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Viertes Kapitel

Die Reise nach dem Schloß der Gräfin Rosemarie

»Ich möchte nur wissen, was unserem Kasperle fehlt!« sagte im Waldhaus die schöne Frau Liebetraut zu ihrem Manne an diesem Abend.

Ja, der wußte es auch nicht, niemand wußte es, selbst Michele nicht. Kasperle hing seine Nase wie eine Trauerweide ihre Zweige. Er redete nicht, er lachte nicht, er schlug keine Purzelbäume, – Kasperle war gar nicht Kasperle.

»Er ist krank,« sagte Michele. Und er bat den kleinen Freund herzlich und gut, er möge ihm sagen, was ihm fehle. Doch da brach Kasperle in ein erschreckliches Geheule aus, er heulte und heulte, die Vögel verkrochen sich vor Schreck in ihren Nestern, und die Rehe, die sonst bis an das Waldhaus gelaufen kamen, rannten davon.

Nein, wie konnte Kasperle auch heulen!

Michele legte ihn ins Bett, und alle Waldhausleute saßen drum herum, redeten ihm gut zu, trösteten und fragten nach seinem Herzeleid, aber Kasperle schwieg. Er steckte seine Nase in die Kissen und tat, als ob er schliefe. Da ließen sie ihn schließlich allein. Mutter Annettchen sagte: »Er muß sich ausschlafen, dann wird es schon wieder gut sein.«

In dieser Nacht stand der Mond wieder über dem Waldhaus, sah wieder in das Stübchen hinein, in dem Michele fest schlief, das Kasperle aber traurig auf dem Bettrand hockte. Und wieder lockte und winkte der Mond, und Kasperle stieg leise aus dem Fenster, schwang sich auf das Dach und sah über den dunklen Wald hinweg. Dort ferne, ferne, wo die Berge dunkel gegen den Nachthimmel standen, lag des Herzogs Waldschloß und das Schloß, in dem Rosemarie wohnte.

»Hach!« Kasperle seufzte auf einmal so erschrecklich laut, und eine große, dicke Eule, die neben dem Haus in einem Baum wohnte, purzelte vor Schreck in ihr Nest zurück. Gerade hatte sie auf die Jagd fliegen und ein paar Fledermäuse fangen wollen.

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Kasperle kümmerte sich gar nicht um die erschrockene Eule, er ächzte noch ein paarmal: »Hach, hach!« Dann kroch er traurig in das Kämmerlein zurück, rollte sich wie ein Igel zusammen und – schlief ein. Er schlief, bis statt des Mondes die Sonne hoch und hell am Himmel stand, und über dem schönen Wetter vergaß Kasperle ganz und gar seinen Kummer. Er schoß wieder mit einem Purzelbaum die Treppe hinab, fiel mit seiner großen Nase beinahe in seine Milchtasse, schluckte und schluckte, da trat Herr Severin in das Zimmer und rief: »Nein, seht doch einmal diese Grenzwächter! Da haben sie diesen dicken Brief über die Grenze geworfen, als ich vorhin spazierenging, mir gerade vor die Füße.«

Alle guten Geister, bekam Kasperle einen Schreck! Er versank mit seinem Gesicht ganz in der Milchtasse und heulte in die hinein: »Das ist für mich, für mich!«

Herr Severin schüttelte erstaunt den Kopf über Kasperles wunderliches Gebaren, und auch alle andern schüttelten die Köpfe, dann aber wickelte Herr Severin das Päckchen aus; ein großer, feierlicher Brief, mit dem herzoglichen Siegel versehen, kam zum Vorschein und darauf stand: »An Kasperle.«

Potztausend! Meister Friedolin fiel das Schnitzmesser aus der Hand vor Erstaunen, und alle sahen auf das heulende Kasperle. Selbst Michele dachte: Er hat gewiß an der Grenze einen dummen Streich gemacht.

Herr Severin fragte ganz ernsthaft: »Kasperle, was hast du getan?«

»Hach!« Kasperle schluchzte erschrecklich. »Ich hab’ dem Herzog einen Brief geschribbt!«

»Du – Kasperle?«

»Hm, hach, mein Bäuchle tut wieder so weh!«

Dem Kasperle tat wieder vor Angst sein Herze weh, und er hielt das wieder für sein Bäuchle. Ganz matt deutete er auf den Brief und nickte Herrn Severin zu. Der dachte: Gewiß will er sagen, ich soll den Brief lesen. Er öffnete ihn also und las.

Da staunten sie nun freilich alle sehr im Waldhaus, Michele aber nahm seinen kleinen Freund in die Arme und sagte traurig: »Nein, nein, armes Kasperle, ein so schweres Opfer sollst du nicht für mich bringen.«

»Kasperle, ach Kasperle, du willst uns verlassen?« rief die schöne Frau Liebetraut traurig. »Das darfst du nicht.«

»Er muß,« sagte plötzlich Meister Friedolin. »Versprochen ist versprochen, und wenn jetzt Kasperle dem Herzog sein Wort nicht hält, dann geht es uns noch allen schlecht im Waldhaus.«

»Ja, er muß gehen.« Herr Severin sah auch ganz traurig aus und doch wieder froh, denn er freute sich, daß sein Lieblingsschüler Michael nun die schöne Gräfin Rosemarie heiraten sollte.

So ging es schließlich allen. Sie waren alle traurig und freuten sich alle, am sonderbarsten aber war es dem Michele zumute, der hätte lachen und weinen mögen, und zuletzt nahm er seine Geige und spielte so schön wie noch nie. Das tönte in den Wald hinaus wie Engelsgesang, und alle Tiere, die das Spiel hörten, kamen gelaufen und lauschten. Da kamen Rehe und Hasen, der fette Dachs kam angetrabt, Mäuslein huschten herbei, das Eichhörnchen sprang von Baum zu Baum, die Vögel flogen um das Haus, und zuletzt guckte sogar der Fuchs um die Ecke.

Als Michele sein Spiel geendet hatte, sagte Meister Friedolin: »Nun ist’s Zeit; jetzt müßt ihr marschieren, denn sonst denkt der Herzog, ihr kommt nicht, und die Gräfin Rosemarie muß gar den Grafen von Singerlingen heiraten.«

Meister Friedolin hatte schon recht, aber der Abschied wurde doch allen sehr schwer. Michele konnte freilich versprechen, er werde mit seiner Frau bald alle im Waldhaus besuchen, aber Kasperle konnte das nicht. Der gehörte dann ganz und gar dem Herzog. »Vielleicht sagt er bald: ‚Geh zum Teufel!‘« meinte er, aber dazu schüttelte Herr Severin den Kopf. »So ein Wort spricht ein Herzog nicht aus, dazu ist er viel zu vornehm. Du warst dumm, kleines Kasperle, du hättest dir etwas anderes ausdenken sollen.«

Kasperle hing die Nase, er wollte zwar Michele nicht zeigen, wie traurig er war, aber Michele merkte es doch, und als sie beide reisefertig waren, fragte er traurig: »Wirst du es auch nicht zu arg bereuen, mein armes Kasperle?«

Heidi, da rannte das Kasperle davon! Es nahm nicht einmal recht Abschied, das brachte es vor lauter Herzeleid nicht fertig. Es rannte und rannte, Michele konnte ihm kaum folgen, und auf einmal waren sie an der Grenze und jenseits standen die beiden Landjäger. Die schrien: »Hurra, sie kommen, hurra!«

Es war beinahe, als wäre der Herzog selber gekommen. Und als der Geiger mit dem Kasperle drüben war, sagten sie: »Nun marschieren wir mit, denn nun brauchen wir die Grenze nicht mehr zu bewachen. Jetzt ist ja Kasperle da.«

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Michele ging mit dem Kasperle voran. Er spielte auf seiner Geige, und der Wald, durch den sie gingen, sang mit, es rauschte in den Bäumen, die Vögel zwitscherten es: »Da geht einer zur Hochzeit, Hochzeit, Hochzeit!«

Kasperle vergaß darüber ganz den Herzog, er kam sich ungeheuer wichtig vor, wie er so, von zwei Landjägern begleitet, dahinschritt.

Und als sie sich Protzendorf näherten, dachte er: Na, ich will’s ihnen schon zeigen, wer ich bin, ich, das berühmte Kasperle!

In Protzendorf sahen etliche den Zug kommen, unter denen waren auch Kasperles alte Freunde Windgustel und Wassergustel. Das waren jetzt zwei stämmige, große, dicke Burschen geworden; klüger waren sie aber noch immer nicht, darum rissen sie auch die Mäuler weit auf, als sie den Zug kommen sahen, und brüllten: »Jetzt haben se Kasperle gefangen!«

Daß einer, der gefangen ist, nicht ganz vergnügt voranmarschiert, bedachten die Protzendorfer nicht, das Geschrei pflanzte sich fort, und der Schäfer Damian ohne Maul, der heute ganz nahe am Dorfe seine Herde weidete, hörte es auch.

Hallo, da kam der aber angelaufen! Er sah Kasperle, sah die Landjäger, dachte an sein Wort, er wolle Kasperle immer schützen, und auf einmal – ripsch, rapsch – ergriff er den kleinen Kerl, setzte ihn auf seine Schulter, und fort ging es. Damian hatte längere Beine als die Landjäger und alle Protzendorfer, der war mit Kasperle zum Dorfe hinaus, ehe einer nur recht zur Besinnung kam.

Als die Landjäger freilich merkten, Kasperle wurde wieder zurückgetragen, da rannten sie spornstreichs hinterher; Michele rannte auch. Die Protzendorfer blieben nicht zurück, was Beine hatte lief, sogar ein paar Schweinchen, etliche Hunde und Ziegen waren dazwischen.

Kasperle schrie: »Halt, halt!« Aber Damian ohne Maul hörte nicht darauf; der lief bergauf, bergab, rannte beinahe das Wächterhaus an der Grenze um, und dann war er am Waldhaus, und da setzte er das schreiende Kasperle mitten in die Stube hinein. »Da!«

»Jemine,« schrie Mutter Annettchen, »unser Kasperle, der zum Herzog wollte, ist wieder da!«

»Was?« Damian sah drein, als wollte er das ganze Waldhaus verschlingen.

Illustration 046

Da kamen Meister Friedolin, Herr Severin, die schöne Frau Liebetraut und ihre Kinder alle herbei, und alle fragten sie: »Kasperle, was ist denn das? Wie kommst du denn wieder her? Willst du nicht mehr zum Herzog gehen?«

»Ich will doch schon, aber der will net!« brüllte Kasperle ganz aufgeregt.

»Na, potz Kuckuck, was hat denn da der Damian zu wollen!« rief Meister Friedolin.

Damian ohne Maul stand ganz verdattert da. Er merkte schon, er hatte eine große Dummheit gemacht. Ehe er aber noch wie und was sagen konnte, kamen die Landjäger, Michele und die Protzendorfer Männer, Frauen, Kinder, Schweinchen, Ziegen und Hunde gelaufen, und um das sonst so stille Waldhaus toste ein ungeheurer Lärm. Michael trat in die Stube und erzählte, und als er das weinende Kasperle am Boden sitzen sah, sagte er mitleidig: »Nun kannst du hier bleiben; dein Wort hast du gehalten, hast zum Herzog gehen wollen; daß dich der Damian zurückgetragen hat, dafür kannst du nicht.«

»Hm,« brummelte Meister Friedolin, »gewollt hat er, gegangen ist er, aber –«

Kasperle hatte sich ganz zusammengekauert. Im Waldhaus bleiben dürfen, wie schön wäre das! Aber da fiel ihm Rosemarie ein, die dann den alten Grafen von Singerlingen heiraten mußte, und er dachte an seines Michele Geige, die immer weinte, wenn er spielte, und er sagte ganz, ganz leise: »Ich will zum Herzog.«

»Wir wollen Kasperle, Kasperle soll wiederkommen!« schrien draußen die Landjäger und etliche Protzendorfer, dazwischen aber brüllten zwei: »Nä, er soll heeme bleiben!«

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Das waren Wassergustel und Windgustel, die ihren einstigen Freund noch immer gern hatten und auch dachten wie Damian, er wäre geraubt worden.

Kasperle saß noch immer mitten in der Stube. Er war nämlich ein bißchen müde von dem Laufen, auch war ihm der Schreck in seine kleinen Beine gefahren. Er dachte bei sich: Wer mich hergetragen hat, mag mich auch zurückbringen. Und überhaupt – zu einem Herzog läuft man nicht, da fährt man. Er erhob also plötzlich seine Stimme und schrie, so laut er konnte: »Ich will ’n Wagen, ich will zum Herzog fahren!«

»Da hat er recht,« brummte draußen der dicke Bauer Strohkopf, der als letzter dahergekommen war. »Und ’n Kutschwagen muß es sein, anders geht das nicht.« In ganz Protzendorf aber hatte nur er einen Kutschwagen, in dem er freilich nie fuhr, weil er ihm zu schön war. Doch nun dachte er: Wenn der Herzog hört, daß ich, der Bauer Strohkopf, meinen Wagen hergegeben habe, dann kriege ich sicher einen Orden. Also rief er: »Recht hat Kasperle, und obgleich er mich mal schwer geärgert hat, soll er doch einen Wagen bekommen. Darin kann er gleich bis zu dem Schloß der Gräfin Rosemarie fahren.«

Alle staunten den dicken Bauer ehrfurchtsvoll an, und der sagte: »Na, dann los! Jetzt müssen wir erst nach Protzendorf gehen, dort laß ich anspannen.«

»Nä,« schrie Kasperle, »ich war schon dort; au, au, ich bin so müde!«

Es half alles nichts, Damian ohne Maul mußte den kleinen Strick wieder nach Protzendorf zurücktragen, und als sie dort ankamen, sagte der Bauer, sie müßten aber bis morgen früh warten, denn sein schöner Wagen dürfe nur am Tage gefahren werden. Und morgen sollten die beiden doch schon auf dem Schloß sein. Da aber der Herzog keine Zeit angegeben hatte, konnten sie ja auch am Abend ankommen, und darum sagte der Geiger Michael, sie wollten bis zum Sonnenaufgang warten.

Das mit dem Wagen war aber nur ein bißchen geflunkert von dem dicken Bauer. Er dachte nämlich: Kasperle soll uns heute Abend noch etwas vorkaspern. Das tat der kleine Schelm auch, und es gab in dem großen Bauernhofe einen lustigen Abend. Es lachten alle so viel, daß Kasperle darüber den Abschied vom Waldhaus beinahe vergaß. Aber als alle schliefen und der Mond schien, da wurde er wieder ganz traurig, er kletterte auf das Fensterbrett und sah lange, lange auf das stille Dorf hinab. Er dachte: Wenn der Herzog doch nur sagen wollte: »Geh zum Teufel!« aber ach, Herr Severin hatte ja gesagt, so etwas spricht ein Herzog nicht aus.

Wie Kasperle so saß und den Mond unter sich auf dem Dorfbächlein glitzern sah, hörte er auf einmal eine liebe, linde Stimme, die sang:

»Nur net verzagt!
Bald der Morgen tagt.
Zum guten End’
sich alles wend’t.
Mußt net greinen,
Mußt net weinen!
Auf Gott vertrau’,
Zum Himmel schau’!«

Da tat Kasperle wirklich, was die Stimme riet, schaute zum Himmel auf, und dabei sah er am Fenster über sich ein Mägdlein stehen, das war die Sängerin. Die erblickte nun auch das Kasperle auf der Fensterbrüstung, und sie rief sacht hinab: »Geh doch schlafen, kleines Kasperle!«

»Kann net,« murmelte Kasperle, und dann kletterte er flugs am Weinspalier hoch und saß auf einmal auf dem Kammerfenster der Magd. Die lachte. »Ei,« fragte sie, »du Schelm, du willst wohl wieder ausreißen?« Aber als sie sah, wie dem Kasperle dicke, dicke Tränen über sein unnützes Gesichtlein liefen, fragte sie sanft: »Was fehlt dir denn, armes Kasperle?«

Kasperle seufzte schwer: »Hach, hach!« und dann verriet er der Magd seinen Kummer. »Wenn der Herzog net sagt: ‚Geh zum Teufel!‘ muß ich bei ihm bleiben,« jammerte er.

»Ei, weißt du was, ein schöner Spruch ist das nicht!« erwiderte die Magd, »und ein Herzog wird so etwas freilich net sagen, der denkt gar nicht an solche Worte. Aber weißt du, mir hat meine Großmutter einmal erzählt, ihre Urgroßmutter habe ein Mittel gewußt, daß ein Mensch sagen mußte, was sie wollte, hab’s freilich nie ausprobiert, und meine Großmutter hat’s auch nie ausprobiert, aber verraten will ich’s dir. Du mußt um Mitternacht, wenn der Vollmond scheint, den Herzog an der großen Zehe fassen und sagen: ‚Geh zum Teufel!‘ dann sagt er’s dir flink nach.« Sie lachte herzhaft, während sie dies sagte.

Nun merkte Kasperle, die Magd war trotz ihres lieblichen Singens eine arme Schelmin, aber sie erreichte, was sie wollte: das Kasperle vergaß das Weinen, wurde ganz getrost und kletterte zuletzt purzelvergnügt in sein Bett.

Die Magd, sie hieß Dörte, sah ihm traurig nach. Du armes kleines Kasperle, dachte sie, wenn ich dir helfen könnte, ich tät’s schon himmelgern!

Und als der Morgen anbrach und Bauer Strohkopf seinen Wagen anspannen ließ, in den Michael und Kasperle einstiegen, da sandte die Magd dem Kasperle viele gute Wünsche nach. Die waren wie Sonnenstrahlen so lieb und licht und zogen mit Kasperle nach dem Schloß, in dem die schöne Gräfin Rosemarie wohnte. –

Der Bauer Strohkopf fuhr seinen schönen Wagen selbst. Und da er ein bedachtsamer Mann war und allzu große Eile nicht leiden konnte, ging das hübsch sacht voran. Die braunen Pferde, die so dick und rund wie ihr Herr waren, liebten auch die Eile nicht, und ob bergauf, bergab oder geradeaus, immer ging es im Schritt.

Den beiden Reisenden wurde es mit der Zeit himmelangst. Die Sonne stieg höher, stieg wieder tiefer, noch waren sie nicht am Schloß, und da sagte der Bauer auch noch: »Jetzt müssen meine Rößles verschnaufen, so ’n Gelaufe tut ihnen net gut.«

Michele seufzte tief, und Kasperle, so dumm er auch manchmal war, verstand ihn doch gut, verstand, der Freund hatte Angst, sie würden beide nicht zur rechten Zeit kommen. Da kletterte er flugs aus dem Wagen, blinkte dem Freunde zu und erhob ein mörderliches Geschrei: »Ich reiße aus, ich reiße aus!«

Und geschwind sprang Michele ihm nach und schrie: »Ich fange dich, ich fange dich.«

»So ein Unsinn!« brummte der Bauer Strohkopf. »Jetzt spielen die gar Haschens wie im Dorf die Bübles und Mädles. Na, wenn sie genug gelaufen sind, werden sie schon wieder kommen!« Und der dicke Bauer holte sich eine große Wurst und viele, viele Schnitten Kuchen und eine Flasche Wein aus seinem Wagenkasten und begann zu schmausen.

Darüber fing es an zu dämmern, der Abend nahte und der Bauer dachte: Jetzt müssen wir halt bis zum nächsten Wirtshaus fahren. Jemine, aber wo sind die beiden? Er erhob seine Stimme laut: »Herr Michael – Kasperle – Herr Michael – Kasperle!« aber niemand gab Antwort. Die beiden rannten, so schnell sie nur konnten, um noch zur rechten Zeit das Schloß der schönen Gräfin Rosemarie zu erreichen.

Zuletzt merkte der Bauer doch, daß die beiden Schelme ausgerissen waren. Er brummte und knurrte wie ein Wolf, fuhr zum nächsten Wirtshaus und dachte: Morgen fahr’ ich zum Herzog, der soll schon erfahren, was das für Bösewichter sind! Jegerl, einen Herzog und mich, den Bauer Strohkopf, so zum Narren zu halten! Die sind doch sicher nach ihrem Waldhaus zurückgelaufen.


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