt, seit der letzte Herzog gestorben ist – so wahr ich 'n ehrlicher Mann bin.

Erster Bürger. Zuerst wird man ihn verhören und danach aburteilen, nicht wahr, Nachbar Anton?

Zweiter Bürger. O nein, sonst könnt' er ja der Strafe entgehn. Erst wird er verurteilt, damit er sein Teil kriegt, dann findet das Verhör statt, damit keine Ungerechtigkeit möglich ist.

Erster Bürger.

Na, na, es wird ihm schon an den Kragen gehn, daran ist kein Zweifel.

Zweiter Bürger.

Es ist aber auch was gar Arges, das Blut eines Herzogs zu vergießen.

Erster Bürger.

Ein Herzog soll doch blaues Blut haben.

Zweiter Bürger.

Meiner Ansicht nach war unserm Herzog sein Blut schwarz, wie seine Seele.

Erster Bürger.

Sei auf der Hut, Nachbar Anton, der Gerichtsdiener mit den blauen Augen hat dich aufs Korn genommen.

Zweiter Bürger.

Was ich mir daraus mache, ob er mich mit seinen blauen Augen angafft, er kann mich nicht damit verbläuen.

Dritter Bürger.

Was haltet ihr eigentlich von dem jungen Mann, der dem Herzog das Messer hineingestochen hat?

Zweiter Bürger.

Es ist ein gut erzogener, gutmütiger, gut aussehender Bursch und doch ein Bösewicht, weil er den Herzog umgebracht hat.

Dritter Bürger.

Er hat's zum erstenmal getan. Vielleicht bewilligt ihm das Gesetz mildernde Umstände, weil er's nicht im Wiederholungsfall getan hat.

Zweiter Bürger. Ja wahrhaftig, daran hab' ich noch gar nicht gedacht. Aber das Gesetz ist streng gegen jedermann.

Gerichtsdiener. Halt's Maul, du Schuft!

Zweiter Bürger. Bin ich dein Spiegel, Herr Gerichtsdiener, daß du mich Schuft schimpfst?

Erster Bürger. Hier kommt eine vom Hofstaat. Nun, Dame Lucia, was Neues bei Hofe? Wie geht's deiner armen Frau, der Herzogin mit dem süßen Gesicht?

Lucia. Schön guten Tag! Ein schöner Unglückstag! Was für ein Tag! Was für ein Unglück! Letzten Juni zu Michaelis sind's grade neunzehn Jahr her, daß ich meinen Mann geheiratet hab'. Jetzt schreiben wir August, und der Herzog ist ermordet: da habt ihr eine merkwürdige Übereinstimmung.

Zweiter Bürger. Wenn das 'ne merkwürdige Übereinstimmung ist, wird der junge Mann vielleicht nicht umgebracht. Gegen Übereinstimmungen gibt's noch kein Gesetz, weil's keins gegen Stimmungen gibt.

Erster Bürger. Aber was macht denn die Herzogin?

Lucia. Ich wußte, daß dem Haus ein Unglück bevorsteht: vor sechs Wochen waren die Kuchen alle auf einer Seite angebrannt, und letzten Martiniabend flog eine dicke Motte ins Licht, die hatte Flügel, daß ich vor Schreck beinah – –

Zweiter Bürger. Aber erzählt doch von der Herzogin, wackre Gevatterin; wie steht's mit ihr?

Lucia. Traun, es ist Zeit, daß ihr euch nach ihr erkundigt, die arme Frau ist fast von Sinnen. Die ganze Nacht hat sie kein Auge zugetan, sondern ist im Zimmer auf und ab gegangen. Ich bat sie, doch was einzunehmen, Molken oder Aquavit, zu Bett zu gehn und ihrer angegriffenen Gesundheit ein wenig Schlaf zu gönnen; nein, antwortete sie mir, ich hab' Angst vorm Träumen. Was meint ihr zu der Antwort – sonderbar, nicht?

Zweiter Bürger. Die großen Herrschaften sind mit dem Verstand etwas zu kurz gekommen; das gleicht die Vorsehung bei ihnen durch schöne Kleider aus.

Lucia. Na, so viel weiß ich: Gott bewahre uns vor Mord, solang wir leben.

( Moranzone tritt eilig auf.)

Moranzone. Ist der Herzog tot?

Zweiter Bürger. In seinem Herzen steckt ein Messer, und das soll ja für keinen Menschen gesund sein.

Moranzone. Wer wird des Mords beschuldigt?

Zweiter Bürger. Der Gefangene, Herr.

Moranzone. Wer ist der Gefangene?

Zweiter Bürger. Na der, den man beschuldigt, den Herzog ermordet zu haben.

Moranzone. Ich meine, wie er heißt.

Zweiter Bürger. Grade so, wie ihn seine Paten getauft haben. Wie denn sonst?

Gerichtsdiener. Guido Ferranti heißt er, gnädiger Herr.

Moranzone.

Ich wußt' es fast, bevor du's noch gesagt. ( Beiseite.) Daß er den Herzog umgebracht, ist seltsam,
da er so andrer Stimmung mich verließ.
Ich denke mir, als er den Mann erblickte,
den teuflischen Verräter seines Vaters,
da warf die Leidenschaft aus seinem Herzen
all seine knabenhaften Liebeslehren
und pflanzte Rache dort. Mich wundert, daß
er nicht entkam.
( Sich wieder unter die Menge mischend.)
Sagt, wie ward er gefaßt?

Dritter Bürger. Gewiß beim Schopfe, Herr.

Moranzone. Ich weine, wer hat ihn gefaßt?

Dritter Bürger. Na, die ihn verhafteten.

Moranzone. Wer hat Lärm geschlagen?

Dritter Bürger. Das kann ich nicht sagen, Herr.

Lucia. Die Herzogin selbst hat ihn bezeichnet.

Moranzone ( beiseite). Die Herzogin! Da stimmt nicht alles recht.

Lucia. Jawohl! Der Dolch war noch in seiner Hand – der Dolch der Herzogin.

Moranzone. Was sagtet Ihr?

Lucia. Mit dem Dolch der Herzogin wurde der Herzog getötet.

Moranzone ( beiseite). Dahinter birgt sich ein Geheimnis; ich kann es nicht begreifen.

Zweiter Bürger. Sie brauchen sehr lange, bis sie kommen.

Erster Bürger. Meiner Treu, für den Gefangenen kommen sie noch zu früh.

Gerichtsdiener. Ruhe vor Gericht!

Erster Bürger. Du störst die Ruhe, Herr Gerichtsdiener, indem du uns befiehlst, uns ruhig zu verhalten.

( Der Vorsitzende des Gerichtshofs und die Richter treten auf.)

Zweiter Bürger. Wer ist der in Scharlach? Ist das der Henker?

Dritter Bürger. Nein, das ist der Oberrichter.

( Guido wird unter Bewachung hereingeführt.)

Zweiter Bürger. Da kommt gewiß der Gefangene.

Dritter Bürger. Er sieht anständig aus.

Erster Bürger. Das ist ja seine Spitzbüberei: Schurken sehen heutzutage so anständig aus, daß die anständigen Leute, wenn sie sich von ihnen unterscheiden wollen, wie Schurken aussehen müssen.

( Der Henker tritt auf und stellt sich hinter Guido.)

Zweiter Bürger. Da kommt der Henker! Herrje! Ist das Beil scharf, was meint ihr?

Erster Bürger. Ja, schärfer als dein Witz; aber die Schneide ist nicht auf ihn gerichtet, merkt ihr's?

Zweiter Bürger. ( sich den Hals kratzend). Meiner Treu, so nahe lieb' ich's nicht.

Erster Bürger. I, du brauchst keine Angst zu haben: den niederen Leuten schneiden sie nicht den Hals ab, uns läßt man einfach baumeln.

( Trompetenstoß außen.)

Dritter Bürger. Was bedeutet der Trompetenstoß? Ist die Verhandlung schon vorbei?

Erster Bürger. Nein, er gilt der Herzogin.

( Die Herzogin tritt in schwarzem Samtkleid auf; ihre Schleppe aus geblümtem schwarzen Samt wird von zwei Pagen in violettem Gewand getragen. Mit ihr kommen der Kardinal in Scharlachrot und die Herren des Hofstaats in Schwarz. Sie nimmt ihren Platz auf dem Throne über den Richtern ein; diese erheben sich und ziehen bei ihrem Erscheinen die Mütze. Der Kardinal sitzt, ein wenig niedriger, neben der Herzogin. Die Höflinge scharen sich um den Thron.)

Zweiter Bürger. Die arme Herzogin, wie blaß sie aussieht! Wird sie sich auf den Thron setzen?

Erster Bürger. Ja, sie nimmt jetzt des Herzogs Platz ein.

Zweiter Bürger. Das ist gut für Padua: die Herzogin ist eine freundliche, barmherzige Frau – sie hat mein Kind einmal vom Fieber geheilt.

Dritter Bürger. Ja und noch mehr: sie hat uns Brot gegeben. Das soll ihr nicht vergessen sein.

Ein Soldat. Tretet zurück, ihr guten Leute!

Zweiter Bürger. Wozu brauchen wir zurückzutreten, wenn wir gut sind?

Gerichtsdiener. Silentium!

Oberrichter.

Mit Eu'r Gnaden Einvernehmen,
so's Euch beliebt, verhandeln wir den Mord
des Herzogs.

( Die Herzogin verbeugt sich.)

Der Gefangne trete vor!
Wie heißt du?

Guido.

Was ist dran gelegen, Herr.

Oberrichter.

Guido Ferranti nennt man dich in Padua.

Guido.

Ein Mann stirbt unter dem Namen ebensogut wie unter
jedem beliebigen.

Oberrichter.

Es ist dir wohl bekannt,
welch fürchterlicher Schuld man hier dich zeiht:
verräterischen Mords an unserm Herzog,
Simone Gesso, Herrn von Padua.
Was hast du darauf zu erwidern?

Guido.

Nichts.

Oberrichter.

Du legst demnach ein Schuldbekenntnis ab?

Guido.

Nein, ich bekenne nichts und leugne nichts.
Ich bitte, gnädiger Herr, verfahrt so schnell,
wie's Rechtsbrauch und Gesetz nur irgend zuläßt.
Ich will nicht Rede stehn.

Oberrichter.

Dann kannst du nicht
an diesem Morde schuldlos sein, vielmehr
hat dein versteinert, widerspenstig Herz
dem Rechte seine Pforten abgeschlossen.
Glaub' nicht, daß deine Schweigsamkeit dir fromme;
sie mehrt im Gegenteil noch deine Schuld,
von der fürwahr wir durchaus überzeugt.
Noch einmal: rede drum!

Guido.

Ich sage nichts.

Oberrichter.

So bleibt mir nichts zu tun, als über dich
das Urteil schnellen Todes auszusprechen.

Guido.

Ich bitt' Euch, saget Eure Zeitung rasch,
Ihr könnt mir nichts Erwünschteres gewähren.

Oberrichter.

( sich erhebend).
Guido Ferranti –

Moranzone
( aus der Menge vortretend).
Haltet ein, Herr Richter!

Oberrichter.

Wer bist du, daß dem Recht du Halt gebietest?

Moranzone.

Wenn es das Recht ist, nehm' es seinen Lauf;
doch wenn es nicht das Recht ist –

Oberrichter.

Wer ist dies?

Bardi.

Ein Edelmann und unserm weiland Herzog
bekannt.

Oberrichter.

So seid Ihr eben recht gekommen,
um unsers Herzogs Mord gesühnt zu sehn.
Da steht er, der so Scheußliches getan.

Moranzone.

Hat sich Verdacht nur blind an ihn geheftet,
oder habt Ihr Beweise, daß er's war?

Oberrichter.

Dreimal hieß der Gerichtshof ihn sich äußern,
allein die Schuld liegt schwer auf seiner Zunge,
denn gar nichts bringt er zur Verteidigung vor,
noch sucht er von dem Vorwurf sich zu rein'gen,
was doch die Unschuld täte.

Moranzone.

Noch einmal
frag' ich: habt Ihr Beweise?

Oberrichter

( den Dolch zeigend).
Diesen Dolch,
den, blutig, seinen blutbefleckten Händen
die Krieger gestern nacht entwanden: brauchen
wir mehr Beweis?

Moranzone.

( nimmt den Dolch und nähert sich der Herzogin).
Sah' ich nicht einen Dolch
wie den an Eurer Gnaden Gürtel hängen?
( Die Herzogin erschauert, ohne indes zu antworten.)
Verstattet mir mit diesem jungen Manne,
der so gefährdet, ein'ge Augenblicke.

Oberrichter.

Mit Freuden, Herr! Mögt Ihr ihn dahin bringen,
daß er sich seine Schuld vom Herzen wälze.

( Moranzone geht rechts zu Guido hinüber und umfaßt seine Hand.)

Moranzone.

( im Flüsterton).
Sie tat's! Ich sah ihr's an den Augen an!
Glaubst du, ich ließe deines Vaters Sohn
von diesem Weibe auf die Richtstatt schleifen?
Wie deinen Vater ihr Gemahl verkauft,
will sie's mit dir jetzt tun.

Guido.

Graf Moranzone,
ich tat's allein. Ihr dürft zufrieden sein,
mein Vater ist gerächt.

Moranzone.

Genug, genug,
ich weiß, du hast es nicht getan, sonst hätte
des Vaters Dolch, nicht dieses Weibes Spielzeug
das Werk vollführt. Sieh, wie sie nach uns starrt!
Bei Gott, die Marmormaske soll herunter,
vor aller Welt zeih' ich sie dieses Mords.

Guido.

Ihr sollt es nicht.

Moranzone.

Des sei gewiß, ich werde.

Guido.

Ihr dürft nicht sprechen, gnäd'ger Herr.

Moranzone.

Warum nicht?
Ist schuldlos sie, so kann sie's auch beweisen;
falls schuldig, sterbe sie.

Guido.

Was soll ich tun?

Moranzone.

Du oder ich – die Wahrheit sagt hier einer.

Guido.

Die Wahrheit ist: ich tat's.

Moranzone.

Wir wollen sehn,
was unsre gute Herzogin erwidert.

Guido.

Nein, ich sag' alles aus.

Moranzone.

Das lob' ich, Guido.
Auf ihr Haupt fall' ihr Frevel, nicht auf deines!
Gab sie dich nicht der Wache preis?

Guido.

Ja, sie.

Moranzone.

So räche deines Vaters Tod an ihr!
Sie war das Weib des Judas.

Guido.

Ja, sie war's!

Moranzone.

Ich denk', es braucht jetzt keines Stachels mehr,
warst du auch gestern knabenhaft verzagt.

Guido.

War gestern ich noch knabenhaft verzagt,
so werd' ich's heute sicher nicht mehr sein.

Oberrichter.

Bekennt er?

Guido.

Gnäd'ger Herr, ich will bekennen,
daß hier ein grauser Mord begangen ward.

Erster Bürger.

Nun seh' einer das an: er hat ein weiches Herz und will
nichts von Mord wissen; dafür werden sie ihn freilassen.

Oberrichter.

Und das ist alles?

Guido.

Nein, ich sag' noch mehr:
Todsünde tut, wer Menschenblut vergießt.

Zweiter Bürger.

Das sollte er zum Henker sagen;
's ist ein guter Spruch.

Guido.

Als letztes fleh' ich den Gerichtshof an,
mir zu gestatten, daß ich frank erkläre
des Mordes Rätsel, dieses Dunkel lichte
und Euch den Schuld'gen nenne, der den Herzog
mit diesem Dolche gestern nacht getötet.

Oberrichter.

Dir sei's vergönnt.

Beatrice.

( sich erhebend).
Nein, nein, er soll nicht sprechen;
bedürfen wir noch weiterer Beweise?
Hat man ihn nicht bei Nacht im Haus ergriffen
im blutigen Gewand der Schuld?

Oberrichter.

( ihr das Gesetzbuch zeigend).
Eu'r Gnaden
mag das Gesetz einsehn.

Beatrice.

( das Buch beiseite schiebend).
Bedenkt, Herr Richter,
ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß ein Mensch
wie er in Gegenwart von allem Volke
hier meinen Gatten lästert und beschimpft,
die Stadt, die Ehre dieser Stadt, vielleicht
sogar mich selbst?

Oberrichter.

Doch das Gesetz, Eu'r Gnaden!

Beatrice.

Er soll nicht sprechen, soll mit einem Knebel
die Leiter zu des Henkers Block ersteigen.

Oberrichter.

Doch das Gesetz!

Beatrice.

Uns bindet nicht Gesetz,
wir binden andre damit.

Moranzone.

Herr Richter,
Ihr werdet solches Unrecht hier nicht dulden.

Oberrichter.

Spart Euch den Widerspruch, Graf Moranzone.
Es wäre schlechtes Beispiel, hohe Frau,
vom graden Wege das Gesetz zu lenken:
mit dieser Vollmacht könnte Anarchie
an unsre goldne Wage rühren, könnte
das Unrecht ungerechten Sieg erringen.

Bardi.

Eu'r Gnaden kann dem Recht nicht Einhalt tun.

Beatrice.

Ihr predigt Recht und prahlt mit dem Gesetz!
Mich dünkt, ihr stolzen Herrn von Padua,
wer eure Güter oder Tasche schädigt,
wer eure Rieseneinkünft' um den Wert
von einer Fähre Zoll bloß schmälern wollte,
dem gönnt ihr nicht des säum'gen Rechtes Aufschub
mit süßer Langmut, die ihr mir empfehlt.

Bardi.

Eu'r Gnaden fügt den Edlen Unrecht zu.

Beatrice.

Mir scheint, ich tu' es nicht. Wer von euch allen,
fänd' er zur Nachtzeit einen Dieb im Hause,
der wertlos Zeug in seine Lumpen sackte,
ließ' auf Verhandlungen sich ein und riefe
nicht einen Büttel flugs herbei, daß er
ihn stracks zum Kerker schleppe?
So auch hättet
ihr Männer, wenn den Burschen ihr gefunden
mit meines Gatten Blut an seinen Händen,
vor seinen Richter ihn geschleift, damit
das Haupt ihm abgeschlagen werde.

Guido.

Gott!

Beatrice.

Herr Richter, sprecht!

Oberrichter.

Es darf nicht sein, Eu'r Gnaden.
Darin sind Paduas Gesetze streng:
selbst der gemeine Mörder darf danach
mit eignem Munde stch verteidigen.

Moranzone.

Gerechter Richter! O gerecht Gesetz!

Beatrice.

Noch jubelt Ihr zu früh mit Eurem Recht!
Dies ist kein niedrer Mörder, Oberrichter,
vielmehr ein Vogelfreier, ein Verräter
am Staat, in offnem Kriege festgenommen.
Denn wer den Herrscher eines Staats ermordet,
ermordet auch den Staat, macht alle Frauen
zu Witwen und zu Waisen alle Kinder,
gilt ebenso darum als Feind des Staats,
wie wenn mit dräuendem Geschütz er käm,
im Bunde mit Venedigs Heeresbann,
und rüttelte an unsrer Feste Toren.
Nein, noch gefährlicher ist er dem Staat
als Speerestarren und Geschützedonner;
denn Mauern, Tore, Zinnen, Forts, dergleichen,
was wesentlich aus Holz und Stein gefügt,
das läßt man neu erstehen, doch wer kann
den Leib des toten Gatten auferstehn,
ihn leben, lachen heißen?

Maffio.

Bei Sankt Paul,
nun, dächt' ich, wird man ihm das Wort versagen.

Jeppo.

Ja, das hat Hand und Fuß. Hört weiter!

Beatrice.

Deshalb
bestreut mit Asche jetzo Paduas Haupt,
hängt Trauerfahnen aus in allen Straßen,
ein jeder kleide sich in ernstes Schwarz –
doch eh' wir uns zur Totenfeier rüsten,
laßt der verruchten Mörderhand uns denken,
die über unsern Staat Verderben brachte.
Schafft ihn sogleich in jenes enge Haus,
aus dem kein Laut dringt, wo mit wenig Staub
der Tod den Lügenmund der Menschen füllt.

Guido.

Laßt los, ihr Schergen! Hör' mich, Oberrichter!
Du kannst den fessellosen Ozean,
den Winterwirbelwind, den Alpensturm
so wenig hemmen, wie du mich beruhigst.
Und stießt ihr in den Hals mir eure Schwerter,
sollt jeder Wunde Spalt mit grimmer Zunge
zum Himmel schrein.

Oberrichter.

Gewalt von solcher Art
taugt nicht; wofern dir nicht das Tribunal
rechtmäßig Vollmacht leiht zu freier Rede,
sind deine Worte in den Wind gesprochen.
( Die Herzogin lächelt, Guido fällt mit verzweiflungsvoller Gebärde
rückwärts.
)
Eu'r Gnaden, ich und diese weisen Richter
gedenken uns mit Euerm Einvernehmen
jetzt in ein andres Zimmer zu begeben,
um diesen schwier'gen Rechtsfall zu beraten
und Satzungen und Formeln durchzuprüfen.

Beatrice.

Geht, werter Richter, prüft die Satzung wohl
und seid dem Lästerbuben nicht zu Willen.

Moranzone.

Geht, werter Richter, prüfet Eu'r Gewissen
und schickt zum Tode niemand ungehört.

( Oberrichter und Richter ab.)

Beatrice.

Schweig still, du meines Lebens böser Geist,
zum zweiten Male trittst du zwischen uns;
diesmal ist, dacht' ich, Herr, an mir die Reihe.

Guido.

Ich will nicht sterben, bis ich ausgesagt.

Beatrice.

Stirb und nimm dein Geheimnis mit ins Grab!

Guido.

Bist du noch jene Herzogin von Padua?

Beatrice.

Ich bin, wozu du mich gemacht; sieh her,
sieh, ich bin dein Geschöpf.

Maffio.

Schaut, gleicht sie nicht
der weißen Tigerin zu Venedig, die
ein ind'scher Sultan einst dem Dogen sandte?

Jeppo.

Pst, sie hört dein Geschwätz.

Henker.

Mein junger Bursch,
ich weiß nicht, was dein Sprechen wirken soll,
da meine Axt so nahe deinem Halse;
durch Worte wird die Schneide doch nicht stumpf.
Allein ist dir so viel daran gelegen,
so wende dich dort an den Mann der Kirche;
die niedern Leute rufen ihn hierher,
fürwahr, ich weiß, er hat ein freundlich Herz.

Guido.

Der, des Geschäft der Tod, ist höflicher
als all die anderen.

Henker.

Gott gnade dir,
ich tue dir den letzten Dienst auf Erden.

Guido.

Herr Kardinal, in einem Christenland,
wo des Erlösers gnadenreiches Antlitz
vom hohen Stuhle des Gerichtes blickt,
soll ohne Beicht ein Mann da sterben? Sonst
laßt meiner Sünde Schreckensmär mich künden,
wofern auf meiner Seele Sünde lastet.

Beatrice.

Unnütze Zeitverschwendung!

Kardinal.

Ach, mein Sohn,
ich habe keinen Einfluß auf den Richter.
Mein Amt beginnt erst, wenn das Recht gesprochen,
zur Reu' den schwanken Sünder zu ermahnen,
daß er ins Ohr der heiligen Kirche raune
des schuldbeladnen Herzens Heimlichkeiten.

Beatrice.

So viel du willst, magst du zum Beichtstuhl sprechen,
bis deine Lippen überdrüssig werden,
doch hier sollst du es nicht.

Guido.

Ehrwürdiger Vater,
Ihr bringt mir schwachen Trost nur.

Kardinal.

Nein, mein Sohn,
die große Macht der Kirche endet nicht
mit dieser armen Seifenblase Welt,
von der wir, sagt Hieronymus, nur Staub sind –
denn wenn der Sünder reuig stirbt, vermögen
Gebet und unsre heiligen Messen viel,
dem Fegefeuer die Seele zu entreißen.

Beatrice.

Triffst du im Fegefeuer meinen Gatten
mit einem Stern blutrot auf seinem Herzen
sag' ihm, daß ich dich hingeschickt.

Guido.

O Gott!

Moranzone.

Dies ist das Weib, das du geliebt – nicht wahr?

Kardinal.

Wie grausam ist Eu'r Gnaden diesem Manne!

Beatrice.

Nicht halb so grausam, wie er Ihrer Gnaden.

Kardinal.

Ja, er hat Euern Mann ermordet.

Beatrice.

Freilich!

Kardinal.

Doch Gnade ist der Fürsten schönstes Recht.

Beatrice.

Mir ward nicht Gnade, und ich spende nicht …
Er hat mein Herz in einen Stein verwandelt,
auf blühndem Felde Nesselbrut gesät,
des Mitleids Born in meiner Brust vergiftet
und Güte mit der Wurzel ausgejätet;
mein Leben ist wie ein verhungert Land,
aus dem das Gute völlig ausgerodet.
Ich bin, wozu er mich gemacht hat.
( Die Herzogin weint.)

Jeppo.

Seltsam,
daß sie den bösen Herzog so geliebt.

Maffio.

's ist seltsam, lieben Frauen ihre Männer,
und seltsam ist es, lieben sie sie nicht.

Jeppo.

Was für ein Philosoph du bist, Petrucci?

Maffio.

Das Unglück anderer kann ich ertragen –
das ist Philosophie.

Beatrice.

Sie bleiben lang,
die grauen Bärt' im Rate; heißt sie kommen,
heißt schnell sie kommen, sonst zerspringt mein Herz,
so heftig klopft es: nicht als ob zu leben
ich ängstlich wäre, denn Gott weiß, mein Leben
ist nicht so freudenvoll – trotz alledem
möcht' ich nicht ohn' Gefährten sterben oder
allein zur Hölle fahren.
Kardinal,
kannst du nicht hier auf meiner Stirn ein Wort
in Scharlachlettern lesen? – Rache heißt's …
Holt Wasser her, damit ich ab es wasche,
es ward mir gestern abend aufgebrannt –
muß ich's bei Tage tragen, Kardinal?
Oh, wie es sengt und mein Gehirn verbrennt!
Gebt mir ein Messer, nein, nicht dies, ein andres,
ich schneid's heraus.

Kardinal.

Es ist naturgemäß,
zu wüten gegen des Verbrechers Mordhand,
die Euch im Schlafe den Gemahl erschlug.

Beatrice.

Ach, könnt' ich, Kardinal, die Hand verbrennen –
sie wird im Jenseits brennen.

Kardinal.

Unsre Kirche
gebietet, unsern Feinden zu verzeihn.

Beatrice.

Verzeihn? was ist das? mir ward nie verziehen.
Sie kommen endlich. Nun, Herr Richter, nun?

( Der Oberrichter tritt auf.)

Oberrichter.

Erhabne Frau und höchste Lehensherrin,
wir haben lang den stritt'gen Punkt geprüft
und Eurer Gnaden Weisheit wohl erwogen –
von schönern Lippen sprach die Weisheit nie.

Beatrice.

Fahrt fort, Herr, ohne Kompliment!

Oberrichter.

Wir finden
wie Euer Gnaden richtig dargetan,
jedweder, der gewaltsam oder listig
sich gegen die Person des Herrn verschwört,
ist ipso facto vogelfrei und bar
der Rechte, die den andern zugehören,
ist ein Verräter und ein Feind des Volks,
den jedes Schwert beliebig töten mag,
ohne daß sein Besitzer dafür hafte;
bringt man ihn aber vor das Tribunal,
so muß er stummen Munds und demutsvoll
sich seinem wohlverdienten Schicksal fügen,
da er der freien Rede Recht verwirkt hat.

Beatrice.

Ich danke dir von Herzen, eu'r Gesetz
gefällt mir. Und nun, bitt' ich, fertigt ab
den Meuchelmörder, so wie's ihm gebührt,
denn ich bin müd, und müd ist auch der Henker.
Was gibt's noch mehr?

Oberrichter.

Ja, Euer Gnaden, mehr.
Ein Fremdling ist der Mann, kein Paduaner,
und unserm Herzog nicht mehr Treue schuldig,
als die Natur von jedem Menschen heischt.
Mag man ihn vielfachen Verrats auch zeihn,
worauf der sichre Tod als Strafe steht,
so hat er doch das Recht der freien Rede
in öffentlicher Sitzung vor dem Volke;
ja, der Gerichtshof wird ihn dringend bitten,
der Form gemäß sein Leben zu verteidigen,
damit nicht seine Stadt, mit Fug erbost,
zu Unrecht unsern Staat bezichtige,
woraus ein Krieg für uns erwachsen könnte.
So gnadenreich sind Paduas Gesetze
dem Fremden, der in seinen Mauern wohnt!

Beatrice.

Ist er als Mitglied unsres Hofstaats fremd hier?

Oberrichter.

Erst wenn er sieben Jahre hier gedient,
vermag er Bürger Paduas zu werden.

Guido.

Ich danke dir von Herzen, eu'r Gesetz
gefällt mir.

Zweiter Bürger.

Die Gesetze lieb' ich nicht;
gäb's kein Gesetz, gäb's auch nicht Übertreter,
und alle wären tugendhaft.

Erster Bürger.

Ja freilich,
das ist ein kluges Wort, 's bringt einen weit.

Gerichtsdiener.

Ja, an den Galgen, Schuft!

Beatrice.

Ist dies Gesetz?

Oberrichter.

Gewiß ist dies Gesetz hier, gnädige Frau.

Beatrice.

Zeigt mir das Buch: – – da steht es blutig rot.

Jeppo.

Seht unsre Herzogin!

Beatrice.

Verflucht Gesetz,
ach! könnt' ich dich doch aus dem Staate reißen,
wie ich dich jetzt aus diesem Buche reiße.
( Reißt die Seite heraus.)
Graf Bardi, auf ein Wort! Seid Ihr verläßlich?
Schafft mir ein Pferd, es wart' an meiner Tür,
denn ich muß baldigst nach Venedig reiten.

Bardi.

Ihr nach Venedig, Herrin?

Beatrice.

Schweigt davon!
Geht, geht sogleich!
( Bardi ab.)
Ein Wort noch, Oberrichter.
Wenn, wie du sagst, in Padua dies Gesetz ist –
und an der Richtigkeit heg' ich nicht Zweifel,
wiewohl das Recht in solchem Fall ein Unrecht –
kann ich nicht dies Gericht kraft meines Amtes
an einem spätern Tage anberaumen?

Oberrichter.

Ein Blutprozeß läßt niemals sich vertagen.

Beatrice.

Ich bleibe nicht, um diesen Mann zu hören,
wenn er mit roher Zunge mich begeifert.
Auch harren meiner unabweislich Pflichten
zu Hause. Kommt, ihr Herren!

Oberrichter.

Gnädige Frau,
Ihr dürft nicht fortgehn, bis der Angeklagte
verurteilt oder freigesprochen ist.

Beatrice.

Darf nicht, Herr Richter! Ei, mit welchem Recht
legst du mir Hindernisse in den Weg?
Bin ich nicht Herrin hier in Padua
des Staates Herrscherin?

Oberrichter.

Aus diesem Grunde:
da Ihr des Lebens wie des Todes Urquell,
aus dem das Recht gleich mächtigem Strome fließt,
versiegt das Recht, wofern Ihr nicht zugegen,
verfehlt des Zweckes; deshalb müßt Ihr bleiben.

Beatrice.

Du willst mich gegen meinen Willen halten?

Oberrichter.

Eu'r Wille sei nicht dem Gesetz entgegen.

Beatrice.

Und wenn ich meinen Weg hinaus erzwinge?

Oberrichter.

Ihr zwingt die Richter nicht, den Weg zu räumen.

Beatrice.

Ich will nicht bleiben.

( Erhebt sich von ihrem Sitze.)

Oberrichter.

Ist der Pförtner da?
Er trete vor.
( Der Pförtner kommt nach vorne.)
Du weißt, was deines Amts!

( Der Pförtner schließt die Türen des Gerichtssaals, die sich links befinden, und kniet nieder, als die Herzogin und ihr Gefolge nahen.)

Pförtner.

In aller Demut bitt' ich Euer Gnaden,
laßt meine Pflicht Unhöflichkeit nicht werden,
die unwillkommne Würde nicht zur Bürde.
Kraft gleichen Rechts, das Euch zur Fürstin macht,
steh' ich hier; bräch' ich das Gesetz, Eu'r Gnaden,
so bräch' ich Eure Stellung und nicht meine.

Beatrice.

Ist niemand unter euch, hochwerte Herren,
der diesen Prahlhans aus dem Wege prellt?

Maffio

( sein Schwert ziehend).

Ich tu's!

Oberrichter.

Graf Maffio, seid auf Eurer Hut,
( zu Jeppo)
auch Ihr, mein Herr – der erste, der sein Schwert,
sei's auch nur gegen einen Büttel, zieht,
stirbt noch vor Nacht.

Beatrice.

Steckt eure Schwerter ein,
ihr Herrn; mir ziemt es, diesen Mann zu hören.

( Geht zum Throne zurück.)

Moranzone.

Nun hast du deinen Feind in deiner Hand.

Oberrichter

( das Stundenglas ergreifend).

Guido Ferranti, während hier der Sand
in diesem Stundenglase rinnt, steht dir
zu sprechen frei, nicht länger.

Guido.

Es genügt.

Oberrichter.

Du stehst zu äußerst an dem Saum des Todes;
bei deinem Heil, sprich nur die lautre Wahrheit,
nichts andres wird dir frommen.

Guido.

Sprecht ich unwahr,
so liefert meinen Leib dem Henker aus.

Oberrichter

( das Stundenglas umdrehend).
Man schweige, während der Gefangne spricht.

Gerichtsdiener.

Silentium in dem Saal!

Guido.

Herr Oberrichter,
ehrwürdige Richter dieses hohen Hofs,
kaum weiß ich meine Rede zu beginnen,
so seltsam schrecklich scheint mir die Geschichte.
Zuerst laßt meine Herkunft mich erzählen.
Ich bin des wackeren Lorenzo Sohn,
des Herzogs, der durch schmählichen Verrat
von einem Schuft verkauft ward, weiland Herzog
in dieser Stadt, in Padua.

Oberrichter.

Sieh dich vor,
es hilft dir nichts, den Fürsten zu verhöhnen,
der jetzt im Sarge ruht.

Maffio.

Bei Sankt Jakobus,
dann ist er Parmas angestammter Herr.

Jeppo.

Ich hielt ihn stets für adlig.

Guido.

Ich bekenne,
daß mit der Absicht der gerechten Rache,
der höchst gerechten Rach' an einem Mörder
ich Dienste nahm am Hof des Herzogs, mit ihm
am Tische saß, von seinem Weine trank
und sein Kumpane war: so viel bekenn' ich –
dazu noch dies, daß ich gelauert, bis er
mir seines Lebens teuerste Geheimniss'
in Obhut gab, bis er sich an mich schmiegte
und mir in allen Stücken so vertraute,
wie einst mein edler Vater ihm vertraut.
Ich lauerte darauf.

( Zum Henker.)

Du Mann von Blut,
richte dein Beil nicht auf mich vor der Zeit;
wer weiß, ob meine Sterbestunde da!
Ist außer meinem Hals kein andrer hier?

Oberrichter.

Der Sand im Stundenglase rinnt geschwind,
komm auf den Mord des Herzogs schnell zu sprechen.

Guido.

Kurz: gestern nacht um zwölf Uhr war's, als ich
an starkem Tau die Mauer des Palasts
erstieg, um meines Vaters Mord zu rächen;
mit diesem Vorsatz, ich gesteh' es, Herr.
So viel will ich bekennen und auch dies:
als ich die Treppe sacht erklommen hatte,
die zu dem Schlafgemach des Herzogs führt,
und mit der Hand den Scharlachvorhang faßte,
der, von dem Sturm geschüttelt, schauerte,
da übergoß der weiße Mond am Himmel
den dunklen Raum mit einer Silberflut,
die Nacht brannt' ihre Kerzen für mich an,
im Schlafe fluchte der Verhaßte noch,
und beim Gedanken an den Mord des Vaters,
den er dem Block verschachert, dem Schafott
verkauft, durchbohrt' ich des Verräters Herz
mit diesem selben Dolch, den ich zufällig
im Zimmer fand.

Beatrice

( aufstehend).

Oh!

Guido.

( die Worte hervorsprudelnd).
Ich erstach den Herzog.
Darf ich jetzt, Richter, eine Gnad' erflehn,
laßt mich die Sonne nicht mehr schaun, wenn sie
das Elend dieser leidigen Welt bestrahlt.

Oberrichter.

Dein Wunsch sei dir gewährt. Stirb heute nacht!
Führt ihn hinweg! Kommt, Herrin!

( Guido wird abgeführt; als er geht, breitet die Herzogin die Arme nach
ihm aus und stürzt über die Bühne.
)

Beatrice.

Guido! Guido! ( Sie fällt in Ohnmacht.)


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