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Schlacht der Götter

Den andern Göttern tobte dafür das Herz in ungestümer Feindschaft, und im Sturme prallten sie aneinander, daß der Erdkreis dröhnte und die Luft rings wie von Posaunen erscholl. Zeus, auf der Spitze des Olymp gelagert, vernahm es, und sein Herz erbebte vor Wonne, als er die Unsterblichen zum riesenhaften Kampf aufeinander losrennen sah. Zuerst drang Ares, der Kriegsgott, vor und stürmte mit seinem ehernen Speer auf Pallas Athene ein, indem er ihr schmähende Worte entgegenrief: »Du schamloseste Fliege, was treibst du voll stürmischer Dreistigkeit die Götter zum Kampfe? Weißt du noch, wie du den Tydiden gereizt, daß er mich mit der Lanze verwundete, ja wie du selbst mit dem strahlenden Speere mir den unsterblichen Leib verletzt? Jetzt wollen wir die Rechnung miteinander abschließen, du Unbändige!« So sprach er, schlug an seinen schrecklichen Ägisschild und stieß mit dem Speer nach der Göttin. Diese wich aus, griff nach einem großen rauhen Markstein, der dort im Gefilde lag, und traf damit den Wüterich an den Hals, daß er klirrend in seinen ehernen Waffen zu Boden sank, sieben Hufen Landes im Fall bedeckend, und sein göttliches Haar vom Staube besudelt ward. Da lächelte Athene und sprach jubelnd: »Törichter, du hast wohl nie bedacht, wieviel ich dich an Kraft übertreffe, da du es gewagt hast, dich mit mir zu messen! Büße jetzt ganz deiner Mutter Hera Verwünschungen, die voll Zornes über dich ist, daß du dich den Griechen entzogen hast und die übermütigen Trojaner verteidigen magst.« So redete sie und wandte ihre strahlenden Götteraugen ab. Den schwer aufstöhnenden Kriegsgott, dem erst allmählich der Atem wiederkehrte, führte Zeus' Tochter, Aphrodite, aus der Schlacht; als aber Hera die beiden gewahr wurde, begann sie zu Athene: »Wehe mir, Pallas, siehest du nicht, wie dreist dort die weichliche Liebesgöttin den wilden Mörder mitten aus dem entscheidenden Kampfe durchs Getümmel hinwegführt? Wirst du sie nicht schnell verfolgen?« Nun stürmte Pallas Athene nach und versetzte der zarten Göttin mit mächtiger Hand einen Schlag auf die Brust, daß sie zu Boden sank und der verwundete Kriegsgott mit ihr. »Mögen alle so stürzen«, rief Athene, »die es wagen, den Trojanern beizustehen! Wäre es jedem der Unsern gelungen wie mir, so hätten wir längst Ruhe, und Troja wäre zum Schutthaufen unter unsern Händen geworden.« Ein Lächeln flog über Heras Gesicht, als sie dieses sah und hörte. Darauf sprach der Erderschütterer Poseidon zu Apollo gewendet: »Phöbos, warum stehen wir so entfernt, da doch andere den Kampf schon begonnen haben? Es wäre doch eine Schmach für uns, wenn wir beide zum Olymp zurückkehren wollten, ohne unsere Kraft aneinander versucht zu haben. So hebe denn du an, bist du doch der Jüngere! Was säumst du? Hat dein Herz ganz vergessen, wieviel wir beide vor allen Göttern bereits Böses um Troja geduldet haben, seit wir dein stolzen Laomedon bei dem Bau der Stadtmauer frönten und er unsere Dienste so schnöde vergalt? Du denkst wohl nicht mehr daran, sonst würdest du mit uns andern auf die Vernichtung der Trojaner bedacht sein und nicht dem Volke des trügerischen Laomedon willfahren.« »Beherrscher des Meeres«, antwortete ihm Phöbos, »ich selbst würde dir nicht bei Besinnung dünken, wenn ich der Sterblichen wegen, die hinfällig sind wie das Laub im Walde, mit dir, dem ehrfurchtgebietenden Gotte, kämpfen wollte.« So sprach Apollo und wandte sich, voll Scheu, wider den Bruder seines Vaters gewaltsam den Arm aufzuheben. Da spottete seiner die Schwester Artemis und rief höhnend: »Fliehest du schon vor der Schlacht, du Fernhintreffer, und räumst dem prahlerischen Poseidon den Sieg ein? Du Tor, was trägst du alsdann auf der Schulter den Bogen, das nichtige Kinderspiel?« Aber Hera verdroß die Spottrede: »Gedenkst du etwa, weil du dein Geschoß auf dem Rücken trägst, dich mit mir an Stärke zu messen, du Schamlose?« sprach sie, »wahrlich, dir wäre besser, du gingst in die Wälder, einen Eber oder Hirsch zu erlegen, als frech gegen höhere Götter anzukämpfen! Und doch, weil du so trotzig bis, so magst du meine Hand fühlen.« So schalt sie, ergriff mit der Linken beide Hände der Göttin am Knöchel, mit der Rechten zog sie ihr den Köcher samt den Pfeilen von der Schulter und versetzte damit der Zurückgewendeten schimpfliche Streiche um die Ohren, daß die Pfeile klirrend aus dem Köcher sanken. Wie eine schüchterne Taube, vom Habicht verfolgt, ließ Artemis Köcher und Pfeile liegen und floh unter Tränen davon. Ihre Mutter Leto wäre ihr zu Hilfe geeilt, wenn nicht Hermes in der Nähe auf der Lauer gestanden wäre. Als dieser das inneward, sprach er zu ihr: »Ferne sei von mir, daß ich mit dir streiten wollte, Leto; gefahrvoll ist der Kampf mit den Frauen, die der Donnerer seiner Liebe gewürdigt hat. Deswegen magst du dich immerhin im Kreise der Unsterblichen rühmen, mir obgesiegt zu haben.« So sprach er freundlich: da eilte Leto herbei, hub den Bogen, den Köcher und die Pfeile, wie sie wirbelnd da- und dorthin in den Staub gefallen waren, sie sammelnd, auf und eilte der Tochter nach, zum Olymp hinan. Dort hatte sich Artemis weinend auf die Knie des Vaters gesetzt, und ihr feines, von Ambrosia duftendes Gewand bebte ihr noch vom Zittern der Glieder. Zeus schloß sie liebkosend in die Arme und sprach unter freundlichem Lächeln zu ihr: »Welcher von den Göttern hat es gewagt, dich zu mißhandeln, mein zartes Töchterchen?« »Vater«, antwortete sie, »dein Weib hat mir ein Leids getan, die zornige Hera, die alle Götter zu Streit und Hader empört.« Da lachte Zeus, streichelte sie und sprach ihr Trost ein.

Drunten aber ging Phöbos Apollo hinein in die Stadt der Trojaner; denn ihm war ernstlich bange, die Danaer möchten, dem Schicksale zum Trotz, noch heute die Mauer der schönen Feste niederreißen. Die übrigen Götter eilten, die einen voll Siegeslust, die andern voll Zorn und Gram, in den Olymp zurück und setzten sich um den Vater, den Donnergott, im Kreise.


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