Ludwig Thoma
Die kleinen Verwandten
Ludwig Thoma

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebente Szene

Von rechts tritt Herr Max Schmitt ein. Ein junger Herr, so an fünfundzwanzig Jahre alt, mit Großheubacher Eleganz für feierlichen Besuch angezogen. Schwarze Beinkleider zum Gehrock, Glacéhandschuhe, die er, auf Anstand bedacht, nicht auszieht. Sein Haar ist in der Mitte gescheitelt. Der kleine Schnurrbart ist nach Haby behandelt, ein Spitzbärtchen mildert aber das martialische Aussehen. Ein goldener Zwicker, dessen Schnur sorgfältig über das Ohr gelegt ist, zeugt von Bildung; um den Stehkragen, der den Adamsapfel frei läßt, ist eine Lavallièrekrawatte geknöpft. Lackstiefel verraten Sinn für Eleganz. Er tritt schüchtern ein und ist sichtlich betroffen von der Anwesenheit des Ehepaares Bonholzer.

Mama Häßler eilt mit überströmender Herzlichkeit, die infolge ihrer Aufregung noch gesteigert ist, auf Schmitt zu und streckt ihm beide Hände entgegen.

Mama: Wie das lieb ist von Ihnen, Herr Schmitt, daß Sie nun kommen! Das Kind hat mir ja gesagt...

Häßler auch ungemein herzlich: Sehr erfreut, lieber Herr Schmitt, Sie bei uns zu sehen... Ida hat uns davon gesagt...

Schmitt der verlegene Blicke nach Bonholzer geworfen hat: Ja... Jawohl... Fräulein Ida... Ihr Fräulein Tochter sagte, daß ich mir erlauben dürfe...

Mama: Ach Gott! Ich sage Ihnen, wie das Kind von dem gestrigen Abend entzückt war! Sie konnte sich zu Hause noch lange nicht beruhigen...

Schmitt: Ja... jawohl. Er wirft wieder einen verlegenen Blick nach Bonholzer. Zwischen dem Ehepaar hat sich ein stummes Gebärdenspiel entwickelt. Bonholzer bedeutet seiner Frau, daß es schicklich sei, zu gehen. Babette bedeutet ihrem Mann, daß sie erst recht bleibe.

Häßler rettet die Situation: Ach, Verzeihung, Herr Schmitt, meine Schwester und ihr Mann aus Dornstein... haben uns heute mit ihrem Besuche überrascht... Herr Großkaufmann Schmitt von hier... tja... Verlegen und mit gemachter Freundlichkeit zu Babette: Wollt ihr noch... äh... einen Augenblick bleiben... oder?

Babette anzüglich: No... wenn ihr ein schon gar nicht fortlaßt, was kann man machen? Zu Bonholzer: Bleiben ma halt, Josef!

Mama tritt zu dem Ehepaar, gezwungen höflich: So gebt doch eure Schirme!

Sie nimmt die Schirme, wobei sie Babette mit Hoheit und doch vorwurfsvoll ansieht und stellt die Schirme hinaus, ohne das Zimmer zu verlassen.

Häßler zu Schmitt: Ihren Zylinder, lieber Herr Schmitt... Er nimmt ihn ab und legt ihn auf den nächsten Stuhl.

Schmitt: Ich würde es bedauern, wenn ich die Herrschaften stören würde...

Mama rasch einfallend: Wie können Sie denken!... Und meine Schwägerin will ja ohnehin Gänge machen...

Babette: Dös könna ma auch verschieb'n...

Mama: Wie ihr wollt... aber jedenfalls, Herr Schmitt, mit Betonung, Ihren lieben Besuch haben wir ja erwartet... und jetzt wollen wir uns setzen...

Sie setzt sich an den runden Tisch und weist Herrn Schmitt einen Platz neben sich an.

Häßler zu den Bonholzers, indem er auf Stühle deutet: Wenn Ihr wollt?

Babette: So eine seltene Ehre darf man nicht ausschlag'n.

Häßler gezwungen lächelnd: Du bist komisch, Babette.

Babette sehr anzüglich: Ich?

Sie setzt sich neben Bonholzer, der seinen Zylinder neben sich auf den Boden stellt.

Skizze

Mama zu Häßler, indem sie auf den Stuhl neben Herrn Schmitt weist: Papa, den Stuhl mußt du für Idchen freilassen.

Häßler tut es.

Schmitt: Darf ich fragen, wie sich Ihr Fräulein Tochter befindet?

Mama: O sehr gut... Sie ist heute noch wie verklärt.

Schmitt Sieht sich etwas hilflos um.: Und...

Mama lieblich: Ida wird gleich kommen; sie ist noch in der Küche beschäftigt.

Babette auflachend: Beim brochenen Herd!

Mama freundlichst: Wie?

Babette: Ich frag bloß, ob s' den brochenen Herd flicken muß?

Mama milde lächelnd: Es gibt ja auch noch andres zu tun. Wendet sich von Babette ab zu Schmitt: Das Kind ist so häuslich und kaum wegzubringen von ihrer Arbeit!

Häßler zu Schmitt: Wir alle sind Ihnen noch Dank schuldig für den schönen Abend in der Harmonie.

Schmitt sich vorbeugend: Ich hoffe, Herr Regierungsrat haben sich gut unterhalten...

Häßler. Aber glänzend...

Schmitt: Es ist für uns eine Ehre, auch in hohen Beamtenkreisen Anklang zu finden.

Häßler strömt eine ungemeine Jovialität aus: Lieber Herr Schmitt... ich kann Ihnen nur eines sagen: ich habe mich nie wohler gefühlt, und ich fühle mich nie wohler als in den kernigen echten Bürgerkreisen.

Babette: Dös muß aber neuerer Zeit sein!

Häßler milde, verweisend: Wie meinst du, Babette?

Babette: Ich mein, daß d' früher allaweil über die Bürger g'schimpft hast...

Häßler lächelnd: Ich?

Babette kommt in Eifer: No, wie oft hat unser Mutter g'sagt, du sollst dich in acht nehma mit deine Äußerungen! Weilst du's nie anderst g'heißen hast als wie ungebildete Protzen...

Häßler muß milde bleiben: Vielleicht habe ich in meiner Jugend noch mehr Dummheiten gesagt... und ich fürchte fast, du hast dir alles gemerkt...

Babette: Was ma so oft hört, kann ma sich scho merk'n.

Häßler bricht ab: Tja... ja... Zu Schmitt Ich erinnere mich schon lange nicht mehr an einen so hübschen, ich möchte sagen, gemütvollen Abend...

Schmitt: Und hat Ihr Fräulein Tochter...

Mama schelmisch: Oh! Ich darf Ihnen nicht verraten, wie sie auf der Heimfahrt geschwärmt hat...

Häßler: Sind Sie noch lange geblieben?

Schmitt lebhafter: Nein! Nachdem die Herrschaften sich entfernt hatten, mochte ich nicht länger bleiben...

Mama geht reizvoll auf den wärmeren Ton ein: Ei! Was für ein Kompliment! Wollen Sie uns als den Magnet bezeichnen?

Schmitt lächelt glücklich: Ja... ich wollte nur sagen...

Mama droht mit dem Finger, sehr schelmisch: Gilt das für uns alle... oder...?

Schmitt lächelt noch glücklicher und würde vielleicht etwas Verfängliches sagen, wenn nicht Bonholzer, der sichtlich unruhig auf seinem Sessel geworden ist, nunmehr einfiele. Er wendet sich an Häßler.

Bonholzer: Herr Schwager, Sie entschuldigen betreff den Punkt, den wo da voring die Babett berührt hat, net wahr, da möcht ich mir diesbezüglich eine Bemerkung erlaub'n...

Häßler runzelt die Stirn, ungnädig: Was ist?

Bonholzer: Passens auf, i bin da ganz Ihrer Meinigung. Betreff, was de Babett sagt, daß Sie g'sagt hamm, net? Daß also der Bürger im Gegensatz zum Beamten – net? – also dös is dann gleich, von welchener Kategorie – daß also der Bürger betreff sein er reibt den Daumen am Zeigefinger Diridari, sein Gerstl sozusag'n... scho a bissel an Wahn hat...

Häßler noch ungnädiger: Ich weiß nicht, guter Herr Bonholzer, von was Sie sprechen.

Babette sehr unwirsch: Laß 'n halt ausred'n!

Bonholzer ahnungslos: Na, passen S' auf, Herr Schwager, i bin ja ganz Ihrer Meinigung; betreff diese Einbildung gewisser Elemente der Bürgerschaft... daß ma also da scho gewissermaßen von Protzen red'n darf. Da hamm Sie durchaus recht.

Häßler: Sie irren sich...

Bonholzer erklärend: Was d' Babett sagt, net wahr, betreff dieses... daß also früherszeit Ihre Äußerung...

Häßler sehr diktatorisch: Sie irren sich, und ich erkläre Ihnen das ein andermal... Zu Schmitt: Wie geht es Ihrer verehrten Frau Mutter, Herr Schmitt?

Bonholzer führt mit Babette eine stumme Gebärdensprache. Er deutet an, man werde schon noch ins klare kommen.

Schmitt: Ich danke der Nachfrage. Sie läßt sich den Herrschaften bestens empfehlen.

Mama bekümmert: Sie ist leider nicht ganz wohl?

Schmitt: Sie hat etwas Gicht...

Mama: Ida sagte mir's... sie war ja neulich bei Ihrer Frau Mutter...

Schmitt lebhaft: Ja, am Donnerstag...

Mama: Sie erzählte uns, wie lieb Ihre Mutter zu ihr war...

Schmitt kommt in Eifer: Wir arrangierten gerade in unserer Auslage die Frühjahrsneuheiten, und da kam Fräulein Ida, korrigiert sich, und da kam Ihre Fräulein Tochter und half gleich mit...

Mama: Sie hat viel praktischen Sinn...

Schmitt: Das sagte meine Mutter auch... und sie hat sich gewundert, weil doch Fräulein aus Beamtenkreisen...

Mama schlicht: Wir haben sie zur Einfachheit und zur Arbeit erzogen...

Häßler: Und nur nichts von Beamtenkreisen... diese Art Hochmut... hat es in meinem Hause nie gegeben...

Babette: Geh, hör auf! Da kunnt oan' glei schlecht wern...

Sie schaut zur Decke hinauf, als ob sie deren Einsturz erwarte. Aber vor sie ihrer Bitterkeit neuen Ausfluß verschaffen kann, fällt Mama hindernd ein.

Mama: Und da hat das Kind einfach mitgeholfen?

Schmitt lebhaft: Ja! Fräulein Ida nahm Rosa Liberty und drapierte es in malerischen Falten er macht entsprechende Handbewegungen über weißem Seidenmusselin, und unten hin breitete sie türkisblauen Taft, und oben auf die Rosa Liberty legte Fräulein Ida ein paar künstliche Blumen, wie hingehaucht, er illustriert es mit sehr zierlichen Bewegungen der Finger, und es sah prachtvoll aus...

Mama: Und das machte sie so ganz selbstverständlich...?

Schmitt: Ja... wir sahen bloß zu... und meine Mutter sagte, es ist wirklich schade, daß Fräulein Ida nicht öfter... meine Mutter sagte, es wäre zu schön, wenn Fräulein Ida immer...

Er stockt verlegen. Spannung.

Mama überfließend: Was sagte Ihre liebe Mutter?

Hier greift Bonholzer ein, was eine vernichtende Wirkung auf Papa und Mama ausübt, die Herrn Schmitt so nahe an das erlösende Wort hingedrängt hatten.

Mama wirft auf Papa einen Blick der tödlichsten Verzweiflung. Papa wird nur durch die Angst vor einem Skandal von einer fürchterlichen Entladung abgehalten.

Bonholzer: Sie entschuldingen, Herr Schwager, ich glaub, daß mir betreff unsern voringen Dischkurs uns gewissermaßen in einem Irrtum befindlich san. Nämlich, weil ich dös nämliche sag, was Sie ja auch sag'n – net –, daß ma also grad in der Bürgerschaft eine Kategorie von Protzen trifft, die wo...

Häßler sehr unmutig: Es fällt mir nicht ein, so etwas Törichtes zu sagen.

Bonholzer eifrig, ahnungslos: Na, na, Herr Schwager. Ich glaube, daß Eahna Sie irr'n, durch dös nemlich, weil Sie quasi der Ansicht san, daß ich Ihnen widersprech'n will. Aba ich behaupte durchaus, daß Sie recht hamm. Verstengen Sie mich gut! Und das behaupte ich durch meine Erfahrung, wo ich natürlich auch schon oft mit solchene großkopfete Geldprotzen gemacht habe...

Häßler: Vielleicht verstehen Sie endlich, daß ich davon nichts mehr hören will...

Babette empört und streitbar: No, red'n werd er do no derf'n, wenn mir aa bloß die kleinen Verwandten san!

Bonholzer gutmütig: Paß auf, Babett, dei Herr Bruada und i, mir san bloß no net beinanda... aha... mir komma scho no z'samm...

Mama lächelt mit dem Aufgebote ihrer letzten Kraft Babette freundlich und beschwichtigend an und wendet sich dann an Schmitt: Und was sagte Ihre liebe Mutter?

Schmitt ist zu rauh aus seinem Gedankengange gerissen worden und findet sich nicht mehr zurecht: Meine Mutter?

Mama: Sie erzählten, daß Ida so tüchtig mithalf, und daß dann Ihre Frau Mutter sich sehr anerkennend... darüber äußerte...?

Schmitt: Ja... jawohl sehr anerkennend Er sieht hilflos nach der Tür und macht Anstalten, sich zu erheben ... aber ich störe heute die Herrschaften.

Mama flehend: Nein! Herr Schmitt!

Achte Szene

Ida kommt lächelnd zur Tür rechts herein mit vorgebundner Schürze, geröteten Wangen. Sie wirft einen erschrockenen Blick auf die Bonholzerischen, faßt sich aber sogleich und geht wieder lächelnd auf die Mama und Herrn Schmitt zu, der aufgestanden ist und mehrere Verbeugungen macht.

Mama erlöst und gerührt: Da bist du ja, Kind!

Ida: Ich mußte ja noch in der Küche helfen... Sie reicht mit einem schelmischen Augenaufschlag Herrn Schmitt die Hand. Guten Morgen, Herr Schmitt! Das ist aber eine Überraschung!

Schmitt bestürzt: Ich dachte... Fräulein Ida sagten doch... ich sagte doch... daß ich mir erlauben würde...

Ida neckisch: Ich glaubte, Sie würden am Ende verschlafen...

Schmitt lebhaft: Aber wie können Sie glauben... ich... ich habe überhaupt... nicht geschlafen...

Ida: Hat es so lange gedauert?

Schmitt: Nein... ich... im Gegenteil... ich bin gleich nach den Herrschaften heimgegangen...

Mama: Sieh mal, was Herr Schmitt für Komplimente machen kann...

Schmitt: ... Ich mochte nicht mehr... ich war nicht mehr disponiert.

Ida: Aber der Abend war himmlisch... ich werde ihn nie... nie vergessen.

Sie gibt wieder mit sehr hübschem Augenaufschlag Herrn Schmitt die Hand, der sie liebevoll schüttelt und nicht ausläßt.

Schmitt glücklich lächelnd: Ja... jawohl... ich auch nicht...

Babette hat mit steigendem Unwillen bis jetzt ihre Ausschaltung geduldet. Nunmehr spricht sie laut und feindselig zu Ida.

Babette: No weißt d', Grüß Gott derfst eigentlich zu deiner Tant schon noch sag'n!

Ida reißt sich vom Anblick des Herrn Schmitt los, ihre Hand langsam zurückziehend, und wendet sich sehr verlegen zu Babette: Ach verzeih, ich wußte nicht gleich...

Sie reicht ihr die Hand.

Babette: Wer mir sin! No ja, Kleinigkeit'n vergißt ma leicht...

Ida: Nein... aber... Sie blickt hilfesuchend auf Mama ... ich... hatte so gar keine Ahnung.

Mama: Wir waren ja alle auf die Überraschung nicht gefaßt

Babette: Mit der Zeit werd's euch ja erhol'n...

Ida freundlich: Wie geht's dir immer?

Babette: Ich danke der Nachfrag, bescheiden... Wie's halt unserein geht. Aber was fehlt denn dir?

Ida findet die Frage komisch: Mir?

Babette: Du kommst ma so blaß vor! No ja, du warst ja allaweil a schwach's Kind!

Mama: Unsere Ida?

Häßler: Der Wildfang!

Mama: Die die Gesundheit selbst ist!

Babette: Freßts mi no net auf! Mich freut's ja, wenn s' gesünder worn is, als ma glaubt hat, damals, wie s' die Masern g'habt hat...

Häßler: Dein Gedächtnis ist außerordentlich, Babette... Zu Ida, indem er auf den leeren Stuhl deutet, der zwischen ihm und Herrn Schmitt ist: Nun, nimm doch Platz...

Ida will um den Tisch gehen, wird aber von Babette aufgehalten.

Babette: Vielleicht schenkst dei'm Onk'l auch die Ehr?

Ida nach einem hilfesuchenden Blick zu Schmitt Herrn Bonholzer die Hand reichend: Ach so... dein...

Babette: Mein Gemahl, ja! Vielleicht hast d' flüchtig davon g'hört, daß ich g'heirat hab...

Ida zu Bonholzer: Freut mich sehr... Reicht ihm die Hand, die Bonholzer festhält.

Bonholzer jovial und mit der Galanterie des alten Feldwebels: Ganz meinerseits die Freude. Das is schon quasi ein Glücksfall, wenn ma so a saubers Fräulein Nichterl daheirat...

Babette: Jetzt sag gar Fräulein! Und i hab s' no im Kinderwagl g'fahrn.

Bonholzer jovial galant: Dös is tausend Woch'n her, und seit dera Zeit hat si dös Kind ausg'wachs'n, und net schlecht ausg'wachs'n...

Ida blickt hilfesuchend um, verlegen: Ja, aber...

Bonholzer sie noch immer festhaltend: ... Sie san der Glanzpunkt des heutigen Freudentages... und jetzt bin ich erst froh, daß mir blieben san, weil mir das Schicksal Ihre Bekanntschaft... ah... wia sagt ma... vermittelt hat... net?

Schmitt steht auf: Wenn die Herrschaften gestatten, ich möchte nun doch gehen... Nachdem Sie Familienbesuch haben...

Ida macht ihre Hand hastig frei und bricht in den Schmerzensruf aus: Aber Mama!

Sie preßt die Hand vor die Augen und eilt schluchzend rechts ab.

Mama ist aufgesprungen und ein paar Schritte nachgeeilt: Ida! Kind!

Schmitt stürzt der Mama nach, fassungslos: Was ist? Was hat... Fräulein Ida...?

Mama die mit Schmitt bis zur Tür gekommen ist: Vielleicht sehen Sie... lieber... guter Herr Schmitt...

Schmitt: Ja... jawohl... Schnell rechts ab.

Neunte Szene

Babette ist ebenfalls aufgestanden: Na! Also so was g'schupftes!

Mama stürzt mit flammenden Blicken auf sie los.: Ich verbitte mir deine ordinären Ausdrücke...

Babette will loslegen: Wer ordanär? Was ordanär?...

Aber Mama tritt dicht vor sie hin und donnert sie an.

Mama: Du schweigst!

Bonholzer: Sie entschuldinga... Herr Schwager...

Häßler brüllt ihn an: Sie schweigen auch!

Babette: Ihr spinnt's ja im höchsten Grad...

Mama bei der nun alle verhaltenen Empörungen ausbrechen: Ich kenne dich, Babette! Ich kenne deine böse Zunge und weiß... daß dir nichts heilig ist!

Babette: Was is...

Mama sie überschreiend: Jetzt rede ich! Ich weiß, was du für eine bist; ich habe immer geschwiegen, aber jetzt ist meine Geduld zu Ende. Das Glück meines Kindes lasse ich von dir nicht zerstören...

Babette ringt nach Luft: Jessas! Jessas!

Mama wird immer rhetorischer und geht vor Babette wie eine zürnende Löwin auf und ab: Jawohl zerstören! Oh! Du mußt nicht glauben, daß ich es nicht bemerkt habe, wie du Jahr um Jahr dein Gift gegen unser Familienglück gespritzt hast... und jetzt bist du gekommen, um das Lebensglück unseres Kindes zu vernichten, um ihre Hoffnungen mit Füßen zu treten...

Babette: Jessas! Jessas!

Mama: Aber wenn du glaubst, daß ich das auch noch ertrage, wenn du glaubst, daß du alles mit Schmutz bewerfen darfst, dann will ich dir sagen, daß ich mich als Mutter vor mein Kind stelle, daß ich es schütze gegen dich und deinesgleichen...

Babette: Jessas! Jessas!

Bonholzer zupft Häßler am Ärmel und will mit ihm diesen Weibertumult beschwichtigen.: Herr Schwager...

Häßler brüllt ihn an: Schweigen Sie!

Bonholzer: Sie entschuldingen...

Häßler brüllt: Ich entschuldige gar nichts... ich entschuldige nicht das mindeste... ich habe schon viel zu viel entschuldigt... Herr, was erlauben Sie sich denn eigentlich? Seit einer halben Stunde sitze ich wie auf Kohlen... wer sind Sie denn, daß Sie sich das in meinem Hause erlauben dürfen... dieses Attentat auf das Glück unseres Kindes...

Babette schreit, da sie nun endlich Luft hat: Josef! Mir san ja in an Narrenhaus!...

In diesem Augenblick öffnet sich die Tür rechts, und Ida kommt glückstrahlend Arm in Arm mit dem ebenso seligen Schmitt herein. Pause.

Zehnte Szene

Ida jubelt: Mama! Papa! Max hat...

Mama schreit auf: Kinder! Umarmt Ida, dann Schmitt. Nun ist ja alles gut geworden...

Babette bitter und höhnisch: O mei! Als ob ma dös net glei g'merkt hätt!

Vorhang


 << zurück