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Vorbericht.

Die irdischen Güter sind, wie wir alle wissen, sehr ungleich unter die Menschen vertheilt; einer hat fast alles, der andere nichts bekommen. Der eine besitzt so viel Land, daß er es nicht übersehen kann, und wenn er auch sein Lebelang darin umher reisete; der andere hat nicht so viel, daß er die Petersilie darauf erzeugen könnte, die er in seine Suppe braucht. Der eine wirft mit Diamanten um sich, als wenn es Kieselsteine wären; der andere trägt seine ganze Baarschaft in einem ledernen Beutelchen bei sich. Einer hat Millionen gehorsame und unterthänige Diener, die alle bereit sind seine Befehle zu vollziehen; der andere hat nichts zu befehlen, muß immer nur gehorchen.

Dieß ist nun nicht abzuändern. Wer diese ungleiche Vertheilung gemacht hat, das wissen wir. Es ist der Allmächtige – Wer vermag etwas gegen ihn?

Er hat es aber damit nicht böse gemeint, sondern handelt gegen alle seine Kinder als Vater, keins behandelt er stiefväterlich. Der Arme, der eine Heerde Gänse kommandirt, ist so gut sein Kind, als ein anderer, der an der Spitze von 150,000 Soldaten steht. Er sorgt für einen wie für den andern, er hört das Gebet des einen, so gut wie das Gebet des andern.

Warum er aber dem einen fast alles, dem andern fast nichts gegeben hat, dazu muß er wohl seine guten Ursachen haben, die wir freilich nicht recht wissen.

Nur das wissen wir, daß Geld und Gut eigentlich Niemanden glückselig mache; und daß man die Zufriedenheit eben so, und noch weit mehr, in den Lehmenhütten als in großen Pallästen finde.

Ich habe einmal in der Zeitung gelesen, daß ein gewisser Engländer, ich glaube Clive hieß er, sich so viel Reichthum erworben hatte, daß seine Frau, als sie einmal zum Tanze ging, für zwei Millionen Pfund Sterling Diamanten anlegen konnte; und jedes Pfund Sterling macht vier Laubthaler, folglich sind 2 Millionen Pfund Sterling acht Millionen Laubthaler. Bedenkt einmal, was für ein Haufen Geld das sein muß! So viel Geld hat noch keiner von uns zusammen gesehen. Wenn nun Geld und Gut den Menschen glückselig machte, so müßte Herr Clive wohl der glückseligste Mensch unter der Sonne gewesen sein. Er war es aber nicht. Wißt ihr, was er am Ende that? Er schoß sich eine Pistolenkugel durch den Kopf.

Es gibt aber viele tausend Menschen die nicht einen einzigen Diamant besitzen, die nur einen guten Feuerstein in der Tasche haben, um Feuer anschlagen zu können, wenn sie eine Pfeife Tabak rauchen wollen. Das Pfeifchen schmeckt ihnen aber so gut, und sie befinden sich dabei so wohl, daß es ihnen noch nicht im Traume eingefallen ist, sich eine Kugel vor den Kopf zu schießen. Seht ihr also, daß Geld und Gut Niemanden glückselig macht?

So ungleich nun Geld und Gut unter die Menschen vertheilt sind, so große Gleichheit ist in Vertheilung anderer Güter beobachtet worden; z. E. in Vertheilung der Köpfe. Jeder, der Sohn des Gänsehirtens sowohl als der Sohn des Selbstherrschers aller Reussen, hat nur einen Kopf bekommen. Und ein Kopf, das ist doch meiner Treue keine Kleinigkeit. Wenn einem meiner Leser der Herr Clive die 8,000,000 Laubthaler, die der Schmuck seiner Frau kostete, für seinen Kopf hätte geben wollen, würde er ihn wohl hingegeben haben? Ich glaube nicht. Denn ohne Kopf ist man ein armer Mann, wenn man auch bis an den Hals in Diamanten säße.

So viel ist ein Kopf werth, wenn man auch weiter nichts damit anzufangen weiß, als daß man den Hut darauf setzt. Weiß man aber das, was im Kopfe steckt, recht zu gebrauchen, so ist er noch weit mehr werth. Dann kann man sich alles verschaffen, was man bedarf, kann die ganze Welt als sein Eigenthum ansehen, und lächeln über alle, die reich und mächtig sind, und das was im Kopfe steckt, nicht zu gebrauchen wissen.

Um nun zu zeigen, wie man seinen Kopf brauchen kann, und wie viel man auszurichten vermag, wenn man ihn recht zu brauchen weiß, gebrauchte ich meinen eigenen Kopf, setzte mich hin, und schrieb die Geschichte Ernst Haberfelds, der, durch den guten Gebrauch, den er von seinem Kopfe machte, aus einem Bauer ein Freiherr wurde. Wer einen Kopf hat, der lese sie.

Schnepfenthal im Frühlinge, da ich eben bei guter Laune war,
1805.

Christian Gotthilf Salzmann.


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