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Drei Brahmanensöhne gingen, 
        wohl geschickt in allen Dingen, 
        wandern in die weite Welt. 
        Sie gedachten, vieles Geld 
        Dort, vermöge ihre Kunst, 
        Ehrenstellen, Fürstengunst, 
        Ruhm und Beifall zu erlangen 
        und dereinst im Glück zu prangen.
        Was im Kopf nur wollte haften 
          von geheimen Wissenschaften, 
          hatten alles sie gelernt, 
          jahrelang der Welt entfernt. 
          In der schwarzen Kunst Bereich 
          tat es ihnen keiner gleich, 
          und was war und was gewesen, 
          alles hatten sie gelesen. 
Eines Tags mit schnellen Tritten 
          kam ein Wandersmann geschritten, 
          schloß sich diesen dreien an. 
          »Sprich, wer bist du, fremder Mann?« 
          Dieser gab das Wort zurück: 
          »Fürstengunst und Ruhm und Glück 
          in der Welt mir zu gewinnen, 
          zieh ich aus mit leichten Sinnen!« 
»Sprich, was lerntest du, was weißt du? 
          Welcher Künste Meister heißt du?« 
          »Lernen tat ich nichts, ihr Herrn! 
          Ich vertraue meinem Stern. 
          Ich bin pfiffig und gewandt, 
          und gesund ist mein Verstand, 
          Das genügt bei allen Sachen, 
          um damit sein Glück zu machen!« 
»Ach, umsonst ist all dein Streben! 
          Dafür wird kein Mensch was geben! 
          Wandre nur in guter Ruh 
          wieder deiner Heimat zu! 
          Aber wir – wir sind gelehrt! 
          Uns're Kunst ist Goldes wert! 
          Der Verstand ist das Gemeine, 
          doch Gelehrsamkeit das Feine!« 
Als sie eben so gesprochen, 
          fanden eines Löwen Knochen 
          sie am Wege rings verstreut, 
          und der eine rief erfreut: 
          »Ha, nun zeiget diesem Mann, 
          was ein jeder von uns kann! 
          Ward uns doch die Kunst gegeben, 
          diesen Löwen zu beleben!« 
Und die Knochen nahm der eine, 
          legte sorgsam Bein zu Beine, 
          und der zweite fügte dann 
          Fleisch und Fell behutsam an. 
          Doch der dritte sprach: »Nun seht, 
          was ein weiser Mann versteht! 
          Jetzt will ich in seine Nasen 
          den lebend'gen Odem blasen!« 
Doch der Fremde rief: »Ihr wißt es, 
          denkt daran, ein Löwe ist es! 
          Glaubet mir, er frißt euch auf!« 
          Doch der dritte schrie darauf: 
          »Meinest du, der Weisheit Kraft 
          und die Kunst der Wissenschaft 
          soll in meinen Händen schlafen, 
          da wir es so günstig traten?!« 
»Ach, entschuldigt,« sprach der vierte, 
          »wenn ich ungelehrsam irrte. 
          Gebt mir eines Weilchens Raum, 
          bis ich stieg auf jenen Baum!« 
          Als er saß auf sich'rem Ast, 
          rief der dritte: »Aufgepaßt! 
          Jetzt wird meine Kunst das Leben 
          diesem toten Löwen geben!« 
Hei! wie sich das Untier reckte 
          und die mächt'gen Glieder streckte, 
          mit dem Schweif die Flanken schlug 
          und so stolz die Mähne trug! 
          Brüllte darauf grauenhaft, 
          schlug mit seiner Pranken Kraft 
          alle drei zu Boden nieder 
          und verzehrte ihre Glieder. – 
Als der Löwe fortgegangen, 
          stieg der Fremde ohne Bangen 
          von dem sicher'n Ast herab, 
          griff zu seinem Wanderstab, 
          sprach: »Zwar bin ich ungelehrt, 
          doch Verstand ist auch was wert! 
          Hätt' ich solche Kunst besessen, 
          wär' auch ich mit aufgefressen!«  |