Paul Scheerbart
Gedichte
Paul Scheerbart

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Der große Mann und der Schlaukopp

oder

Der gegenseitige Kultus

        »Mein Freund, Du bist der größte Mann!
Es zweifelt keine Seele daran!
Ich lese jedes Wort von Dir.
Die Andern liefern nur Geschmier.
Du bist der Einz´ge , der was kann!
O glaub's, Du bist der größte Mann!
Was Andre reden, ist nur Quatsch.
Drum reich mir freundlich Deine Patsch!
Wir gründen einen Männerbund
Und hauen los auf jeden Schund!
Damit man endlich doch mal seh,
Worin die wahre Kunst besteh!
Und will einmal ein Schweinehund
Verhöhnen unsern Männerbund,
So kommen wir mit Knüppeln an
Und zeigen, was ein Mann noch kann.
Vor uns muß Jeder rief sich bücken
Und dabei weg sein vor Entzücken!«
So sang voll Hohn ein Bösewicht
Dem Freunde Süßen ins Gesicht.
Und dieser Gute merkte nicht,
Wie leiht das Süße an Gewicht.
»Der größte Mann«, rief er voll Stolz,
»Der sei jetzt länger nicht von Holz!«
Und er begann vergnügt zu zechen
Und mußte schrecklich dabei blechen.
Der Bösewicht der freut sich drob,
Er wird beim zwölften Glase grob.
Jedoch der größte Mann vergißt,
Daß ihm sein Freund oft lästig ist.
Er freut sich seines großen Ruhms,
Gedenkt nicht seines Eigentums.
Bald ist sein Hab und Gut verschwendet.
Der Bösewicht sich von ihm wendet.
Denn große Männer ohne Geld
Sind doch das Schlimmste in der Welt.
So geht´s dem Dummen, der gemütlich
Des Freundes Lob hält für sehr gütlich!
Der Schmeichler ist ein Bösewicht –
Oh, kluger Mensch, vergiß das nicht!
Ach arme Menschen sollen lächeln,
Wenn sie ein Schmeichler will umfächeln.
Verrate deine Größe nie!
Sei nur ein heimliches Genie!«

 


 


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