Karl Valentin
Die Raubritter vor München
Karl Valentin

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Semmelnknödeln

Liesl Karlstadt: Ja sag einmal, warum bist du denn heute Mittag nicht zum Essen gekommen? 2 Stunden hab ich auf dich gewartet.

Karl Valentin: Ja, ich hab da draußen gleich gegessen, wo ich zu tun g'habt hab, in der kleinen Wirtschaft, und da ißt man sehr gut, fast tadellos.

Liesl Karlstadt: No, so gut, wie ich koche, wirds bestimmt nicht sein.

Karl Valentin: Doch, doch.

Liesl Karlstadt: Aber jetzt ist es 9 Uhr abends, wo warst du denn in der langen Zwischenzeit?

Karl Valentin: Nirgends, da hab ich auf das Mittagessen gewartet.

Liesl Karlstadt: Ja ist dir denn das nicht zu langweilig geworden?

Karl Valentin: Nein – in der Zwischenzeit hab ich mit der Kassierin gesprochen.

Liesl Karlstadt: Was, 9 Stunden warst du mit der Kassierin beisammen? Über was habt ihr denn da gesprochen?

Karl Valentin: Ja über dös, daß die Semmelnknödel so lange nicht kommen.

Liesl Karlstadt: So lang wartet doch kein vernünftiger Mensch auf das Mittagessen.

Karl Valentin: Da war ich ja nicht vernünftig, ich war ja hungrig.

Liesl Karlstadt: Papperlapapp – wenn man das Essen um 12 Uhr bestellt und in einer halben Stunde ist es noch nicht da, dann geht man einfach.

Karl Valentin: Freilich, dann frißt's ein anderer für mich . . .

Liesl Karlstadt: Und ausgerechnet Semmelknödel hat er sich bestellt, wo doch ich heute auch Semmelknödel gemacht habe.

Karl Valentin: Was, dieselben?

Liesl Karlstadt: Ah, dieselben! Unsinn – andere hab ich halt gemacht, aber Semmelknödel sind Semmelknödel.

Karl Valentin: deln.

Liesl Karlstadt: Was deln?

Karl Valentin: Semmelnknödeln heißt's. 162

Liesl Karlstadt: Ich hab ja g'sagt, Semmelknödel.

Karl Valentin: Nein, Semmelnknödeln.

Liesl Karlstadt: Nein, man sagt schon von jeher Semmelknödel.

Karl Valentin: Ja zu einem – aber zu mehreren Semmelknödel sagt man Semmelnknödeln.

Liesl Karlstadt: Aber wie tät man denn zu einem Dutzend Semmelknödel sagen?

Karl Valentin: Auch Semmelnknödeln – Semmel ist die Einzahl, das mußt Ihnen merken, und Semmeln ist die Mehrzahl, das sind also mehrere einzelne zusammen. Die Semmelnknödeln werden aus Semmeln gemacht, also aus mehreren Semmeln, du kannst nie aus einer Semmel Semmelnknödeln machen.

Liesl Karlstadt: Machen kann mans schon.

Karl Valentin: Ja ja, machen schon, aber wenn du aus einer Semmel 10 Semmelnknödeln machen tätst, dann würden die Semmelnknödeln so klein wie Mottenkugeln. Dann würde das Wort Semmelknödeln schon stimmen. Weils bloß aus einer Semmel sind. Aber solang die Semmelnknödeln aus mehreren Semmeln gemacht werden, sagt man unerbitterlich: Semmelnknödeln.

Liesl Karlstadt: Da sagst es aber auch nicht richtig, jetzt hast grad g'sagt Semmelnknödeln.

Karl Valentin: Nein, ich hab g'sagt Semmelnknödeln.

Liesl Karlstadt: Richtig muß es eigentlich Semmelnknödeln heißen, die Semmel muß man betonen, weil die Knödel aus Semmeln gemacht sind – überhaupt das Wichtigste ist der Knödel – Semmelknödeln müßt es ursprünglich heißen.

Karl Valentin: Nein, das Wichtigste ist das ›n‹ zwischen Semmel und Knödeln.

Liesl Karlstadt: Ja wie heißt es dann bei den Kartoffelknödeln?

Karl Valentin: Dasselbe ›n‹, Kartoffel n knödeln!!!

Liesl Karlstadt: Und bei den Schinkenknödeln ah – hahaha –

Karl Valentin: Da ist's genau so – da ist das ›n‹ schon zwischendrinn, es gibt keine Knödeln ohne ›n‹.

Liesl Karlstadt: Doch, die Leberknödeln.

Karl Valentin: Ja, stimmt – Lebernknödeln kann man nicht sagen!

 


 


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