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Nachrichten von Samuel Foote

Samuel Foote war 1719 in Cornwallis geboren und stammte aus einem alten guten Geschlecht. Sein Vater hatte für Tiverton die Stelle eines Parlamentgliedes bekleidet, und seine Mutter, eine reiche Erbin, ließ ihm gegen viertausend Pfund Sterling an jährlichen Einkünften nach.

Er legte sich anfangs auf die Rechtswissenschaft, ward aber bald ihrer Trockenheit müde. Hierauf heiratete er eine junge Person aus einer angesehenen Familie und wurde durch die Verbindung nicht glücklich, weil ihre Neigungen nicht zusammenstimmten. Nun überließ er sich ohne Mäßigung seinem Hange zum Vergnügen, glänzte in der brausenden Makkaronigesellschaft, ward im Spiele geplündert und in wenig Jahren so bis zum Philosophen entkleidet, daß er für einen Trunk Wasser keinen andern Becher übrigbehielt als die hohle Hand.

In dieser Not ging er auf das Theater, wo er, abenteuerlich genug, mit der Rolle des Othells debütierte,

»and thousands swore,
they never saw such tragedy before«. Und Tausende schwuren, sie hätten in ihrem Leben so keine Tragödie gesehen.

Überhaupt erhub er sich in fremden Stücken als Schauspieler nie über die Mittelmäßigkeit. Seine Einnahme war daher gering, und da Genügsamkeit nicht seine Gabe war, lebte er auf einer beständigen Flucht. Überall paßten ihm Schergen und Gläubiger auf, und er verschwand und erschien in verschiedenen Ecken der Stadt, um ihren Fallstricken zu entgehn.

In diese Zeit gehört eine drollige Geschichte. Sir Francis D...l, ein muntrer witziger Jüngling, hatte mit ihm, in dem nämlichen Zirkel, der Jugend genossen und seine Güter verschwendet. Nun fügte sich's, daß eine reiche abergläubische Dame, deren ganzes Zutrauen Foote besaß, sich fest in ihrem Herzen entschloß, in den ehrbaren Stand der Ehe zu treten, aber jeder Vorschlag schien ihr bedenklich. Sie glaubte an Ahndungen und Zeichendeuterei und wünschte durch einen übernatürlichen Wink in ihrer Wahl geleitet zu werden. Foote gab ihr den Rat, einen Wahrsager in der Old Bailey zu fragen, von dem die ganze Stadt Wunder erzählte. Einer von Footes Bekannten stellte den Wahrsager vor, der, umringt von Spiegeln und nekromantischen Kreisen, der Dame feierlichst prophezeite, wo, an welchem Tag und zu welcher Stunde sie dem Mann begegnen würde, der bestimmt wäre, glücklich mit ihr zu sein. Er schilderte, ohne jemand zu nennen, den Sir Francis D...l in Lebensgröße; er beschrieb sein Kleid, seine Gebärden und sagte sogar die Worte seiner Anrede voraus. Alles das traf abgeredetermaßen ein und wirkte so heftig auf die erstaunte Dame, daß sie dem Herrn in wenig Tagen mit ihrer Hand ihr ganzes Vermögen übergab, und Foote wurde für die Erfindung, wie man sagt, mit einer Leibrente beschenkt, die ihn aus seiner dringenden Verlegenheit riß.

Um das Jahr 1747 eröffnete er auf dem Haymarket eine kleine Bühne und erschien als Autor und Schauspieler zugleich. Sein erster Versuch ist unter dem Namen der »Morgenbelustigung« bekannt. Es war kein eigentliches Drama, sondern eine Darstellung seltsamer Menschen aus dem wirklichen Leben, deren Gestalt und Anstand, Ton und Sprache er so täuschend nachzuäffen wußte, daß niemand die Originale verkannte. Der berüchtigte Taylor, L., ein andrer hudibrastischer Arzt, Sir Thomas de Veil, ein Friedensrichter, der Verganter Cock, der Redner Henley, fast alle Schauspieler dieser Zeit wurden vorgeführt und preisgegeben.

Anfangs setzten sich die Gerichte dawider, und man nahm eine Parlamentsakte zu Hülfe, welche die Zahl der Schauspielhäuser einschränkt; aber die Großen in der Stadt und das Publikum nahmen ihren Liebling in Schutz. Durch einen Kunstgriff, der nur in dem Lande gelingt, wo man jedes Gesetz wörtlich versteht, unter dem Vorwand, daß sein Saal kein Theater, sondern eine Teestube sei, fuhr er immer mit seinen Vorstellungen fort, verkaufte Erfrischungen und Satire und erwarb sich Ruhm und Belohnung.

Im Jahr 1766 tat er auf der Jagd mit dem Herzog von York einen so gefährlichen Fall, daß man ihm ein Bein abnehmen mußte; aber das Unglück schlug zu seinem Vorteil aus, denn der Herzog glaubte verpflichtet zu sein, den Invaliden zu versorgen, und bewirkte ihm auf Lebenszeit eine königliche Vergünstigung, jährlich vom 15. nbsp;Mai bis zum 15. nbsp;September auf dem Haymarket öffentliche Schauspiele zu geben.

Jetzt nahm sein Ansehen täglich zu. Er war fruchtbar an neuen launigen Stücken, und die Art, wie er selbst darin auftrat, zog beständig ein Gedräng von Zuschauern hin. Nach der Größe des Raums hat nie ein Theater seinem Eigentümer mehr Verdienst eingebracht. Man rechnet, daß er manches Jahr viertausendfünfhundert Pfund Sterling nach Abzug aller Unkosten einnahm.

In den letzten Jahren seines Lebens ward er durch mancherlei Verdruß heimgesucht. Er hatte in einem seiner Stücke auf die Geschichte der Herzogin von Kingston angespielt, und ein Champion der beleidigten Dame schrieb ihm in den öffentlichen Blättern ein paar empfindliche Briefe, die seinem Charakter nachteilig waren. Sie beschuldigte ihn, er habe Geld von ihr erpressen wollen, und ein unbedachtsames Wort gab dem Vorwurf einigen Schein. Er hatte nämlich zu einem Unterhändler der Dame gesagt, man könne ihm zweitausend Pfund bieten, und er würde sich noch besinnen, ob er sein Drama unterdrückte. Wer Footes Umstände und Denkungsart kannte, sprach ihn von der Anklage frei. Kurz darauf gab ihm ein liederlicher Bedienter ein schändliches Verbrechen schuld. Es kam zum öffentlichen Verhör. Nun nahmen zwar alle Redlichgesinnte laut des Verleumdeten Partei, und er wurde ehrenvoll für unschuldig erklärt; aber dennoch glaubte man, daß der Gram seine Gesundheit erschüttert hat, denn er fing an schwach und kränklich zu werden und überließ sein Theater an Colman, gegen eine jährliche Einkunft von eintausendsechshundert Pfund Sterling, wobei er sich überher eine Belohnung für jeden Auftritt als Schauspieler bedung.

Er hatte nur wenige Rollen gespielt, als ihn auf dem Theater ein paralytischer Zufall traf, und seitdem war er für die Bühne verloren. Auf den Gebrauch der Bäder zu Brighthelmstone ließ es sich mit ihm zur Besserung an; er kehrte nach London zurück. Daselbst rieten ihm die Ärzte, seine Genesung im südlichen Frankreich zu vollenden, aber er kam nur bis Dover, wo ein neuer Anfall seinem Leben ein plötzliches Ende machte.

Man erzählt, er habe vor seiner Abreise nachdenklich bei Westons Der große einzige Schauspieler in seiner eingeschränkten Rolle eines Niais von einem besondern Schlag und Footes vertrauter Freund, der eigne Auftritte für seine Fähigkeit schrieb. Siehe von ihm Herrn Prof. Lichtenbergs dritten Brief an den Herausgeber des »Deutschen Museums«, Januar 1778, S. nbsp;15–22. Bild verweilt und sei ahndungsvoll mit einem tiefen Seufzer in die Worte ausgebrochen: »Armer Weston! wenn mich mein Geist nicht sehr betrügt, wird es bald heißen: armer Foote!« Er starb am 21. nbsp;Oktober 1777 und hat einen natürlichen Sohn zum Erben seiner Güter hinterlassen.

Foote war beim ersten Anblick schon eine drollige burleske Figur, kurz und untersetzt, mit vollen Backen und großen, mutwilligen, geistvollen Augen, und er wackelte auf seinem hölzernen Bein mit einer seltsamen Beweglichkeit fort.

Als Schauspieler war seine Gattung einzig, von ihm erfunden und gebildet, und sie ist mit seinem Tod erloschen. Niemand wird seine Rollen spielen wie er. Zwar fiel es auf, daß er übertrieb; man wurde betäubt durch ein schwindelndes Geschrei, das epidemisch in der Gesellschaft herrschte; seine Gebärden waren zu heftig, nicht Karikatur in Hogarths Stil, sondern die Manier grenzte mehr an Ghezzis Masken; es war nicht sowohl reiner Charakter als Parodie über Charaktere. Aber dennoch drang die scharf gezeichnete Linie der Natur immer kennbar durch; das durchsichtige groteske Kleid verhüllte sie nicht; es war atmendes Leben, nur komisch erhöht, ein getroffenes, redendes, grimassiertes Bild mit zarten Strichen und blendenden Farben, damit es auf die Menge wirkte.

In dem nämlichen Ton sind seine Stücke geschrieben. Es sind Labsale für die Kunstrichterei; alles wimmelt von Beispielen, wie jede Regel verletzt werden muß. Er kehrt sich weder an Einheit noch Zeit, oft nicht an die dichtrische Wahrscheinlichkeit; er leitet nicht ein und schneidet nicht zu; an der Verwickelung ist ihm wenig gelegen; wenn ein Knoten sich zufällig schürzt, so mag er sitzen oder sich lösen; alles das bekümmert ihn nicht. Der Stoff ist zuweilen eine wirkliche Begebenheit, oft eine launige kleine Erfindung, und hiezu wird ein Trupp Originale wie auf ihren Posten kommandiert. Diese sind nur schwach in den Gang des Dramas eingeflochten, einer nach dem andern macht seine Künste dem Zuschauer vor; unterdessen steht die Handlung stille; man verliert die Fabel aus dem Gesicht und spaziert in einer Galerie von possierlichen Gestalten herum.

Aber bei diesen unleugbaren Fehlern hat niemand unter den Neuern Laster und Torheit treuer, wärmer gemalt. Er hascht die Sitten lebendig und weiß seinen Spiegel so richtig zu stellen, daß Lächerlichkeit sich wie in einem Brennpunkte sammelt.

Sein Dialog ist leicht und witzig, zwar voller Sprachnachlässigkeiten, aber äußerst korrekt nach der Grammatik jedes Toren. Alle Schnitzer sind aus ihrem Munde wiederholt.

In heiterem Mute geißelt er rechts und links, und jeder Streich entblößt die Nerven. Footes Einfälle sind Sprüchwörter geworden und sitzen auf einem Elenden fest wie unvertilgbare Brandmale. Nur ist es schade, daß für Fremde der größte Teil unverständlich ist. Er spielt allzu örtlich auf einzele Sitten und oft auf kleine Vorfälle an; man muß nicht allein die Verfassung des Landes, sondern auch die Einrichtung kleiner Distrikte und die Anekdoten des Tages kennen, wenn man ihn recht genießen und würdigen will. Wenig Stücke sind daher übersetzbar, aber ich kann doch dem Reize nicht widerstehen, einen Versuch mit etlichen Auftritten zu wagen. Die Einrichtung der Landmiliz in England ist eine reiche Quelle des Spottes. Die Offiziere bestehen zum Teil aus wohlhabenden Handwerksleuten und Krämern, und Major Sturgeon, welcher auftreten wird, ist ein ehrlicher Fischhöker aus Brentford, der sich mit seinem Freunde, einem Friedensrichter (im Grunde einem Erzschelm), unterhält.

Der Major, Sir Jakob

Sir Jakob: Nun, Major – der Krieg ist vorbei. Endlich hört man auf dem Lande Euer Trommelgelärm und das Pfeifenquieken nicht mehr nbsp;–

Major: Wir haben Frieden, Sir Jakob – unser Korps ist auseinandergegangen. Nun kann der Franzmann ruhig schlafen.

Sir Jakob: Aber, Major – war's nicht ziemlich spät im Leben für einen Mann von Ihrem Gewichte – das Waffenhandwerk zu ergreifen?

Major: Unbehülflich ist: man freilich im Anfang, und, im Vertrauen gesagt, nichts ist mir schwerer geworden, als die Füße auswärts zu setzen; aber Lust und Liebe zum Dienst macht, daß man endlich alles begreift. Wie nun erst eine Kampagne vorbei war, Die im Handgriffemachen auf der Wiese bestand. meiner Seele, so blinzte ich nicht, wenn das Schießgewehr losging, nicht mehr, als wenn eine Biene brummte.

Sir Jakob: So –

Major: Auf Parole, man macht da so ein Aufhebens von. Für die Nation mag der Friede nützlich sein; mir liegt im Grunde wenig dran; dennoch war's, bei meiner Ehre, zuweilen ein desperater Dienst.

Sir Jakob: Ei –

Major: Oh – ein Marschieren und Contremarschieren, erst von Brentford nach Elin, dann von Elin nach Acton, dann von Acton nach Uxbridge, Diese Örter liegen alle in dem Bezirk einer kleinen deutschen Meile. in der heißen stechenden Sonne, in dem schwarzen fliegenden Staub, und die armen Menschen schwitzten – Unsre letzte Expedition nach Hounslow hat den Major Molasses das Leben gekostet. Bunhills Moor hat in seinem Grauen nie einen bravern Offizier gesehen. Der Verlust war unersetzlich für den Dienst und für das Vaterland nbsp;–

Sir Jakob: Und wie ging das zu?

Major: Wer nicht hören will, muß fühlen. Es war des Majors eigene Schuld. Ich riet ihm, als ein guter Freund, vor der Aktion die Sporen abzumachen; aber der Mann war resolviert, ein eiserner Kopf, wollte sich nicht einreden lassen.

Sir Jakob: Courage – Eifer für den Dienst?

Major: Ohne Zweifel – Hören Sie nur. Ich will das ganze Manövre erzählen. Um den Leuten Mut zu machen, hielten wir den Tag vorher im Kruge zu Thistleworth Rasttag. Früh um fünf formierte sich das Bataillon dicht bei Hounslow; der selige Major hatte eine Disposition gemacht, die sich sehen lassen durfte. Wir marschierten in Kolonnen auf, alle Bursche voller Leben. – Kennen Sie den Galgen, Sir Jakob, wo Gardel in Ketten hängt?

Sir Jakob: Jawohl –

Major: Nun – des Majors Plan war, diesen Posten zu okkupieren – aber als wir uns schwenkten, sehn Sie, linker Hand, hier ungefähr (zieht einen Strich mit dem Stock auf dem Boden) durch einen engen Hohlweg, um ein paar Schweinskoben zu besetzen und so dem Galgen in die Flanke zu kommen, auch allenfalls eine Retraite zu sichern, was, denken Sie, kam uns da entgegen? – Meiner Ehre, eine Ochsentrift. In der Fronte lärmte die Trommel, bei der feindlichen Arrière-Garde die Hunde. Nun wurden die Beester wild, setzten sich in Galopp, brachen durch Reih und Glieder und warfen, meiner Seele, das ganze schöne Korps übern Haufen nbsp;–

Sir Jakob: Entsetzlich –

Major: Ja, das Ärgste kommt noch. Des Majors Paradepferd, ein stolzer Mohrenkopf, nahm den Reißaus über Stock und Stein – es war fürchterlich anzusehn – der galante Offizier bohrte der Schindmähre seine Sporen fest in die Rippen und hielt sich so eine Weile noch fest; aber im Setzen über eine Pfütze gab sie ihm so einen hämischen Puff, daß er in einem Bogen, wie ein Sack aus einer Mühle, in eine tiefe Leimgrube flog.

Samuel Foote als Major Sturgeon

Eintrittskarte für das Theater auf dem Haymarket

Sir Jakob: Und brach den Hals?

Major: Nicht doch. – Er kam soweit sanft und wohl im nassen Ton zu liegen; aber entweder die Alteration oder der Fall war schuld, genug, seit der Zeit ging der brave Mann wie ein Schatten herum und lebte nur einen Monat noch. – Für uns alle war's ein erzfataler Tag.

Sir Jakob: Wieso?

Major: Hören Sie weiter. Kapitän Kukumer, Lieutenant Waffeleisen, Fähnrich Kaldauner und ich gingen in der Landkutsche zurück. Als wir bei Hammersmith an den Schlagbaum kamen, siehe da – »halt!« rief's, und da wurden wir angehalten auf der offnen Heerstraße und rein ausgeplündert von einem hagern, schwindsüchtigen, einzigen Spitzbuben – zu Fuß.

Sir Jakob: Wahrlich, ein unglücklicher Tag!

Major: Dennoch, am Ende fiel es besser aus, als ich dachte; denn an Major Molasses Stelle ward ich dem Regiment als Obristwachtmeister vorgestellt.

Sir Jakob: So –

Major: Ja – und außer der Tour, wie sie es nennen; denn ich war der einzige im Korps, Sir Jakob, der zu Pferde sitzen konnte. Sonst avancierten wir alle nach der Anciennetät. Niemand sprang dem andern vor; da gab's solche Kniffe nicht, wie in anderen Diensten. Nein – wir hatten im Korps Offiziere, Sir Jakob – feinere Leute gibt es nicht.

Sir Jakob: Sanft und friedlich?

Major: Wie die Lämmer. Nicht einen Streit, daß ich mich erinnere – außer ein einziges Mal in der »Krone zu Acton«, da baxten sich Kapitän Smith und der Oberstlieutenant miteinander.

Sir Jakob: Was? – War dieses nicht gegen die Subordination? Der Kapitän hätte kassiert werden müssen.

Major: Ward auch kassiert. – Lieber Sir Jakob, unser Obrist ist ein harter Mann. Er nahm ihm nicht allein das Port d'épée, sondern auch seine Kundschaft – wahrlich der arme Kapitän hat seit der Zeit nicht einen Stich War seiner Profession nach ein Schneider. für ihn tun dürfen.

Mutter Kole, im »Minderjährigen«, ist Kupplerin und Methodistin zugleich. Es war eine bewunderte Rolle von Foote, dessen Figur in Frauenskleidern äußerst abenteuerlich ließ. Wer sich an der frömmlenden Sprache ärgert, überlegt nicht, daß Pietisterei sich mit allen Lastern verträgt. Die Methodisten sind in England als eine kriechende Gattung erzboshafter Heuchler bekannt, und des Dichters Absicht war, nicht allein Lachen, sondern auch Abscheu zu erregen. Der Erzbischof von Canterbury hatte das Stück vor der Aufführung gelesen und sein Mißfallen darüber bezeugt. Foote ging hin, brachte sein Drama mit und bat den Prälaten auszustreichen, was ihm anstößig deuchtete; aber der Erzbischof gab es ihm mit einem bedeutenden Lächeln zurück. »Wollen Sie«, sprach er, »gern eine Komödie herausgeben und daraufsetzen: revidiert und approbiert durch den Erzbischof von Canterbury?«

Zu der Szene, die ich dolmetschen will, gehören Mutter Kole, Sir Georg, ein ausschweifender Jüngling, und Loder, ein Bösewicht, der ihn verführt und plündert. Mutter Kole kommt langsam auf einer Krücke und wird durch einen Bedienten des jungen Herrn in die Stube geführt.

*

Mutter Kole: Sachte – sachte – liebes Kind. – Nun – willkommen – willkommen, Herr Loder!

Loder: Bist du da – altes Rüstzeug – wieder im Gang. – Flink, bei meiner Seele – rosenwangig, wie eine Blutwurst.

Mutter Kole: Ei, ei – Herr Loder – endlich einmal. – Sie haben Mutter Kole vergessen.

Loder: Ich? – Eher vergeß ich, was Trumpf ist, Mama nbsp;–

Mutter Kole: Und Ihre Gnaden – wie befinden sich Ihre Gnaden? Ahi! – ahi! (schreit) das geht durch Mark und Bein!

Sir Georg: Was kommt Ihr an, Mutter Kole?

Mutter Kole: Ach! – meine alte Krankheit – lauter Gicht, gnädiger Herr. – Aber Sie sind hier in der Stadt und besuchen Mutter Kole nicht? Ja, ja – mit mir ist's vorbei – ich bin abgetragen, weggeworfen, wie ein zerrissenes Gewand, sagt Herr Squintum. – Oh, das ist ein teurer Mann! Ohne ihn –war ich ein verlornes Schaf – wäre nie erweckt worden.– – Nun, lieber gnädiger Herr – Ihre gute Freundin Kätchen ist noch bei mir. – Sollen wir Sie auf den Abend nicht sehen? Ahi! ahi! (schreit) nage, schneide, brenne, steche, Nacht und Tag, in dem sündlichen Fleisch, das wird auch ein Ende nehmen – oh – oh! – Haben Sie nicht einen Fingerhut voll Krausemünzewasser im Hause?

Sir Georg: Etwas Besseres – herrlichen französischen Liqueur.

Mutter Kole: Ei bewahre – Branntewein! – Nicht einen Tropfen, für der Welt Güter nicht nbsp;–

Sir Georg: Nur um dein altes Herz zu stärken – die Bouteille, Richard.

(Der Bediente geht.)

Mutter Kole: Ja, ja, mit der alten Kole ist's vorüber – was aus dem Hause werden wird, wenn ich nicht mehr da bin? Erst wenn einer tot ist, wird einer vermißt. – Sechzehn Jahre – sag ich recht – achtzehn Jahre sind es – daß ich gewirtschaftet habe. – Laß mir einen auftreten im Kirchspiel, der mir kommen und sagen darf: Mutter Kole, warum habt Ihr das getan? – Zweimal nur war ich vor dem Friedensrichter – dreimal hab ich im Zwinger gesessen – (weint) Jeder Mensch hat Neider und Feinde.

Sir Georg: Nun, altes Murmeltier – tröste dich! Es ist ja vorbei.

Mutter Kole: Mit dem allen, gnädiger Herr, tut es einem wohl im Alter – ehrlich und redlich gelebt zu haben. Ja, ein guter Name, wie Herr Squintum sagt, ist mehr wert als ein Gefäß voll köstlicher Salben. (Richard mit der Bouteille. Loder nimmt sie und schenkt ein.)

Loder: Unterdessen trink einmal! Komm, der Gram ist durstig. Soll ich den Bumper vollmachen?

Mutter Kole: Halt – halt! Eher will ich die Themse austrinken. Nur ein Tröpfchen, um die Gicht aus dem Magen zu treiben.

Loder: Nun – trink soviel als du willst.

Mutter Kole: Aber nicht das Glas – die Bouteille, die Bouteille! Meine Hände zittern so – ich verschütte das gute Wesen – (Nimmt die Bouteille und trinkt.)

Loder: Nun so sauf – bravo, bravo, Mama! – In der Gurgel steckt das Übel nicht. – Aber von Geschäften zu reden, sag mir, das flinke, frische Mädchen in dem weißen Habit, das heute früh an deiner Türe klopfte – war das nicht ein fremder Vogel?

Mutter Kole: Haben Sie das schon aufgespürt? – Allerdings – ein Rekrut vom Lande.

Loder: Könnten wir denn nicht die Ehre haben nbsp;–

Mutter Kole: Geht nicht an, lieben Kinder. – Sie ist an Aldermann Timothy Totter versagt – der schon drei Wochen Kostgeld für sie bezahlt hat.

Loder: Schade für den gichtbrüchigen Kerl! – Gib ihm von der alten Ware nbsp;–

Mutter Kole: Von der alten Ware? – Wo denken Sie hinzukommen nach diesem Leben, Herr Loder?

Loder: Verflucht! dieser Squintum hat der Matrone den Kopf verrückt.

Sir Georg: Nicht doch, Loder. – Es ist, wie es scheint, eine glückliche Veränderung nbsp;–

Mutter Kole: Oh – ein Wunderwerk, gnädiger Herr. Da fuhr ich herum auf dem Sündenmeer, ohne Ruder und Kompaß, und wäre sicherlich untergangen im Strudel der Verzweiflung, hätte mich der ehrwürdige Herr nicht in den Hafen der Gnade pilotiert. – Ja, er war das teure Werkzeug. – Aber, gnädiger Herr, haben Sie Ihr Herz darauf gesetzt, auf ein junges Ding vom Lande, so ist auch da Rat für nbsp;–

Sir Georg: Nun –

Mutter Kole: Ich habe heut noch in die Zeitung setzen lassen, daß eine gute Herrschaft ein paar Dienstmädchen unter achtzehn Jahren verlange. – Zehn gegen eins, wir jagen was auf.

Loder: Das läßt sich, hol der Henker, hören nbsp;–

Mutter Kole: Freilich läßt sich's hören. Mutter Kole dient ihren Freunden gerne; aber sein Gewissen zu beschweren nbsp;–

Sir Georg: Recht, Mama. Bleibe Sie auf dem guten Wege! Aber wie lange ist es her, daß Sie so ganz umgewandt ist?

Mutter Kole: Nun laß sehen – seit meiner letzten schweren Gicht – als ich den ersten Anfall kriegte, da fing es schon an in dem innern Menschen gewaltig zu hantieren. Das war ein Zweifeln und Verzweifeln. Ich schwankte rechter Hand, linker Hand, konnte mich nicht finden aus dem Wirrwarr, da war niemand, der mir sagte: Mutter Kole, hier hinaus oder da hinaus geht der rechte Weg! – Einmal kam es so weit mit mir, daß ich mir vornahm, katholisch zu werden; aber das wollte nicht gehn.

Sir Georg: Warum nicht?

Mutter Kole: Ich reiste eigentlich darum nach Boulogne. Stellen Sie sich vor, gnädiger Herr, diese barfüßige, kahlköpfige, bettelhafte Pfaffen wollten mich nicht absolvieren, als wenn ich meine Hantierung, meinen Beruf, meinen Acker und Pflug niederlegte. – Außerdem ist das ein barbarisches Volk. – In ihren Nonnenklöstern vermauren sie auf lebenslang die feinsten, niedlichsten, allerliebsten Dinger. – Sechse von dem Schlag, Herr Loder, nur einen Winter – dann wäre mein zeitliches Glück gemacht, und eine könnte dann ruhiger an die Zukunft denken.

*

Eins von Footes neuern Stücken war »Der Nabob«. Ein Nabob heißt in England ein Mensch, der sein Glück in Indien gemacht hat oder, wie ihn Foote irgendwo beschreibt, ein Kerl, der sich was Rechts zu sein dünkt, weil er die Heiden geplündert hat, der oft als ein dürftiger Schurk verreist und als ein reicher Taugenichts zurückkommt. Daraus will ich die Versammlung der antiquarischen Gesellschaft hersetzen, welche den Nabob aufnehmen will.

*

Der Sekretär: Sir Mathes will heute der hochpreislichen Gesellschaft seine Geschenke überreichen und hofft aufgenommen zu werden.

Ein Mitglied: Hat man ihn unterrichtet, daß man eine Antrittsrede erwartet? Er muß, wie es die Statuten der Gesellschaft verordnen, eine Probe seiner Gelehrsamkeit geben.

Der Sekretär: Er ist vorbereitet, und, wie ich höre, so sagt er seine Rede fertig her.

Ein Mitglied: Ist das Protokoll der letzten Versammlung in Ordnung gebracht?

Der Sekretär: Ja, das ist geschehen.

Ein Mitglied: Sind die schätzbaren Reste des Altertums, die der Verwüstung der Zeit entwischten, alle numeriert und eingetragen?

Der Sekretär: Alles ist fertig.

Ein Mitglied: Wollen wir nicht der Gesellschaft das Verzeichnis der Schätze vorlegen lassen, welche seit unsrer letzten Session eingesandt worden sind?

Ein Mitglied: Allerdings. Lesen Sie, Herr Sekretär.

Der Sekretär (liest): Erstlich – in einem Kästchen von Glas eine wohlerhaltene Sohle von dem Pantoffel, mit welchem Kardinal Pandulfo, in Swinstead Abtei, dem König Johann einen Tritt vor den Hintern gab, als er ihn von dem Bann absolvierte.

Ein Mitglied: Ein schätzbares Überbleibsel!

Ein Mitglied: Und ein wahres Gegengift wider die Ausbreitung des Papsttums, weil es beweist, wie sehr der Papst seine Macht gemißbraucht hat. Fahren Sie fort.

Der Sekretär: Ein Nußknacker, von König Heinrich dem Achten an seine Gemahlin Anna Bullen geschenkt, ist, wie man urteilt, von Nußbaumholz.

Ein Mitglied: Und beweist, daß schon vor der Reformation Walnußbäume in England gepflanzt waren.

Der Sekretär: Eine Kappe von einem Reitkleid, so der Königin Elisabeth gehörte, das Zeug zuverlässig Kidderminster.

Ein Mitglied: Ist ein unterrichtendes Altertum; denn es beweist, daß die patriotische Königin nichts anders als englische Manufakturarbeit trug.

Der Sekretär: Ein Pfropfzieher, welchen Ritter Falstaff an Heinrich den Fünften schenkte, und ein Pfeifenstopfer, der dem Sir Walter Raleigh gehörte, aus dem Hinterteil des Schiffs gemacht, in dem er die große Seereise tat, von einem Geistlichen in Yorkshire verehrt.

Ein Mitglied: Ein seltenes Beispiel von der Großmut des ehrwürdigen Herrn, der diese Stücke selbst notwendig braucht.

Der Sekretär: Eine vollständige Sammlung aller Passierzettel von dem Schlagbaum zu Islington, seitdem er gesetzt ist, bis auf den heutigen Tag.

Ein Mitglied: Man muß die Sammlung sorgfältig aufheben. Dadurch kann künftig dieser Teil der englischen Geschichte vortrefflich aufgeklärt werden.

Der Sekretär: Eine hölzerne Medaille mit Shakespeares Bildnis von dem berühmten Maulbeerbaum, den Shakespeare zu Avon gepflanzt hat, und ein Pfennig von der Königin Anna, von dem Schauspieldirektor in Drurylane geschenkt. Dies ist ein Seitenblick auf Garrick, der Reliquien von diesem Baum verwahrte und, wie man ihm schuld gab, allzu haushälterisch war; aber so ein Mutwillen wurde Foote vergeben. Sie blieben darum die besten Freunde.

*

Foote ist durch einen allgemeinen Zuruf zum britischen Aristophanes erklärt; aber er hat nicht, wie der Grieche, Tugend, sondern Laster und Torheit verspottet. Er reichte weiter als die Gesetze und erhaschte manchen Verbrecher, welcher den Gerichten entrann. Kurz vor meiner Ankunft in London sollte L., ein reicher Betrüger, wegen eines falschen Eides am Pranger stehen. An dem Tage des Verhörs fand sein Sachwalter, was man in England a flaw in the indictment Ein Fehler der Formalität in der Denunziation. nennt, und der Prozeß ging für diesmal verloren. An dem Abend des nämlichen Tages war dieser Elende so kühn, sich in einer der vordersten Logen auf dem Haymarket zu zeigen. Wie ihn Foote erblickte, hielt er sich die Nase fest zu und fragte den Schauspieler, der mit ihm auftrat: »Haben Sie nicht eine Prise Tobak?« Dieser schwieg betroffen. »Ei verdammt!« rief Foote, »hätte bald einen falschen Eid geschworen, daß der Herr keine Nase hat. Riechen denn Sie die faulen Eier nicht?« Damit wirft der Pöbel die Verbrecher am Pranger. –Jedermann begriff den Wink; es erhub sich ein furchtbar Gezisch; L. mußte sich kümmerlich retten und hatte wirklich am Pranger gestanden.

Foote war immer heiteren, fröhlichen Sinnes; er gab sich für keinen Weisen aus, aber er war ein Temperamentsphilosoph, der es mit den Stoikern aufnehmen konnte; denn auch selbst im körperlichen Schmerz verließ ihn seine Munterkeit nicht. Als ihm Pott sein Bein ablöste, rief er einmal ungeduldig, ob er noch nicht fertig sei. Pott, ein saurer Mann, gab ihm mürrisch zur Antwort, daß man hier nichts übereilen könne. »Nun«, sagte Foote, halb ohnmächtig, »zürnen Sie nicht, lieber Pott! Es ist das erstemal; wenn die Sache wieder vorkommt, will ich mich schon besser finden.«

Dieser Verlust schlug ihn so wenig nieder, daß er gerade darüber am häufigsten scherzte. »Ich bin«, sprach er, »ein elender Mann, mit einem Fuß schon im Grabe, aber darum mit dem Überrest nicht um einen Fingerbreit näher dabei.« In dem Stück »Der lahme Liebhaber«, eine seiner Lieblingsrollen, ist er über dieses hölzerne Bein unerschöpflich an Einfällen. Ich will die Stelle ganz hersetzen.

Circuit, ein Rechtsgelehrter, Sir Luke Limp, der lahme Liebhaber, und Scharlotte, Circuits Tochter

Circuit: Was in dem Mann für eine Munterkeit ist!

Sir Luke: Und warum nicht, alter Kasusklauber?

Circuit: Ich sage eben an Scharlotte, Sie haben durch Ihren Zufall nichts verloren.

Sir Luke: Gewonnen, Freund, gewonnen hab ich! Bedenk, weder Gallenspat noch Mauke, kein Rheumatismus, kein Podagra, kein Nagel im Fleisch, keine Hühneraugen! Niemand stößt mir das Schienbein entzwei oder tritt mir die Zehen zuschanden.

Circuit: Ist wahr.

Sir Luke: Was? Glauben Sie, ich wollte mit Freund Spindel tauschen, um einen seiner Trommelstöcke? oder mit Lord Lumber für seine beiden Klötze?

Circuit: Nein!

Sir Luke: Auf Ehre, nein! Denn sehen Sie – mit dem Fuß hier kann ich alles beschicken. Zwar läßt's albern, wenn ich laufe; aber dafür will ich, mit dem Besten in der Stadt, um jede Wette hüpfen.

Circuit: Und ich pariere auf Ihre Hand – Fuß wollt ich sagen nbsp;–

Sir Luke: Ferner, was das Tanzen betrifft – von euren Bals parés bin ich freilich amputiert, denn es wird mir sauer im Gedräng; aber in einem ehrbaren Tanz von wenig Paaren oder auch in Stuhlmenuett – den will ich sehen, der's mit mir aufnimmt.

Scharlotte: Was ist ein Stuhlmenuett, Sir Luke?

Sir Luke: Sehen Sie, Kind – die französische Grazie besteht einzig und allein in der Bewegung des Kopfes, der Arme und der Hüften. (Setzt sich nieder.) Nun begreifen Sie, das kann alles im Sitzen geschehen. Es ist eins, ob man einen Fuß in der Welt oder soviel Füße als ein Polypus hat. Zum Exempel (macht Menuettenbewegung) tal de ral tal de ral tal tal. Hab ich recht oder nicht?

Circuit: Sie beweisen wenigstens zur Hälfte, Sir Luke.

Sir Luke: Ein Fuß ist wahrlich ein unnützer Auswuchs, ein eigentliches Nichts. Der Mensch ist eine üppige Kreatur. Wir könnten gern mit der Hälfte unsrer Glieder zurechtkommen.

Scharlotte: Ei, wie beweisen Sie das, Sir Luke?

Sir Luke: Durch beständige Erfahrung. Haben Sie den Mann nicht gesehen, der ohne Hände schreibt?

Scharlotte: Ja.

Sir Luke: Neulich hatte ich mich in einem Nebel verirret, und da zeigte mich ein stockblinder Bettler zurecht.

Circuit: Das geht an.

Sir Luke: Und Hören und Sehen, guter Freund, sind vollends überflüssige Organen.

Circuit: Wieso?

Sir Luke: Ich will Sie zu einer Familie führen, wo sie alle taub und stumm sind wie die Austern und schwatzen vom Morgen bis in die Nacht mit ihren Fingern nbsp;–

Circuit: Scharlotte, ein casus in terminis.

Sir Luke: Oh, klar wie ein Forellenbach! Ich bin mit dem Stückchen Holz zufrieden, und es hat mir in meinem Leben zu manchem bißchen Witz verholfen.

Circuit: So –

Sir Luke: Im letzten Sommer noch war in Tunbridge ein verteufelter Kerl vom Metier, der immer die ganze Gesellschaft mit seinen Heldentaten plagte. Er war gehauen, gestochen, geschossen, hatte eine Reise in die Luft mit einer Mine gemacht und drei Tage unterm Schutt gelegen. Alles das, wie er sagte, focht ihn nichts an. Die Stoiker waren Narren gegen ihn; er hatte nur konfuse Begriffe von dem Ding, das man Schmerz in der Welt nennt. Endlich war ich des Aufschneidens müde und schlug ihm eine bescheidene Wette vor nbsp;–

Circuit: Nun?

Sir Luke: Nun, weiter nichts, als jeder von uns sollte sich einen Korkzieher bis an den Griff in die Wade schrauben -

*

Im Umgange war Foote angenehmer, glänzender noch als auf der Bühne. Ein launiger Einfall jagte den andern. Er war die Geige jeder Gesellschaft, the fiddle of every society. wie man sich im Englischen ausdrückt. Man drängte sich um ihn. Große buhlten um seine Gunst; er hingegen beugte sich nicht vor Rang und Titel und wies den Hochmut bitter zurück. Einst nahm sich ein ungesitteter Lord heraus, ihn verächtlich »Herr Komödiant« zu nennen; »das bin ich«, gab ihm Foote zur Antwort, mit einem auf ihn gehefteten Blick, »und studiere jetzt eben einen Kaliban«. Das grobe Untier im Shakespeare.

Er war wohltätig, freundlich, gefällig, unermüdet, seinen Freunden zu dienen; jedes Talent war ihm wert; jede Szene des Elends weckte sein Mitleid; seine Kasse war immer der Dürftigkeit offen. Seine Fehler rührten mehr aus Leichtsinn als aus einem verdorbenen Herzen her; weil er nie einen Einfall verschluckte, so hat er selbst seine Freunde nicht immer geschont, und man wirft ihm noch andre Schwachheiten vor. Aber wer mag schadenfroh den Schleier wegziehn, dessen jeder Sterbliche bedarf? Peace be to his ashes! Friede mit seiner Asche!

Es gibt eine ehrbare Menschengattung, die es äußerst abgeschmackt findet, daß ein Schauspieler, ein Histrion, wie man das Wort unter vornehmen Leuten übersetzt, höher als mancher Lord Mayor geschätzt wird. Aber, Freunde, es ist kein verächtliches Talent, vernünftige Leute lachen zu machen. Unvermischtes Vergnügen dürfte wohl in diesem Erdeleben allein in den Augenblicken gedeihen, wenn wir im Rausche der Fröhlichkeit nur wenig Spannen um uns sehn. Ernsthafte Weise haben uns klüger, aber darum nicht glücklicher gemacht. Wer uns belustigt, zaubert eine Feeninsel um uns her, in der wir uns vortrefflich gefallen. Darum ehren wir die Schöpfer der Freuden als Wohltäter des Menschengeschlechts.


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